wbv   Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.

 

 



Schrift vergrößern Schrift zurücksetzen Schrift verkleinern download pdf-file pdf file | www.bwpat.de





 

 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
FT 01 Bau, Holz, Farbe und Raumgestaltung

Prüfungsaufgabenerstellung – Qualifizierung von Lehrkräften für diese Aufgabe

 

1.  Rahmenbedingungen

1.1  Die bisherigen Prozesse zur Erstellung von Curricula und Prüfungsaufgabensätzen

Bisher sind die Aufgaben für die Prüfung der Fachhochschulreife meist von den Kolleginnen und Kollegen erstellt worden, die in dem Bereich auch unterrichten. Die Prüfungsaufgabenerstellung war dezentral organisiert. Ähnlich wie bei Aufgabenstellungen im Abitur wurden und werden in der Regel zwei Vorschläge beim zuständigen Ministerium eingereicht, von denen einer dann als Prüfungsaufgabensatz eingesetzt wurde und wird. Eine enge Abstimmung zwischen der didaktischen Gestaltung des Unterrichts und der Prüfung war von daher gegeben.

Der bisherige Regelkreislauf lässt sich wie folgt beschreiben:

  1. Schritt: Die Formulierung präziser Bildungs- und Qualifizierungsziele für den Bildungsgang und für das Fach Technik ist der erste Schritt. Das Curriculum ist nach Fächern organisiert. Wie bisher üblich, folgt auch das Fach Technik vorgegebenen Bildungszielen, wobei eine Orientierung auf die Studierfähigkeit an einer Fachhochschule im Vordergrund steht. Nach der Einführung der Berufsoberschule in einigen Bundesländern, darunter Berlin, beinhalten die Bildungsziele auch die Studierfähigkeit für die Universität, die allgemeine Hochschulreife.
  2. Schritt: Im zweiten Schritt erfolgt die Erstellung des Curriculums. Dies wird in der Regel durch Rahmenlehrplangruppen der Landesinstitute erledigt.
  3. Schritt: Das Curriculum wird auf der Mesoebene je nach Bundesland in den einzelnen Schulen oder Schulaufsichtsbezirken präzisiert. Für den Unterricht selbst sind Stoffverteilungspläne oder Ziel-/Inhaltspläne maßgebend.
  4. Schritt: Im vierten Schritt erfolgt dann die Aufgabenerstellung. Dies geschieht durch die unterrichtenden Lehrer. Verantwortlich auf der Schulebene ist ein Fachbereichsleiter in Berlin bzw. ein Fachberater in anderen Bundesländern. Die in aller Regel zwei Aufgabensätze werden der Fachaufsicht zur Prüfung eingereicht.
  5. Schritt: Im fünften und letzten Schritt werden die Aufgabensätze fachlich und rechtlich von der Schulaufsicht überprüft. Dabei wird zunächst geprüft, ob die Aufgaben der Prüfungssätze mit den allgemeinen Bildungs- und Qualifizierungszielen für das Fach übereinstimmen. Weiterhin wird geprüft, ob die Aufgaben fachlich richtig sind und dem Niveau der Anforderungen entsprechen, die im Curriculum und in den Bildungszielen niedergelegt sind. Die Aufgabensätze werden dann dahingehend überprüft, ob die bestehenden Rechtsvorschriften eingehalten werden. Hierbei steht insbesondere die Frage im Vordergrund, ob die Prüfungsaufgaben mit den Vorgaben der Verordnung über die FOS-Prüfung (Prüfungsverordnung o.ä. – je nach Bundesland) in Einklang stehen.

Es gibt in der Schulaufsicht in aller Regel Beamte, die für die großen Fächer auch die Kompetenz haben, fachlich beurteilen zu können, was vorgelegt wird. Die jeweilige Bildungsverwaltung ist so aufgebaut, dass sie die Prüfungsaufgaben sowohl fachlich als auch rechtlich prüfen kann, d.h. die Schulaufsicht hält neben der Rechtsaufsicht auch eine Fachaufsicht vor, die nach Unterrichtsfächern gegliedert ist.

1.2  Die neuen Prozesse zur Erstellung von Curricula und Prüfungsaufgabensätzen

Mit Einführung zentraler Prüfungen nach vorgegebenen kompetenzorientierten Bildungsstandards verändert sich der oben beschriebene Regelkreislauf grundlegend. Die bislang verzahnten Prozesse der Curriculum- und Prüfungsaufgabenerstellung werden in zwei unabhängige Prozesse getrennt. Wie bisher gibt es den Prozess der Curriculumentwicklung. Dieser allerdings erfährt einige Modifikationen, wie weiter unten zu zeigen ist. Neben diesen Prozess stellen die Verwaltungen durch die neue Praxis den Prozess der zentralen Erstellung der Prüfungsaufgabensätze. Wenn beide Prozesse zu qualitativ hochwertigen Ergebnissen führen sollen, setzt das voraus, dass beide Prozesse aufeinander bezogen sind. In der Praxis aber führt das in curricularer Hinsicht zu Brüchen, denn es ist in didaktischer Hinsicht wie auch mit Blick auf Organisationsentwicklungsprozesse nicht klar – weil bislang auch nicht strukturell eindeutig geregelt –, welcher Prozess wie auf den anderen Einfluss nimmt und welcher letztendlich dominiert. Dies führt zu der Frage, ob die Prüfungsaufgabensätze informell nicht zum heimlichen Curriculum werden und damit indirekt auf das Curriculum der Schule einen starken Einfluss ausüben. Damit einher geht die Frage, ob das nicht zu einer Aushöhlung der Bildungs- und Qualifizierungsziele führt, indem faktisch das als Kompetenz verstanden wird, was auch in der Prüfungsarbeit abprüfbar ist?

