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bwp@ Ausgabe 6
Hrsg. von Martin Kipp und Wolfgang Seyd

Brand

WOLFGANG SEYD & WILLI BRAND (Universität Hamburg)

Case management (CM) in der beruflichen Rehabilitation - ein Beitrag zur Leistungsverbesserung oder nur zur Kostenminderung?

"Case management" hat Konjunktur: Im Berufsbildungs- und Rehabilitationszentrum Linz werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu "Case managern" weitergebildet, im Berufsbildungswerk Abensberg und anderswo gibt es schon erste Erfahrungen mit diesem neuen Beruf. Auch die Bundesagentur für Arbeit bevorzugt offensichtlich "Case manager" anstelle "traditioneller" Berater. Grund genug also, sich mit den Möglichkeiten und Grenzen von "Case Management in der beruflichen Rehabilitation" auseinander zu setzen.

Ein Blick in die - auch in Deutschland - wachsende Literatur zeigt zum einen, dass Aufgabenfeld und Qualifikationsanforderungen für Case manager sehr unterschiedlich definiert werden und dass nicht selten der Nutzen bezweifelt wird, den dieser neue Beruf für die unter großen Legitimationsdruck geratene berufliche Rehabilitation bringen kann. Wird hier womöglich nur der "alte Wein" des Rehaberaters "in neue Schläuche" gefüllt? Es erscheint angebracht, sich

  1. mit dem Begriff und
  2. dem gemeinten Sachverhalt, sodann
  3. den erstrebten Veränderungen und den dabei mitschwingenden Hoffnungen, Erwartungen, Wünschen, Widerständen und schließlich
  4. mit deren Umsetzung(schancen) auseinander zu setzen:

Dabei ist eine Fülle von Fragen aufzuwerfen und zu beantworten:

•  Wer oder was ist ein "Case"?

•  Was bedeutet (in diesem Zusammenhang) "managen"?

•  Was versteht man also unter "Case management"?

•  Was unterscheidet CM von anderen Beratungen, Unterstützungen, Betreuungen, Coachings etc.?

•  In welchem Verhältnis steht CM zu Konzepten wie "Disability management" oder "Bildungsbegleitung"?

•  Worin unterscheiden sich Funktion und Rolle eines Case managers von denen eines Beraters oder Coaches?

•  Aus welchen Berufen rekrutieren sich Case manager?

•  Warum ist "Case management" derzeit so populär?

•  Welche (besonderen) Qualifikationen und welche Kenntnisse muss ein Case Manager besitzen?

•  Wo ist der Tätigkeitsbereich der Case Manager institutionell angesiedelt?

•  Wer finanziert den Case Manager?

•  Wie weit bestimmen Finanzierung und Anbindung sein Selbstverständnis und seine Funktionsausübung?

•  Über welche Instrumente verfügt ein Case manager?

•  Wie viele Ratsuchende, Leistungsberechtigte, Versicherte ... "managet" ein Case manager?

•  Was steht der flächendeckenden Einführung von CM entgegen?

•  Woran bemisst sich die Qualität der Arbeit eines Case Managers? Gibt es Effizienzkriterien und Messverfahren? Und wer misst und bewertet?

1.  Begriffsklärung "Case management" und "Case manager"

1.1 Wer oder was ist ein "Case"?

Ein "Fall" kann sehr unterschiedlich bestimmt werden:

•  Es kann sich um ein Problem handeln, das sich in Verbindung mit einer bestimmten, hilfebedürftigen Person (oder Personengruppe) manifestiert.

•  "Fall" kann eine hilfebedürftige Person bezeichnen - unabhängig von einem spezifischen Problem.

•  RIET/WOUTERS (2002, 45 f.) wollen die "Koordination auf Einrichtungsebene" aus dem Aufgabenfeld des Case managers ausblenden. Sie legen den Schwerpunkt auf eine übergreifende Persönlichkeitsveränderung im Sinne emanzipatorischer Beratung, nicht so sehr auf die einzelproblembezogene Beratung und Unterstützung. Damit stellen sie sich allerdings gegen den "Main stream", der den "Fall" stärker personalisiert.

1.2  Was bedeutet (in diesem Zusammenhang) "managen"?

Offensichtlich geht "Managen" über "Beraten" weit hinaus. Teil der Managerrolle ist die starke Identifikation mit dem eigenen Tätigkeitsgebiet (das gilt jedoch für engagierte Berater gleichfalls), aber auch die Delegation von Aufgaben ("Nicht alles selbst in die Hand nehmen") und die Überwachung ihrer Erfüllung. Insofern nimmt der Case Manager die Beratung des Klienten nur in soweit vor, als es der Zusammenführung von Klientenbedürfnissen und Leistungsangeboten und deren Steuerung und Überwachung dient. Gerade in der letztgenannten Hinsicht werden an CM höhere Erwartungen gestellt.

