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 bwp@ Ausgabe Nr. 9 | Dezember 2005
Betrieb als Lernort

Pädagogische Professionalisierung zur Qualitätssicherung betrieblicher Bildung im Handwerk


         

 

Zur Problemstellung und Konzeption dieses Beitrags

Die Aus- und Weiterbildung im Handwerk ist in den letzten Jahren in vielen Lehrgängen und Prüfungen sowohl in ordnungspolitischer als auch in curricularer Hinsicht reformiert worden (vgl. Eickhoff/ Schaumann/ Schweers 2005, 7f. sowie Esser/ Twardy 2000, 3ff.). Zentrales Anliegen sämtlicher Reformaktivitäten ist dabei eine verstärkte Berücksichtigung der vielfältigen, komplexen Anforderungen der beruflichen Wirklichkeit – so unterschiedlich sie im Einzelfall auch sein mag – in Lehrgängen und Prüfungen. Dieser Aspekt wird oftmals mit dem Begriff „Praxisnähe“ umschrieben und aus Sicht der Handwerksforschung vor allem mit dem Ansatz der Handlungsorientierung verbunden (vgl. Esser/ Twardy 2000, 5). Gerade auf der betrieblichen Seite im Handwerk hat nach Erfahrung der Autoren dieser Ansatz viele Befürworter gefunden. Dies dürfte sicherlich damit zusammenhängen, dass die Betriebe ihre Stellung als die maßgeblich handelnden Akteure im Kontext von Aus- und Weiterbildung als besonders hervorgehoben sehen. Die Beachtung von „Praxisnähe“ und die Berücksichtigung des Ansatzes der Handlungsorientierung hat auch die pädagogische Professionalisierung im Handwerk maßgeblich beeinflusst (siehe ebenda).

Unter pädagogischer Professionalisierung sollen alle Prozesse und Aktivitäten verstanden werden, die geeignet sind, die berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen der Akteure im Handwerk (z. B. Ausbildende und Ausbilder, aber auch Beratungsinstanzen) zu erhöhen. Für den Auf- und Ausbau pädagogischer Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen ist es nach Auffassung der Autoren vor allem notwendig, ein zielgerichtetes und reflexives Analysieren und Beurteilen von pädagogisch gehaltvollen Situationen der betrieblichen und beruflichen Wirklichkeit vornehmen zu können. Eine qualitative Verbesserung der pädagogischen Professionalisierung muss letztlich bei den Akteuren, die maßgebliche pädagogische Aufgaben wahrnehmen, ansetzen. Die zentralen Akteure, die i. w. S. pädagogisch professionalisiert sind, sind vor allem die Ausbildenden in den Betrieben und die Ausbildungsberater in den Kammern. Beide Akteursgruppen verfügen i. d. R. über Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen, die sie vor allem in Vorbereitungslehrgängen zum berufs- und arbeitspädagogischen Teil der handwerksbezogenen Meisterprüfung erworben haben. Während die Ausbildenden unmittelbar mit der Ausbildung im Betrieb betraut sind, sind die Ausbildungsberater der Handwerkskammern mit der Beratung und Unterstützung der Betriebe sowie mit der Überwachung der betrieblichen Ausbildung betraut. Diese Aufgabe kommt berufsbezogen auch i. w. S. den Lehrlingswarten zu.

Als Forschungsaufgaben wurden im Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln (im Folgenden kurz: FBH) im Rahmen des Programms „Berufliche Qualifizierung Jugendlicher mit besonderem Förderbedarf – Benachteiligtenförderung“ (BQF-Programm) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (siehe BMBF 2002) zunächst zwei Untersuchungen angestellt, die sich beide mit dem grundsätzlichen Auffinden von Verbesserungen der pädagogischen Professionalisierung des handwerksbezogenen Berufsbildungssystems im Sinne einer Qualitätsoptimierung befassten. Allerdings wurde relativ bald deutlich, dass keine ausreichenden aktuellen Daten über die pädagogische Professionalisierung der Ausbildenden vorlagen. Die Frage nach einer Verbesserung der Qualität von etwas ist nach Auffassung der Autoren immer damit verbunden, wer mit welchen Maßstäben festlegt, anhand welcher Kriterien Qualität bestimmt werden soll. Deshalb wurde im Sinne der Ermittlung einer Art „Ist-Zustand ausgewählter Aspekte zur pädagogischen Professionalisierung“ im Projektteam bestimmt, die Datenlage zu verbessern. Einerseits wurde die berufs- und arbeitspädagogische Qualifizierung angehender Handwerksmeister analysiert, andererseits wurden die beiden Teilsysteme „Ausbildungsberatung“ und „Lehrlingswart“ analysiert.

Die berufs- und arbeitspädagogische Qualifizierung wurde im Rahmen des Projekts „Kontinuierliche Verbesserung pädagogischer Prozesse“ (kurz: KVPP) aufgearbeitet. Dieses im Jahr 2003 gestartete Projekt setzt bei der Qualifizierung handwerklicher Führungskräfte, insbesondere Ausbilder, an und stellt somit einen mittelbaren Ansatz zur Förderung Jugendlicher mit schlechteren Startchancen dar. Im Projekt standen und stehen drei zentrale Aufgabenpakete zur Steigerung der Qualität betrieblicher Bildung im Handwerk im Fokus:

(1) die Optimierung bestehender Qualifizierungsmaßnahmen, vor allem des arbeits- und berufspädagogischen Teils der Meisterqualifizierung,

(2) die Entwicklung neuer Seminarangebote zur Ergänzung der bisher üblichen Ausbilderqualifizierung sowie

(3) die Entwicklung und der Einsatz einer themenspezifischen Internetplattform zum individuellen und problemnahen Coaching der angehenden und erfahrenen Ausbilder.

