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 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
WS 01 Qualitätsmanagementsysteme

Lernen aus Evaluationen für das Qualitätsmanagement – internationale Erfahrungen

 

Abstract

Instrumente, Verfahren und Ansätze des Qualitätsmanagements (QM) haben sich in den letzten Jahren verstärkt auch im Bildungswesen durchgesetzt. So wird von Qualitätsmanagementsystemen (QMS) u.a. ein wirksamer Beitrag zur Entwicklung von Bildungseinrichtungen im Sinne des „institutionellen Lernens“ erwartet. Mit wachsenden Ausgaben für die berufliche Bildung seit Anfang der 90er Jahre beherrschen Fragen des QM aber auch der damit zusammenhängenden Evaluation die Diskussion der Qualitätssicherung (Im deutschen Sprachgebrauch wird der Begriff Qualitätssicherung als Oberbegriff des Qualitätsmanagements benutzt. Im angelsächsischen Bereich wird der Begriff “Quality Assurance” jedoch funktionaler definiert. So soll Qualitätssicherung innerhalb als auch außerhalb eines Unternehmens (bspw. bei Kunden) Vertrauen in die eigene Qualitätsarbeit schaffen (STOCKMANN, 2006, 25).). Dabei sind neben inhaltsbezogene Ansätze verstärkt prozessbezogene Ansätze der Qualitätssicherung in den Vordergrund der Debatte getreten. Zu den letzteren Ansätzen gehören auch solche Systeme des QM die auf der Grundlage des internationalen Normenkomplexes ISO 9000 ff. entstanden sind.

Neben dem Einsatz QM in der bundesdeutschen Berufsbildung, werden in den letzten Jahren Beratungsleistungen in diesem Themenfeld zunehmend auch im Rahmen der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit erbracht.

Beispielhaft hierfür soll der Beratungsansatz der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Südafrika dargestellt werden. (Dieser wurde im Rahmen der durch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten Berufsbildungszusammenarbeit mit Südafrika entwickelt. ) Dabei werden Beratungsleistungen bei der Etablierung von QMS anhand dieses Ansatzes in seinen Kernaussagen skizziert und Lernerfahrungen bei seiner Umsetzung exemplarisch dargestellt. (Die bezüglich des Beratungsansatzes der GTZ dargestellten Inhalte basieren in großen Teilen auf den konzeptionellen Arbeiten von Herrn Peter Kleinsorge, dem an dieser Stelle ganz herzlich für die Bereitstellung von Unterlagen und Dokumenten gedankt werden soll. ) Besonders hervorgehoben wird dabei die Frage der Evaluation als ein zentraler Teil des QM-Entwicklungsprozesses. Anhand einer definitorischen Ableitung soll dabei der Frage des Lernens aus Evaluationen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Abschließend werden diesem Ansatz erste Erfahrungen bei der Einführung von QMS in ausgewählten Berufsbildungsinstitutionen im Rahmen der Vietnamesisch-Deutschen Zusammenarbeit in Vietnam gegenüber gestellt.

1.  Evaluation und Qualität – der Versuch einer Definition

Bevor auf Fragen der Relevanz von Evaluationen für QM eingegangen werden soll, ist eine Auseinandersetzung mit den hinter diesen Begriffen liegenden Konzepten erforderlich. Daher soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, neben einer terminologischen Trennschärfe auch ein besseres Verständnis der mit diesen Begriffen verbundenen wissenschaftstheoretischen Dimensionen herzustellen.