1.3  Was versteht man also unter "Case management"?

Den unterschiedlichen Vorstellungen vom Aufgabenumfang eines Case Managers entsprechend lassen sich enge und weite Begriffsfassungen unterscheiden. Die "Case Management Society of America" bietet eine weite Definition: CM ist "ein kooperativer Prozess, in dem Versorgungsangelegenheiten und Dienstleistungen erhoben, geplant, implementiert, koordiniert, überwacht und evaluiert werden, um so den individuellen Versorgungsbedarf eines Patienten mittels Kommunikation und verfügbaren Ressourcen abzudecken." Dieser Begriff geht nicht vom Klienten aus, sondern von den verfügbaren Leistungen. LÖCHERBACH sieht beide Funktionen als zwei, in der Praxis meist zusammen flie& szlig;ende Aspekte des CM: Fallmanagement als konkrete Unterstützungsarbeit und Systemmanagement als "Nutzung, Heranziehung und Initiierung von Netzwerken" (INBAS 2003, 6; s.a. WENDT 2002, 13 ff.). Wendt sieht allerdings bislang in der Praxis des CM nur wenige Verknüpfungen zwischen den beiden Ebenen der Unterstützung und des Managements (2002, 13 ff.).

BALLEW/MINK gehen von einem erheblich engeren, auf den Klienten bezogenen Begriff aus: "Koordination, Anwaltschaft, Beratung". Sie haben ein 6-Stadien-Schema des Case Management entworfen:

•  Verpflichtung (engagement): Aufbau einer effektiven Arbeitsbeziehung zum Klienten,

•  Einschätzung (Assessment): Problemanalyse, Ressourcenwünsche, Hindernisse in der Person des Klienten,

•  Planung mit a) Zielformulierung, b) Prioritätensetzung, c) Verfahrenswahl, d) Unterstützungsplan mit Zeiten und Verfahren,

•  Erschließen der Ressourcen = Umsetzen des Unterstützungsplans,

•  Koordination: Verfahrenskontrolle und Krisenintervention,

•  Entpflichtung (disengagement) als Ablöseprozess bzw. zunehmende Verselbstständigung des Klienten (BALLEW/MINK 1995).

Die Eignungsprüfung von Leistungen in allgemeiner Form und die Effizienzklärung - Lohnt sich der Ankauf einer Schulungsleistung zu einem bestimmten Preis im Hinblick auf den beim Klienten zu erwartenden Erfolg? - gehören demnach nicht zum Aufgabenfeld des CM. Auch beim traditionellen Beraterverständnis der Bundesagentur war diese Aufgabe dem ersten Berater überantwortet, der bei der Erfüllung sicherlich auch die Erfahrungen seiner Kollegen einbeziehen konnte (KURTH-LAATSCH/NIEHAUS 2000).

In den ersten drei Schritten nahezu identisch, die beiden folgenden zusammenfassend, dafür den sechsten noch um einen interessanten (s.u. Erfolgsmessung und -bewertung) Schritt ergänzend, liefert WENDT ein sehr klares und unabhängig vom jeweiligen Personenkreis und Aufgabenfeld aussagefähiges Ablaufschema:

•  "Zugangseröffnung (für den Bürger zu den Diensten und seitens der Dienste zu den Bürgern),

•  Feststellung des Handlungsbedarfs (Veranlassung, Falleröffnung, Einschätzung der Ausgangslage),

•  Zielvereinbarung, Planung des Weges und Entscheidung (über die Behandlung, Unterstützung, Versorgung)

•  kontrollierte Durchführung (der vereinbarten Maßnahmen), koordiniert und kooperativ,

•  gemeinsame Evaluation (Fallüberprüfung, Prozess- und Ergebnisevaluation)

•  Rechenschaftslegung (des Dienstes gegenüber dem Auftraggeber)" (1998, 11).

Eine sehr spezifische Aufgabendefinition findet sich in einem Projekt der Stadt Krefeld 2000/2001, bei dem es um die Hinführung arbeitsloser Jugendlicher zu arbeitsamtsfinanzierten Maßnahmen ging:

•  Gewinnung und Auswahl von Teilnehmern

•  Assessment und Erstellung von Entwicklungsplänen

•  Umsetzung der Entwicklungspläne

•  Nachbetreuung. (AA KREFELD 2001).

REMMEL-FAßBENDER(2003, 5) grenzt CM deutlich gegen die Einzelfallhilfe ab, indem sie ihm die folgenden Erweiterungen zuordnet:

•  "die konsequente Einbeziehung der Klienten zur Erarbeitung `passgenauer´ Hilfen

•  Zielfindung und -definition

•  eine Ablauf- (Entwicklungs-)Planung

•  Evaluation durch verpflichtende Leistungsdokumentation

•  die planmäßige und systematische Vernetzung aller an der Problemlage Beteiligten

•  die Entwicklung eines umfassenden Hilfeplans und die Steuerung des Hilfeprozesses".

