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 bwp@ Ausgabe Nr. 15 | Dezember 2008
Medien in der beruflichen Bildung – Mit Web 2.0, ERP & Co. zu neuen Lernwelten?
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 15 sind H.-Hugo Kremer, Jens Siemon und Tade Tramm

Lernen durch Lehren in web 2.0-gestützten Lehr-/Lernprozessen der beruflichen Erstausbildung. Potentiale und Auswirkungen am Beispiel des Unterrichtsversuchs kfz4me.de

 


1. Einführung

Dieser Beitrag stellt einen didaktischen Ansatz vor, bei dem die Integration von Werkzeugen des Web 2.0 in erziehungswissenschaftlich anerkannte Lehr-/Lernszenarien realisiert wird. Die Ausführungen basieren auf dem Unterrichtsversuch kfz4me.de. In diesem Versuch werden (Rapid)-Authoring-Prozesse in handlungsorientierte Lehr-/Lernszenarien des Berufsschulunterrichts integriert. Die dabei entstehenden audiovisuellen und/oder textuellen digitalen Bausteine (User Generated Content) werden anschließend im Internet unter der Adresse www.kfz4me.de veröffentlicht und stehen damit für weitere Lernprozesse in einem anderen Kontext, etwa an einem anderen Lernort zur Verfügung. Der didaktische Ansatz wird im Rahmen der dualen beruflichen Erstausbildung zur Kfz-Mechatronikerin/ zum Kfz-Mechatroniker am Berufskolleg des Märkischen Kreises in Iserlohn (BKI) entwickelt und erprobt und wurde im Jahr 2007 mit dem Rapid-Learning-Award und im Jahr 2008 mit dem europäischen E-Learning Award »EureleA 08« in der Kategorie Schulen und Non Profit Organisationen ausgezeichnet.

Der Beitrag wird im folgenden Kapitel zunächst die Ausgangsbedingungen zum Unterrichtsversuch kfz4me.de im Umfeld der dualen Partnerschaft (Betriebe, Bildungsstätte, Berufsschule) im Märkischen Kfz-Handwerk beschreiben. Im weiteren Verlauf werden Bedingungszusammenhänge beschrieben, die für die Realisierung des Ansatzes von besonderer Bedeutung sind. Anschließend wird das verwendete Bindeglied zwischen konventionellen handlungsorientierten Ansätzen und dem neuen IT-basierten, web 2.0-gestützten Ansatz vorgestellt, das Konzept Lernen durch Lehren. Im folgenden Teil werden erste Interpretationsansätze bzgl. der Auswirkungen auf den Lernprozess des Individuums und auf kommunikative sowie didaktische Entgrenzungsprozesse innerhalb dualer Partnerschaften präsentiert, die aus einer Schülerbefragung resultieren. Den Abschluss bildet ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungsstrategien. Hier werden Generische Methodische Schemata (GMS) vorgestellt. GMS berücksichtigen insbesondere die informationstechnische Perspektive auf den Lehr-/ Lernprozess innerhalb einer Präsenzveranstaltung. Die Schemata sollen so didaktisch eingebettete web 2.0-gestützte Lehr-/Lernszenarien an verschiedenen Lernorten ermöglichen.

2.  Ausgangslage

Man könnte vermuten, dass der Ausgangspunkt zum Unterrichtsversuch kfz4me.de am BKI in den von den Propagandisten einer Netz-Generation proklamierten Forderungen nach mehr IT im Unterricht und neuen didaktischen Konzepten liegt. Dies ist keineswegs der Fall. Vor dem Hintergrund der Ausführungen von ROLF SCHULMEISTER in seinem Beitrag „Gibt es eine »Net Generation«?“ (SCHULMEISTER 2008), in dem der Mythos von der Generation der Digital Natives mit zahlreichen internationalen Studien relativiert wird, intendiert der didaktische Ansatz im Unterrichtsversuch kfz4me.de vielmehr die Auflösung traditioneller Problemfelder der Ausbildungsorganisation. Der Versuch resultiert hier zunächst aus der Hoffnung, dass die neuen Möglichkeiten der web 2.0-Applikationen die Chance bieten, traditionellen Problemfeldern dualer Bildungsgänge neue Impulse zu geben. Aus der Praxis der Arbeit am BKI lassen sich hier konkret drei Problemfelder skizzieren:

1. Auszubildende müssen am Lernort Ausbildungsbetrieb in dual ausgelegten Berufsbildungssystemen in temporär anfallenden arbeitsintensiven Stoßzeiten teilweise für den schulischen Unterricht freigestellt werden, während sie in »betrieblichen Leerlaufzeiten« häufig »zwangsbeschäftigt« werden (Lernort- und Lernzeitproblematik). Diese Problematik betrifft vermutlich insbesondere Handwerksberufe mit saisonalen Effekten, so auch das Kfz-Handwerk. Man denke nur an die Winterreifenaktionen als betriebliche Stoßzeit. Dies führt in der Praxis auch immer wieder dazu, dass Betriebe in der Schule nachfragen, ob die Schülerin oder der Schüler vom Unterricht befreit werden kann, obwohl das Berufsbildungsgesetz einen solchen Fall gar nicht vorsieht (vgl. §15 BBIG).

