|  | 
         
          | 
               
                | 
                     
                      | WILFRIED SCHNEIDER (Wirtschaftsuniversität 
                        Wien) 
 |  
                     
                      |  | Bildung aus dem Netz - Chancen und 
                        Probleme * |  
                     
                      | *Dieser 
                        Beitrag ist eine gekürzte Version eines Aufsatzes, 
                        der in FORTMÜLLER, R. (Hrsg.): Komplexe Methoden, 
                        neue Medien in der Didaktik der Ökonomie. Wien 2002, 
                        erscheinen wird. |  
 
 
                     
                      | 1 
                        Problemstellung |  |   
                      | (Populär-)Wissenschaftliche 
                        Publikationen versprechen seit Jahrzehnten, dass mit Hilfe 
                        von Computern die Krise des Bildungswesens zu lösen 
                        sei. In den letzten Jahren wurde die Hoffnung durch das 
                        Schlagwort des "E-Learnings" zusätzlich 
                        genährt (vgl. z.B. BENNETT 1999, ROSENBERG 2001, 
                        SCHEUERMANN 2000). Fraglich ist jedoch, ob die Revolution 
                        des Unterrichts durch das Netz mehr bewirkt als einen 
                        Anstieg der Kosten. Bedenklich stimmt, wenn bereits der 
                        Beweis, dass man mit dem Netz genau so erfolgreich lernen 
                        kann wie in konventioneller Form, als Erfolg bezeichnet 
                        wird (vgl. ASTLEITNER 2000, 25). Betrachten wir die aktuellen Ansätze im Bereich "Neue 
                        Medien", so ist zunächst zu differenzieren in 
                        Interaktive Lernsoftware, meist auf CD - Rom, und dem 
                        weitaus umfangreicheren Ansatz des "E-Learning".
 
 "E-Learning" umfasst ebenfalls interaktive Lernsoftware, 
                        die jedoch mit weiteren Informationen aus dem Netz verbunden 
                        werden kann. E-Learning ermöglicht zusätzlich 
                        den schnellen und kostengünstigen Transport konventioneller 
                        Materialien (wie z.B. von konventionellen Lehrtexten), 
                        die über das Netz schnell aktualisiert werden können, 
                        ferner den Zugriff auf gespeicherte konventionelle Vorträge 
                        ("virtuelles Lecturing") und die lernbezogene 
                        Kommunikation zwischen den Lernenden ("virtuelle 
                        Gruppen") und zwischen Lernenden und Lehrenden ("virtuelles 
                        Tutoring").
 Bei der Analyse ist zwischen der Situation in der betrieblichen 
                        Aus- und Weiterbildung und dem Einsatz an Schulen und 
                        Universitäten zu unterscheiden.
 
 |  
 
 
                     
                      | 2 Zur Wirksamkeit des "E-Learnings" |  |   
                      |  |  
 
                     
                      | 2.1 
                        Zur unbefriedigenden Forschungssituation |  |   
                      | Zunächst ist festzustellen, dass die Forschungslage 
                          aus mehreren Gründen unbefriedigend ist (vgl. auch 
                          EULER 2001a, 30, HASEBROOK 1997, 12).Erstens ist es unklar, wann man von E-Learning sprechen 
                          soll. Liegt E-Learning nur dann vor, wenn alle wesentlichen 
                          Aspekte berücksichtigt werden, d.h. wenn dem Lernenden 
                          multimedial aufbereitete, interaktive Lernmaterialien, 
                          die mit weiteren Informationen aus dem WWW verlinkt 
                          sind zur Verfügung stehen und zusätzlich computervermittelte 
                          Kommunikationsmöglichkeiten (CvK) zwischen den 
                          Lernenden und zwischen Tutoren und Lernenden integrierte 
                          Bestandteile des Angebotes sind ? Wählt man diese 
                          strenge Abgrenzung, gibt es nur wenige Implementationen, 
                          die diese Anforderungen vollständig erfüllen 
                          (vgl. ASTLEITNER 2000, 17f).
 
 Sind auch Teilangebote, wie etwa "virtuelles Lecturing" 
                          oder konventionelle Kursunterlagen, die über das 
                          Netz transportiert werden und die durch "virtuelles 
                          Tutoring" unterstützt werden in Untersuchungen 
                          einzubeziehen? Gelten auch interaktive Lernprogramme 
                          auf CD-ROM als "E-Learning", wenn sie zumindest 
                          über das Netz aktualisiert werden und/oder wenn 
                          das Lernen durch "virtuelles Tutoring" oder 
                          "virtuelle Gruppenarbeit" unterstützt 
                          wird?
 Neben diesem Abgrenzungsproblem macht vor allem das 
                          Konfundierungsproblem in der Forschung die vorliegenden 
                          Ergebnisse wenig brauchbar. Gemeint ist, dass bei Vergleichsstudien 
                          zwischen konventionellen Lerndesigns und E-Learning 
                          häufig so viele Variable verändert werden, 
                          dass etwaige Effekte nicht eindeutig dem Web-Einsatz 
                          zugeschrieben werden können.
 
