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 bwp@ Ausgabe Nr. 10 | Juli 2006
Lernfirmen

Telearbeit und E-Business in Übungsfirmen: Potenziale, Implementation und Praxisbeispiele


 

 


1. Gründe für die Implementation von Telearbeit und E-Business in das Übungsfirmenkonzept

Lernfirmen liegt die Idee zugrunde, dass die Lernenden als kaufmännische Mitarbeitende eines realen oder simulierten Unternehmens arbeiten und so ihre berufliche Handlungskompetenz erweitern. Im Sinne einer umfassenden Qualifizierung werden die Handlungen nicht von der Lehrkraft vorgegeben, sondern indirekt durch den Kontakt mit Geschäftspartnern, Stellenbeschreibungen usw. gesteuert, so dass ein großer Spielraum für ein selbstverantwortliches und selbstorganisiertes Handeln der Lernenden bleibt. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung können in der Praxis verschiedene Varianten unterschieden werden (vgl. TRAMM/ GRAMLINGER 2002, 3):

•  Lernbüro: simulierte Außenbeziehungen durch den Ausbildenden/Lehrenden

•  Übungsfirma: simulierte Außenbeziehungen durch andere Modellunternehmen

•  Juniorfirma bzw. Schülerfirma: reale Außenbeziehungen mit realen Unternehmen

Schülerfirmen eignen sich aufgrund der hohen Anschaulichkeit (da keine modellhafte Nachbildung vorliegt) sehr gut auch für die allgemeine ökonomische Bildung (vgl. HOLTEL 2004). In der wirtschaftsberuflichen Bildung dominieren Lernbüros und Übungsfirmen, weil kaufmännisches Handeln in komplexen Situationen ohne reales wirtschaftliches Risiko erfolgen kann. Eine erste Umsetzung und Erprobung von Lernbüros erfolgte mit Unterstützung der Universität Paderborn ab 1983/1984 an acht Klassen der Höheren Berufsfachschule der Ludwig-Erhard-Schule in Paderborn (vgl. KAISER 1987; BENTELER 1988). Im Vergleich zu Lernbüros ermöglichen Übungsfirmen einen höheren Komplexitätsgrad und werden auch – z. B. zur beruflichen Qualifizierung von benachteiligten Menschen in Berufsbildungs- und Berufsförderungswerken – genutzt, um den betrieblichen Ausbildungspart im Rahmen dualer Ausbildungsberufe abzubilden.

Hinsichtlich der Außenbeziehung von Übungsfirmen kommt in Deutschland dem Deutschen Übungsfirmenring (DÜF) eine herausragende Rolle zu. Die Übungsfirmen sind durch die Anbindung an den DÜF in eine fiktive Volkswirtschaft integriert und unterhalten untereinander Kunden-/Lieferantenbeziehungen. Dem DÜF sind zurzeit ca. 750 Übungsfirmen aus unterschiedlichsten Bildungseinrichtungen wie Berufskollegs, Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke usw. angeschlossen. Der DÜF umfasst Übungsfirmen aus den verschiedensten Branchen, zwischen denen ein reger Geschäftsverkehr herrscht. Wie in der ökonomischen Realität herrscht zwischen den Übungsfirmen Konkurrenz und es gibt Neugründungen sowie Schließungen. Im Unterschied zur echten Volkswirtschaft findet aber kein realer Güter- und Geldaustausch statt. Die Geschäftsaktivitäten zwischen den Übungsfirmen werden über die Zentralstelle des Deutschen Übungsfirmenrings (ZÜF) ( http://www.zuef.de ) mit Sitz in Essen abgewickelt, die beispielsweise die Weiterleitung der Post übernimmt. Um den Übungsfirmen eine möglichst realitätsnahe Umwelt zu bieten, betreibt die ZÜF außerdem eine fiktive Bank und verschiedene Behörden. Darüber hinaus ist der DÜF dem weltweiten Übungsfirmennetz EUROPEN angeschlossen ( http://www.europen.de ), so dass die deutschen Übungsfirmen die Möglichkeit besitzen, mit ausländischen Partnereinrichtungen zusammenzuarbeiten.

Die Einführung der Arbeit in Modellunternehmen seit Beginn der 80er Jahre geschah vor dem Hintergrund des Anspruchs einer handlungsorientierten Qualifizierung der Lernenden. Mit der Einrichtung der Modellunternehmen wurde außerdem dem Umstand Rechnung getragen, dass der wachsende Einfluss der Kommunikations- und Informationstechnik zur Abnahme „sichtbarer“ und zur rapiden Zunahme „unsichtbarer“ Geschäftsvorfälle führt (vgl. REETZ 1986, 224). Dies betraf seinerzeit insbesondere die Einführung von ERP-Software (vgl. Abschnitt 2.3.1). Seit Mitte der 90er Jahre haben sich auf der Basis der Multimedia- und Internettechnologie neue Geschäftsmodelle und Arbeitsformen (sowie Berufsbilder) entwickelt; diesbezüglich sind insbesondere E-Commerce und Telearbeit zu nennen.

