bwp@ Profil 3 - Mai 2014

Lehrerbildung und Unterrichts­entwicklung aus der Perspektive des lernenden Subjekts

Profil 3: Digitale Festschrift für TADE TRAMM zum 60. Geburtstag

Hrsg.: Nicole Naeve-Stoß, Susan Seeber & Willi Brand

Selbstlernkompetenz von Berufslernenden – Legitimation einer intensiven Förderung

Beitrag von Christoph Metzger

Inwieweit lässt sich das Bildungsziel, die Selbstlernkompetenz Berufslernender in der dualen beruflichen Grundbildung im Sinne der Kompetenz, das Lernen in starkem Masse selber lenken zu wollen und können, zu fördern, legitimieren? Einerseits begründet durch eine deduktiv und normative Herleitung aus dem Kompetenzkonstrukt, anderseits aufgrund von drei in der Schweiz durchgeführten empirischen Untersuchungen wird in diesem „Werkstattbericht“ gefolgert: Selbstlernkompetenz, operationalisiert als Lernstrategierepertoire, ist erstens förderungswürdig, zweitens besteht ein entsprechender Förderbedarf, im Weitern ist sie bedingt förderbar ist und wirkt bedingt positiv auf die Lernqualität. Am erfolgversprechendsten scheint eine explizit curricular verankerte, langzeitige, intensive, lernortspezifische Förderung zu sein, durch welche die Berufslernenden ein integriertes, den Lernsituationen und dem eigenen aktuellen Potential entsprechendes Lernstrategierepertoire weiterentwickeln und kontinuierlich anwenden. Entsprechende curriculare inhaltliche und methodische Empfehlungen werden hergeleitet.

1 Problemstellung: Mehrfache Legitimation erforderlich

Die Bereitschaft und Fähigkeit, selbständig zu lernen – die so genannte Selbstlernkompetenz, wird als eine im Bildungssystem domänenübergreifend zu fördernde Kernkompetenz (KÖLLER/ SCHIEFELE 2003, 156; WIRTH 2009, 91) gesehen. Sie bedeutet, das Lernen in starkem Masse selber lenken zu wollen und können (Bembenutty 2011, 4; Zimmerman 1994, 2000), was zusammenfassend heisst: Erstens übernehmen Lernende die Verantwortung für Prozess und Ergebnis des Lernens letztlich selbst, indem sie selbst Ziele setzen und verfolgen, zielgerichtet die Motivation und den Willen zu lernen sowie positive Emotionen gegenüber dem Lernen entwickeln und aufrecht halten sowie Lernfortschritte und -ergebnisse primär dem eigenen Können und Bemühen zuschreiben. Zweitens verhalten sie sich strategisch, indem sie, abgestimmt auf die jeweilige Lernsituation sowie das eigene Potential, geeignete Vorgehensweisen – so genannte Lernstrategien – auswählen, einsetzen, überwachen, anpassen und evaluieren (Metzger 2010, 12).

Die so verstandene Selbstlernkompetenz zu fördern ist ein explizites Bildungsziel der Sekundarstufe II in Deutschland wie auch der Schweiz, und zwar nicht nur an den auf ein Universitätsstudium vorbereitenden Gymnasien, sondern besonders auch in der dualen beruflichen Grundbildung (im Folgenden Berufsbildung genannt). So postuliert die DEUTSCHE Kultusministerkonferenz in der Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Berufsbildung explizit auch die Förderung von Lernkompetenz als „die Fähigkeit und Bereitschaft, im Beruf und über den Berufsbereich hinaus Lerntechniken und Lernstrategien zu entwickeln und diese für lebenslanges Lernen zu nutzen“ (2011, 16). Ebenso wird dies für schweizerische Berufsbildung verlangt, so z.B. in den Bildungsplänen für die kaufmännische Grundbildung (SCHWEIZERISCHE KONFERENZ DER KAUFMÄNNISCHEN AUSBILDUNGS- UND PRÜFUNGSBRANCHEN o. D., 15), für die Berufsmaturität (Bundesamt für Berufsbildung und Technologie 2012, 143) oder für den allgemeinbildenden Unterricht (Bundesamt für Berufsbildung und Technologie 2006, 5).

Die Selbstlernkompetenz zu einem Bildungsziel der Berufsbildung zu erklären setzt jedoch eine mehrstufige Legitimation voraus, d.h. das Ziel ist nur unter folgenden miteinander verschränkten Bedingungen berechtigt beziehungsweise realisierbar: Erstens ist Selbstlernkompetenz dann förderungswürdig, wenn sie mit Blick auf die gemeinhin postulierte Notwendigkeit lebenslangen Lernens einem gesellschaftlichen und individuellen Bedürfnis entspricht. Zweitens sind curricular verankerte unterrichtliche Maßnahmen dann berechtigt, wenn zum einen ein Förderbedarf besteht, d.h. die Berufslernenden nicht schon über das erwünschte Maß an Selbstlernkompetenz verfügen, sowie zum andern diese auch förderbar sind und sich eine Förderung auch positiv auf die Lernqualität auswirkt.

