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StrahlerTiemeyer 
BERND STRAHLER & ERNST TIEMEYER

Bildungsnetzwerke und Qualifizierungsnetzwerke in beruflichen Schulen - Konzepte und Gelingensbedingungen

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1 Erfahrungshintergrund

Die folgenden Überlegungen fußen auf Erfahrungen, die in dem im Juli 2003 zu Ende gegangenen BLK-Modellversuch ANUBA (http://www.anuba-online.de) gesammelt wurden. ANUBA steht für Aufbau und Nutzung von Bildungsnetzwerken in der beruflichen Bildung. Ausgewählte Schulen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen unter Führung der jeweiligen Landesinstitute in Kooperation mit den Universitäten Köln und St. Gallen verfolgten das Ziel, Bildungsnetzwerke aufzubauen und zu nutzen. Dabei wurden zwei länderspezifische Projektbereiche (NRW: Kooperative Ausgestaltung offener Lernfeldcurricula; NI: Kooperative Entwicklung von Zusatzqualifikationsmodulen) sowie ein gemeinsamer, länderübergreifender Projektbereich, nämlich die Entwicklung und Erprobung einer Lehrerfortbildung für die Arbeit in Bildungsnetzwerken, durchgeführt.
Qualifizierungsnetzwerke, wie sie in CULIK angelegt sind, zielen auf die Vernetzung der Lehrkräfte untereinander. Sie fokussieren die Innensicht auf Lehr-/ Lernprozesse und unterstützen Schulentwicklungs- und Teamprozesse. Im Bildungsnetzwerk ANUBA ist dagegen in erster Linie die Außensicht auf Abstimmungsprozesse in Lernortkooperationen konstitutiv. Die Innensicht wird durch die Kompetenzbeschreibung und Personalentwicklungsmaßnahme zum "Bildungsnetzwerker" hervorgehoben. Verbunden werden beide Ansätze durch die Lernfeldorientierung in der beruflichen Bildung und den zielgerichteten Einsatz internetgestützter Werkzeuge.

2 Gelingensbedingungen aus ANUBA als mögliche, handlungsleitende Hinweise für die Arbeit in CULIK

Als wichtige Gelingensbedingungen haben sich in der Arbeit des BLK Modellversuchs ANUBA herausgestellt, die auch in CULIK ihre Bedeutung haben könnten:

2.1 Die Beachtung der zentralen Ansprüche und Interessen der Stakeholder bildet eine wesentliche Einflussgröße für ein Gelingen des Ergebnistransfers!

Bereits in der Auslösephase für ein Bildungsnetzwerk bzw. in Projektinitiativen für Bildungsnetzwerke werden wesentliche Voraussetzungen für den späteren Erfolg gelegt. Im Vorfeld zu Initiativen für den Aufbau von Bildungsnetzwerken wurden deshalb im Rahmen des ANUBA-Projektes in jedem Anwendungsfall detaillierte Stakeholderanalysen vorgenommen und ein konsequentes Stakeholdermanagement betrieben. Stakeholder sind in beruflichen Bildungsnetzwerken insbesondere verschiedene Betriebe der Region: Klein- und Großbetriebe sowie aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen (Industrie, Handwerk). Dabei muss die regionale Struktur eine besondere Berücksichtigung finden. Hinzu kommen unterschiedliche Bildungsstätten (Berufsschulen, Ausbildungsbetriebe, überbetriebliche Bildungsstätten, allgemeinbildende Schulen usw.).

2.2 Die Bildungsgangleitungen müssen bei der Ausgestaltung lernfeldorientierter Curricula auf Lernortkooperation setzen!

Gerade für die Bildungsgangplanung und die Umsetzung des Lernfeldkonzeptes sind regionale Bildungsnetzwerke sehr hilfreich. Ein Musterbeispiel für die Notwendigkeit der Lernortkooperation stellt die Umsetzung lernfeldorientierter Lehrpläne dar. Für die Konkretisierung vor Ort müssen berufliche, gesellschaftliche und individuell bedeutsame Handlungszusammenhänge analysiert und in Lernsituationen umgesetzt werden. Diese Umsetzung geschieht am besten in Kooperation zwischen den beteiligten Lernorten. Lösungen hierfür wurden in den NRW-spezifischen ANUBA-Teilprojekten, die auf die Umsetzung des Lernfeldkonzeptes in den Medienberufen konzentriert waren, erarbeitet und stellen als "Best-Practice-Beispiele" sowie durch sorgfältig dokumentierte Lehr-/Lernmodule (zum Beispiel auch für das Online-Lernen geeignet) auch eine wertvolle Unterstützung zur Übertragung auf andere Berufsfelder dar.

2.3 Eine geeignete Infrastruktur, insbesondere durch entsprechende Informations- und Kommunikationstechnologien muss bereitgestellt werden!