Besonders intensive Einzelfallhilfe halten sich die Unfallversicherungen und Berufsgenossenschaften zugute. Ihr "Berufshelfer"-Prinzip gilt gemeinhin als vorbildlich, kümmern sich doch diese Versicherungsangestellten wie Ombudsleute sehr intensiv um Opfer von Unfällen und Berufskrankheiten (BÖHNERT 1997; MEHRHOFF 2000, 234), was in einer empirischen Untersuchung allerdings nicht von den Betroffenen entsprechend honoriert wurde (WASILEWSKI et al. 1988). Dennoch dürfte die Vorstellung vom Case Manager noch am ehesten an diesem Leitbild orientiert sein, was die Zeitnähe, die Intensität und den Umfang der Betreuung angeht.

2.  Sachverhaltsbeschreibung

2.1  Worin unterscheiden sich Funktion und Rolle eines Case Managers von denen eines Beraters oder Coaches?

Der Berufsberater ist Ansprechpartner für den Ratsuchenden bzw. - nach der Diktion des SGB IX - Leistungsberechtigten: "Der Reha-Berater hat (gemäß Runderlass 45/94 der BA) sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber in allen Fragen zur beruflichen Rehabilitation und zur beruflichen Eingliederung" behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen "zu beraten". Ihm "obliegt es, die berufliche Rehabilitation für Ratsuchende zu veranlassen, einzuleiten und durchzuführen. Dabei sind vom Berater die Fachdienste wie der Ärztliche und Psychologische Dienst und der Technische Berater einzuschalten, ein Eingliederungsplan zur Eingliederung des Behinderten aufzustellen und im Rehabilitationsprozess fortzuschreiben... er hat mit den Berufshelfern und Fachberatern der anderen Träger zusammenzuarbeiten und deren Antragsteller in Fragen der beruflichen Rehabilitation zu beraten" (KURTH-LAATSCH/NIEHAUS 2000, 82). Als "Gatekeeper" des "Geldgebers" Bundesanstalt für Arbeit (NIEHAUS 1997, 297) spielt er die "zentrale Rolle im Einleitungsprozess der beruflichen Rehabilitation" (WASILEWSKI et al. 1988, 197). Berufsberater sind in ihrer Mehrheit "Abwicklungsprofis" (LOCKER 1993, 233). Hier setzen offenbar die Unterschiede an: Der Case Manager ist zwar nach wie vor "Türöffner", er begleitet aber den Leistungsberechtigten auf dem weiteren Weg, und das nicht nur zu Rehabilitations- sondern auch zu Präventionsleistungen, und er verabschiedet sich nicht aus der Begleitung, wenn der Leistungsberechtigte zu einem Teilnehmer an Leistungen geworden ist, sondern ist mit ihm dauerhaft in einem Beratungs- und Unterstützungsprozess verbunden. Er ist mithin eben nicht mehr "Abwickler", sondern "Case manager". Und damit ist klar, dass der Case manager nicht (mehr) "maßnahmebezogen", sondern personbezogen arbeitet.

Tab.1:  Abgrenzung Case Manager - "traditioneller" Berater

Case Manager

Berater

Herstellen einer soliden Beratungsbeziehung

Herstellen einer fallorientierten Beratungs­situation

gemeinsame Auswahl

Antragsbearbeitung + Maßnahmebewi lligung

dauerhafte Begleitung

maßnahmeorientierte Kontrolle, z.B. der individuellen Förderpläne

personbezogene Begleitung

maßnahmebezogene Beratung

expliziter Einbezug von Präventions­leistungen, Prävention vor Rehabilitation

Präventionsleistungen im Blick nur auf besondere Anforderung, Schwerpunkt Rehabilitation

Eine relativ klare Abgrenzung zwischen Case Manager und "traditionellem" Berater liefert die Funktionsbeschreibung von REMMEL-FAßBENDER (2003):

•  Prinzipien der Sozialen Einzelfallhilfe mit Sozialer Netzwerksarbeit verbinden,

•  Übernahme einer effizienten und effektiven fallbezogenen systematischen Prozesssteuerung durch eine Person/Team,

•  Wahrnehmung einer Lotsenfunktion,

•  Koordination des Einsatzes mehrerer Dienste und Steuerung der Kooperation von Nutzern und Leistungserbringern.

2.1  In welchem Verhältnis steht CM zu "Disability management" oder "Bildungsbegleitung"?

Beim Konzept des CM steht offenbar in starkem Maße die koordinierende Funktion des Managers im Vordergrund; er knüpft die Beziehungen zwischen Person und Leistungsangeboten, wie in der folgenden "Struktur eines Bildungsplans" zum Ausdruck kommt:

•  Struktur eines Bildungsplans (KAIMBERGER 2003, 12)

•  Diagnose Ist/Soll (aktueller/geplanter Arbeitsplatz)

•  Weiterbildungsplan mit Ziel, Inhalt, Zeitbedarf

•  Überbetriebliche Verwertbarkeit der Qualifizierung

•  Ziele, die mit der/den Weiterbildung/en für den/die ArbeitnehmerInnen und den Arbeitgeber verfolgt werden .

