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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

WS16 - Individuelle Förderung
Herausgeber: Marc Beutner, H.-Hugo Kremer & Andrea Zoyke


Titel:
Konzepte und Erfahrungen zur Berufsorientierung im Übergang


Bildungsmaßnahmen zur Berufsorientierung im Justizvollzug – Konzept und Erfahrungen

Beitrag von Marc BEUTNER, H.-Hugo KREMER & Wolfgang WIRTH (Universität Paderborn & Kriminologischer Dienst des Landes NRW)

Abstract

Im Justizvollzug kommt beruflichen Bildungsmaßnahmen durchaus eine große Bedeutung zu. Gleichzeitig ist dieser Bereich, der unter dem Fokus von Resozialisierung gesehen werden kann, in der Berufs- und Wirtschaftspädagogischen Betrachtung eher ein Randgebiet, dem nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Jedoch steht die Frage des Übergangs hier direkt mehrfach im Raume. Zum einen liegt der Fokus auf dem Übergang von einem geregelten und stark von außen strukturierten Leben im Justizvollzug zu einem Leben in Freiheit und Selbstbestimmung außerhalb des Justizvollzugs nach Haftende. Daneben stellt sich in diesem Kontext zum anderen die berufsbezogene Übergangsfrage hinsichtlich der Eingliederung von Inhaftierten in den Arbeits- oder Ausbildungsmarkt. Um diesen zweiten Aspekt zu unterstützen wird im Folgenden das Projekt TANDEM vorgestellt, wobei die Perspektive einer Kooperation von berufsbildenden Schulen mit Justizvollzugsanstalten (JVAen) aufgegriffen wird. Das Modellprojekt TANDEM will die Ausbildungsfähigkeit, Berufsorientierung und Beschäftigungsfähigkeit von Inhaftierten fördern und dabei einen besonderen Fokus auf die Befähigung zu einer selbstverantwortlichen und gewaltfreien Lebensführung legen. Das Kürzel TANDEM bezieht sich sowohl auf die Verknüpfung von Qualifizierungs- und Gewaltpräventionskonzepten als auch auf ihre gemeinsame Umsetzung durch Projektbeteiligte aus Justizvollzugsanstalten und staatlichen Berufskollegs in NRW. Die Zielgruppe des Projekts sind Jungtäter in vier JVAen, die individuell gefördert und somit im Übergang in Ausbildung und Beschäftigung unterstützt werden sollen. Zu diesem Zweck gilt es, den Jungtätern zunächst bereits während der Haft eine Berufsorientierung zu ermöglichen, die als Grundlage des Übergangs zu verstehen ist. Im Projekt werden standortspezifische Lösungen für JVAen und ein curricularer Rahmen entwickelt, an dem sich die Umsetzungskonzepte orientieren.

1 Hinführung: Bedeutung beruflicher Bildung im Justizvollzug

Ausweislich der amtlichen Strafvollzugsstatistik waren zum Stichtag 31. März 2010 insgesamt 15.190 Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen untergebracht. Davon verbüßten 1.489 eine Jugend- und 13.551 Gefangene eine Freiheitsstrafe. Hinzu kamen 150 Sicherungsverwahrte. Ungeachtet der jeweiligen Vollzugsform waren indes 2.632 Gefangene unter 25 Jahre alt und zählten damit zu einer  „klassischen“ Zielgruppe für Maßnahmen der beruflichen Bildung, wobei diese – so sei zur Vermeidung von Missverständnissen hier vorangestellt – natürlich auch für ältere Inhaftierte vorgehalten werden.

Für Inhaftierte, insbesondere für junge Gefangene, besteht ohne Zweifel ein besonders großer Bedarf an Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. So zeigen diverse Datenerhebungen des Kriminologischen Dienstes des Landes Nordrhein-Westfalen, dass im Erwachsenenstrafvollzug ein gutes Drittel der Inhaftierten keinen Schul- und knapp 60% keinen Berufsabschluss haben, während bei den jungen Gefangenen (im Jugendstrafvollzug und in den Jungtäterabteilungen des Erwachsenenvollzuges) im Schnitt etwa 60% keinen schulischen Abschluss und um die 90% keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen können. In nahezu logischer Konsequenz waren denn auch ca. zwei Drittel der Gefangenen vor Antritt ihrer Strafe beschäftigungslos.

Die Straftäter während der Haft schulisch und beruflich zu fördern, um ihre Wiedereingliederungschancen nach der Haft zu erhöhen und auf diese Weise die Rückfallrisiken zu senken, stellt folglich eine besondere Herausforderung für den Strafvollzug dar. Die aktuelle Gesetzeslage trägt dem wie folgt Rechnung: In Ergänzung des in § 2 StVollzG formulierten Vollzugsziels, demzufolge Gefangene im Vollzug der Freiheitsstrafe fähig werden sollen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen, regelt § 37 desselben Gesetzes: „(1) Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung, Ausbildung und Weiterbildung im Strafvollzug dienen insbesondere dem Ziel, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern. […] (3) Geeigneten Gefangenen soll Gelegenheit zur Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen gegeben werden.“

Auch das nordrhein-westfälische Jugendstrafvollzugsgesetz misst der schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildung besondere Bedeutung bei. So lautet § 40 dieses Gesetzes wie folgt: „Der Förderungs- und Erziehungsauftrag des Jugendstrafvollzuges wird insbesondere durch Bildung, Ausbildung und eine zielgerichtete qualifizierende Beschäftigung der Gefangenen verwirklicht.“ Und im folgenden Absatz wird ergänzt: „Die Gefangenen sind während der Arbeitszeit vorrangig zur Teilnahme an schulischen und beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder speziellen Maßnahmen zur Förderung ihrer schulischen, beruflichen oder persönlichen Entwicklung verpflichtet, im Übrigen zu Arbeit, arbeitstherapeutischer oder sonstiger Beschäftigung, wenn und soweit sie dazu in der Lage sind. […].“

Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Vorgaben wird im Strafvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen ein breites Angebot an allgemein- und berufsbildenden Maßnahmen vorgehalten. Dazu gehören schulabschlussbezogene Maßnahmen ebenso wie elementare Lift- und Förderkurse. Und für die berufliche Förderung gibt es neben zahlreichen Lehrgängen und Qualifizierungskursen auch unterschiedliche Langzeitausbildungen von bis zu 42-monatiger Dauer in anerkannten Lehrberufen (vgl. JUSTIZMINISTERIUM NRW 2009). Im Berufsförderungsbereich standen im Jahr 2009 in der Summe immerhin 1.341 Berufsausbildungs-, Qualifizierungs- und Umschulungsplätze zur Verfügung. Insgesamt haben im Laufe dieses Jahres 3.791 Strafgefangene an einer beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung teilgenommen. Lässt man jene 1.033 Gefangenen einmal außer Acht, die ihre Qualifizierungsmaßnahmen nicht im Jahr 2009 beendeten, sondern im Folgejahr im Vollzug fortsetzten, so können für insgesamt 2.758 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Aussagen über das Ausbildungsergebnis gemacht werden: 62% erreichten das angestrebte Ausbildungsziel. Nur 4% haben die jeweiligen Prüfungen nicht bestanden, und die Übrigen sind aus sonstigen Gründen, wie  Erkrankungen und Strafunterbrechungen, freiwilliger Verzicht oder disziplinarische Ablösung, aber auch vorzeitige Entlassungen, ohne Abschluss ausgeschieden.

Angesichts des geringen Vorbildungsniveaus der Gefangenen und der nur begrenzt verfügbaren Zeit im Vollzug zeigen die berufsfördernden Maßnahmen offenkundig recht gute Effekte im Hinblick auf die angestrebte Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit. Der Strafvollzug muss hier den Vergleich mit Ausbildungseinrichtungen, die „draußen“ mit „schwierigen Problemgruppen des Arbeitsmarktes“ arbeiten, nicht scheuen. Während vollzugsexterne Ausbildungseinrichtungen aber allein das Erreichen des formalen Ausbildungszieles – sprich die Vermittlung der angestrebten Qualifikation – als einen Beleg wirksamer Ausbildungsarbeit verbuchen können, wird der Strafvollzug immer auch an einem zusätzlichen Erfolgs- oder Wirkungskriterium gemessen: Die berufsfördernden Maßnahmen sollen helfen, den Rückfall, die erneute Straffälligkeit nach der Haft, zu vermeiden. Von ihnen wird folglich erwartet, dass sich die Kompensation entsprechender Qualifikationsmängel, insbesondere bei jungen Gefangenen, auch positiv auf die spätere Legalbewährung auswirkt.

