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 bwp@ Ausgabe Nr. 14 | Juni 2008
Berufliche Lehr-/ Lernprozesse - Zur Vermessung der Berufsbildungslandschaft
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 14 sind H.-Hugo Kremer, Karin Büchter und Franz Gramlinger

Effekte des experimentierenden Lernens in der Bau- und Holztechnik – Ergebnisse einer Studie zur empirischen Bildungsforschung


 

 

 

1.  Bildungspolitischer und wissenschaftlicher Kontext

In jüngerer Vergangenheit traten Neuordnungen in einer ganzen Reihe von Berufsfeldern in Kraft, beispielsweise in der Bauwirtschaft (1999) oder in den Elektroberufen (2003). Die neu vorgelegten Rahmenlehrpläne orientierten sich durchweg am Stand der KMK-Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen und damit am Ziel der Kompetenzentwicklung und am Prinzip handlungsorientierten Lernens (in der letzten Fassung KMK 2007). Insbesondere letzteres wird in den bildungspolitischen Vorgaben mit hoher Priorität gefordert, etwa wenn die KMK-Handreichung in den Ausführungen zum Bildungsauftrag der Berufsschule gleich als erstes Ziel anführt, es müsse „…die Berufsschule den Unterricht an einer für ihre Aufgabe spezifischen Pädagogik ausrichten, die Handlungsorientierung betont“ (ebd., 10). Die KMK bleibt damit bei grundsätzlichen pädagogischen Vorstellungen, die in den technischen Berufsfeldern bereits mit den 1987er Neuordnungsverfahren der handwerklichen und industriellen Elektro- und Metallberufe eingeführt wurden und seitdem als allgemeiner Standard in der Rahmenlehrplanentwicklung herangezogen worden sind.

Zur Frage der Umsetzung handlungsorientierten Lernens in der beruflichen Bildung ist seit 1987 sehr umfassend gearbeitet worden (vgl. etwa HURZ 2000). Handlungsorientiertes Lernen bezieht sich zunächst auf lernpsychologisch begründete Vorstellungen zur Entwicklung von Strategien des Problemlösens und auf den Zusammenhang zwischen Lern- und Bezugshandlungen (ebd., 226 ff. bzw. 231 ff.). Bezüglich der Umsetzung dieser Unterrichtskonzepte existieren entwickelte Vorstellungen einer handlungsorientierten Methodik (vgl. JENEWEIN 2000) mit ausdifferenzierten Methodenkonzeptionen (PAHL 2007) und eine breit angelegte fachdidaktische Diskussion (vgl. die Beiträge zu den Fachtagungen Elektrotechnik-Informatik, Metalltechnik sowie Bau/Holz/Farbe im Rahmen der Hochschultage Berufliche Bildung).

An der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg hat dies insbesondere Konsequenzen für die fachdidaktische Ausrichtung der Lehrerausbildung nach sich gezogen. Neben der Einrichtung fachdidaktischer Laboratorien, in denen handlungsorientierte Lernformen etwa durch Aufbau und Durchführung fachdidaktischer Experimente vorbereitet und erprobt werden können, bilden die Entwicklung und Erprobung experimenteller Lehr-Lern-Arrangements einen bedeutsamen Kernbereich der am Standort verfolgten Lehrerausbildungskonzeption. Insbesondere im Berufsfeld Bau- und Holztechnik wurde zunächst mit der Entwicklung einer handlungstheoretisch begründeten und umfassend ausgelegten Konzeption experimentierenden Lernens ein Beitrag zur inhaltlichen Ausgestaltung einer handlungsorientierten Fachdidaktik in der Lehrerausbildung vorgelegt (s. den in der Reihe „Berufsbildung, Arbeit und Innovation“ erschienenen Studientext – Bünning 2006).

Mit den in den vergangenen Jahren abgeschlossenen Neuordnungsverfahren der bedeutendsten technischen Berufsfelder werden handlungsorientierte Lehr-Lern-Methoden durch die Implementation des Lernfeldkonzepts zudem weiter forciert. Handlungsorientierter Unterricht steht vor diesem Hintergrund im Zentrum einer intensiven fachdidaktischen Debatte. Insbesondere vorwiegend im Berufsfeld Elektrotechnik durchgeführte Untersuchungen der Forschungsgruppe um Nickolaus (Hannover, Stuttgart) haben sich aus unterschiedlicher Perspektive mit dem Zusammenhang zwischen den Unterrichtsformen einerseits und den Wirkungen auf die Kompetenzentwicklung andererseits beschäftigt (vgl. etwa Nickolaus/ Heinzmann/ Knöll 2005, Gschwendter/ Geissel/ Nickolaus 2007, Knöll 2008). Überwiegend wurde in diesen Untersuchungen kein oder sogar ein negativer Effekt handlungsorientierter Lehr-Lern-Arrangements auf die Entwicklung deklarativen und prozeduralen Wissens festgestellt, wenn handlungsorientierte Lernarrangements den Lerneffekten instruktionsorientierter Lehr-Lern-Formen gegenübergestellt werden (vgl. insbes. Nickolaus/ Heinzmann/ Knöll 2005).

