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 bwp@ Ausgabe Nr. 10 | Juli 2006
Lernfirmen

20 Jahre Juniorenfirmen – Vergangenheit und Perspektive einer ergänzenden Ausbildungsmethode – Ergebnisse einer Umfrage


 

 


1.  Juniorenfirmen: Ein kurzer Abriss

1975 wurde in der Zahnradfabrik Friedrichshafen AG die erste Juniorenfirma, damals noch als „Übungsfirma mit realem Geschäftsbetrieb“ bezeichnet (SOMMER/ FIX 1989, 172), für den Ausbildungsberuf Industriekaufleute gegründet. Die Bezeichnung „reale Übungsfirma“ führte damals immer wieder zu Verwechslungen mit den simulierenden Übungsfirmen, den Scheinfirmen (SOMMER/ FIX 1989, 177). So musste eine neue Bezeichnung für diese Art der Einrichtung gefunden werden. Das Ergebnis war der Begriff `Juniorenfirma´, „...ein Begriff, welcher die Verwandtschaft zu der vor allem in den USA verbreiteten Junior-Achievement-Bewegung erkennen läßt“ (SOMMER/ FIX 1989, 177-178). Um die Erfahrungen, die in der realen Übungsfirma gemacht wurden, weiterzuentwickeln, unter anderen Bedingungen zu erproben, anzureichern und durch empirische Forschung zu sichern, führte das Bundesinstitut für Berufsbildung einen Modellversuch in den Jahren 1983 bis 1986 mit insgesamt acht Betrieben des süddeutschen Raumes durch (FIX 1994). Ausgangspunkt war die Tatsache, dass sich die Projektmethode in der gewerblich-technischen Ausbildung bewährt hat (FIX 1984, 83). Die zentrale Fragestellung dieses Modellversuches lautete, „...ob sich eine projektorientierte Ausbildung auch für die kaufmännische Berufsausbildung eignet“ (FIX 1988, 134). Der Modellversuch ergab, dass die Juniorenfirma als geeignete Variante der projektorientierten Ausbildung bezeichnet werden kann (FIX 1994).

Die Juniorenfirma weist im Wesentlichen folgende Merkmale auf (KUTT 2002, 4; DIPPL et al. 2004, 26):

Es handelt sich um ein reales Projekt, welches auf Dauer angelegt ist und unter dem Schirm des Ausbildungsbetriebes gegründet wird. Reale Waren- und Dienstleistungsströme stehen realen Geldströmen gegenüber. Die Auszubildenden führen die Juniorenfirma, die rechtlich nicht selbstständig ist, in eigener Verantwortung. Durch die Verbindung von Arbeit und Lernen erfolgt das Lernen in und durch die Arbeit, ergo praxisnah und handlungsorientiert. Es gilt das Prinzip „Learning-By-Doing“, d. h. Fehler dürfen entstehen, wenn aus ihnen gelernt wird.

Betrachtet man die Entwicklung der Juniorenfirma als ergänzende, nachhaltige, handlungsorientierte Methode in der Erstausbildung zwischen 1986 und 2006, dann ist festzustellen, dass folgende, teilweise auch gravierende Veränderungen erfolgten:

Das didaktische Ziel der Juniorenfirma, „bei dem der Lernerfolg im Mittelpunkt steht“ (DIPPL et al. 2004, 45), wird seit Bestehen dieser Ausbildungsmethode als zentrales Ziel verfolgt. Die Vermittlung beruflicher Handlungsfähigkeit sowie der Erwerb und die Förderung von Schlüsselqualifikationen mit den vier Säulen Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Mitwirkungskompetenz (FIX 1994, W2 ff.) ist die ursächliche Aufgabe der Juniorenfirma, „ganz im Sinne des chinesischen Sprichwortes: „Ich höre – und vergesse, ich sehe – und behalte, ich tue – und begreife“ (TSUCHIYA 1997, 18). Im Laufe der Jahre entwickelten sich neben dem didaktischen Leitziel zwei weitere Leitziele, so dass heute von insgesamt drei Zielebenen bzw. von drei Leitzielen gesprochen wird (KUTT 2002, 3):