Der Nachweis entsprechender Wirkungen ist allerdings schwierig. Nach dem aktuellen Stand der Forschung zeigen grundlegende Bildungsprogramme („basic education“) und berufliche Qualifizierungs- und Beschäftigungsprogramme („vocational and employability programmes“) in Meta-Analysen zwar relativ konsistente positive Effekte (LÖSEL 2010), doch müssen empirische Wirkungsanalysen stets eine Reihe maßnahme- und teilnehmerspezifischer Differenzierungen beachten, die hier allenfalls angerissen werden können. So bestätigte zum Beispiel eine eigene Studie zur Wirkungsweise berufsfördernder Maßnahmen im Jugendstrafvollzug (vgl. WIRTH 2009a), dass die (erfolgreiche) Teilnahme an vollzuglichen Berufsbildungs-maßnahmen grundsätzlich dazu beiträgt, das Rückfallrisiko der Haftentlassenen – gemessen an dem vergleichsweise harten Kriterium der „Rückkehr in den Strafvollzug“ – zu senken, doch zeigt sie auch, dass sich die Rückfallwahrscheinlichkeit umso mehr verringert, je qualifizierter ein im Vollzug erworbener Abschluss ausfällt. Von den Maßnahmeteilnehmern, die keinerlei berufliche Qualifikation erwerben konnten, wurden 74,5% im Laufe von vier Jahren nach der Entlassung wegen einer neuerlichen Straftat wieder inhaftiert. Unter den Absolventen von berufsqualifizierenden Lehrgängen, deren Abschluss als „berufliche Teilqualifikation“ gewertet werden kann, sinkt diese Quote auf 47%. Und von jenen Gefangenen, die im Vollzug einen Gesellen- oder Facharbeiterbrief erwerben konnten, kamen später lediglich 36,2% erneut in Haft.

Dieses positive Bild wird allerdings relativiert, wenn man den Faktor „Arbeit nach der Entlassung“, der seinerseits natürlich maßgeblich durch die erworbene Berufsqualifikation beeinflusst wird, als intervenierende Erklärungsvariable in die Analyse einführt. Dabei zeigt sich Folgendes: Von den Maßnahmeteilnehmern, die im Vollzug keine berufliche Qualifikation erwarben und die nach der Entlassung arbeitslos blieben, wurden sogar 90% rückfällig und erneut inhaftiert. Allerdings: Selbst Gefangene, die mit Erfolg an einer berufsfördernden Maßnahme teilgenommen hatten, später aber dennoch keine Arbeit fanden, wiesen eine fast genauso große „Wiederkehrerquote“ von 80% auf. Umgekehrt wurde jedoch bei Gefangenen, die eine erfolgreiche berufliche Qualifizierung durchliefen und die nach der Entlassung eine ausbildungsgemäße Beschäftigung fanden, die geringste Rückfallquote mit lediglich 32,8% gemessen.

Daraus lassen sich mindestens zwei wichtige Schlussfolgerungen ziehen. Erstens: Berufsfördernde Maßnahmen für Inhaftierte sind enorm wichtig, um den Gefangenen nach der Entlassung einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu eröffnen, und wenn dies gelingt, können wir in der Tat von einer eindrucksvollen Senkung des Rückfallrisikos sprechen. Zweitens: Finden die Haftentlassenen aber keine Arbeit oder (Folge-)Ausbildung, so verpuffen die spezialpräventiven Effekte der beruflichen Förderung und die Legalbewährungschancen der Teilnehmer verringern sich offensichtlich (wieder) deutlich. Die Steigerung der „beruflichen Qualifizierung“ als pädagogisches Ziel schlägt sich also nicht zwangsläufig in einer Reduzierung der Rückfallquoten, dem zugrunde liegenden kriminalpolitischen Ziel, nieder. Oder anders ausgedrückt: Die im Strafvollzug erzielten Qualifizierungswirkungen können ihre rückfallmindernden Potenziale nicht genügend entfalten, wenn sie den beruflich geförderten Gefangenen nach der Haft keine Beschäftigungsperspektiven eröffnen, die sich folglich als ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Legalbewährung erweisen.

Die beschriebenen Befunde beziehen sich zwar noch auf Daten, die vor der Jahrtausendwende erhoben worden sind, können aber nach wie vor Gültigkeit beanspruchen, da sie in jüngster Zeit durch eine Reihe von Forschungsarbeiten im In- und Ausland bestätigt wurden. So schrieb PETERSILIA im Jahr 2003 und anschließend in mehreren Artikeln zur Zusammenfassung des Forschungsstandes, dass die meisten Experten, aber auch die Gefangenen selbst der Vermittlung in Arbeit nach einer Strafverbüßung entscheidende Bedeutung für eine erfolgreiche Wiedereingliederung beimessen.[1] Und VISHER et al. bekräftigten fünf Jahre später, dass es offenkundig nicht nur darum geht, nach der Haft einen (angemessen entlohnten) Job zu finden, sondern vor allem auch darum, ihn zu behalten und dass strukturierte Trainings- und Beschäftigungsprogramme im Vollzug dieses Ziel durchaus fördern können.[2] Allerdings sind solche Maßnahmen allein nicht ausreichend, wie eine deutsche Studie von SIMONSON et al., ebenfalls aus dem Jahr 2008, bestätigt. Aus ihren Ergebnissen lässt sich ableiten, „…dass sich in der Haft durchgeführte berufliche Maßnahmen zwar auf den Abschluss einer Berufsausbildung, jedoch nicht direkt auf die Erwerbstätigkeit auswirken. Erfolg versprechend erscheint es dagegen, wenn schon während der Haftzeit Kontakte zu späteren möglichen Ausbildungsstellen geknüpft werden“ (SIMONSON et al. 2008, 443, ähnlich auch HÖYNCK/ HOSSER 2003).

Auf der Grundlage von derart empirisch fundierten Schlussfolgerungen ist in Nordrhein-Westfalen bereits vor Jahren eine 3-Säulen Strategie zur beruflichen Wiedereingliederung von (ehemaligen) Strafgefangenen entwickelt und umgesetzt worden, die die berufliche Qualifizierung im Strafvollzug mit einer arbeitsmarktorientierten Entlassungsvorbereitung und einer beschäftigungsorientierten Nachsorge verbindet und die insofern die Grundlagen für ein umfassenderes Übergangmanagement zur Arbeitsmarktintegration von (ehemaligen) Gefangenen legt (vgl. WIRTH 2009a und b). Allerdings konzentrieren sich die damit verbundenen Sonderprogramme und Modellprojekte[3] gewissermaßen auf den möglichen „output“ der beruflichen Förderung – die Einmündung in und die Stabilisierung von Beschäftigung nach der Haft – und nicht auf deren Input – die motivationalen und kognitiven Ausbildungsvoraussetzungen der Inhaftierten –, der aber den Maßnahmeerfolg oder Misserfolg ebenso maßgeblich beeinflusst. Die Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit der Inhaftierten kann deren Wiedereingliederungschancen – wie gezeigt – zwar erheblich verbessern, ist aber ihrerseits zu großen Teilen auch von der Ausbildungsbereitschaft und Ausbildungsfähigkeit der Inhaftierten abhängig, die nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann.

Dies führt zu Frage, ob und inwieweit ausbildungsgeeignete und vor allem ausbildungsbedürftige Gefangene tatsächlich in hinreichender Zahl von den vollzuglichen Förderangeboten erreicht werden und wie Gefangene, die dem traditionell abschlussbezogenen Bildungsangebot indifferent, wenn nicht skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, zur Teilnahme motiviert werden können. In diesem Zusammenhang hat die bereits erwähnte Studie zu den Wirkungen berufsfördernder Maßnahmen im Jugendstrafvollzug bedauerlicherweise auch ergeben, dass Gefangene mit einem besonders geringen (Vor-)Qualifizierungsniveau und einer besonders langen kriminellen Karriere – also die Zielgruppe mit dem größten Behandlungsbedarf – in der Vergangenheit am wenigsten von den vollzuglichen Fördermaßnahmen profitieren konnte (vgl. WIRTH 1998, 70). Und in der aktuellen Praxis registrieren die Vollzugsanstalten seit einiger Zeit ein nachlassendes Interesse der Gefangenen am Erwerb von Schulabschlüssen und eine rückläufige Motivation zur Teilnahme an traditionellen Berufsqualifizierungsmaßnahmen (vgl. KREMER/ GEBBE/ WIRTH 2010, 30). Genau dies ist der Ausgangspunkt des Modellprojektes TANDEM.

2 Anknüpfungspunkte und Zielsetzungen im Projekt TANDEM

2.1 Akteure und zentrale Herausforderungen

TANDEM steht für die ‚Förderung der Ausbildungsfähigkeit, Berufsorientierung und Beschäftigungsfähigkeit von jungen Gefangenen mit besonderem Fokus auf die Befähigung zu einer selbstverantwortlichen und gewaltfreien Lebensführung‘ (offizielle Projektbezeichnung). Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des Bundesprogramms „XENOS – Integration und Vielfalt“ aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Die Durchführung erfolgt vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. Mai 2012. Das Projekt richtet sich an junge Gefangene, die keine Jugend-, sondern eine Freiheitsstrafe zu verbüßen haben und für die seit Mitte 2006 in fünf Justizvollzugsanstalten Nordrhein-Westfalens sogenannte Jungtäterabteilungen eingerichtet wurden (vgl. dazu auch JUSTIZMINISTERIUM NRW 2005). Wie auch im Jugendstrafvollzug ist gerade für diese Gefangenen im Alter von 21 bis 26 Jahren ein besonders großer Bedarf an innovativen Maßnahmen gegeben, um die Ausbildungsfähigkeit, Berufsorientierung und Beschäftigungsfähigkeit steigern und gleichzeitig die Gewaltbereitschaft abbauen zu können. Dass diese Zielgruppe zu Recht unter das Bundesprogramm „XENOS – Integration und Vielfalt“ fällt, verdeutlicht ein Blick auf ihr Profil. An den unterschiedlichen Standorten der Jungtäterabteilungen hatten 19 bis 50% der Gefangenen insofern einen Migrationshintergrund als sie nicht in Deutschland geboren sind; 32 bis 62% hatten bereits Hafterfahrungen; 26 bis 39% hatten mindestens 4 Vorstrafen, und im Hinblick auf die Bildungs- und Erwerbsbiographie können die eingangs dargestellten Befunde hier ebenfalls abteilungsspezifisch weiter differenziert werden: 47 bis 70% der Jungtäter hatten keinen Schulabschluss; 71 bis 95% keine berufliche Qualifikation; 21 bis 45% waren nie erwerbstätig, und 66 bis 83% waren vor der Haft arbeitslos.