Die im Umfeld dieser Forschergruppe auf der Grundlage eigener empirischer Untersuchungen aufgestellten Thesen sind vor allem vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass sie den Reformprozess der beruflichen Bildung – insbesondere die seit 1987 durch KMK-Vereinbarungen getragenen Hinwendung zu handlungsorientierten Lehr-Lern-Arrangements – nachhaltig in Frage stellen. Die Forschergruppe konstatiert zunächst, dass die in der wirtschaftspädagogischen Lehr-Lern-Forschung durch selbstorganisationsoffene Lernumgebungen erzielten positiven Effekte zur Förderung einer allgemeinen und inhaltsspezifischen Problemlösungskompetenz sich in den gewerblich-technischen Domänen im Rahmen von eigenen Forschungen nicht belegen ließen ( Gschwendter/ Geissel/ Nickolaus 2007, 1). Darüber hinaus wird in den Untersuchungen festgestellt, dass handlungsorientierte gegenüber instruktionsbezogenen Lehr-Lern-Arrangements

•  bezüglich der Entwicklung prozeduralen Wissens keine Vorteile bringen,

•  bezüglich der Entwicklung deklarativen Wissens sich klar nachteilig auswirken und zudem

•  eine lern- bzw. leistungsschwache Schülerklientel gegenüber leistungsstärkeren Schülern benachteiligen

(vgl. Nickolaus/ Heinzmann/ Knöll 2005).

Diese Entwicklungen und Aussagen bieten aus Sicht der Autoren Anlass, sich mit diesen Fragen in einem eigenen empirischen Zugriff zu befassen.

2.  Gegenstand und Konzeption der vorliegenden Studie

In den gewerblich-technischen Domänen besitzen handlungsorientierte Lern- und Unterrichtsformen seit langem eine hohe Bedeutung. Dabei ist hier insbesondere zu unterscheiden nach gestaltungsorientierten (z. B. Konstruktions-, Fertigungs- oder Instandhaltungsaufgaben) und nach erkenntnisorientierten Methoden. Von besonderer Bedeutung ist hierbei das experimentierende Lernen und in seiner fachdidaktisch entwickelten Methodik das Technische Experiment (vgl. Jenewein 2000, Pahl 2007). Vor diesem Hintergrund war es in den vergangenen Jahren besonderes Anliegen der Magdeburger Aktivitäten, für die Bau- und Holztechnik eine handlungstheoretisch begründete Konzeption zum experimentierenden Lernen in der Bau- und Holztechnik auszuarbeiten und mit Experimenten zu untersetzen, die im Rahmen des fachdidaktischen Laboratoriums entwickelt worden sind (veröffentlicht in BÜNNING 2006).

In einem zweiten Schritt – und dieser ist Anliegen der im Folgenden vorgestellten Studie – wurde die Zielsetzung verfolgt, Effekte des experimentierenden Lernens für die Bau- und Holztechnik empirisch zu evaluieren. Vor diesem Hintergrund wurden zwei ausgewählte Experimente ( Zimmermannsmäßige Verbindungen im Holzbau: Experimentelle Ermittlung des Zusammenhangs von maximaler Druckbelastung und Vorholzlänge bei Stirn- und Doppelversatz und Einfluss der Bewehrungslage auf die Biegezugfestigkeit eines Stahlbetonbalkens ) in der Berufsbildenden Schule I in Stendal unter Praxisbedingungen getestet. Für die Studie standen vier Klassen des 1. Ausbildungsjahres zur Verfügung. Zum Zwecke der Studie wurden die entwickelten Experimente in Lernfelder integriert. Das Experiment Zimmermannsmäßige Verbindungen im Holzbau: Experimentelle Ermittlung des Zusammenhangs von maximaler Druckbelastung und Vorholzlänge bei Stirn- und Doppelversatz wurde in das Lernfeld „Herstellen einer Holzkonstruktion“ und das Experiment Einfluss der Bewehrungslage auf die Biegezugfestigkeit eines Stahlbetonbalkens wurde in das Lernfeld „Herstellen eines Stahlbetonteils“ eingeordnet und hier jeweils in eine Lernsituation integriert. Die Studie gliedert sich entsprechend der zwei evaluierten Experimente in zwei Teilstudien:

1.  Die Teilstudie I stellt die empirische Evaluation des Experiments Zimmermannsmäßige Verbindungen im Holzbau: Experimentelle Ermittlung des Zusammenhangs von maximaler Druckbelastung und Vorholzlänge bei Stirn- und Doppelversatz dar.

2.  Bei der Teilstudie II handelt es sich um die empirische Evaluation des Experiments Einfluss der Bewehrungslage auf die Biegezugfestigkeit eines Stahlbetonbalkens.

Im Weiteren wird für diese beiden Untersuchungen die Terminologie „Teilstudie I“ und „Teilstudie II“ verwendet.