Didaktik, Ökonomie, Innovation

Das ökonomische Ziel betont den Geschäftswert der Juniorenfirma. Die Auszubildenden handeln eigenverantwortlich in einer real existierenden Firma, bei der reale Waren- und Dienstleistungen gegen reales Geld verkauft werden. „Diese Zielebene ist für die Motivation der Lernenden überaus wichtig, weil sie anders als sonst in ihrer Ausbildung tatsächlich verantwortlich für ihr Handeln sind und sich die Qualität ihres Handelns in realen wirtschaftlichen Kennzahlen niederschlägt.“ (DIPPL et al. 2004, 46) Das innovative Leitziel betont die Veränderung, den Prozess sowie die Fluktuation der Ausbildungsmethode Juniorenfirma. „Die Juniorenfirma ist kein festes Gebilde, sondern ein Ausbildungskonzept, dass in der Praxis in sehr unterschiedlicher Ausprägung in Bezug auf Ziele, Organisation, Struktur und Geschäftsfelder zu finden ist. Es kann ständig weiterentwickelt und angepasst werden. Das heißt, dass die Junioren nicht bloß in der Juniorenfirma lernen und arbeiten, sondern das Lernarrangement selbst verändern können“ (DIPPL et al. 2004, 46).

Zu Beginn des Modellversuches 1983 existierten acht Juniorenfirmen in süddeutschen Betrieben. Mittlerweile sind etwa 75 Juniorenfirmen aus Betrieben, Schulen und überbetrieblichen Ausbildungsstätten in der Arbeitsgemeinschaft der Juniorenfirmen zusammengeschlossen (vgl. DIPPL et al. 2004, 41). Es dürften aber wesentlich mehr Juniorenfirmen existieren, da es keine Verpflichtung gibt, sich der Arbeitsgemeinschaft der Juniorenfirmen anzuschließen.

Aus dem o. g. ökonomischen Leitziel ergibt sich zwangsläufig, dass die Auszubildenden für ein erfolgreiches unternehmerisches und wirtschaftliches Handeln sensibilisiert werden. Daraus entwickelte sich ein weiteres entscheidendes Merkmal der Juniorenfirma, nämlich das unternehmerische Denken und Handeln. „Juniorenfirmen eignen sich deshalb insbesondere dafür, Verständnis für die Kriterien erfolgreichen wirtschaftlichen Handelns zu entwickeln sowie Kompetenzen und Einstellungen zum Projektmanagement wie auch umfassender zum unternehmerischen Denken und Handeln im Sinne des Entrepreneurship zu fördern“ (TRAMM/ GRAMLINGER 2002, 11).


2. Umfragen 1986 und 2006

1986 führte Thomas BRAUN im Rahmen seiner Diplomarbeit „Das Konzept der Juniorenfirma als Beispiel für neue berufliche Perspektive in der beruflichen Erstausbildung“ (BRAUN 1986) eine Umfrage bei 13 Unternehmen durch, die über eine Juniorenfirma als ergänzende Methode zur betrieblichen Ausbildung verfügten.

Basierend auf der damaligen Untersuchung hat der Verfasser zwischen August und Oktober 2005 erneut eine Umfrage durchgeführt. Die Fragestellungen wurden zum einen in vielen Punkten original von der damaligen Untersuchung Thomas BRAUNs übernommen. Zum anderen wurde der Fragenkatalog unter den Gesichtspunkten fortschreitende Technisierung, ökologische Komponenten sowie Unternehmerqualifikation (Stichwort: unternehmerisches Denken und Handeln in der kaufmännischen Ausbildung) in der Berufsausbildung weiter entwickelt.

2.1  Aufbau des Fragebogens

Der Fragebogen enthielt fünf Abschnitte:

A. Angaben zum Ausbildungsbetrieb sowie zur Juniorenfirma

B. Meinung der Betreuerin/des Betreuers der Juniorenfirma

C. Angaben zur Person (der Auszubildenden)

D. Angaben zur Juniorenfirma

E. Anwendung der Kenntnisse und Nutzen der Juniorenfirma

Während die Abschnitte A und B von der Betreuerin/dem Betreuer der Juniorenfirma auszufüllen waren, richteten sich die Abschnitte C, D und E an die Auszubildenden, die zum Zeitpunkt der Umfrage in der Juniorenfirma eingesetzt sind bzw. in der Juniorenfirma tätig gewesen, aber zum Zeitpunkt der Umfrage nicht mehr aktiv im Einsatz waren.