Die ausführliche Ergebnisdarstellung der empirischen Untersuchung erfolgt im Rahmen einer gesonderten Veröffentlichung (vgl. Eickhoff/ Schaumann/ Schweers 2005).

Zunächst stehen in diesem Beitrag aber die Konzeption und Ergebnisse der Umfrage bei Ausbildungsberatern und Lehrlingswarten im Jahre 2004 im Mittelpunkt. Die Ergebnisse sind in umfassender Form in einer gesonderten Veröffentlichung dokumentiert (vgl. Brücken/ Hoffschroer/ Schaumann 2005 ) und sollen nun insbesondere im Hinblick auf den o.g. Fokus eingehender betrachtet werden . Während für die empirische Untersuchung im Rahmen von KVPP vor allem Kriterien aus dem Bereich der Didaktik und Methodik zur Analyse herangezogen wurden, wurde für die Analyse der beiden Teilsysteme eine andere Herangehensweise gewählt. Hier lieferten gewissermaßen die maßgeblich beteiligten Akteure der Ausbildungsberatung und des Lehrlingswartesystems wesentliche Grundlagen für die Analyse.

Ausgehend von den aufgeführten Ergebnissen sollen diese zusammengefasst und u.E. notwendige Maßnahmen bzw. Konsequenzen aufgearbeitet werden.

2.  Zur Analyse des Ausbildungsberatungs- und Lehrlingswartesystems

Im nachfolgenden Kapitel werden die institutionellen Strukturen zur Unterstützung der Qualitätssicherung der betrieblichen Bildung im Handwerk am Ausbildungsberatungs- und Lehrlingswartesystems beschrieben. Dabei werden zunächst der Ausgangspunkt der Studie und danach das Untersuchungsdesign vorgestellt. Darauf folgt die Wiedergabe der – für die Fragestellung dieses Artikels wesentlichen – Ergebnisse der Studie.

Der Begriff „Ausbildungsberatungs- und Lehrlingswartesystem“ darf dabei nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich hierbei durchaus auch um zwei (Teil-)Systeme „Ausbildungsberatung“ und „Lehrlingswart“ handeln kann. Ein begriffliches Pendant zur „Ausbildungsberatung“, mit dem gleichermaßen durch die Endung „-ung“ der Status und Prozesscharakter des Systems verdeutlicht werden kann, existiert auf Seiten des Systems „Lehrlingswart“ unseres Wissens nicht. Deshalb bleibt somit die Aufforderung an den Leser, den Begriff „Lehrlingswart“ nicht nur mit einer - im Handwerk zumeist männlichen Person – zu assoziieren, sondern immer auch das System „Lehrlingswart“ mitzudenken.

2.1  Ausgangspunkt der Studie

Dem Ausbildungsberatungs- und dem Lehrlingswartesystem kommt bei der Qualitätssicherung der betrieblichen Ausbildung im Handwerk eine besondere Rolle zu. So ist die Aufgabe des Ausbildungsberatungssystems nach §76 BBiG sowie dem §41 a der HwO geregelt und beinhaltet die Überwachung und Förderung von Berufsausbildung sowie die Überwachung der Berufsvorbereitung.

Der Lehrlingswart wird von der Innungsversammlung eingesetzt und nimmt die Aufgaben der Innung nach §54 (1) HwO war.

„(1) Aufgabe der Handwerksinnung ist, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern. Insbesondere hat sie

[...]

3. entsprechend den Vorschriften der Handwerkskammer die Lehrlingsausbildung zu regeln und zu überwachen sowie für die berufliche Ausbildung der Lehrlinge zu sorgen und ihre charakterliche Entwicklung zu fördern,

[...]“

Zusammengefasst ergeben die Rahmenbedingungen für die Lehrlingswarte und Ausbildungsberater folgendes Bild:

 

Doch trotz der verschiedenen Rahmenbedingungen, die die beiden Teilsysteme Ausbildungsberatung und Lehrlingswart von einander unterscheiden, nehmen beide Gruppen ähnliche Aufgaben wahr. Diese Gemeinsamkeiten verdeutlicht die folgende Abbildung:

Die in der Abbildung aufgeführten fünf Arbeitsbereiche können u.E. alle als Beiträge zur Qualitätssicherung der betrieblichen Bildung verstanden werden. Die Qualität der Ausbildung soll in diesem Kontext in erster Linie durch Aufklärung mittels Informationen, Unterstützung sowie durch konkrete, beratende Hilfestellungen bei Problemen und weniger durch Überwachung und Kontrolle durch die im System agierenden Personen sichergestellt werden.