Generell dienten drei der vier Klassen als Experimentalgruppe, während eine Klasse als Kontrollgruppe fungierte. Diese drei zu eins Aufteilung wurde gewählt, um das entwickelte Experimentalkonzept sicher zu evaluieren. Wie anfangs hervorgehoben, war es vordergründig Ziel der Studie, die entwickelte Konzeption hinsichtlich ihrer Effekte auf den Lernerfolg zu bewerten. Dieser Zielstellung wird Rechnung getragen, indem drei Klassen als Experimentalgruppen dienen und damit die Ergebnisse durch eine höhere Fallzahl absichern.

Vom Ansatz her findet bei beiden Teilstudien eine ähnliche Herangehensweise Anwendung. Es wurde jeweils mit drei Experimentalgruppen und einer Kontrollgruppe gearbeitet. In der Teilstudie I fungierte die Klasse S.05 als Kontrollgruppe, während in der Teilstudie II die Klasse AB.05 als Kontrollgruppe diente.

 

Für die Evaluation der entwickelten bautechnischen Experimente konnten folglich vier Versuchsgruppen gebildet werden. Für den Ansatz der Studien war die Anwendung einer quasi-experimentellen Untersuchung mit einer Kontrollgruppe (ohne Intervention) angemessen. Es wurde keine Randomisierung vorgenommen, da die Lernenden auf Grund ihrer Berufswahl in Klassen eingeteilt waren und nicht für die Untersuchung durch zufällige Auswahl neu zusammengesetzt werden konnten. Daher war die Durchführung von Vortests zur Bestimmung der abhängigen Variablen erforderlich, um Aussagen über die Veränderung in den Experimentalgruppen treffen zu können. Die Vortests hatten hier die Funktion, eventuelle Ausgangsunterschiede zwischen den Experimental- und den Kontrollgruppen zu Beginn der Untersuchungen zu ermitteln. Die Ausgangsbedingungen sind Referenzdaten, auf die sich interventionsbedingte Veränderungen beziehen (vgl. BORITZ/ DÖRING 2002, 530).

Vor diesem Hintergrund wurde in Teilstudie 1 die in Tabelle 1 dargestellte Testanordnung verwendet (die Testanordnung von Teilstudie 2 entspricht prinzipiell ebenfalls dem dargestellten Design).

Mit Hilfe der Tests wird eine Lernerfolgsmessung in Bezug auf deklaratives und prozedurales Wissen sowie auf Problemlösungswissen durchgeführt. Daher wird der Test in drei Teile eingeteilt, welcher jeweils Fragen zu allen drei Wissensarten beinhaltet. Die Tests wurden aus veröffentlichten Prüfungsaufgaben der Industrie- und Handelskammer (IHK) und Prüfungsliteratur zusammengestellt, wobei die einzelnen Aufgaben auf der Basis kognitionstheoretisch basierter Kriterien ausgewählt worden sind. Hiermit wurde ein Testinstrumentarium für die drei zu untersuchenden Wissensarten entwickelt. Hierbei konnte auf bewährte Aufgaben zurückgegriffen werden, die bereits getestet sind und sich als zuverlässig erwiesen haben.

Für einen Teil des Tests, der sich auf deklaratives Wissen konzentriert, bot sich die Antwort-Auswahl-Form als Aufgabentyp an. Das prozedurale Gedächtnis speichert Wissen in Form von Modulen bzw. in Form von unabhängigen Produktionsregeln. Aus diesem Grund wurde für diesen Teil der Konstruktions-Anwendungs-Typ herangezogen. Im Testteil des Problemlösungswissens wurde der Aufgabentypus der Konstruktions-Art verwendet, bei dem die Lernenden die Lösung selbst entwickeln mussten. Für jeden Teil der Tests wurden neun Punkte vergeben.

Die empirisch zu evaluierenden Experimente wurden in die entsprechenden und relevanten Lernfelder eingebettet. Ferner wurden Lernsituationen entwickelt, in denen das Experiment zum Einsatz kam. Das betreffende Lernfeld für die Studie umfasste jeweils 60 Unterrichtsstunden. Die Lernsituation und das Experiment wurden nach ca. 30 Unterrichtsstunden integriert.

Im Rahmen der Studie wurden auf Grund unterschiedlicher theoretischer Überlegungen und des aktuellen Erkenntnisstandes anderer empirischer Studien zu den Effekten handlungsorientierter Lehr-Lern-Arrangements folgende Hypothesen formuliert:

H1: Experimentalunterricht fördert die Aneignung von deklarativem Wissen
ebenso wie direktiver Unterricht.

H2: Experimentalunterricht fördert die Aneignung prozeduralen Wissens und damit die Fähigkeit, Prozesse eigenständig nachzuvollziehen und zu modifizieren.

H3: Experimentalunterricht fördert die Aneignung von Problemlösungswissen hinsichtlich der Befähigung zum Lösen problemhaltiger Aufgaben aus dem fachlichen Umfeld der Lernenden.

H4: Experimentalunterricht fördert die Aneignung von den drei Wissensbereichen (deklaratives, prozedurales und Problemlösungswissen) bei leistungsstarken Lernenden, leistungsschwache Lernende werden demgegenüber benachteiligt.