2. Es kann weiterhin beobachtet werden, dass Auszubildende kaum Gelegenheit haben theoretisch vermittelte Fachinhalte zeitnah in der betrieblichen bzw. überbetrieblichen Praxis zu erleben. Die Reparatur eines defekten Lambda-Regelkreises im Betrieb führt eben nicht zwangsläufig dazu, dass diese Problematik zeitnah im Berufsschulunterricht behandelt werden kann (inhaltliche Abstimmungsproblematik, Mangel an didaktischer Parallelität).

3. Auszubildende stehen häufig vor dem Problem, für sich die Verbindung zwischen betrieblicher Erfahrungswelt und Schule zu schaffen. Sie müssen die praktische Arbeit vor dem theoretischen Hintergrund reflektieren und zugleich die Theorie auf ihre praktischen Kontexte anwenden (Problematik der individuellen Transferleistung).

Lernortkooperation von Ausbildungsbetrieben, Berufsschule und ggf. Bildungsstätte versucht die beschriebenen Problemfelder durch konventionelle Entgrenzungsprozesse aufzulösen. Die Palette der Maßnahmen reicht dabei von gemeinsamen informellen Absprachen bis hin zu übergreifenden Curricula und gesetzlichen Regelungen.

IT-gestützte Entgrenzungsprozesse zur Optimierung der Lernortkooperation stehen ebenfalls seit langer Zeit im Fokus der Forschung und auch der Förderung. In den 28 Modellversuchen der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung wurden von 1999 bis 2003 in 5 Maßnahmenbereichen insbesondere organisatorische Möglichkeiten der Kooperation zwischen den beteiligten Ausbildungspartnern untersucht. Es finden sich aber auch Projekte, die die Möglichkeiten von internetbasierten Kooperationsplattformen untersucht haben (vgl. BLK-Versuch »Aufbau und Nutzung von Bildungsnetzwerken zur Entwicklung und Erprobung von Ausbildungsmodulen in IT- und Medienberufen (ANUBA)« oder »Wissensforum als Instrument zur Verbesserung der Lernortkooperation (WISLOK)«). Gleichzeitig gab es immer auch andere, teilweise frei finanzierte Versuche, um Lehren und Lernen mit kommerziell beschafften digitalen Medien verstärkt in der dualen Berufsausbildung zu implementieren und damit einen Gleichlauf zwischen den Lernorten zu erreichen.

Einer Auflösung der beschriebenen Problemfelder ist man u. E. durch die Initiativen bisher aber nur partiell näher gekommen, etwa dadurch, dass durch eine verbesserte IT-gestützte Kommunikation informelle Prozesse zwischen den Ausbildungspartnern angestoßen wurden. Bei den geschilderten Bemühungen und Initiativen zur IT-gestützten Lernortkooperation bleiben nach wie vor Themen in der wissenschaftlichen Diskussion wie in der Praxis ungelöst. EULER bemängelt hierzu z.B., dass Lehre zu wenig auf die Vermittlung von Problemlöse- und Anwendungskompetenz ausgerichtet ist, keine aktive Lernhaltung fördert und die Lernenden zu wenig als Gestalter und Mitverantwortliche fordert. Zugleich fordert er, dass die technischen Potenziale ziel- und zielgruppengerecht didaktisch inszeniert werden müssen (EULER 2001, 25-43).

An diesen Forderungen setzt der Unterrichtsversuch kfz4me.de an. Der didaktische Ansatz zum Unterrichtsversuch basiert auf der Annahme, dass nicht nur (wenn überhaupt) das Konsumieren von digitalen Medien bildend wirkt, sondern viel mehr das mit pädagogischem Geschick im Präsenzunterricht inszenierte Produzieren mit Authoring-Tools und web 2.0-Applikationen. Dies geschieht im Übrigen zunächst völlig unabhängig von einer Nachnutzung der entstehenden Module. Eine Nachnutzung gibt sicher weitere Potenziale frei. Durch den web 2.0-gestützten Ansatz wird der Lernende in den Fokus des Bildungsprozesses gerückt. Damit ist der neue Ansatz besser in die Lebenswelt der Lernenden und der Lehrenden eingebettet als konventionelle E-Learning-Lösungen. Das erforderliche Verfahren stellt allerdings technologisch und didaktisch neue Herausforderungen an die pädagogische Professionalität von Bildungspersonal und erhöht die Komplexität, wie die im Folgenden dargestellten grundlegenden Bedingungszusammenhänge verdeutlichen.

3.  Grundlegende Bedingungszusammenhänge

Kfz4me.de hat den Anspruch, in der Praxis bewährte und erziehungswissenschaftlich fundierte didaktische Konzepte mit einem „neuen“, eng an die Lebenswelt der Lernenden angelehnten IT-gestützten Ansatz zu verknüpfen. Dabei sind die drei folgenden Bedingungsfelder für die Entwicklung des Ansatzes von besonderer Bedeutung.

