wbv   Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.

 

 

 

Uwe Faßhauer (Technische Universität Darmstadt)

Lehrerweiterbildung für regionale Berufsbildungszentren – bedarfsorientiert, netzbasiert, schulbezogen (Ergebnisse aus Modellversuchen)

0 Abstract

Die noch sehr heterogene, aber möglicherweise unumkehrbar eingeleitete Entwicklung beruflicher Schulen zu RBZ ist in einzelnen Aspekten in einer Reihe von Modellprojekten erprobt und damit zu einer realen Option jenseits politischer Ankündigungen und parlamentarischer Prüfaufträge geworden. Sie wird zumindest in zweifacher Weise Auswirkungen auf die institutionalisierte Lehrerweiterbildung zeigen. Zum einen produziert diese Entwicklung selbst einen nicht unerheblichen Fortbildungsbedarf, nicht zuletzt auf der Ebene der erweiterten Schulleitungen. Zum anderen ist die Gewährung eigenverantwortlich verfügbarer Fortbildungsbudgets für die Schulen ein wichtiger Schritt zur Finanzautonomie und zu erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten in der Personalentwicklung. Was aber genau ist der Fortbildungsbedarf einer Schule, eines RBZ, wenn nicht mehr die individuellen Fortbildungsbedürfnisse Einzelner im Vordergrund stehen? Wie können diese Bedarfe erhoben und erfüllt werden? Dies wird im folgenden Beitrag exemplarisch aus den bisherigen Ergebnissen des zurzeit laufenden BLK-Verbundmodellversuches LEDIWI („Lehrerfortbildung als Dienstleistungs- und Wissensmanagement“) beschrieben.

1. Begriffsklärung

Die bestehende und wirksame Unschärfe des Begriffes „Regionales Berufsbildungszentrum“, wie sie auch in den Beiträgen dieser online-Zeitschrift deutlich wird, macht eine kurze Standortbestimmung nötig, um die referierten Ergebnisse und Erfahrungen einordnen zu können. Aus Sicht des Autors zeichnen sich RBZ durch die Gleichzeitigkeit der drei Faktoren aus – bzw. sie werden sich durch diese Merkmale auszeichnen (vgl. RÜTZEL/BENDIG 2002):

- Bewältigung eines verbreiterten Spektrums von Aufgaben und Bildungsangeboten
- neue Formen (regionaler) Kooperationen
- verstärkte Autonomie und Selbststeuerung

Um der weiter zunehmenden Individualisierung von Lerninteressen, Bildungserfahrungen und Kompetenzentwicklung gerecht zu werden sowie der Leitidee des lebensbegleitenden beruflichen Lernens zu folgen, werden schulische Bildungsangebote zunehmend differenziert, Organisationsstrukturen und der Rahmen der Ordnungsmittel kleinschrittig flexibilisiert. Dazu gehört das eigenständige Entwickeln modularer Lern- und Ausbildungsangebote sowie lernfeldorientierter Curricula vor dem Hintergrund regionalspezifischer Bedarfe. Die dafür notwendige und erwünschte rasche Anpassung der Bildungsangebote an den sich schnell verändernden (regionalen) Qualifikationsbedarf ist für einen engagierten Teil der Kollegien leistbar. Gemessen an einer eher stark regulierten und verrechtlichten Ausgangslage konnte im BLK-Verbundmodellversuch Diflex (1998-2001) gezeigt werden, dass berufsbildende Schulen prinzipiell in der Lage sind, diese Anforderungen umzusetzen und hemmende, inflexible Faktoren in der Schulorganisation zu überwinden (FAßHAUER u.a 2001). Auch wenn noch nicht auf standardisierte, systematische Formen der regionalen Bedarfserhebung zurückgegriffen werden kann, ist es möglich, regionale und/oder betriebsspezifische Bildungsbedarfe zu erkennen und in Bildungsangebote umzusetzen. Die im Hinblick auf die Kriterien von RBZ wichtige Verbindung von Aus- und Weiterbildung sowie von beruflicher und allgemeiner Bildung sind dabei exemplarisch gelungen, wie die Ergebnisse der Teilnehmerbefragung zeigen (n=1.000). Aus diesen wird erkennbar, dass die modularisierten schulischen Angebote Aus- und Weiterbildung verbinden (70% Zustimmung) und arbeitsmarktrelevante Inhalte bieten (60% Zustimmung) (BENDIG 2001). Ebenso deutlich ist in Interviews die Wirkung auf das lebensbegleitende Lernen beteiligter Lehrer/innen selbst ausgefallen. Insbesondere konnten sie in der Auseinandersetzung mit Bedarfsorientierung, Moduldurchführung und Evaluation ihre curricularen Kompetenzen entwickeln. Berufsbildende Schulen haben über Jahrzehnte hinweg eine Kultur entwickelt, die einen relativ starren Rahmen und feste Leitlinien für das Handeln der Einzelnen vorgibt. Ein hohes Maß an systemischem Denken, ein verstärkt teamorientiertes, integrierendes sowie nicht nur rationales, sondern auch intuitives Handeln in der Gestaltung des Innovationsprozesses im Sinne „emotionaler Leistungsfähigkeit“ wurden als Weiterbildungsbedarf der Lehrenden im Projekt deutlich – und im Hinblick auf die weitere Gestaltung von RBZ tendenziell noch wichtiger, wenn das Vorherrschen mentaler Modelle über die Organisation Schule als einer „Bildungsbehörde“ überwunden werden soll.

