wbv   Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.

 

 

 
KARIN BÜCHTER & FRANZ GRAMLINGER
Editorial

Zweifelsfrei ist das Thema "Lernen in Netzen" en vogue. Im letzten Jahrzehnt sind zahlreiche so betitelte Publikationen vorgelegt und Projekte, Tagungen und Workshops durchgeführt worden. Für uns war dies zunächst Grund genug zu der Frage, ob es überhaupt originell sei, die zweite Ausgabe von bwp@ so zu benennen. Was uns aber schließlich doch dazu bewogen hat, war zum einen die wohl nicht von der Hand zu weisende Annahme, dass dieses Thema auch künftig nicht an Aktualität einbüßen wird, denn von einer Veralltäglichung multimedialer und vernetzter Berufsbildung kann allenfalls punktuell die Rede sein. Zum anderen fristet die Auseinandersetzung mit "Lernen in Netzen" innerhalb der Berufs- und Wirtschaftspädagogik - trotz der durchaus spürbaren Intensivierung der Diskussion und Forschung an vereinzelten Hochschulstandorten - eher noch ein Nischen-dasein. Untersuchungen und Konzepte zur Gestaltung und "Didaktisierung" von vernetzten Lehr-/Lernprozessen in der Berufsbildung werden nach wie vor nicht selten in außeruniversitären Projekten durchgeführt bzw. entwickelt. Für uns stellt sich nun die - hier bewusst zugespitzte - Frage, inwieweit in der Berufsbildungs-praxis und in den unterschiedlichen anwendungsorientierten Untersuchungen auf erziehungswissenschaftliche, zumal berufs- und wirtschaftspädagogische Theorie-reflexionen, Basalkategorien und wissenschaftlich fundierte empirische Forschungen rekurriert wird bzw. überhaupt (schon) werden kann. Uns geht es mit diesem Schwerpunktthema also nicht darum, etwa aus einer technikfixierten Sicht nach einer Optimierung und Effektivierung netzbasierten Lernens zu fragen, sondern vielmehr - deshalb der Untertitel: "Aufgaben für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik" - möchten wir anhand der einzelnen Publikationen und nicht zuletzt der Diskussionsbeiträge in dieser Ausgabe einen Überblick darüber gewinnen, welche - vom Standpunkt der Berufs- und Wirtschaftspädagogik aus - konkreten Fragestellungen im Themenfeld "Lernen in Netzen" mit welchen Ergebnissen derzeit diskutiert und untersucht werden und welche relevanten Problemstellungen und Forschungsfragen künftig zu bearbeiten sind. Gewiss, "Lernen in Netzen als Aufgabe für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik" ist ein weites Feld, zumal die mit netzbasiertem Lernen vermeintliche Abkehr von traditionellen Lernformen zugunsten neuer "Lernkulturen" oder "Lernwelten" berufs- und wirtschaftspädagogische Theoriebildung und Forschung mindestens auf den vier bekannten Ebenen, der professionellen, der institutionellen, der curricularen und der didaktischen bedeutet.

In diesem Schwerpunktheft wollten wir diese Breite nicht durch eine eng vorgegebene Themenstellung reduzieren, im Gegenteil: die Relevanz der berufs- und wirtschaftspädagogischen Auseinandersetzung mit "Lernen in Netzen" sollte - so unsere Idee - anhand einer thematischen Komplexität deutlich werden.

Einige Beiträge sind bei uns eingegangen, die sowohl theoretische Überlegungen als auch empirische Befunde zum Thema enthalten:

· Dieter Euler: From connectivity to community - Elektronische Medien als Katalysator einer Kultur des selbstorganisierten Lernens im Team

· Fritz Klauser/Hye-On Kim/Volker Born
: Erfahrung, Einstellung und Erwartung der Lernenden - entscheidende Determinanten netzbasierten Lernens

· Ralf Tenberg: Telekommunikation in beruflichem Unterricht

· Karl Wilbers: Lernen in Netzen: Modernismen und Traditionen, Schismen und Integrationsversuche

· Joachim Ludwig: Be-online: Lernberatung im Netz

· Karin Büchter/Franz Gramlinger: Lernen in Netzen - Einige neuralgische Punkte und offene Fragen in der berufs- und wirtschaftspädagogischen Diskussion

Einen der großen Vorzüge unseres Online-Mediums nutzten wir dahingehend, zwei weitere Beiträge noch in diese Ausgabe aufnehmen zu können:

· H.-Hugo Kremer: Offene webbasierte Lernumgebungen - Zur Notwendigkeit vernetzter Lehr- und Lernumgebungen

· Wilfried SCHNEIDER: Bildung aus dem Netz - Chancen und Probleme

Unseren eigenen Beitrag sehen wir als einen Versuch an, im Anschluss an die sich in einigen Punkten überschneidenden, andererseits sehr heterogenen Artikel die Fäden zusammen zu ziehen und anhand der Explikation einiger offener Fragen den Kreis zum Themenschwerpunkt, zumal zum Untertitel: "Lernen in Netzen - Aufgaben für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik" zu schließen.

Den Autoren möchten wir an dieser Stelle recht herzlich für ihre Beiträge und damit für die inhaltliche Unterstützung von bwp@ danken.
Wir freuen uns über Rückmeldungen und hoffen auf eine möglichst intensive - netzbasierte - Diskussion

Karin Büchter und Franz Gramlinger