Die Begriffe E-Commerce und E-Business werden teilweise synonym genutzt, teilweise aber auch voneinander abgegrenzt. So versteht MIES (vgl. 2003) unter dem Fachbegriff E-Commerce die elektronische Abwicklung von Geschäftsprozessen von der Werbung bis hin zur After-Sale-Betreuung bis hin zum Online-Banking. Das Electronic Business umfasst weitergehend alle auf dem Internet basierten Kerngeschäftsprozesse inklusive Kundenintegration und -betreuung, um die technologischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. WAMSER (vgl. 2000) unterscheidet zwischen E-Commerce im engeren und weiteren Sinne; E-Commerce im weiteren Sinne entspricht weitgehend der von MIES angeführten Definition von E-Business.

In einem engen Zusammenhang mit E-Business ist Telearbeit zu sehen. Telearbeit stellt keine neue Berufsform, sondern vielmehr eine neue Form der Arbeitsorganisation dar. Zumeist werden folgende Organisationsformen der Telearbeit unterschieden (vgl. RUNGE 2000, 9 ff.; GOLL/ LILIENTHAL/ ZAPP 2000, 10 f.):

•  Die heimbasierte Telearbeit kann in mehreren Varianten realisiert werden.

•  Die permanente bzw. isolierte Telearbeit wird fast vollständig am heimischen Arbeitsplatz erbracht.

•  Die alternierende Telearbeit findet teilweise zu Hause, teilweise am Arbeitsplatz in der Betriebsstätte statt. Der Beschäftigte arbeitet mindestens einen Tag pro Woche nur am heimischen Arbeitsplatz.

•  Von einer supplementären Telearbeit wird gesprochen, wenn die bezahlte Arbeit nur in einzelnen Stunden, nicht aber an einem oder mehreren ganzen Arbeitstagen von zu Hause aus erfolgt.

•  Die Telearbeit in Telearbeitszentren wird in ausgelagerten Büros des Unternehmens (Satellitenbüros) oder in Gemeinschaftsbüros (Nachbarschaftsbüros) verschiedener Unternehmen, die in Wohnortnähe der Telearbeiter angesiedelt sind, erbracht.

•  Die mobile Telearbeit wird an wechselnden Orten erbracht und kommt insbesondere im Außendienst zum Einsatz.

Da in Übungsfirmen komplexe und Geschäftsmodelle und -prozesse realisiert werden können, bestehen erhebliche Potenziale zur Einbindung von Telearbeit und E-Business, um die Schülerinnen und Schüler auf die damit einhergehenden beruflichen Anforderungen vorzubereiten. Der vollständige oder teilweise Betrieb von Übungsfirmen via Telearbeit kann sich außerdem für Lernende anbieten, für die eine Arbeit in der Übungsfirma vor Ort (z. B. aufgrund der Fahrtzeiten, der familiären Verpflichtungen oder wegen körperlichen Behinderungen) nur bedingt möglich ist.

Insbesondere die Integration von Telearbeit wirft hinsichtlich der didaktisch-methodischen und technischen Ausgestaltung neue Herausforderungen auf. Aus didaktisch-methodischer Sicht ist beispielsweise zu fragen, in welchem Umfang Telearbeit betrieben werden soll (permanente oder alternierende Telearbeit) und wie die virtuelle Zusammenarbeit der Lernenden und Betreuung durch die Lehrkräfte gestaltet werden kann. Aus technischer Sicht stellt sich die Frage nach einer geeigneten Infrastruktur zur Unterstützung der Prozesse.

Nachfolgend sollen zunächst die Potentiale sowie didaktisch-methodische und technischen Ausgestaltungsmöglichkeiten der Telearbeit in Modellunternehmen aufgearbeitet werden. Darüber hinaus werden zwei Praxisbeispiele vorgestellt:


2.  Ausgewählte didaktisch-methodische und technische Aspekte

2.1  Förderung des selbstgesteuerten und kooperativen Lernens und Arbeitens

Unter der Zielperspektive des Erwerbs beruflicher Handlungsfähigkeit gewinnt die Frage nach der Verbindung von Lernen und Arbeiten bzw. von Theorie und Praxis einen besonderen Stellenwert für die Arbeit in der Übungsfirma. Entscheidend ist, dass sich die Lernenden als aktiv Handelnde zunehmend selbständiger mit ihrer Umwelt auseinandersetzen und dadurch neue Handlungsmuster und neues Handlungswissen erwerben. Die Ausprägungsform handlungsorientierten Lernens ist in dreifacher Weise auf Handlung bezogen: Es ist erstens ein theoretisches Lernen, das auf Handeln vorbereitet, zweitens ein Lernen durch Handeln und drittens ein Lernen durch die kritische und interaktive Reflexion des Handelns. Aus einer handlungsorientierten Perspektive kommt dem kooperativen und selbstgesteuertes Lernen und Arbeiten eine besondere Bedeutung für die Übungsfirmenarbeit zu, weil die Arbeit abteilungsbezogen organisiert und nur indirekt durch die Lehrkraft gesteuert wird.