1.3  Entwicklung kompetenzbasierter Curricula

In einem System gemischter Input-/ Outputsteuerung muss es Ziel sein, beide Prozesse aufeinander abzustimmen. Mit der Einführung zentraler Prüfungen geht die Einführung kompetenzbasierter Curricula einher, wobei unterschiedliche Kompetenzmodelle zu Grunde liegen.

Auf der Inputseite wird Kompetenz auf das Subjekt bezogen. Möglich sind Kategorien beruflicher Handlungskompetenz als Fach-, Sozial und Humankompetenz oder auch andere Kompetenzmodelle, wie das nach WEINERT, das kognitive Kompetenzen, die in erster Linie das Kriterium der Messbarkeit erfüllen, in den Vordergrund rückt. In vollschulischen Bildungsgängen wird in der Regel unter Beachtung beruflicher Handlungskompetenz stärker auf letzteres Kompetenzmodell Bezug genommen. Die Rahmenlehrplangruppe ist für die Erstellung der curricularen Grundlagen zuständig. Die AufgabenerstellerInnengruppe ist für die Erstellung des Prüfungsaufgabensatze zuständig.

In der Systemanalyse wird dabei von einem dualen Kompetenzmodell ausgegangen. Auf der einen Seite stehen die Anforderungen an einen Ausbildungs- oder Bildungsgang in einer Umgebungsstruktur (siehe Abb. 3). Im Kontext vollschulischer Bildungsgänge kann die Umgebungsstruktur als Domäne verstanden werden. Zu klären ist, durch welche Bestimmungsgrößen die Domäne konstituiert wird. Das können einerseits Bündel beruflicher Handlungen sein, was zur Qualifikationsanalyse führt und dem Prinzip der Beruflichkeit folgt, auf der anderen Seite können es vorwiegend wissensbasierte Kompetenzen nach dem Kompetenzmodell von WEINERT sein, wobei sich eine Gliederung in Kompetenzfelder anbietet. Hauptprinzip ist in diesem Fall die Fachlichkeit. Im Übergang hin zu kompetenzbasierten Curricula werden derzeit Gliederungskriterien wie Themenfelder in Analogie zur Lernfelddidaktik, Lerngebiete etc. gewählt. Dabei ist zu klären, wodurch die Kompetenzfelder in horizontaler Abgrenzung zu anderen Fachgebieten und vertikaler Vertiefung bezüglich geforderter Komplexitätsniveaus (Niveaustufen nach KLIEME z.B.) bestimmt werden und wie das Verhältnis zu den Bezugswissenschaften ist. In neu erstellten Rahmenlehrplänen finden sich Gliederungskriterien wie „Lerngebiete“ (Bremen) oder „Themenfelder“ (Berlin). Eine systematisch eingeführte Kompetenzorientierung mit entsprechenden Unterkategorien ist gegenwärtig kaum in einem Bundesland stringent umgesetzt. Eine so gestaltete Gliederung geht von einigen für den Bildungsgang zentralen und übergeordneten Kompetenzen aus (wie z.B. „mit im Bauwesen üblichen Medien bautechnische Konstruktionen präsentieren“), formuliert Teilkompetenzen als Unterkategorien und ordnet dann Themenfelder mit Fachinhalten zu.

In der Praxis vollschulischer Bildungsgänge wird dem aus der Allgemeinbildung bekannten Verständnis von Bildungsstandards gefolgt (vgl. DEHNBOSTEL/ LINDEMANN 2007), wobei für technische Fächer die sog. EPA (Einheitliche Prüfungsanforderungen) zugrunde gelegt werden. Die EPA gelten genau genommen nur für die gymnasiale Oberstufe, werden aber in Ermangelung neuer Ordnungsgrundlagen einer Systematisierung der Bildungs- und Qualifizierungsziele als Bezugsrahmen angewandt. Die Orientierung an den Strukturelementen der Bildungsstandards kann als neue Form der Bildungsziele für die studienqualifizierenden Bildungsgänge verstanden werden. Wenn die Bildungsministerien mit der Einführung zentraler Prüfungsaufgaben eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse erreichen will und wenn ferner ein Zugang zu Fachhochschulen und allen Bundesländern gewährleistet werden soll, sind einheitliche Standards und Bildungsziele erforderlich. Bildungsstandards für die technischen Fächer müssen dann enthalten:

  1. Einheitliche Bildungs- und Qualifizierungsziele für den Bildungsgang,
  2. eine Liste verbindlicher Kompetenzen, die erreicht werden sollen und
  3. ein Verständnis über die Domäne, also das Lerngebiet, dass den Zielen und Kompetenzanforderungen zu Grunde liegt.

Solche Standards liegen bis heute nicht vor. Es ist auch nicht vereinbart, sie in den nächsten Jahren zu entwickeln. Aus diesem Grunde werden die EPA indirekt als Orientierung zu Grunde gelegt.

Entscheidend und handlungsleitend ist der Kompetenzbegriff, der die Basis der jeweiligen kompetenzorientierten Curricula ist. Beruflichkeit, Fachlichkeit und Studierfähigkeit sind die Prinzipien, nach denen die Leitideen der Curricula für vollschulische Bildungsgänge in der Regel (Berlin, Schleswig-Holstein) erarbeitet werden. Es stellt sich die Frage nach der Kompatibilität der drei Prinzipien. In NRW werden, beeinflusst durch die Technikdidaktik, andere Prinzipien zugrunde gelegt (siehe Beitrag MEIRITZ in diesem Band).