Zu neuen Formen, Inhalten und Partnern von Kooperationen unter den Bedingungen sich verschärfender Konkurrenz liegen Ergebnisse bspw. aus dem KOLIBRI-Programm vor, die zeigen, dass berufliche Schulen als Organisationen unter bestimmten Bedingungen und zumindest punktuell diese Aufgabe bewältigen können. Hieraus erwachsen weitere Ansprüche und Kriterien an „gute“ Lehrerweiterbildung.

Zur gewollten und eingeleiteten (Teil-)Autonomie gehört nicht zuletzt ein flexibleres Personalmanagement, das die beruflichen Schulen in die Lage versetzt, mit zukunftsfähigen, eigenständigen Kompetenzprofilen sich als regionale Partner zu etablieren. Vor allem im Bereich der Personalentwicklung ergeben sich schon heute erhebliche Handlungsspielräume im Hinblick auf die Gestaltung neuer Verantwortlichkeiten durch Übertragung von Fortbildungsbudgets an die Schulen sowie die Kompetenzentwicklung in Teamarbeit, Organisationsentwicklung, Managementtätigkeiten. Dass diese ‚neuen' Aufgaben von beruflichen Schulen zumindest im Rahmen von Innovationsprojekten zu bewältigen sind, zeigt beispielhaft der BLK-Modellversuch Anuba, in dem eine Fortbildung zum/zur Bildungsnetzwerker/in entwickelt wurde (WILBERS 2002). Dies beeinflusst die traditionelle angebotsorientierte Lehrerfortbildung in erheblicher Weise. Sie muss sich noch stärker als bisher daran orientieren, dass sich die bisher überwiegende Alleinarbeit von hochqualifizierten und spezialisierten Lehrenden als dominierende Struktur mehr und mehr in Richtung Kooperation, Teamarbeit, Koordination und Prozessgestaltung verschiebt. Lehrerweiterbildung sieht sich einer Entwicklung gegenüber, die statt ‚Wissensarbeitern' zunehmend ‚Wissensmanager' erfordert.

Wissensmanager/innen steuern sich in ihrer Tätigkeit selbst, organisieren ihre Aufgaben und Prozesse und können dies zunehmend auch nur selbst. Dies bedingt u.a. veränderte Konzeptionen von „Führung“, denn traditionelle „Vorgesetzter – Mitarbeiter“-Modelle, die eine überlegene, allverantwortliche Lenkung durch starke, dominante Leitungspersönlichkeiten beinhalten, werden schon allein auf Grund von Informationsflut, Dynamik und Komplexität der Arbeitsprozesse unproduktiv. In flacheren Hierarchien, polyzentrischen Strukturen und Beziehungsnetzen tragen sie selbst die Verantwortung für die eigene Produktivität. Zu dieser Verantwortung gehört es, das relevante (eigene) Wissen immer wieder neu zu revidieren und es permanent als verbesserungsfähig anzusehen. Hierbei kann es wichtig werden, das einmal erlernte und erarbeitete Wissen bisweilen auch wieder gezielt zu ent-lernen, sich gegebenenfalls von Routinen und Gewissheiten zu trennen. So ist Wissensarbeit prinzipiell mit Nicht-wissen verbunden und dadurch speziellen Risiken ausgesetzt. Lernen und Arbeiten gehen insbesondere für Lehrer/innen ineinander auf, denn die Arbeitsprozesse sind lernhaltig und das Lernen sehr arbeitsnah.