2.2  Die beteiligten Betriebe

Betriebe, Institutionen und berufsbildende Schulen, die über eine Juniorenfirma verfügen, haben die Möglichkeit, sich der Arbeitsgemeinschaft der Juniorenfirmen (AG) anzuschließen ( www.Juniorenfirmen.de ). Für den Verfasser war die veröffentlichte Liste der AG mit 42 Juniorenfirmen in Betrieben, 11 in Institutionen und 26 in berufsbildenden Schulen Grundlage für die Befragung im Zeitraum August bis Oktober 2005. Die Juniorenfirmen in den berufsbildenden Schulen wurden nicht in die Umfrage einbezogen, da die dortigen Rahmenbedingungen sich von den Ausbildungsbetrieben und Institutionen grundsätzlich unterscheiden und hierzu eine eigenständige Umfrage erforderlich wäre. Da davon ausgegangen werden darf, dass es noch eine weitere (beträchtliche) Anzahl von Betrieben und Institutionen gibt, die nicht der AG angeschlossen sind, ist sich der Verfasser der Tatsache bewusst, dass die folgende Auswertung der Umfrage keinen repräsentativen Charakter haben kann. Dennoch sind die Aussagen der beteiligten Ausbildungsbetriebe mit ihren Juniorenfirmen und den Auszubildenden ein wichtiges Indiz bezüglich der Relevanz, Akzeptanz und Fortschrittlichkeit der Ausbildungsmethode. Der Fragebogen wurde an 42 Betriebe und 11 Institutionen verschickt, die über eine Juniorenfirma als ergänzende Ausbildungsmethode verfügen. 17 Betriebe gaben eine Rückmeldung Ein Betrieb konnte aus innerbetrieblichen Gründen an der Umfrage nicht teilnehmen. Zwei Betriebe haben die Tätigkeit der Juniorenfirma eingestellt. Von den angeschriebenen Institutionen gab es keinen Rücklauf. Die Rücklaufquote mit den verwertbaren Ergebnissen betrug demnach 26 %.

Folgende Unternehmen nahmen an der Befragung teil:

 

3.  Ergebnisse

64 % der o. g. Unternehmen stammen aus dem süddeutschen Raum (Bayern und Baden-Württemberg). Das Konzept der Juniorenfirma hat sich seit ihrem Bestehen auch in die nördlichen Landesteile ausgedehnt. Aber der geografische Schwerpunkt der Juniorenfirmen liegt offenbar weiterhin in den süddeutschen Bundesländern.

Wegen des umfangreichen Fragenkataloges und der entsprechenden Auswertung beschränkt sich die Darstellung der Ergebnisse aus Kapazitätsgründen auf die wesentlichen drei Leitziele Didaktik, Ökonomie und Innovation.

3.1  Meinung der Betreuerin/des Betreuers der Juniorenfirma

Die Auswertung der nachfolgend dargestellten Kriterien beruht auf den Aussagen von 11 verantwortlichen Betreuerinnen und Betreuern von Juniorenfirmen.

Die Höhe des Anfangskapitals, das der Ausbildungsbetrieb für die Gründung der Juniorenfirma zur Verfügung gestellt hat, ist sehr unterschiedlich. Sie reicht von 250 € bis 25.000 €. Im Durchschnitt betrug das Anfangskapital 6.031,25 €. Aber nicht alle Juniorenfirmen erhielten ein Anfangskapital. Von elf Juniorenfirmen wurde eine Juniorenfirma aus den vorhandenen Büroeinrichtungen der technischen Ausbildung ausgestattet. Eine andere Juniorenfirma besitzt keine Dokumentation über das Anfangskapital. Von einer Juniorenfirma erfolgten keine Angaben. Das Grundkapital der Juniorenfirmen hat sich seit deren Bestehen bei sechs Juniorenfirmen erhöht. Bei vier Juniorenfirmen gab es keine Erhöhung. Die Erhöhung des Grundkapitals bei sechs Juniorenfirmen erfolgte durch das Erwirtschaften von Gewinnen (83 %). Eine Kapitalspritze, bei der der Ausbildungsbetrieb finanzielle Unterstützung gewährte, lag bei keiner der Juniorenfirmen vor. Lediglich ein Betrieb erhöhte sein Grundkapital durch interne Verrechnungen mittels Betriebsabrechnungsbogen.