•  Digitale Medien im Bildungsprozess

•  Digitale Medien und die Integration in die Lebenswelt der Lernenden

•  Didaktisches Grundprinzip des Unterrichtsversuchs

3.1  Digitale Medien im Bildungsprozess

Dieses Bedingungsfeld beschreibt die Nutzung digitaler Medien in Anlehnung an die Kategorisierung von ZINKE als

1. Arbeitsmittel

2. Lehrmittel

3. Wissensmanagementwerkzeug und

4. Lernmittel (ZINKE 2002, 4).

Die von ZINKE unterschiedenen Kategorien können für den Unterrichtsversuch wie folgt systematisiert werden:

1. Als Lehrmittel haben digitale Medien die Aufgabe der didaktischen Systematisierung von Inhalten: Veranschaulichen, Standardisieren, Simulieren und Modellieren. Digitale Lehrmittel lösen hier zunehmend die Overhead-Folie und teure reale Lernträger ab, weil Simulationen und Animationen flexibler einsetzbar sind. Für das berufsschulische Umfeld des Unterrichtsversuchs kfz4me.de kann festgestellt werden, dass eine Integration neuer Medien als Lehrmittel auf hohem Niveau vollzogen ist.

2. Wissensmanagementwerkzeuge ermöglichen ein spontanes und selbstgesteuertes, aus einem Problemlösungsbedarf resultierendes Lernen mit Computer und Internet, das außerhalb von organisierten Lernprozessen und ohne unmittelbare Unterstützung durch Lehrende stattfinden kann. Für den Bereich Kraftfahrzeughandwerk zählen Werkstattdiagnosesysteme und Informationssysteme zu den wesentlichsten Anwendungen. Es ist zu vermuten, dass der Integrationsgrad in konventionelle Unterrichtskonzepte generell in der beruflichen Ausbildung im Bereich des Kfz-Handwerks sehr hoch ist, weil Arbeiten an modernen Fahrzeugen ohne diese Systeme nicht mehr möglich sind.

3. Arbeitsmittel unterstützen Arbeitsprozesse der Lernenden und Lehrenden, weil sie den Lernenden helfen, Leistungsprozesse zu planen und zu steuern. Steuern schließt dabei das Kontrollieren und Optimieren von Prozessen ein (Stundenplanungsprogramm, Office-Anwendung, Content-Management-System, Wiki-Lösung, Blog-System etc.).

4. Lernmittel haben Funktionen im Kontext von selbstgesteuerten Problemlösungsprozessen, im Bereitstellen von Informationen, im Auslösen von Interaktionen und in der Unterstützung von Kommunikation. In diesem Verständnis repräsentieren digitale Medien als Lernmittel E-Learning im engeren Sinn.

Im Unterricht ergeben sich vielfältige Einsatzgebiete für digitale Medien als Lehrmittel, Wissensmanagementwerkzeuge und Arbeitsmittel. Medien haben am BKI in diesen Kategorien einen engen Praxisbezug. Sie werden zur Veranschaulichung in der Phase der Informationsbeschaffung ebenso eingesetzt, wie als Wissensmanagementwerkzeug in der Planungsphase.

Die Erfahrungen am BKI zeigen, dass die wachsenden Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien mit den sich stetig wandelnden Funktionsweisen der Anwendung einer permanenten Überprüfung in den drei genannten Kategorien bedürfen, um die didaktische Sinnhaftigkeit des Einsatzes sicherzustellen. So war es z.B. vor wenigen Jahren noch nicht möglich, Filmdateien über das Internet zu verteilen. Dieser Distributionsweg ist inzwischen auf Grund des technischen Fortschritts auch für den normalen Nutzer offen.

Die Kategorie digitale Medien als Lernmittel weist am Berufskolleg das größte Entwicklungspotential auf. Während der Einsatz in den drei erstgenannten Kategorien weit fortgeschritten ist, kann festgestellt werden, dass selbstgesteuertes internetbasiertes Lernen am BKI nicht stattfindet.

3.2  Digitale Medien und die Integration in die Lebenswelt der Lernenden

Ein weiteres zentrales Bedingungsfeld stellt die Lebenswelt der Lernenden dar. Es gibt zahlreiche Studien, die die Lebenswelt der Jugendlichen insbesondere auf die Mediennutzung hin untersuchen (ARD/ZDF, KIM, Ofcom, Kaiser Family Foundation). Es lässt sich bei allen Untersuchungen eine wachsende Nutzung digitaler Medien feststellen. Die Anwendung des Computers findet sich bei allen Studien im Mittelfeld der untersuchten Aktivitäten wieder, wobei die spezifische Eigenschaft des Computers, verschiedene Medien zu vereinen, bei den Untersuchungen keine explizite Beachtung gefunden hat. Dennoch haben die Medien, auch der Computer, einen wichtigen Raum bei den Jugendlichen eingenommen. So stellt SCHULMEISTER fest: „ Die Medien sind Teil des Alltags, sie werden als gegeben hingenommen und ganz selbstverständlich genutzt und in die ganz normalen Sozialisationsprozesse einbe zogen“ (SCHULMEISTER 2008, 62). Eine Erklärung dafür ist sicherlich in dem erweiterten Angebot und der praktikableren Zugänglichkeit von Medien zu sehen. Im Vergleich zu vergangenen Jahrzehnten sind die Anschaffungs- und Betriebskosten für Medien gesunken und die Anwendungsvielfalt gestiegen.