Auf die Frage, wieweit diese mehrstufige Legitimation gegeben ist, wird hier mit dem Fokus auf das selbstgelenkte Lernen mittels Lernstrategien eine Antwort gesucht. Als Basis dienen einerseits theoretisch-konzeptionelle Überlegungen, anderseits besonders auch empirisch gewonnene Erkenntnisse aus drei Untersuchungen, die im Laufe mehrerer Jahre am Institut für Wirtschaftspädagogik der Universität St. Gallen durchgeführt wurden[1]. Somit handelt es sich sozusagen um einen Werkstattbericht, mit dem Anspruch einer gewissen Generalisierbarkeit zumindest für die schweizerische Berufsbildung. Für den deutschen Kontext möge der Beitrag dazu veranlassen, entsprechende Überprüfungen anzustreben.

2 Lernstrategien sind förderungswürdig

Auf das Kompetenzkonstrukt Bezug nehmend, wird im Folgenden deduktiv und normativ begründet, dass Selbstlernkompetenz in der Berufsbildung mit besonderem Focus auf Lernstrategien als förderungswürdig zu betrachten ist, und damit die erste Legitimationsfrage bejaht.

Ausgehend von der Auffassung, dass eine Kompetenz als Interaktion von Situation und Potential zu begreifen ist (Euler/ Hahn 2007, 80; Sloane 2008), stellt Selbstlernkompetenz sinngemäß das innere Potential oder Repertoire einer Person dar, Lernsituationen zu bewältigen. Die Förderungswürdigkeit lässt sich somit erstens durch einen genaueren Blick auf die Lernsituationen prüfen (Metzger 2013, 105). Zentral für die Charakterisierung von Lernsituationen sind Rollen und Inhalte. So sollen Berufslernende ihre Rolle als Lernende in verschiedenen für sie aktuellen und künftigen Funktionen in unterschiedlichen Lebensbereichen wahrnehmen können und wollen – bezogen auf Objekte, die eigene Person sowie Beziehungen zu und zwischen Personen (Euler/ Hahn 2007, 134). Auch wenn dabei mit Blick auf die Berufsbildung in erster Linie an vielschichtige Herausforderungen in der Arbeitswelt gedacht werden mag, sind mannigfache gesellschaftliche Rollen (als Kollegen, Eltern, Staatsbürger, kulturell Interessierte, nach Wissen Strebende usw.) ebenso einzubeziehen. Dabei können sich die situationsbedingt relevanten Zeiträume vom gerade aktuellen Lernprozess bis zur nahen oder fernen Zukunft der Lernenden inner- und außerhalb des Bildungssystems erstrecken.

Nicht zuletzt bedingt durch den raschen Wandel im Spannungsfeld verschiedener Umwelten können diese Funktions-, Inhalts- und Zeitbezüge anforderungsmäßig in verschiedener Hinsicht variieren beruhend sowohl auf externen Herausforderungen als auch vom Individuum selbstbestimmten Zielsetzungen, Ansprüchen und Erfahrungen (Metzger 2013, 104-107). Erstens können die Lerninhalte und notwendigen Lernprozesse unterschiedlich komplex, vertraut und stabil sein, besonders bezüglich der kognitiven und motivationalen Ansprüche und der Lernbedingungen (Lernorte, Formalisierungsgrad, Methoden usw.). Betroffen sind im Weitern sowohl Qualität und Umfang des anzustrebenden Lernergebnisses als auch der Lernprozess bezüglich zeitlichem, kognitivem und physischem Aufwand, aber auch begleitenden Emotionen (z. B. Freude, Sicherheit). Schließlich kann bezüglich Zielen wie Wegen des Lernens der Grad an von außen verlangter oder vom Lernenden gewünschter Selbstständigkeit unterschiedlich sein. Auch wenn mit selbstgelenktem Lernen oft ein hohes Mass an Selbstbestimmung assoziiert wird (vgl. z.B. Köller/ Schiefele 2003; Wuttke 2000, 98), ist Selbstlenkung im Sinne einer Anpassung an die jeweilige Lernsituation immer notwendig (Metzger 1995, 130). Je besser der Lernende diesen Situationsparametern gerecht zu werden in der Lage ist, in desto höherem Masse bleibt er beruflich und gesellschaftlich handlungsfähig und kann sich auch entsprechend weiterentwickeln.

Somit fragt sich, welches Repertoire erforderlich ist, um Lernsituationen, wie eben differenziert, selbstlenkend zu bewältigen. Dafür lassen sich über verschiedene Modelle hinweg folgende konstitutive Gemeinsamkeiten feststellen (ausführlicher METZGER 2010, 11ff.).