Nachdem nun die Bedeutung des Ausbildungsberatungs- und Lehrlingswartesystems für den Bereich der Qualitätssicherung auf Basis der rechtlichen Grundlagen und institutionellen Rahmenbedingungen skizziert wurde, wird im Folgenden kurz die methodische Herangehensweise an die empirische Untersuchung beschrieben. Diese Ergebnisse wiederum lassen Rückschlüsse auf das faktische Agieren der Akteure sowie ihre Wahrnehmung des institutionellen Kontextes zu.

2.2 Skizze des Untersuchungsdesigns

Die gesamte Studie lässt sich in fünf Phasen unterteilen. Die ersten Phasen umfassen die Literaturrecherche, eine Gesprächsphase in Form von Interviews im Rahmen von Seminaren und die Anwendung der QFD-Methode („Quality Function Deployment“; vgl. Kiedrowski 2001, insb. 197 ff.). Auf Basis dieser drei explorativen Phasen wurden Fragebögen erarbeitet. So bilden eine quantitative Befragung sowie deren anschließende Auswertung die abschließenden Phasen der Untersuchung.

Im Folgenden sollen dabei hauptsächlich die Ergebnisse der quantitativen Befragung im Mittelpunkt stehen. Bei der Befragung wurden zwei aufeinander abgestimmte Fragebögen entwickelt, die trotz der oben thematisierten Gemeinsamkeiten von Ausbildungsberatern und Lehrlingswarten im Rahmen ihrer Beratungs-, Unterstützungs- und Förderungsfunktion auch die Differenzierungsmerkmale der Teilsysteme „Ausbildungsberatung“ und „Lehrlingswart“ berücksichtigen. Hierzu wurden bei den Ausbildungsberatern alle Handwerkskammern angeschrieben (Vollerhebung). Die Stichprobe der Lehrlingswarte wurde in einem zweistufigen Auswahlverfahren (vgl. Schnell/ Hill/ Esser 1999, 264 f.) ermittelt. Als erstes ist eine Klumpenstichprobe aus den deutschen Kreishandwerkerschaften gezogen worden. Innerhalb der so ermittelten Kreishandwerkerschaften wurden dann nach einem vorher festgelegen Schlüssel die einzelnen Gewerke ausgewählt, deren Lehrlingswarte angeschrieben wurden. Die Auswahl erfolgte in Anlehnung an das Random-Walk-Verfahren (vgl. Schnell/ Hill/ Esser 1999 267) und die Grundgesamtheit der Lehrlingswarte bestand aus Innungen von fünf Gewerken.

Dabei kann schon jetzt festgehalten werden, dass durch die vergleichsweise hohe Rücklaufquote von 46,4% (bei den Ausbildungsberatern) bzw. 29,3% (bei den Lehrlingswarten) die Studie durchaus als repräsentativ und aussagekräftig bewertet werden kann.

2.3  Markante Ergebnisse bzgl. des Ausbildungsberatungs- und Lehrlingswartesystems

Im Verlauf der Vorbereitungen für die Erstellung der Fragebögen wurden durch die Erfahrungen der Experten in der beruflichen Praxis während der QFD-Workshops die schon beschriebenen Aufgabenschwerpunkte (vgl. Abb. 1) in sechs Tätigkeitsschwerpunkte des Ausbildungsberatungs- und Lehrlingswartesystems transferiert. Es ergab sich in der Befragung, dass „Konflikte managen“ sowie die „Verbesserung der Ausbildungsqualität“ eine vergleichsweise hohe zukünftige Bedeutung beigemessen wird. Dies ist im Hinblick auf „Kooperation im Netzwerk fördern“ eher nicht der Fall. Diese Einschätzung teilen sowohl die Ausbildungsberater als auch die Lehrlingswarte. B ei den Ausbildungsberatern wurde für die zukünftige Bedeutung der Tätigkeitsschwerpunkte folgende Rangfolge gebildet:

1.Konflikte managen,

2.Ausbildungsqualität verbessern,

3.Marketing für die Berufsausbildung betreiben,

4.Aufbau von Know-How unterstützen,

5.Informationen Adressatengerecht zugänglich machen,

6.Kooperation im Netzwerk fördern.

Lediglich bei der Zuordnung der ersten beiden Ränge gibt es zwischen den beiden Gruppen einen Positionswechsel. Hier stellen die Lehrlingswarte den Punkt „Ausbildungsqualität verbessern“ an die erste Stelle und „Konflikte managen“ an die zweite. Somit kann festgestellt werden, dass auch zukünftig in beiden Systemen die Qualitätssicherung der Ausbildung als zentrale Aufgabe gesehen wird. Wenn nun die faktischen Anlässe der Besuche vor Ort durch die Ausbildungsberater und Lehrlingswarte in den Blick genommen werden, so ergibt sich folgendes Bild:

Die Betreuung der Auszubildenden in den Betrieben erfolgt in der Regel nur, wenn es akute Anlässe gibt. So geben gut 2/3 der Befragten an, dass sie die Auszubildenden nur besuchen, wenn sie gerufen werden. Eine kontinuierliche Betreuung vor Ort, die auch unabhängig von konkreten Anlässen durchgeführt wird, wird von den Ausbildungsberatern nur mit vier Nennungen angegeben. Einen weiteren Einblick in die Maßnahmen, die im Rahmen der Qualitätssicherung während der Ausbildung von Ausbildungsberatern ergriffen werden, gibt die nächste Tabelle:

Auch hier wird deutlich, dass im Wesentlichen der Ausbildungsberater seine Arbeit auf eine reaktiv-beratende Funktion beschränkt. Er tritt zumeist als Berater auf, der weiterhilft wenn er gerufen wird. Das Auftreten der Ausbildungsberater kann demnach nicht als das eines aggressiv auftretenden ungebetenen Kontrolleurs beschrieben werden, sondern er arbeitet eher im Hintergrund und wird nur in Problemfällen aktiv.

