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 bwp@ Ausgabe Nr. 8 | Juli 2005
Prüfungen und Standards in der beruflichen Bildung

Bankwirtschaftliche Kompetenz – Konzept und standardisierte Erfassung

 

 

 

 

1.  Problemstellung

Seit der Ausrichtung des Bildungsauftrags für die Berufsschule durch die Kultusministerkonferenz (KMK) auf die „Entwicklung von Handlungskompetenz“ (KMK 1996/2000, 9) nimmt diese Neuerung in der berufspädagogischen Diskussion breiten Raum ein. Zunehmend werden für den Nachweis der Erfüllung des Bildungsauftrags wissenschaftlich abgesicherte Verfahren gefordert (z.B. Frey , Jäger & Renold 2003). Die derzeit praktizierten Verfahren der Kompetenzermittlung in Form beruflicher Abschlusszeugnisse erfahren in der Wirtschaft allerdings keine hohe Wertschätzung ( Schmidt 2000), Metaanalysen empirischer Untersuchungen lassen Qualitätsmängel bei den in Schule und Betrieb praktizierten Verfahren erkennen ( Moser 2003), und ein Blick in Zusammenstellungen pädagogischer Tests belegt, dass bislang für die berufliche Bildung kaum standardisierte Instrumente vorliegen (z.B. Brähler et al . 2002).

Diese Ausgangslage wurde zum Anlass genommen, ein Instrument zur Kompetenzerfassung für Bankkaufleute – einen der mit Blick auf die Zahlen zehn größten Ausbildungsberufe – zu konstruieren.

2.  Annäherung an den Kompetenzbegriff

Ausgehend vom Begriffsverständnis in Berufsbildung bzw. Schulleistungsdiagnostik werden ausgewählte und diskutierte Kompetenzkonzepte von Erpenbeck und Weinert unter dem Aspekt Erfassung untersucht. Sie verstehen Kompetenz als „im Handeln aktualisierbare sozial-kommunikative, aktionale und persönliche Handelsdispositionen und immer auch das notwendige Wissen …“ ( Erpenbeck 1996, 10), um „eine ‚offene' Zukunft nicht nur adaptiv, sondern produktiv und kreativ zu bewältigen“ ( Erpenbeck & Heyse 1999, 23) bzw. als „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ ( Weinert 2001, 27 f.). Zur Analyse und Systematisierung dieser Konzepte wird ein Modell eingeführt, das (1) die Ebene der internalen Bedingungen (Kompetenz), (2) die Ebene der aktuellen Vollzüge (z.B. Verhalten) und (3) die Ebene der Umgebungsbedingungen (z.B. Situation oder Aufgabe) mit den erfassbaren Komponenten Verhalten, Situation oder Aufgabe nebst zugehöriger Lösung enthält:

 

Abb. 1:   Diagnostisches Rahmenmodell für Kompetenz

Sowohl der erpenbeck sche als auch der weinert sche Kompetenzansatz schließen mit ‚Dispositionen', ‚Handeln' und ‚Situationen' die drei Modellebenen ein. Es fehlen jedoch Hinweise auf eine Konkretisierung von internalen Bedingungen wie beispielsweise Fertigkeiten, Wissensarten, eine Klassifizierung in Handlungstypen oder eine Spezifizierung des Gegenstandsbereichs bei den externalen Bedingungen. Damit ergibt die Analyse vor dem Hintergrund des Rahmenmodells, dass die Ansätze große Interpretationsspielräume haben und insofern für die Entwicklung eines Messinstruments bedingt geeignet sind.

3.  Erfassungsrelevante Kompetenzansätze

In Deutschland sind Ausbildungsberufe dem Ziel Handlungskompetenz und dem Lernfeldkonzept verpflichtet. Unter Handlungskompetenz versteht die KMK „die Bereitschaft und Fähigkeit des einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten“ (KMK 1996/2000, 9). Der KMK-Ansatz umspannt alle drei Ebenen des Rahmenmodells: (1) Fähigkeit als internale Bedingung, (2) Bereitschaft und Verhalten als aktuelle Vollzüge und Situationen (beruflich, gesellschaftlich, sozial) als externale Bedingungen, ohne jedoch über Nennungen der Definitionsbestandteile hinauszugehen.