  • Um situationsadäquat Wissen, Können und Einstellungen aktiv und letztlich anwendungsorientiert zu erwerben (STEINER 2007, 64), sind mannigfach interagierende kognitive Strategien notwendig (z.B. Informationen auswählen, ordnen und anreichern, Wiederholen, Üben und Anwenden, Verstehen und Können kontrollieren) (Friedrich/ Mandl 2006, 2). Diese von Dansereau (1985, 210) „Primärstrategien“ genannten Operationen können je nach Intensitätsgrad auf einem Kontinuum von Oberflächen- und Tiefenverarbeitung variieren.
  • Die kognitiven Strategien kommen nur dann wirklich zum Tragen, wenn die Lernenden den kognitiven Lernprozess durch primär nicht kognitiv ausgerichtete Strategien unterstützen bzw. die Lernsituation positiv mitgestalten („Sekundärstrategien“ nach DANSEREAU 1985, 210). Sie betreffen einerseits die situationsspezifische willensmässige, motivationale und emotionale Seite des Lernenden (z.B. sich motivieren, sich anstrengen, Lernstrategien einsetzen wollen), anderseits den Umgang mit eigenen und fremden Ressourcen (z. B. Zeitmanagement, Hilfe suchen).
  • Kognitive Strategien und Unterstützungsstrategien müssen metakognitiv gelenkt werden (FLAVELL 1976, 232), d.h. in Analogie zu einer vollständigen Handlung (Straka 2002, 229f.) situationsgerecht ausgewählt, eingesetzt, überwacht, angepasst und evaluiert werden – immer mit Blick auf Lernprozess und angestrebtes Lernergebnis. Dies ist insofern ein subjektiver Prozess, als der Lernende sowohl die aktuelle Lernsituation entlang relevanter Situationsparameter (vgl. oben) als auch damit interagierend das eigene aktuelle Potential (Ziele, Vorwissen, innerer Zustand, eigene Lernstrategien usw.) einzuschätzen hat.

Die so genannt beste Art, selbstgelenkt zu lernen, ergibt sich also nicht aus der schematischen Nutzung einzelner Strategien, sondern erst aus der auf Situation und Person abgestimmten Nutzung eines integrierten Lernstrategierepertoires.

3 Lernstrategien fördern: Bedarfsgerecht und bedingt förderbar

Ausgehend davon, dass die Selbstlernkompetenz in der Berufsbildung förderungswürdig ist, bedarf nun die mehrschichtige Legitimationsfrage nach Förderbedarf sowie Förderbarkeit mittels verschiedener Förderansätze und positiver Wirkung auf die Lernqualität einer empirischen Klärung, dies nicht zuletzt in Bezug auf den Berufsbildungskontext, zumal der entsprechende Erkenntnisstand generell nach wie vor beschränkt befriedigend und nicht eindeutig positiv ist (vgl. Friedrich/ Mandl 2006, 12ff.; Martínez Zaugg 2012, 73ff.; Spörer/ Glaser 2010, 172) sowie gerade in der schweizerischen Berufsbildung noch nicht intensiv untersucht wurde (vgl. aber TIADEN 2006).

Dies liegt nicht zuletzt an Mess- und Designproblemen empirischer Untersuchungen.

  • Messmethodisch ist es zwar effizient, mittels standardisierter Fragebögen generalisierte Lernstrategien zu ermitteln, d.h. die Lernenden einschätzen zu lassen, wie häufig bzw. wie gut sie vorgegebene Lernstrategien in typischen Lernsituationen einsetzen. Weil dies ein hohes Mass an Reflexionsfähigkeit verlangt, wird alternativ oder komplementär auch versucht, das situativ konkrete lernstrategische Handeln „sichtbar“ zu machen etwa mittels lautem Denken, Interpretation von „Spuren“ (Zeitpläne, Lernjournale usw.) sowie Interpretation von Lernergebnissen. Gegen diese Verfahren ist einzuwenden, dass Verbalisierung das Lernhandeln beeinflussen kann, Spuren nicht ursächlich für die Qualität von Lernprozessen sein müssen und aus Lernergebnissen nicht unmittelbar auf den Lernstrategieeinsatz geschlossen werden kann. (Metzger 2006) Deshalb ist eine Verfahrenstriangulation anzustreben.
  • Als abhängige Variable steht meist der Lernerfolg im Focus, in der Regel gemessen mittels Noten, obwohl diesen oft gruppen- und nicht aufgabenbezogene Standards zugrunde liegen und Prüfungen aufgrund unterschiedlicher Anforderungen sowie Formate schwer vergleichbar sind. Vernachlässigt wird zudem oft die Frage, wieweit die Qualität des Lernstrategieeinsatzes auch Qualitäten des Lernprozesses wie Freude oder Zeitersparnis beeinflusst, ohne dass sich dies auch im Lernerfolg niederschlagen muss.
  • Untersuchungsdesigns mangelt es oft an Differenzierungen bezüglich Variablen wie Lernort (z. B. Schule vs. Betrieb), unterschiedlich anspruchsvolle Ausbildungsniveaus, schülerseitige Wahrnehmung und Akzeptanz der Lernstrategieförderung sowie die diesbezügliche lehrerseitige Kompetenz.
  • Schliesslich mangelt es an Untersuchungen zu umfassenderen und langzeitig angelegten Förderprogrammen, die den systematischen Aufbau und situationsgerechten Einsatz eines integrierten Lernstrategierepertoires fokussieren.

Die genannte mehrschichtige Legitimationsfrage soll mit Blick auf die Berufsbildung der Schweiz mithilfe folgender drei Untersuchungen beantwortet werden, in denen zumindest teilweise und soweit machbar auch genannte methodische Einschränkungen berücksichtigt wurden.