Die Fähigkeit zum kooperativen Arbeiten stellt eine zentrale berufliche Anforderung dar. Darüber hinaus werden mit dem kooperativen Lernen Vorteile für den Lernprozess und -erfolg verbunden; diesbezüglich sei insbesondere die gegenseitige motivationale Unterstützung, die Förderung der sozialen Entwicklung und die vertiefte kognitive Elaboration verwiesen (vgl. WINKLER/ BÜRG/ SCHNURER/ MANDL 2001, 22). In der beruflichen Bildung bezieht das selbstgesteuerte Lernen und Arbeiten seinen wachsenden Stellenwert aus der zunehmenden Notwendigkeit des lebenslangen Lernens. Das selbstgesteuerte Lernen wird deshalb oftmals im Kontext des (informellen) Lernens am Arbeitsplatz angeführt (vgl. beispielsweise HEID 2004, PÄTZOLD 2004, REINISCH 2004); teilweise werden diese beiden Begriffe auch gleichgesetzt (vgl. STRAKA 2004, HEID 2004).

Die Realisierung des kooperatives und selbstgesteuerten Lernen und Arbeiten kann diverse Probleme aufwerfen. So können kooperative Lern- und Arbeitsformen durch das Fehlverhalten der Gruppenmitglieder (z. B. Trittbrettfahrerverhalten) massiv beeinträchtigt werden (vgl. WINKLER/ BÜRG/ SCHNURER/ MANDL 2001, 24). Hinsichtlich des selbstgesteuerten Lernens und Arbeitens besteht bei diesbezüglich unerfahrenen Lernenden die Gefahr der Überforderung (vgl. FISCHER/ GRÄSEL/ KITTEL/ MANDL 1997).

In einer virtuellen Lern- und Arbeitsumgebung steigen die entsprechenden Anforderungen an die Lernenden und damit die Störungsanfälligkeit. Hinsichtlich des kooperativen Lernens und Arbeitens können zusätzliche Probleme wie das Flaming (enthemmte Kommunikation) auftreten, die auf die Besonderheiten der computervermittelten Kommunikation (z. B. Kanalreduktion aufgrund des Fehlens von Gestik und Mimik) zurückführen sind. Neben der Vereinbarung von Verhaltungsregeln für den virtuellen Umgang (oftmals auch als Netiquette bezeichnet) gilt es, die Lernenden zum kommunikationskompetenten der Umgang der zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel (E-Mail, Foren, Audio-/Videokonferenzen u. a. m.) zu qualifizieren. Dies umfasst beispielsweise im Sinne der Media-Richment-Theorie (vgl. DAFT/LENGEL 1986 ) oder Media-Synchronicity-Theorie (vgl. DENNIS/ VALACICH 1999 ) die Auswahl geeigneter Kommunikationsmittel in Abhängigkeit von dem Kommunikations- und Kooperationsanlass.

Die mit dem selbstgesteuerten Lernen und Arbeiten einhergehenden Prozesse entziehen sich bei Telearbeit der unmittelbaren Beobachtung durch die Lehrkraft. Dies kann dazu führen, dass die Lehrkraft Probleme zu spät erkennt oder zu spät reagiert, was die Motivation der Lernenden beeinträchtigt. Ähnlich wie beim telekooperativen Arbeiten sollten Verhaltensregeln vereinbart werden, um die Störpotenziale zu minimieren (z. B. Führen eines Tagebuchs, tägliches Mail an die Lehrkraft, Antwort der Lehrkraft innerhalb eines Tages). Die Förderung des selbstorganisierten Lernens und Arbeitens bedarf generell einer individuellen Beratung, Anregung und Unterstützung bei Schwierigkeiten, so dass die Lernenden ihre Lern- und Arbeitsprozesse zunehmend selbstständig organisieren können (vgl. KONRAD/ TRAUB 1999, 45). In diesem Zusammenhang sollten auch Lern- und Arbeitsstrategien gefördert werden. In der nachfolgenden Tabelle werden exemplarisch Lernstrategien zur Schaffung positiver Rahmenbedingungen für die Telearbeit am heimischen Arbeitsplatz dargestellt.

Trotz der Besonderheiten im Zusammenhang mit der Telearbeit lassen sich zahlreiche Techniken des kooperativen Lernens und Arbeitens zumindest partiell von einer Face-To-Face-Lernumgebung auf eine virtuelle Lern- und Arbeitsumgebung übertragen. Deshalb sollte nach Möglichkeit Telearbeit erst zu einem späteren Zeitpunkt der Übungsfirmenarbeit starten. So ist sichergestellt, dass die Lernenden hinsichtlich des kooperativen und selbstgesteuerten Lernens und Arbeitens in der Präsenzform geübt sind. Hinsichtlich des kooperativen Lernens und Arbeitens ist es vorteilhaft, wenn sich dann die Mitglieder der virtuellen Arbeitsgruppen kennen; typische Probleme anonymer Lerngemeinschaften können zumindest verringert werden. Wie im nächsten Abschnitt dargelegt wird, kann die Einführung von Telearbeit außerdem durch vorbereitende E-Learning-Maßnahmen unterstützt werden.