Qualität kann anhand von subjektiven oder objektiven Qualitätskriterien gemessen werden. Während im privatwirtschaftlichen Kontext Qualität vor allem anhand von technischen Normen (wie bspw. Fehlerfreiheit, hohe Arbeitsleistung) definiert wird, orientiert sich der Dienstleistungssektor bei der Bestimmung von Qualität primär an der Perspektive des Kunden (Ein Kunde oder Klient ist eine Person oder Organisation, die ein Produkt/Output eines Prozesses erhält. Der Kunde kann intern oder extern verortet sein. Im Kontext einer Berufsbildungseinrichtung existiert ein komplexer und vielschichtiger Kundenbegriff, der sich mitunter aus den unterschiedlichen Anspruchsgruppen sowie dem kulturellen Kontext ableiten lässt. ) (bspw. Kundenzufriedenheit). Im letzten Fall übernimmt der Kunde die Qualitätssicherung für das Leistungsangebot und bestätigt das Vorliegen von Qualität durch wiederholte Nachfrage des Produkts. Entsprechend können neben der Fehlerfreiheit, der Nützlichkeit und der Verwendbarkeit auch Dimensionen der Zweckmässigkeit, Handhabbarkeit oder Prestige, das ein Produkt verleiht, zur Beurteilung der Produktqualität herangezogen werden. Folglich hängt das Generieren von Qualität stark von den Bedürfnissen und Erwartungen des Kunden ab, die es zu kennen und denen es zu entsprechen gilt. Qualität soll daher an dieser Stelle zusammenfassend definiert werden als:

•  Konformität mit Spezifikationen = Qualität definiert sich anhand existierender Normen und Standards (normative Qualität)

•  Entsprechen von Kundenbedürfnissen = Qualität definiert sich durch den Grad an Kundenzufriedenheit mit den Charakteristika und Merkmalen eines Produkts (subjektiv wahrgenommene Qualität)

In der beruflichen Bildung existiert bislang kein gesellschaftlicher Konsens über das, was Qualität auszeichnet. Fest steht, dass Qualität keine statische Größe ist, sondern einer fortlaufenden und dynamischen Entwicklung unterliegt, die in Kommunikationszusammenhängen immer wieder überarbeitet und definiert werden muss.

Ähnlich wie der Begriff „Qualität“ so wird auch der Begriff „Evaluation“ in unterschiedlichen Kontexten angewandt. Evaluation steht für ein methodisch kontrolliertes und systematisches Handeln, das einerseits eine Informationsgenerierung und andererseits eine Bewertung dieser Informationen zum Ziel hat. Diese Bewertung erfolgt auf Basis transparent und offen gelegter Kriterien und damit einer intersubjektiven Nachprüfbarkeit. Somit tragen Evaluationen dazu bei, anhand von empirisch erhobenen Fakten Prozesse darzulegen, Wirkungen zu dokumentieren und Zusammenhänge aufzuzeigen, die zur Entscheidungsfindung und Steuerung eingesetzt werden können. Evaluation sind damit keinem Selbstzweck verpflichtet, sondern können – ähnlich wie das Qualitätsmanagementsysteme tun - dazu beitragen, die Qualität einer Maßnahme, eines Programms oder einer Dienstleistung zu verbessern.

Insofern dienen Evaluationen dem Zweck, Informationen für Entscheidungen im Rahmen von Steuerungs- und Managementprozessen zu generieren. Evaluationen sind damit Teil eines Qualitätsmanagements. Dabei können Evaluationen drei strategische Funktionen umfassen, die wiederum unterschiedlich gewichtet sein können:

•  Erkenntnis und Lernen

•  Kontrolle

•  Rechenschaftslegung und Legitimation

Evaluationen sollen empirisch gesicherte Erkenntnisse liefern, um darauf basierend mögliche Steuerungsentscheidungen vornehmen zu können. So können bspw. Fragen der Akzeptanz oder Wirkung einer Maßnahme anhand von Evaluationsergebnissen beantwortet werden. (Eine Maßnahme kann bspw. ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Projekt/Programm sein.) Ziel ist, diese Informationen vorgegebenen Bewertungskriterien gegenüberzustellen und daraus Entscheidungen abzuleiten. Diese Entscheidungen finden in einem Dialog zwischen den an der Maßnahme beteiligten Parteien statt. In diesem Prozess kann anhand der Evaluationsergebnisse entschieden werden, ob eine Maßnahme erfolgreich ist oder ob Anpassungen notwendig sind. Neben einem Erkenntnisgewinn ergibt sich somit auch ein Lernprozess, der einerseits für die Weiterentwicklung der Maßnahme oder aber bei zukünftigen Konzeptionen von ähnlich ausgerichteten Maßnahmen genutzt werden kann.