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf den Berliner Ansatz. Nach der Definition von Kompetenzen im Sinne der KMK-Vorgabe in den Dimensionen der Fach- Sozial- und Humankompetenz wird die Kompetenz in vollschulischen Bildungsgängen auf die Anforderungen an Fachlichkeit und Studierfähigkeit hin präzisiert. Als Leitkategorie für den Rahmenplan wird eine Zieldimension formuliert, die auch die Basis der Prüfungsaufgabenerstellung ist: „Die Zielformulierungen bilden die entscheidende Grundlage für die didaktisch begründete Gestaltung des Lehrens und Lernens an den berufsbildenden Schulen. Sie geben verbindliche Orientierungen über die Qualität der Leistungs- und Verhaltensentwicklung der Schülerinnen und Schüler und sind damit eine wichtige Voraussetzung für die eigenverantwortliche und gemeinsame Vorbereitung des Unterrichts durch die Lehrkräfte. Sie beschreiben die Kompetenzen, die mit diesem Themenfeld und seinen Inhalten bei den Schülerinnen und Schülern gefördert werden sollen und bilden die Grundlage für die Formulierung von Lernerfolgskontrollen und Prüfungsaufgaben“ (Sen BJS Berlin, RLP BOS, FOS S.8) Eine Kompetenzformulierung sieht dann z.B. so aus:

„Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten aus Grundrissen und Schnitten unter Einsatz verschiedener Methoden die mathematischen Zusammenhänge am statisch bestimmten Träger auf zwei Stützen. Sie ermitteln durch mathematische und grafische Methoden die Auflagerkräfte und die inneren Kräfte. Sie beurteilen Ergebnisse auf Plausibilität“ (ebd. 15).

Die Leitziele sind als Kompetenzen ausgewiesen und entsprechen in den Formulierungen den Standards für Kompetenzformulierungen: Gegenstand, Verb und Spezialisierung. Den Kompetenzen sind Inhalte verbindlich zugeordnet.

Der Prozess der Erstellung curricularer Ordnungsmittel ist wie folgt zu beschreiben: Aus allgemeinen Bildungszielen, aus Qualifikationsanforderungen und der Anforderung der Studierfähigkeit werden die Leitideen der Rahmenlehrpläne und die Zielformulierungen abgeleitet bzw. gestaltet. Daraus lässt sich dann eine didaktische Jahresplanung ableiten, wobei die Unterrichtssteuerung durch Kompetenzfahrpläne bzw. Kompetenzlisten mit zugeordneten Inhalten aus den Themenfeldern von statten geht.

1.4  Anmerkungen zur Domäne

Was unter Domäne bzw. Lerngebiet in studienbefähigenden Bildungsgängen zu verstehen ist, ist keinesfalls einheitlich festgelegt oder theoretisch ausreichend begründet. Das Fach Technik, Bautechnik bzw. Holztechnik wurde je nach Bundesland unterschiedlich organisiert. Dem Fach liegen unterschiedliche Verständnisse von einer Domäne zu Grunde. Die präziseste Beschreibung wäre ein Fach Bautechnik oder Holztechnik, um eindeutige wissenschaftliche Disziplinen zuordnen zu können. Damit sind fachsystematische Strukturierungsmerkmale gegeben, ohne darauf jetzt im Einzelnen eingehen zu wollen. Auf der anderen Seite steht das Verständnis eines Faches Technik, das Grundprinzipien technischer Systeme vor dem Hintergrund der damit verbundenen Technik- und Sozialgeschichte aufgreift. Einen solchen Ansatz verfolgt z.B. NRW, wobei Technik in der Beziehung zum Menschen, zur Organisation und Natur verstanden wird. Da die Hochschulzugangsberechtigung allgemein ausgestellt wird, muss die berufsbildende Schule der Bautechnik genauso auf ein Maschinenbaustudium oder eines der Mikrotechnik vorbereiten. Allerdings kommt der Architektur und Bautechnik wegen des Profils der Schulen eine Priorität zu.

Die Domänen unterscheiden sich in ihrer schulischen Gestaltung zwischen den Polen einer Bautechnik/ Holztechnik einerseits und einem breit angelegten Technikverständnis andererseits. So werden in einigen Bundesländern in der BOS/ FOS 12 (Berufsoberschule/ Fachoberschule, Klasse 12) zu je einem Drittel die Bautechnik, die Metalltechnik und die Elektrotechnik unterrichtet (Flächenländer wie Brandenburg, das Saarland u.a. haben aus schulorganisatorischen Gründen oft nur die Möglichkeit, Sammelklassen unterschiedlicher Fachrichtungen zu bilden). Andere Bundesländer, wie auch Berlin, gehen den Weg, ausgehend von einer Domäne allgemeiner gewerblich-technischer Produktionssysteme Schwerpunktbereiche zu bilden. Ein Schwerpunktbereich ist die Bautechnik/ Holztechnik. Das gilt für die Festlegung der Prüfungsbereiche, aus denen Aufgaben gestellt werden, in gleicher Weise. Damit wird auch das zentrale Problem in der curricularen Gestaltung deutlich: Es handelt sich dabei um eine Domäne, der zwei unterschiedliche Fächer bzw. fachwissenschaftliche Disziplinen zu Grunde liegen. Offen ist auch die Frage, wie mit dem Kriterium der Beruflichkeit bei der Festlegung dessen, was Lerngebiet werden soll, umgegangen werden soll.