Abbildung 1: Projektlogo "TANDEM"

Die Problembelastungen, aber auch die Heterogenität der Inhaftierten wird zudem durch Befunde zu den diskontinuierlichen  Lebenswegen von Jungtätern (vgl. STELLY/ THOMAS 2005), zu defizitären Lebenslagen von Straffälligen (vgl. DEUTSCHE BEWÄHRUNGSHILFE 2006) und zur besonderen Gewaltbereitschaft von jungen Gefangenen (vgl. WIRTH 2007) bestätigt. Die insofern multiplen, gleichwohl oftmals unterschiedlich gelagerten Defizite sind durch überwiegend standardisierte Bildungsangebote nur begrenzt aufzufangen. Dem gegenüber steht die Vorbereitung auf die sich stets wandelnden und zum Teil sehr komplexen Anforderungen in einer Wissens- und Informationsgesellschaft. Diese für viele Jungtäter enorme Kluft zwischen Voraussetzungen und Bildungszielen und somit auch die Chance auf eine soziale und berufliche (Wieder-)Eingliederung soll in weitestgehend individualisierten Fördermaßnahmen aufgenommen und im Rahmen des Möglichen gemindert werden.

In den Jungtäterabteilungen sollen die Gefangenen soziale Kompetenzen erwerben sowie gezielt motiviert und befähigt werden, berufliche, schulische und therapeutische Maßnahmen anzunehmen und durchzuhalten. Dazu ist es erforderlich, verstärkt vorbereitende, ggf. modulare Fördermaßnahmen einzurichten, die den Übergang in schulische und berufliche Anschlussqualifizierungen innerhalb des Strafvollzuges (in entsprechende Schwerpunktanstalten) und/oder nach Verbüßung der Strafe (z. B. in Berufskollegs) besser als bisher ermöglichen.

Das Modellprojekt TANDEM will sich dieser Herausforderung stellen und ein entsprechendes Förderangebot für die Gefangenen in den Jungtäterabteilungen der Justizvollzugsanstalten Aachen, Bielefeld-Senne, Gelsenkirchen und Schwerte entwickeln und erproben. Über vier regionale Entwicklungstandems zwischen den Anstalten und den Berufskollegs für Ernährung, Sozialwesen, Technik des Kreises Heinsberg in Geilenkirchen, dem Carl-Miele-Berufskolleg Gütersloh, dem Eduard-Spranger-Berufskolleg Gelsenkirchen sowie dem Cuno-Berufskolleg II in Hagen wird praktische Expertise zusammengeführt. Das Paderborner cevet - centre for vocational education and training (vgl. BEUTNER/ GEBBE/ KREMER/ SLOANE 2009, 51 ff.) leistet wissenschaftliche Unterstützung in Fragen der Gestaltung, Entwicklung und Implementation von innovativen Bildungskonzepten der (vor-)beruflichen Bildung, während der Kriminologische Dienst des Landes NRW weitere Expertise in Fragen der Gewaltprävention in das Projekt hineinträgt. Hinzu kommen als weitere Kooperationspartner aus NRW das Ministerium für Schule und Weiterbildung, das Justizministerium sowie die Geschäftsstelle für EU-Projekte und berufliche Qualifizierung der Bezirksregierung Düsseldorf (vgl. BEUTNER/ GEBBE/ KREMER/ WIRTH 2009, 39 ff.).

Dabei stellen sich Toleranz, demokratisches Verhalten und soziale Verantwortung in dem TANDEM-Konzept nicht als gesondert herzustellende Kompetenzen dar, sondern sind in vielfältigen Handlungsbezügen aufzubauen. Eine berufliche Orientierung bietet hierzu geeignete Anknüpfungspunkte, die sich auf die eigene Biographie, aber auch auf aktuelle und zukünftige Handlungsräume beziehen können. Dies gilt auch für die Thematisierung der Gewaltbereitschaft und insbesondere für die Ausübung von Gewalt unter Gefangenen.

Die traditionellen Maßnahmen zur schulischen und beruflichen Qualifizierung im Strafvollzug sind indes nicht zwangsläufig mit den individuellen Ausbildungsbiographien und Lernwegen der Gefangenen „kompatibel“. Ein systematisch abgestimmtes Angebot an niedrig schwelligen Förderangeboten, die allgemein- und berufsbildende Basisfähigkeiten und damit die Voraussetzungen für die Aufnahme schulabschlussbezogener Maßnahmen und/oder berufsqualifizierender Lehrausbildungen vermitteln und die unter Bezugnahme auf den Migrationshintergrund zudem kulturelle Unterschiede (z. B. Sprache) sowie gewaltpräventive Aspekte in die Überlegungen einbinden, existiert bisher nicht.

Im Gegensatz zu klassischen schulischen und berufsqualifizierenden Maßnahmen orientieren sich die Vollzugsverläufe der Lernenden in Justizvollzugsanstalten zudem keineswegs an dem Rhythmus der Ausbildungsgänge. So könnte die angestrebte Kompetenzentwicklung durchaus in einem Standardkonzept für langzeitige Bildungsmaßnahmen angeboten werden, doch stehen der Dauer und zeitlichen Sequenzierung der meisten Maßnahmen eher kontinuierlich verlaufende Inhaftierungs-, Einweisungs- und Entlassungstermine der Gefangenen gegenüber. Bei z. B. einjährig ausgelegten Maßnahmen würden hierdurch schnell Leerlaufzeiten entstehen oder es würde nur bestimmten Strafgefangenen die Teilnahme an den Maßnahmen ermöglicht. An dieser Stelle wird ein Konflikt zwischen potentiellen Leerlaufzeiten resp. Teilnahmemöglichkeiten und der Standardisierung von Maßnahmen sichtbar. Um einen breiten Zugang zu den Maßnahmen zu eröffnen und auf standardisierte Maßnahmen zugreifen zu können, ist ein flexibles System zu entwickeln, welches Standards zur Ausbildungsfähigkeit mit individuellen Erfordernissen verknüpft.

2.2 Handlungsschwerpunkte im Überblick

Aus der Fülle vorhandener Konzepte zur Steigerung der Ausbildungsfähigkeit von Gefangenen und zur Gewaltprävention (auch) im Strafvollzug sollen angemessene Umsetzungsformen gefunden sowie vorhandene Materialien angepasst und in übergeordnete Lernmodule integriert werden. Daran sollen Module zur Demokratieerziehung anknüpfen, die für gemeinsame Grundwerte sensibilisieren und zu toleranten Verhaltensweisen führen können. Insgesamt sind vier miteinander verbundene Arbeitsbereiche vorgesehen (vgl. BEUTNER/ GEBBE/ KREMER/ WIRTH 2009).

Arbeitsbereich 1:

Entwicklung und Erprobung von niedrig schwelligen modularen Lernangeboten zur Steigerung der Ausbildungsfähigkeit, Berufsorientierung und Beschäftigungsfähigkeit von jungen Gefangenen sowie zur Reduzierung ihrer Gewaltbereitschaft.

Dies beinhaltet die Aufarbeitung von Ansätzen zur beruflichen Orientierung im schulischen und außerschulischen Übergangssystem. Dabei werden traditionelle Berufskonzepte auch mit Blick auf aktuelle Arbeitsmarktveränderungen grundlegend überprüft und mit Ansätzen beruflicher Orientierung in anderen Kontexten konfrontiert. Daran schließen sich an:

  • die Entwicklung und Erprobung curricularer Strukturen, die eine individuelle berufliche Orientierung der Gefangenen ermöglichen
  • die Etablierung individueller Förder- und Entwicklungspläne mit Gestaltung von individuellen Lernwegen
  • sowie die Etablierung und regelmäßige Durchführung entsprechender Lehrgangsangebote mit inhaftierten Jungtätern, inklusive einer Dokumentation der erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten in Kompetenzprofilen.

Arbeitsbereich 2:

Schaffung von Übergangsstrukturen, die eine Aufnahme oder Fortsetzung schulabschlussbezogener und/oder berufsqualifizierender Maßnahmen in Schwerpunktanstalten[4] des nordrhein-westfälischen Justizvollzuges bzw. nach der Entlassung in Berufskollegs oder bei anderen Bildungsträgern ermöglichen.