2.2  Verzahnung von Telearbeit mit E-Learning

Der Fachbegriff E-Learning weist auf die Einbeziehung der Neuen Informations- und Kommunikationstechnologien in den Lernprozess hin. „>>E-Learning<< ist in seiner wörtlichen Form Sammelbegriff für technologiebasiertes Lernen in jeder Form.“ (WANG 2002, 2.4/2) Neben der internetbasierten Kommunikation wird auch das Lernen mit multimedialen Lernmaterialien betont. „Unter E-Learning ist eine neue Form des selbstgesteuerten Lernens zu verstehen, das mittels CD-ROM, Intranet oder über das Internet erfolgen kann. Es beinhaltet Computer Based Training (CBT), [...] Web-Based Training (WBT) sowie Fernstudium“ (WERMUTH 2001, 12). Hier wird unter E-Learning die Weiterentwicklung des Fernunterrichts auf der Basis von Multi- und Telemedien verstanden, wobei das Potential des Internets sowohl zur synchronen und asynchronen Kommunikation als auch zur Bereitstellung bzw. zum Abruf von (multimedialen) Lernmaterialien genutzt wird. Ausgehend von einem solchen Verständnis geht E-Learning mit einer zeitlichen und räumlichen Flexibilisierung der Lern- und Lehrprozesse einher.

Durch den kombinierten Einsatz von E-Learning und Telearbeit können die Lern- und Arbeitsplatzanforderungen sowie die persönliche Situation besonders effektiv aufeinander abgestimmt werden. Dies betrifft insbesondere die weitgehende räumliche und zeitliche Flexibilität, die mit Telelernen und Telearbeit gleichermaßen einhergeht (vgl. DOBROWOLSKI 2000, 52). Hinzu kommt, dass Telearbeit und E-Learning hinsichtlich der technischen Infrastruktur große Übereinstimmungen aufweisen.

Eine Verzahnung bietet sich schon deshalb an, weil deutliche Übereinstimmungen hinsichtlich der Kompetenzen eines Telearbeiters und Telelerners bestehen. Die nachfolgend für einen Telearbeiter aufgelisteten Kompetenzen (vgl. BMA/ BMWi/ BMBF/ DEUTSCHE TELEKOM 2001, 35 f.) lassen sich auch auf einen „E-Learner“ übertragen:

•  Freiwilligkeit hinsichtlich der Teilnahme an der neuen Arbeits- bzw. Lernform

•  Selbstständigkeit hinsichtlich der Organisation der Arbeits- bzw. Lernprozesse

•  Kommunikationsfähigkeit, d. h. Kommunikation mit Vorgesetzten, Lehrenden, Kollegen über das Internet unter Beachtung der spezifischen Kommunikationsregeln (Netiquette)

•  Teamfähigkeit, d. h. Zusammenarbeit mit anderen Teammitgliedern über das Internet.

•  Zuverlässigkeit: vereinbarungsgemäße Erledigung von Arbeitsaufträgen

•  Flexibilität bei der Abwicklung der Arbeitsaufträge

•  Vertrauen zum Arbeitgeber bzw. Lehrenden

•  Technikverständnis zur Handhabung der erforderlichen Hard- und Software

Es spricht also einiges dafür, dass durch E-Learning die für Telelearning erforderlichen Kompetenzen gefördert werden können und umgekehrt. Hervorzuheben ist insbesondere, dass sich die Ausweitung der Freiheitsgrade hinsichtlich der Selbststeuerung und Kooperation beim E-Learning methodisch besser als bei der Telearbeit dosieren lässt. So wurde im Virtuellen Berufsbildungswerk (vgl. Abschnitt 3.1) der berufsschulische Unterricht auch dazu genutzt, um die Auszubildenden sukzessive an die Herausforderungen der Telearbeit in der Übungsfirma heranzuführen (ausführlich in SCHRÖDER 2006).

Anzumerken ist, dass die Betreuung von Telearbeit ähnliche Anforderungen wie die Betreuung von E-Learning an die Lehrkräfte stellt. Weiterbildungsmaßnahmen zum E-Learning wie z. B. der Lehrgang TCi TeleCoachInternational® oder TTE TeleTeacher® (vgl. Kaiser/Schröder 2001) sind auch geeignet, um die Lehrenden auf die Betreuung von Telearbeit in Übungsfirmen vorzubereiten.

2.3  Ausgestaltung der technischen Infratruktur

2.3.1  Einsatz betriebswirtschaftlicher Software

Ein wichtiges Element der Arbeit in Modellunternehmen ist die Unterstützung der Prozesse mit betriebswirtschaftlicher Software. Für betriebswirtschaftliche Unternehmenssoftware als Komplettlösung (also beispielsweise kein isoliertes Programm zur Finanzbuchhaltung) hat sich in den letzten Jahren der Begriff ERP durchgesetzt: „Enterprise resource planning (ERP) is the industry term used to describe a broad set of activities supported by multimodule application software that helps a manufacturer or other business manage the im-portant parts of its business. These parts can include product planning, parts purchasing, maintaining inventories, interacting with suppliers, providing customer service, and tracking orders. ERP can also include application modules for the finance and human re-sources aspects of a business.“ (ALEXANDROU 2003, o. S.)

Für den Einsatz kaufmännischer Software in virtuellen Übungsfirmen sind grundsätzlich folgende Anforderungen von Bedeutung (vgl. HORLACHER/ STREB 2002, 218):

•  Die Software sollte nicht isoliert einzelne Bereiche wie beispielsweise die Finanzbuchhaltung, sondern im Sinne einer ERP-Lösung die betriebliche Prozess- und Wertschöpfungskette möglichst umfassend abbilden.