1.5  Entwicklung zentraler Prüfungsaufgaben

Auf der anderen Seite steht der Prozess der Aufgabenerstellung, womit das Landesinstitut bzw. die Qualitätsagentur des jeweiligen Bundeslandes beauftragt ist. An dieser Stelle wird sichtbar, dass beide Prozesse über die Ebene der Standards bzw. Bildungsziele und Leitziele der Curricula miteinander verschränkt sind, da die in den Rahmenplänen formulierten Zieldimensionen zumindest in Berlin die „…Grundlage für die Formulierung von Lernerfolgskontrollen und Prüfungsaufgaben“ bilden.

Es sollte der Prozess der Aufgabenerstellung idealtypisch so gestaltet sein, dass entsprechend der vorgegebenen Bildungsziele zum einen Niveaustufen (nach KLIEME) festgelegt und zum anderen Kompetenzbereiche oder Kompetenzfelder und Kompetenzlisten definiert werden, aus denen Aufgaben zu stellen sind. Da jedoch die Zielebene auf der Seite der Standards (Anforderungsstruktur) bislang nicht präzise beschrieben ist, führt ein solches Verfahren in der Realität zu wenig praktikablen Ergebnissen.

Es geht aber auch noch um ein grundsätzliches Problem: In wie weit bilden Prüfungsaufgabensätze das an Kompetenz ab, was im Unterricht einem kompetenzorientierten Curriculum folgend vermittelt worden ist. Da sich das Kompetenzkonzept von Prüfungsaufgabensätzen primär auf kognitive, in Aufgaben abprüfbare Kompetenzen bezieht, weiterhin vornehmlich Fachkompetenz in Verbindung mit allenfalls Methodenkompetenz abgeprüft werden kann, treten personale und soziale Kompetenzen in den Hintergrund. Es muss gefragt werden, welche Bedeutung dann noch die „Verhaltensentwicklung der Schülerinnen und Schüler“ (Berliner Zielformulierung, s. unten) für eine Leistungsbewertung hat. Der oben angesprochene Verlust an Bildung kann wegen der neuen Verfahrensregeln nicht ausgeschlossen werden.

Da in der Praxis Curriculum und Prüfungsaufgabensätze vor der Klasse und beim Schüler eine einheitliche Gestalt haben müssen, bedarf es pragmatischer Verfahren der Abstimmung. In der Berliner Praxis hat die Lehrerfortbildung zur Qualifizierung der PrüfungsaufgabenerstellerInnen die entsprechenden Verfahren zur Verknüpfung von Curricula und Prüfungsaufgabenerstellung entwickelt. Als Verbindungselement zwischen den Zielformulierungen der Rahmenlehrpläne und den festzulegenden Kompetenzfeldern (je nach Definition auch als Kompetenzbereich bezeichnet) wird eine Kompetenzmatrix erstellt. Diese Kompetenzmatrix wird aus den Rahmenlehrplänen unter Beachtung der Vorgaben der Anforderungen an die Standards (auch die EPA) und die Prüfungsordnung erstellt. Die Matrix ist nicht nur ein Instrument zur Aufgabenerstellung, sondern auch ein Kommunikationsinstrument und letztendlich ein Gegenstand von Aushandlungsprozessen, denn dort wird festgelegt, was geprüft wird und damit auch festgelegt, was gelehrt und gelernt werden muss. Die Kompetenzmatrix wird so tendenziell zum „heimlichen“ Lehrplan.

Hier ein Beispiel für eine Kompetenzmatrix. Es wird davon ausgegangen, dass Fach- und Methodenkompetenz in der schriftlichen Prüfungsarbeit geprüft werden. Auch dies eine Setzung, die für die mündliche Prüfung Festlegungen trifft (Berlin, 2006), will man mit der schriftlichen und mündlichen Prüfung das gesamte Spektrum erworbener Kompetenzen prüfen.

In pragmatischer Perspektive orientiert sich die Kompetenzmatrix an den Kompetenzformulierungen der Pläne und an der didaktischen Jahresplanung, greift folglich die Lernabschnitte auf und ordnet die Kompetenzen zu.

Aus der Prozessanalyse und der Analyse der Rahmenbedingungen lassen sich folgende vier Aufgabenbereiche für die Prüfungsaufgabenentwicklung herausarbeiten:

  1. Fachdidaktische und kompetenztheoretische Präzisierung der Standards (Kompetenzmodell, Graduierung der Kompetenzen),
  2. Erarbeitung von Richtlinien (Aufgabenentwicklung durch wen?), Festlegung des Verfahrens und der Verantwortlichkeiten, Ausarbeitung der Aufgabensätze,
  3. Einführung eines Review-Verfahrens (Begutachtung durch wen ?),
  4. Entwicklung von Bewertungskriterien.

Da die fachdidaktische und kompetenztheoretische Präzisierung nicht oder unzureichend systematisch im Prozess der Erarbeitung von Ordnungsmitteln erfolgt, muss die Prüfungs­aufgabenerstellerInnengruppe sich dieses Themas annehmen. Hierzu ist eine Qualifizierung erforderlich.

Die Qualität zentraler Prüfungsaufgabensätze lässt sich erst über Jahre Schritt um Schritt entwickeln. Die Qualität steigt in dem Maße, wie sich auch die Qualifikation der AufgabenentwicklerInnen durch Fortbildung verbessert.

Ein Reviewverfahren ist dringend zu empfehlen, denn anders als bei selbstgestellten Prüfungsaufgaben kann in der zentralen Prüfung nicht durch die Fachlehrer der einzelnen Schulen eingegriffen werden. Unklare Formulierungen in den Prüfungsaufgaben führen zur Verletzung von Chancengleichheit, denn die Prüfung wird ja an unterschiedlichen Orten gleichzeitig geschrieben.