  • Im Rahmen der neu eingeführten Berufsmaturität wurde geprüft, ob sich die Lernstrategien der Berufsmaturanden – aufgrund des Aufnahmeverfahrens als leistungsfähigere Gruppe zu betrachten – von Beginn bis Ende der Ausbildung positiv entwickelten und sich niveaumässig von Berufslernenden mit eidgenössischem Fähigkeitsausweis als Abschluss (so genannte „Normallehre“ oder „erweiterte Grundbildung“) unterscheiden (METZGER 2001). Für beide Gruppen der Deutschschweiz (n=736/391) war die entsprechende Förderung zwar ein explizites, aber curricular nicht verbindlich operationalisiertes Bildungsziel.
  • Da die Förderung der Selbstlernkompetenz als explizites Ziel gleichermassen für den betrieblichen Teil der Berufsbildung gilt, wurde zweitens der Lernstrategieeinsatz Berufslernender beim arbeitsplatzbezogenen Lernen im Betrieb und in überbetrieblichen Kursen in der Deutschschweiz untersucht (vier Branchen; kaufmännisch n=530, gewerblich-industriell n=574) (Metzger/ Gebhardt/ Martínez Zaugg 2012).

Mit einer dritten, explorativen Studie (METZGER/ Nüesch 2011) sollten die Wirksamkeit einer explizit curricular verankerten, langzeitig angelegten Förderung von Lernstrategien in der kaufmännischen Grundbildung ermittelt und gleichzeitig der entsprechende Kompetenzaufbau der Lehrpersonen fokussiert werden. Es wurden je zwei Klassen (Berufsmaturität [M-Profil] vs. erweiterte Grundbildung [E-Profil]) einer mittelgroßen Versuchs- und Kontrollschule der Deutschschweiz (n=79) einbezogen. Die Fördermaßnahmen unterschieden sich stark in Form, Dauer und Koordination. In der Versuchsschule erstreckte sich die Förderung über die ganze dreijährige Ausbildung. In koordinierter Weise wurde jede Lernstrategie in einem Fach eingeführt und erstmals angewendet sowie in weiteren Fächern transferorientiert vertieft. In der Kontrollschule wurden nur im ersten Semester wenige Lektionen eingesetzt, mit Einführung durch die Lehrperson und schülerzentriertem Erarbeiten von Lernstrategiewissen, ohne spätere gelenkte und koordinierte Anwendungen.

3.1 Ein Förderbedarf besteht

Die Frage, ob die Berufslernenden eine Förderung ihrer Lernstrategien benötigen, kann zumindest für den schweizerischen Kontext bejaht werden. Aus allen drei genannten Untersuchungen lässt sich schließen, dass für das Gros der Berufslernenden ab Beginn ihrer Ausbildung eine Lernstrategieförderung angesagt ist, auch wenn die Ausprägung der Lernstrategien unter den Berufslernenden streuen wird und einige gruppenspezifische Unterschiede anzunehmen sind[2].

Dieses Ergebnis basiert primär auf der Ermittlung generalisierter Lernstrategien mittels Selbsteinschätzungsfragebogen[3] (Weinstein/ Palmer/ Metzger, 1994, 2010; situationsspezifisch adaptierte Version im Projekt Betrieb, Metzger/ Gebhardt/ Martínez Zaugg 2012), in der Interventionsstudie zudem auf Interviews mit Berufslernenden und Lehrpersonen zu Beginn der Ausbildung. Aus Tabelle 1 lässt sich im Einzelnen folgern: Die kognitiv und metakognitiv orientierten Primärstrategien Wesentliches erkennen, Informationen verarbeiten, Selbstkontrolle und Prüfungsstrategien (letztere im Projekt Betrieb nicht erfasst) sowie die Unterstützungsstrategien Konzentration, Umgang mit Angst sowie Motivation (letztere zwei im Projekt Betrieb nicht erfasst) scheinen von den Berufslernenden mehrheitlich in mittlerem Masse eingesetzt zu werden. Ihren auf Lernen ausgerichteten Umgang mit der Zeit – eine weitere Unterstützungsstrategie – schätzen sie nur als gering bis knapp mittelmässig ausgeprägt ein, was von Berufslernenden und Ausbildern in einer Fokusgruppe im Betriebsprojekt auch bestätigt wurde. Einzig die Haltung im Sinne einer positiven Einstellung zum Lernen und eines zielorientierten Lernens (nicht erfasst im Evaluationsprojekt) scheint mehrheitlich relativ gut bis gut entwickelt zu sein.

Tabelle 1: Lernstrategien Berufslernender zu Beginn der Ausbildung

 Tabelle 1

In Bezug auf die zwei unterschiedlich anspruchsvollen Ausbildungsprofile (Berufsmaturität vs. „Normallehre“) ist zumindest aufgrund der breit angelegten Evaluationsstudie anzunehmen, dass sich die Berufsmaturanden von jenen der „Normallehre“ in mehreren Lernstrategien (Motivation, Umgang mit Angst, Wesentliches erkennen und Prüfungen bewältigen) positiv unterscheiden (METZGER 2001, 353). Allerdings bedarf es weiterer, aktueller Erhebungen, zeigten sich doch in der wesentlich kleineren Stichprobe der Interventionsstudie keine signifikanten Unterschiede (Metzger/ Nüesch 2011, 8f.)[4].