Die Leistungsangebote können auch personal bestimmt sein, als "Ressourcen-Netzwerk", bestehend "in einer losen Organisation von Personen, verbunden durch den gemeinsamen Wunsch, einem bestimmten Klienten zu helfen, und in ihren Aktivitäten koordiniert von einem Case Manager" (BALLEW/MINK 1995, 56). Beim Konzept des "Disability Management" wird wohl deutlich stärker auf die Selbstbestimmungsfähigkeit des Betroffenen gesetzt: "Eine Behinderung zu managen, soll zum Ausdruck bringen, dass eine Person, die etwa unter einem Unfall oder einer chronischen Krankheit leidet, dies nicht vom Schicksal vorgegeben hinnimmt, sondern alles daran setzt, möglichst wieder gesund zu werden und arbeitsfähig zu bleiben" (MEHRHOFF 2000, 9). Es erinnert an das alte Reha-Prinzip der "Hilfe zur Selbsthilfe". Allerdings jetzt mit der eindeutigen Priorität eines Verbleibs im angestammten Betrieb, wie es im SGB IX mit dem Vorrang der Prävention vor der Rehabilitation gefordert wird: "Unternehmen sollen davon überzeugt werden, dass sie die verbleibenden Fähigkeiten (abilities) ihrer Mitarbeiter nutzen" (MEHRHOFF 2000, 10).

Allerdings bleibt Disability Management ein Beratungskonzept. Nicht tragfähig erscheint die Abgrenzung gegenüber dem Case Management, wenn behauptet wird: "Im Vergleich zu anderen Begriffen, wie etwa `Case-Management´ oder `Disease-Management´ wird mit Disability Management eine umfassende Vernetzung von Beteiligten in der sozialen Sicherung zum Ausdruck gebracht" (MEHRHOFF 2000, 10; s.a. Beiträge in MEHRHOFF 2004), denn diese "umfassende Vernetzung" beanspruchen auch die Vertreter des CM als Kerneigenschaft für ihr Konzept (FAßMANN 2000). Letztlich läuft es wohl darauf hinaus, dass CM in der obigen Begriffsbestimmung genau das trifft, was bei der Unfallversicherung mit "Disability Management" gemeint ist: Stärkung der Selbstkompetenz des Ratsuchenden, Beratung aus einer Hand, Kombination der Leistungsansprüche und -angebote, dauerhafte Begleitung bis zum - vorläufigen - Ende der gesicherten Teilhabe am Arbeitsleben. (Vgl. auch BALLEW/MINK (1995, 56): "... konzentriert sich das Case Management auf die Stärkung der persönlichen Befähigung des Klienten, Hilfsquellen zu erreichen und das Netzwerk der Ressourcen nutzen zu können.")

2.3  Aus welchen Berufen rekrutieren sich Case manager?

Offenbar gibt es keinen Beruf, der direkt für die Tätigkeit eines Case managers qualifiziert. Man findet vor allem "Sozialarbeiter, Soziologen, Psychologen und Krankenpfleger" (RAIFF/SHORE 1997). Kooperationserfahrungen mit den Mitarbeitern von Institutionen im sozialen Netzwerk sind ein wichtiges Einstellungskriterium (ebenda). Inzwischen gibt es einen offiziellen Lehrgang zum Case Management im Sozial- und Gesundheitswesen, der mit einem anerkannten Abschluss endet (FACHGRUPPE 2003).

In den Niederlanden haben die Sozialarbeiter das Case management für sich reklamiert, was aber nicht bedeutet, dass nicht auch "fachfremde" Personen die entsprechenden Aufgaben wahrnehmen können (RIET/WOUTERS 2002, 38 f.). Viel wichtiger als die Frage, aus welchem Kreis ein einzelner Case Manager sich rekrutieren sollte, ist wohl, dass ein Team aus Mitarbeitern unterschiedlicher Professionen konstituiert wird, in dem eine gemeinsame Fallanalyse stattfinden kann und bei dem jedes Mitglied aus seiner disziplinspezifischen Sicht zur optimalen Bearbeitung des Falls beitragen kann.

2.4  Warum ist "Case management" derzeit so populär?

Offenbar waren es nicht zuletzt ökonomische Gründe, die in den 70er Jahren in den USA CM entstehen ließen: Knapper werdende Mittel für soziale Zwecke führten dazu, nach Möglichkeiten zu suchen, die Effizienz der Mittel zu steigern (REMMEL-FAßBENDER 2003). Man erfand den Case manager, der den Wirkungsgrad der Fürsorgeleistungen durch "Passgenauigkeit" und ein entsprechendes Maßnahmecontrolling erhöhen sollte. Einen weiteren Schub erhielt das Konzept offenbar durch die in den 80er Jahren anschwellende HIV-Problematik. Hier konnte angesichts der Erkrankungsbilder nicht mit konventionellen Beratungskonzepten gearbeitet werden.