Die Motivation der Auszubildenden, die in der Juniorenfirma arbeiten, verändert sich nach Einschätzung aller 11 Betreuerinnen und Betreuer dahingehend, dass diese zunimmt. Die Ausdauer und Belastbarkeit der Auszubildenden nimmt nach Ansicht von 82 % der Befragten zu. Die Begründung eines Betriebes lautet hier: „Motivierte Mitarbeiter, mehr Verantwortung, mehr Eigeninitiative.“ Aus Sicht eines anderen Ausbildungsbetriebes sind Ausdauer und Belastbarkeit unterschiedlich: „Kommt auf die Motivation des Auszubildenden an.“

Die Besetzung der einzelnen Funktionen in der Juniorenfirma (mehrere Antworten waren möglich) erfolgt in 55 % der Fälle nach den Wünschen der Auszubildenden, 45 % nach der fachlichen Eignung und 64 % unter sonstigen Gesichtspunkten (Abb. 1).

Unter der Angabe „Sonstiges“ (64 %) als Auswahlkriterium ist konkret Folgendes zu verstehen (Originalantworten):

•  „nach Absprache werden die Aufgaben verteilt (alle)“

•  „keine eindeutige Funktionsverteilung, jeder macht alle Tätigkeiten“

•  „nach Ausbildungsplan“

•  „jeder kommt einmal in die Juniorenfirma“

•  „nach Versetzungsplan“

•  „Auswahl durch die zuständigen Ausbildungsleiter“

•  „Azubis machen Durchlauf“

Der Stellenwert bzw. die Akzeptanz der Juniorenfirma innerhalb der Belegschaft der Ausbildungsbetriebe ist sehr hoch.

•  „Gute Akzeptanz nach anfänglicher Schwierigkeit“

•  „Geschätzt und unterstützt, Azubis haben gesamt durch Juniorenfirma an Anerkennung gewonnen.“

•  „beliebt bei vielen Mitarbeitern“

•  „gute Akzeptanz, Produkte werden gerne gekauft, viel Verständnis, wird als tolle Möglichkeit für die Azubis angesehen…“

Für zehn Unternehmen stellt sich die Frage nach einer Abschaffung der Juniorenfirma als Ausbildungsmethode gegenwärtig nicht. Lediglich in einem Unternehmen werden derartige Überlegungen angestellt, „da die Anzahl der Auszubildenden die Arbeit in der Juniorenfirma zeitweise nicht gewährleistet“.

Neun von 11 der befragten Unternehmen sind der Ansicht, dass die Tätigkeit in der Juniorenfirma die Auszubildenden zu unternehmerischem Denken und Handeln und damit zu potentiellen Unternehmerinnen und Unternehmern qualifiziert. Die Begründungen hierfür sind u. a.:

•  „Die Auszubildenden müssen selbstständig alle anfallenden Tätigkeiten ausführen und werden so in ihrem unternehmerischen Denken und Handeln geschult.“

•  „Selbstständigkeit und Verantwortung führen zu diesem Ergebnis.“

•  „Azubis müssen eigenständig den Prozess von der Bestellung bis zu den Jahresabschlussarbeiten durchführen, dies schult.“

Für ein Unternehmen hängt die Qualifizierung zum Unternehmertum vom Leistungsstand der Auszubildenden ab.

•  „Vordergründiges Ziel ist deshalb die Ausprägung von Schlüsselqualifikationen, wie Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Selbstständigkeit.“

•  Ein anderes Unternehmen verneint die Qualifizierung der Auszubildenden zu unternehmerischen Denken und Handeln.