Die Betriebsstudie lässt bezüglich Lernort aufgrund signifikanter Unterschiede annehmen, dass die Lernstrategien mit wenigen Ausnahmen über alle vier erfassten Branchen hinweg am Arbeitsplatz etwas häufiger als in den überbetrieblichen Kursen eingesetzt werden (Metzger/ Gebhardt/ Martínez Zaugg 2012, 22ff.).

3.2 Lernstrategien sind bedingt veränderbar

Dass sich das Lernstrategierepertoire im Sinne des Bildungsziels im Laufe der Ausbildung positiv entwickelt, kann aufgrund der drei Untersuchungen nicht eindeutig bejaht werden, wenn auch die qualitative Erhebung im Rahmen der Interventionsstudie darauf hindeutet.

Denn die bereits genannte standardisierte Selbsteinschätzung der generalisierten Lernstrategien ergibt, weitgehend unabhängig vom jeweiligen Förderungsgrad folgendes Bild (METZGER 2001, 353f.; METZGER/ Nüesch 2011, 12ff.; Metzger/ Gebhardt/ Martínez Zaugg 2012, 26f.). Neben wenigen positiven Veränderungen (Haltung und Prüfungsstrategien im Interventionsprojekt sowie Umgang mit Angst im Evaluationsprojekt) zeigten sich teilweise erwartungswidrige signifikante Veränderungen, allerdings deutlicher in den beiden schulorientierten Untersuchungen als im betrieblichen Kontext. Bezüglich Primärstrategien ist somit anzunehmen, dass die Berufslernenden ihre Selbstkontrolle am Ende der Ausbildung geringer einschätzen als zu Beginn, im betrieblichen Kontext allerdings nur in den schulähnlichen überbetrieblichen Kursen. Aufgrund aller drei Untersuchungen (im Betriebskontext allerdings nur für die Ausbildung am Arbeitsplatz) ist weiter anzunehmen, dass der Umgang mit der Zeit zu Beginn der Ausbildung höher als gegen Ende der Ausbildung eingeschätzt wird. Für die Motivations- und Konzentrationsstrategien ist dies für den schulischen Kontext anzunehmen.

Allerdings ist der Zeithorizont der Veränderung zu beachten. Während in der Evaluations- und der Betriebsstudie einzig Anfang und Ende der Ausbildung erfasst werden konnten, zeigten sich in der Interventionsstudie anlässlich einer zwischenzeitlichen Messung die genannten Abnahmen nur innerhalb des ersten Ausbildungsjahres, während danach bis zum Ende der Ausbildung keine weitere Abnahme mehr geäußert wurde. Dies legt zumindest die Hypothese nahe, dass die Selbsteinschätzung, die zunächst noch vergangenheitsorientiert mit Blick auf die Sekundarstufe erfolgt, bald einer dem neuen, anspruchsvolleren Lernkontext angepassten Einschätzung Platz macht.

Aufgrund der Interventionsstudie ist zwar nur ein, allerdings bemerkenswerter positiver Interaktionseffekt bezüglich Prüfungsstrategien der Berufslernenden der erweiterten Grundbildung anzunehmen. Die Versuchsklassen erzielten erwartungsgemäß bei der zweiten Befragung signifikant höhere Werte als die Kontrollklassen. Während sich dieser Trend aufgrund der dritten Befragung bei der E-Profil-Versuchsklasse fortsetzte, fielen die Werte der M-Profil-Versuchsklasse fast auf den Wert zu Beginn der Ausbildung zurück.

Dass die Lernstrategieveränderungen allerdings deutlich positiver sein könnten, als eben ausgeführt, lässt die ergänzend durchgeführte qualitative Befragung in der Interventionsstudie vermuten. Einerseits widerspiegelt sie zwar obige Ergebnisse nach dem ersten Halbjahr der Ausbildung, wonach ohne signifikanten Unterschied zwischen Versuchs- und Kontrollschule nur rund ein Drittel der befragten Lernenden das Lernverhalten nach eigener Einschätzung veränderte. Anderseits können am Ende der Ausbildung zwei Interventionseffekte erwartet werden. Erstens dürfte sich eine intensive Förderung positiv auf den Lernstrategieeinsatz der Berufslernenden des mittleren Ausbildungsniveaus (E-Profil) auswirken. Am Ende der Ausbildung äußerten sich signifikant mehr Berufslernende der Versuchs- (80%) als der Kontrollklasse (47%), dass sie nach der Lernstrategieförderung effizienter lernten, sowie im weitern 73% der Versuchs- und nur 30% der Kontrollklasse, dass sie die Lernstrategien zielgerichteter einsetzten, während sich kein entsprechender signifikanter Unterschied bei den Berufsmaturanden zeigte. Hingegen scheint zweitens zumindest deren Zuwachs an Lernstrategiewissen von der Intensität der Förderung abzuhängen, schätzten dieses doch signifikant mehr aus der Versuchs- (83%) als aus der Kontrollklasse (46%) höher ein als zu Beginn der Ausbildung, während die beiden E-Profil-Klassen den Wissenszuwachs im Bereich der Lernkompetenzen nicht unterschiedlich einstuften.