Das deutsche Sozialversicherungssystem befindet sich seit Jahren in einer ähnlichen Zerreißprobe zwischen herkömmlich definierten Leistungsansprüchen und begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten. Hinzu kommen "Mengenprobleme": "Rentenberg", Zunahme der Pflegebedürftigen, Einnahmeausfälle bei der Arbeitslosen- und Krankenversicherung durch unerwartet hohe Arbeitslosenzahlen, aber auch durch einen dramatischen Rückgang des Angebotes an Ausbildungsplätzen. Hier wird das Wirken von Case Managern mit der Hoffnung verknüpft, dass mehr Betreute mit geringerem Mitteleinsatz "passgenauer" mit hochwirksamen Leistungen bedacht werden.

Die gegenwärtige Praxis der vorwiegend außerbetrieblich organisierten Vollausbildung behinderter Menschen sowohl im Bereich der Erst- als auch der Wiedereingliederungsrehabilitation wird vielfältig kritisiert:

•  Dass trotz effizienter Qualifikationserweiterungen "Vollqualifizierungen" bewilligt würd en, sei eine enorme Geld- und Zeitverschwendung (FAßMANN 2000, GÖBEL 1999),

•  teure institutionelle Lösungen im Eigeninteresse der Leistungserbringer würden günstigeren individuellen Lösungen vorgezogen (ebenda),

•  kostengünstige Präventionsleistungen würden "absolut nachrangig" gegenüber teuren Reha-Maßnahmen behandelt (so für die BA GÖBEL 1999),

•  nach wie vor seien Zuständigkeitsprobleme und Abstimmungsmängel zu beobachten (WITTWER 2001, 3; GÖBEL 1999),

•  über ein Drittel der Ratsuchenden seien unzufrieden mit der Qualität der Beratung (WASILEWSKI 1988, 101),

•  Arbeitsüberlastung (bei der BA) führe zu einem Warteschleifeneffekt, bei dem in Arbeit befindliche Antragsteller zu arbeitslosen Ratsuchenden verkämen und so ihre Chancen auf eine Wiedereingliederung empfindlich minderten; GÖBEL (1999, 213) zitiert das Armutszeugnis von 79 Bearbeitungswochen zwischen Antragstellung und Bewilligung, festgestellt von der Innenrevision der eigenen Anstalt.

Mit dem Case Management wird einerseits die Erwartung verbunden, die genannten Schwächen und Systemmängel zu beseitigen, andererseits effektivere und kostengünstigere Leistungen an die Stelle konventioneller Maßnahmen zu setzen. Die viel bemühten Formeln "Individualisierung der Reha-Leistungen" und "Prävention vor Rehabilitation" gehören hier her. Vor allem im Hinblick auf die Prävention ist empirisch belegbar, wie wichtig entschlossenes, zeitnahes Eingreifen ist und welche Anforderungen an den Case Manager sich daraus ergeben.

3.  Umsetzungsimplikationen

3.1  Welche (besonderen) Qualifikationen und welche Kenntnisse muss ein Case Manager besitzen?

Die erforderliche Qualifikation eines Case Managers ergibt sich aus dem Aufgabenumfang. Hier lassen sich enge und weite Fassungen unterscheiden. Eine recht enge findet sich bei BALLEW/MINK: "Koordination, Anwaltschaft, Beratung". Dies ist nun zunächst einmal nicht sonderlich fern dem Aufgabenumfang eines Berufs- oder Reha-Beraters. Auch das planmäßige Vorgehen mit einer systematischen Analyse der Voraussetzungen und Bedürfnisse eines Ratsuchenden gab es schon vor dem Case Manager. Im amerikanischen Konzept von BALLEW/MINK ist denn auch der Case Manager eine Art "Oberkoordinator", wenn es heißt: "Er entwickelt einen Plan und hilft dem Klienten, ergiebige Verbindungen mit jenen Helfern einzugehen." (1995, 56 ff.). Immerhin wird daran deutlich, dass der Case Manager nicht alle Fäden selbst spinnt und weiter in der Hand hält - dann könnte er sich bestenfalls um eine Handvoll "Fälle" kümmern - sondern selbst Teil eines Kooperationsnetzwerkes ist. Dies wird durch den Begriff "Management" - vor allem den Delegationsaspekt meinend - unterstrichen.

Unter Hinweis auf einschlägige Untersuchungen - allerdings aus den 80er Jahren - stellt FAßMANN fest, dass der Reha-Gesamtplan sich nicht als wirksames Instrument erwiesen habe (2000, 1f.). Allerdings wird von ihm übersehen, dass die Diskussion um die individuellen Förder- und Integrationspläne, wie sie seit Inkrafttreten der Rahmenverträge zwischen den Reha-Trägern und den Leistungserbringern Berufsförderungs- und Berufsbildungswerke 1999 vereinbart sind, erhebliche Weiterentwicklungen erbracht hat. Bessere technische Möglichkeiten, schnellere Kommunikationswege, aber insbesondere auch die Erfahrungen mit dem Handling, das bewusstere, professionellere Umgehen haben diesen Plan zu einem wirksamen Steuerungsinstrument für Reha-Leistungen werden lassen. Dies sollte auch auf den "Reha-Gesamtplan", "Bildungsplan" oder "Qualifizierungsplan" ausstrahlen.