 Als gesichert kann gelten, dass die instruktionale Methode 
                          Vorrang vor dem Instruktionsmedium hat (WEIDENMANN 1996, 
                          328). Dazu kommt, dass die Effizienz von folgenden Bedingungsfaktoren 
                          abhängt (vgl. SCHNEIDER 1996, 166f):
 
 · Welche Lernziele werden angestrebt (kognitive 
                          Ziele auf dem Reproduktions- oder auf dem Anwendungsniveau, 
                          motorische Ziele, wie die Bedienung von Computerterminals 
                          oder die Tastaturbeherrschung, Verhaltensziele, wie 
                          Verkaufs- oder Beratungsverhalten)?
 
 · Handelt es sich um Sachverhalte, die eher abstrakte 
                          Konzepte betreffen (z.B. das System der Finanzbuchhaltung) 
                          oder solche, die reale bewegte Abbildungen erfordern 
                          (wie z.B. nonverbale Kommunikation)?
 
 · Welche Adressaten sollen mit dem Programm lernen? 
                          Vorwissen, Lernerfahrung, Lernmotivation, Akzeptanz 
                          des Themas sind wesentliche Einflussfaktoren.
 
 · Wie lange soll mit dem Design gelernt werden, 
                          d.h., könnte der Neuigkeitseffekt eine Rolle spielen?
 
 Ferner ist wesentlich, mit welchem Design die Lernumgebung 
                          im Web verglichen wird. Betrachtet man z.B. die von 
                          ASTLEITNER (2000, 22) ausgewerteten Untersuchungen, 
                          findet man als Vergleichsbasis fast ausschließlich 
                          "traditionelle Kurse" oder "traditionelle 
                          Vorlesungen", diese sind jedoch kaum näher 
                          charakterisiert.
 
 Als Beispiel sei eine von ASTLEITNER (2000, 23) herangezogene 
                          Untersuchung kurz beschrieben, die einen positiven Lerneffekt 
                          im Vergleich zu einem "traditionellen Kurs" 
                          hatte.
 
 Beispiel 1: Problematische 
                          Vergleichsuntersuchung
 
                           
                            | In einer Studie von WALLACE 
                                und MUTOONI wurde eine 90-minütige herkömmliche 
                                Vorlesung mit einer WWW-basierten Veranstaltung 
                                verglichen. Allerdings war keine computerunterstützte 
                                Kommunikation (CvK) vorgesehen. Nach der Lernphase 
                                hatten die Studierenden 10 Tage Zeit, um eine 
                                technische Gestaltungsaufgabe zu bearbeiten. Die 
                                Ergebnisse der WWW-basierten Veranstaltung zeigten 
                                Vorteile beim Lernerfolg.
 Die Autoren der Studie geben selbst an, dass sie 
                                die Verbesserung auf die umfassende und lernwirksame 
                                Aufbereitung der webbasierten Veranstaltung zurückführen. 
                                Es wurde explizit auf die Gliederung in Einführung, 
                                Motivation, Theorie, Anwendung der Theorie und 
                                Beispiele geachtet. Ferner wurden die Subthemen 
                                klar unterschieden und indexiert. Die Abschnitte 
                                des Lehrstoffs konnten ebenso frei gewählt 
                                werden, wie die Präsentationsart (Text und 
                                Bild oder Video mit Ton).
 |  Bei kritischer Betrachtung dieser Untersuchung kann 
                          man feststellen:Gegenüber herkömmlichen Lernunterlagen erforderten 
                          nur die unterschiedlichen Präsentationsarten den 
                          Computereinsatz. Für die Notwendigkeit, die Materialien 
                          über das Web zu transportieren, findet sich außer 
                          ökonomischen Gründen kein Anlass, da der Aspekt 
                          der CvK ausgeklammert wurde. Der Neuigkeitseffekt war 
                          vermutlich bei einer 90-Minuten-Sequenz eher hoch. Der 
                          wesentliche Einfluss scheint jedoch in der besseren 
                          Aufbereitung zu liegen. Das Ergebnis ist somit trivial: 
                          "Besserer Unterricht hat höhere Effizienz 
                          als schlechterer".
 |  
 
                     
                      | 2.2 
                        Zur mangelhaften Umsetzung des E-Learnings in der Praxis |  |   
                      | Werden computergestützte Lernumgebungen in der 
                          Forschung noch einigermaßen gut kontrolliert, 
                          werden die Entwicklungen in der Praxis meist nicht oder 
                          nur in Bezug auf die Akzeptanz evaluiert. Dazu kommt, 
                          dass die Entwicklungen häufig von Autoren stammen, 
                          die von gesicherten didaktischen Wirkfaktoren wenig 
                          Ahnung haben.
 Am Beispiel von zwei aufwendig entwickelten Lernumgebungen 
                          soll dies erläutert werden:
 
 Beispiel 2: Missglückte 
                          mediale Gestaltung einer videogestützten Lernumgebung
 
 
                           