Jedoch steht bei der Auswertung von Evaluationsergebnissen nicht immer nur eine Entscheidungsfindung im Vordergrund, sondern mitunter auch Kontrolle. Hier geht es vor allem darum anhand von Evaluationsergebnissen zu entscheiden, ob die mit einer Maßnahme verbundenen Ziele erreicht wurden, bzw. im weiteren Verlauf der Maßnahme erreicht werden können.

Eine weitere Funktion von Evaluationen besteht darin die Durchführung einer Maßnahme zu legitimieren. Anhand von Evaluationsergebnissen lässt sich bspw. nachweisen, dass Aufwand und Ertrag einer Maßnahme in einem verträglichen Verhältnis zueinander stehen. Ist eine Maßnahme beendet, lässt sich im Nachgang mit Hilfe einer Evaluation die Nachhaltigkeit der Wirkungen feststellen. Gerade vor dem Hintergrund knapper Finanzmittel nimmt diese Evaluationsfunktion an Bedeutung zu.

Es ist deutlich geworden, dass Evaluationen verschiedene Funktionen haben können, die mitunter auch eng miteinander verbunden sind. Für die hier behandelte Problemstellung soll im weiteren Verlauf vor allem auf die Lernfunktion von Evaluationen verstärkt eingegangen werden.

Evaluationen können jedoch nicht nur unterschiedlich ausgerichtet sein, sondern sich auch auf verschiedene Aufgabenstellungen fokussieren. So können Evaluationen einen formativen, d.h. aktiv-gestaltenden und prozessorientierten Charakter haben. Oder aber sie können summativ, d.h. zusammenfassend und bilanziert angelegt sein (STOCKMANN 2006, 69 ff.). Im Rahmen der vorliegenden Fragestellung hat vor allem die konstruktive und damit formative Ausrichtung einer Evaluation eine zentrale Bedeutung.

Evaluationen können als interne Evaluationen angelegt werden, d.h. die Evaluation wird von der gleichen Organisation vorgenommen, die auch für die Durchführung der Maßnahme verantwortlich ist. Wird die Evaluation darüber hinaus von der Organisationseinheit durchgeführt, die auch für die Implementierung der Maßnahme verantwortlich ist, spricht man von einer „Selbstevaluation“. Interne Evaluationen haben den Vorteil, dass sie mit geringem Aufwand umsetzbar sind und sich die Ergebnisse der Evaluation relativ schnell in die Organisationsstrukturen integrieren lassen. Nachteilig ist, dass interne Evaluationen nicht über die notwendige Distanz und Unabhängigkeit verfügen.

Evaluationen können jedoch auch von Personen durchgeführt werden, die nicht der Organisation zugehörig sind, so dass man hier folgerichtig von externen Evaluationen spricht. In der Regel weisen externe Evaluationen grössere Unabhängigkeit auf und sind aufgrund des Einsatzes von Fachexperten häufig auch methodisch auf einem anspruchsvolleren Niveau als interne Evaluationen. Neben möglichen Zusatzkosten, die bei der Durchführung von externen Evaluationen anfallen, besteht auch die Gefahr, dass eine externe Evaluation bei den Evaluierten Unsicherheiten und Abwehrverhalten auslöst.

Wie im weiteren Verlauf zu sehen sein wird, sind bei der Umsetzung von QMS vor allem interne Evaluationen (sowie Selbstevaluationen) von Bedeutung.

Zusammenfassend kann daher postuliert werden, dass für die weitere Diskussion vor allem prozessbegleitende interne Evaluationen fokussiert werden, da diese hinsichtlich der Generierung von Lernprozessen für QM das grösste Verwertungspotenzial versprechen.

 

2. Warum QMS?

Ausgehend von dem Verständnis, dass sich Qualität einerseits in einer fehlerfreien Funktionsfähigkeit eines Produkts/einer Dienstleistung andererseits aber auch in der mit einem Produkt oder einer Dienstleistung erzeugten Kundenzufriedenheit auszeichnet, ist es die Aufgabe des QMS diese Zieldimensionen zu identifizieren, zu erzeugen und kontinuierlich anzupassen. So ist der Leitgedanke bei der Entwicklung eines QMS, die Etablierung einer Qualitätskultur, die in einem Regelwerk von Normen und Prinzipien festgeschrieben wird. Dies erfordert ein Kontrollsystem, das der Steuerung und Überwachung dienen soll. So sind allen Ansätzen des QMS die systematische Aufarbeitung der Organisationsstruktur, die Erfassung der Prozesse und die Sicherung der Qualität des Produktes bzw. der erbrachten Dienstleistung gemein.

