wbv   Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.

 

 

JÖRK BRAND (Staatl. Handelsschule Schlankreye, Hamburg)


Der Modellversuch "CULIK" und die Umsetzung der neuen Ausbildungsordnung im Berufsschulunterricht für Industriekaufleute

Für den Berufsschulunterricht von Industriekaufleuten ist am 1. August 2002 ein neuer Rahmenlehrplan in Kraft getreten. Da die inhaltliche Konkretisierung der Lehrpläne und die Umsetzung der Lernfelder in Lehr-Lern-Arrangements im Wesentlichen auf der Ebene der Schule zu leisten ist, fallen den Lehrerteams wesentliche Aufgaben der Curriculumentwicklung zu, die zu einem großen Teil erweiterte Kompetenzen erfordern.
Dieser Beitrag soll die bisherigen Entwicklungen im Rahmen des Modellversuches "Curriculum- und Qualifizierungsnetzwerk Lernfeldinnovation für Lehrkräfte in Berufsschulfachklassen für Industriekaufleute (CULIK)" an der Staatlichen Handelsschule Schlankreye (H3) in Hamburg aufzeigen. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch das Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Universität Hamburg (Prof. Dr. Tade Tramm), Verbundpartner ist das Bundesland Niedersachsen.


1. Projektidee

Mit der Umsetzung des Lernfeldansatzes sind auf der Ebene der Schule Curriculumentwicklungs-, Organisationsentwicklungs- und Personalentwicklungsprozesse erforderlich, die als ständige Verbesserungsprozesse angelegt sein müssen, um die zukünftige Leistungsfähigkeit der Berufsschulen zu gewährleisten.

Diese Aufgaben stellen sich an jeder Schule, und es wird für jede Schule erforderlich sein, hierfür neue Formen der intrainstitutionellen Kooperation und Kommunikation zu entwickeln.
Zur Umsetzung des neuen Rahmenlehrplans für Industriekaufleute in konkrete Lernsituationen auf schulischer Ebene entwickelt und erprobt die Berufsschule für Industriekaufleute in Hamburg (H3) eine schulinterne DV-gestützte Kooperationsplattform. Unter Nutzung des Internets sollen Kommunikations- und Kooperationsstrukturen innerhalb des Modellversuchsteams aufgebaut und gefördert werden, um arbeitsteilig ablaufende Gestaltungs- und Lernprozesse zu strukturieren und zu moderieren.
Zu diesem Zweck wurden zwei Lehrerteams, die jeweils für eine Klasse zuständig sind, gebildet. Jedes Team besteht aus drei Lehrern, die für die Umsetzung der 12 Lernfelder zuständig sind, und zusätzlich einem Lehrer für das Fach Englisch. So entstehen zwangsläufig Kommunikations- und Kooperationsstrukturen innerhalb eines Klassenteams, aber auch zwischen den beiden Teams.
Das Hamburger Lehrerteam geht dabei davon aus, dass ein kooperativer Entwicklungsprozess verbindliche Standards innerhalb des Modellversuchsteams voraussetzt, um einen systematischen Curriculumentwicklungsprozess mit vorgegebener und überprüfbarer Ergebnisqualität zu ermöglichen.


2. Ziele in Hamburg


Folgende Ziele wurden für den Modellversuch in Hamburg vereinbart:

  • Aufbau und Implementierung einer schulinternen Kommunikations- und Kooperationsplattform zur Qualifizierung von Lehrkräften, zur Unterstützung schulischer Curriculumentwicklung und zur Organisationsentwicklung
  • Aufbau und Förderung nachhaltiger Kommunikations- und Kooperationsstrukturen unter Nutzung einer schulinternen DV-gestützten Kooperationsplattform für teambezogene und teamübergreifende Arbeit
  • Entwicklung von Standards für Qualitätsanforderungen an die Ergebnisse schulischer Curriculumentwicklung
  • Entwicklung von Curriculum-Bausteinen zu ausgewählten Lernfeldern des Rahmenlehrplans für Industriekaufleute


3. Kooperationsplattform und Standards

Vor der curricularen Umsetzung des neuen Lehrplans für Industriekaufleute wurde zunächst von den beteiligten Teammitgliedern die schulinterne Kooperationsplattform aufgebaut und implementiert. Außerdem wurden Standards für die schulische Curriculumentwicklung vereinbart. Dieses waren wesentliche Voraussetzungen, um die Nutzung der Kooperationsplattform zu gewährleisten und eine kooperative, aber auch arbeitsteilige Curriculumentwicklung zu ermöglichen.
Folgende wesentlichen Maßnahmen für die Einrichtung einer schulinternen Kooperationsplattform wurden ergriffen:

  • Analyse der Hard- und Softwarevoraussetzungen in der Schule und bei den Nutzern
  • Kriterien (+ Prioritäten) bei der Auswahl einer schulinternen Kooperationsplattform
  • Analyse der beabsichtigten Kommunikations- und Kooperationsstruktur
  • Schulinterne Qualifizierung zur Nutzung von Kooperationsplattformen
  • Funktionsumfang einer Plattform und Bedeutung für die beabsichtigte Kooperation und Kommunikation
  • Auswahl der Kooperationsplattform
  • Aufbauinitiierung (Dokumentenmanagement, Moderation, Verantwortlichkeiten, Rechte, Standards)
  • Strukturierung und Gliederung der Kooperationsplattform nach Vorlage des neuen Rahmenlehrplans für Industriekaufleute ab 1.8.2002