                            | Ein großes österreichisches 
                                Kreditinstitut ließ vor kurzem einen Ausbildungsfilm 
                                zum Thema "Wechsel" drehen. Als Protagonisten 
                                wurde eine bekannte österreichische Kabaretttruppe 
                                engagiert. In einem Lokal auf einem Wiener Hausberg, 
                                dem "Wechsel", wurden zunächst 
                                alle unsinnige Assoziationen, wie "Wildwechsel", 
                                "Platzwechsel", "Lokalwechsel" 
                                bis "bringen sie mir einen Wechselsaft, ah 
                                "Weichselsaft" als "motivierender 
                                Einstieg" durchgespielt. Dann wurde die Bedeutung 
                                des Wechsels an einem wenig authentischen Beispiel 
                                illustriert. 
 Ein Gast stellte auf der Rückseite der Speisekarte 
                                einen Wechsel aus (übrigens falsch, da das 
                                Wort "Wechsel" nur als Überschrift 
                                verwendet wurde, jedoch im Text der Anweisung 
                                zu zahlen nicht vorkam). Ein weiterer Gast fungierte 
                                als Bezogener, da er dem ersten für eine 
                                Benzinrechnung ATS 100,- schuldete. Dieser "Wechsel" 
                                wurde zur Bezahlung der Getränkerechnung 
                                an den Kellner indossiert, von diesem an die Kellnerin 
                                zur Bezahlung einer privaten Schuld, von dieser 
                                an den Koch, der ihn schließlich zur teilweisen 
                                Zahlung der Lehrlingsentschädigung an den 
                                Lehrling weitergab. Der Lehrling erklärte 
                                schließlich im Frontalvortrag "auf 
                                der Basis seines Berufsschulwissens" den 
                                Wechsel.
 |  Bedenkt man noch, dass dieses Video für die Schulung 
                          von Bankangestellten, also in der Regel von Maturanten 
                          gedreht wurde, wird klar, dass das externe Beraterteam 
                          im Wesentlichen das Entgelt und nicht die Lernwirksamkeit 
                          im Auge gehabt haben kann. Das Beispiel ist typisch 
                          für den Edutainment-Ansatz in den neuen Medien, 
                          der häufig jede Zielorientierung vermissen lässt. 
                         Beispiel 3: Unzureichende 
                          Aufgabengestaltung beim webbasierten Lernen
 
 Das von der EU in Österreich geförderte Projekt 
                          FUBB bezweckt die Entwicklung von Internet-basierten 
                          Fernunterrichtsbausteinen für Handelsakademien 
                          bzw. höhere technische Lehranstalten für Berufstätige.Da der Server zum Zeitpunkt der Publikation dieses Beitrags 
                          nicht zugänglich war, (laut Quelle: http://www.fubb.eduhi.at) 
                          können nur die publizierten Unterlagen herangezogen 
                          werden. Es ist anzunehmen, dass Beispiele veröffentlicht 
                          wurden, die die Autoren für besonders gelungen 
                          hielten (vgl. SIGMUND, 2001, 16 f). Folgende Prüfungsbausteine 
                          wurden in der Publikation gefunden:
 
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                | 
   
    
  
 
 |   
                | Auch dieses Beispiel ist für 
                  die praktische Entwicklung typisch. Nicht die didaktischen Anforderungen 
                  sind für die Gestaltung entscheidend, sondern die Möglichkeiten, 
                  computergestützt Antworten auszuwerten. Verwendet werden 
                  daher überwiegend "Multiple-Choice-Aufgaben" 
                  und Lückentexte. |   
                |  |  |  
 
               
                | Zum gleichen Ergebnis gelangen auch MADER und STÖCKL 
                    (1999, 194), die nach Auswertung zahlreicher Lernsoftwarepakete 
                    feststellen, dass überwiegend Programme für Neulinge 
                    und Anfänger angeboten werden, die auf rezipieren, nachahmen 
                    und erinnern zielen.
 
 Ähnlich ist die Situation auch an Universitäten. 
                    Schulmeister kommt in seiner Untersuchung über mehrere 
                    hundert Internetangebote an Hochschulen zum Schluss, dass 
                    meist nur Übungstexte in Lückentextform oder Texte 
                    mit Überprüfungsfragen im Multiple-Choice-Format 
                    angeboten werden. Er ergänzt: "Die meisten Internet-Server, 
                    die Begleitskripten zu einzelnen Veranstaltungen oder fachwissenschaftliche 
                    Themen enthalten, bieten häufig qualitativ schlechtere 
                    Texte an als es die traditionellen Korrespondenzbriefe des 
                    Fernstudiums gewesen sind, und diese Texte sind i.d.R. dürftiger 
                    als die publizierten Lehrbücher. Die meisten Designs 
                    beschränken sich auf Wissensüberprüfungen auf 
                    dem untersten Niveau der kognitiven Taxonomie (SCHULMEISTER 
                    1999, S 170).
 
 Dies ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass "E-Learning-Module" 
                    häufig von Informatikfreaks und nicht von Didaktikern 
                    gestaltet werden, sondern auch auf die Kostensituation. Da 
                    die Kosten wesentlich vom Ausmaß der Adaptivität 
                    abhängen, werden die Rückmeldungen oft nicht ausprogrammiert. 
                    Rückmeldungen, wie "Bravo" oder "Oje" 
                    sind häufig (vgl. z.B. die preisgekrönte Lernsoftware 
                    "easy business", MIHALOVIC und SETZNAGEL 1999).
 Sind die Aufgaben komplex, ist eine automatisierte Rückmeldung 
                    sehr teuer oder bei umfangreichen Antworten überhaupt 
                    unmöglich. Sind die Aufgaben weniger komplex, ist eine 
                    automatisierte Rückmeldung zwar möglich, komplexere 
                    Ziele werden jedoch verfehlt.
 