Dieser Arbeitsbereich beinhaltet eine Einbindung der Anforderungen, die in den ergänzend einzubeziehenden Justizvollzugsanstalten Münster, Geldern und Bochum-Langendreer für die Aufnahme schulabschlussbezogener oder berufsqualifizierender Maßnahmen gestellt werden, in das neu zu schaffende Kursangebot sowie die zielgerichtete „Überweisung“ von Kursteilnehmern aus den beteiligten Jungtäterabteilungen in diese Anstalten bzw. ihre Vermittlung an vollzugsexterne Berufskollegs im Rahmen der Entlassungsvorbereitung.

Arbeitsbereich 3:

Entwicklung eines Fortbildungs- und Qualifizierungsnetzwerkes zur Förderung und Implementation individualisierter Lernangebote für Lehrkräfte im Strafvollzug und in Berufskollegs.

In diesem Arbeitsbereich soll neben einem Transfer des unter Arbeitsbereich 1 benannten Kursangebotes für Jungtäter in andere Justizvollzugsanstalten und für andere Gefangenengruppen ein Ausbau der an der Kursentwicklung und -durchführung beteiligten „Tandems“ aus Justizvollzug und Berufskollegs zu einem Fortbildungsnetzwerk geleistet werden, das interessiertem Lehrpersonal die Möglichkeit bietet, sich im Hinblick auf individualisierte Lernumgebungen weiterzubilden. Bezüglich der nachhaltigen Unterstützung von Qualifizierungsnetzwerken sollen Medienpotenziale gezielt festgestellt und in den Lernprozess eingebunden werden. Letzteres erfordert auch eine Unterstützung der Medienkompetenz der beteiligten Lehrkräfte durch die Erstellung eines entsprechenden Umsetzungshandbuches.

Arbeitsbereich 4:

Entwicklung und Erprobung eines Gruppenangebotes zur strukturierten Sensibilisierung der Gefangenen für das Problem der „Gewalt im Strafvollzug“ und von Vorschlägen zur verbesserten Gewaltprävention aus der Sicht der Gefangenen.

Dies beinhaltet die Verknüpfung eines Kurses für Inhaftierte mit der Entwicklung von Handlungsempfehlungen durch Inhaftierte zum Thema „Gewaltprävention“ im Rahmen eines Handlungsforschungsprojektes (vgl. SCHWINGENHEUER/ WIRTH 2011). Durch Konfrontation mit bereits früher formulierten und zielgruppenspezifisch „übersetzten“ Handlungsempfehlungen aus der Sicht der Vollzugspraxis sollen die Teilnehmenden für das „Gewaltthema“ sensibilisiert und veranlasst werden, eigene Präventionsvorschläge zu entwickeln, die die vorliegenden Handlungsempfehlungen sinnvoll erweitern können. Im Ergebnis soll ein Manual entstehen, das die Durchführung des Kurses mit anderen Zielgruppen ermöglicht und das die wichtigsten „Gewaltpräventionsvorschläge“ aus Bediensteten- und Gefangenensicht konzeptionell integriert sowie mit Ergebnissen aus der internationalen Literatur zum Thema „Anti-Bullying“ (vgl. etwa IRELAND 2005; LINES 2008; MATT 2006) in Schule und Strafvollzug kommentierend erläutert.

2.3 Fokus: Entwicklung von Ausbildungsfähigkeit im Justizvollzug

Im Zentrum des TANDEM-Projekts steht die Entwicklung eines curricularen Konzeptes, das ausgerichtet an der individuellen Kompetenzentwicklung, auf die Entwicklung von Ausbildungsfähigkeit zielt und dabei eine Integration von Elementen zur Gewaltprävention bzw. zur Entwicklung entsprechender Basiskompetenzen auf sozialer Ebene ermöglicht.

Das Konstrukt „Ausbildungsfähigkeit“ wird tendenziell von Arbeits- und Ausbildungsmarktanforderungen her bestimmt (BUTZ 2007, 4). Aus Sicht der Jugendlichen zielt es auf die Entwicklung von Fähigkeiten zur beruflichen Orientierung und Berufswahl, wobei moderne Ansätze der beruflichen Bildung einen neuen problemzentrierten Zugang zu einem umfassenden Kompetenzerwerb anbieten. Ausbildungsfähigkeit verbindet dabei im Sinne einer beruflichen Orientierung und Grundbildung Elemente beruflicher und allgemeiner Bildung (vgl. SCHLEMMER 2008, 22) und bietet hier die Möglichkeit, sachliche, persönliche und soziale Kompetenzen in einem ganzheitlichen Zusammenhang zu verstehen und individuelle Schwerpunkte zu ermöglichen.

Maßnahmen zur Steigerung der Ausbildungsfähigkeit sind dabei als niedrigschwelliger Zugang zur beruflichen Orientierung und Grundbildung zu konzipieren, mit denen u. a. dazu beigetragen wird, dass soziale Fähigkeiten nicht als träges Wissen aufgebaut werden, sondern eine direkt handlungsleitende Funktion erhalten. In diesem Zusammenhang gewinnt auch die Entwicklung interkultureller Kompetenzen an Bedeutung, da Arbeits- und Lebenszusammenhänge zunehmend durch andere Kulturen mitgeprägt werden (vgl. BEUTNER 2007, 207 ff.). Es erscheint hier erforderlich, dass für multikulturelle Lebens- und Arbeitsumwelten ein Bewusstsein für Handlungsvorstellungen anderer Personen entwickelt wird, welches nicht durch die eigenen normativen Grundhaltungen determiniert wird. Ausbildungsfähigkeit (vgl. z. B. EBERHARD 2006) verlangt hier auch Toleranz gegenüber anderen Verhaltensformen und Denkmustern und kann so auch als situativer Rahmen zur Gewaltprävention wirken. Umgekehrt ist sozial verantwortliches und gewaltfreies Handeln wiederum eine zentrale Basis der in- und außerhalb des Strafvollzuges geforderten Ausbildungsfähigkeit.

Die in dem Projekt geplanten flexiblen Lernangebote werden dabei zum Beispiel folgende Schwerpunkte setzen und die Gefangenen mit folgenden Fragestellungen konfrontieren:

  • Lernangebote zur individuellen Positionsbestimmung:

    Welche Fragen zu Ausbildung und Beruf beschäftigen mich? Welche Fragen habe ich bereits geklärt? Wo befinde ich mich auf meinem Weg zu einer beruflich und sozial integrierten Lebensführung?
  • Lernangebote zur beruflichen Orientierung:

    Welche Anforderungen stecken hinter beruflichen Tätigkeiten? Welche Voraussetzungen bringe ich mit? Welche Angebote gibt es? Wo bekomme ich Informationen her und wie verarbeite ich diese?
  • Lernangebote zur Steigerung von Ausbildungsfähigkeit und Basiskompetenzen:

    Wie gehe ich mit Informationen um? Was kann ich aus den Informationen lernen? Wie kann ich meine Basiskompetenzen verbessern? Wie kann ich meine Konfliktfähigkeit (ggf. unter Verzicht auf gewaltbereites Verhalten) im Interesse einer erfolgreichen sozialen und beruflichen Wiedereingliederung steigern?

Die Umsetzung entsprechender Maßnahmen im Rahmen des Justizvollzugs ist keineswegs typisch und in Verbindung mit einer individuellen Kompetenzentwicklung eine überaus anspruchsvolle Aufgabe. Die einzelnen Lernangebote sollen die Zieldimensionen „Ausbildungsfähigkeit“ und „Gewaltprävention“ zumindest partiell integrieren, doch sollen die einzelnen Module gleichzeitig auch in sich abgeschlossene Einheiten bilden, die wahlweise miteinander kombiniert werden und somit individuelle Lernwege über mehrere Module hinweg ermöglichen können. Auf diese Weise können flexible Zu- und Abgänge eröffnet oder lediglich relevante Teilbereiche bearbeitet werden.

2.4 Prinzipien: Individuelle Förderung als Erfolgsbedingung

Das Projekt TANDEM verfolgt hierfür die folgenden Grundprinzipien, auf denen die Gestaltung der geplanten Instrumente und Maßnahmen fußt.