Damit lassen sich folgende Arbeitsschritte für die Aufgabenerstellung festlegen:

•  Fachdidaktische Präzisierung der Standards,

•  Domäne festlegen – Zielformulierungen analysieren – Kompetenzmatrix erstellen,

•  Definition der Niveaustufen – latentes Kontinuum,

•  Erarbeitung von Richtlinien für die Erstellung der Aufgabensätze, Prüfungsordnung beachten,

•  Aufgabenentwicklung für Prüfungsaufgabensätze (hier FOS / BOS)
Parallel: Aufgaben für das Lernen (unterbleibt oft wegen knapper Zeit)
Aufgabenformate festlegen – Aufgaben entwickeln,

•  Pilotvorhaben / Test ähnlicher Aufgaben,

•  Qualitätsstandards überprüfen – Begutachtung,

•  Normierung der Aufgaben,

•  Bewertungskriterien entwickeln und normieren,

•  Durchführung – Reflexion und Auswertung.

Eine wichtige Aufgabe der PrüfungsaufgabenerstellerInnen ist die Erstellung und Entwicklung von Qualitätskriterien oder der Umgang mit Qualitätskriterien, sofern diese als Vorgabe bestehen. Das ist aber nicht immer der Fall. Prüfungsaufgabensätze müssen sehr gut formuliert sein, damit SchülerInnen sie verstehen und nicht durch unpräzise Formulierungen oder Ungenauigkeiten abgelenkt werden. Dies ist das wohl schwierigste Problem. Hier sei auf ein ganz wichtiges Kriterium der Nutzung und Abstimmung unterschiedlicher Kommunikationsmedien hingewiesen: Die Kommunikation bzw. Kooperation gewinnt aber noch aus einem anderen Grunde eine hohe Bedeutung. Eine Prüfung in der Bautechnik/ Holztechnik kommt nicht ohne Zeichnungen aus, denn die Informationsgewinnung aus den in der Bautechnik/ Holztechnik üblichen Medien der Kommunikation ist eine zentrale Kompetenz, die immer mit abgeprüft werden muss. Zeichnungen müssen mit dem Text übereinstimmen und fachlich korrekt sein. Sie müssen den Gegenstand der Prüfungsaufgabe präzise beschreiben, ohne dass sich der Prüfling in Details verliert. Problematisch ist es, wenn mehrere Aufgaben immer wieder auf eine Zeichnung zurückgreifen. Das wird wegen des projekthaften Vorgehens in der Bautechnik immer wieder gerne gemacht, ist auch für die Unterrichtsgestaltung sinnvoll, allerdings für die Prüfung nicht. Im Unterricht soll Kompetenzentwicklung ganzheitlich angelegt sein. In der Prüfung kann so ein Kommunikationsfehler (Ablesefehler/ Zeichnung) zum Folgefehler vieler Aufgaben werden. Dies würde ein wichtiges Kriterium der Prüfungsaufgabengestaltung verletzen. Der Schüler soll aus unterschiedlichen Themengebieten auch unterschiedliche und voneinander unabhängige Aufgaben angeboten bekommen. Der Formulierung von Qualitätskriterien kommt deshalb im Prozess der Aufgabenerstellung eine zentrale Bedeutung zu.

An dieser Stelle sei ein Beispiel für eine Checkliste zur Festlegung der Kriterien angeführt, um einheitlichen Abschlussprüfungen zu sichern.

1.6  Zwischenfazit

Auf der Systemebene sind, soweit dem Autor bekannt, in der Umstellung auf kompetenzbasierte Pläne Abstimmungsprozesse zwischen den unterschiedlichen Prozessen der Aufgabenerstellung und Curriculumentwicklung unzureichend organisiert. Das Qualitätsmanagement der Verwaltungen nimmt die veränderten Prozesse an dieser Stelle nur unzureichend in den Blick, die Verwaltungsstrukturen sind in vielen Bundesländern im Umbau begriffen. Die Verantwortlichkeiten zwischen Verwaltung und nachgeordneten Landes- oder Qualitätsinstituten sind zwar festgelegt, aber nicht in einer Weise, dass eine horizontale Kommunikation zwischen den beauftragten Kolleginnen und Kollegen systematisch im Prozess verankert ist. Der systematische Bezug bedeutet, dass z.B. Vereinbarungen über Kompetenzmodelle, Kompetenzlisten, Graduierungen von Kompetenzen, Bedeutung einzelner Kompetenzbereiche, Verbindlichkeit von Inhalten in Themenfeldern u.s.w. zwischen den Vertretern beider Seiten, der Curriculumentwicklung und der Lernergebnisfixierung auf der Outputseite in einem strukturierten Arbeitsverfahren entwickelt, festgelegt und für beide Seiten verbindlich vereinbart werden. In der Praxis werden die Ordnungsmittel (noch) nicht in einer systematisch abgestimmten Weise aufeinander bezogen.

Eine systematische Prozesssteuerung in der Entwicklung der Ordnungsmittel, die beide Seiten, die Curriculumentwicklung und die Prüfungsaufgabenerstellung aufeinander bezieht, wäre dringend erforderlich. Dazu wäre ein entsprechender Umbau der Abteilungen in den Verwaltungen und nachgeordneten Institutionen ratsam. Welche Aufgabe in diesem System die Fachaufsicht der Schulverwaltung hat, ist nur eine der ungeklärten Fragen. Wie die Koordination in der Verwaltung, den nachgeordneten Landesinstituten und den Meinungsführen an den Schulen im Einzelnen informell geschieht, sei hier nicht weiter diskutiert. Eine Koordination erfolgt, wenn die Systemebene das nicht hergibt, über die Kolleginnen und Kollegen, die in den Gruppen arbeiten und sich absprechen. Die neuen Mittel des Qualitätsmanagements in den einzelnen Bundesländern beziehen sich auf die Einzelschule, leider nicht auf das System der berufsbildenden Schule und ihrer Verwaltungen.