 Schon vor Jahren konnte der Autor zeigen, dass in Fällen, 
                    in denen es um abstrakte Lerninhalte geht, bei gleicher didaktischer 
                    Qualität und qualifizierten Lernern, die Computerunterstützung 
                    keine wesentlichen Vorteile bringt, sondern nur wesentlich 
                    mehr kostet, als schriftliches Lernmaterial (vgl. dazu SCHNEIDER 
                    1977, 1991). Auch andere Untersuchungen der Abteilung für 
                    Wirtschaftspädagogik führten zum gleichen Ergebnis 
                    (vgl. z.B. HAAS 1993, PAUL 1993).
 
 |  
 
               
                | 2.3 
                  Wirksamkeitskriterien für "E-Learning" |  |   
                | Fasst man die Forschungsergebnisse zusammen, dann wird auch 
                    beim "E-Learning" dann gelernt, wenn die Lernenden
 
 · Informationen erhalten, die (hoffentlich) gut aufbereitet 
                    wurden,
 
 · durch (hoffentlich zielbezogene) Problemstellungen 
                    zur anwendungs-orientierten Verarbeitung veranlasst werden 
                    und darüber
 
 · (hoffentlich den Lernprozess fördernde) Rückmeldungen 
                    sowie Lernhilfen erhalten (vgl. dazu SCHNEIDER 1996, 165).
 
 Besondere Bedeutung kommt dabei den Problemstellungen zu, 
                    die entscheidend dafür sind, ob sinnvoll gelernt wird 
                    und den Rückmeldungen, die die Effizienz von Lernprozessen 
                    wesentlich erhöhen können.
 Computer- und Netzunterstützung ist daher dann sinnvoll, 
                    wenn diese Funktionen besser wahrgenommen werden können 
                    als im Direktunterricht. Dass dies nicht immer der Fall ist, 
                    zeigen die oben zitierten Beispiele.
 Die Aussage "The Medium is the Message" ist jedenfalls 
                    für das Lernen mit Netz und Computer sicher falsch, vielmehr 
                    gilt der Vorrang der instruktionalen Methode vor dem Medium 
                    (vgl. WEIDENMANN 1996, 325 ff).
 
 |  
 
               
                | 2.4 
                  Zwischenfazit |  |   
                | Die vorliegenden Befunde bestätigen den Enthusiasmus 
                    von Bildungspolitikern zunächst nicht. Ein Großteil 
                    der entwickelten Lernsoftware ist didaktisch unzureichend, 
                    dies betrifft bereits die Informationsgestaltung, gilt aber 
                    vor allem für die Problemstellungen und für die 
                    computergestützten Rückmeldungen.
 
 Dazu kommt, dass die Informationsaufnahme über den Bildschirm 
                    beschränkt ist. Z.B. ist am Bildschirm das Lesetempo 
                    in der Regel um mehr als ein Drittel geringer. Querlesen ("Scannen") 
                    ist nicht möglich und umfangreichere Informationen müssen 
                    auf erheblich mehr Bildschirme verteilt werden, als dies bei 
                    Buchseiten erforderlich ist.
 
 Es scheint daher sinnvoll, nur jene Lernprozesse mit Computer- 
                    und Netzunterstützung zu gestalten, die nicht mindestens 
                    ebenso effizient und meist auch kostengünstiger mit herkömmlichen 
                    Materialien bewirkt werden können.
 
 Am Rande sei bemerkt, dass der postulierte Hauptvorteil des 
                    Lernens mit dem Netz, nämlich dass die Lernenden Lernort, 
                    Lernzeit, Lernweg, Lerndauer und Lernpartnerschaften selber 
                    bestimmen können, weitgehend auch für konventionelle 
                    schriftliche Materialien gilt. E-Learning aus ökonomischer 
                    Sicht
 
 |  
 
               
                | 2.5	
                  Ökonomische Aspekte von E-Learning aus betrieblicher Sicht |  |   
                | Stellt E-Learning im Bereich der schulischen und der universitären 
                    Ausbildung immer noch eine relativ marginale Ergänzung 
                    zum Direktunterricht dar, verdrängt es im betrieblichen 
                    Bereich einen immer größeren Teil der Direktschulung 
                    (vgl. z.B. die Situation bei Siemens - VARESI 2000).
 Allerdings fällt in der Wirtschaft die Entscheidung für 
                    E-Learning nicht auf Grund der größeren pädagogischen 
                    Effizienz sondern aus ökonomischen Gründen.
 Dies hat zwei Ursachen:
 (1) Der Schulungsbedarf fällt in den Betrieben zeitlich 
                    und geografisch weit gestreut an und betrifft häufig 
                    Mitarbeiter mit sehr unterschiedlicher Vorbildung.
 Beispiel 4: Zeitlich und 
                    geografisch verteilter Ausbildungsbedarf für Mitarbeiter 
                    mit unterschiedlicher Vorbildung
 
                     
                      | Außendienstmitarbeiter für 
                          Versicherungsunternehmen werden laufend und im gesamten 
                          Bundesgebiet angestellt und haben unterschiedliche Vorerfahrungen, 
                          da sie oft aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen stammen. |  (2) Betriebe müssen nicht nur die Veranstaltungskosten 
                    tragen, sondern auch die Kosten der Lernenden (Lohnkosten, 
                    Reise- und Aufenthaltskosten und Produktionsausfall). Mittels 
                    E-Learning gelingt es zudem, die Lernzeit stärker in 
                    die Freizeit zu verlagernDiese Kosteneinsparungen führen jedoch dazu, dass sich 
                    die Lernsoftwareentwicklung in größeren Unternehmen 
                    sehr schnell rechnet.
 