3.3 Bedingt positive Wirkung auf die Lernqualität

Die Wirkung der Lernstrategiequalität auf die Lernqualität unter Berücksichtigung der Förderungsintensität zu untersuchen, war aufgrund der Untersuchungsdesigns nur in der Interventionsstudie möglich. Deshalb ist bezüglich Generalisierung auf die Berufsbildung Vorsicht angebracht. Entsprechend des vorne genannten Differenzierungsbedarfs wurden verschiedene Facetten von Lernprozess und Lernerfolg mit besonderem Focus auf Prüfungssituationen gegen Ende der dreijährigen Ausbildung betrachtet.

Um den Lernstrategieeinsatz möglichst authentisch und situationsspezifisch zu erfassen, interessierten sowohl die Nutzungsintensität als auch der eingeschätzte Einsatznutzen bei der Vorbereitung der Abschlussprüfungen sowie beim dafür ebenfalls relevanten Verfassen einer selbständigen Projektarbeit (NÜESCH/ METZGER 2010, 43f.). Erneut ist aufgrund eines festgestellten Interventionseffektes anzunehmen, dass sich eine intensivere Förderung positiv auf den Lernprozess der Berufslernenden des mittleren Ausbildungsniveaus auswirkt. So berichtete die Versuchsklasse für beide Prüfungssituationen bei je vier Kate­gorien über einen signifikant intensiveren Einsatz von Lernstrategien als die Kontrollklasse (Informationen verarbeiten in beiden Prüfungssituationen, Prüfungsstrategien sowie Umgang mit Angst bei der Abschlussprüfung; Umgang mit Zeit und Konzentration in der Projektarbeit). Bezüglich eingeschätztem Einsatznutzen ist unabhängig vom Förderungsgrad anzunehmen, dass sich ein intensiverer Lernstrategieeinsatz in den Augen der Berufslernenden lohnt oder es jenen Berufslernenden, welche entsprechende Lernstrategien wenig intensiv nutzten, zumindest bewusst ist, dass solches lernstrategisches Verhalten nicht förderlich für den Prüfungserfolg ist[5] (NÜESCH/ METZGER 2010, 43f.).

Auch bezüglich des Transfers von Lernstrategien in die betriebliche Ausbildung scheint eine förderungsgradabhängige Wirkung wahrscheinlich (Metzger/ NÜESCH 2011, 11f.). Obwohl der Transfer der in der Berufsfachschule geförderten Lernstrategien auf den Lernort Betrieb von den Lehrpersonen nicht angeregt wurde, zeigt die Befragung der Berufslernenden nach Abschluss der Ausbildung, dass 70% der Versuchsklassen die in der Schule erworbenen Lernstrategien auch am Lernort Betrieb einsetzten, während die überwiegende Mehrheit der Kontrollklassen die erlernten Lernstrategien im betrieblichen Kontext nicht anwendete.

Ein Zusammenhang mit dem Lernerfolg scheint nur für einige ausgewählte Lernstrategien wahrscheinlich, und dies unabhängig von Förderungsintensität und Ausbildungsprofil (Metzger/ NÜESCH 2011, 12ff.). So ergaben sich in der Stichprobe nur einige signifikante geringe bis mittlere Zusammenhänge. Von den Primärstrategien korrelieren die Prüfungsstrategie mit der Abschlussprüfungsnote (.248), die Strategien Informationen verarbeiten und Selbstkontrolle mit der Note der schriftlichen Projektarbeit (.262/.251), die unterstützende Strategie Umgang mit Angst mit der Abschlussprüfungsnote (.474). Die zusätzlich erhobene Selbstwirksamkeit (angelehnt an Pintrich/ Smith/ Garcia, McKeachie 1991) korreliert mit .359, die ihrerseits als erwiesenermaßen bedeutsamer motivationaler Faktor für den Lernstrategieeinsatz (vgl. Analyse bei Nüesch/ Metzger 2010, 37f.) signifikant positiv mit allen Lernstrategien zusammenhängt (.228 bis .459)[6]. Eine Regressionsanalyse zeigt, dass die Abschlussprüfungsnote v.a. mit besseren Strategien zum Umgang mit Angst erklärt werden kann (Nüesch/ Metzger 2010, 46).

Gegenüber einem wie hier dargestellten intensiveren Förderkonzept scheint eher Zustimmung durch die Berufslernenden zu erwarten sein. Im Rahmen der gegen Ende der Ausbildung durchgeführten Interviews (Metzger/ NÜESCH 2011, 15ff.) waren 54% der Versuchsklassen der Meinung, dass die Fördermaßnahmen insgesamt gut waren. Allerdings waren 27% der Ansicht, dass die Lernstrategien bereits auf den vorgelagerten Schulstufen gefördert werden sollten. Zudem erachteten 14% (besonders die Berufsmaturanden) die erlebten Fördermaßnahmen als zu intensiv und regten an, es sei etwas weniger Unterrichtszeit in der Berufsschule für die Lernkompetenzförderung einzusetzen (weniger Anwendungsaufträge, bessere Abstimmung auf die sonstige Arbeitsbelastung). Die Beurteilung durch die Berufslernenden der Kontrollschule fiel signifikant schlechter aus. So konnten sich 24 % der Befragten im Gegensatz zu den Versuchsklassen gar nicht mehr an die Fördermaßnahmen und an die einzelnen behandelten Lernstrategien erinnern, und einige Lernende äußerten im Gegensatz zu den Versuchsklassen fundamentale Kritik am Förderkonzept, indem sie fehlende Anwendungen der Lernstrategien im Zusammenhang mit dem Unterrichtsstoff monierten. Wie die Versuchsklassen äußerten einige (11%) die Ansicht, dass die Lernkompetenzförderung bereits auf der vorgelagerten Schulstufe einsetzen sollte.