Da, wie oben dargelegt, klar strukturierte, theoretisch begründete und kriterienbezogene Orientierungspunkte, dessen, was das Lerngebiet bzw. Domäne sein soll, im Sinne standardisierter Vorgaben nur unzureichend vorhanden sind, gewinnen informell laufende und in Abstimmungsgruppen geführte Kommunikationsprozesse über das, was Kern des Curriculums und damit auch der schriftlichen Prüfung ist, eine große Bedeutung. Es treten in der Praxis auch in der Festlegung dessen, was zur Domäne „Fach Technik, Schwerpunktbereich Bautechnik/ Holztechnik“ gehört und was nicht, Aushandlungsprozesse in den Vordergrund. Diese werden von durchaus qualifizierten Kolleginnen und Kollegen geführt. Den Kolleginnen und Kollegen, meist Fachberater oder Fachbereichsleiter kann zugetraut werden, einen guten fachlichen Überblick über ihr Fach zu haben. Allerdings stellt sich die Frage, ob und in wie weit dort kompetenzbezogene, fachliche Kriterien im Vordergrund stehen und nicht Machtfragen. Beide Seiten sind vorhanden, schließlich geht es für jede berufsbildende Schule in Zeiten des Rankings und rückgängiger Schülerzahlen auch darum, dass der von der Schule geschickte Kollege möglichst viel des eignen Schulprofils in einer Kompetenzliste unterbringt.

Hier zeigt sich eine Schwäche der Fachdidaktiken: Es bedarf dringend einer konzeptionellen Durchdringung der Domänen für unterschiedliche bau- und holztechnisch geprägte Bildungsgänge. Es bedarf ferner einer Forschung, was an modernen Inhalten und Kompetenzen aufgenommen werden muss. Im Kern geht es darum, ein Domänenverständnis zu entwickeln, dass eine auf die Studierfähigkeit bezogene und kompetenzbasierte Curriculumentwicklung ermöglicht. Heute erledigen das erfahrene Schulpraktiker, wobei sie in pragmatischer Perspektive auf ein ausgezeichnetes Erfahrungswissen, auf Eigenfortbildung sowie den Dialog mit der Wirtschaft und der Wissenschaft zurückgreifen können.

Mit den Unzulänglichkeiten in den Grundlagen und Standards für Curricula kommt den PrüfungsaufgabenerstellerInnen eine wichtige Aufgabe der Kommunikation, Koordination und Aushandlung zu, will man nicht riskieren, Ausfälle durch hohe Misserfolgsquoten an einzelnen Schulen zu haben.

2.  Qualifikationsanforderungen an AufgabenerstellerInnen

Die Kolleginnen und Kollegen für die Erstellung zentraler Prüfungsaufgaben werden auf Vorschlag der Schulen durch die Landesinstitute benannt. Sie finden sich in einer PrüfungsaufgabenerstellerInnengruppe zusammen. Die neuen Anforderungen an die Qualifikationen der AufgabenentwicklerInnen im Rahmen zentraler Prüfungen ergeben sich aus den unter Punkt 1.5 zentrale Prüfungsaufgabenentwicklung analysierten Aufgabenbereichen und Arbeitsschritten.

Danach müssen AufgabenentwicklerInnen zuallererst einen guten Überblick über das Fachgebiet bzw. die Domäne haben und darüber hinaus aber weitere Qualifikationen mitbringen. Die einzelnen Anforderungen lassen sich wie folgt beschreiben:

1.  Fachdidaktische Kompetenz:

•  Festlegen, welche Kompetenz- und Wissensgebiete mit welchen Prüfungsformaten geprüft werden.

•  Guter Überblick über die Domäne: Was gehört dazu, was nicht? Welche Gewichtung ist einzelnen Themenfeldern zuzumessen?

•  Werden solche Kompetenzen geprüft, die auch in benachbarten Disziplinen von Bedeutung sind?

2.  Techniken und Instrumente der Aufgabenerstellung

AufgabenentwicklerInnen müssen gute Aufgaben gestalten können. Das ist eine sehr langwierig zu erwerbende Kompetenz, denn sie erfordert ein umfangreiches Wissen über Aufgabentypen, Aufgabenformate, präzise Formulierung von Situationen, eindeutige Ausdrucksweisen, viel Erfahrung im Umgang mit Prüfungsaufgaben und vieles mehr.

3. Qualitätsmanagement

Das Qualitätsmanagement und insbesondere der Evaluationszyklus muss sicher beherrscht werden, um eine Qualitätsverbesserung in Schleifen erreichen zu können.

4.  Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, Kompetenzen der Moderation, Konfliktmanagement

Die AufgabenentwicklerInnen müssen gut kommunizieren und kooperieren können. Sie müssen ferner den Prozess der Aufgabenerstellung systematisch durchführen, dies in einer abgeschlossenen kleinen Gruppe umsetzen und ihre Kommunikation nach außen präzise beschränken, wenn es um die Festlegung und Aushandlung der Kompetenzmatrix geht. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie KollegInnen der Begierde sind, von denen alle Informationen haben wollen. Hier gilt es, sich abgrenzen zu können.

