bwp@ Profil 3 - Mai 2014

Lehrerbildung und Unterrichts­entwicklung aus der Perspektive des lernenden Subjekts

Profil 3: Digitale Festschrift für TADE TRAMM zum 60. Geburtstag

Hrsg.: Nicole Naeve-Stoß, Susan Seeber & Willi Brand

Inklusion nur für Auserwählte? – Zu den Auswirkungen einer ökonomisch bestimmten Förderung der beruflichen Rehabilitation Erwachsener

Beitrag von Lothar Reetz & Jürgen Beiler

Seit 2009 gehört die sogenannte Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen zum Rechtsbestand der Bundesrepublik. Sie verpflichtet dazu, behinderten wie nichtbehinderten Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit „die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft“ (Art. 3) zu ermöglichen. Die berufliche Rehabilitation in den Berufsförderungswerken verfolgte bereits vor Erlass der Konvention Fördermodelle, die verbunden mit der beruflich-fachlichen Ausbildung auch psychologische, soziale und medizinische Unterstützung einschloss und auf eine längerfristige berufliche Integration subjektorientiert ausgerichtet war. Diese Förderkonzeption geriet zunehmend unter den Druck ökonomisch bestimmter Veränderungen der Richtlinien für die finanzielle Förderung der Rehabilitationsmaßnahmen. Einzelne Gruppen von behinderten Menschen werden nur noch nachrangig gefördert,  und generell wird vordringlich eine kostengünstige, kurzfristig erreichbare Erwerbstätigkeit angestrebt. Die weit gediehene Ausrichtung der beruflichen Rehabilitation an den Bedürfnissen der lernenden und arbeitenden Subjekte wird zunehmend ersetzt durch die Orientierung an „employability“, die lediglich ausgewählten Gruppen gewährt wird. Hier öffnet sich ein berufspädagogisches Konfliktfeld, das angesichts der UN-Konvention auch eine rechtliche Dimension hat.  

1 Zur Entwicklung der beruflichen Rehabilitation

Die Anfänge der beruflichen Rehabilitation in der Bundesrepublik Deutschland reichen bis in die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zurück. Damals standen hauptsächlich kurzfristige Maßnahmen im Vordergrund, die eine schnelle Arbeitsvermittlung ermöglichen sollten (vgl. BEILER 1985, 13). Diese Ausrichtung galt auch noch, als die Bundesrepublik Deutschland Anfang der 1960er Jahre eine ungeahnte Vollbeschäftigung erlebte, die als Dauerzustand aufgefasst wurde und die günstige Voraussetzungen für die Rehabilitation Behinderter bot.

Die bereits 1966 einsetzende Konjunkturkrise mit den entsprechenden Vermittlungsproblemen führte dann aber zu einer Veränderung der Rehabilitationspolitik. Man war zu der Erkenntnis gelangt, dass der sog. „soziale Arbeitsplatz“ (z. B. Pförtner, Telefonist, Schreibkraft, Hilfsfunktionen in der Industrie) den Rationalisierungsmaßnahmen in modernen Unternehmen mehr und mehr zum Opfer fiel und dass erweiterte Qualifikationen erforderlich wurden: „Der Behinderte und Gesundheitsgeschädigte kann im Wettbewerb seinen Arbeitsplatz nur erhalten und bewahren, wenn er sich durch qualifizierte Umschulungsmaßnahmen auf diesen Arbeitsplatz vorbereitet“ (BURGER 1970, 3).

Diese Wendung von kurzfristigen „Anlern- und Anpassungsmaßnahmen“ hin zu einer „qualifizierten“ Umschulung von behinderten Menschen bedeutete im Hinblick auf den Bildungsaspekt von Rehabilitationsmaßnahmen einen wesentlichen Entwicklungsschritt. Er führte zu einem berufsorientierten Rehabilitationsansatz mit einer Qualifikation in Berufen, die nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannt waren. Durch das Aktionsprogramm der Bundesregierung von 1970 wurde dann ein flächendeckendes Netz von Rehabilitationseinrichtungen (vorrangig Berufsförderungswerke) etabliert. In der Zeit etwa von Anfang der 1970er Jahre bis in die ersten Jahre des neuen Jahrtausends wurden in den Berufsförderungswerken nahezu ausschließlich Umschulungen in anerkannte Ausbildungsberufe (vergleichbar dem Dualen System) durchgeführt. Das war unbestritten und geschah im Konsens aller wesentlichen Akteure: Bundesregierung, Arbeitsverwaltung, Sozialversicherungsträger, Sozialpartner, Berufsförderungswerke.