Reflexive Stärkenorientierung:

Maßnahmen sollten sich an den Stärken der Inhaftierten orientieren (vgl. zu den damit verbundenen Anforderungen etwa BEUTNER/ GOCKEL 2010, 3 ff.), um ihnen aus der Perspektivlosigkeit und den oftmals negativ besetzten Bildungserfahrungen den Schritt hinein in eine Lernen befürwortende Haltung zu erleichtern. Die Orientierung an Stärken bedeutet auch, dass schnell erste individuelle Lernerfolge in den Modulen erreicht werden sollen. Dies erscheint einerseits sinnvoll, um bestehende grundlegende Defizite indirekt auffangen zu können, andererseits aber auch, um dem für die Zielgruppe hohen Ziel der Ausbildungsfähigkeit näher kommen zu können. Die Betonung einer reflexiven Ausrichtung (vgl. etwa BEUTNER/ GOCKEL 2010, 46) bestärkt das Ziel, dass die Inhaftierten lernen sollen, sich ihrer eigenen Stärken immer wieder bewusst zu werden und auch neu entwickelte Stärken aktiv zur Lösung von komplexen Lernaufgaben nutzen zu können. Die eigenen Stärken zu erkennen ist keineswegs einfach, insbesondere wenn die eigene Lebensbiographie oftmals von Misserfolgen geprägt war und die Rahmensituation „Inhaftierung“ auch kein Zeugnis für individuelle Stärke impliziert. Stärkenorientierung stellt sich als eine komplexe Herausforderung in der Bildungsarbeit dar, da in vielen Fällen formalisierte Bildungsabschlüsse, Standards, Tests etc. vorhandene Defizite aufzeigen und den Lernenden ein weiteres Mal deutlich machen, dass sie als Bildungsverlierer eingestuft werden. Gleichermaßen kann Stärkenorientierung nicht darauf zielen, dass beispielsweise erforderliche Anforderungen in Ausbildung und Beruf unberücksichtigt bleiben. Dementsprechend soll eine reflexive Stärkenorientierung Ansatzpunkte für Lern- und Entwicklungsprozesse bieten, aber auch individuelle Perspektiven und Möglichkeiten darauf aufbauend kennzeichnen. Individualisierung, Partizipation und Lebensweltbezug bieten hier einen Rahmen, um den Anspruch einer reflexiven Stärkenorientierung in der Bildungsmaßnahme zur Ausbildungsfähigkeit verankern zu können. Daran angebunden stellt die Ermöglichung individueller Lernhandlungen sowie ein situationsgebundenes und kooperatives Lernen innerhalb von Modulen ein wichtiges Fundament der TANDEM-Arbeit dar.

Authentizität und Realitätsnähe:

Durch den Lebensweltbezug sollen sich Lernprozesse an für den einzelnen Lernenden bedeutsamen Situationen (Authentizität) ausrichten. Damit stehen Lernsituationen im Spannungsfeld von Realitätsnähe und Authentizität für die Lernenden (vgl. BEUTNER 2010, 123 ff.). In diesem Spannungsfeld ist es erforderlich, dass die Komplexität der Realität so reduziert wird, dass sie für die Lernenden situativ erfahrbar wird und handlungsleitendes Wissen aufgebaut werden kann. Das Wissen soll in einem subjektiv bedeutsamen Kontext erworben werden und über den situierten Wissenserwerb soll die Möglichkeit geschaffen werden, dieses in anderen Kontexten anwenden zu können. Damit wird Lernen nicht auf den Erwerb begrifflicher und fachlicher Sachverhalte verkürzt. Lernende können sukzessive auf komplexe Herausforderungen der realen Arbeits- und Lebenswelt vorbereitet werden, also die sozialen, personalen und fachlichen Kompetenzen entwickeln, die von ihnen auch nach der Haftzeit gefordert werden.

Prinzip der Individualisierung:

Lernen wird in einem konstruktivistischen Verständnis als individueller Such- und Erkundungsprozess der Lernenden verstanden (vgl. SLOANE 1999, 62). Auf mikrodidaktischer Ebene verlangt dies eine Fokussierung auf die individuellen Lernhandlungen der jungen Strafgefangenen und erfordert auf curricularer Ebene die Berücksichtigung biographischer Besonderheiten. Lernen soll sich hierbei an einer individuellen Problemstellung ausrichten. In der Planungsphase stehen Lernende vor der Herausforderung, u. a. die Problemstellung zu analysieren, Lern- und Arbeitsschritte zu bestimmen sowie den eigenen Lern- und Entwicklungsbedarf zu bestimmen. Die Beschaffung von Informationen, Entscheidungen für Lösungswege, Zusammenstellung von Teilarbeitsbereichen oder auch die Steuerung der einzelnen Teilarbeitsschritte können der Durchführungsphase zugeordnet werden. Als dritter Schritt der Lernhandlung ist eine Kontrolle der einzelnen Arbeitsschritte erforderlich. Durch die Berücksichtigung von Planung, Durchführung und Kontrolle übernehmen die Lernenden Verantwortung für ihre eigenen Lernprozesse und sollen diese schrittweise eigenverantwortlich steuern. Die Aufgabe der Lehrenden besteht nun darin, diese Prozesse zu ermöglichen und eine entsprechende Umgebung zu schaffen. Die Aufgabenstellungen bieten hier einen Rahmen zur Bestimmung der Handlungsanforderungen an die Lernenden. Darüber hinaus kann der Komplexitätsgrad über Lernmedien, Steuerungshilfen oder Kontrollangebote variiert werden. Auf curricularer Ebene können individuelle Lernangebote (z. B. über Aufgabenstellungen) angeboten werden, die eine personenabhängige Anpassung an individuelle Interessen, Lernerfordernisse etc. ermöglichen. Individualisierung zielt damit einerseits auf die Ermöglichung individueller Ausprägungen im Rahmen der Bearbeitung von Aufgabenstellungen ab, was sich z. B. über die Bereitstellung von unterschiedlichen Informationen, Steuerungshilfen etc. zeigen kann und andererseits auf die Schaffung individuell unterschiedlicher Aufgabenstellungen auf curricularer Ebene.

Kooperationsprinzip:

Die Überlegungen zur Lernhandlung lassen bereits erkennen, dass Lernende im Sinne einer vollständigen Handlung, also der Planung, Durchführung und Kontrolle, nicht nur Objekte in Lernumgebungen sind, sondern diese über die eigenen Handlungen aktiv mitgestalten. Der Umgang mit Wissen im Sinne einer eigenständigen Erarbeitung, aber auch in Bezug auf spezifische Aufgabenstellungen, entspricht den Anforderungen einer Wissens- und Informationsgesellschaft, da die Neu-Komposition von Wissen zunehmend als Herausforderung in der Arbeitswelt in Erscheinung tritt. Damit zielt dieser Aspekt auch darauf, kooperative Arbeitszusammenhänge bewältigen zu können. Kaum eine komplexe Situation kann alleine bewältigt werden, seien es kleine Projekte im Arbeitsumfeld oder auch soziale zwischenmenschliche Probleme. Stets wird gefordert, dass gemeinsam Lösungen erarbeitet, im Prozess geprüft und ggf. neu koordiniert werden oder auch Zielkonflikte sachlich, also gewaltfrei gelöst werden. Aus diesem Grund sind auch die komplexen Lernumgebungen so zu gestalten, dass sie eben diese Abstimmungsprozesse einfordern und die Jungtäter exemplarisch daran lernen können. Diese Prozesse bewusst zu gestalten, also zu planen, durchzuführen und abschließend noch einmal zu kontrollieren, ist für einen nachhaltigen Lernerfolg elementar.

2.5 Verfahren: Didaktisch-curriculare und institutionelle Verzahnung

Es könnte nun angemerkt werden, dass Lernende in derartigen Lernumgebungen bereits umfassende Lernfähigkeiten und -fertigkeiten benötigen, um die Lernhandlung bewältigen zu können, was pointiert zur Position führt, dass mit der Zielgruppe junger Strafgefangener die genannten Prinzipien nicht zu realisieren wären. BOJANOWSKI weist hier zu Recht darauf hin, dass auch die Selbstständigkeit benachteiligter Jugendlicher über derartige Lernangebote zu fördern ist. "Bezogen auf die Professionalisierung von Pädagogen entsteht so die Notwendigkeit, den Adressaten Verantwortung für die Suche zu geben, ja sie ihnen auch zuzumuten, und auch irritierende Versuche auszuhalten, ohne sofort einzugreifen. […] Es geht darum, eher zu fördern, zu entwickeln, zu helfen, zu beraten, zu moderieren, zu entfalten helfen, zu begleiten“ (2008, 15).

In der Sequenzierung der Lerneinheiten ist zu berücksichtigen, dass Prozess- und Handlungswissen durch Lernen im Handlungsvollzug innerhalb des Strafvollzuges aufgebaut werden muss. Es geht hier nicht darum, junge Strafgefangene zu überfordern und damit möglicherweise erneut zu demoralisieren, sondern es sollen Anspruchsniveaus erarbeitet werden, die den Lernenden einen Kompetenzerwerb gestatten, der auch noch nach der Entlassung trägt. Damit ist allerdings eine komplexe Gestaltungs- und Implementationsaufgabe verbunden, in der individuelle Förderung durch die Ausrichtung der Lehrhandlungen an den individuellen Lernhandlungen der jungen Strafgefangenen gekennzeichnet ist und in der die genannten didaktischen Grundprinzipien unter den vollzuglichen Strukturbedingungen erprobt und ggf. weiterentwickelt werden müssen.