Neben diesem Aufbau der Kooperationsplattform wurden auch verbindlich einzuhaltende Standards für die Kooperation und Kommunikation über eine DV-gestützte Kooperationsplattform und gleichzeitig Qualitätsanforderungen an die Curriculumentwicklung vereinbart, z. B.:

  • Alle curricularen Teilergebnisse stehen in Dateiform zur Verfügung und werden auf der schulinternen Kooperationsplattform eingestellt
  • Erarbeitung und Anwendung von Gestaltungskriterien für die Umsetzung von Lernfeldern in Lehr-Lern-Arrangements (z.B. Modellunternehmen, Geschäftsprozesse usw.)
  • Vereinbarung und Umsetzung inhaltlicher Gliederungen der Lernfelder
  • Vereinbarung und Umsetzung eines verbindlichen Schemas für die Makrostrukturierung der Lernfelder
  • Vereinbarung über einen einheitlichen Aufbau und feste Formatierungen von Arbeits- und Informationsblättern
  • Vereinbarung von Dateinamenkonventionen
  • Verknüpfung des Lernfeldkonzeptes mit Datenverarbeitung, Wirtschaftsenglisch, Sprache und Kommunikation, Wirtschaft und Gesellschaft


Selbstverständlich werden die eingeführten Standards während des Modellversuches ständig auf ihre Effizienz überprüft.
Aber bereits jetzt ist erkennbar, dass diese Vereinbarungen wichtig waren, um einerseits eine Akzeptanz für die Nutzung der Kooperationsplattform bei den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern zu sichern und andererseits eine gemeinsame Entwicklung von Lernsituationen zu ermöglichen.

Außerdem konnten z.B. Teamsitzungen durch die konsequente Nutzung der Plattform während der Curriculumentwicklung verringert werden, weil die entsprechenden Informationen zu Hause vom PC zu jeder Zeit abgerufen werden konnten.
Ebenfalls vorteilhaft war die Vereinheitlichung von Arbeits- und Informationsblättern. So kann z.B. Lehrer A in seiner Klasse sofort ein von Lehrer B entwickeltes Arbeitsblatt, das er zu Hause von der Kooperationsplattform herunterlädt, einsetzen.


4. Umsetzung des neuen Rahmenlehrplans

Nach Vorlage des neuen KMK-Rahmenlehrplans für Industriekaufleute ist mit der Umsetzung des Lernfeldkonzeptes in konkrete Lehr-Lern-Arrangements begonnen worden. Für die Umsetzung des neuen Rahmenlehrplans ist zunächst eine Makrostrukturierung eines jeden Lernfeldes sinnvoll. Die zu erstellende Makrostrukturierung eines Lernfeldes erfolgt unter Beachtung der folgenden Überschriften:



Nach Fertigstellung aller Makrostrukturierungen müssen diese in gemeinsamer Teamarbeit überprüft werden. Dabei werden fehlende Lerninhalte ergänzt, die exemplarischen Geschäftsprozesse überprüft, die vorgeschlagenen Lernsituationen aufeinander abgestimmt bzw. entwickelt usw.
Die Makrostrukturierungen bieten die Basis, um längerfristige Blockplanungen in einem teamspezifischen Arbeitsplan zu konkretisieren. Dieser Arbeitsplan kann z.B. folgende Aspekte enthalten:

  • Reihenfolge der Lernfelder in einem Block (z. B. Orientierungslernfelder möglichst schwerpunktmäßig in den ersten Wochen des Berufsschulunterrichts)
  • Festlegung von Kompetenzschwerpunkten in einem Block (Vielfalt und Ausgewogenheit immer aus der Sicht der Klasse)
  • Festlegung von Methodenschwerpunkten in einem Block (Vielfalt und Ausgewogenheit immer aus der Sicht der Klasse)
  • Ausdifferenzierung der Lernsituationen (Modellunternehmen, Geschäftsprozesse ...)
  • Längerfristige inhaltliche Entscheidungen, z. B. in LF 2 wird ein Themengebiet aus LF 5 unterrichtet.
  • Integration fremdsprachlicher Kompetenz, Wirtschaft und Gesellschaft sowie Sprache und Kommunikation in die Lernsituationen der Lernfelder
    Ergänzt wird dieser eher langfristige Arbeitsplan durch kurzfristige, teamspezifische Blockpläne, die z.B. folgende Informationen enthalten können:
  • Einsatzplan der Lehrer im Team (wer unterrichtet welches Lernfeld?)
  • Zuordnung der geplanten Lerninhalte (z.B. wöchentlich)
  • Planung von Exkursionen
  • Planung zusammenhängender Lernzeiten zur Umsetzung von Lernsituationen
  • Vereinbarung über schriftliche Arbeiten


5. Ausblick

Die hier geschilderten Aspekte befinden sich natürlich noch in einem Entwicklungsprozess und werden während des weiteren Verlaufes des Modellversuches erprobt, evaluiert und ggf. modifiziert. Bisher wurde der 1. Block nach dem neuen Rahmenlehrplan und den hier geschilderten Vorgehensweisen umgesetzt.

Die Makrostrukturierung aller Lernfelder ist ein längerer Prozess. In diesem Zusammenhang arbeitet die Staatliche Handelsschule Schlankreye eng mit den niedersächsischen Standorten des Verbundpartners dieses Modellversuches über eine schulexterne Kooperationsplattform zusammen. Zu diesem Zweck besteht eine Schnittstelle zwischen der schulinternen Hamburger Kooperationsplattform und der länderübergreifenden Plattform.

Weitere Daten und Informationen zu dem Modellversuch können unter der Webadresse www.culik.de abgerufen werden.