 

3.  Ergebnis der empirischen Studie

Im Folgenden werden zunächst die Ergebnisse der Studien getrennt für die untersuchten Wissensbereiche vorgestellt. Die Analyse der Mittelwerte erfolgt zunächst deskriptiv, eine Signifikanzprüfung im Anschluss. Eine Interpretation und Hypothesenprüfung erfolgen im Anschluss an eine tiefer gehende statistische Analyse.

3.1  Deklaratives Wissen

Teilstudie I

Als Teil der Auswertung werden die erreichten Mittelwerte der unterschiedlichen Gruppen (M.05, AB.05, Da.05 und S.05) zu unterschiedlichen Zeitpunkten (1. Vortest bis 2. Nachtest) gegenübergestellt. Diese Gegenüberstellung verdeutlicht die Entwicklung der Wissensbestände in den Klassen, die der Intervention des Experiments ausgesetzt waren. Die Ergebnisse sind weiterhin in die drei Testbereiche aufgeschlüsselt: deklaratives Wissen, prozedurales Wissen und Problemlösungswissen.

Eine direkte Gegenüberstellung der Bildung der Mittelwerte von Kontrollgruppe und Experimentalgruppe der Teilstudie I verdeutlicht, dass die Entwicklung der Kontrollgruppe und der Experimentalgruppe sehr ähnlich ist. Es ist jedoch anzumerken, dass die drei Experimentalgruppen ein leicht besseres Ergebnis im 1. Nachtest und im 2. Nachtest erzielen. Die Differenz zwischen Experimental- und Kontrollgruppe beträgt im 1. Nachtest 0,42 Punkte und im 2. Nachtest 0,46 Punkte (s. Abb. 1).

Im 1. Vortest zeigen die beiden Gruppen ein ähnliches Ergebnis (Experimentalgruppe 4,22 Punkte, Kontrollgruppe 4,43 Punkte). Im 2. Vortest weist die Experimentalgruppe ein schlechteres Ergebnis als die Kontrollgruppe auf (Experimentalgruppe 6,49 Punkte, Kontrollgruppe 7,43 Punkte). Die Differenz beträgt damit nahezu 1 Punkt. Im 1. Nachtest zeigt die Experimentalgruppe ein besseres Ergebnis als die Kontrollgruppe (Experimentalgruppe 7,16 Punkte, Kontrollgruppe 6,00 Punkte). Im 2. Nachtest zeigt sich eine Differenz zwischen Experimental- und Kontrollgruppe von 0,92 Punkten (Abb. 2).

Die Analyse der Entwicklung der Experimentalgruppen und Kontrollgruppe (Teilstudie I und Teilstudie II) zeigte, dass durch die Intervention (das Experiment) leicht bessere Ergebnisse im deklarativen Wissensbereich des Tests erzielt wurden. Diese Tendenz war in beiden Teilstudien zu beobachten, wobei die Tendenz in der Teilstudie II deutlicher ausfällt.

3.2  Prozedurales Wissen

Teilstudie I

Analog zum deklarativen Wissen wurden die Ergebnisse des Testbereiches prozedurales Wissen in den unterschiedlichen Klassen und in den durchgeführten Tests gegenübergestellt.

Bei der direkten Gegenüberstellung zeigt die Experimentalgruppe einen sehr deutlich ausgeprägten prozeduralen Wissenszuwachs. Im 1. Vortest konnten die Klassen, die am Experiment teilnahmen, durchschnittlich 1,49 Punkte erreichen und im 2. Nachtest 2,89 Punkte erzielen. Die Kontrollgruppe zeigte im 1. Vortest Ergebnisse von durchschnittlichen 1,07 Punkten im Bereich des prozeduralen Wissens. Im 2. Nachtest erreichten sie jedoch nur 1,21 Punkte. Im weiteren Verlauf der Studie (ab 2. Vortest) differieren die Gruppen bereits deutlich. Durchschnittlich erreicht die Experimentalgruppe 2,22 Punkte und die Kontrollgruppe 1,29 Punkte (Abb. 3).

Dieser Unterschied kann nicht allein nur durch die Intervention, d. h. durch das Experiment erklärt werden, da die experimentelle Einheit erst nach dem 2. Vortest erfolgte. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Unterschiede durch andere Einflüsse zustande kamen. Neben der Auswirkung des Lernerfolgs durch das Experimentieren im engeren Sinn wurde in der Studie ebenfalls der Grad der Handlungsorientierung des praktizierten Unterrichts durch die Lehrenden erfasst. Es konnte festgestellt werden, dass die Lehrenden in der Kontrollgruppe einen weniger handlungs- und mehr instruktionsorientierten Unterricht umsetzten. Die hier auftretenden Unterschiede in den Lerneffekten können möglicherweise darauf zurückzuführen sein.