•  „Überwiegend nicht, nur die Abt. Finanzen hat direkt Kontakt mit den Einnahmen und Ausgaben, kein Bezug der übrigen Auszubildenden dazu.“


3.2  Angaben zur Person der Junioren

Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf die Auswertung der Fragebögen von 45 Auszubildenden (im Folgenden: Junioren), die zum Zeitpunkt der Umfrage in der Juniorenfirma eingesetzt waren bzw. bereits aus der Juniorenfirma ausgeschieden sind.

2/3 der Auszubildenden, die in der Juniorenfirma tätig waren oder sind und an der Umfrage teilgenommen haben, sind weiblich, 1/3 ist männlich (Abb. 2).

Das Durchschnittsalter der Junioren beträgt 20,6 Jahre. Die jüngste Teilnehmerin bzw. der jüngste Teilnehmer der Befragung ist 17 Jahre. Die älteste Teilnehmerin bzw. der älteste Teilnehmer ist 33 Jahre.

82 % der befragten Junioren üben einen kaufmännischen Ausbildungsberuf aus.

18 % der Junioren sind Auszubildende aus dem gewerblichen Bereich.

Bei den kaufmännischen Junioren bilden die Industriekaufleute mit einem Anteil von 51 % die Mehrheit. Dieses Ergebnis verwundert nicht, da es sich bei der Mehrzahl der an der Umfrage beteiligten Ausbildungsbetriebe um Industriebetriebe handelt, die den Ausbildungsberuf Industriekaufleute ausbilden. 30 % der Junioren lernen den Ausbildungsberuf Kaufleute für Bürokommunikation. Die restlichen 19 % setzen sich zusammen aus Studentinnen und Studenten der Berufsakademie (11%), Groß- und Außenhandelskaufleuten (5 %) und Bürokaufleuten (3 %). Bei den gewerblichen Auszubildenden bilden die Ausbildungsberufe Lacklaborantin/Lacklaborant sowie Chemielaborantin/Chemielaborant mit jeweils 37 % die Mehrheit aller an der Umfrage beteiligten gewerblichen Junioren. Industriemechanikerinnen und -mechaniker und Mechatronikerinnen und -mechaniker sind mit jeweils 13 % vertreten.

3.3  Angaben zur Juniorenfirma

Nachfolgende Ergebnisse beruhen auf Antworten von 14 Juniorenfirmen. Teilweise sind mehrere Antworten möglich gewesen.

Die älteste Juniorenfirma, die an der Befragung teilnahm, wurde 1975 gegründet. Die jüngste Juniorenfirma wurde 2002 gegründet.

Die Idee, im Ausbildungsbetrieb eine Juniorenfirma als Ergänzung zur betrieblichen Ausbildung einzuführen, stammt bei 79 % der Betriebe von den Ausbildungsleiterinnen und Ausbildungsleitern. Die Idee ging weiterhin bei 36 % der Betriebe von den Ausbilderinnen und Ausbildern aus. Mehrere Antworten waren möglich.

Geschäftsbeziehungen zwischen den Juniorenfirmen bestehen lediglich bei drei von 14 Juniorenfirmen.

Die ökologische Komponente (Stichwort: Nachhaltigkeit) spielt bei einer großen Mehrheit der Juniorenfirmen eine wichtige Rolle. 12 von 14 Juniorenfirmen handeln nach ökologischen Grundsätzen. Hier wäre in einer weiteren Umfrage die ökologische Komponente detaillierter zu erforschen (ökologisch orientierte Juniorenfirma).

12 von 14 Juniorenfirmen erzielen einen Gewinn. Der erwirtschaftete Gewinn wird auf unterschiedliche Weise verwendet. So werden z. B. neue Produkte finanziert, in neue Büroausstattungen und EDV-Systeme investiert, Werbemittel hergestellt sowie Freizeitaktivitäten der Auszubildenden und Jahresausflüge und Weihnachtsfeiern der Juniorenfirmen durchgeführt.

Die Anzahl der Auszubildenden, die in der Juniorenfirma zum Zeitpunkt der Umfrage eingesetzt waren, reicht von einer bis hin zu 48 Personen. Im Schnitt sind 10 Auszubildende pro Juniorenfirma tätig.