Ein QMS muss daher sicherstellen, dass die Produktion eines Gutes allen Qualitätsanforderungen (normativer wie subjektiv wahrgenommene Qualität) entspricht. So umfasst ein QMS organisationale Strukturen, Verantwortlichkeiten, Prozesse, Verfahren und Ressourcen.

Entsprechend den unterschiedlichen Aspekten von Qualität, existieren verschiedene Gründe für die Etablierung eines QMS:

•  Sicherstellung von qualitätsbezogenen Unternehmenszielen und Verantwortlichkeiten für das Erreichen dieser Ziele

•  Kundenzufriedenheit durch die Identifikation, das Management und die Verbesserung von organisationsinternen Prozessen und Systemen, deren Ziel die Deckungsgleichheit von Produktion mit Kundenerwartung darstellt

•  Koordination sämtlicher Aktivitäten und Arbeitsprozesse in einer Organisation

•  Messen der Effektivität und Effizienz von Prozessen zur Sicherstellung von Kundenzufriedenheit unter Berücksichtigung interner Kosten

•  Pro-aktives Risikomanagement durch die Identifikation und Antizipation von Risiken und Herausforderungen

•  Herstellen von Kohärenz, Identifikation und Engagement aller Mitarbeiter/-innen einer Organisation mit den gesetzten Zielen

Folglich ist ein QMS als dynamisches System zu verstehen, das auf institutionelle Einflüsse und Veränderungen entsprechend reagieren, d.h. angepasst werden muss.

3.  Anforderungen an ein QMS

Eine erfolgreiche Leitung einer Organisation hängt in starkem Maße mit einer systematischen und transparenten Steuerung und Kontrolle organisationsinterner Prozesse zusammen. Allen QMS ist gemeinsam, Organisationsstrukturen effektiv und effizient zu gestalten und die betreffende Organisation in Richtung Qualität zu steuern und managen. So müssen interne Prozesse erfasst, definiert und im Hinblick auf die Effektivität und Effizienz ihrer Leistungserbringung evaluiert werden. Die folgenden Prinzipien stellen ein Grundgerüst zur Ausrichtung einer Organisation auf qualitätsorientierte Leistungserbringung dar:

•  Kundenfokus

•  Führung und Management

•  Involvierung der Mitarbeiter/-innen

•  Prozess-Ansatz

•  Systemisches Management

•  Regelmäßige Verbesserung

•  Informierte Entscheidungen

•  Mehrwert-basierte Kunden-/Lieferant-Beziehung

Ein QMS kann entweder verschriftet (QM-Handbuch) oder durch elektronische Datenbanken dokumentiert werden.

4.  Der Entwicklungsprozess eines QMS – das Beispiel Südafrika

Diesem Grundverständnis von QMS folgend wurde im Rahmen der Südafrikanisch-Deutschen Zusammenarbeit gemeinsam mit südafrikanischen Entscheidungsträgern in der Berufsbildung ein QMS-Ansatz entwickelt, der sich anhand von drei Charakteristika beschreiben lässt:

Holistisch

Das QMS deckt alle Prozesse der Organisation (Unter den Begriff “Organisationen” fallen ausgewählte Institutionen auf allen Ebenen des südafrikanischen Berufsbildungssystems, d.h. Ministerien, Ausbildungskammern und Ausbildungseinrichtungen. ) ab. Diese sind unterteilt in a) Kernprozesse, b) Managementprozesse und c) unterstützende Prozesse. Damit wird Organisationsentwicklung ein immanenter Teil des QMS-Entwicklungsprozesses.

Nachhaltig

Führungsebene und Mitarbeiter/-innen erarbeiten (mit Unterstützung eines externen Beraters) das QMS, wodurch Kompetenzen zu eigenständigem Fortführen und Nachhalten des QMS vom Projektpartner entwickelt werden.