 Beispiel 5: Break-Even-Punkt 
                    für Lernsoftwareentwicklung  
                     
                      | In einem Projekt für die Versicherungswirtschaft 
                          ging man etwa von folgenden Annahmen aus:Entwicklungskosten pro Seminartag (8 Lernstunden) ca. 
                          100.000 Euro.
 Kosten pro Mann/Frau und Seminartag (einschließlich 
                          Lohn, Reise- und Aufenthalt und Produktionsausfall) 
                          ca. 300 - 400 Euro
 Der Break-Even-Punkt liegt dann bei etwa bei 250 - 350 
                          Adressaten.
 |  Die Firma Siemens, eine der großen Anwender von E-Learning, 
                    rechnet übrigens mit ähnlichen Zahlen (vgl. VARESI 
                    2000, 88).
 Aus diesen ökonomischen Gründen wird in Unternehmen 
                    auch kaum die Effizienz sondern meist nur die Akzeptanz untersucht 
                    und dies ohne Kontrollgruppe, da es sich kaum ein Unternehmen 
                    nur aus wissenschaftlichen Gründen leistet, Angebote 
                    mit gleicher Qualität und mit unterschiedlichen Organisationsformen 
                    anzubieten (vgl. z.B. Österreichische Gesellschaft für 
                    Versicherungsfachwissen 1995).
 
 |  
 
               
                | 2.6	
                  Ökonomische Aspekte von E-Learning in Schulen und Universitäten |  |   
                | Völlig anders ist die Situation in der Schule. Die Kosten 
                    der Lernenden (Transport, Zeit, Aufenthalt und ein etwaiger 
                    Verdienstentgang) werden nicht vom Anbieter getragen.
 
 Die Einsparung an Räumen und Lehrenden ist gering, da 
                    ja E-Learning in der Regel zusätzlich zum Normalunterricht 
                    eingesetzt wird, d.h., die Schüler lernen z.B. in den 
                    österreichischen Laptop-Klassen, in der Klasse mit Netzunterstützung 
                    und werden von den Lehrkräften überwacht. Eine Auflösung 
                    der Jahrgangsklassen wird derzeit kaum angedacht. Auch PAYR, 
                    eine Verfechterin des E-Learnings, spricht nur vom "E-Learning" 
                    als Zusatzangebot mit Lehrern als Moderator (vgl. PAYR 2000, 
                    130). Es kommt daher zu keinem einzigen der für Unternehmen 
                    gültigen Einsparungseffekte.
 
 Auch bei der Materialentwicklung ist die Kostensituation für 
                    Schule und Betriebe unterschiedlich. Die Lernsoftware wird 
                    für große Unternehmen in Auftragsprojekten speziell 
                    entwickelt, d.h., der Absatz ist gesichert und Summen wie 
                    die oben genannten werden bezahlt. Im Gegensatz dazu sind 
                    im Bereich des Bildungsangebotes für Schulen und Universitäten 
                    kaum große Umsätze zu erwarten.
 
 Übliche Varianten für die Entwicklung von Lernsoftware 
                    für öffentliche Schulen und Universitäten sind:
 
 · Selbstausbeutung der Programmersteller (Lehrer, Forscher)
 · Fremdausbeutung von Studierenden (z.B. an Universitäten)
 · Subventionen (EU, Ministerien, Forschungsfonds etc.)
 
 Gute Lösungen sind meist Ergebnisse von subventionierten 
                    Forschungsprojekten, wobei immer die Frage zu stellen ist, 
                    wer die Kosten der Wartung und der Weiterentwicklung trägt. 
                    Eine aktuelle Übersicht für den universitären 
                    Bereich findet sich bei HAGENHOFF und RÖDER (2001).
 Kann man daher nicht nachweisen, dass "E-Learning" 
                    auch langfristig und vor allem im Bereich des komplexen Lernens 
                    wirksamer ist als gut gestaltete schriftliche Materialien, 
                    zahlt sich der zusätzliche Aufwand kaum aus.
 
 |  
 
               
                | 3 
                  Zur Problematik der Lernsoftwareentwicklung für Schulen 
                  und Universitäten |  |   
                | Zu den Problemen der derzeitigen Entwicklung von Lernsoftware 
                    im öffentlichen Bereich gehören:
 (1) Verschiedene Projektgruppen arbeiten an den gleichen Zielen 
                    und beginnen jeweils bei Null. Typisch ist z.B. das eingangs 
                    zitierte FUBB-Projekt, das vermutlich wesentlich effizienter 
                    wäre, wenn man ergänzende Materialien zu vorhandenen 
                    Lehrbüchern (z.B. Lernfortschrittskontrollen mit entsprechenden 
                    individuellen Rückmeldungsmöglichkeiten, zusätzliche 
                    Fallstudien etc.) entwickeln würde, statt die gesamte 
                    Lernumgebung neu zu entwerfen.
 (2) Von Informatikern dominierte Projektgruppen entwickeln 
                    zunächst eine eigene Plattform, eigene Prüfungssoftware 
                    und nach Möglichkeit eine eigene Autorensprache obwohl 
                    ausreichende Software vorliegt, wie z.B. "Coursebuilder", 
                    "Author-Ware" oder der "Macromedia-Director". 
                    (zu universitären Angeboten vgl. auch die Übersicht 
                    bei HAGENHOFF/ RÖDER 2001).
 