Daraus erwachsen zahlreiche Herausforderungen auf curricularer, organisatorischer und didaktisch-methodischer Ebene, die gewiss im weiteren Projektverlauf virulent werden, hier aber nicht im Einzelnen erläutert werden können. Die TANDEM-Struktur trägt über die in Kapitel 2.1 verdeutlichte Zusammenführung von Expertise aus unterschiedlichen Institutionen Rechnung. Die Partnerschaften sollen nicht nur regional auf die Implementierung modellhafter Maßnahmen zur Ausbildungsfähigkeit ausgerichtet werden. Aus den Projektergebnissen sollen auch tragfähige Vereinbarungen zur weiteren Zusammenarbeit abgeleitet werden können. Außerdem soll eine Verankerung der Kooperationsstrukturen möglichst dauerhaft zur Implementation qualitativ hochwertiger Bildungsmaßnahmen im Strafvollzug beitragen. Die gemeinsamen Entwicklungs- und Implementationsaktivitäten bieten in diesem Zusammenhang sowohl ein Gerüst zur Professionalisierung von AusbilderInnen und Lehrkräften im Justizvollzug als auch für Lehrkräfte in Berufskollegs. Gleichermaßen werden über die wissenschaftliche Begleitung durch das international ausgerichtete Zentrum für Berufsbildungsforschung (cevet) der Universität Paderborn sowie durch den Kriminologischen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen auch Forschungserkenntnisse aus dem Projekt generiert. Diese diversen TANDEMs können somit auf unterschiedlichen Ebenen dazu beitragen, dass aktuelle Qualitätsstandards unter den besonderen Bedingungen des Justizvollzugs zum Tragen kommen und dass durch die institutionelle Vernetzung in regionalen Partnerschaften neue Übergänge für die Gefangenen aus dem Strafvollzug in das staatliche Bildungssystem oder

3 Tandem – Berufsorientierung im Jungtätervollzug

Berufsorientierung wird weitgehend mit dem Übergang von Schule zu Arbeitswelt verbunden (vgl. hierzu zu Erklärungsansätzen zur Berufsorientierung KREMER/ WILDE 2006). In diesem Kontext wird beispielsweise darauf verwiesen, dass Berufsorientierung als ein individueller Entwicklungsprozess verstanden werden kann und Teil des Erwachsenwerdens ist. Hier könnte vor dem Hintergrund der vorliegenden Zielgruppe argumentiert werden, dass derartige Prozesse nicht ausreichend durchlaufen wurden und Entwicklungsprozesse nochmals aufzunehmen sind. Gleichermaßen kann vor dem Hintergrund von Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt auch festgestellt werden, dass Berufsorientierungsprozesse zwar im Jugendalter erstmals durchlaufen werden, die Problematik beruflicher Orientierung sich im Lebensweg jedoch kaum als einmalige Problemstellung zeigt. Dies kann aufgrund des bestehenden Arbeitsplatzangebots entstehen, aber auch vor dem Hintergrund einer Veränderung individueller Vorstellungen zu Arbeit und Beruf. Gerade dann sind Kompetenzen zur beruflichen Orientierung grundlegende Kompetenzen, die im Kontext einer selbstbestimmten Lebensführung immer wieder von Bedeutung sind. Damit stellt sich dann zunehmend die Frage: Was bedeutet berufsorientiert sein?

Berufsorientierung erweist sich so immer wieder als individuelle Herausforderung, die allenfalls in der Auswahl einer Tätigkeit oder eines Berufs mündet, aber individuell unterschiedlicher Entwicklungsprozesse bedarf. Im Jungtätervollzug existiert bisher kein ausreichendes Angebot zur Unterstützung beruflicher Orientierungsprozesse. Auch hier kann vermutet werden, dass die Bereitstellung von Informationen kaum zu einer ausreichenden Verarbeitung führt. Vielmehr sind vor dem Hintergrund der vorhergehenden Ausführung umfangreiche Unterstützungen zur individuellen Auseinandersetzung erforderlich. Ein vollständig standardisiertes Lösungsangebot kann den Herausforderungen im Justizvollzug kaum gerecht werden. Berufsorientierung steht in Verbindung zu grundlegenden Einstellungen zur Ausbildungs-, Arbeits- und Lebenswelt. Demgemäß kann berufliche Orientierung vergangene, gegenwärtige und zukünftige Lebenswelten nicht ausblenden. Vermutlich hat die Aufarbeitung von Erfahrungen für den Jungtätervollzug eine hervorgehobene Bedeutung.

Berufsorientierung umschließt Aufgaben, die sich im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung von Übergängen in Ausbildung bzw. Arbeit stellen. Sie erstrecken sich zum einen auf die berufliche Orientierung i. e. S.: Individuelle Voraussetzungen auf der einen und arbeitsmarktlich gelagerte Anforderungen auf der anderen Seite sind zu sondieren. Daneben wird die Verzahnung dieser beiden Perspektiven in Form eines Matchingprozesses relevant. In Konsequenz stellt sich eine Realisierungsaufgabe, in der Entscheidungen getroffen und Umsetzungsschritte (gezielte Stellensuche, Verfassen von Bewerbungsunterlagen etc.) durchgeführt werden (vgl. auch AUSBILDUNGSPAKT 2006). Damit stehen nicht konkrete Vermittlungsperspektiven in Ausbildung oder Arbeit im Vordergrund; vielmehr geht es im Sinne individueller Förderung um eine ganzheitliche, am Individuum ansetzende und damit nachhaltige Kompetenzentwicklung zur selbstgesteuerten Bewältigung von sich immer wieder neu stellenden Aufgaben beruflicher Neu- und Umorientierung (vgl. zu einem ganzheitlichen Verständnis von Berufsorientierung FAMULLA 2008, 39; BUTZ 2008, 49 ff.; ANDERSON 1999, 372 und 379).

Vereinfachend können im Prozess der Berufsorientierung drei Handlungsbereiche hervorgehoben werden: „Eine orientierende Aufgabe besteht darin, die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erkennen und Wissen/Kenntnisse zu Berufen zu erhalten“ (KREMER/ WILDE 2006, 9) (Handlungsbereich I). „Die zweite Aufgabenstellung ist darin zu sehen, dass dieses Wissen eine Verzahnung erfahren muss, d. h. individuelle Voraussetzungen sind mit den Anforderungen der Berufe in Verbindung zu bringen“ ( KREMER/ WILDE 2006, 9) (Handlungsbereich II). „In diesem Aufgabenkomplex stellt sich dann auch das Problem, die eigenen Aussichten auszuloten“ (KREMER/ WILDE 2006, 9). Der dritte Handlungsbereich kann als „Realisierung gekennzeichnet werden: Es geht darum, Ausbildungsstellen zu suchen, Bewerbungen zu verfassen, aber auch mit Zu- und Absagen umzugehen“ (KREMER/ WILDE 2006, 10; vgl. auch HAMMER/ RIPPER/ SCHENK 2009, 15).

Die bisherigen Überlegungen zur Kompetenzentwicklung im Rahmen einer beruflichen Orientierung im Justizvollzug können in der folgenden Form zusammengeführt werden:

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Abb. 1: Stärkenbasierte Kompetenzentwicklung im Justizvollzug

Die Handlungsbereiche werden im Tandemmodell als Rahmen zur Bestimmung von Handlungszielen herangezogen, damit wird nicht die curriculare Struktur zur individuellen Kompetenzentwicklung vorgeben. Exemplarisch sei an dieser Stelle die Konkretisierung des ersten Bausteins angedeutet:

Baustein 1: Ich – Stärken und Interessen aufdecken

Basisbaustein                                      Zeitrichtwert: 20 – 25 Stunden

Angestrebte Lernziele:

Die Inhaftierten lernen, sich gezielt mit ihrer eigenen Person, insbesondere den individuellen Interessen, Motivlagen, Stärken, Lernverhalten und Entwicklungspotenzialen auseinander zu setzen. Mögliche Anknüpfungspunkte sind positive Erfahrungen der persönlichen Lebens- und Bildungsbiographie. Neben Verfahren der reflexiven Auseinandersetzung mit sich selbst können sie die gewonnenen Erkenntnisse handlungsleitend dokumentieren und sich realistische (berufliche) Ziele setzen. Diese können auch einen Bezug zu persönlichen Lebenszielen ausweisen. Weiterhin sind sie in der Lage, ihre Sozialpartner in die Selbstentdeckung einzubeziehen und auf dieser Grundlage ihr Selbstbild zu schärfen. Sie können Kritik konstruktiv geben und empfangen. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Person stellt zugleich die Basis für die Formulierung individueller Entwicklungswege (insb. im Hinblick auf Erfordernisse beruflicher Bildung) dar.

Die Inhaftierten werden durch die zielführende Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Person motiviert, konstruktiv an ihrer eigenen ((vor-)beruflichen) Entwicklung zu arbeiten. Dabei begreifen sie Berufsorientierung und individuelle Entwicklung für sich als einen notwendigen Prozess und Ausgangspunkt für zukünftige berufliche Entscheidungen.