Diese Ära, in der auf nachhaltige Bildung behinderter Menschen mit ganzheitlicher Förderung der fachlichen und personalen Kompetenz gesetzt wurde, ist offenbar zu Ende. Vieles deutet darauf hin, dass die berufliche Rehabilitation behinderter Menschen zunehmend ein Opfer einer einseitigen ökonomischen Betrachtung wird. In der Tendenz geht diese Entwicklung dahin, dass die „soziale Frage nicht nur als vernachlässigbar gilt. Sie wird vielmehr regelrecht als Traditionsballast diffamiert, den man abschütteln müsse, um in der zunehmenden Weltmarktkonkurrenz nicht abgehängt zu werden“ (HOFMANN 2012, 43). HEITMEYER kommt aufgrund aufwändiger Studien zu dem Ergebnis: „Tatsächlich gibt es statistisch eindeutige Zusammenhänge zwischen der Forderung, die sozial Schwachen sollten ihr Leben endlich selbst in die Hand nehmen, und der Abwertung von Langzeitarbeitslosen, niedrig qualifizierten Zuwanderern und Behinderten… Insgesamt ist eine ökonomische Durchdringung sozialer Verhältnisse empirisch belegbar“ (HEITMEYER 2012, 27).

2 Rehaträger haben ihre Einstellung zur beruflichen Rehabilitation geändert

Über Art und Umfang der individuellen beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen entscheiden die sog. Rehaträger im Rahmen der gesetzlichen Rahmenvorgaben und ihrer Budgets. Es sind dies im wesentlichen die Deutsche Rentenversicherung, die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung und die Bundesagentur für Arbeit. Für ihre Förderentscheidungen gewinnen ökonomische Gesichtspunkte zunehmend an Gewicht. Ein markantes Beispiel für das Streben nach wirtschaftlicher Effizienz ist die Anwendung der ABC-Analyse auf Entscheidungen darüber, wer Zugang zu beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen erhalten soll. Mithilfe dieser betriebswirtschaftlichen Analysemethode werden z. B. die Kunden eines Unternehmens nach ihrer ökonomischen Bedeutung in unterschiedliche Klassen eingeteilt: A-, B- und C-Kunden. Ein Beispiel: A-Kunden (Anteil 20 %) bringen schon 70% des gesamten Umsatzes. B-Kunden (30 %) bringen 25 % des Umsatzes. Und C-Kunden (50 %) bringen gerade einmal 5 % des gesamten Umsatzes. Damit wird betriebswirtschaftlich das „Wesentliche“ vom „Unwesentlichen“ getrennt. Es werden Rationalisierungsschwerpunkte gesetzt, unwirtschaftliche Anstrengungen vermieden und die Wirtschaftlichkeit wird gesteigert.

Nach dem Verfahren der ABC-Analyse hat die Bundesagentur für Arbeit nach ihrer Reorganisation im Jahre 2006 ihre „Kunden“ in diese Kategorien eingeteilt:

  • Marktkunden (= A-Kunden)
    Diese Gruppe gilt als schnell (wieder) vermittelbar, geringer Bedarf an Förderung für eine schnelle Vermittlung in ein (sozialversicherungspflichtiges) Arbeitsverhältnis; schnelle Amortisation der Rehabilitationskosten.
  • Beratungskunden (= B-Kunden)
    Diese Gruppe braucht ein gewisses Maß an Aktivierung, hat ggfs. auch einen höheren Qualifizierungsbedarf; mittlere Amortisationsdauer.
  • Betreuungskunden (= C - Kunden)
    Diese Gruppe benötigt einen erheblichen Aufwand und viel Unterstützung, um vermittelt werden zu können. Hierzu zählen Ältere, Langzeitarbeitslose, behinderte Menschen, Menschen mit erheblichen familiären und/oder finanziellen Problemen. (KALTENBORN, 2006 sowie BIEBER 2005)