Dabei kann Verhalten als aktueller Vorgang nach Beobachtung als Indikator, nicht aber als Zielgröße selbst dienen. Auch Bereitschaft zu ‚durchdachtem Verhalten' kann nicht internale Bedingung als Ergebnis von Lernprozessen sein, da sie als aktueller Zustand (z.B. durch konkrete Ausgestaltungen der Umgebungsbedingungen) entsteht. (Der Begriff der Bereitschaft oder Volition – für eine bestimmte Handlung – ist der Aktualisierung zuzuordnen. Richtiger zur Verwendung als Ziel wäre die Verwendung der Begriffe Motiv oder dispositionales Interesse. ) Die KMK paart also in ihrem Kompetenzverständnis Fähigkeiten, die individuelle Dispositionen sind, mit den Begriffen Bereitschaft und Verhalten als „Lernerfolg“ (ebd., 9), welche nicht überdauernd sind. Sie dienen auch nur bedingt der Konkretisierung aktueller Vorgänge, da abgesehen von den Qualitätskriterien sachgerecht, durchdacht, individuell und sozial verantwortlich für das Verhalten auf weitere Angaben verzichtet wird.

Der KMK-Ansatz umfasst alle drei Ebenen des Rahmenmodells (Fähigkeit, Bereitschaft, Verhalten, Situation), es erfolgt jedoch keine weitere Konkretisierung. Die Ordnungsmittel (Ausbildungsordnung und Rahmenlehrplan) ergänzen Wissen (als Fakten und Konzepte) und verknüpfen dieses mit Handlungsarten ( Böhner 2005). Eine Klassifikation für Handlungsarten und Gegenstandsbereiche für Situationen liegt indes nicht vor, ein Rückgriff auf durch die Sozialparteien übereinstimmend festgelegte, bereichsspezifische Konzepte und Fakten kann hingegen erfolgen.

Handlungsleitende Begriffe und methodische Hinweise liefern hingegen die Kompetenzkonzepte der Modellversuche „Komplexe Prüfungsaufgaben für Bürolaufleute“ (BIBB 1999) und für Versicherungskaufleute ( Breuer & Höhn 1999). Aus konzeptueller Perspektive kann übernommen werden, dass zunächst bereichsspezifische Anforderungen zu identifizieren sind, eine Situationsunterteilung nach Anwendungsgebieten erfolgen soll, eine Mindest­anforderung auf dem Niveau des Anwendens sowie ein dispositionsorientierter Ansatz verfolgt sowie bereichsspezifische(s) Wissen und Fertigkeiten spezifiziert werden sollen.

Aus methodischer Perspektive wird auf die Erstellung einer Bewertungsvorschrift der Bezug der Items zum Rahmenlehrplan, die Aufgabenbestandteile (Situation, Frage, Antwortoptionen, Bewertungsvorgabe), der bevorzugte Einsatz gebundener Items, Überprüfung Verständlichkeit in Bezug auf Verwendung von Fachvokabular und auf sachliche Richtigkeit sowie der Praxisrelevanz von Situationsangaben durch Experten Rekurs genommen.

Weitere Hinweise stellt der Wirtschaftskundliche Bildungsstest (WBT) als empirisch validiertes Instrument zur Verfügung. (Eine Analyse ergibt, dass vorliegende standardisierte Tests wenig Bereichsspezifik aufweisen und im Aus- und Weiterbildungssektor keine durchgängigen Klassen für Wissen und Handlungsarten angegeben werden ( Böhner 2005). ) Der WBT misst keine bankwirtschaftliche Kompetenz, dennoch liefern die theoretischen Grundlagen und die Art und Weise des Vorgehens einige Hinweise: z.B. Konkretisierung bereichsspezifischer Konzepte, deren repräsentative Berücksichtigung, Itemtrennschärfen zwischen 0,2 und 0,3, Expertenvalidierung und Korrelierung mit weiteren Instrumenten ( Beck , Krumm & Dubs 1998).