Abb. 2: Baustein 1 des TANDEM Rahmencurriculums

Die Voraussetzungen der Jungtäter werden zwar als sehr unterschiedliche eingestuft, allerdings wird darauf hingewiesen, dass in vielen Fällen eine Ausbildungsfähigkeit nicht vorliegt und auch nicht einfach in einer kurzfristigen Bildungsmaßnahme entwickelt werden kann. Hierbei bleibt jedoch wie in der Literatur offen, was unter Ausbildungsfähigkeit gefasst wird. Es wird wohl nicht immer die Möglichkeit gesehen, dass die Jugendlichen einen Ausbildungsplatz erreichen können, d. h. sie ‚scheitern‘ dann an der ersten Schwelle zum Übergang in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Damit ist jedoch noch keinesfalls festgelegt, was unter Ausbildungsfähigkeit gefasst werden kann. In der Literatur besteht bereits Uneinigkeit darüber, ob es sich um Ausbildungsfähigkeit oder eine Ausbildungsreife handelt. Der Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland nimmt folgende Bestimmung einer Ausbildungsreife vor:

„Eine Person kann als ausbildungsreif bezeichnet werden, wenn sie die allgemeinen Merkmale der Bildungs- und Ausbildungsfähigkeit erfüllt und die Mindestvoraussetzungen für den Einstieg in die berufliche Ausbildung mitbringt. Dabei wird von den spezifischen Anforderungen einzelner Berufe abgesehen, die zur Beurteilung der Eignung für den jeweiligen Beruf herangezogen werden (Ausbildungseignung). Fehlende Ausbildungsreife zu einem Zeitpunkt schließt nicht aus, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt erreicht werden kann“ (NATIONALER PAKT FÜR AUSBILDUNG UND FACHKRÄFTENACHWUCHS IN DEUTSCHLAND 2006, 13)

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) nähert sich über eine Befragung von Ausbildungsexperten und Auszubildenden an das Konstrukt der Ausbildungsfähigkeit an und bestimmt darin einen Katalog notwendiger Fähigkeiten zum Erlernen einfacher Ausbildungsberufe, u. a. werden die folgenden Aspekte genannt: Beherrschen der Grundrechenarten, Bereitschaft zu Lernen, Höflichkeit, Bereitschaft Leistung zu zeigen, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein (siehe etwa den Expertenmonitor des BIBB, vgl. EHRENTHAL/ EBERHARD/ ULRICH 2005). Herausgestellt wird auch in dieser Studie, dass personalen, sozialen und motivationalen Merkmalen eine hohe Bedeutung beigemessen wird und diese zum Teil vor konkreten Fähigkeiten angesiedelt werden. Damit kann zwar eine Verbindung zur Diskussion um Basiskompetenzen erkannt werden, allerdings wird der Fokus nochmals auf die Bedeutung überfachlicher Kompetenzen gerichtet. Abschlussbezogene Maßnahmen sind demnach möglicherweise nicht ausreichend, um eine Ausbildungsfähigkeit herzustellen. Hinzu kommt hier, dass die Debatte um Ausbildungsfähigkeit in einem bildungspolitischen Feld geführt wird und die Positionsbestimmungen auch von den jeweiligen Bedingungen auf dem Ausbildungsmarkt abhängig und eine Ausbildungsfähigkeit danach unterschiedlich eingestuft werden kann. Dementsprechend kann die Bestimmung einer Ausbildungsfähigkeit nicht von der Marktsituation getrennt werden. Die Zuweisung einer Ausbildungsfähigkeit ist somit kein objektiver Standard, sondern variiert entsprechend der jeweiligen Bedingungen. Vor diesem Hintergrund erscheint es problematisch, die Entwicklung an einer derartigen Größe auszurichten. Die Gefahr besteht sogar, dass mit der Erlangung eines Ausbildungsplatzes eine Ausbildungsfähigkeit attestiert wird, die gar nicht vorliegt und damit eine auf die individuelle Entwicklung ausgerichtete Perspektive aufzunehmen. Hier erscheint es erforderlich, die individuelle Sinnhaftigkeit herauszuarbeiten und davon ausgehend die Entwicklung notwendiger Fähigkeiten und Fertigkeiten aufzunehmen. Berufsorientierung kann hier einen Ankerpunkt bieten, um die Entwicklung individuell erforderlicher Kompetenzen aufzunehmen.

Berufsorientierung kann einerseits darauf zielen, eine berufliche Orientierung als Maßstab des Erfolgs in einem Übergang in Ausbildung und Beschäftigung zu erreichen. HÜBNER stellt an anderer Stelle für die schulische Berufsorientierung fest, dass sie so gut sein kann, wie sie will, „wenn Ausbildungsstellen generell, die richtigen Ausbildungsstellen für die vorhandenen Bewerber oder die richtigen Bewerber für die vorhandenen Ausbildungsstellen fehlen“ ( 2007, 1) Mit dieser Position wird das Matching von Arbeitsstellen und Bewerbern in den Vordergrund gerückt. Damit wird deutlich, dass berufliche Orientierung zwar als ein Prozess des Individuums interpretiert werden kann, dieser Prozess jedoch zumindest in Abhängigkeit der Gegebenheiten auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt betrachtet werden muss. Diese Perspektive kann mit der Gefahr einhergehen, dass berufsorientiert sein über das Erlangen einer Tätigkeit als erfolgreich eingestuft wird und der Erwerb von Fähigkeiten zur Berufsorientierung aus dem Blick gerät, wobei berufliche Orientierung nicht von Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt getrennt werden kann. Dies stellt in besonderer Form eine Schwierigkeit für eine Berufsorientierung im Rahmen des Justizvollzugs  dar. Hier können eingegrenzte berufliche Möglichkeiten existieren und damit eine berufliche Orientierung an Bedeutung verlieren. Anders gewendet stellt sich berufliche Orientierung in besonderer Form, da die Jungtäter vor einer ganz besonderen Herausforderung stehen. Die besondere Lebenslage kann so beispielsweise im Rahmen der Bestimmung von Möglichkeiten und Grenzen nicht negiert werden bzw. muss auch in die Analyse von individuellen Stärken und Schwächen einbezogen werden. Ebenso stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine berufliche Orientierung im Justizvollzug anzusiedeln ist. Hier wäre auch die Zielfrage einer Berufsorientierung genauer in den Blick zu nehmen. Sofern es (alleine) um den Übergang in Ausbildung und Arbeit geht, wäre eine berufliche Orientierung zu Beginn eines längeren Haftaufenthalts zumindest als problematisch einzustufen. Ebenso kann kaum bestritten werden, dass bestimmte berufliche Tätigkeitsfelder nicht erreicht werden können. Diese hier nur angedeuteten besonderen Bedingungen im Justizvollzug können nicht außer Acht gelassen werden. Gleichermaßen zeigen die Überlegungen auch, dass eine Verkürzung beruflicher Orientierung auf die Erlangung einer Tätigkeit ebenso nicht unproblematisch ist. Damit wird die Chance vergeben, dass neue Berufs- und Lebensperspektiven aufgenommen werden und Berufsorientierung als Katalysator individueller Entwicklung angenommen wird.

In den zum Teil sicherlich eher pointierten Ausführungen wird ersichtlich, dass eine Berufsorientierung im Justizvollzug in Bezug auf die Vergangenheitsbedeutung betrachtet werden muss. Es kann hier nicht vernachlässigt werden, dass die Jungtäter eine kriminelle Vergangenheit aufweisen und die beruflichen Erfahrungen und Einschätzungen dadurch beeinflusst werden. Ebenso steht nicht nur eine Maßnahme zur beruflichen Orientierung vor der Herausforderung, diese Lebenserfahrungen aufzunehmen, gleichermaßen kann nicht negiert werden, dass die Handlungsanforderungen in ‚manchen‘ Lebensbereichen kaum kompatibel mit den angestrebten Kompetenzen einer Maßnahme zur Berufsorientierung sind. Daneben stellt sich in Bezug auf die aktuelle Lebenswelt die Herausforderung, dass eine derartige Maßnahme unter den Bedingungen des Justizvollzugs stattfindet, eine selbstbestimmte berufliche Orientierung soll hier in einem weitgehend fremdbestimmten Lebensumfeld stattfinden. Gerade dies erfordert eine gemeinsame Basis aller Tätigen im Justizvollzug für diese Maßnahme. Ebenso steht der Erfolg der Maßnahme in Abhängigkeit von der Situation auf dem Arbeitsmarkt oder der Verknüpfung mit weiteren Maßnahmen zur Gestaltung eines professionellen Übergangsmanagements. Stärkenbasierte Kompetenzentwicklung, individuelle Berufsorientierung und die mit einer beruflichen Orientierung angestrebte Sozialisierung sind im Rahmen einer Maßnahmengestaltung zu verbinden (vgl. zum Lernen im Justizvollzug EBERLE 1980, 305 ff.).

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Abb. 3:  Betrachtungshorizont und Deutungsaspekte

Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen des TANDEM-Projekts ein Entwicklungsansatz verfolgt, der den regionalen TANDEMs eine weitgehend spezifische Maßnahmenentwicklung ermöglicht. Gemeinsamer Fokus ist die Ausrichtung der Gesamtmaßnahme auf die berufliche Orientierung der Jungtäter und eine damit verbundene Kompetenzentwicklung. Die folgenden Schwerpunkte kristallisieren sich als erfolgversprechende Ansätze zur beruflichen Orientierung heraus:

  • Integration von Betriebspraktika im Justizvollzug.
    Dies erfordert die Bereitstellung, Entwicklung von adäquaten Praktikumsstellen und die curriculare Verankerung von Praktikumsphasen im Rahmen einer individuellen beruflichen Orientierung. Die besonderen Schwierigkeiten stellen sich beispielsweise in den begrenzten Tätigkeitsfeldern im Justizvollzug, der Verknüpfung von Arbeit und Bildung in den Praktikumsstellen oder auch der Nutzung der Praktikumsphasen zur individuellen Kompetenzentwicklung.
  • Einrichtung von Fördergesprächen.
    Solche Fördergespräche werden in unterschiedlicher Ausprägung an allen Standorten geführt. In Gelsenkirchen werden sie etwa auf Basis von Diagnosetests umgesetzt, die es ermöglichen eine erste Einschätzung hinsichtlich der Kompetenzen der Inhaftierten aufzunehmen und diesen zurück zu spiegeln.
  • Lerntagebuch / Portfolio zur Berufsorientierung.
    Auch Portfolioansätze werden in leicht differierenden Formen an allen Standorten eingesetzt. Die Teilnehmer der TANDEM-Maßnahme können dort ihre Informationen und Ergebnisse sammeln, so dass sie ihnen in strukturierter Form zugänglich sind. Im Weiteren wird diese Dokumentation zu verschiedenen Aspekten herangezogen, wie der Nutzung der Portfolios als Basis für Feedback- und Reflexionsgespräche und dem Einsatz der Portfolios als Unterrichts- und Lernmethode.
  • Praxisworkshops im Justizvollzug.
    Die Einbindung von Praxisworkshops ermöglicht es den Inhaftierten direktere Eindrücke in Praxisanforderungen zu bekommen. Hierbei ist jedoch die spezifische Situation in der jeweiligen JVA insbesondere mit Blick auf die sich ergebenden Möglichkeiten im offenen oder aber geschlossenen Vollzug zu beachten.