3.4 Positive Beurteilung der Förderung durch Lehrpersonen

Von Interesse ist begleitend auch die Frage, wie die Lehrpersonen die entsprechenden Förderkonzepte beurteilen, was aufgrund der Untersuchungsdesigns wiederum nur in der Interventionsstudie untersucht werden konnte (METZGER/ NÜESCH 2011, 19f.).

Im Einklang mit der Beurteilung durch die Berufslernenden darf zumindest im Sinne einer weiter zu prüfenden Hypothese davon ausgegangen werden, dass Lehrpersonen bei entsprechender organisatorischer und didaktischer Unterstützung den intensiveren Förderansatz positiv beurteilen.

Unterrichtsbeobachtungen, diverse Workshops mit Erfahrungsaustausch und Best Practice-Beispielen sowie Interviews mit den Lehrpersonen der Versuchsschule zeigten, dass sich die Lehrpersonen zu Experten im Bereich der Lernkompetenzförderung entwickelten. Zwar gelang es noch nicht jeder Lehrperson vollständig, die Fördermaßnahmen im Bereich der Lernkompetenz harmonisch auf die Fachinhalte abzustimmen. Auch wurde der zeitliche Konflikt mit der Erreichung fachlicher Lernziele deutlich, abhängig davon, wie frei sie diese bestimmen konnten.

Demgegenüber waren zwar auch die Vertreter der Kontrollschule am Ende des ersten Schuljahres der Meinung, dass sich ihr Förderkonzept im Rahmen der Möglichkeiten bewährt habe. Als Schwäche sahen sie allerdings, dass ihr Förderkonzept dem Transfergedanken zu wenig Rechnung trage und so auch kaum Auswirkungen auf ihren Unterricht oder auf sie als Lehrperson gehabt habe. Sie wünschten sich deshalb, dass die Lernkompetenzförderung von der ganzen Schule getragen würde und auch in anderen Fächern gezielte Anwendungen der Lernstrategien erfolgten.

4 Lernstrategien fördern: Bedarfsgerecht und bedingt förderbar

Zusammenfassend lassen weder der deduktiv und normativ aus dem Kompetenzkonstrukt hergeleitete Förderbedarf noch die empirisch gewonnenen Erkenntnisse bezüglich Förderbedarf, Förderbarkeit und Wirkungen auf die Lernqualität den Schluss zu, es sei zwar die Förderung der Selbstlernkompetenz als Bildungsziel zu postulieren, auf die explizit curricular verankerte intensive Förderung aber zu verzichten. Ganz im Gegenteil: Eine intensive, systematische und langzeitige Förderung ist legitimiert und notwendig. Zu deren Gestaltung seien abschließend inhaltliche und methodische Empfehlungen hergeleitet (vgl. METZGER 2013, 111f.).

Besonders gestützt darauf, dass Selbstlernkompetenz – hier besonders verstanden als passend eingesetztes Lernstrategierepertoire – förderungswürdig ist, ein Förderungsbedarf besteht, trotz teilweise erwartungswidriger Veränderungen im Laufe der Ausbildung positiv veränderbar erscheint und von der Förderung zumindest teilweise positive Wirkungen auf die Lernqualität erwartet werden können, lassen sich curricular-inhaltlich folgende Empfehlungen ableiten:

  • Die Förderung soll in authentischen Lernsituationen stattfinden, d. h. in jeweils curricular objektivierten, für den Berufslernenden aber besonders auch subjektiv bedeutsam und herausfordernd erscheinenden aktuellen und absehbaren Kontexten. Dies verlangt erstens, die Förderung weitestgehend in den domänenspezifischen Unterricht – an der Berufsschule wie auch im betrieblichen Teil der dualen Ausbildung – zu integrieren und langzeitig anzulegen. Fördermassnahmen sollen nicht aufgesetzt wirken, sondern mit den zu vermittelnden Fachinhalten harmonieren. Dabei ist auch den unterschiedlichen curricularen Anspruchsprofilen der Berufsbildung (z. B. Berufsmatura vs. „Normallehre“) Rechnung zu tragen. Zweitens sollen die Lernsituationen den Berufslernenden so komplex erscheinen, dass sie sich von der Weiterentwicklung ihres strategischen Repertoires und dessen Einsatz eine positive Wirkung auf Lernprozess und Lernergebnis versprechen können und wollen. Dies verlangt, das Bewusstsein der Berufslernenden und auch der Lehrpersonen zu fördern, dass Lernstrategien, entsprechend operationalisiert, an beiden Lernorten notwendig beziehungsweise hilfreich sind. Und nicht zuletzt sind auch Prüfungen in Inhalt und Form so zu gestalten, dass deren Vorbereitung und Bewältigung den Einsatz gut elaborierter Lernstrategien verlangen.
  • Im Mittelpunkt des zu fördernden Lernstrategierepertoires soll die strategische Lenkung des Lernens stehen. Die Lernenden sollen zwar verschiedene kognitive Strategien sowie Unterstützungsstrategien – einschliesslich auf den ersten Blick weniger leicht veränderbar scheinender Strategien wie Selbstwirksamkeitsüberzeugung oder Motivation – weiterentwickeln. Entscheidend ist aber, dass die Lernenden solche Strategien bewusst und reflektiert fortlaufend zu einem elaborierten Repertoire integrieren und dieses metakognitiv gelenkt situationsgerecht und angepasst an das jeweils aktuelle individuelle Potential aktiv einzusetzen lernen. Damit können auch interindividuell oder anforderungsprofilbedingt bestehende Unterschiede bezüglich bereits bestehender lernstrategischer Kompetenz berücksichtigt werden.