In den Juniorenfirmen sind die klassischen Abteilungen wie Geschäftsführung, Einkauf, Verkauf, Rechnungswesen, Controlling, Personalabteilung und Öffentlichkeitsarbeit vertreten. Aber auch speziell auf die Belange einzelner Juniorenfirmen zugeschnittene Abteilungen wie EDV, Entwicklung und Konstruktion sind in einigen Juniorenfirmen etabliert. Es gibt aber auch Juniorenfirmen, die keine Aufteilung in die einzelnen Abteilungen vornehmen. In diesen Fällen übernehmen die Junioren alle anfallenden Arbeiten, gleich, welcher Abteilung sie zuzuordnen wären.

Eine Übersicht über die Einrichtung und Hilfsmittel der Juniorenfirmen zeigt, dass die Juniorenfirmen gut bis sehr gut ausgestattet sind und damit eine wichtige Voraussetzung erfüllen, um als echter Kleinbetrieb im Großbetrieb fungieren zu können (Abb. 3).

Über eine eigene E-Mail-Adresse verfügen 100 % der Juniorenfirmen ebenso wie über einen eigenen Telefonanschluss und über ein eigenes Büro. Der Zugang zum Internet ist bei 93 % der Juniorenfirmen gewährleistet. Allerdings verfügen gleichzeitig nur 50 % der Juniorenfirmen über eine eigene Homepage. Die Möblierung der Juniorenfirma erfolgte zu 77 % durch Neuanschaffung bzw. zu 71 % aus Altbeständen. Ein Faxanschluss ist bei 71 % der Juniorenfirmen vorhanden.

3.4  Anwendung der Kenntnisse und Nutzen in der Juniorenfirma

Grundlage der folgenden Auswertungen sind die Aussagen von 49 Junioren.

49 % der Befragten sind der Ansicht, dass sie das meiste der in der Juniorenfirma erworbenen Kenntnisse im späteren Beruf anwenden können (Abb. 4). 10 % sind sogar der Ansicht, dass alles zur Anwendung gelangen wird.

Langfristig wird der Nutzen der Juniorenfirma im Rahmen der Ausbildung von 84 % der Befragten als eher positiv betrachtet (Abb. 5).

Bei den in Abbildung 6 dargestellten Kriterien hatten die Befragten die Antwortmöglichkeiten

•  „stimmt“

•  „teilweise“

•  „stimmt nicht“.

Dargestellt werden die Antworten zur Antwortmöglichkeit „stimmt“.

Verantwortung in der Arbeit zu tragen ist für 82 % der Befragten eine Kompetenz, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Juniorenfirma erworben haben.

Durch die Arbeit in der Juniorenfirma selbstständiger geworden sind 73 % der Befragten.

Eigene Entscheidungen bzw. Entscheidungen im Team treffen zu können, trifft für 78 % der Befragten zu.

80 % können ihr Arbeitstempo weitgehend selbst bestimmen.

73 % der Befragten konnten durch ihre Tätigkeit in der Juniorenfirma ihre Kenntnisse erweitern.

53 % der Befragten sind teilweise der Ansicht, dass die in der Juniorenfirma erlernten Kenntnisse in direkter Weise auf die spätere Berufstätigkeit übertragbar sind. 41 % sind von dieser Ansicht ohne Einschränkung überzeugt. 82 % der Befragten macht die Arbeit in der Juniorenfirma Spaß. 18 % sind der Ansicht, dass die Arbeit keinen (2 %) bzw. nur zum Teil (16 %) Spaß bereitet. Begründet werden diese Ansichten mit folgenden beispielhaften Aussagen:

•  „alles zu unorganisiert“,

•  „oft viel Stress wegen der normalen Arbeit, die zusätzlich anfällt“,

•  „Schwierigkeiten in der Kommunikation“,

•  „Unklarheiten bei bestimmten Vorgängen“,

•  „Man ist `nur´ der Auszubildende, kein Geschäftsführer“.

Die Freude an der Ausübung der Tätigkeit in der Juniorenfirma schlägt sich auch im folgenden Ergebnis nieder. 86 % der Befragten gaben an, dass die Mitarbeit in der Juniorenfirma keine Belastung darstellt.