Um die Koordinatorenfunktion erfüllen zu können, muss der Case Manager Transparenz über die Ansprechpartner und die von ihnen angebotenen Leistungen besitzen. Dazu ist es naheliegend, in Datenbanken Informationen über die von den Klienten nutzbaren Leistungsangebote, für Praktika und spätere berufliche Wiedereingliederung interessante Betriebe, Kontaktadressen für spezielle Unterstützungsleistungen usw. für einen schnellen, gezielten Zugriff vorzuhalten.

Die Wahrnehmung der Anwaltsfunktion setzt die Kenntnis einschlägiger Leistungsgesetze voraus, um die berechtigten Ansprüche der Leistungsberechtigten identifizieren und ggf. auch überzogene Ansprüche zurückweisen zu können. Eine besonders weitgehende Anforderung wird dem Case Manager gestellt, wenn er im Rahmen seiner Beratungsfunktion "eine Beziehung zum Klienten herstellen (soll), die es erlaubt, störende Muster im Verhalten des Klienten mit ihm durchzugehen und nützlichere Muster auf den Weg zu bringen." (BALLEW/MINK 1995, 56 ff.). Im Rahmen eines Netzwerks wäre hier eher eine Delegation an Experten zweckmäßig.

Qualifikationsvoraussetzungen für Case Manager benennen RAIFF/SHORE (1997):

•  klinische Kompetenzen, Erfahrungen im Umgang mit psychischen Abwehrmechanismen

•  kulturelle Kompetenz

•  Kenntnisse über Controlling, Vergütungssätze und Grundlagen der Buchführung, soweit er an Entscheidungen über die Vergabe von Leistungen beteiligt ist.

Auf drei Kernkompetenzen beschränkt sich SCHULZ:

•  "Er muss sich auf die Sichtweise der Jugendlichen einstellen können und

•  in der Lage sein, mit anderen Professionen zusammenzuarbeiten sowie

•  die soziale Infra- und Versorgungsstruktur des Sozialraums kennen, einen Überblick über Aufbau und Leistungen von Organisationen haben" (2002, 192).

Eine Art Anforderungsprofil an Case Manager findet sich bei RIET/WOUTERS: Sie müssen

•  "kontaktfreudig sein und einen offenen, zuverlässigen Eindruck machen,

•  kompetent zuhören und sich einfühlen können,

•  strukturiert (methodisch) denken und arbeiten,

•  effizient Gespräche führen und moderieren können,

•  in Krisensituationen kühlen Kopf bewahren und schlagkräftig handeln können,

•  stark belastbar sein,

•  kreativ sein beim Ausdenken und Organisieren neuer Initiativen" (2002, 60 ff.).

3.2  Wo ist der Tätigkeitsbereich der Case Manager institutionell angesiedelt?

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: Case Manager können im Hilfesystem eingebunden oder extern angesiedelt sein (RIET/WOUTERS 2002, 56). Sie können Mitarbeiter beim Kostenträger (z.B. beim Sozialamt, vgl. REIS 2002, bei der Bundesanstalt für Arbeit (MAIER 2000); als Gesundheitsberater oder Patientenbegleiter der Versicherung (WENDT 1998, 12) oder bei einem Leistungserbringer (Berufsförderungswerk, Krankenhaus) sein; sie können auch "einem von beiden Seiten unabhängigen eigenständigen Dienst, z.B. einer Koordinierungsstelle" angehören (WENDT 1998, 12) oder als selbstständig arbeitende Fachkraft wirken. Dabei k& ouml;nnen auch die Leistungserbringer eine Koordinationsstelle einrichten (wie beispielsweise beim Living at Home-Programm in den USA. vgl. RAIFF/SHORE 1997, 181 ff.). Das erinnert an die Ursprungsvorstellungen der Service Center, wie sie von den Behindertenverbänden in die Debatte um das SGB IX eingebracht worden sind - bevor sie in praxi zu lästigen Zusatzaufgaben der Sozialversicherungsträger degenerierten. Aber hier hätte die Chance bestanden, eine qualifizierte, zudem neutrale Instanz als Anlaufstelle für Betriebe und Betroffene zu schaffen, wenn nicht das Geld für die staatliche Finanzierung gefehlt hätte und die Delegation an die Sozialversicherungsträger als Ausweg aufgekommen wäre.