4 Ausblick: Zukunftsweisende Perspektiven

Das Projekt TANDEM lässt folglich weit mehr als „nur“ flexibel anwendbare Förderinstrumente sowie einen umfassenden Kursrahmen zur Förderung von Ausbildungsfähigkeit und zur Gewaltprävention erwarten. Es kann im Erfolgsfall zu einer strukturbildenden Unterfütterung der herkömmlichen Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen im Strafvollzug werden, die großen Nutzen für die Wiedereingliederung und spätere Legalbewährung der Inhaftierten verspricht. Abschließend lassen sich diese Zukunftserwartungen wie folgt zusammenfassen:

1. Der TANDEM-Ansatz bewirkt strukturell eine Zusammenführung von Lehrkräften aus Justizvollzugsanstalten und Berufskollegs. Dies soll nicht nur sicherstellen, dass die jeweils spezifischen Kompetenzen der beteiligten Akteure in die praktische Arbeit einfließen, sondern auch, dass über die formalen Verantwortungsbereiche der beteiligten Institutionen hinaus verstärkt inhaltliche Kooperationsperspektiven eröffnet werden können.

2. Bei der Curriculumsentwicklung und der begleitend durchgeführten Evaluation schafft der TANDEM-Ansatz zudem eine Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis, beziehungsweise von Kriminologie und Strafvollzugsforschung auf der einen sowie Pädagogik und Berufsbildungsforschung auf der anderen Seite. Die vom Zentrum für Berufsbildungsforschung der Universität Paderborn und dem Kriminologischen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen gemeinsam umzusetzende wissenschaftliche Begleitung soll auf der Grundlage der Evaluationsergebnisse auch weitere Möglichkeiten der interdisziplinären Zusammenarbeit aufzeigen.

3. Auf der thematischen Ebene und in der inhaltlichen Umsetzung werden durch den TANDEM-Ansatz nicht nur allgemein- und berufsbildende Kursangebote verknüpft, sondern auch die Zielbereiche „Berufsorientierung“ und „Gewaltprävention“. Die genannten Kompetenzbereiche können kaum vom Verhalten der Zielgruppen getrennt werden. Berufliche Orientierung verlangt eine Entwicklung grundlegender Fähigkeiten und Verhaltensweisen und schafft gleichzeitig zentrale Voraussetzungen für ein gewaltfreies Leben. Maßnahmen zur Gewaltprävention bieten umgekehrt einen situativen Rahmen für eine angemessene Verankerung des Kompetenzerwerbs. Die Integration der unterschiedlichen Bereiche soll auch zu einer verstärkten Kooperation der jeweils originär zuständigen Fachdienste im Vollzug führen.

4. Für die Entwicklung von Übergangsstrukturen innerhalb des Strafvollzuges und an der Schwelle zur Haftentlassung ist nicht nur eine Einbindung der zuständigen Aufsichtsbehörden erforderlich (und gegeben), sondern darüber hinaus auch eine bessere praktische Verzahnung der (abgebenden) Justizvollzugsanstalten und der (aufnehmenden) Bildungsträger. Der TANDEM-Ansatz stellt dies vor allem durch eine frühzeitige konzeptionelle Einbindung von weiteren Justizvollzugsanstalten und Berufskollegs sicher, die Projektteilnehmer nach Abschluss der Maßnahme zum Beginn oder zur Weiterführung einer schulabschlussbezogenen oder berufsqualifizierenden Ausbildung aufnehmen können. Die Projekterfahrungen sollen dazu beitragen, diese Übergänge für die Zukunft besser zu strukturieren.

5. Die Verbindung didaktisch-methodischer Maßnahmen in den Kursen für Inhaftierte mit der geplanten Etablierung eines Fortbildungs- und Qualifizierungsnetzwerkes für Lehrkräfte soll schließlich einen nachhaltigen Transfer der vorliegenden Projektansätze auch über die beteiligten Justizvollzugsanstalten und Berufskollegs hinaus erleichtern. Damit kann und soll das Modellprojekt auch zu einer weiteren Professionalisierung des Lehrpersonals im Strafvollzug beitragen. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass Standards der beruflichen Bildung auch in allgemeinbildenden Lerninhalten berücksichtigt werden (und umgekehrt).

Weitere Informationen zum Tandem-Projekt sind unter www.tandem-forum.de zu finden.

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EUROPARAT MINISTERKOMITEE (1989): Empfehlung Nr. R (89) des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über die Weiterbildung in Strafvollzugsanstalten. Beschlossen vom Ministerkomitee am 13. Oktober 1989 auf der 429. Sitzung der Delegierten der Minister. Online: http://www.epea.org  (20-12-2009).

HÜBNER, M. (2007): Workshop Berufsorientierung – Wie kann der Übergang in die Arbeitswelt verbessert werden. Online: http://134.106.35.33/fileadmin/user_upload/WiGy_netzwerk/zusammenfassungberufsorientierung.pdf  (01-05-2010).

JUSTIZMINISTERIUM NRW (2005): "Jungtätervollzug" für NRW - Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter plant Drei-Stufen-Modell zur Resozialisierung junger erwachsener Straftäter. Presseeinladung vom 27.10.2005. Online: http://www.nrw.de/presse/jungtaetervollzug-fuer-nrw-justizministerin-roswitha-mueller-piepenkoetter-plant-drei-stufen-modell-zur-resozialisierung-junger-erwachsener-straftaeter-408/  (01-05-2011).

LÖSEL, F. (2010): What Works in Reducing Reoffending: A Global Perspective. Presentation at the first seminar of the STARR Project, 27. April 2010, Cambridge, UK. Online: http://www.cepprobation.org/uploaded_files/Pres%20STARR%20Cam%2010%20Loesel.pdf  (04-06-2011).

VISHER, C./ DEBUS, S./ YAHNER, J. (2008). Employment after Prison: A Longitudinal Study of Releasees in Three States. Urban Institute, Justice Policy Center: Research Brief. Online: http://www.urban.org/UploadedPDF/411778_employment_after_prison.pdf  (19-12-2009).


[1] Im Wortlaut: “Most experts, as well as prisoners themselves, believe that finding a job is critical to successful reintegration. Employment helps ex-offenders be productive, take care of their families, develop valuable life skills, and strengthen their self-esteem and social connectedness. Research has empirically established a positive link between job stability and reduced criminal offending”(PETERSILIA 2003, 112, siehe auch PETERSILIA 2005)

[2] Auch hier der Originaltext: „All things equal, former prisoners who are able to secure a job, ideally at higher than minimum wage, two months out are more likely to successfully avoid recidivism the first 8 to 12 months after release. In-prison jobs and evidence-based employment programs may help toward this end“ (VISHER et al. 2008).

[3] Zum aktuellen Stand siehe www.mabis-net.de und www.i-n-a.de .

[4] Justizvollzugsanstalten (JVAen) verfügen über unterschiedliche Einrichtungen, sind quasi „kleine Dörfer“ mit unterschiedlichen (Bildungs-)Möglichkeiten. So verfügt die JVA Münster über den Schwerpunkt, schulische Abschlussprüfungen offiziell abnehmen zu können, während die JVAen Bochum-Langendreer und Geldern über eigene Ausbildungsbetriebe verfügen. Entsprechend wird in JVAen ohne entsprechende Schwerpunkte angestrebt, Inhaftierte mit längerer Haftzeit z. B. auf eine Ausbildung innerhalb des Vollzugs in den vorgenannten Schwerpunktanstalten vorzubereiten. Daneben steht selbstverständlich das Ziel der Entlassungsvorbereitung.


Zitieren dieses Beitrages

BEUTNER, M. et al. (2011): Bildungsmaßnahmen zur Berufsorientierung im Justizvollzug – Konzept und Erfahrungen. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Workshop 16, hrsg. v. BEUTNER, M./ KREMER, H.-H./ ZOYKE, A., 1-26. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ws16/beutner_etal_ws16-ht2011.pdf (26-09-2011).



Hochschultage Berufliche Bildung 2011 - Web page

http://www.hochschultage-2011.de/