Ein vergleichbares Bild wie bei den Ausbildungsberatern zeichnet sich bei der Analyse der Antworten der Lehrlingswarte ab (vgl. Tabelle 4):

Die überwiegende Mehrheit der Lehrlingswarte greift auch nur auf Wunsch der Beteiligten ein. Einige Lehrlingswarte sehen es sogar nicht als ihre Aufgabe an, Berufskollegen bei der Ausbildung zu kontrollieren.

Immerhin knapp die Hälfte der Lehrlingswarte geht dennoch aktiv und frühzeitig auf die Lehrlinge zu und besucht diese in den Betrieben, um pro-aktiv handeln zu können. Die Zusammenarbeit bzw. Kooperation mit den Ausbildungsberatern spielt dabei sowohl nach Angaben der Ausbildungsberater als auch aus Sicht der Lehrlingswarte fast keine Rolle.

Um den Aufwand bei der Überwachung der Ausbildung ein wenig besser einschätzen zu können, wurde nach der Zahl der zu betreuenden Betriebe gefragt. So kommen rechnerisch (arithmetisches Mittel) auf einen Ausbildungsberater 2066 Betriebe, die mindestens einen Auszubildenden beschäftigen. Dies ergibt einen Durchschnitt von annähernd 4.000 Auszubildenden pro Ausbildungsberater. Darüber hinaus soll ein Ausbildungsberater noch einmal zusätzlich rund 3800 Betriebe betreuen, die zurzeit nicht ausbilden (Lehrstellenakquise).

Bei den Lehrlingswarten, die ihre Aufgaben im Rahmen eines Ehrenamtes erfüllen, ist die Zahl der zu betreuenden Auszubildenden (durchschnittlich 165 pro Lehrlingswart) deutlich geringer, da es sich immer nur um die Auszubildenden handelt, deren Betriebe innerhalb einer Innung organisiert sind. Dennoch kann festgestellt werden, dass Lehrlingswarte durchschnittlich ca. 7,8 Stunden in der Woche auf ihr Ehrenamt verwenden. Des Weiteren kann festgestellt werden, dass Lehrlingswarte recht lange im Amt bleiben. So waren die befragten Lehrlingswarte im Schnitt schon 11 Jahre im Amt. Eine Tendenz der Befragten in nächster Zeit ihr Amt niederzulegen (innerhalb der nächsten 2 Jahre) konnte nur bei 10 der 94 befragten Lehrlingswarte festgestellt werden. Somit kann überzeugend dargestellt werden, dass aufgrund der langen Amtszeit und des hohen zeitlichen Aufwands in der Arbeit der Lehrlingswarte ein erhebliches Potential zur Sicherstellung der Qualität in der betrieblichen Ausbildung gesehen werden kann. So ist es erstaunlich, dass es nicht in einem ausreichenden Maße Materialien und Hilfestellungen gibt, um die Lehrlingswarte gut auf ihr Amt vorzubreiten (vgl. Tabelle 5):

Über 45% der befragten Lehrlingswarte schätzen Ihre Vorbereitung auf die Anforderungen auf das Amt im negativen Bereich ein. Hier liegt u.E. ein Ansatzpunkt vor, um weitere Verbesserungen im Hinblick auf die pädagogische Professionalisierung dieser relevanten Beratungs- und Unterstützungssysteme zu erreichen.

3. Empirische Ergebnisse aus dem KVPP-Projekt

Um Aussagen über den Status quo der Ausbilderqualifizierung im Handwerk (arbeits-/berufspädagogischer Teil der Meisterqualifizierung, entspricht in etwa der Ausbildung der Ausbilder) treffen zu können, wurde im KVPP-Projekt eine weit reichende empirische Untersuchung der Lehrgangspraxis unternommen. Hierbei handelte es sich um eine Fragebogenerhebung zu den didaktischen Kategorien Zielgruppe, Lehrgangsintentionen der Dozenten, Lehrgangsthematik, -methodik und Lehr-/Lernerfolgskontrolle sowie zu sozio-demografischen Daten der Dozenten (zur Fragebogengestaltung vgl. FBH 2004). In die Befragung wurden sämtliche Dozenten der ökonomisch-rechtlichen und arbeits-/berufspädagogischen Teile der Meisterqualifizierung aller Handwerkskammern und Kreishandwerkerschaften des Bundesgebiets einbezogen (Vollerhebung). Von den 1.165 Befragten antworteten 284, was einer Rücklaufquote von fast 25% entspricht. Mit Ausnahme der Wiedergabe sozio-demografischer Daten der Dozenten (vgl. Abschnitt 3.6), bei der alle Dozenten, also die des ökonomisch-rechtlichen sowie die des arbeits-/berufspädagogischen Teils der Meisterqualifizierung, zusammengefasst wurden, beziehen sich die im Folgenden wiedergegebenen Befragungsergebnisse vor allem auf die 143 antwortenden Dozenten des arbeits- und berufspädagogischen Teils der Meisterqualifizierung. Gerade in diesem Lehrgang sind Ansätze der pädagogischen Professionalisierung zur Qualitätssicherung betrieblicher Bildung im Handwerk zu erwarten und zu erkennen.