4.  Ein Konzept zur Erfassung von Kompetenz im Bereich Bank

Der Blick jenseits von Berufspädagogik, Wirtschaft und Finanzbranche zur Bestimmung des Konstrukts bankwirtschaftlicher Kompetenz und von Kriterien zur Operationalisierung führt zum PISA-Messkonzept (OECD 1999), (Dies erfolgt im Einklang mit der Formulierung von Bildungsstandards, z.B. in den Bereichen Mathematik, 1. Fremdsprache und Deutsch, wo ebenfalls auf den PISA-Ansatz rekurriert wird. ) welches die drei Ebenen des Rahmenmodells mit bereichsspezifischen/m Wissen und Fertigkeiten (z.B. im Bereich Naturwissenschaft: Materie und Ökosysteme), aktuelle Vollzüge durch Prozesse (z.B. Fragestellungen erkennen und Schlussfolgerungen ziehen) und Anwendungsgebieten (z.B. Technologie) umspannt. Auf dieser Grundlage wird bankwirtschaftliche Kompetenz dreidimensional wie folgt bestimmt:

•  Bankwirtschaftliche Prozess- und Zustandskonzepte in den Domänen (a) Konten und Zahlungsverkehr, (b) Anlage- und Vorsorgekonten sowie Wertpapiere, (c) zusammengesetzte und derivate Finanzinstrumente und Steueraspekte, (d) Privatkredite, (e) Baudarlehen und Firmenkredite sowie (f) Auslandszahlungsverkehr einschließlich dafür erforderlichen Faktenwissens.

•  Fertigkeiten zur Durchführung der Prozesse (a) bankspezifische Anforderungen ermitteln, (b) bankspezifische Sachverhalte heranziehen und (c) Beziehungen zwischen herangezogenen Sachverhalten herstellen.

•  Banktypische Situationen differenziert nach den Gebieten (a1) Service, (a2) Anlage und (a3) Kredit und den Arten des Kundenkontakts (b1) direkt-persönlich, (b2) direkt-telefonisch, (b3) indirekt-schriftlich oder (b4) indirekt über Dritte zur Berücksichtigung von Phänomenen der realen Berufswelt.

Für die erste Dimension erfolgt eine Konkretisierung nach der Ausbildungsordnung (Verordnung Bank 1998). Komplementierend sind die im Rahmenlehrplan kodifizierten Konzepte von sechs bankwirtschaftlichen Lernfeldern verpflichtend (Nr. 2, 4, 5, 7, 10, 11), die dem Konzeptbereich der Bankbetriebslehre zuzuordnen sind. Die Übereinstimmungen von Konzepten und Fakten in Ausbildungsverordnung und Rahmenlehrplan führen dazu, dass eine Orientierung am Lehrplan möglich wird.

Exemplarisch für die erste Dimension werden hier ausgewählte Konzepte des Lernfeldes ‚Privatkredite bearbeiten' für Bankkaufleute vorgestellt (ebd.): (1) Finanzierungsanlässe von Privatkunden als Zustandskonzepte, (2) Kreditfähigkeit und -würdigkeit als Zustandskonzepte und (3) produktbezogene Berechnungen als Prozesskonzepte.

Die zweite Dimension bankwirtschaftlicher Kompetenz im Speziellen beinhaltet die Fertigkeiten, bankwirtschaftliche Fakten und Konzepte anwenden zu können. Gemeint sind die anwendungsbezogenen Handlungen insbesondere kognitiver Art, die involviert sind, wenn eine Anforderung bzw. eine Situation bearbeitet wird. Kenntnis und Verständnis der Inhalte der jeweils sechs bankwirtschaftlichen Lernfelder sind als Voraussetzung für diese Fertigkeiten anzusehen ( Gruber , Stark & Renkl 2001).

Diese Zusammenstellung notwendiger Fertigkeiten als Potenziale für Handlungen von Bankkaufleuten ist nicht als Hierarchie zu interpretieren, vielmehr sollen sie als interdependent mit obligatorischen Rückkoppelungen aufgefasst werden. Das folgende Modell visualisiert die Beziehungen:

 

Abb.2:  Modell der benötigten Fertigkeiten im Berufsbereich Bank

Die dritte Dimension enthält bereichsspezifische Umgebungsbedingungen, in denen bankwirtschaftliche Konzepte und Fertigkeiten im Rahmen einer Aktualisierung zum Einsatz kommen. Die Orientierung von PISA im naturwissenschaftlichen Bereich an zwei Kriterien wird somit zur Spezifizierung von Situationen adaptiert, indem bankwirtschaftliche Umgebungsbedingungen ebenfalls anhand von zwei Kriterien, im Besonderen über (1) die Art des Kundenkontakts und (2) das Gebiet, in denen sich bankwirtschaftliche Situationen ergeben, zu bestimmen sein sollen.