Verknüpfung von Industrie-Standards und Anforderungen der beruflichen Bildung

Qualität wird im Prozess erzeugt, wodurch der Fokus auf die frühzeitige Fehlervermeidung und prozessbegleitende Verbesserung gelegt wird. Dieses Vorgehen geht konform mit den durch ISO 9000:2000 vorgegebenen Anforderungen

Dabei gestaltet sich der Entwicklungsprozess des QMS in 10 Schritten und lässt sich in zwei Phasen unterteilen:

(1) eine Evaluationsphase, in der der Umfang des QMS, die Qualitätsgrundsätze der Organisation sowie deren Schlüsselprozesse festgelegt werden

(2) eine Definitionsphase, wo Prozessdetails entwickelt und die notwendigen unterstützenden Dokumente der Prozesse definiert werden:

 

Der Entwicklungsprozess eines QMS ist ein sequenzieller Ansatz, der zu einer klar definierten und strukturierten QMS-Hierarchie führt. Dies ist essentiell um die verschiedenen Ebenen, auf denen ein QMS Wirkungen erzeugt nachvollziehen zu können. So lassen sich die Ebenen wie folgt beschreiben:

•  Prozesslandkarte

•  Prozess der Arbeitsprozessabläufe sowie Aktivitäten

•  Prozessbeschreibungen für die jeweiligen Aktivitäten und Sub-Aktivitäten

•  Unterstützende Dokumente

Unter Vernachlässigung der Definitionsphase soll im Folgenden explizit auf die Evaluationsphase bei der Entwicklung eines QMS eingegangen werden. Dabei soll skizziert werden, in welcher Form sich Lernprozesse bei den am Evaluationsprozess Beteiligten einstellen und wie diese anhand von konkreten Ergebnissen sichtbar sind.

5.  Die Evaluationsphase bei der Entwicklung eines QMS

Bevor die Arbeit an den Prozessdetails aufgenommen werden kann, muss die Organisation einem umfangreichen Evaluationsprozess in dem der Umfang des QMS, die Qualitätsgrundsätze der Organisation sowie deren Kernprozesse festgelegt werden, unterzogen werden. Erst basierend auf dieser Grundlage kann mit der Analyse und Anpassung der institutionellen Strukturen und den dahinterliegenden Arbeitsprozessen sowie unterstützenden Dokumenten der Prozesse begonnen werden.

Dieser Evaluationsprozess erfolgt in Form einer Selbstevaluation, die prozessbegleitend im Rahmen des Tagesgeschäfts der Organisation (mit Unterstützung eines externen Beraters (Dieser Berater nimmt einerseits die Rolle der fachlichen Ressourceperson andererseits aber auch die Rolle des Moderators während der Entwicklung des QMS ein. Durch diese Kombination ist eine inhaltliche Beratungsleistung sichergestellt ohne jedoch dabei die Eigendynamik und Eigenverantwortlichkeit der Organisation zu beeinträchtigen.)) durchgeführt wird. Involviert sind in diesem Prozess nicht nur die Leitungsebene der Organisation, sondern sämtliche Mitarbeiter. Gerade vor dem Hintergrund, dass Evaluationen und deren Folgen bei Personen Resistenz und Ablehnung hervorrufen können, ist es wichtig von Beginn an die gesamte Mitarbeiterschaft in die Evaluationsphase einzubeziehen. Darüber hinaus führt ein solches Vorgehen auch zu verstärkter „Ownership“, d.h. Übernahme eigener Verantwortlichkeit auf Seiten der Organisation.