Bemerkenswert ist bei diesem Vorgehen, dass der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit am 21.1.2005 beschließt: „Gemäß der individuellen Standortbestimmung und Einschätzung durch den Vermittler ist für Betreuungskunden keine Wirkung durch zeit- und kostenintensive Hilfen zu erwarten. Entsprechend ist es nicht sinnvoll, für diese Kunden integrationsfördernde Schritte zu unternehmen. Vielmehr muss für eine weitergehende Unterstützung ein sozialpolitischer Auftrag konkretisiert werden.“ (BA-Beratungsunterlage 19/2005, 7 zitiert nach BIEBER 2005, 114).

Diese Entscheidung erweist sich als eine schwere Einschränkung der beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen. Vielen wird keine oder nur eine reduzierte Rehabilitationsmaßnahme gewährt. Schlagartig geht die Zahl der Umschulungsmaßnahmen zurück: Von 18.000 (2004) auf 12.400 (2007). Rehabilitationsstrukturen werden massiv abgebaut und bewährte Einrichtungen werden in die Insolvenz getrieben. Nach ca. vierzig Jahren erfolgreicher Rehabilitation, wenn man die jahrzehntelangen positiven und bestätigenden Verlautbarungen aus Politik und Trägerkreis zum Maßstab nimmt, wird ein radikaler Wechsel vollzogen: Diskussionslos, von heute auf morgen.

Bis dahin wurde in der beruflichen Rehabilitation noch der Grundsatz verfolgt, „behinderungsspezifische Defizite durch ein Höchstmaß an beruflicher Qualifizierung zu kompensieren und sie so konkurrenzfähig für den allgemeinen Arbeitsmarkt zu machen“ (DIE DEUTSCHEN BERUFSFÖRDERUNGSWERKE 2008). Diese Position wird offenbar aufgegeben. Der Bundesrechnungshof bemängelt diese Praxis (in einem Prüfbericht vom 5.7.2006) und hat Zweifel an deren Rechtmäßigkeit (BÜRO GEGEN ALTERSDISKRIMINIERUNG 2006). Der Sozialverband Deutschland, die Gewerkschaften und der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung wenden sich gegen diese Praxis der Bundesagentur für Arbeit (DIE WELT 2005, 4). HAINES stellt fest: “Dabei entspricht die von der Bundesagentur für Arbeit ´erfundene´ Kategorie von Betreuungskunden zumindest insoweit nicht den gesetzlichen Vorgaben, als es um Behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben geht; denn bei der gesamten Kategorie werden Probleme gesucht, gesehen und bewertet, nicht aber Möglichkeiten und Chancen, um die es im SGB IX geht“ (HAINES 2007, 3).

3 Welche Auswirkungen sind erkennbar?

Welche Veränderungen sich aus dieser neuen Einstellung der Rehabilitationsträger ergeben, ist insbesondere an einem Großprojekt erkennbar, das auf Initiative des Deutschen Bundestages und unter Förderung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Jahr 2007 ins Leben gerufen wurde: „RehaFutur“. Dieses Projekt soll die berufliche Rehabilitation in Deutschland modernisieren und damit zukunftssicher machen. Zu diesem Projekt wurde im Jahre 2012 der Ergebnisbericht vorgelegt (DEUTSCHE AKADEMIE FÜR REHABILITATION/ DEUTSCHE VEREINIGUNG FÜR REHABILITATION 2012). Darin wird – ganz im Sinne der Zielsetzung der Bundesagentur für Arbeit – ein neues Rehabilitationskonzept favorisiert. Statt einer möglichst nachhaltigen beruflichen Bildung mit ganzheitlicher Förderung der fachlichen und personalen Kompetenz wird nunmehr eine Richtung vertreten, die einseitig und in verengter Perspektive die betriebliche Seite als Rehabilitationsansatz propagiert: „Beschäftigungsfähigkeit wird primär dort erlernt, wo die Erwerbstätigkeit stattfindet.“ (DEUTSCHE AKADEMIE FÜR REHABILITATION/ DEUTSCHE VEREINIGUNG FÜR REHABILITATION 2012, 48). Die Aspekte von Beruflichkeit, von persönlicher und beruflicher Identität scheinen plötzlich nicht mehr erforderlich zu sein. Haines beklagt in diesem Zusammenhang, dass die Probleme mit „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ (LTA) vor allem auf dem „Abhandenkommen früherer `Bildungsgewissheit`“ beruhen (HAINES 2007, 4). Stattdessen heißt es nun lapidar: „Als strategischer Ansatz ist eine stärkere Fokussierung auf „place and train“ statt auf „train and place“ zu fordern (DEUTSCHE AKADEMIE FÜR REHABILITATION/ DEUTSCHE VEREINIGUNG FÜR REHABILITATION 2012, 49).