Der folgende Abschnitt gliedert sich – in Analogie zum KVPP-Fragebogen – in die didaktischen Kategorien Zielgruppe, Lehrgangsintentionen der Dozenten, Lehrgangsthematik, -methodik sowie Lehr-/Lernerfolgskontrolle. Ergänzt werden diese didaktischen Kategorien um die sozio-demografischen Daten der Dozenten.

3.1  Zielgruppe

Die in der KVPP-Befragung antwortenden Dozenten sehen in der Altersgruppe 25 bis 29 Jahre die im Teilnehmerfeld am stärksten vertretene Gruppe. Auch nach der Handwerksrechts-Novelle mit Wirkung zum 01.01.2004, in welcher u.a. die bis dahin als Voraussetzung zum Ablegen der Meisterprüfung geltende Gesellenzeit aufgehoben wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die Meisteranwärter i. d. R. vor Absolvierung der Vorbereitungslehrgänge sowohl eine handwerkliche Berufsausbildung als auch einige Jahre praktische Tätigkeit als Geselle absolviert haben.

Während die fachpraktischen (Teil I) sowie fachtheoretischen (Teil II) Teile der Meisterqualifizierung auf die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Handwerksberufe ausgerichtet sind (gewerkspezifische Lehrgangsstruktur), können die ökonomisch-rechtlichen (Teil III) sowie die arbeits-/berufspädagogischen (Teil IV) Teile gewerkübergreifend angeboten werden.

 

Von dieser Möglichkeit machen die handwerklichen Bildungszentren offenbar regen Gebrauch. Die im KVPP-Projekt antwortenden Teil-IV-Dozenten geben an, dass in über 80% ihrer Lehrgänge mehr als fünf Gewerke vertreten sind und zumindest in diesem Punkt eine Heterogenität im Teilnehmerfeld festzustellen ist.

3.2 Lehrgangsintentionen der Dozenten

Im KVPP-Fragebogen wurden den Dozenten einige exemplarische Lehrgangsintentionen zur Auswahl aufgelistet. Die Dozenten waren aufgerufen, die in ihren Augen wichtigsten drei Lehrgangsziele in eine Rangordnung zu überführen. Anschließend wurden die Rangzuordnungen mit fünf (Nennung auf Rang 1), drei Punkten (Rang 2) sowie einem Punkt (Rang 3) gewichtet. Die folgende Abbildung gibt die Ergebnisse wieder.

In Vorbereitungslehrgängen auf den Teil IV der Meisterqualifizierung messen die Dozenten dem Bestehen der Abschlussprüfung (303 Punkte) durch die Teilnehmer die höchste Bedeu­tung bei. Auf den folgenden Plätzen liegen die Förderung der Methodenkompetenz (250 Punkte), der Sozialkompetenz (220 Punkte) sowie der Fachkompetenz (192 Punkte).

3.3  Lehrgangsthematik

Die inhaltliche und zeitliche Lehrgangsstruktur des arbeits-/berufspädagogischen Teils der Meisterqualifizierung ist durch den Rahmenstoffplan (vgl. Esser/ Twardy 2000) determiniert. Demnach gliedert sich der insgesamt 120 Unterrichtsstunden (U-Std.) umfassende Lehrgang in die folgenden sieben Lernfelder:

1.Allgemeine Grundlagen der Ausbildung (24 U-Std.),

2.Planung der Ausbildung (16 U-Std.),

3.Einstellung von Auszubildenden (12 U-Std.),

4.Ausbildung am Arbeitsplatz (28 U-Std.),

5.Förderung des Lernprozesses (20 U-Std.),

6.Ausbildung in der Gruppe (12 U-Std.) sowie

7.Abschluss der Ausbildung (8 U-Std.).

Im Rahmen der KVPP-Befragung wurde nun überprüft, wie die Dozenten die Vorgaben des Rahmenstoffplans in der konkreten Lehrgangspraxis ausgestalten.

Abweichungen von den Richtzeiten nach oben und unten in Höhe von 30% der Dozenten werden von Bildungszentrenleitern als akzeptabel und durchaus üblich bewertet. Von diesen Toleranzgrenzen ausgehend kann festgehalten werden, dass die obere Grenze in den Lernfeldern „Allgemeine Grundlagen der Ausbildung“ sowie „Abschluss der Ausbildung“ und die untere Grenze in den Lernfeldern „Ausbildung am Arbeitsplatz“ sowie „Förderung des Lernprozesses“ überschritten wird.

Die strikte Trennung der Meisterqualifizierung in die oben genannten vier Teile widerspricht im Grunde der Komplexität und Kompliziertheit des Berufsalltags handwerklicher Führungskräfte. Nachhaltige Qualifizierungsmaßnahmen zeichnen sich gerade durch einen erhöhten Praxis-/Anwendungsbezug aus. Daher wurden die Dozenten in der KVPP-Befragung gefragt, ob – und wenn ja: wie – sie die handwerkstechnischen Teile I und II der Meisterqualifizierung mit dem arbeits-/berufspädagogischen Teil kombinieren. 111 der 143 Teil-IV-Dozenten setzen zu diesem Zweck Praxisbeispiele ein. Weiter reichende methodische Ansätze, wie bspw. Pro-Contra-Debatten, Fallstudien, Planspiele und Projekte, finden offenbar nur in geringem Umfang Verwendung.

