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 bwp@ Ausgabe Nr. 10 | Juli 2006
Lernfirmen

Modellierung und Simulation im Wirtschaftsunterricht zur Förderung systemischen und prozessorientierten Denkens am Beispiel unternehmensübergreifender Kooperation in Wertschöpfungsketten


 

 

 

Abstract

Ein wesentliches Charakteristikum der Unternehmenswirklichkeit ist Komplexität, die sich beispielsweise in Zielkonflikten, Nebenwirkungen, Vernetzungen und Dynamiken ausdrückt. In diesem Zusammenhang kommt der beruflichen Bildung die Aufgabe zu, Schüler für die damit einhergehenden Herausforderungen zu qualifizieren, also Handlungskompetenz im Kontext komplexer Rahmenbedingungen zu entwickeln. An Fächergrenzen orientierter Unterricht kann dem nur bedingt gerecht werden. Dazu kontrastierend verspricht der von komplexen Fragestellungen ausgehende Lernfeldansatz ganzheitliche und prozessorientierte Denk- und Handlungsschemata zu fördern. Gleichwohl stellt sich auch hier die Frage, wie die Komplexität der Wirklichkeit im schulischen Umfeld derart anzupassen ist, dass Schülern die wesentlichen Strukturen und Zusammenhänge deutlich werden.

Eine Antwort darauf gibt die in Wissenschaft und zunehmend auch in Schule verbreitete Methode Modellbildung. Modelle reduzieren den Detailreichtum des zugrunde liegenden Sachverhalts derart, dass dessen als relevant erachteten Eigenschaften deutlicher hervortreten. Neben gegenständlichen, verbalen, mathematischen, virtuellen und grafischen Modellen stellen Lernfirmen eine Modellvariante dar, die Schülern einen anschaulichen, aktiv handelnden Lernprozess ermöglicht und sie mit realitätsnahen und somit ganzheitlichen und motivierenden Problemen konfrontiert. Nachteilig wirkt sich die Nähe zum Arbeitshandeln hinsichtlich des Erkennens von größeren Zusammenhängen aus. Insofern bedarf es ergänzend einer distanzierteren Betrachtungsweise, die ein Einordnen, Strukturieren und Transferieren der Tätigkeiten ermöglicht. Dies lässt sich besonders gut erreichen mit logischen Bildern wie ereignisgesteuerten Prozessketten, Wertschöpfungskettendiagrammen, Wirkungsdiagrammen und der System-Dynamics-Notation.

System-Dynamics ist eine computerbasierte Modelliermethodik, welche die Darstellung von vernetzten dynamischen Systemen erlaubt. Darüber hinaus können Simulationen durchgeführt werden, was das Testen unterschiedlicher Handlungsstrategien in kürzester Zeit ohne negative Konsequenzen ermöglicht und somit besondere Lernchancen eröffnet. Die skizzierte Unterrichtsreihe zur Analyse des Peitscheneffekts im Rahmen des Supply Chain Managements verdeutlicht die Chancen des Einsatzes von System-Dynamics im Unterricht und zeigt Transferpotenziale zu anderen Unterrichtsgebieten auf. Die Anwendungsgebiete der Methode sind als Komplement zur Lernfirmenarbeit geeignet, so dass sich im Unterricht die Kombination von konkretem Lernhandeln in Lernfirmen und abstrakterem qualitativen und quantitativen Modellieren und Simulieren empfiehlt.