2.1  Die Qualifizierung der AufgabenerstellerInnengruppen

Das in Berlin gewählte Modell der Qualifizierung basiert auf den Prinzipen eines Lernens in der Arbeit. Es geht darum, Arbeiten (Prüfungsaufgabenerstellung) und Lernen der Kolleginnen und Kollegen miteinander zu verbinden. Die Arbeit in der AufgabenerstellerInnengruppe wird durch eine systematische Kompetenzentwicklung erweitert. Sie findet in den Aufgabenbereichen statt, die unter Punkt 2 beschrieben sind. Es kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass die Kolleginnen und Kollegen, die für die Aufgabenentwicklung vorgeschlagen werden, fachdidaktisch ausgewiesen sind.

Jede PrüfungsaufgabenerstellerInnengruppe wird als ein Entwicklungsprojekt einer lernenden Gruppe begriffen. Dieser Gruppe wird als beigeordnetes Mitglied ein Multiplikator der Fortbildung zugeordnet, mit der Aufgabe, als Mittler zwischen Aufgabenentwicklung und Qualifizierung der Kolleginnen und Kollegen in den Bildungsgängen zu fungieren. Der Multiplikator muss/ sollte die Prozesse der Aufgabenerstellung lernen, um parallel zur Aufgabenerstellung der Prüfungsaufgaben ähnlich gestaltete Lernaufgaben für die Unterrichtspraxis entwickeln zu können. Er qualifiziert die Kolleginnen und Kollegen, die in den studienbefähigenden Bildungsgängen unterrichten. Dies nimmt gleichzeitig den Druck von den Prüfungs­aufgabenrerstellerInnen. Sie werden – das liegt in der Natur der Sache – von den Kollegen befragt, was denn nun Gegenstand der Prüfung wird.

Lernen in und mit der Gruppe geschieht handlungsorientiert und projekt- bzw. produktorientiert. Der oben beschriebene Prozess der Aufgabenerstellung wird durch Seminare, Work­shops und Beratung begleitet.

Ausgehend von einer lernenden Gruppe kommen folgende drei Lernformen zum Einsatz, wobei es im Kern um Beratungs- und Begleitungskonzepte geht:

•  Begleitung

•  Beratung

•  Seminare/Workshops

2.2  Begleitung

Die Begleitung ist prozessorientiert, kontinuierlich, zeitlich unbeschränkt. Sie ist eine aktive Maßnahme und damit handlungsorientiert. Der Begleitende wird mehr oder weniger unbewusst in den Prozess der Aufgabenerstellung eingebunden.

Realisiert wird das in der neu aufgebauten regionalen Fortbildung durch einen Arbeitskreis „Zentrale Prüfungsaufgabenerstellung BOS / FOS“. Der Arbeitskreis wird von der Koordination der regionalen Fortbildung (Bezeichnung der Lehrerfortbildung in Berlin nach der Neugestaltung des Landesinstitutes – die Lehrerfortbildung wurde ausgegliedert und als eigene Einheit an die Schulaufsicht angegliedert.) geleitet. Hier treffen Vertreter unterschiedlicher AufgabenerstellerInnengruppen aufeinander. Wichtigste Lernform ist der systematisch organisierte Erfahrungsaustausch. Dazu gehört die Organisation regelmäßiger Fortbildungssequenzen für den Erfahrungsaustausch, die Einladung von Experten sowie Kolleginnen und Kollegen anderer Bereiche z.B.. Die gymnasialen Oberstufen arbeiten seit langem mit den allseits bekannten „Abiturstandards“ und haben viel Erfahrung im Umgang damit. Sie vermitteln, wie Erwartungshorizonte unter Beachtung neuer Standards in Fächern wie Pädagogik oder Soziologie formuliert werden.

2.3  Beratung

Sie ist punktuell, zeitlich eingeschränkt und zielorientiert. Sie ist eine reaktive Maßnahme, die auf Nachfrage eingeleitet wird. Sie ist eine bewusste Einbindung des Beratenden in den Prozess der Aufgabenerstellung. In Berlin wurde ein ehemaliger Mitarbeiter des BIBB als Berater eingesetzt. Er ist Spezialist in den Verfahren der Aufgabenerstellung. Ergänzt wird die Beratung durch Schulaufsichtsbeamte, die z.B. den Stand der Erarbeitung von Verwaltungsvorschriften einbringen. Dies ermöglicht der AufgabenerstellerInnengruppe, aktuelle Debatten aus der Verwaltung einzubeziehen.

Beratung kommt aber noch in ganz anderen Kompetenzfeldern zum Einsatz. Das federführende Mitglied der AufgabenerstellerInnengruppe muss ein guter Moderator sein. Es geht – wie oben dargelegt – einzelnen Kolleginnen und Kollegen immer auch darum, die Belange der jeweiligen Schule durchzusetzen. Deshalb müssen sich in einer Reflexionsschleife immer wieder alle im Team mit den verschiedenen Ebenen der Arbeit – wie der fachdidaktischen Sachebene, der Interessengebundenheit der Standpunkte sowie der inneren Logik der Prüfungsaufgabenerstellung – kritisch auseinandersetzen und ihre Arbeit einem Review unterziehen. Keine Bildungsverwaltung kann es sich leisten, durch handwerkliche Fehler zu hohe Durchfallquoten zu riskieren. Die regionale Fortbildung verfügt über einen Arbeitskreis soziale Handlungskompetenz. Die MultiplikatorInnen können für Supervision und Mediation hinzugezogen werden. Oft werden aber auch externe BeraterInnen eingesetzt, um die Prozesse der Teamentwicklung in der AufgabenerstellerInnengruppe zu forcieren.