Teilstudie II

Die Ergebnisse der Teilstudie II werden hinsichtlich der Kontroll- und Experimentalgruppe nochmals gegenübergestellt. Die Experimentalgruppe verzeichnet im 1. Vortest ein wesentlich schlechteres Ergebnis als die Kontrollgruppe (Experimentalgruppe 0,07 Punkte, Kontrollgruppe 1,43 Punkte). Im 2. Vortest schneidet die Experimentalgruppe ebenfalls wesentlich schlechter als die Kontrollgruppe ab. Im 1. Nachtest wandelt sich das Ergebnisbild, und die Experimentalgruppe erreicht mit 5,27 Punkten ein wesentlich besseres Ergebnis als die Kontrollgruppe, die lediglich 3,43 Punkte erreichte. Auch im 2. Nachtest kann die Experimentalgruppe ein besseres Ergebnis als die Kontrollgruppe erzielen (Experimentalgruppe 4,35 Punkte, Kontrollgruppe 3,00 Punkte) (Abb. 4).

In der Entwicklung des prozeduralen Wissens zeigt der Experimentalunterricht deutliche positive Effekte. Sowohl in Teilstudie I als auch in Teilstudie II erzielten die Experimentalgruppen deutliche Zuwächse. Während in der Teilstudie I die Kontrollgruppe stagnierte, verzeichnete die Experimentalgruppe einen deutlichen Zuwachs. In der Teilstudie II wies die Kontrollgruppe zunächst bessere Ergebnisse als die Experimentalgruppe auf. Nach der Intervention überflügelte die Experiementalgruppe die Kontrollgruppe deutlich.

3.3  Problemlösungswissen

Teilstudie I

Eine direkte Gegenüberstellung der Ergebnisse von Experimental- und Kontrollgruppe von Teilstudie I im Bereich des Problemlösungswissens zeichnet ein deutliches Bild. Während die Experimentalgruppe im Vortest 0,56 Punkte erreichte und im 1. Nachtest 2,47 Punkte, konnte sich die Kontrollgruppe von 0,29 Punkten im 1. Vortest nur auf 0,36 Punkte im 1. Nachtest steigern. Die Experimentalgruppe weist damit einen Zuwachs vom 1. Vortest zum 1. Nachtest von 1,91 Punkten auf; die Kontrollgruppe steigerte sich demgegenüber lediglich um 0,07 Punkte (Abb. 5).

Teilstudie II

Die Auswertung der Teilstudie II zeigt ein weniger deutliches Bild als die Auswertung der Teilstudie I in diesem Wissensbereich. Die Experimentalgruppe konnte sich von 0,00 im 1. Vortest auf 0,57 im 1. Nachtest steigern. Die Kontrollgruppe steigerte sich von ebenfalls 0,00 Punkten auf 0,71 Punkte im 1. Nachtest. Damit zeigen beide Gruppen einen ähnlich geringen Punktezuwachs (Abb. 6).

In Teilstudie I zeigte sich, dass die Experimentalgruppe durch die Intervention einen deutlichen Leistungszuwachs im Problemlösungswissen aufzeigen konnte. Die Kontrollgruppe hingegen zeigte nur einen sehr geringen Zuwachs in diesem Testbereich. Diese sehr deutliche Entwicklung der Teilstudie I wurde in der Teilstudie II jedoch nicht bestätigt. Die Experimentalgruppe verzeichnete durch die Intervention einen geringen Leistungszuwachs. Die Kontrollgruppe verschlechterte sich über diesen Zeitraum (2. Vortest – 1. Nachtest) geringfügig. Im 2. Nachtest weisen beide Gruppen ein nur geringfügig differierendes Ergebnis zu Gunsten der Experimentalgruppe auf.

4.  Detaillierte statistische Untersuchung der Lerneffekte in einzelnen Wissensbereichen

Im Rahmen der Auswertung der Studie ist es von besonderem Interesse, den Lernerfolg vom 2. Vortest zum 1. Nachtest zu analysieren, da zwischen diesen beiden Tests die Experimentaleinheit in den betreffenden Gruppen (außer in der Kontrollgruppe) durchgeführt wurde. Die Auswirkung des Experiments auf den Lernerfolg wird in dieser Analyse besonders deutlich. Folglich wird dieser Bereich gesondert und detailliert mit Hilfe von T-Test, Varianzanalyse [ANOVA] und Effektstärkemaß betrachtet.

Neben der Untersuchung der Auswirkungen des Experimentierens auf den Lernerfolg werden ebenfalls Einflüsse des Bildungsabschlusses auf die Entwicklung in den drei Bereichen deklaratives, prozedurales Wissen und Problemlösungswissen untersucht. Die Entwicklung der Lernenden wird durch den Punktezuwachs zwischen 2. Vortest und 1. Nachtest verdeutlicht, d. h. von der erreichten Punktzahl im 1. Nachtest wurde die erreichte Punktzahl im 2. Vortest subtrahiert. Die ermittelte Punktzahl wurde dann mit dem Bildungsabschluss korreliert.

Die wichtigsten Ergebnisse der Analyse werden zunächst in tabellarischer Form (Tabellen 2 bis 4) dargestellt. Auf der Grundlage der hier verzeichneten statistischen Ergebnisse finden im Anschluss eine Interpretation und Hypothesenprüfung statt.