2. Neue und veränderte Anforderungen an die institutionalisierte Lehrerfortbildung – der BLK-Modellversuch LEDIWI

Bereits 1995 hat die KMK in bildungspolitischen Leitlinien zur „Sicherung der Leistungsfähigkeit der Schulen in einer Phase anhaltender Haushaltsenge“ den Erhalt und die Förderung der Qualifikation von Lehrenden in neuer Weise thematisiert. Die Lehrerfortbildung sei eine Holschuld der Betroffenen, eine Sache der gesamten Schule und solle möglichst nur zu geringem Unterrichtsausfall führen. Die von ihr eingesetzte Kommission formuliert dementsprechend sechs Prinzipien, nach denen das Lernen der Lehrer/innen im Beruf auszurichten sei (TERHART 2000, 133). Dort heißt es u.a. weiterhin, dass die institutionalisierte Lehrerfortbildung nur ein Teil des lebensbegleitenden Lernens darstellt, dem aber wichtige motivierende Funktion dafür zukommt, das Lernen im Beruf als selbstverständliches Element der Berufsarbeit anzunehmen. Der punktuelle und individuelle Charakter der Lehrerfortbildung ist zu überwinden, Transfereffekte und Unterrichtswirksamkeit zu verstärken. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, Lehrerfortbildung nicht länger als einen Akt individueller Wahl sondern als Teil einer systematischen Schul- und Personalentwicklung anzusehen. Die Erarbeitung schulinterner Fortbildungsplanungen und die nachhaltige Befassung mit den Themen der Fortbildung gehören zu diesen Prinzipien.

Die Lehrerweiterbildung steht also insgesamt unter den Ansprüchen an gesteigerte Transparenz, Effizienz und Effektivität aller öffentlich finanzierten Maßnahmen. Um so erstaunlicher ist der Umstand, dass häufig auch innerhalb der Schulen als Organisationen wenig bis keine Klarheit darüber herrscht, welches Wissen und welche Kompetenzen von wem auf dem Wege von Lehrerweiterbildung erworben wurde und wie dies zumindest Teilen des Kollegiums oder als Steigerung der Unterrichtsqualität wirksam wird. Ob und in welchen Kontexten und mit welchen Zielen das bei Weiterbildungen neu Erworbene in der Gesamtorganisation Schule überhaupt wirksam wird, ist zz. weder systematisch erfasst noch über Standards oder andere Instrumente geregelt. So hängt es in jedem einzelnen Fall von individuellen Entscheidungen ab, ob sich (temporäre) schulinterne Fortbildungen als Multiplikatoren und Disseminatoren neuen Wissens herausbilden, ob dies in fach- bzw. berufsspezifischen Arbeitsgemeinschaften geschieht, sich comunities of practice bilden und netzbasiert arbeiten, oder – wohl weitaus am häufigsten – niemand eine aktive Wissenskommunikation betreibt.

Der BLK-Verbundmodellversuch „Lehrerweiterbildung als Dienstleistungs- und Wissensmanagement (LEDIWI)“ der Länder Hessen und Bremen steht vor der Aufgabe, Konzepte für eine effizientere und stärker an den tatsächlichen Bedarfen der Schulen als Organisation und ihrer Stellung im regionalen Bildungskontext orientierte Lehrerweiterbildung zu entwickeln und zu erproben (Laufzeit von 9/2001 – 8/2004). Schwerpunktmäßig wird es darauf ankommen, an den beteiligten Projektschulen eine Wissensmanagementkultur zu etablieren, die geeignet ist, die Kommunikation über bereits vorhandenes oder in Weiterbildungen erworbenes Wissen zu fördern. Im Teilprojekt Bremen wird voranging an der Entwicklung von Wissens- und Contentmanagementsystemen gearbeitet. In einer ganzen Reihe von Maßnahmen werden in intensiver Kooperation mit regionalen Partnern u.a. internetbasierte Lernplattformen und multimediale Lernprogramme erstellt sowie eine netzgestützte Curriculumentwicklung technisch und methodisch realisiert. Das Teilprojekt Hessen begreift Lehrerweiterbildung primär als eine Dienstleistung und konzentriert sich daher auf die Entwicklung von Methoden und Instrumenten, die geeignet sind, die Lehrerweiterbildung bedarfsorientiert und zeitnah zu gestalten. Hierzu zählt auch die Professionalisierung der schulinternen Fortbildungsplanung an den sechs beteiligten beruflichen Schulen – drei mit Schwerpunkt im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung und drei Kreisberufsschulen mit sehr breitem berufsfachlichem Spektrum (LEDIWI 2004).