Als Beispiel für die Konkretisierung eines Elements bankwirtschaftlicher Kompetenz soll ein Auszubildender in einer persönlichen Kundenbedienung in der Bankfiliale unter Einsatz seiner Kenntnisse und seines Verständnisses benötigter bankspezifischer Konzepte und mindestens einer banktypischen Fertigkeit eine gegebene Anforderung bewältigen:

 

Situation :

Ihr Kunde Martin Geyer hat in der ADAC-Mitgliederzeitschrift eine ganze Reihe Anzeigen ausgeschnitten, die auf lukrative Möglichkeiten bei einem Ansparen in Bausparverträgen – mit gesteigertem Staffelzins, Förderung der vermögenswirksamen Anlage und des Wohnungsbausparens durch den Staat - und in Kapitallebensversicherungen, die zudem noch steuerlich gefördert seien, hinweisen. Sein zu versteuerndes Einkommen beträgt 39.800 €; er ist noch allein stehend.

Herr Geyer interessierte sich kürzlich noch für einen Prämiensparvertrag Ihrer Bank. Er steht nun am Bankschalter bittet nun um eine neue Beratung.

Welche Schlussfolgerung können Sie aus der Situation für Ihre Beratung von Herrn Geyer ziehen?

(1) Für Arbeitnehmersparzulage kommt Hr. Geyer nicht in Frage, aber er kann bei Abschluss eines Bausparvertrags eine Wohnungsbauprämie beantragen.

(2) Der Höchstbetrag, den Hr. Geyer in eine Kapitallebensversicherung pro Jahr anlegen kann, beträgt hier 512 €, um sich seine steuerlichen Vorteile zu sichern.

(3) In den Prämiensparvertrag können auch eventuelle Vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers fließen, ohne dass Hr. Geyer auf staatliche Förderung verzichten würde.

(4) „Wenn Hr. Geyer später wahrscheinlich nicht bauen möchte, kommt der Bausparvertrag wegen grundsätzlich niedrigerer Verzinsung und zurückzuzahlender Förderungen nicht in Frage.

Als Ausprägung der ersten Dimension kommt insbesondere das Zustandskonzept Staatliche Fördergrenzen des Sparens zum Tragen, während als Fertigkeit in der zweiten Dimension Beziehungen herstellen können vonnöten ist, indem alternative Beziehungen zwischen zulässigen Einkommensfördergrenzen und geförderten Anlageformen verglichen werden und sich für eine Verknüpfung per Schlussfolgerung entschieden werden muss. In der dritten Dimension wird die Situation über den Aspekt direkter persönlicher Kundenkontakt und das Gebiet Anlage als repräsentierte Phänomene der realen Welt charakterisiert.

5. Methodische Aspekte zur Erstellung eines Erfassungsinstruments

Für die Auswahl von Aufgaben wird auf einen Ansatz Klauer s zur „Kontentvalidität“ (1982, 227) zurückgegriffen. Für die Aufgabenerstellung werden die ‚Inhalte', Aufgabenform und Transformationskriterien (z.B. Festlegung von Konzepten und Fertigkeiten nach gewichteter Verteilung) spezifiziert. Zur Aufgabenteilmengenbildung werden die sechs bankwirtschaftlichen Domänen (nach Sollstundenzahl gemäß Rahmenlehrplan) und drei Fertigkeiten (Anforderungen ermitteln, Sachverhalte heranziehen, Beziehungen herstellen gemäß Schüler- und Expertenratings) verwendet. Für die Aufteilung nach Konzepten werden die Zeitrichtwerte der KMK für die Konzeptdomänen übernommen. Die Verteilung von insgesamt 440 Zeiteinheiten sieht danach wie folgt aus: 4:5:3:4:4:2 (Verordnung Bank 1998). Für die Aufteilung der Grundmenge nach der Verteilung der Fertigkeiten von Bankkaufleuten in der Praxis erfolgt auf der Grundlage von Experten- und Bankauszubildenden-Einschätzungen, wie oft die Fertigkeiten in der Bankpraxis benötigt werden. Folgende Verteilung ergab sich aus den Untersuchungen zwischen Anforderungen ermitteln, Sachverhalte heranziehen und Beziehungen herstellen können: 20:30:50.