 Eine wichtige Regel sowohl für Inhalt und Didaktik wie 
                    auch für den informatischen Hintergrund wäre daher 
                    "Nichts entwickeln, was es schon gibt".
 Die Eitelkeit der Projektentwickler und die mangelnde Übersicht 
                    der Sponsoren führen jedoch nicht nur zur Verschwendung 
                    von Ressourcen sondern zu einem Rückfall hinter bereits 
                    vorliegende didaktische Strukturen.
 
 |  
 
               
                | 4 
                  Chancen von "E-Learning" an Schulen und Universitäten |  |   
                | Die obige Analyse ergibt, dass der Einsatz von "E-Learning" 
                    automatisch weder zu einer Kosteneinsparung noch zu einer 
                    Verbesserung der Lernprozesse führt. Die Vorteile im 
                    Unternehmensbereich sind weitgehend ökonomischer Art 
                    und können daher nicht unreflektiert auf das öffentliche 
                    Bildungsangebot übertragen werden.
 
 Die Folgerung heißt jedoch nicht "Log-Out", 
                    wie STOLL pointiert formuliert (vgl. STOLL 2001), sondern 
                    nur, dass man vom derzeitigen Ansatz, alles was aus dem Netz 
                    kommt hochzujubeln abgehen und Lernen mit Netz und Computer 
                    nur dort einsetzen sollte, wo ökonomische und didaktische 
                    Vorteile zu erwarten sind. Dies ist weniger im Bereich des 
                    interaktiven, computerunterstützten Unterrichts der Fall 
                    sondern eher durch sinnvollen Interneteinsatz.
 Folgendende Vorteile werden dem Internet attestiert, die jedoch 
                    auch nicht immer unproblematisch sind.
 
 => Schnelle Durchführung 
                    von Recherchen von Lernenden
 Die Recherchemöglichkeiten des Internets geben wieder 
                    jenen Auftrieb, die unreflektiert behaupten, "es reicht 
                    wenn man weiß wo man es findet". Im Gegensatz dazu 
                    sagte Joseph Weizenbaum, eine Ikone der Computerwissenschaften, 
                    vor kurzem "Das Internet ist ein Misthaufen in dem einige 
                    Perlen versteckt sind. Um sie zu finden bedarf es der Fähigkeit 
                    gute Fragen zu stellen" (vgl. den Kongressbericht von 
                    HANKO 2000, 8). Der Autor dieses Beitrags erlaubt sich zu 
                    ergänzen: "Gute Fragen zu stellen reicht nicht aus. 
                    Man benötigt auch umfangreiches Hintergrundwissen, um 
                    die Informationen, die man im anarchisch aufgebauten Netz 
                    findet, auf Plausibilität zu prüfen und in das Vorwissen 
                    einzuordnen".
 Es ist daher wahrscheinlich, dass das Netz die Ungleichheit 
                    der Bildungschancen erhöhen wird. Die Ursachen sind jedoch 
                    weniger der ungleiche Zugang zum Netz, zumindest nicht in 
                    den Industriestaaten, sondern die ungleiche Vorförderung 
                    der Lerner durch die soziale Umgebung. Wenn irgendetwas in 
                    der Lernpsychologie gesichert ist, dann ist es die Bedeutung 
                    des Vorwissens für das Gelingen von Lernprozessen (vgl. 
                    HELMKE/WEINERT 1997, 134 ff).
 
 => Schneller, kostengünstiger 
                    Transport von Lehrmaterial.
 Dies ist nur insoweit richtig, als die Schnelligkeit des Transportes 
                    betroffen ist. Von kostengünstig ist kaum die Rede, da 
                    nur die Druckkosten vom Anbieter auf die Abnehmer überwälzt 
                    werden. Fast alle Untersuchungen zeigen, dass die Adressaten 
                    komplexe schriftliche Materialien selbst ausdrucken (vgl. 
                    dazu auch VARESI 2000, 99), was sowohl lernpsychologisch als 
                    auch arbeitsphysiologische sinnvoll ist. Lesen am Bildschirm 
                    ist langsam, fehleranfällig und ungesund. Es ist ferner 
                    nicht ortsunabhängig, da ein Computer und in der Regel 
                    auch ein Netzanschluss vorhanden sein muss und sollte sich 
                    daher auf kurze Texte beschränken.
 
 => Schnelle Aktualisierung des 
                    Lernmaterials
 Dieser Aspekt ist aus der Sicht des Autors der Wesentlichste. 
                    Der Aufbau von Aktualisierungsdatenbanken mit Hilfe öffentlich 
                    zugänglicher Archive für Schüler und Lehrer 
                    wäre eine weitaus sinnvollere Aktivität als das 
                    Entwickeln von neuem Material, das nur einen Abklatsch des 
                    Vorhandenen darstellt.
 Eine lehrplan- bzw. lehrbuchorientierte Datenbank, die es 
                    den Lehrenden und Lernenden schnell ermöglicht, relevante 
                    Quellen zu aktuellen Ereignissen ohne langwierige und oft 
                    frustrierende Suche mittels Suchmaschinen aufzurufen, könnte 
                    viel zur Praxisnähe des Unterrichts beitragen. Dies würde 
                    die öffentliche Förderung der laufenden Pflege durch 
                    qualifizierte Fachleute erfordern, die besser als wenig informierte 
                    Schüler und oft auch Lehrer die Relevanz der Daten beurteilen 
                    können.
 Dies stellt keine Einschränkung der Lehr- und Lernfreiheit 
                    dar, da ja jeder, der über ausreichend Zeit verfügt, 
                    weiterhin selbst recherchieren kann. Erste, jedoch noch unzureichende 
                    Ansätze bietet in Österreich der Zugriff über 
                    "e-lisa.at".
 