Lediglich 14 % vertreten die Ansicht, dass die Arbeit (teilweise) eine Belastung für sie bedeutet. Begründet wird diese Ansicht mit folgenden beispielhaften Aussagen:

•  „sehr stressig, große Verantwortung ist zu tragen“,

•  „Probleme in der Teamfähigkeit“,

•  „man muss öfters die reguläre Arbeit in der Abteilung zurückstellen“.

86 % der Befragten stimmen der Aussage zu, dass sie lernen, unternehmerisch zu denken und zu handeln.

27 der befragten Junioren können sich nicht vorstellen, sich eines Tages beruflich selbstständig zu machen (Abb. 7). Für 20 Junioren wäre die berufliche Selbstständigkeit eine Alternative zur abhängigen Beschäftigung. Zwei Junioren sind sich bei dieser Fragestellung unschlüssig.

 

4.  Konsequenzen und Ausblick

Die dargestellten Ergebnisse spiegeln sowohl aus der Sicht der Junioren als auch aus der Sicht des verantwortlichen Ausbildungspersonals eine große Zustimmung zu der nachhaltigen ergänzenden Ausbildungsmethode Juniorenfirma wider.

Die Motivation – zentrale Voraussetzung einer jeden Handlung – der Auszubildenden wird in der Juniorenfirma durch das konkrete Erwirtschaften eines Gewinns, durch die hohe Akzeptanz der Methode innerhalb der Belegschaft der Ausbildungsbetriebe sowie durch selbstständige Handlung und Entscheidung gefördert. Die Verantwortlichen für die Ausbildung erkennen ihrerseits, dass durch die hohe Motivation der Junioren die Fortführung und der Nutzen der Juniorenfirma im Rahmen der Ausbildung sowohl für die Junioren selbst als auch für die Ausbildungsbetriebe unerlässlich sind.

Das didaktische Leitziel der Juniorenfirma mit dem Ausbildungswert als ursprüngliches zentrales Element wird durch die Förderung und Forderung von Verantwortung, Selbstständigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Ausdauer und Belastung in allen befragten Juniorenfirmen ebenso gleichwertig verfolgt und umgesetzt wie das ökonomische Ziel durch das Erwirtschaften eines Gewinns in 12 von 14 Juniorenfirmen. Der Einsatz von Juniorenfirmen führt damit zum einen zur Senkung der Ausbildungskosten für die Ausbildungsbetriebe. Zum anderen tragen sie zur Wertschöpfung für die jeweiligen „Mutterbetriebe“ bei. Das innovative Ziel spiegelt sich wider durch den Einsatz moderner Kommunikationsmittel und den Einsatz von Informations- und Telekommunikationssystemen wie Internet, E-Mail-Anwendung und einer eigenen Homepage.

Die Verfolgung ökologischer Ziele stellt für 12 von 14 Juniorenfirmen eine wichtige Komponente ihrer täglichen Arbeit dar. Das unternehmerische Denken und Handeln als weiterer innovativer Aspekt war vor zwanzig Jahren bei der Einführung noch undenkbar. Die Erkenntnis, dass 86 % der befragten Junioren die Ansicht vertreten, dass mit der Juniorenfirma das unternehmerische Denken und Handeln gefördert und gefordert wird und dass gleichzeitig 20 von 27 Junioren aufgrund der Erfahrungen, die sie mit der Methode sammeln, die Selbstständigkeit bzw. das Unternehmertum als Alternative zur abhängigen Beschäftigung in Betracht ziehen, zeigt die enorme Innovationsfähigkeit der Ausbildungsmethode. Mit Blick auf die hohe Arbeitslosenzahl von ca. 4,8 Mio. Menschen und die Tatsache, dass nicht alle Auszubildenden nach ihrer Ausbildung in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen werden, stellt sich für den Verfasser die Frage, ob die Juniorenfirma als Ausbildungsmethode nicht auch auf andere Bildungsbereiche übertragen werden kann. Als konkrete Beispiele seien hier genannt: die „Ausbildung“ Arbeitssuchender zu zukünftigen Unternehmerinnen und Unternehmern sowie der Einsatz der Juniorenfirma im Rahmen der Ausbildung bzw. Umschulung von leistungsstarken schwerbehinderten Menschen.