In Anbetracht der web 2.0-gestützten Möglichkeiten des Internets ist die aktive Gestaltung von Inhalten trotz der wachsenden Bedeutung des Computers nur schwach ausgeprägt. Nur etwa ein Viertel aller Internetnutzer finden es, nach einer Studie von ARD/ZDF, interessant, Beiträge ins Internet zu stellen. GSCHEIDLE/ FISCH konstatieren: „Mit Web 2.0 werden also viele neue Inhalte durch einen kleinen Teil der Internetnutzer geschaffen“(GSCHEIDLE/ FISCH 2007, 9). Der Monitoring Report 2008 unterstützt diese Feststellung und differenziert die aktive Gestaltung weiter aus: „ Während unter dem Stichwort Web 2.0 vor allem die Möglichkeit der Eigenproduktivität in den Blick rückt, wird bei der Untersuchung der Internettätigkeiten Heranwachsender deutlich, dass die Mehrzahl der Jugendlichen das Internet rezeptiv und kommunikativ, jedoch sehr viel seltener produktiv-gestaltend nutzt. Vor allem vor dem Hintergrund ihrer sozial-kommunikativen Interessen gestalten sie das Internet mit. Dies drückt sich darin aus, dass Jugendliche vergleichsweise häufig Bilder bearbeiten, ins Internet stellen und so ihre Profile in sozialen Netzwerken gestalten. “(SCHORB, KEILHAUER, WÜRFEL, KIEßLING 2008, 17). Wird die Lebenswelt der Jugendlichen betrachtet, so kann die aktive Gestaltung in sozialen Netzwerken hervorgehoben werden.

Für den Bedingungszusammenhang »Lebenswelt der Jugendlichen« ist zu vermuten, dass die aktive Gestaltung in Formen von sozialen Netzwerken stattfindet, worauf zukünftige Lernszenarien Rücksicht nehmen sollten. Der Unterrichtsversuch kfz4me.de berücksichtigt in Ansätzen diese Erkenntnisse, etwa durch die Integration von verschiedenen Sozialformen in den Produktionsprozess (Authoringprozess).

3.3  Didaktisches Grundprinzip des Unterrichtsversuchs

Als drittes zentrales Bedingungsfeld ist das im Bildungsgang eingeführte didaktische Prinzip erkannt worden. Handlungsorientierte Lehr-/Lernszenarien wie etwa die Methodenform Projekt sind hier in der Ausbildung am BKI etabliert. Die Phasierung von handlungsorientiertem Unterricht in Einstieg, Planung, Erarbeitung, Präsentation und Reflexion stellt den idealtypischen Ablaufplan von Lehr-/ Lernszenarien im Bildungsgang Kfz-Technik dar. Eingebettet in das Lernfeldkonzept und umgesetzt in Lernsituationen haben die aktuellen handlungsorientierten didaktischen Konzeptionen gerade im Bereich der Berufsbildung bereits aus sich heraus das Potential, Lernorte miteinander in übergreifenden inhaltsorientierten Projekten zu verzahnen und damit ein Stück didaktische Parallelität herbeizuführen. In der Praxis des BKI stellen gelungene Projekte aber Ausnahmen dar. Integrative Konzepte zwischen verschiedenen Lernorten funktionieren hier häufig nur dann, wenn sich die Ausbilder und Lehrer gezielt absprechen. Es sind Highlights und als solche werden sie auch von den Akteuren (Ausbilder im Betrieb, Lehrer und u.a.) gesehen und in der Öffentlichkeit dargestellt.

Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen in den drei Bedingungsfeldern drängt sich der Eindruck auf, dass es einerseits eine Unterrichtswirklichkeit gibt, die beruhend auf bewährten didaktischen Prinzipien Medien einsetzt, dass aber die Medien nicht in Gänze so genutzt werden, wie es die Lebenswelt der Lernende und der Stand der Technik im Bereich web 2.0-gestütztes E-Learning ermöglichen würde.

Im Folgenden wird nun das Bindeglied vorgestellt, das im Unterrichtsversuch die Brücke zwischen bewährten Unterrichtstechniken, der Umwelt der Lernenden und web 2.0-gestützten E-Learning-Ansätzen zu schlagen versucht, der didaktische Ansatz »Lernen durch Lehren (LdL)«.

4.  Lernen durch Lehren

Die Verknüpfung von bewährter Didaktik und einem neuen web 2.0-gestützten Ansatz, um einen an der Lebenswelt der Lernenden orientierten und an der Lösung der skizzierten Problemfelder ausgerichteten Berufsbildungsprozesses zu gestalten, erfolgt im Unterrichtsversuch kfz4me.de mit Hilfe des Konzeptes LdL.

LdL ist aus der Sicht eines Lehrenden ein Unterrichtsverfahren, bei dem der Lernende zum Experten des Lerninhaltes wird und in einem weiteren Schritt dieses gelernte Wissen als Lehrender anwendet. SCHELHAAS beschreibt LdL darüber hinaus als einen modernen methodisch-didaktischen Ansatz (SCHELHAAS 1997, 7). Sie will so verdeutlichen, dass es sich um mehr als eine weitere Unterrichtsmethode handelt. Der Ansatz wird stattdessen als vollwertiges Unterrichtsverfahren deklariert und somit in aller Deutlichkeit von einer vereinzel ten Unterrichtsmethode (z.B. Plakat erstellen) unterschieden.