 => Schnelle Kommunikation zwischen 
                    Lehrenden und Lernenden
 Solange es um Informationen und Problemstellungen geht, die 
                    die Lehrenden den Lernenden übersenden (z.B. Problemstellungen, 
                    insbesondere Hausübungen über das Netz) gibt es 
                    keine Probleme, aber bei Lernenden in Präsenzveranstaltungen 
                    auch keine besonderen Vorteile.
 Ökonomisch wird es problematisch, wenn man auf individuelles 
                    Tutoring übergehen will. Individuelles Tutoring ist zwar 
                    äußerst effizient, aber alle Analysen zeigen, dass 
                    es über das Netz für den Anbieter weitaus aufwendiger 
                    ist als im Direktunterricht, da Feedback individuell gegeben 
                    werden muss. Je komplexer die Fragestellung, desto höher 
                    die Kosten.
 
 Beispiele 6 und 7: Individuelles 
                    Tutoring ist aufwendig
 
 
                     
                      | - In Unterrichtsversuchen an der Wirtschaftsuniversität 
                          mit virtuellem Tutoring mussten die Teilnehmerzahlen 
                          zunächst auf 30 beschränkt werden. Später 
                          wurden diese Kurse ganz eingestellt, da der Aufwand 
                          unvergleichlich höher war als beim Direktunterricht.- In der größten deutschen Fernfachhochschule, 
                          Furtwangen, haben in der Regel acht Teilnehmer einen 
                          eigenen Tutor.
 |  Eine Lösung wäre automatisches Feedback, dies ist 
                    jedoch derzeit nur bei einfachen Fragestellungen möglich. 
                    Setzt man komplexe Problemstellungen, z.B. Fälle oder 
                    Projekte ein, versagen alle Systeme.
 => Virtuelle Lerngruppen
 Eine Erfolg versprechende Alternative für "E-Learning" 
                    sind "virtuelle Lerngruppen", die sich selbst Feedback 
                    geben. Die Regel könnte lauten, "Anfragen an den 
                    Tutor erst dann, wenn die Gruppe nicht mehr weiter weiß".
 In Schulversuchen haben wir eine ähnliche Heuristik auch 
                    für Gruppenunterricht entwickelt: "Zuerst selber 
                    nachdenken, dann nachsehen und recherchieren, dann den Nachbarn 
                    fragen und erst dann den Lehrer".
 Auch im Direktunterricht hat dieser Ansatz Vorteile, da die 
                    Lernenden die Fähigkeit erwerben mit "Group-Ware" 
                    umzugehen, die heute in der Praxis für gemeinsames Problemlösen 
                    dislozierter Teammitglieder immer häufiger verwendet 
                    wird.
 
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                | 5 
                  Exkurs: Bildungspolitische Probleme, die das Internet nicht 
                  löst |  |   
                | Das Internet wird die beiden zentralen Probleme der bildungspolitischen 
                    Diskussion nicht lösen sondern verschärfen.
 
 (1) Welches Kernwissen und welche Kernkompetenzen müssen 
                    Curricula enthalten?
 Das Problem, was jeder Schul- oder Universitätsabgänger 
                    eines bestimmten Bildungsganges wissen und verstehen muss 
                    und was er "just in time" lernen bzw. nachsehen 
                    darf, wird in den Bildungssystemen der Welt auf sehr unterschiedliche 
                    Weise gelöst. Es ist die Frage nach dem "Fundamentum", 
                    die auch in Österreich wieder heftig diskutiert wird. 
                    Wie schwierig das Problem ist, soll etwas kabarettistisch 
                    illustriert werden.
 
 Was im deutschen Fernsehen "Big Brother" war, fand 
                    in Österreich seine Entsprechung in "Taxi Orange". 
                    Eine Gruppe junger Leute wurde von TV-Kameras Tag und Nacht 
                    bei der alltäglichen Kommunikation verfolgt. Da der Autor 
                    kein Fan derartiger Unterhaltung ist, bezieht sich das folgende 
                    Zitat auf den Kurierkolumnisten Hufnagel, der folgendes berichtet:
 "Im Rahmen eines Zwischenquizzes wurde ein Insasse des 
                    Kutscherhauses, der Wirkungsstätte von Taxi-Orange, gefragt, 
                    wo sich das Orakel von Delfi befunden habe. Die Antwort "in 
                    Delfi" galt nicht als ausreichend. Die Zusatzfrage, "wo 
                    liegt den Delfi", wurde zunächst mit einer Gegenfrage 
                    beantwortet "vielleicht in Vorderindien". Eine Frage 
                    in die Tiefe des Raumes, "wisst's Ihr wo Delfi liegt", 
                    erbrachte die Reaktion "da gibt's aber viele Möglichkeiten".
 