3.4 Lehrgangsmethodik

Betrachtet man die in Vorbereitungslehrgängen auf den arbeits-/berufspädagogischen Teil eingesetzten Methoden, so wird deutlich, dass die eher dozentenzentrierten die eher teilnehmerzentrierten Methoden dominieren. Als eher dozentenzentrierte Methoden gelten der Dozentenvortrag, die Unterrichtsdiskussion sowie die Gruppenarbeit. Die Zuordnung der letztgenannten Methode zu den dozentenorientierten Methoden mag im ersten Moment problematisch erscheinen, gibt jedoch den faktischen Einsatz der Gruppenarbeit im organisatorischen Kontext der Vorbereitungslehrgängen wider, welcher weniger explorativ, als vielmehr wiederholend und stark gesteuert durch den jeweiligen Dozenten erfolgt. Im Gegensatz dazu zählen Leittexte, Fallstudien, Simulationen (Plan- und Rollenspiele) sowie Projekte zu den teilnehmerzentrierten Methoden (vgl. Aff 1999).

So setzen die Dozenten die Unterrichtsdiskussion sowie den Dozentenvortrag am häufigsten ein. Am seltensten wird auf Leittexte und Projekte zurückgegriffen.

Eng mit den Methoden verbunden sollen die zur Vorbereitung und Durchführung der Lehrgänge verwendeten Grundlagenmedien näher untersucht werden. Als mögliche Medien wurden im KVPP-Fragebogen eigene Skripte, Skripte der Bildungszentren, Fachbücher und Fachzeitschriften vorgegeben. Auch bei der Frage nach dem Medieneinsatz (vgl. die Ausführungen zu den Lehrgangsintentionen der Dozenten) wurden die Dozenten gebeten, die exemplarisch vorgegebenen Medien in eine Rangordnung zu bringen.

Nach den mit Punkten (zur Errechnung siehe S. 11) gewichteten Rangzuordnungen liegen die eigenen Skripte auf Platz 1 (525 Punkte). Es folgen auf den Plätzen 2 und 3 Fachbücher (448 Punkte) und Skripte der Bildungszentren (192 Punkte).

3.5  Lehr-/Lernerfolgskontrolle

Als Lehr-/Lernerfolgskontrolle wurden im KVPP-Fragebogen alle lehrgangsinternen Methoden der Lernfortschrittsfeststellung definiert. Die Dozenten sollten angeben, wie häufig sie dabei auf die vorgegebenen Formulierungen zurückgreifen.

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass alle vorgegebenen Formulierungen gelegentlich bzw. oft eingesetzt werden. Da die ausgewählten Formulierungen unterschiedliche Taxonomiestufen (vgl. Jongebloed/ Twardy 1983) repräsentieren, kann festgehalten werden, dass die Dozenten bei ihrer Lehr-/Lernerfolgskontrolle unterschiedlichste Schwierigkeitsgrade berücksichtigen. Die hier berücksichtigten Taxonomiestufen beziehen sich auf kognitive Lernziele. So werden bspw. Aufgabenformulierungen wie bspw. „Nennen Sie…“ oder „Zählen Sie auf…“ einer niedrigen Taxonomiestufe/ einem unteren Schwierigkeitsgrad zugeordnet. Formulierungen wie bspw. „Entscheiden Sie, ob…“ oder „Beurteilen Sie…“ gehören dagegen einer hohen Taxonomiestufe/ einem oberen Schwierigkeitsgrad. Hierbei handelt es sich um Formulierungshilfen, wie sie für die Beschreibung der Verhaltenskomponente in der kognitiven Dimension Eingang gefunden haben. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass diese Vorgehensweise nicht beabsichtigt, messtheoretisch verwertbare Aussagen über die Lernzieloperationalisierung seitens der befragten Dozenten zu erhalten. Dass systematische Lernzieloperationalisierung von einer Mehrzahl der Dozenten vorgenommen wird, mag durchaus bezweifelt werden. Wesentlicher für die Ermittlung einer Art Status quo aus didaktischer Sicht sind für die Autoren dieses Beitrags Feststellungen der Dozenten, auf welchem grundsätzlichen taxonomischen Niveau Aufgabenstellungen, die als Lehr-/ Lernerfolgskontrolle i.w.S. Geltung haben, formuliert werden. Dass letztlich die Heranziehung einer bestimmten Formulierung nicht mit einer zugeordneten Taxonomiestufe verwechselt werden darf (vgl. Jongebloed/ Twardy 1983, 334), bleibt unbestritten.

3.6  Sozio-demografische Daten der Dozenten

Einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität der Ausbildungsqualifizierung und damit auf die Qualität betrieblicher Ausbildung wird den Dozenten beigemessen. Deshalb sollen die in der KVPP-Befragung antwortenden Dozenten im Folgenden näher charakterisiert werden, wobei dies bspw. auch die Angaben der Dozenten, die ausschließlich im ökonomisch-rechtlichen Teil der Meisterqualifizierung tätig sind, mit einschließt.