Mit diesem Rückzug aus voll qualifizierenden Bildungsmaßnahmen setzt dieses Konzept einseitig auf Maßnahmen, die auf kurzfristige Aktivierung, vorrangige Vermittlung und „Platzierung“ (place and train), also auf die Anpassung behinderter Menschen an jeweils zu besetzende Arbeitsplätze gerichtet ist. Als neues Zielkonzept wird von RehaFutur nunmehr „Beschäftigungsfähigkeit“ propagiert, das an die Stelle von beruflicher Bildung gesetzt wird. Mit KUTSCHA (2009, 20) können wir hier von einem Paradigmenwechsel sprechen.

In der beruflichen Rehabilitation geht es immer um ein prognostisches bzw. perspektivisches Problem. Von einer Ist-Situation muss durch bestimmte Maßnahmen ein in der Zukunft liegender Eingliederungserfolg, i.d.R. auf einem anonymen Arbeitsmarkt, hergestellt werden. Wer bestimmt hier, welche einzelnen Komponenten der Beschäftigungsfähigkeit angestrebt bzw. vermittelt werden sollen, um eine Eingliederung sicher zu erreichen? Der leistungsberechtigte Behinderte? Der Leistungsträger, der die Maßnahmen wesentlich finanziert? Beide dürften dazu kaum in der Lage sein. Allenfalls in Einzelfällen lässt sich für jeweils in ihren Anforderungsprofilen genau bekannte Arbeitsplätze und entsprechende Kenntnis der Dispositionen einzelner Bewerber die Beschäftigungsfähigkeit durch Personalverantwortliche mit einiger Zuverlässigkeit abschätzen. Der Indikator für eine Beschäftigungsfähigkeit ist letztlich und ausschließlich ein erfolgreich ausgeübtes Beschäftigungsverhältnis: „Beschäftigungsfähigkeit stellt man nur unter Beweis, indem man in einem Beschäftigungsverhältnis steht“ (KRAUS 2007, 242). Beschäftigungsfähigkeit ist somit nur ex-post sicher feststellbar. Damit ist der Begriff für die berufliche Rehabilitation als Zielkategorie unbrauchbar. LISOP spricht denn auch von einem „Paradoxie-Gehalt bei Employability“. Sie übersetzt den Begriff mit „einstellbar“ (aufgrund passender Qualifikationen und sonstiger Eigenschaften). „Über das „passend“ entscheidet aber nicht der Anbieter der Arbeitskraft, auch nicht durch individuelle Justierung seiner Qualifikation hin auf Passung. Genau das suggerieren jedoch Employability und Beschäftigungsfähigkeit“ (LISOP 2009). Andere Autoren sprechen von einem „Hoffnungswort“ (GREINERT 2008, 9) oder von einer „Wortwolke“ (FAULSTICH 2006, 91; vergl. auch BEILER 2013, 352).

Berufliche Bildungsmaßnahmen nach dem Dualen System mit entsprechenden Kammerabschlüssen waren fast 40 Jahre lang der „Masterplan“ der beruflichen Rehabilitation Behinderter. Sie standen unter dem Anspruch der didaktischen Leitidee, dass die Fähigkeit, zukünftige Lebens- und Arbeitssituationen zu gestalten, „nur erworben werden kann, wenn auch in (relevanten) Lernsituationen die Gelegenheit geboten wird, …die eigene Kompetenz konstruktiv einzusetzen und auszuformen“ ( TRAMM 1996, 28 ). Auch DOSTAL plädiert noch 2006 für Beruflichkeit als Bezugspunkt für Ausbildung und Rehabilitation (DOSTAL 2006, 209).