Das erfolgreiche Arbeiten in Bildungsnetzwerken bedarf ergänzend auch der Schaffung einer geeigneten Arbeitsumgebung für Lehrkräfte. Nur so können die in ANUBA beschriebenen Aufgaben optimal wahrgenommen werden. Das Prinzip des lebenslangen Lernens gilt auch für Lehrer. Fortbildung muss zu einem integralen Bestandteil des Lehrberufs werden und neben fachlicher und systemischer Fortbildung auch Fortbildung für das Agieren in Netzwerken beinhalten. Integriertes Ziel sollte der Aufbau einer Plattform sein, die Personen, Plätze (Lernorte) und Inhalte zusammenführt und damit die Grundlage für schulisches und schulübergreifendes Wissensmanagement sein kann.

2.4 Professionelles Management und kontinuierliche Evaluation der Bildungsnetzwerke müssen praktiziert werden!

Um die Kontinuität in Bildungsnetzwerken zu gewährleisten, werden (neben einem Bildungsgangleiter/ Bildungsnetzwerker für das Management) weitere Lehrkräfte an Schulen benötigt, die beispielsweise folgende laufende Aufgaben übernehmen:
· Informationsbereitstellung (tagesaktuelle Informationen auf der E-Plattform, Contentmanagement des Bildungsnetzwerks der Region)
· Organisation der Kommunikation (Durchführung von Telekonferenzen,
E-Kommunikation)
· Koordinationsaufgaben (Fortbildungsbedürfnisse bündeln, Unterstützung der Lehrkräfte (wo, wie, was ...)
· Kooperation mit Betrieben, Weiterbildungseinrichtungen, andere öffentliche Schulen, Studienseminare, Hochschulen, Institutionen der Lehrerfortbildung etc.

2.5 Die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte beruflicher Schulen müssen für das Handeln in und das Managen von Netzwerken intensiviert werden!

Ein wesentlicher Ansatz im Modellversuch ANUBA war die These, dass eine gemeinsame Abstimmung der Ausbildung und Vorbereitung auf ein lebensbegleitendes Lernen Eckpunkte einer Lernortkooperation sind, die von Lehrkräften professionell initiiert, geplant, durchgeführt und bewertet wird.

Bildungsnetzwerke - initieren
Bildungsnetzwerke - planen
Bildungsnetzwerke - betreiben
Bildungsnetzwerke - bewerten

Tab.1: Bildungsnetzwerke - Phasen


Wichtig ist hier eine ausreichende Motivation und Qualifikation für den Aufbau und die Nutzung von beruflichen Bildungsnetzwerken in der Region sicherzustellen. Dazu müssen die Lehrkräfte vorbereitet werden. Hierzu liegt in ANUBA ein ausgereiftes Bausteinsystem vor, das genutzt werden kann.
Auf den Ansatz von CULIK übertragen ist auch hier aus Sicht von ANUBA nicht zu erwarten, dass die kooperative Qualifizierung per se stattfindet. Vielmehr sind neben den curricularen Aspekten teambildende Maßnahmen notwendig. Die Moderation der Teams scheint aus Sicht von ANUBA eine Daueraufgabe zu sein, der sich besonders interessierte Lehrkräfte stellen können. Diese Lehrkräfte sind ggf. besonders fortzubilden. Sinnvoll unterstützt wird die Moderation durch genügend Freiräume für die Teams - nicht im Sinne von Anrechnungsstunden, sondern im Sinne von genügend Freiheitsgraden bei der Planung, Durchführung und Evaluation des Unterrichts.

2.6 Kooperative Planung und Durchführung des Unterrichtes müssen ermöglicht werden!

Netzwerke bedeuten auch erhebliche Herausforderungen für die Schulleitungen. Der Aufbau und die Verdichtung von Bildungsnetzwerken in einer Region können nur dann gelingen, wenn die Schulleitung als wesentlicher Unterstützer (Sponsor) agiert. Wissen aus Netzwerken sollte eine Verankerung im jeweiligen Organisationsalltag der beruflichen Schulen erhalten. Dies bedeutet jedoch, dass Bildungsorganisationen mit Initiative der Schulleitung selbst eine Netzwerkbildung im Interesse der Verbesserung der Organisation und didaktischen Arbeit ermöglichen. Die Bildung von Netzwerken könnte dann zu einer neuen Lern- und Kooperationskultur von Lehrkräften beitragen, die genau notwendig ist, um eine veränderte Lehrkultur in der Schule zu erhalten.

2.7 Einführung von qualitätssichernden Verfahren für die unterrichtliche Arbeit muss verstärkt werden!

In regionalen Qualifizierungsnetzwerken ist unter anderem die personelle und sachliche Ausstattung der beruflichen Schulen ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Professionalität und Personalentwicklung verweist einerseits auf die Potenziale der Lehrkräfte, vor allem deren Ausbildung und Erfahrungen. Die durch die Neuen Technologien und die Professionalisierung des Personals unterstützte Schulentwicklung muss stets von dem Prinzip getragen sein, die Qualität der Berufsausbildung zu verbessern. Das erfordert ein neues Qualitätsbewusstsein und innovative Wege der Qualitätssicherung.


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