Die BA-Position ist offenbar uneinheitlich: Während MAIER (2000) die Ansiedlung von CM bei der BA fordert, will die BA selbst in ihrem Fachkonzept "Berufsvorbereitende Bildung" (Dezember 2003) eine neutrale Instanz "Bildungsbegleiter" einrichten. Versicherer können sich ebenfalls eine neutrale Ansiedlung gut vorstellen (NEUMANN 2000, Folie 43). Leistungserbringer reklamieren wegen vorhandener Kompetenzen und Interesse an diesem neuen Geschäftsfeld diese Aufgabe für sich (STECHER 2000), wollen mindestens Teilangebote unterbreiten (WITTWER 2000, 2001) oder betreiben bereits erfolgreich CM - wie das BFW Hamburg, das seit 2001 in seiner Außenstelle Schwerin 134 Fälle abschließen konnte (BFW Hamburg 2003). Eine weitere Variante bieten die FORD-Werke Köln: Dort gibt es - nach kanadischem Muster - seit 2002 einen Disability Manager. Anlaufstellen im Sinne von CM könnten auch - bei entsprechender finanzieller Förderung und damit personeller Ausgestaltung - Selbsthilfegruppen und Behindertenverbände bieten.

Eine interessante Auflistung von beruflichen Einsatzfeldern findet sich bei WENDT (1998, 11):

•  "Pflege,

•  Krankenbehandlung,

•  Rehabilitation,

•  Jugendhilfe,

•  Behindertenhilfe,

•  Familienhilfe,

•  Wohnungslosen- und Suchtkrankenhilfe."

Diese Auflistung wird von ihm vier Jahre später nach "organisatorischen Ansiedlungen" präzisiert:

•  "Krankenkassen und gewerbliche Anbieter,

•  Ärztenetzwerk,

•  im Gesundheitsbereich,

•  beim Arbeitsamt - Stichwort: Erhaltung von Arbeitsverhältnissen Behinderter,

•  beim Sozialamt -Stichwort: aktivierende Sozialhilfe,

•  und beim Allgemeinen Sozialen Dienst im Bereich der Jugendhilfe" (WENDT 2002).

3.3  Wer finanziert Case Management?

Staatliche Institutionen wie beim Krefelder Projekt oder Living at Home-Programm, aber auch Stiftungen und private Wohlfahrtsorganisationen, schließlich die Kostenträger im Gesundheitswesen und in der beruflichen Rehabilitation.

3.4  Wie weit bestimmen Finanzierung und Anbindung das Selbstverständnis und die Funktionsausübung?

Niederländische Erfahrungen lassen darauf schließen, dass unabhängige Case Manager, die nicht von einem Leistungserbringer oder einer Behörde bezahlt werden und somit nicht einer doppelten Loyalität unterliegen (Klient, Arbeitgeber), erfolgreicher im Sinne emanzipatorischen Wirkens sein können. Daraus folgern RIET/WOUTERS, Case Manager sollten idealerweise "zwischen beteiligten Einrichtungen und neben dem Klienten stehen" (2002, 94).

Man mag auch befürchten, dass bei einer Anbindung des Case Managers beim Reha-Träger Kostengesichtspunkte deutlich Interessen der Leistungsberechtigten dominieren, so dass Prävention und betriebliche Rehabilitation Priorität genießen, was wiederum notwendige "Voll-Rehabilitations-Maßnahmen" verzögern und die Chancen der Betroffenen aus den o.g. Gründen beeinträchtigen könnte. Maier, der als BA-Vertreter vehement für BA-eigene Case Manager eintritt, stellt sich eine vierstufige Prüfkette vor, bevor eine außerbetriebliche Reha-Maßnahme bewilligt werden darf:

•  behindertengerechte Ausgestaltung des Arbeitsplatzes,

•  Umsetzung auf einen geeigneten Arbeitsplatz im Betrieb des Leistungsberechtigten,

•  Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes im Unternehmen,

•  Umschulung im Betrieb (in gleicher Richtung auch GÖBEL 1999, 2000).

3.5  Über welche Instrumente verfügt ein Case manager?

Hinweise zu einem Netzwerk, über das ein beim Arbeitsamt tätiger Case manager Kontakte knüpfen muss, finden sich bei WENDT (2002, 19):

•  "Rentenversicherungsanstalt (BfA, LVA),

•  Berufsgenossenschaft,

•  Medizinische Dienste der Krankenkassen,

•  der Ärztliche Dienst (ÄD),

•  der Psychologische Dienst (PD) des Arbeitsamtes sowie

•  Betriebsräte,

•  Schwerbehindertenvertrauensleute,

•  Betriebsärzte,

•  Arbeitsassistenten,

•  Bildungsträger".

3.6  Wieviele Ratsuchende, Leistungsberechtigte, Versicherte ... "managet" ein Case Manager?

Zweifellos kann ein Case Manager wegen seiner ausgedehnten Aufgaben nicht so viele Klienten betreuen wie ein herkömmlicher Berater. In amerikanischen Programmen wird von Relationen zwischen 1:10 und 1:25 (RAIFF/SHORE 1997, 34) ausgegangen. Für die Suchtkrankenhilfe empfiehlt WENDT einen Betreuungsschlüssel von 1:16 (2002, 26).