•  Die Handhabung der Software sollte einfach zu erlernen sein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang ein modularer Aufbau, so dass die Lernenden nicht von Anfang an mit dem gesamten Produkt vertraut sein müssen, sondern bereits mit wenigen Modulen betriebliche Prozesse mengen- und wertmäßig abbilden können.

•  Die technische Infrastruktur der Schulen sowie die Möglichkeiten zur Systembetreuung sollten nicht überfordert werden.

•  Die Anbieter der betriebswirtschaftlichen Software sollten die Bildungseinrichtungen bei der Implementierung der Software in die Modellunternehmen unterstützen.

Für die Realisierung von E-Commerce sollte ERP-Software den Betrieb von Webshops unterstützen. ERP-Software wie Navison 4.0, Sage KHK Classic Line und SAP R/3 stellen Module zum Betrieb von Webshops bereit, die mit den anderen Modulen zur Fakturierung, Beschaffung, Finanzbuchhaltung usw. verzahnt sind.

Im Hinblick auf Telearbeit kommt als weitere Anforderung an die ERP-Software hinzu, dass die Lernenden zwecks arbeitsteiliger Arbeit und Kooperation gemäß dem Client-Server-Prinzip über das Internet auf den gleichen Stammdatenkranz zugreifen können. Um weitere Investitionen in die Infrastruktur zu vermeiden und einen einfachen technischen Zugang der Lernenden zu ermöglichen, sollte dies nach Möglichkeit ohne die Einrichtung eines VPN (Virtual Private Network) auf der Basis des http- bzw. https-Protokolls möglich sein. Die Client-Schicht beinhaltet hierbei die grafische Benutzeroberfläche des Anwenderrechners. Die Datenbankschicht beinhaltet den Datenbankserver mit den Unternehmensdaten. Die Applikationsschicht verbindet die beiden zuvor genannten Schichten auf der Basis eines Webservers. Die besagten ERP-Programme stellen Webserver-Application zur Verfügung, so dass clientseitig die ERP-Software in einem Webbrowser betrieben werden kann.

Anzumerken ist, dass bei einer Anbindung an den DÜF E-Business durch die Software ZET (Zentralstelle Essen Telekommunikationssoftware) unterstützt wird. Diese Software enthält mehrere Module zur Abwicklung der Transaktionen im ZÜF. So lassen sich beispielsweise die finanziellen Transaktionen bei der Bank des ZÜF ähnlich wie mit einer Homebanking-Software abwickeln. Außerdem können die Vorgänge mit dem Finanzamt und den Krankenkassen elektronisch abgewickelt werden. Überdies wird den angegliederten Übungsfirmen Speicherplatz für einen eigenen Internetauftritt sowie Software zum Aufbau eines Online-Shops zur Verfügung gestellt.

2.3.2  Technische Möglichkeiten zur Unterstützung des Dokumenten- und Workflowmanagements im virtuellen Modellunternehmen

Die abzuwickelnden Workflows, verstanden als die zeitlich-strukturelle Aneinanderreihung von einzelnen, zur Bearbeitung eines Gesamtvorganges notwendigen Teilaufgaben (vgl. NASTANSKY/ BRUSE/ HABERSTOCK/ HUTH/ SMOLNIK 2002, 243), können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Die Spanne reicht von schwachstrukturierten, einmaligen Ad-hoc-Workflows bis hin zu strukturierten, vordefinierten Workflows bei plan- und wiederholbaren sowie gut strukturierten Prozessen.

ERP-Software unterstützen die Verarbeitung strukturierter Informationen in relationalen Datenbanken und können somit nur einen Teil der Informationen eines Unternehmens verarbeiten. Für die Realisierung von Telearbeit stellen sich aus technischer Sicht insbesondere drei Herausforderungen:

•  gemeinsame Ablage der Dokumente, auf die nur berechtigte Personen zugreifen dürfen

•  Unterstützung der netzbasierten Kommunikation

Koordination der Arbeit bzw. Lenkung auch von schlecht strukturierten Workflows

Zur Bewältigung dieser Herausforderungen sollen nachfolgend drei technische Lösungsansätze vorgestellt werden.

Der erste Lösungsansatz basiert auf der Dokumentenablage auf einer gemeinsamen „virtuellen Festplatte“. Dies kann beispielsweise per File Transfer Protocol (FTP) geschehen; darüber hinaus gibt es diverse optimierte Angebote (z.B. http://www.my-files.de). Dieser Lösungsansatz ist mit dem Nachteil verbunden, dass keine Funktionen zur Steuerung des Belegflusses existieren. Es ist lediglich möglich, für die einzelnen Abteilungen Verzeichnisse anzulegen, in denen die Belege abgelegt werden. Bei FTP-Lösungen stellt es sich außerdem – sofern kein eigener Server betrieben wird – oftmals als schwierig dar, die einzelnen Verzeichnisse mit Passwörtern zu schützen und somit deren Nutzung zu limitieren. Auch fehlen Mechanismen zur Vermeidung von Redundanzen, die entstehen, wenn die gleiche Datei zeitgleich von verschiedenen Nutzern bearbeitet wird. Dadurch sind die Workflows bei dieser Variante sehr störungsanfällig.