 

5.  Hypothesenprüfung

H1: Experimentalunterricht fördert die Aneignung von deklarativem Wissen
ebenso wie direktiver Unterricht.

Die Hypothese H1 kann bestätigt werden.

In der Teilstudie I wurde die Hypothese sowohl im Vergleich des 2. Vortests und des 1. Nachtests als auch im Vergleich der 1. Nachtests und 2. Nachtests bestätigt. Der
T-Test für die Experimentalgruppe beim 2. Vortest und 1. Nachtest zeigte an, dass die gemessene Veränderung höchst signifikant war [T(df)=-7,923(44); p=,000]. Die Kontrollgruppe konnte ebenfalls eine höchst signifikante Veränderung verzeichnen
[T(df)=-4,497(13); p=,001]. Die Varianzanalyse bestätigte die Ergebnisse des T-Tests. Sie zeigt keinen signifikanten Einfluss des Experiments im 2. Vortest – 1. Nachtest an. Ferner wird kein Effekt durch die Varianzaufklärung ausgewiesen ( =,004).

Die Analyse der Ergebnisse in der Teilstudie II mittels T-Test zeigt im Vergleich des 2. Vortest mit dem 1. Nachtest für die Experimentalgruppe einen signifikanten Zuwachs durch die Intervention [T(df)=-2,350(36); p=,024]. Für die Kontrollgruppe wurde ein signifikanter Leistungsabfall mit [T(df)=3,333(6); p=,016] verzeichnet. Damit kann interpretiert werden, dass das Experiment tendenziell zu besseren Ergebnissen als der direktive Unterricht führt. Insbesondere wird durch die Varianzaufklärung ein deutlicher Effekt des Experiments ausgewiesen ( =,181).

Wie schon in der Analyse der Ergebnisse 2. Vortest – 1. Nachtest in Teilstudie I deutlich wurde, ähneln sich die Entwicklungen der Experimentalgruppe und der Kontrollgruppe ebenfalls in den nachfolgenden Tests der Untersuchung. Auch im 1. Nachtest – 2. Nachtest zeigt sich für die Experimental- und die Kontrollgruppe eine vergleichbare Entwicklung. Die Experimentalgruppe in Teilstudie I verzeichnet im T-Test ein [T(df)=3,604(44); p=,000], die Kontrollgruppe ein [T(df)=2,509(13); p=,026]. Die Experimentalgruppe verzeichnet damit eine höchst signifikante Veränderung, die der Kontrollgruppe ist noch signifikant.

In Teilstudie II verzeichnen sowohl die Experimentalgruppe mit [T(df)=-2,350(36); p=,024] als auch die Kontrollgruppe mit [T(df)=3,333(6); p=,016] eine signifikante Veränderung. D.h. die Experimentalgruppen verhielten sich ähnlich wie die Kontrollgruppen in beiden Teilstudien.

Auf Grund der Ergebnisse der Teilstudien I und II liegt der Schluss nahe, dass ein handlungsorientierter Experimentalunterricht direktiven Lehr-Lern-Formen hinsichtlich der Entwicklung deklarativen Wissens keineswegs unterlegen ist. Im Gegenteil zeigt sich die Tendenz, dass Experimentalunterricht sich u. U. positiver als ein direktiver Unterricht auf die Entwicklung deklarativen Wissens auswirkt. Dies wird insbesondere in der Teilstudie II deutlich.

H2: Experimentalunterricht fördert die Aneignung prozeduralen Wissens und damit die Fähigkeit, Prozesse eigenständig nachzuvollziehen und zu modifizieren.

Hypothese H2 wurde in beiden Teilstudien bestätigt und damit ebenfalls verifiziert.

In Teilstudie I war der Leistungszuwachs der Experimentalgruppe zwischen 2. Vortest und 1. Nachtest höchst signifikant [T(df)=-5,869(44); p=,000], während die Veränderung der Kontrollgruppe nicht signifikant war [T(df)=-,155(13); p=,879]. Es kann daraus geschlussfolgert werden, dass der Experimentalunterricht über entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von prozeduralem Wissen verfügt. Die Varianzanalyse verifiziert die Ergebnisse des T-Tests, denn sie zeigt einen signifikanten Einfluss des Experiments an. Weiterhin besagt die Varianzaufklärung, dass ein mittlerer bis großer Effekt des Experimentierens auf den Lernerfolg im Bereich des prozeduralen Wissens vorliegt ( =,108).

Der T-Test zeigt für die Teilstudie II einen höchst signifikanten Zuwachs
[T(df)=-11,602(36); p=,000] bei der Experimentalgruppe 2. vom Vortest zum 1. Nachtest auf. Die Kontrollgruppe verzeichnete dagegen eine nicht signifikante Veränderung [T(df)=,000(6); p=1,000] vom 2. Vortest zum 1. Nachtest. Die Ergebnisse werden durch die Varianzanalyse bestätigt, da sie einen höchst signifikanten Einfluss der Intervention dokumentiert. Die Varianzaufklärung zeigt einen großen Effekt an ( =,320).