Als eine Antwort auf die Komplexität des Arbeitsfeldes ‚Lehrerfortbildung für regionale Berufsbildungszentren' kann seinerseits der Aufbau von Netzwerken als erfolgversprechender Weg gesehen werden. Hier können Leistungssteigerung durch verstärkte Zusammenarbeit und aufeinander abgestimmtes Vorgehen und verbesserte Kommunikation zur Qualitätssicherung beitragen, in dem Synergien bei Akteuren gewonnen werden, die bisher getrennt voneinander arbeiteten. Dabei macht man sich eine der Strategien des Wissensmanagements zu nutze, die darin besteht, bisher informelle Wege der Kommunikation in die Öffentlichkeit der Organisation zu holen und zugleich auf direkte, hierarchische Einflussnahmen und Steuerungen weitgehend zu verzichten.

Im LEDIWI-Teilprojekt Hessen kann hierbei auf Ergebnisse eines weiteren Modellversuches (WISLOK) als zweiten Zugang zur Umgestaltung der institutionalisierten Lehrerfortbildung zurückgegriffen werden. Bezogen auf die Lehrerfortbildung geht es für das Landesinstitut nunmehr darum, „Landesarbeitsgemeinschaften (LAG)“ als selbst organisierte Fortbildung in Lernnetzwerken zu initiiern, zu unterstützen, zu beraten und zu betreuen. Ziel ist es, schulübergreifend Fachwissen zu bündeln und zu generieren und mittels eines Multiplikatorenmodells zu kommunizieren. Das Landesinstitut versteht sich in diesem Prozess als Agentur, Serviceleister, Berater, Unterstützer, aber nicht mehr als Monopolanbieter von auf einzelne Lehrer/innen bezogenen fachlichen Fortbildungen (BEEK, 2003). Auf diese Weise bilden sich ‚communities of practice', also soziale Netzwerke von Fachleuten, die im Idealfall ihre Ideen, Fragen, Konzepte, Lösungen, Erfahrungen austauschen und gegenseitigen support gewährleisten. Im Mittelpunkt sollten dabei fachliche Interessen jenseits der Routinen stehen. Diese Kontakte gehen über den Kreis der eigenen Organisation hinaus, beziehen Externe und regionale Partner aus ähnlichen Arbeitskontexten mit ein. Netzwerke im Bereich der Lehrerfortbildung stoßen mittlerweile auf große Resonanz. Erfolgskriterium ist die – über die bloße Information hinausgehende – Kommunikation des dort Erlernten und Erarbeiteten in den innerschulischen Prozess. Dabei ist es günstig, alle schulischen Arbeitsebenen für die Wissenskommunikation sinnvoll zu nutzen und zu gestalten.

3. Orientierung an systemischen Weiterbildungsbedarfen der beruflichen Schulen

Die angestrebte - und z.B. in Hessen mit der Zuteilung eines Fortbildungsbudgets für jede berufliche Schule ab dem Jahr 2003 auch eingeleitete - Autonomie und Eigenverantwortung der Schulen als Gesamtorganisation, macht eine konsequente Bedarfsorientierung in der Lehrerweiterbildung nötig. Hiefür werden im Projekt LEDIWI Verfahren zur Bedarfserhebung und Priorisierung erarbeitet und erprobt.