Der zweite Lösungsansatz basiert auf der Nutzung eine möglicherweise bereits vorhandenen Lernmanagementsystems (z. B. DLS oder Moodle), welches die in E-Learning-Szenarien vorkommenden Prozesse unterstützt. Allerdings lassen sich Mechanismen zur Ablaufsteuerung von E-Learning-basierten Maßnahmen nur bedingt auf Telearbeit übertragen.

Der dritte Lösungsansatz basiert auf dem Einsatz einer Groupware wie beispielsweise IBM Workplace. „Allen Groupwaresystemen gemeinsam ist das Ziel, unter den Teammitglie-dern einen gemeinsamen Informationsraum zu teilen, d.h. gemeinsam zusammen zu stellen, zu nutzen, zu erweitern und zu verändern.“ (OTT 1996, 4) Entsprechende Systeme haben insbesondere zum Ziel, den Arbeitsfluss und das Vorgangsmanagement zwischen den Beteiligten virtueller Projektteams zu unterstützen (vgl. NASTANSKY/ BRUSE/ HABERSTOCK/ HURTH/ SMOLNIK 2002, 235). Hierfür stellt Groupware unter anderem die folgenden Funktionen bereit (vgl. ebd., 249 ff.):

•  Verteilte Datenbankarchitektur und Replikationsmechanismen: Im Gegensatz zu relationalen Datenbanken, die in der Regel auf der zentralisierten Datenhaltung und -verarbeitung basieren, setzt Groupware auf Message-Objekte, die zunächst unabhängig voneinander in lokal und zentral gehaltenen Datenbanken verwaltet werden. Replikationsmechanismen erlauben die Synchronisation der Datenbanken auf der Basis von Abgleichungsregeln.

•  Compound Dokuments können als Container-Objekte strukturierte und unstrukturierte Informationen enthalten. Neben textbasierten und grafischen Elementen können auch multimediale Datentypen integriert werden. Mittels OLE (Object Linking and Embedding) können zusätzlich Objekte, die mit anderer Software erstellt wurden, so in das Compound Document integriert werden, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder mit der ursprünglich verwendeten Software bearbeitet werden können. Im Vergleich zu den beiden ersten Lösungsansätzen bietet diese Variante nicht nur die Möglichkeit, mit anderer Software erstellte Dokumente zu verwalten, sondern direkt mit den integrierten Textverarbeitungsmöglichkeiten die Belege in Notes zu erstellen.

•  Dokumenten- und Transaktionsmanagement der Dokumente sind wesentliche Leistungsmerkmale, wobei zwei Prinzipien zu Grunde liegen:

•  Beim Push-Prinzip wird das Dokument an den nachfolgenden Bearbeiter weitergeleitet. Dies kann beispielsweise per E-Mail geschehen.

•  Beim Pull-Prinzip verbleibt das Dokument in der Datenbank, der Bearbeitungsstatus sowie die anstehenden Arbeitsschritte werden über die Bearbeitungsmasken den Teammitgliedern angezeigt.

•  Sicherheits- und Zugangskonzepte ermöglichen eine präzise skalierbare Definition der Zugriffs- und Bearbeitungsrechte der Teammitglieder.

•  Integrierte Kommunikationsmöglichkeiten insbesondere auf der Basis eines leistungsfähigen E-Mail-Systems erlauben den Versand von Compound Documents.

•  Entwicklungsumgebungen erlauben die Anpassung der Groupware an die konkreten Teamanforderungen.

•  Integrationskonzepte erlauben die Nutzung der Groupware in verschiedenen EDV-technischen Umgebungen.

Fazit: Im Hinblick auf die Ablage der Belege und die Steuerung des Belegflusses stellt Groupware die mit Abstand leistungsfähigste Lösung dar, weil sie explizit für solche Zwecke konzipiert wurde. Groupware kommen in der Praxis oftmals im Zusammenspiel mit betriebswirtschaftlicher Software zum Einsatz. Aufgrund der Entwicklungen von Schnittstellen zur ERP-Software (z. B. zwecks Übernahme von Adressdaten) sowie die Anpassung an die konkreten betrieblichen Verwendungszwecke ist die Groupware sehr aufwändig hinsichtlich der Implementation.

2.3.3  Ausstattung der heimischen Arbeitsplätze

Als Telearbeiter sollten die Lernenden nach Möglichkeit von einem schulexternen Standort (insbesondere vom heimischen Arbeitsplatz) aus in der Übungsfirma arbeiten können. Hierfür müssen die Lernenden über einen PC mit Internetzugang und ggf. Drucker verfügen. Der PC sollte über die üblichen Office-Programme (Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationssoftware, E-Mail-Software, Webbrowser) verfügen. Wenn per Webbrowser auf die die ERP-Software und Groupware zugegriffen wird, erübrigt sich deren lokale Installation. Der Internetzugang sollte mindestens über ISDN-Geschwindigkeit verfügen. Für eine einfache Wartung empfiehlt sich eine einheitliche Konfiguration der Systeme in Verbindung mit der Installation einer Software zur Fernwartung.

Neben der Technik der Infrastruktur kommt deren Finanzierung eine zentrale Bedeutung zu. Sofern den Lernenden keine eigene Infrastruktur zur Verfügung steht, sollten sie die Möglichkeit haben, einen schuleigenen Notebook auszuleihen. Darüber hinaus ist zu klären, wer die Kosten des Internetzugangs trägt.