Die praktische Umsetzung besteht darin, dass der gesamte Unterrichtsverlauf in Bezug auf das Konzept LdL geplant und durchgeführt wird. Konkret bedeutet dies eine Übernahme aller Phasen des Unterrichts von den Lernenden. Das Konzept sieht zudem vor, dass diese Übernahme nicht von einzelnen vollzogen wird, sondern dass sich Gruppen bilden und sich so alle beteiligen. Entsprechend der Qualifikation und Fähigkeit der Lernenden werden die Phasen des Unterrichts von den Lernenden geplant und umgesetzt. Sind die Fähigkeiten der Lernenden schon sehr weit fortgeschritten, so kann viel Verantwortung für die Gestaltung des Unterrichts an die Lernenden übertragen werden. Soll eine Klasse erst mit dem Konzept LdL vertraut gemacht werden, ist nur eine punktuelle Durchführung des Unterrichts im Sinne des Konzeptes vorgesehen. KELCHER und MARTIN (1998) beschreiben diesen Prozess detaillierter als sanften Einstieg, da ein radikaler Wechsel zu LdL nicht umzusetzen ist. Die anzustrebende idealtypische Umsetzung von LdL beschreibt einen Unterricht, der in seiner Planung und Durchführung von den Lernenden vollzogen wird.

Wird der Ansatz kfz4me.de in Anbetracht der obigen Ausführungen eingeordnet, so entwickelt sich ein Unterricht, der von der Lebenswelt der Lernenden geprägt ist. Mittels des Konzeptes LdL wird die Zusammenführung von web 2.0-gestützten Inhalten und den bewährten didaktischen Prinzipien möglich, da bei beiden Aspekten die aktiv gestaltende Teilnahme im Fokus steht. Die konkrete Umsetzung wird im Folgenden erörtert.

5. Web 2.0-gestütztes, LdL-basiertes Lernen

Das besondere am Unterrichtsversuch kfz4me.de des BKI ist, dass keine Ablösung einer alten Didaktik eingefordert wird, sondern im Rahmen der Lernfelddidaktik bewährte handlungsorientierte Unterrichtsstrukturen adaptiert und ergänzt werden. Ermöglicht wird dies durch das Konzept LdL. Neben den erwarteten Auswirkungen des Konzeptes auf den individuellen Lernprozess hat der didaktische Ansatz zusätzlich das Potential die jeweiligen Ausbildungsinhalte über die entstehenden E-Learning-Bausteine ganz konkret und zeitlich synchron transparent zu machen. In der Folge können sich Absprachen viel öfter als bisher an diesem konkreten Lerninhalt orientieren. Auch vor dem Hintergrund individueller Förderkonzepte ist dies ein wesentlicher Aspekt. Alle Beteiligten wissen, was aktuell am jeweiligen Lernort passiert, wenn der Ansatz dort Anwendung findet. Man erhält so auch die Möglichkeit an konkreten Projekten zusammen zu arbeiten, indem Produkte (E-Learning-Bausteine) in Kooperationsprojekten entwickelt werden. Die folgenden Ausführungen zu den Potentialen web 2.0-gestützter Lehr-/Lernszenarien basieren auf den Erfahrungen, die das Berufskolleg des Märkischen Kreises in Iserlohn und das Berufsbildungszentrum der Kreishandwerkerschaft des Märkischen Kreises in Iserlohn (BBZ) im Rahmen des frei finanzierten Unterrichtsversuchs kfz4me.de sammeln konnten.

5.1  Der Unterrichtsversuch kfz4me.de

Der Versuch wurde gestartet, nachdem aufgefallen war, dass die Einführung von computerunterstützten Lehr-/Lernformen (Einsatz als Lernmittel) an den Lernorten BKI und BBZ nur sehr zögerlich verlief, obwohl das IT-technische Know-How in den Kategorien 1-3 (vgl. Kap. 3.1) der Lehrenden ein sehr hohes Niveau hatte. So konnte sowohl auf ein Lernmanagement-System (LMS) als auch auf ein Content-Management-System (CMS) zugegriffen werden. Weiterhin fiel auf, dass in fast jeder Klasse durch die Arbeitsvorbereitung sowie durch Hausaufgaben und Projektarbeiten der Auszubildenden viele Lehr-/ Lernmaterialien produziert wurden, die jedoch immer nur in der gleichen Klasse eingesetzt wurden, während andere Fachlehrer und Auszubildende nicht davon profitieren konnten. Diese Erfahrung wurde zum Anlass genommen, um nach Lösungen zu suchen. Das Ergebnis war ein Unterrichtsversuch mit einem innovativen didaktischen Ansatz: Im Rahmen der dualen beruflichen Erstausbildung haben Auszubildende gemeinsam mit ihrem Fachlehrer Unterrichtsprozesse und Unterrichtsergebnisse unter Einsatz digitaler Medien aufbereitet und dokumentiert. Dabei wurden innerhalb von handlungsorientierten Lehr-/Lernszenarien hochwertige interaktive E-Learning-Module zu den Lernfeldern 7 »Motormanagementsysteme« und 8 »Abgassysteme« des Ausbildungsberufes produziert. Die Module wurden im Internet veröffentlicht und stehen den Auszubildenden, ihren Ausbildern und den Ausbildungsbetrieben, anderen Fachlehrern am Berufskolleg sowie fremden Personen für das informelle Lernen und den Einsatz in formalen Bildungsangeboten zur Verfügung.