3.7  Was steht der flächendeckenden Einführung von CM entgegen?

Offenbar setzt sich CM trotz des relativ langen Vorlaufs - immerhin wurde der Begriff schon zu Beginn der 80er Jahre in der BRD adaptiert - nur zögerlich durch. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, u.a.

•  unzureichende Voraussetzungen auf der Systemebene,

•  Umsetzungsschwierigkeiten und -widerstände im Anschluss an den Erlass des SGB IX,

•  Rückzug auf phasenweise Einführung statt einer "Komplettlösung",

•  das Beharrungsvermögen der Leistungsträger und der Leistungserbringer, die weiterhin stark auf maßnahmeorientierte Leistungen setzen und die Effizienz personbezogener Leistungen in Frage stellen, und schließlich

•  die Erkenntnis: "Kooperation wird nicht wirklich gewollt" (REMMEL-FAßBENDER 2003).

3.8  Woran bemisst sich die Qualität der Arbeit eines Case Managers? Gibt es Effizienzkriterien und Messverfahren? Und wer misst und bewertet?

RAIFF/SHORE (1997) orientieren sich an den bekannten drei Dimension von Qualität: - Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität - und entwickeln sowohl "Qualitätsstandards für das Assessment im Case Management" als auch "fünf Qualitätsnormen für die Entwicklung eines Serviceplans".

Generell dürften heute "weiche" Kriterien zur Beurteilung des CM-Erfolges in den Augen von Kostenträgern zur Legitimation von CM-Aufträgen nicht mehr ausreichen. Rehabilitationsträger wie die Bundesagentur für Arbeit orientieren sich zunehmend an wirtschaftlichen Kriterien, die durchaus nicht gegen CM sprechen müssen: " Die frühzeitige Unterstützung und Steuerung der Krankheitsverläufe oder Unfallfolgen durch Case Management kann zu einer erheblichen Reduzierung der Kosten führen" (REMMEL-FAßBENDER 2003). Der Maßnahmeerfolg wird an der Verbleibsquote gemessen, konkret: an den Rücklauferträgen aus gezahlten Beiträgen zur bzw. vermiedenen Entnahmen aus der Arbeitslosenversicherung im Verhältnis zu den eingesetzten Maßnahme- und Unterstützungskosten. Zusätzlich wird ein trägerübergreifender Vergleich der Ertrags-/Aufwandsrelation vorgenommen, um die günstigste Form und den günstigsten Leistungserbringer zu identifizieren. Diese Sichtweise wird - wie am Beispiel des "Bildungsbegleiters" im Konzept "Berufsvorbereitende Bildung" unschwer erkennbar - auch auf die Funktionserfüllung bzw. Ergebnisqualität eines Case managers übertragen. Er "rechnet" sich, wenn die ersparten Aufwendungen und die erhöhten Sozialversicherungseinnahmen pro Fall die zusätzlichen Kosten für die Einschaltung seiner Person übersteigen. Entsprechende Vergleichsrechnungen stellt GÖBEL (1999, 213) zur Rechtfertigung seines Konzeptes an. Daran wird allerdings deutlich, dass auch Präventionsleistungen nicht ohne erheblichen personellen - und damit finanziellen - Aufwand erbracht werden können.

4.  Resumée und Ausblick

CM ist von seiner Konzeption her ein geeigneter Weg, um effizientere Verfahren der beruflichen Rehabilitation zu erschließen und kontrolliert zu nutzen. Mit Hilfe des CM individualisierte, systematisch und zeitnah erbrachte Reha-Leistungen können Reha-Prozesse zugleich wirksamer und kostengünstiger werden lassen. Allerdings sind die ökonomischen Zwänge z. Zt. so groß, dass die Gefahr besteht, aus dem CM lediglich ein Instrument zur Zwänge bei den Sozialversicherungsträger von einer Intensität, die befürchten lässt, dass qualitative Aspekte bei der Implementation eines wirksamen CM Opfer des Rotstiftes werden. Dann könnte ein Zukunftsszenario so aussehen: Ein für die komplexen Aufgaben des CM unzureichend ausgebildeter, aber billiger Case manager wählt immer die Leistung mit den niedrigsten Kosten auch unter Hinnahme von Qualitätseinbußen aus und sorgt für kurze Durchlaufzeiten. Dem ist a priori ein Riegel vorzuschieben: Ohne klare, auf sinnvolle Qualitätskriterien ausgerichtete Bewertungsmaßstäbe für die Arbeit von Case managern wird die berufliche Rehabilitation von der Einführung des CM kaum profitieren!

Literatur

Arbeitsamt Krefeld (2001): Abschlussbericht Projekt Case Management. Krefeld 1.8.2000 - 30.09.2001.

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