Eine Eingangsbefragung bei den Projektteams in Form moderierter Gruppeninterviews zeigte eine kontinuierliche und schwerpunktmäßig berufs-fachlich ausgerichtete eigene Fortbildungsaktivität bei den Akteuren des Projekts. Im Verlauf der letzten fünf Jahre haben sie durchschnittlich zwei Fortbildungstage pro Jahr besucht, bei allerdings großen Unterschieden. Bevorzugt werden dabei ganztägige bzw. 2- bis 3-tägige Veranstaltungen. Träger sind häufig (ca. ein Drittel der Fälle) regionale und/oder duale Partner, die Stiftung „IT-Akademie des Landes Hessen“ oder kommerzielle Anbieter von Weiterbildung. (Ähnliche Zahlen ergab eine Mitte der 90er Jahre durchgeführte, repräsentative, schulformübergreifende Befragung von Lehrer/innen in Hessen; zusammenfassend: CHROUST/GÖBEL-LEHNERT 1997). Zugleich spiegelt sich im Antwortverhalten der Akteure die o.a. allgemeine Beschreibung der Defizite: es gäbe keine Verknüpfung zu einer Personal- und Organisationsentwicklung, fehlende Transparenz und Akzeptanz, und nur sporadische Vernetzung der Teilnehmenden kennzeichneten die Qualität der Fortbildung. Die Überschaubarkeit des Angebotes sei fast nicht gegeben, zugleich wurde aber ein zu geringes Angebot für die spezifischen, z.T. hochspezialisierten Belange von Lehrenden an beruflichen Schulen konstatiert.

Im Verlauf des Modellversuches wurden die Anforderungen aus o.a. Kriterien einer zeitgemäßen Lehrerfortbildung in folgenden Arbeitsschritten verfolgt:

•  Erprobung von Instrumenten und Verfahren zur Bedarfserhebung: In einem ersten Schritt wurde ein einheitlicher Fragebogen für alle Projektschulen entwickelt und in Fachbereichen, Abteilungen oder auch schulweit eingesetzt. Die so gewonnenen Fortbildungsbedarfe aus Sicht der Kollegien wurden in weiteren Arbeitsschritten systematisiert und für eine netzbasierte Datenbank aufbereitet. (Diese ist als Prototyp entwickelt und soll im Rahmen einer umfangreicheren Fortbildungsplattform zeitnah Bedarfe und Angebote landesweit für alle beruflichen Schulen vermitteln. vgl. LEDIWI 2004). An einigen Projektschulen wird zz. mit überarbeiteten Versionen dieses Instrumentes gearbeitet, die Systematik zur Erfassung der Fortbildungsbedarfe bleibt dabei bestehen.
Ergänzt und erweitert wird die Bedarfserhebung durch die unterschiedlichsten kommunikativen Formen, bis hin zur Nutzung informeller Gesprächskulturen. Regelmäßige Thematisierung bei Fach- und Gesamtkonferenzen gehören hier ebenso dazu wie die Abfrage von Fortbildungsbedarfen im Zusammenhang von Einsatzwünschen.

•  Priorisierung der erhobenen Bedarfe: Mit diesem Arbeitsschritt ist die Schnittstelle von individualisierten Fortbildungs bedürfnissen und den nunmehr mit höherer Priorität zu verfolgenden Fortbildungs bedarfen der Organisation Schule zu gestalten. In letztgenannte fließen neben den beschlossenen Schulprogrammen auch Ansprüche der (erweiterten) Schulleitungen sowie Erfahrungen aus der regionalen Zusammenarbeit mit Ausbildungsbetrieben etc. ein. Hier haben sich schulspezifische Lösungen etabliert, deren Spektrum von der alleinigen Entscheidung durch die Schulleitungen bis hin zu Konferenzbeschlüssen reicht. Die entsprechenden ‚lessons learned' werden zz. im Projekt erarbeitet, reflektiert und gegebenenfalls in eine veränderte Praxis der Priorisierung und Entscheidung umgesetzt.

•  Verausgaben des Budgets: In dieser ebenfalls zz. laufenden Phase gilt es, den Einsatz des Budgets nicht zuletzt im Hinblick auf das Schulprofil hin zu begründen. Als administratives Verfahren wurde von allen Projektschulen die Selbstverwaltung der Mittel gewählt (zweckgebundene Zuwendung). Evaluation der Fortbildung(en) und deren Wirksamkeit werden vorbereitet. Fast alle Projektschulen beauftragen regionale Anbieter mit der Durchführung der budgetfinanzierten Fortbildung.

Die Zwischenbefragung der Projektteams ergibt, dass in deren Selbsteinschätzung die Akzeptanz in den jeweiligen Organisationen sehr unterschiedlich gesehen wird. Dies ist nicht zuletzt auf die immer noch erhebliche Brisanz des Themas Fortbildung zurückzuführen. Von einer knappen Mehrheit wird eingeschätzt, dass das Projekt mit seinen Zielen von den Kollegien als unklar aber insgesamt neutral bis wohlwollend wahrgenommen wird. Immerhin ein Drittel beschreibt dies als unsicher und skeptisch bis misstrauisch. 20% erleben eine positive Akzeptanz des durchführenden Lediwi -Teams durch die Kollegien, ebensoviele sehen sich allerdings unter dem Verdacht, sich ausschließlich für eine Beförderung zu profilieren.