Bisher kamen zwei „(Produktions-) Unterrichtsvarianten“ zum Einsatz. Beide Varianten enthalten Elemente des LdL-Konzeptes. Zudem wird die Lebenswelt der Jugendlichen aufgegriffen, da die Anwendung von Software im Sinne des Web 2.0 erfolgt. Der institutionelle Rahmen ermöglicht zudem, dass Varianten der web 2.0-gestützen Kommunikation mit face-to-face Kommunikation kombiniert werden, so dass alle Lernenden in den aktiv gestalteten Unterricht einbezogen werden.

Variante 1. Die Schüler produzieren unter Anleitung E-Learning-Module direkt im Unterricht. Dabei kam im Versuchszeitraum nur eine prozessuale Gestaltung des Unterrichts zum Einsatz: Bei der Entwicklung von Modulen im Unterricht wurde die Präsentationsphase einer handlungsorientierten Unterrichtsstruktur so adaptiert, dass die Schüler die Möglichkeit hatten, eine audiovisuelle Ergebnisdokumentation der Erarbeitungsphase in der Form eines Flash-Filmes zu erstellen.

Variante 2. Die Schüler erarbeiteten einen Beitrag auf kfz4me.de (Blog). In diesem Versuchsteil bekamen die Schüler einen Bereich innerhalb der Domaine www.kfz4me.de zugeteilt. Hier sollte ein Beitrag (Referat) verfasst werden. Diese Variante wurde im Dezember 2007 gestartet und schloss mit einer Bewertung der entstandenen Beiträge Ende März 2008 ab. Jeder Schüler hat vor der Befragung einen Ausdruck seines Blogs erhalten. Auf diesem Ausdruck wurde die Gesamtnote jeweils erläutert. Die Gesamtnote setzte sich aus drei Teilnoten zusammen. Eine Note wurde für den Inhalt, eine für den Medieneinsatz und eine für die sprachliche Qualität vergeben. Die Teilnoten waren ungewichtet.

Insgesamt haben an dem Unterrichtsversuch 57 Schüler aus 4 Lerngruppen der Abteilung Kraftfahrzeugtechnik des Berufskollegs teilgenommen. Bei der Erarbeitung der Blogs konnten insgesamt 56 Beiträge registriert werden. Das heißt, lediglich ein Schüler hat, weil er das Internet nach eigener Aussage grundsätzlich ablehnt, keinen Beitrag verfasst. Allerdings hat der Schüler auch das Angebot den Beitrag handschriftlich zu verfassen ignoriert. Der ausführlichste Beitrag, der im Rahmen des Unterrichtsversuchs entstand, hatte eine Länge von 32 ausgedruckten DIN A 4-Seiten und behandelte das Thema CAN-Bus-Systeme.

Die Beobachtungen des initiierenden Fachlehrers wurden ergänzt durch eine Evaluation mit einer Befragung an der nur ein Teil der Gesamtgruppe teilnahm. Die folgenden Aussagen beziehen sich auf die Aussagen von insgesamt 29 Schülern im 2. und 3. Ausbildungsjahr des Schuljahres 07/08. Ziel der Befragung mit insgesamt 9 Fragen war es, zum einen erste Aussagen dazu zu ermöglichen, ob der gewählte Ansatz einen Beitrag zur Optimierung der Lernortkooperation bzw. zur Entgrenzung der Lernorte leisten konnte. Erwartet wurde hier, dass erste Anzeichen für eine engere Verknüpfung der Lernorte Schule und Betrieb gefunden werden können. Zum anderen war von Interesse, welche Auswirkungen die Anwendung des Ansatzes auf den individuellen Lernprozess der Subjekte hatte. Die Datenlage lässt keine wissenschaftlich haltbaren Aussagen zu. Aus diesem Grunde beschränken wir uns zu diesem Zeitpunkt darauf einige Ergebnisse vorzustellen. Nur an einigen wenigen Stellen erlauben wir uns Interpretationen. Bei den Schülern handelte es sich um 29 männliche Personen, der Geburtsjahrgänge 1986 bis 1990. Die Schüler verfügen entweder über einen Hauptschulabschluss nach Klasse 10 oder über die Fachoberschulreife. Vertragswerkstätten und freie Werkstätten halten sich bei den Ausbildungsbetrieben in etwa die Waage.

5.2  Auswirkungen auf den Lernprozess

Erste Erkenntnisse zu den Auswirkungen des Ansatzes auf den individuellen Lernprozess sollte die Frage danach erbringen, wie viel Zeit die Schüler mit der Erstellung des Blogs zugebracht haben. Die Arbeitszeit lag bei 7 Schülern unter 1 Stunde, bei 16 Schülern zwischen einer und fünf Stunden und bei 6 Schülern zwischen 6 und 10 Stunden. Über Ursachen der stark divergierenden Zahlen lassen sich noch keine gefestigten Aussagen treffen, dennoch kann vermutet werden, dass die Bearbeitungszeit durch die Vorkenntnisse bzgl. der eingesetzten IT-Technik und dem fachlichen Lerninhalt geprägt wurde. Das fast alle Lernenden aktiv gestaltend teilgenommen haben, ist auf jeden Fall gesichert festzustellen. Diese generelle Aktivität entspricht nicht den Erkenntnissen der zitierten ARD/ZDF-Studie. Die große Akzeptanz ist voraussichtlich im institutionellen Unterricht begründet.

In einem weiteren Teil der Evaluation wurden die Meinungen der Schüler zu bestimmten vorgegebenen Aussagen eingefordert.