Die Juniorenfirma als nachhaltige, handlungsorientierte und ergänzende Ausbildungsmethode hat auch nach 20 Jahren weiterhin ihre Daseinsberechtigung. Damals wie heute erfüllt sie die wichtige Aufgabe, Auszubildende in ihrer beruflichen Entwicklung sowohl fachlich als auch fachübergreifend zu fördern und zu fordern. Die Methode als solche ist ein Prozess. Sie bedarf der ständigen Überprüfung im Hinblick auf ihre Innovationsfähigkeit. Neben den didaktischen und ökonomischen Zielen besitzt sie ein enormes Innovationspotenzial, welches einer jeweiligen Umsetzung bedarf. Neben den bereits o. g. Überlegungen stellt sich weiterhin die Frage nach einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Juniorenfirmen. In Anlehnung an die Methode Übungsfirma, bei der die Übungsfirmen untereinander rege Geschäftsbeziehungen unterhalten und in einer eigenen geschlossenen Volkswirtschaft agieren (Stichwort: Übungsfirmenring), ist zu überprüfen, ob für die Juniorenfirma auch eine entsprechende Umsetzung möglich wäre. Die Folgen wären von positiver Natur: Sinnhaftigkeit und Realismus würden noch einmal um ein Vielfaches erhöht. Die Junioren wären gefordert, ihre Firma konzeptionell neu auszurichten bzw. zu erweitern und damit eine essenzielle Eigenschaft einer Unternehmerin bzw. eines Unternehmers zu übernehmen: das eigene Unternehmen am Mark (er-)halten durch ständige Innovation.

 

Literatur

BRAUN, T. (1986): Das Konzept der Juniorenfirma als Beispiel für neue Perspektiven in der beruflichen Erstausbildung. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität zu Köln.

DIPPL, Z./ ELSTER, F./ FASSBENDER, G./ FIEDLER, W./ ROUVEL, J. (2004): Das Ausbildungskonzept Juniorenfirma. Nürnberg.

FIX, W. (1984): Merkmale und Entwicklung der Projektmethode. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 13. Jg., H. 3, 81-84.

FIX, W. (1988): Projektorientierte Teamausbildung in Juniorenfirmen. In: FRIEDE, C. K. (Hrsg.): Neue Wege der betrieblichen Ausbildung. Heidelberg, 133-147.

FIX, W. (1994): Die Juniorenfirma als Ergänzungsmethode zur betrieblichen kaufmännischen Ausbildung. Wissenschaftlicher Abschlußbericht zu einem Modellversuch des Bundesinstituts für Berufsbildung in Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (Nachdruck des Berichts vom März 1987). Bundesinstitut für Berufsbildung. Heft 2.

KUTT, K. (2002): Die Juniorenfirma - -eine nachhaltige Ausbildungsmethode. In: 4. BIBB-Fachkongress 2002: Berufsbildung für eine globale Gesellschaft. Perspektiven im 21. Jahrhundert. Dokumentation der Beiträge. Forum 7: Innovative Ansätze in kaufmännischen und Medienberufen. Arbeitskreis 7.1: Unternehmerisches Denken und Handeln.

SOMMER, K.-H./ FIX, W. (1989): Juniorenfirmen als betriebspädagogisches Forschungsobjekt. In : SOMMER, K.-H . (Hrsg.): Berufliche Bildungsmaßnahmen bei veränderten Anforderungen. Stuttgarter Beiträge zur Berufs- und Wirtschaftpädagogik, Bd. 10. Esslingen, 165-186.

TRAMM, T./ GRAMLINGER, F. (2002): Lernfirmen in virtuellen Netzen - didaktische Visionen und technische Potentiale. In: GAVRANOVIC, Z./ ELSTER, F./ ROUVEL, J./ ZIMMER, G. (Hrsg.): E-Commerce und unternehmerisches Handeln. Kompetenzentwicklung in vernetzten Juniorenfirmen. Bielefeld, 96-128.

TSUCHIYA, E. A. (1997): Wie sich Schlüsselqualifikationen und Umweltkompetenz durch die Juniorenfirma fördern lassen. In: Zeitschrift für berufliche Umweltbildung. Hrsg. von der Gesellschaft für berufliche Umweltbildung e. V. (GbU). Berlin, 18-19.