H3: Experimentalunterricht fördert die Aneignung von Problemlösungswissen hinsichtlich der Befähigung zum Lösen problemhaltiger Aufgaben aus dem fachlichen Umfeld der Lernenden.

Hypothese H3 kann nur in der Teilstudie I bestätigt werden.

Wie aus der Auswertung der Teilstudie I des 2. Vortests und 1. Nachtests hervorgeht, entwickeln sich die Experimentalgruppe und Kontrollgruppe sehr unterschiedlich. Im 2. Vortest und 1. Nachtest zeigt sich, dass die Experimentalgruppe einen höchst signifikanten [T(df)=-6,711(44); p=,000] Leistungszuwachs verzeichnete, während die Kontrollgruppe einen nicht signifikanten Leistungszuwachs [T(df)=-1,000(13); p=,336] aufwies. Die Ergebnisse werden ebenfalls durch die Varianzanalyse bestätigt, da ANOVA einen höchst signifikanten Einfluss des Experiments ausweist. beträgt 0,168, und es kann damit auf einen großen Effekt geschlossen werden.

In Teilstudie II zeigte der T-Test für die Experimentalgruppe eine nicht signifikante Veränderung an. Für die Experimentalgruppe wird ein [T(df)=-2,017(36); p=,051] berechnet, d. h. es liegt keine signifikante Veränderung vor. In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, dass die Signifikanzgrenze (p 0,05) nur geringfügig überschritten wird. Die Kontrollgruppe erzielt [T(df)=1,000(6); p=,356], damit wird ebenfalls eine nicht signifikante Veränderung dokumentiert. Die Varianzanalyse weist in der Teilstudie II einen nicht signifikanten Einfluss des Experiments aus, der mit =,034 mit einem geringen Effektmaß einhergeht.

Die beiden Teilstudien weisen damit unterschiedliche Untersuchungsergebnisse auf. Während in Teilstudie I ein Einfluss des Experiments auf die Entwicklung von Problemlösungswissen sehr deutlich nachgewiesen wird, ist dieser in Teilstudie II nicht signifikant. Dementsprechend kann kein Schluss aus den Untersuchungsergebnissen gezogen werden, da die Ergebnisse widersprüchlich sind. Folglich wird für die weitere Interpretation davon ausgegangen, dass Hypothese 3 nicht bestätigt werden konnte.

H4: Experimentalunterricht fördert die Aneignung von den drei Wissensbereichen (deklaratives, prozedurales und Problemlösungswissen) bei leistungsstarken Lernenden, leistungsschwache Lernende werden demgegenüber benachteiligt.

Es wurden die Korrelationen zwischen dem Bildungsabschluss und der erzielten Entwicklung vom 2. Vortest zum 1. Nachtest betrachtet.

Die statistische Auswertung zeigt kein einheitliches Bild hinsichtlich der Korrelation zwischen Bildungsabschluss und Wissensentwicklung. Es wurde für die ermittelten Korrelationen keine Signifikanz festgestellt (Ausnahme Teilstudie I, Bereich Problemlösungswissen, EG r=,366 (p=,013*). Weiterhin lagen die Korrelationen der Experimentalgruppe im sehr geringen oder geringen Bereich. In den Kontrollgruppen traten teilweise hohe oder nahezu hohe Korrelationen auf, diese sind jedoch vor dem Hintergrund der relativ kleinen n der Kontrollgruppen und der möglicherweise daraus resultierenden fehlenden Signifikanz zurückhaltend zu bewerten.

Auf Grund der hier dargelegten Datenlage kann die Hypothese weder falsifiziert noch verifiziert werden und muss folglich verworfen werden. Für die Bearbeitung dieser Fragestellung besteht weiterer Forschungsbedarf. Insbesondere sind hierzu verfeinertere Untersuchungsinstrumentarien als die hier verwendeten erforderlich, zum Beispiel eine höhere Anzahl an Versuchsgruppen, höhere Anzahl an Probanden, Einbeziehung von weiteren persönlichen Daten, die über den Bildungsabschluss hinausgehen und ein Testdesign, das sich auf diese Problematik konzentriert. Dennoch kann festgehalten werden: Ein Effekt der Benachteiligung vorbildungsschwacher Schülerinnen und Schüler kann in der vorliegenden Untersuchung nicht festgestellt werden.

6.  Resümee

Angesichts der Homogenität der durch die Forschergruppe rund um Nickolaus in unterschiedlichen Studien herausgearbeiteten empirischen Ergebnisse (s. Kap. 1) ist es erstaunlich, dass deren Kernaussagen durch die hier vorliegende Studie an keiner Stelle bestätigt werden konnten. Zumindest in Bezug auf das hier untersuchte handlungsorientierte Lehr-Lern-Arrangement Technisches Experiment kann für die bau- und holztechnische Grundbildung ausgesagt werden, dass

•  in instruktionsbezogenen Unterrichtsarrangements keine besseren Ergebnisse hinsichtlich der Entwicklung deklarativen Wissens festgestellt werden konnten,

•  im Experimentalunterricht klar bessere Lerneffekte hinsichtlich der Aneignung prozeduralen Wissens vorliegen und

•  lern- und leistungsschwache Schülerinnen und Schüler in handlungsorientierten Lernarrangements nicht benachteiligt sind.