Bei der Aussage nach der Lerneffizenz des Ansatzes gaben 27 von 29 Schülern an, mit der Methode viel besser bzw. besser zu lernen. Kein Schüler stellte die Methode dadurch in Frage, dass er die Meinung vertreten hätte, dass er mit der Methode nicht besser gelernt habe.

Ebenfalls auffällig ist, dass alle Schüler der Meinung waren, dass man ein Thema sehr gut verstanden haben muss, um es anderen zu erklären. Alle Schüler haben offensichtlich erkannt, dass insbesondere der Audioanteil (Entäußerung) im Training eine hohe fachliche Kompetenz erfordert.

In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage zu sehen, dass die Schüler der Meinung waren, d ass die Methode dabei hilft, die Sprachkompetenz zu verbessern. 21 von 29 Schülern äußerten ihre Zustimmung zu der Aussage, dass man sich mit der Methode sprachlich verbessert. 2 Schüler machten keine Angaben. 6 Schüler antworteten neutral.

Insgesamt zeigte die Evaluation durch den Fachlehrer, dass die Schüler das jeweilige Thema gut verstanden hatten. Leider sind bisher keine genaueren Aussagen möglich. Eine Vergleichsuntersuchung mit parallelen Lerngruppen wurde bisher nicht durchgeführt. Die Tendenz ist jedoch eindeutig. Der Versuch hat gezeigt, dass weitere Untersuchungen und eine Weiterentwicklung des Ansatzes interessante Ergebnisse bzgl. der Auswirkungen des Ansatzes auf den individuellen Lernprozess erwarten lassen.

5.3  Auswirkungen auf didaktische und kommunikative Entgrenzungsprozesse

Bei diesem Fragenkomplex sollten erste Aussagen dazu gewonnen werden, ob der Ansatz das Potential hat, eine Entgrenzung didaktischer Kommunikation und Kooperation zwischen den verschiedenen Lernorten dualer Bildungsgänge zu bewirken.

Bei der Frage, an welchen Orten die Schüler die Beiträge (Blog) in das System kfz4me.de eingestellt haben, waren Mehrfachnennungen möglich, weil man davon ausgehen musste, dass die Schüler die Beiträge oder Teile davon an verschiedenen Lern- bzw. Arbeitsorten eingestellt haben. Der bevorzugte Ort zur Einstellung der Beiträge war das Zuhause des jeweiligen Schülers. 26 Schüler gaben an, die Beiträge zu Hause erarbeitet zu haben. 16 Schüler gaben an, auch im Betrieb redaktionell tätig geworden zu sein. Eine erstaunlich hohe Anzahl von Schülern hat also den Betrieb als Lernort mit in die Arbeiten eingebunden. Die Antworten stehen in engem Zusammenhang mit der Frage danach, ob den Schülern jemand bei ihrem Beitrag geholfen hat. Hier gaben 23 Schüler an, dass Ihnen der Meister bzw. ein Geselle der Firma geholfen habe. Ein starkes Indiz für kommunikative Prozesse zwischen den Schülern und den Akteuren des Lernort es Betrieb ist auch darin zu sehen, dass die Schüler in ihrem Betrieb noch nicht ohne weiteres einen Zugang zu einem internetfähigen PC haben und dennoch ein Austausch über die zu erarbeiteten Inhalte stattgefunden hatte. Ein Schüler fiel im Versuch dadurch auf, dass der textuelle Teil seines Beitrags auf sehr hohem Niveau lag. Auf Nachfrage gab der Schüler an, dass er eine Mitarbeiterin aus der Buchhaltung gebeten hatte den Beitrag Korrektur zu lesen.

Interessant scheint auch das Ergebnis auf die Frage zu sein, ob die Schüler Ihre Beiträge einer dritten Person präsentiert haben. Über 50% (15 von 29 Schülern) gaben an, den fertigen Beitrag präsentiert zu haben. Auch wenn es sich evtl. um einen Initialeffekt handelte, welches Referat schafft das? Die Unterrichtsevaluation gibt hier eindeutige Hinweise darauf, dass Entgrenzungsprozesse stattgefunden haben.

Werden die vorangegangen Überlegungen genutzt, um das Potential dieses Ansatzes hervorzuheben, dann stellt sich folgendes Bild dar. Die Entgrenzung und Flexibilisierung der Lernorte findet auf Grund von web2.0-gestützten Applikationen statt. Ein Social Network (kfz4me.de) fördert die aktive Gestaltung und die Motivation der Lernenden, die zudem durch den Ansatz LdL inhaltliche und soziale Kompetenzzuwächse erzielen. Weiteres Potential, wie z.B. kooperatives Lernen, sind zwar weniger offensichtlich, werden aber in einem Forschungsvorhaben berücksichtigt werden. Mehr Informationen zu diesem Forschungsvorhaben werden im nächsten Abschnitt dargestellt.

6.  Ausblick

Die Idee, die hinter dem Unterrichtsversuch kfz4me.de steht, wird in den kommenden drei Jahren in einem Forschungsvorhaben mit dem Titel »Didaktische Parallelität und Lernortflexibilisierung (DiPaL)« im Rahmen des Förderprogramms »Neue Medien in der Bildung« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), entwicklungstechnisch ausdifferenziert. Dabei werden auch die Auswirkungen auf Entgrenzung und Subjektbildung detailliert untersucht (vgl. www.dipal.de ). Die folgenden Ausführungen geben einen Ausblick auf den zentralen Entwicklungsschwerpunkt, die »Generischen Methodischen Schemata (GMS)«.