Weil die Aufgabenerstellung ein hochgradig konfliktreiches Feld ist, kommt der Teamentwicklung in der AufgabenerstellerInnengruppe eine so hohe Bedeutung zu. Es handelt sich um arbeitsbezogenes Lernen. Die Teamberatung ist im Kern eine Teambegleitung, ein Coaching. Es geht dabei zuerst um die Bildung des Teams der AufgabenerstellerInnen mit einem beigeordneten Multiplikator der Lehrerfortbildung. Dies wird in aller Regel von den Schulleitungen und Lehrkräften selbst erledigt und dann dem Landesinstitut vorschlagen. Dies sichert die Erarbeitung effizienter Arbeitsstrukturen, die Einführung von Moderationstechniken und Strategien der Konfliktanalyse und -bewältigung. Es geht aber auch darum, in Veränderungsprozessen wie dem der Umstellung auf eine von außen gesteuerte Aufgabenerstellung eine externe Beraterin zu haben, die zuhört und Verunsicherungen produktiv zu bewältigen hilft. Dazu kommen Standardthemen wie die Einführung neuer KollegInnen in das Team etc., was zu Beginn eines neuen Schuljahres immer wieder vorkommt. Die Beratung wird verbunden mit didaktischer und berufspädagogischer Qualifizierung, die in Workshops oder Seminaren vollzogen wird.

2.4  Seminare / Workshops

Sie vermitteln die Konzepte und Verfahren der Prüfungsaufgabenerstellung. Die Fortbildungen werden mit handlungsorientierten Lernformen angereichert. Zunächst wird neues Wissen und Können präsentiert und diskutiert. Dazu werden Referenten eingeladen. Aktuell wird eine Fortbildungsreihe zu kompetenzorientierten Unterrichtsvorhaben und Bewertungskonzepten durch die Seminarleiter der 2. Phase der Lehrerbildung angeboten.

In den Seminaren geht es um Instrumente und Techniken der Aufgabenerstellung, die Technik der Formulierung guter Ausgangssituationen und vieles mehr. Fortbildungen schließen konkrete Projekte ein. Die einzelnen Termine werden mit Phasen eigenständigen Lernens handlungsorientiert gestaltet. Die MultiplikatorInnen sollen aus der Fortbildung mit konkreten Produkten an die Schule zurückkommen. Hier geht es z.B. um die Erarbeitung von Lernaufgaben, die denen der Prüfungsaufgaben in ihrer Struktur ähnlich sind. Ein fühlbarer Nutzen ist wichtig für den Erfolg. Lernen erfolgt handlungs- und produktorientiert.

2.5  Zielgerichtete Kombination der Lernformen

Der zielgerichteten Kombination der drei Lernformen, der Beratung, der Begleitung und der Seminarform kommt eine wichtige Bedeutung zu. Der Erfahrungsaustausch wird nicht nur informell in den Pausen der Seminare oder Arbeitskreise, sondern im Rahmen themengebundener Lernphasen in den Fortbildungsveranstaltungen organisiert. Im Kern geht es dabei immer um die Reflexion vorhandener Strukturen, insbesondere organisatorischer Rahmenbedingungen, sowie um die eigene Rolle bei der Umsetzung erlernter Konzepte bzw. der versuchten Durchsetzung von Partialinteressen einer Schule in der Praxis der Aufgabenerstellung. In diesem Sinne liegt in den Fortbildungen immer auch eine Keimzelle für Lernnetzwerke, die mittlerweile zwischen den AufgabenerstellerInnengruppen recht gut funktionieren. Ein länderübergreifender Informationsaustausch wäre sinnvoll. Möglicherweise wäre das eine Aufgabe, der sich die Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in den Fachrichtungen Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung (BAG Bau – Holz – Farbe) annehmen könnte.

Bei dem hier vorgestellten Ansatz ist zu berücksichtigen, dass die Kolleginnen und Kollegen in Ihrer Ausbildung nicht für die Wahrnehmung vieler der hier beschriebenen Aufgaben qualifiziert worden sind. Das sah die Ausbildung an der Hochschule bisher nicht vor. Es bleibt zu hoffen, dass sich dies in Zukunft ändert.

Literatur

DEHNBOSTEL, P./ LINDEMANN, H.-J. (2007): Kompetenzen und Bildungsstandards in der schulischen und betrieblichen Berufsbildung. In: DEHNBOSTEL, P./ LINDEMANN, h.-J./ LUDWIG (Hrsg.): Lernen in der Arbeit in Schule und Betrieb, Waxmann, Münster, 179-197.

KLIEME, E./ AVENARIUS, H./ BLUM, W. u.a. (2003): Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise. Berlin. Online: http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/zur_ entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf
(19-07-2008).

KLIEME, E. (2004): Begründung, Implementation und Wirkung von Bildungsstandards: Aktuelle Diskussionslinien und empirische Befunde. In: Zeitschrift für Pädagogik, H. 5, 625-634.

KMK (2000) Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland: Handreichungen für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz (KMK) für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe, Bonn, 15.09.2000.

Sen BJS Berlin: Rahmenlehrplan für Unterricht und Erziehung in der Berliner Schule, BOS 12 und 13, FOS 12, Fachrichtung Technik, Schwerpunkt: Bautechnik/ Holztechnik, gültig ab Sj 2006/2007.

WEINERT, F. E. (2001): Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: WEINERT, F. E. (Hrsg.): Leistungsmessung in Schulen, Weinheim und Basel.

 

------------------------
bwp@ 2001 - 2008
Hrsg. von Karin Büchter, Franz Gramlinger, Martin Kipp, H.-Hugo Kremer und Tade Tramm
Postalische Adresse:
bwp@
Universität Hamburg, Sedanstraße 19, 20146 Hamburg
Im Internet: http://www.bwpat.de
bwp@ erscheint 2xjährlich ausschließlich online
Development: HoHo OG, DK-AT
(C) 2008 bwpat.de