An den Projektschulen hat sich spezielles Personal an verantwortlicher Stelle für das Wissensmanagement und die schulinterne Fortbildungsplanung etabliert und verankert über das LEDIWI-Team bzw. über Einzelpersonen das Thema explizit in der Organisation Schule. Dabei wurden ‚individuelle', an die jeweiligen Profile und regionalen Gegebenheiten adaptierte Lösungen an den einzelnen Projektschulen entwickelt. Perspektivisch wird die Notwendigkeit der Einrichtung von Funktionsstellen für das Fortbildungsmanagement deutlich. Diese wichtige Aufgabe im Rahmen der dritten Lehrerbildungsphase, deren wachsende Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, sollte ressourcenmäßig zumindest den Funktionen in der zweiten Lehrerbildungsphase gleich gestellt sein. Dies würde insbesondere die kontinuierliche Pflege regionaler Kontakte, zu dualen Partnern, zu anderen (berufsbildenden) Schulen und Trägern von Weiterbildung gewährleisten.

4. Fazit

Die Bedeutung einer Reorganisation von Lehrerfortbildung ist weitgehend unstrittig und innerhalb des Modellversuches konnten Erhebungsinstrumente und Verfahren der Priorisierung und Entscheidung von Fortbildungsbedarfen entwickelt werden. Die von den Projektteams formulierte Notwendigkeit der Einführung von ‚Fortbildungsbeauftragten' – sei es als Funktionsstelle oder in Form einer Aufgabendelegation an ein Gremium – ist auch Ausdruck der noch unterentwickelten Managementstrukturen in beruflichen Schulen. Je nach Aufgabenstellung werden dann ‚Kooperationsbeauftragte', ‚EU-Beauftragte', ‚Beauftragte für die Gestaltung der Übergänge zwischen den Schulformen' etc. bestellt.

Diese ‚Fortbildungsbeauftragte' arbeiten nicht mit dem Ziel einer zentralen Verwaltung von Wissen i.S.v. Besitzständen, sondern sie initiieren und gestalten kontinuierlich Prozesse, mit denen die Förderung von Personen zur Generierung von Ideen und Wissen sowie die andauernde Nutzung und Weiterentwicklung von Kooperationen mit internen und externen Partnern. Sie sind – im Idealfall - im Umgang mit Komplexität, Unsicherheit und Unschärfe nicht darauf aus, Vorgaben zu machen, sondern Freiräume für teamorientierte konkrete Umsetzungen zu ermöglichen, die Beteiligten darin zu unterstützen, Wissen zu erwerben, weiter zu entwickeln, zu verteilen und zu nutzen. Dabei steht die Gestaltung von Kommunikation und Kooperation im Vordergrund, nicht die von IT-Infrastruktur. Wissensmanager benötigen eine gewisse ‚emotionale Leistungsfähigkeit', da ihre Tätigkeit vornehmlich mit Konkurrenz und Angst, Zweifel, Suche, Unsicherheit, Mut zum Risiko mit Chaos und Konflikt, und nicht zuletzt mit der Kreativität offener Prozesse zu tun hat. Denn Wissensmanagement erzeugt in seiner engen Verbindung zur Organisations- und Personalentwicklung nicht nur mehr Transparenz und Gewissheit sondern führt möglicherweise auch zum Aufweichen von Strukturen, zu Verunsicherung über (vermeintlich) Bekanntes, und steht damit im Gegensatz zu Ressortdenken, persönlichem Karrierenutzen und der Abschottung von Strategiewissen in engen Führungskreisen.

Beide hier kurz geschilderten Strategien, die Etablierung überregionaler, schulübergreifender, fachbezogenen Netzwerke der LAG einerseits und die bedarfsorientierte, netzbasierte schulbezogene Fortbildungsplanung, nutzen bewährte Instrumente und Verfahren des Wissensmanagements. Diese werden auf die spezifischen Belange der Lehrerfortbildung hin adaptiert und können einen positiven Beitrag zur Entwicklung regionaler Berufsbildungszentren leisten.

Literatur:

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