Der Ausgangspunkt der Evaluationsphase ist die Etablierung eines gemeinsamen Verständnisses über die Prinzipien des QMS (siehe Punkt 4). Auf dieser Ebene werden die Unterstützungsleistungen durch Führung und Mitarbeiter/-innen der Organisation verbindlich festgelegt, so dass ein gemeinsames Grundverständnis über die verschiedenen Rollen der Involvierten während des Entwicklungprozesses des QMS besteht. Im zweiten Schritt der Evaluation findet eine umfangreiche Analyse der institutionellen Strukturen statt, die in der Regel anhand von existierenden Dokumenten (z.B. Organigramm, Leitbild) aber auch in Form eines iterativen Diskussionsprozesses innerhalb des Managements der Organisation stattfindet. Ziel dieser Analyse ist es, eine auf Konsens basierende Darstellung der Organisationsstrukturen zu entwickeln, die wiederum den Umfang des QMS definiert. In einem weiteren Schritt werden die Qualitätsgrundsätze und –ziele festgelegt. Dies beginnt mit der Analyse der Organisationsstrategien und der gleichzeitigen Identifikation der jeweiligen Qualitätsziele dieser Strategien. Am Ende dieses Schrittes liegen Qualitätsgrundsätze vor, die für die gesamte Organisation handlungsleitend sind. Der vierte Schritt stellt einen ressourcenintensiven und nicht selten konfliktiv behafteten Abschnitt der Evaluationsphase dar. In diesem Schritt geht es um die Identifikation der Schlüsselprozesse der Organisation. Nach einer generellen Definition der Prozesse erfolgt eine Unterteilung dieser in a) Managementprozesse, b) Kernprozesse und c) Unterstützungsprozesse. Diese Prozessarchitektur stellt das Grundgerüst der Organisation dar. Damit diese Prozesse jedoch „gelebt“, d.h. verantwortungsvoll umgesetzt sowie auf ihre Relevanz hin kontinuierlich überprüft werden, ist die Identifikation eines Prozessverantwortlichen notwendig. Die Evaluationsphase endet mit der Erstellung einer Prozesslandkarte (Beispiel siehe unten), aus der sämtliche Prozesse und deren Querverbindungen der Organisation hervor gehen. Diese bildet die Ausgangsbasis für die im Anschluss stattfindende Definitionsphase des QMS, bei der sämtliche identifizierten Schlüsselprozesse reflektiert, angepasst und gegebenenfalls neu definiert werden.

(Für eine bessere Auflösung Linksklick auf die Abbildung)

Damit ist der Ist-Zustand der Organisation im Hinblick auf Strukturen und Arbeitsprozesse identifiziert, transparent dokumentiert und für die Mitarbeiterschaft zugänglich. Ziel der Evaluationsphase ist es, den partizipativ gewonnenen Informationen, Zielkriterien gegenüberzustellen, die zu einem Effizienz- und Effektivitätszuwachs führen und darauf basierend Steuerungs- und Managemententscheidungen abzuleiten. Diese Entscheidungen finden in einem Dialog zwischen der Leitungsebene und den Mitarbeitern unter Zuhilfenahme externer Moderation statt. Hier kann aufgrund der Evaluationsergebnisse entschieden werden, welche Strukturen und Arbeitsprozesse den Prinzipien einer qualitätsorientierten Leistungserbringung entsprechen und ob Anpassungen notwendig sind. Neben einem offensichtlichen Erkenntnisgewinn über die Funktionsweise der Organisation ergeben sich in der Evaluationsphase eines QMS somit vielschichtige Lernprozesse für alle Beteiligten, die für die institutionelle Weiterentwicklung der Organisation oder aber im Rahmen von zukünftigen institutionellen Veränderungsmassnahmen in Wert gesetzt werden können.

6.  Lernerfahrungen bei der Entwicklung und Anwendung von QMS

Seit seiner Entwicklung wurde der oben beschriebene QMS-Ansatz von Akteuren auf allen Ebenen (Makro, Meso und Mikro) des südafrikanischen Berufsbildungssystems implementiert (CHIETA/GTZ-SDSI, 2004; NORTHLINK COLLEGE/GTZ-SDSI, 2005). Diese Ebenen gestalten sich im Detail wie folgt:

•  Makro-Ebene: Für Berufsbildung zuständige Ministerien (Bildungs- und Arbeitsministerium) und die nationale Berufsbildungsbehörde

•  Meso-Ebene: Sektorale Ausbildungskammern

•  Mikro-Ebene: Berufsbildungsinstitutionen (Colleges)