Damit ergibt sich für die Zerlegung der Grundmenge eine Klassifikationsmatrix mit Proportionen für die einzelnen Zellen zwecks Aufgabenkonstruktion:

Die Entscheidung für eine Aufgabenform mündet in geschlossenen Aufgaben, da empirische Studien darauf hindeuten, dass die Effekte abzubildender Kompetenzen eventuelle Formatunterschiede dominieren (beispielsweise Klieme et al. 2000 im Rahmen von TIMSS, für Bankkaufleute im Speziellen Straka & Lenz 2003).

6.  Entwicklung eines Erfassungsinstruments

Zunächst wurden sechs domänenbezogene Subtests mit 22 bis 24 Items (I: Konten und Zahlungsverkehr, II: Vorsorge-, Anlagekonten und Wertpapiere , III: zusammengesetzte und derivate Finanzinstrumente, Steueraspekte, IV: Privatkredite, V: Firmenkredite und Baudarlehen, VI: Auslandszahlungsverkehr) erstellt.

Nach zwei Pretests wurden folgende Kennwerte erreicht: Cronbachs a zwischen 0,58 und 0,65, mittlere Schwierigkeiten zwischen 0,44 und 0,62 und jeweils zwischen 9 und 11 Items, die nicht eine beabsichtigte Trennschärfe von größer als 0,2 erreichten. (Die Resultate nach zwei Einsätzen sind im Einzelnen nachzulesen bei Böhner (2005). )

Cronbachs a liegt bei allen Subtests noch unter einem angestrebten Wert 0,7 (z.B. Brosius 2002). Unter Berücksichtigung der Stichprobengrößen von 53 bis 64 Teilnehmern kann die Forderung eines Mindeststandards von a ³ 0,7 womöglich sogar als zu streng angesehen werden. Die Standardabweichungen s t=I-VI schwankten recht homogen zwischen 3,3 und 3,7. Die Streuungen und die Reliabilitätskoeffizienten können als groß genug angesehen werden, um Unterschiede in der Testleistung mittels Vertrauensintervallen zwischen den Teilnehmern eindeutig feststellen zu können. Die anvisierte Schwierigkeit von 0,5 wurde im Mittel für drei Subtests ziemlich genau (Abweichung kleiner gleich 0,02), für die anderen drei zumindest angenähert (mit einer Abweichung von kleiner gleich 0,12) erreicht. Dementsprechend schwankten die Mittelwerte zwischen 8,7 und 12,3.

Lösungsprotokolle von Schülern liefern aufgrund der expliziten Ausführung von Elementen der drei Dimensionen bankwirtschaftlicher Kompetenz Hinweise auf die Validität des Konzepts.

Die besten Items aus den Subtests (nach Schwierigkeit – zwischen 0,35 und 0,65 – sowie einer Trennschärfe von größer als 0,25) wurden in den Itempool des „bankwirtschaftlichen Kompetenztests“ (BKT) übernommen. Die 57 Aufgaben wurden in die Klassifikationstabelle eingeordnet, um für den 40 Items umfassenden BKT (Itemzahl auf Basis der Zeitmessungen aus den Subtests) eine repräsentative Ziehung für jede Zelle vorzunehmen.

7. Messqualität des Bankwirtschaftlichen Kompetenztests (BKT)

Nach zwei Erprobungen des Gesamtinstruments ergaben sich folgende Messgütekriterien in der Hauptuntersuchung für die Endversion des BKT:

Insgesamt genügten 37 von 40 Items den Anforderungen: Trennschärfe größer 0,2 und Schwierigkeit zwischen 0,2 und 0,8. Die Reliabilität nach Cronbachs a beträgt 0,76, was bei nicht vollständig homogenen Tests als akzeptabel angesehen werden kann ( Lienert & Raatz 1998). Ein Expertenrating von Prüfungsausschussmitgliedern und erfahrenen Lehrkräften im Bankbereich erbrachte eine Bewertung der Items im Mittel als ‚gut geeignet'. Weiterhin wurden Außenkriterien mittels Korrelationskoeffizienten (r tc ) mit dem schriftlichen und dem mündlichen Ergebnis der Abschlussprüfung, mit Schulnoten in den bankwirtschaftlichen Lernfeldern, einer Ausbildereinschätzung der Teilnehmer, mit dem WBT und einem Lesekompetenztest mit PISA-Aufgaben erhoben.