Im Durchschnitt sind die antwortenden Dozenten gut 48 Jahre alt. Die Dozenten, die ausschließlich im arbeits-/berufspädagogischen Teil der Meisterqualifizierung tätig sind, weisen ein höheres Durchschnittsalter (49,88 Jahre) auf, als die Dozenten der ökonomisch-rechtlichen Vorbereitungslehrgänge (46,64 Jahre).

Mehr als zwei Drittel der 284 antwortenden Dozenten sind für eine Handwerkskammer tätig. Da bei dieser Frage Mehrfachantworten möglich waren, wurden neben Handwerkskammern und Kreishandwerkerschaften von gut 5% der Dozenten auch weitere Institutionen (bspw. Schulen) genannt.

Als ein weiteres Qualitätskriterium der Ausbilderqualifizierung soll das Vertragsverhältnis zwischen den Bildungsträgern/Institutionen und den Dozenten betrachtet werden. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass die Institutionen auf hauptberufliche Dozenten (Festangestellte) einen direkteren Einfluss haben.

Hinsichtlich der vertraglichen Bindung der Dozenten an die jeweiligen Institutionen ist festzuhalten, dass über 80% der antwortenden Dozenten auf Honorarbasis und lediglich 17,92% der Dozenten als Festangestellte beschäftigt werden.

Spezialisten, also Dozenten, die sich auf einen Lehrgang oder wenige Lehrgänge konzentrieren können, tragen maßgeblich zur Qualitätssicherung/-steigerung der Ausbilderqualifizierung bei. Sie haben mehr Möglichkeiten, die arbeits-/berufspädagogischen Themen in ihrer gesamten Tiefe und Breite aufzuarbeiten.

55 der 284 in der KVPP-Befragung antwortenden Dozenten unterrichten sowohl im ökonomisch-rechtlichen als auch im arbeits-/berufspädagogischen Teil der Meisterqualifizierung. Sie sind quasi als Generalisten anzusehen. 88 der Dozenten sind Spezialisten im arbeits-/berufspädagogischen Teil der Meisterqualifizierung.

4. Fazit

Ausgehend von den in den Studien gesammelten Daten ergibt sich eine Reihe von Ansatzpunkten, die zur weiteren Verbesserung der pädagogischen Professionalisierung der beteiligten Akteure genutzt werden können.

So weisen bei der Analyse des Ausbildungsberatungs- und Lehrlingswartesystems beide Bereiche unterschiedliche Problemstellungen auf. Während die Ausbildungsberater zwar ihre Qualifikation auch zu Beginn ihrer Tätigkeit hoch einschätzten, scheinen sie aufgrund der enormen Zahl der zu betreuenden Betriebe bzw. Auszubildenden überbelastet. Dagegen sieht sich ein Großteil der Lehrlingswarte einer deutlich geringeren Anzahl an Lehrlingen gegenüber. Gleichzeitig bezeichnen die Lehrlingswarte die Vorbereitung auf ihre Tätigkeit als unzureichend. Hier ist zu prüfen, in welcher Form bestimmte Maßnahmen (z. B. Seminare) zur Einführung in das Amt des Lehrlingswartes entwickelt und angeboten werden können. Es kann angenommen werden, dass aufgrund der vergleichsweise langen Verweildauer der Lehrlingswarte in ihrem Amt eine solche Bildungsinvestition sich als „lohnend“ herausstellen wird. Im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen könnten regelmäßig Schulungen für Lehrlingswarte durchgeführt werden. Zusätzlich könnte in diesem Rahmen auch die Wertschätzung und Anerkennung der geleisteten Arbeit durch offizielle Stellen, bspw. Kammern, zum Ausdruck gebracht werden.

Die Erfordernisse einer Netzwerkarbeit gerade durch Ausbildungsberater und Lehrlingswarte sollten deutlich verstärkt werden. Problematisch ist dabei, dass diesem Aspekt von diesen Akteuren zukünftig ein vergleichsweise geringer Stellenwert zugeschrieben wird. Dabei muss gerade für die Kooperation zwischen den beiden untersuchten Teilsystemen festgehalten werden, dass diese bis dato eher schwach ausgeprägt ist. Bei einer gezielten Vernetzung und Bündelung der vorhandenen Ressourcen sind u.E. erhebliche Synergieeffekte wahrscheinlich. Hierbei sind nicht nur die Lehrlingswarte und Ausbildungsberater gemeint, sondern auch andere, im und am System der betriebliche Ausbildung beteiligte Akteure mit einzubeziehen. Hierzu zählen bspw. Lehrkräfte der allgemeinbildenden Schulen und der Berufskollegs oder die Berufsberater der Arbeitsagenturen.