Ein GMS ist ein Abbild der didaktisch-methodischen Perspektive auf den Lehr-/Lernprozess des Individuums im Kontext des IT-technisch untersetzten didaktischen Konzeptes LdL und stellt damit im Ergebnis eine Art Drehbuch für den Ablauf und die Gestaltung des gesamten Lehr-/ Lernprozesses dar. Ein GMS unterscheidet sich vor diesem Hintergrund vom konventionellen Verlauf einer Lehrveranstaltung zunächst insbesondere dadurch, dass der Prozess des digitalen Dokumentierens von Ergebnissen oder Prozessen einer Präsenzveranstaltung vorbereitet und damit überhaupt erst ermöglicht wird. Des Weiteren beantworten die GMS auch die für den (Rapid-)Authoring-Prozess notwendigen verfahrenstechnischen Fragen zum Produktionsprozess. Schließlich ermöglichen die GMS auch die Präsentation der Lernprozesse und/oder der Lernergebnisse als User Generated Content, wenn dies vom Lernenden und/oder vom Lehrenden gewünscht wird. Abbildung 2 zeigt dies, indem die wesentlichen Elemente

•  (Rapid-)Authoring-Prozess mit Autorensystemen und/oder mit Lern-Management-System (LMS)

•  Bereitstellung im Learning-Object-Repository (LOR)

•  persönliche Lernumgebung in einem LMS

im Kontext von LdL dargestellt sind. Die Module entstehen mit Authoring-Tools in Präsenzveranstaltungen oder direkt im LMS z.B. in einer Art Blog. Jeder Schüler hat einen individuellen Bereich im LMS und kann die Module dort für ein Weiterlernen in anderem Kontext oder zu Präsentationszwecken ablegen. Aufgrund der Individualisierung wird im Zusammenhang mit dem LMS auch vom »Lerntagebuch « des Auszubildenden gesprochen. Es spielt voraussichtlich für die übergeordneten Ziele zur Entgrenzung keine Rolle, ob die Lernorte verschiedene LMS nutzen oder ob alle Lernorte auf ein gemeinsames LMS zugreifen. In einer Weiterentwicklung ist daran gedacht, dass besonders gute Module über ein LOR öffentlich gemacht werden. Das LOR bildet eine lernortübergreifende Metaebene. Ein LOR berücksichtigt dabei zusätzlich den Motivationscharakter der Wertschätzung von Schülerleistungen. Die Applikation LOR hätte damit Auswirkungen auf den psychodynamischen Implikationszusammenhang, in dem der Lehr-/ Lernprozess stattfindet. (vgl. LISOP/ HUISINGA 2004, 176 ff.). Der Lernende emanzipiert sich gegenüber dem Lehrenden, indem er seine Lernergebnisse als eine Art Lehrer öffentlich macht.

Eine Forderung SCHULMEISTERS im Zusammenhang mit Web 2.0 gestütztem Lernen und Lehren lautet: „Wir müssen mehr mit diesen Methoden experimentieren, um herauszufinden, welche Ziele damit wirklich erreicht werden können und welche nicht, welche Qualität des Lernens, Denkens und Forschens damit wirklich erreicht werden kann oder auch nicht und schließlich, ob die damit geschaffenen Lehr-Lernsituationen und didaktischen Szenarien im Sinne einer ganzheitlichen Bildung gestaltet werden können und langfristig akzeptabel für die Entwicklung der Lernenden sind.“ (SCHULMEISTER, 112). Das Forschungsvorhaben DiPaL und der Unterrichtsversuch kfz4me.de werden hier einen Beitrag dazu leisten, dass diese Forderung Schulmeisters erfüllt werden.

Literatur

EULER, D. (2001): High Teach durch High Tech? In: Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, 97, H. 4, 25-43.

GSCHEIDLE, C./ FISCH, M. (2007): Onliner 2007: Das „Mitmach-Netz“ im Breitbandzeitalter. In: media perspektiven, Ausgabe 08/2007, 393-405.
Online: www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/08-
2007_Gscheidle_Fisch.pdf
(29-09-2008).

KELCHNER, R./ MARTIN, J.-P. (1998): Lernen durch Lehren. In: TIMM, J.-P. (Hrsg.): Englisch lernen und lehren – Didaktik des Englischunterrichts. Berlin, 211-219.
Online: www.ldl.de/material/aufsatz/timm.pdf - gesonderte Seitenzählung (29-09-2008).

LISOP, I./ HUISINGA, R. (2004): Arbeitsorientierte Exemplarik. Subjektbildung – Kompetenzen – Professionalität. Frankfurt a. M.

SCHELHAAS, C. (1997): Lernen durch Lehren. Marburg.

SCHORB, B./ KEILHAUER, J./ WÜRFEL, M./ KIEßLING, M. (2008): Medienkonvergenz Monitoring Report 2008.
Online: www.uni-leipzig.de/~umfmed/Medienkonvergenz_
Monitoring_Report08.pdf
(29-09-2008).

SCHULMEISTER, R (2008): Gibt es eine Net Generation? Online: www.zhw.uni-hamburg.de/uploads/schulmeister-net-generation_v2.pdf (29-09-2008).

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online seit: 15.12.2008