Basierend auf dem eben zusammengefassten Befund, werden folgende curricular-methodische Leitideen abgeleitet:

  • Zumindest die Erkenntnisse aus der Interventions- und Betriebsstudie legen nahe, dass – wie in der Literatur unterschieden – sowohl der direkte wie indirekte Ansatz der Förderung gewählt und miteinander kombiniert werden (FRIEDRICH/ MANDL 2006, 10f.). Gemäss ersterem sollen Aufbau und Einsatz eines integrierten Lernstrategierepertoires kontinuierlich zum eigenständigen Unterrichtsthema an den verschiedenen Lernorten der Berufsbildung gemacht werden. Indirekte Förderung bedeutet, die jeweilige, lernortspezifische Lernumgebung bezüglich gewährter Autonomie von Lernzielen und -wegen variantenreich so zu gestalten, dass die Berufslernenden die Möglichkeit erhalten beziehungsweise dazu veranlasst werden, ihr Lernstrategierepertoire bewusst weiterzuentwickeln und einzusetzen.
  • Übergreifend für den direkten und indirekten Ansatz gilt dabei, dass – angelehnt an die Prinzipien des Cognitive Apprenticeship (COLLINS/ BROWN/ NEWMAN 1989) – lernortspezifisch der Grad an Einflussnahme durch die Lehrpersonen, von direkter Instruktion über Unterstützung sowie Anregung zur Artikulation und Reflexion bis zum vollständig selbständigen Handeln durch die Lernenden variiert wird, jeweils angepasst an die Lernsituation und das entsprechende aktuelle Potential der Lernenden.

Die curricular inhaltlichen wie methodischen Folgerungen umzusetzen bedarf schliesslich der entsprechenden Kompetenzen von Lehrpersonen in Berufsschulen und Betrieb. Diese verlangt –besonders aus der Interventionsstudie gefolgert – erstens eine curriculare Verankerung in der Lehrpersonenbildung einschliesslich der Förderung des eigenen Lernverständnisses, im Weitern eine lernortspezifische interne Weiterbildung sowie eine projektorientierte Entwicklung und Implementierung der Lernkompetenzförderung und drittens eine vermehrte Lernortkooperation.

Anliegen, derer sich der Jubilar Tade Tramm in verschiedenen Domänen der Berufs- und Wirtschaftsbildung mit Auszeichnung angenommen hat!

Literatur

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[1]     Die entsprechenden Ausführungen basieren wesentlich auf der Zusammenarbeit mit Anja GEBHARDT, Yolanda MARTINEZ ZAUGG, Charlotte NÜESCH und Andrea ZEDER. Die Projekte wurden durch das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) mitfinanziert.

[2]     Um die Lesbarkeit zu erleichtern und da es sich um eine zusammenfassende Sicht geht, wird für die konkreten Werte, besonders auch was die uni- und multivariaten Auswertungen betrifft, hier und in den folgenden Abschnitten an passender Stelle jeweils auf entsprechende Quellen verwiesen.

[3]     Jede Lernstrategie wird mittels mehrerer Items auf einer fünfstufigen Skala von 1="trifft nie oder sehr selten zu", 2="trifft eher selten zu", 3="trifft etwa zur Hälfte zu", 4="trifft häufig zu" und 5="trifft fast immer oder immer zu“ erfasst, womit die Durchschnittswerte pro Kategorie zwischen 1 und 5 streuen können. Zur Interpretation gilt folgende Konvention: M < 3.00=schlecht, zwingend Optimierungsbedarf erster Priorität; 3.00 ≤ M < 4.00=verbesserungsfähig, Optimierungsbedarf zweiter Priorität; M ≥ 4.00=gut, kein Handlungs- und Optimierungsbedarf.

[4]     Im Projekt Betrieb nicht erfasst.

[5]     Signifikante mittlere bis starke Zusammenhängen: Primärstrategien .317 bis .784, Sekundärstrategien .300 - .569.

[6]     Im Betriebsprojekt konnte zudem kausalanalytisch ermittelt werden, dass besonders die kognitiven Lernstrategien positiv durch den Grad an Selbstwirksamkeit beeinflusst zu sein scheinen (Metzger/ Gebhardt/ Martínez Zaugg 2012, 81ff.).

Zitieren des Beitrags

METZGER, C. (2014): Selbstlernkompetenz von Berufslernenden – Legitimation einer intensiven Förderung. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Profil 3, 1-16. Online: http://www.bwpat.de/profil3/metzger_profil3.pdf  (23-05-2014).