 Der Autor verwendet die Geschichte als Vorlesungseinstieg, 
                    wenn das Curriculumproblem diskutiert werden soll. Die Geschichte 
                    erzeugt bei den Studierenden zunächst Schmunzeln bis 
                    lautes Lachen. Der tiefere Sinn besteht jedoch darin, dass 
                    entschieden werden muss, ob man die Lage von Delfi im Netz 
                    nachsehen darf oder, zumindest ab einer bestimmten Bildungsstufe, 
                    direkt aus dem Gedächtnis abrufen können muss. Die 
                    Beantwortung dieser Frage wird durch die nahezu unbegrenzten 
                    aber anarchisch organisierten Informationsmöglichkeiten 
                    im Netz noch schwieriger als bisher.
 
 (2) Wie kann man die Chancenungleichheit im Bildungswesen 
                    verringern?
 Betrachtet man die Ergebnissen der dritten Studie "On 
                    Mathematics and Science (TIMSS)" der IEA (vgl. Zentrum 
                    für Forschung und Innovation im Bildungswesen 1998, 317 
                    f), in der die Leistungen in Mathematik und in den Naturwissenschaften 
                    von Schülern verschiedener Schulstufen weltweit verglichen 
                    wird, so ist für den Autor nicht der große Bildungsvorsprung 
                    der Asiaten gegenüber den US-Amerikanern und auch gegenüber 
                    den Europäern das interessanteste Ergebnis, sondern die 
                    dramatische Streuung innerhalb der einzelnen Bildungssysteme. 
                    Dabei gilt, je höher die Durchschnittsleistung, desto 
                    größer auch die Streuung, d.h. gerade sehr effizient 
                    organisierte Bildungssysteme (wie etwa das Japanische) weisen 
                    die größte Streuung innerhalb einer Altersgruppe 
                    auf. Beträgt der Fortschritt im Gesamtdurchschnitt der 
                    TIMSS-Studie von einer Schulstufe zur nächsten 33 Punkte, 
                    so streuen bereits die Leistungen der mittleren 50 % einer 
                    Schulstufe um 133 Punkte, also um das Vierfache.
 
 |  
 
               
                | 6 
                  Zusammenfassung |  |   
                | (1) Computerunterstützes Lernen ist ein ziemlich alter 
                    Ansatz, der sich zwar technisch stark verbessert aber didaktisch 
                    weitgehend unverändert in der neuen Technologie wiederfindet.
 
 (2) Entscheidend ist nicht das Medium, also der Computer, 
                    sondern die didaktische Gestaltung. In mehreren Untersuchungen 
                    konnte der Autor bereits vor Jahren zeigen, dass bei identer 
                    didaktischer Struktur, zumindest bei qualifizierten Lernern, 
                    der Computereinsatz keine Erhöhung der Effizienz bringt 
                    (vgl. z.B. SCHNEIDER 1977, 1988, 1991).
 
 (3) Die Strategie des Selbstentwickelns informationstechnischer 
                    Plattformen und Lernsoftware ist unökonomisch und, wenn 
                    nicht von Profis betrieben, auch nicht zielführend. In 
                    jedem Projekt sollte daher versucht werden, so viele vorhandene 
                    Ressourcen wie möglich einzubeziehen.
 
 (4) Die aufwendige Didaktisierung von Trivialitäten für 
                    erfahrene Lerner, bzw. Lerner die zu erfahrenen Lernern werden 
                    sollen ist überflüssig und möglicherweise für 
                    die Entwicklung von Lerntechniken schädlich.
 
 (5) E-Learning ist mehr als der Transport computerunterstützter 
                    Lernprogramme. Recherchetechnik ist wichtiger als ausprogrammiertes 
                    Feedback. Recherchetechniken benötigen jedoch den Aufbau 
                    eines gut vernetzten Hintergrundwissens, um die Plausibilität 
                    der gefundenen Daten überprüfen und miteinander 
                    und mit dem Vorwissen vernetzen zu können.
 
 (6) Für die Schulen und Universitäten sollte sich 
                    die Entwicklung auf den Aufbau von Aktualisierungsdatenbanken 
                    und nicht auf die Erstellung von unmittelbar einsetzbaren 
                    Unterrichtsmaterialien konzentrieren.
 
 (7) Sollte wirklich in einigen Jahren netzgestütztes 
                    Unterrichtsmaterial in ausreichender Quantität und Qualität 
                    vorliegen, könnte als Nebenwirkung eintreten, dass die 
                    Lernbetreuung in Lernzentren nicht mehr durch qualifizierte 
                    Lehrer und nicht mehr mit einer Stundenanrechnung von 2:1 
                    sondern durch eine Art Internatsbetreuer erfolgt. D.h. jedoch, 
                    dass Lehrerinnen und Lehrer nur dann Berechtigung haben, wenn 
                    sie besser als das Netz sind.
 
 Die US-amerikanische Spitzenuniversität MIT (Massachusetts 
                    Institute of Technology) vertraut offensichtlich auf die Qualität 
                    ihrer Lehrenden, hat sie doch vor kurzem angekündigt, 
                    ihre gesamten Kursmaterialien ab Herbst 2001 ins Netz zu stellen. 
                    Gleichzeitig erklärten die Verantwortlichen, dass dies 
                    für das Direktangebot keine Konkurrenz sei, da die Qualität 
                    des Unterrichts erst durch die Kommunikation mit den Lehrenden 
                    und zwischen den Lernenden zum Tragen komme. Dies spiegelt 
                    exakt die derzeitige Forschungslage wieder.
 
 |  
 
 
               
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