In Bezug auf die Förderung von Problemlösungswissen wurde zwar in der hier vorliegenden Untersuchung die Hypothese zurückgewiesen, da diese nicht in beiden Teilstudien bestätigt werden konnte und in einer der beiden Teilstudien ein nicht signifikantes Ergebnis vorlag. Aber auch hier ergeben sich tendenziell ausgeprägtere Effekte zugunsten des experimentierenden Lernens; ein gegenteiliger Effekt jedenfalls wäre bei Betrachtung der vorliegenden Datenlage auch bei einer umfangreicheren Untersuchung eher unwahrscheinlich.

In diesem Sinne spricht die hier vorliegende Studie eher für die Annahme grundlegender Aussagen der einschlägigen Kognitionstheorien zur Entwicklung unterschiedlicher Wissensbereiche in handlungsorientierten Lehr-Lern-Arrangements und damit für die Beibehaltung und den weiteren Ausbau des Reformprozesses in der deutschen Berufsbildung. Ebenso lässt die Studie erkennen, dass das technische Experiment zur Umsetzung von handlungsorientiertem Unterricht, wie er im Besonderen durch die Lernfeldorientierung in den neu geordneten gewerblich-technischen Ausbildungsberufen fokussiert wird, einen wirksamen Beitrag liefern kann. Für den Transfer dieser Erkenntnisse in die Lehrerausbildung empfiehlt sich die Auseinandersetzung mit Schrittfolgen bzw. Algorithmen des technischen Experimentierens, wie sie von unterschiedlichen Autoren (BADER 2004, BERNARD 1995, Bünning 2006, EICKER 1983, PAHL/ VERMEHR 1995, PAHL 2007 u. a. m.) veröffentlicht worden sind, im Rahmen einer experimentell ausgerichteten fachdidaktischen Lehre.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie belegen einen positiven Einfluss des experimentierenden Lernens auf den Lernerfolg in unterschiedlichen Wissensbereichen. Eine genauere Aufschlüsselung des ersten Nachtests (nach Abschluss des Experimentalteils des Lernfeldes) zeigt, dass sich in den Segmenten der Tests, die sich dem deklarativen Wissen widmen, die Gruppen nicht nennenswert unterscheiden. Unterschiede ergeben sich zwischen den Klassen, die experimentell unterrichtet und den Klassen, die im schulüblichen vorwiegend instruktionsbezogenen „Methodenmix“ unterrichtet wurden, in den Testbereichen zum prozeduralen Wissen und zum Problemlösungswissen. Hier schnitten die experimentell unterrichteten Lernenden besser ab als die Lernenden, die im schulüblichen „Methodenmix“ unterrichtet wurden. Folglich kann davon ausgegangen werden, dass ein experimentell ausgerichteter Unterricht besonders für die Entwicklung des prozeduralen Wissens und des Problemlösungswissens förderlich ist und dass Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlicher individueller Leistungsfähigkeit gleichermaßen vom experimentellen Lernen profitieren.

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zu den Effekten des experimentierenden Lernens in der Bau- und Holztechnik ermutigen zur weiteren fachdidaktischen Forschung auf diesem Gebiet. Sie rechtfertigen es, die fachdidaktische Lehrerausbildung stärker als in der Vergangenheit oft üblich an der Entwicklung pädagogischer Professionalität in handlungsorientierten Lehr-Lern-Methoden zu orientieren. Und sie ermuntern dazu, den im deutschen Berufsbildungssystem eingeschlagenen Reformprozess konsequent fortzusetzen.

 

Literatur

ANDERSON, J. R. (1983): The Architecture of Cognition. Cambridge , MA .

ANDERSON, J. R. (1984): Acquisition of proof skills in geometry. In: MICHALSKI, R. S. / CARBONELL, J. G. / MITCHELL, T. (Hrsg.): Machine learning (Vol. 1). Berlin.

ANDERSON, J. R./ BOYLE, C. F./ CORBETT, A. T./ LEWIS, M. W. (1990): Cognitive modelling and intelligent tutoring. Artificial Intelligence 42, 7-49.

ANDERSON, J. R. (1996): Kognitive Psychologie. 2. Aufl. Heidelberg.

BADER, R. (Hrsg.) (2004): Handreichungen für die Lehre - Handlungsorientierung als didaktisch-methodisches Konzept der Berufsbildung. Online unter http://www.uni-magdeburg.de/ibbp/bp/downloads.html [10.12.2004].

BERNARD, F. (1995): Kapitel 3 Planung der Lernziele, Lerninhalte sowie Unterrichtsmethoden und -mittel. In: BERNARD, F./ EBERT, D./ SCHRÖDER, B.: Unterricht Metalltechnik, Fachdidaktische Handlungsanleitungen. Hamburg: Handwerk und Technik, 53-95

BORTZ, J. (1993): Statistik. Für Sozialwissenschaftler. 4., vollst. überarb. Aufl. Berlin.

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