4 Zur Relevanz der Berufs - und Wirtschaftspädagogik für die berufliche Rehabilitation

In den mehr als 40 Jahren seit der Etablierung der beruflichen Rehabilitation in der Bundesrepublik Deutschland hat die Berufs- und Wirtschaftspädagogik eine bedeutende Rolle in der beruflichen Rehabilitation gespielt. So wurde bereits in der Konzeption des „Aktionsprogramms zur Förderung der Rehabilitation der Behinderten“ aus dem Jahre 1970 eine Qualifizierung in zukunftsorientierten Berufen auf der Grundlage moderner Methoden der Erwachsenenbildung befürwortet. Noch bei den Überlegungen zu einem „Dritten Aktionsprogramm Rehabilitation“ im Jahre 1992 wurden zur „Sicherung einer ganzheitlichen Rehabilitation neue Ausbildungsmethoden wie: Handlungsorientierung, Vermittlung von Schlüsselqualifikationen, Verzahnung von Theorie und Praxis, Auflösung der Fächerorientierung“ gefordert (DIE DEUTSCHEN BERUFSFÖRDERUNGSWERKE (2008). Die Kooperation und die gegenseitigen Synergieeffekte zwischen der beruflichen Rehabilitation und der Berufs- und Wirtschaftpädagogik haben zahlreiche Ergebnisse - fruchtbar für beide Seiten - hervorgebracht: Veröffentlichungen, ( z. B. REETZ et al. 1978, 1986), Symposien (REETZ/ REITMANN 1990; BEILER/ LUMPE/ REETZ 1994 und 1995), Modellversuche ( z. B. SEYD/ BRAND 2002; TRAMM/ WICHER/ BISCHOFF 2006). Nicht selten war dabei die berufliche Rehabilitation ein innovativer Impulsgeber für andere Bereiche der beruflichen Bildung. Unter den in den letzten Jahren durchgesetzten Restriktionen bleibt kein Raum mehr für die kreative Entwicklung neuer Methoden in der Rehabilitationspraxis und für Organisationsentwicklungen, die eine ganzheitliche, nachhaltige Kompetenzförderung erst ermöglichen. Vielleicht erscheint das heute in einer ökonomistisch geprägten Zeit verzichtbar. Bildung passt offenbar nicht mehr ins Konzept der beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen. Es ist zweifelhaft, ob damit die Intention der UN-Behindertenrechtskonvention noch erfüllt wird, die auch in Deutschland Rechtsstatus erhalten hat. Ebenso ist zu bezweifeln, dass die eingeschlagene Strategie langfristig zu Kosteneinsparungen führt, wenn man nicht nur die Budgets der Rehaträger in den Blick nimmt, sondern auch die externalisierten gesamtgesellschaftlichen Kosten bilanziert, die durch erhöhte Krankheitskosten, soziale Desintegration etc. entstehen.

Literatur

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BEILER, J./ LUMPE, A./ REETZ, L. (Hrsg.) (1994): Schlüsselqualifikation, Selbstorganisation, Lernorganisation. Dokumentation eines Symposions im Berufsförderungswerk Hamburg am 15./16. 09.1993. Hamburg.

BEILER, J./ LUMPE, A./ REETZ, L. (Hrsg.) (1995): It´s Time For Team. Dokumentation eines Symposions im Berufsförderungswerk Hamburg am 14./15.09.1995. Hamburg.

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TRAMM, T./ WICHER, K. / BISCHOFF, J. (Hrsg.) (2006): Eigenverantwortlichkeit fördern - berufliche Perspektiven entwickeln. Hamburg.

Zitieren des Beitrags

REETZ, L./ BEILER, J. (2014): Inklusion nur für Auserwählte? – Zu den Auswirkungen einer ökonomisch bestimmten Förderung der beruflichen Rehabilitation Erwachsener. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Profil 3, 1-8. Online: http://www.bwpat.de/profil3/reetz_beiler_profil3.pdf  (23-05-2014).