Als Alternative ist auch möglich, außerhalb des Übungsfirmenraumes im Schulgebäude – beispielsweise im schulinternen Selbstlernzentrum – Telearbeitsplätze einzurichten.

 

3.  Praxisbeispiele zur Implementation von E-Business und Telearbeit

3.1  Ausbildung von schwerstkörperbehinderten Menschen zu Bürokaufleuten im Virtuellen Berufsbildungswerk

Das Modellprojekt "Aufbau eines virtuellen Berufsbildungswerkes zur Erstausbildung von schwerstkörperbehinderten Menschen", im weiteren Verlauf kurz als Virtuelles Berufsbildungswerk (VBBW) bezeichnet, wurde in der Zeit vom 01.09.2000 bis 31.08.2003 in Kooperation zwischen den Berufsbildungswerken in Neckargemünd und Hannover (in Zusammenarbeit mit der Berufsbildenden Schule 14) durchgeführt.

In den drei Jahren wurden insgesamt 19 schwerstkörperbehinderte Menschen – inklusive IHK-Abschlussprüfung – nahezu vollständig virtuell via E-Learning und Telearbeit entsprechend § 25 BBiG zu Bürokaufleuten ausgebildet. Das ehemalige Bundesministerium für Arbeit finanzierte einen Teil der Anlaufinvestitionen und die wissenschaftliche Begleitung durch den Autor (Förderkennzeichen: Vb 2 - 58 663 - 6/52). Ansonsten finanzierten die beiden Berufsbildungswerke die berufliche Erstausbildung der Teilnehmenden über die Kostensätze der Bundesagentur für Arbeit bzw. der zuständigen Arbeitsämter. Bereits nach dem ersten Ausbildungsjahr wurde das VBBW in den Regelbetrieb überführt, d.h. seit 2001 werden jährlich neue Auszubildende aufgenommen.

Im VBBW wird das pädagogische Innovationspotenzial der Neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (NIKT) in zweifacher Hinsicht zum Wohle behinderter Menschen genutzt:

•  Die Ausbildung wurde nahezu vollständig virtuell via E-Learning und Telearbeit abgewickelt, so dass die Auszubildenden vom heimischen Arbeitsplatz aus an der Ausbildung teilnehmen konnten. Somit konnten die Lern- und Arbeitszeiten flexibel gestaltet und Pflegemaßnahmen individuell im häuslichen Umfeld organisiert werden.

•  Weitergehend wurden die Auszubildenden auf eine spätere Berufsausübung via Telearbeit vorbereitet, um die berufliche Mobilität bei gleichzeitiger Beibehaltung des Wohnortes zu gewährleisten (vgl. Goll/Lilienthal/Zapp 2000, 13 ff.).

Das Konzept des VBBW inklusive der Ausgestaltung der Übungsfirmen sowie die Evaluationsergebnisse wurden bereits in der Ausgabe 6 von bwp@ (vgl. SCHRÖDER 2004) vorgestellt. Als Ergebnis einer umfangreichen Evaluation (ausführlich in SCHRÖDER 2006) kann konstatiert werden, dass sich die virtuelle Ausbildung inklusive der Übungsfirmenarbeit bewährt hat

3.2  Staatlich geprüfte Kaufmännische Assistentin / Staatlich geprüfter Kaufmännischer Assistent und Fachhochschulreife am Berufskolleg Ennepetal

Zum Schuljahr 2004/05 führte das Berufskolleg Ennepetal (BEN) den dreijährigen (Klassen 11 – 13) Bildungsgang „Staatlich geprüfte Kaufmännische Assistentin / Staatlich geprüfter Kaufmännischer Assistent und Fachhochschulreife“ (APO-BK, Anlage C3) ein. Der Bildungsgang kann in zwei Stufen abgeschlossen werden:

•  Die Schülerinnen und Schüler erwerben mit dem Bestehen der Fachhochschulreifeprüfung den schulischen Teil der Fachhochschulreife, gleichzeitig werden erweiterte berufliche Kenntnisse zertifiziert. Wenn sie nicht an der Berufsabschlussprüfung teilnehmen, wird die volle Fachhochschulreife erst mit dem zusätzlichen Nachweis von mindestens 24 Wochen Praktikum oder einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung erworben.

•  Zusätzlich zur Fachhochschulreifeprüfung erwerben die Absolventinnen und Absolventen mit der Berufsabschlussprüfung den Berufsabschluss nach Landesrecht „Staatlich geprüfte Kaufmännische Assistentin / Staatlich geprüfter Kaufmännischer Assistent“ sowie die volle Fachhochschulreife.

Der Bildungsgang stellt eine Antwort des Berufskollegs Ennepetal auf die schwierige Situation auf dem Ausbildungsmarkt dar, weil die Schülerinnen und Schüler

•  die vollständige Fachhochschulreife erwerben können und

•  nach dem erfolgreichen Abschluss des Bildungsgangs (mit Berufsabschluss nach Landesrecht) auch ohne eine duale Berufsausbildung kaufmännische Sachbearbeitertätigkeiten ausüben können.

