wbv   Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.

 

 

 

Abstract
SANDRA BOHLINGER (TU Darmstadt)
Der Zusammenhang von Benachteiligung, Vertragslösungen und Praktika

Die vorzeitige Lösung eines Ausbildungsvertrags im dualen System wird häufig mit der Benachteiligung von Jugendlichen an der ersten Schwelle gleichgesetzt. Dabei wurde lange Zeit davon ausgegangen, dass Abbrüche grundsätzlich in Arbeitslosigkeit oder einer Angelerntentätigkeit münden.
Im Mittelpunkt des Beitrags steht eine Annahme, die im Kontext mit Benachteiligung und Abbruchsvermeidung bislang kaum diskutiert, dafür allerdings umso häufiger unkritisch als richtig angenommen wurde: Gemeint sind betriebliche Praktika, die als gute Vorbereitung auf die berufliche Ausbildung und als Beitrag zur Reduktion von Benachteiligtengruppen an der ersten oder zweiten Schwelle, d.h. von „Abbrechern“, gelten.
Allerdings ist unklar, ob und in welchem Umfang Praktika vor Beginn der Ausbildung tatsächlich zu einer Vermeidung von Vertragslösungen beitragen und damit „Benachteiligung“ reduzieren können. Der Beitrag zeigt anhand empirischer Ergebnisse aus einem Projekt zum Umgang mit Konflikten in der Ausbildung und mit Vertragslösungen, dass das Allheilmittel „Praktikaum“ für die Vermeidung von Abbrüchen kaum Relevanz hat, und dass die gängige Gleichung von Abbruch = Benachteiligung nicht haltbar ist.