Wird die betriebliche Bildung im Handwerk in Augenschein genommen, so ist für deren Qualität insbesondere die pädagogische Professionalisierung der Ausbildenden ausschlaggebend. Im Rahmen des KVPP-Projekts wurden auf Basis der hier dargestellten empirischen Untersuchung einige Ansatzpunkte zur Steigerung dieser pädagogischen Professionalisierung und damit der Qualität der betrieblichen Ausbildung aufgezeigt. Hierzu gehören…

1.  die Optimierung des arbeits-/berufspädagogischen Teils der Meisterqualifizierung. Die Teilnehmer sollten bei Lehrgangsbeginn eine gewisse Reife aufweisen. Besonders wertvoll erscheint es hierbei, einige Jahre Berufspraxis als Geselle – nach Möglichkeit auch schon als Ausbildungsbeauftragter – aufzuweisen. Die Teil-IV-Lehrgänge selbst sollten noch praxis- und anwendungsorientierter sein als bisher. Hierzu zählen ggf. auch eine gewerkspezifsche Ausrichtung und eine stärkere Verknüpfung mit den fachpraktischen, -theoretischen sowie ökonomisch-rechtlichen Teilen der Meisterqualifizierung. Darüber hinaus sollten verstärkt handlungsorientierte Methoden, wie bspw. Fallstudien, eingesetzt werden. Von diesen Methoden kann eine höhere Nachhaltigkeit und eine Verbesserung des Kompetenztransfers zwischen Lehrgang und betrieblicher Ausbildungspraxis erwartet werden. Des Weiteren kann es hilfreich sein, wenn die Dozenten Spezialisten ihres Faches sind und dieses in der gesamten Bandbreite aufarbeiten sowie im Lehrgang präsentieren.

2.  die Ergänzung der bestehenden Ausbilderqualifizierung um themenspezifische Seminarangebote. Oftmals werden die Meisteranwärter, also die Teilnehmer an Lehrgängen des arbeits-/berufspädagogischen Teils der Meisterqualifizierung, in ihrem Berufsalltag noch nicht mit Ausbildungsfragen konfrontiert. In solchen Fällen ist es schwierig, den Teilnehmern dieses Thema nahe zu bringen. Später, wenn die Meister auf Problemfälle der Ausbildung treffen, fehlt es ihnen häufig an Qualifizierungsangeboten. Hier sollten kurze Seminare, bspw. zum betrieblichen Konfliktmanagement, angeboten werden.

3.  das Angebot einer themenspezifischen Internetplattform. Auch im Handwerk gewinnt das Internet an Bedeutung. Für das Thema betriebliche Bildungsarbeit wurde im KVPP-Projekt ein internetgestütztes Informations- und Kommunikationsangebot (sog. KVPP-Community, vgl. URL: http://www.ausbildung-meistern.de ) entwickelt und erprobt. Ziel der KVPP-Community ist es, angehenden und erfahrenen Meistern ein möglichst individuelles Coachingangebot zu offerieren.

Mit dem hier vorliegenden Artikel sind zwei der wesentlichsten „Stellschrauben“ zur Sicherstellung der Qualität in der beruflichen Bildung skizziert und zukünftige Handlungsfelder angerissen worden. Die Autoren sehen, ausgehend von den dargestellten Ist-Zuständen, weitreichenden Handlungsbedarf auf pädagogischer bzw. didaktischer Ebene zur Verbesserung der betrieblichen Ausbildung. Hierzu sollten in Zukunft weitere Modelle und Konzepte entwickelt werden, um die maßgeblichen Akteure weiter zu professionalisieren und zu unterstützen. Dabei sind zum einen die handelnden Organisationen und Personen gefragt, wie zum Beispiel die Handwerkskammern, Ausbildungsberater und Lehrlingswarte, zum anderen aber auch die politisch Handelnden. So stellt die bereits vielfach kritisierte Aussetzung der Ausbildereignungsverordnung (AEVO) sicherlich nicht das geeignete Signal und Mittel zur nachhaltigen Verbesserung der Qualität der Ausbildung bzw. der pädagogischen Professionalisierung der beteiligten Akteure in der handwerklichen Berufsausbildung dar.

 

Literatur

Aff, J. : Überlegungen zur Wirtschaftsdidaktik unter besonderer Berücksichtigung des Konzepts einer kritisch-handlungsorientierten ökonomischen Fachdidaktik. In: Aff, J. (Hrsg.): Reader Wirtschaftsdidaktik: Schriften-reihe für Wirtschaftspädagogik (2. Auflage). Sofia; Wien; Köln: 1999, 41-76.

Brücken, M.; Hoffschroer, M.; Schaumann, U. : Analyse des Ausbildungsberatungs- und Lehrlingswartesystems. Köln: 2005.

BMBF 2002: Bundesministerium für Bildung und Forschung : Berufliche Qualifizierung Jugendlicher mit besonderem Förderbedarf – Benachteiligtenförderung. Bonn: 2002.

Eickhoff, M.T.; Schaumann, U.; Schweers, C. : Lehrgangsstrukturen bei der Vorbereitung auf die Meisterprüfung. Ergebnisse einer bundesweiten Studie in Teil III- und Teil IV-Lehrgängen. Voraussichtlich (zurzeit in abschließender Bearbeitung) Paderborn: 2005.

Esser, F.H.; Twardy, M. : Rahmenstoffplan für handlungsorientierte Vorbereitungslehrgänge auf Teil IV der Meisterprüfung im Handwerk. Markt Schwaben: 2000.

FBH 2004: Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln (Hrsg.): Aufbau und Vertiefung von Kompetenzen handwerklicher Führungskräfte zur Unterstützung von Personen mit besonderem Förderbedarf in der beruflichen Bildung Kontinuierliche Verbesserung Pädagogischer Prozesse (KVPP-Projekt). Sachstandsbericht 2003. Köln: 2004.

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