Vor dem Hintergrund des praktischen Anspruchs des Bildungsgangs kommt der Arbeit im Modellunternehmen eine zentrale Bedeutung zu. Deshalb werden wesentliche Fächer des fachlichen Schwerpunkts (Spezielle BWL, Betriebsorganisation / ERP- und PPS-Systeme, Informationswirtschaft) im Rahmen der Übungsfirmenarbeit abgebildet. Konkret bedeutet dies, dass durch Verschiebungen von Inhalten in den Jahrgangsstufen 11 und 12 die Klasse 13 durch einen hohen Anteil praktischen Arbeitens in der Übungsfirma (18 der 38 wöchentlichen Unterrichtsstunden) geprägt ist.

Das Geschäftsmodell der Übungsfirma (Handel und Produktion von Bürozubehör und -möbeln) ist so angelegt, dass neben Handels- auch Produktionsprozesse mit der Hilfe von Navision gemanagt werden können. Außerdem erfolgt ein Anschluss an den DÜF. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit zur schulinternen Verzahnung mit BEN-Junior; in dieser Juniorfirma werden in Kooperation zwischen den Klassen von angehenden Industriekaufleuten und Industriemechanikern Kompaktlocher produziert.

Ein besonderer Stellenwert kommt der Integration der Informationstechnologien zu.

•  Das Berufskolleg Ennepetal hat vor zwei Jahren die ERP-Software Navision eingeführt, die in verschiedenen kaufmännischen Bildungsgängen zum Einsatz kommt. Die Geschäftsprozesse der Übungsfirma werden ebenfalls umfassend in Navision abgebildet. Anzumerken ist, dass die Implementation von Navision an den Berufskollegs in NRW vom Landesinstitut für Schulentwicklung Stuttgart (durch Schulungen in Kooperation mit dem Landesinstitut für Schule/Qualitätsagentur in Soest) unterstützt wird. Das Berufskolleg Ennepetal wiederum bietet im Regierungsbezirk Arnsberg Lehrerfortbildungen an. Im Mai 2006 haben die mit der Übungsfirma betrauten Lehrer des BEN die Walther-Groz-Schule in Albstadt besucht, um den Übungsfirmenbetrieb mit Navision zu studieren.

•  Im zweiten Schulhalbjahr der Klasse 13 sollen die Lernenden die Hälfte der Arbeitszeit von zu Hause aus via alternierender Telearbeit erbringen, damit sie die virtuelle Zusammenarbeit und Abwicklung von Geschäftsprozessen praxisnah erfahren und lernen. Sofern die Lernenden über keine eigene Infrastruktur verfügen, werden vom Berufskolleg leihweise Notebooks zur Verfügung gestellt. Zum Schuljahr 2006/07 erfolgt ein Update von Navision Attain 3.1 auf Navision 4.0, weil die aktuelle Version clientseitig auch im Webbrowser betrieben werden kann. Für die netzbasierte Kommunikation und Kooperation wird das am BEN vorhandene Lernmanagementsystem DLS DistanceLearningSystem® genutzt. Außerdem wird angestrebt, in Kooperation mit der SIHK Hagen eine Prüfungsordnung für Telearbeit zu entwickeln, so dass die Lernenden – zusätzlich zur Fachhochschulreife und Berufsabschlussprüfung – ein Zertifikat hinsichtlich ihrer Telearbeitskompetenzen erwerben können.

•  Angesichts der zunehmenden Bedeutung wird ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt auf E-Business gelegt, wobei – über die Einrichtung eines Online-Shops hinaus – mit Navision 4.0 möglichst alle auf dem Internet basierten Kerngeschäftsprozesse abgebildet werden sollen. Das Berufskolleg ist sei Mai 2006 akkreditiertes ebja (Electronic Business Junior Assistant)-Schulungszentrum des Verbandes eco (Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V.). Ähnlich wie hinsichtlich der Telearbeit erhalten die Lernenden hiermit die Möglichkeit, sich auch die Kompetenzen zum E-Business separat zertifizieren zu lassen.

Anzumerken ist, dass die Kolleginnen und Kollegen, die in der Übungsfirma des Berufskollegs Ennepetal unterrichten, die Zertifizierung zum TeleCoach der Wirtschaft (vgl. KAISER/ SCHRÖDER 2001) absolviert haben und über umfassende Erfahrungen mit der virtuellen Betreuung von Lernenden verfügen. Weiterhin ist das Berufskolleg Ennepetal akkreditierter Anbieter der E-Learning-Weiterbildungsmaßnahme TTE TeleTeacher®, die sich insbesondere an Lehrkräfte der Sekundarstufe II wendet. Lehrkräfte, die den besagten Lehrgang absolviert haben, können sich zur Zertifizierungsprüfung bei der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Institut für Ökonomische Bildung) anmelden.

Perspektivisch sollen am Berufskolleg Ennepetal zentrale Elemente des Übungsfirmenkonzepts auch in die Lernfirmen anderer Bildungsgänge implementiert werden. Dies betrifft insbesondere die Höhere Handelsschule (APO-BK, Anlage C5) sowie die Bildungsgänge „Kaufmännischer Assistent/Kaufmännische Assistentin und Allgemeine Hochschulreife“ (APO-BK, Anlage D12) und „Technischer Assistent/technische Assistentin für Betriebsinformatik und Allgemeine Hochschulreife“ (APO-BK, Anlage D13).

 

Literatur

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