Dies ergab folgende Werte: (1) Abschlussprüfungsergebnis Bankwirtschaft schriftlich mit r tc = 0,63; (2) Abschlussprüfungsergebnis Bankwirtschaft mündlich mit r tc = 0,42; (3) Schulnoten Bankwirtschaft mit r tc = 0,52; (4) Ausbildereinschätzung bankwirtschaftliche Kompetenz mit r tc = 0,57; (5) Wirtschaftskundliche Grundbildung nach WBT mit r tc = 0,33 und Lesekompetenz nach PISA-Aufgaben mit r tc = 0,60.

Der Mittelwert der Teilnehmer lag bei 20,8 von maximal 40 Punkten, die Standardabweichung bei 5,9 bei einem Minimum von 7 und einem Maximum von 39 Punkten. Die Vertrauensintervalle liegen bei 5,6 Punkten Differenz (Irrtumswahrscheinlichkeit 5 %) bzw. 7,4 Punkten (1 %), die kritische Differenz bei 1,3 (5 %) bzw. 1,8 Punkten (1 %), so dass der Unterschied von zwei Rohwertpunkten im BKT eine Aussage zu bedeutsamen Unterschieden bankwirtschaftlicher Kompetenz erlaubt. Von den BKT-Teilnehmern erreichen 16 % die Zweidrittel-Punktegrenze und 43 % lösen weniger als die Hälfte der Aufgaben. Angesichts hoher Bestehensquoten in den Abschlussprüfungen (95 %) stellt sich die Frage, ob nicht andere Aspekte – wie die Tendenz zur Mitte oder Prüfungsrituale – für den Erfolg eine Rolle spielen ( Straka 2003).

Der BKT kann in zwei Schulstunden (90 Minuten Bearbeitungszeit) zur Diagnose von bankwirtschaftlicher Kompetenz insbesondere vor der Abschlussprüfung eingesetzt werden. Nach jedem Lernfeld können domänespezifische Items mit geringerem Zeitaufwand verwendet werden. Als ‚Einstiegstest' lässt sich feststellen, wie sich das Kompetenzniveau einer Auszubildendengruppe bei Einstellung bzw. zu Beginn eines neuen Schul-/Ausbildungsjahres oder wie sich die Kompetenzverteilung in der Gruppe darstellt. Aufgrund des gemeinsamen Bildungsauftrags von Schule und Ausbildungsbetrieb (KMK 1991) und der Vorgabe zur gemeinsamen Durchführung der Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (§ 1 Absatz 5 BBiG) ist der BKT für einen Einsatz in der Berufsschule und in Kreditinstituten geeignet.

 

Literatur

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BIBB (Bundesinstitut für Berufsbildung) (Hrsg.) (1999): Komplexe Prüfungsaufgaben für Bürokaufleute: KoPra; ein Leitfaden für die Erstellung von Prüfungsaufgaben für die Kammerprüfungen. Bielefeld.

Böhner , M. M. (2005): Bankwirtschaftliche Kompetenz: Theoretische Grundlegung, Entwicklung und Validierung eines standardisierten Erfassungsinstruments. Hamburg.

Brähler, E./ Holling, H./ Leutner, D./ Petermann, F. (Hrsg.) (2002): Brickenkamp Handbuch psychologischer und pädagogischer Tests. Band 1-2. Göttingen.

Breuer , K./ Höhn , K. (1999): Wirtschaftmodellversuch: Entwicklung und Implementation eines Qualitätsförderungssystems für die handlungsorientierte Abschlussprüfung zum Versicherungskaufmann/zur Versicherungskauffrau auf Grundlage der Ausbildungsverordnung vom 8.2.1996. Abschlussbericht. BIBB (Hrsg.). Karlsruhe.

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Klauer , K. J. (1982): Kontentvalidität. In: Klauer, K. J. (Hrsg.): Handbuch der pädagogischen Diagnostik, Bd. 1. Düsseldorf, 225-255.

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