Dabei sind das Arbeitsministerium sowie die dem Arbeitsministerium politisch zugeordnete nationale Berufsbildungsbehörde die für Berufsbildung hauptverantwortlichen Institutionen. (Das Arbeitsministerium ist das für Berufsbildung zuständige Ministerium und damit das für die Implementierung der Berufsbildungsgesetzgebung verantwortliche Exekutivorgan. Die Nationale Berufsbildungsbehörde ist dagegen das strategisch beratende Sozialpartnerforum für den Arbeitsminister in Fragen der Berufsbildung. ) Die sektoralen Ausbildungskammern sind für die Koordination sowie die finanzielle Abwicklung von Berufsbildung in den jeweiligen Berufssparten zuständig. Neben den ihnen unterstellten, für die Erbringung von Ausbildungsleistungen verantwortlichen Berufsbildungsinstitutionen, arbeiten diese auch intensiv mit der Industrie und Wirtschaft zusammen.

Aus dem bisherigen Beratungskontext ergeben sich auf südafrikanischer, aber auch auf deutscher Seite Lernkurven und Erfahrungen. Diese können zur weiteren Ausgestaltung und Weiterentwicklung des Ansatzes genutzt werden. Darüber hinaus können diese Erfahrungswerte auch für Qualitätsinitiativen in anderen Kontexten – also auch außerhalb Südafrikas – von Interesse sein.

Eine der zentralen Lernerfahrungen bei der Entwicklung und Umsetzung des QMS-Ansatzes in Südafrika ist die frühzeitige und durchgängige Involvierung der obersten Leitungsebene der Organisation in den Entwicklungs- und Implementierungsprozess des QMS. Diese sollte nicht nur durch physische Anwesenheit in Arbeitssitzungen, sondern auch durch persönliches Engagement bei der Erstellung des QMS zum Ausdruck kommen. Unabhängig vom kulturellen Umfeld in dem ein QMS eingeführt wird, nur wenn Führungskräfte einer Organisation ein positives und motivierendes Signal bezüglich QM setzen, wird das System von den Mitarbeitern langfristig akzeptiert werden.

In diesem Zusammenhang ist auch frühzeitig eine Rollenklärung bezüglich der externen Beratung und Unterstützung bei der QM-Entwicklung vorzunehmen. So reduziert sich die Rolle des externen Beraters neben dem Bereitstellen von fachlichen Beiträgen vor allem auf die des Moderators. Die Entwicklung des QMS, d.h. die Definition der Prozesse und der damit verbundenen Aktivitäten, liegt in der Verantwortung der Partnerorganisation (Bspw. einer Ausbildungskammer oder einer Berufsbildungsinstitution (Schule).). Damit soll nicht nur sichergestellt werden, dass sich die Beratungsleistungen am tatsächlichen Bedarf der Organisation orientieren, sondern auch, dass bereits zu Beginn des Entwicklungsprozesses Verantwortlichkeiten auf Seiten des Partners festgelegt werden. Werden diese aktiv wahrgenommen, so fungieren sie auch als Korrektiv zu möglichem „kulturfremden“ Anspruchsdenken auf externer Beratungsseite.

Damit das QMS auch nach Beendigung der externen Unterstützung durch die Organisation selbständig weitergeführt und –entwickelt wird, ist es nötig, dass die Bereitstellung von verantwortlichem Personal durch die Leistungsebene der Organisation gewährleistet ist. Es ist ratsam ein internes, organisationseinheitenübergreifendes Team zu bilden, das die Verantwortung für die Aktualisierung und Pflege des QMS übernimmt. Dieses Team sollte von einem qualifizierten Hauptverantwortlichen geleitet werden, der aufgrund seiner Kompetenzen für eine solche Tätigkeit geeignet ist. Diese Person sowie das Team sind frühzeitig zu ernennen (nicht erst nach Fertigstellung des QMS), um Verantwortung für das QMS auf Seiten des Teams aber auch Akzeptanz des Teams in der Organisation zu generieren.

Organisationen - verstanden als soziale Einheiten mit klar definierten Zielsetzungen - interagieren regelmäßig mit ihrer Umwelt und sind einem permanenten Veränderungs- und Handlungsdruck ausgesetzt. Analog dazu muss ein QMS einen flexiblen Veränderungscharakter besitzen um diesem selbstgesetzten Anspruch der Organisation gerecht zu werden. Demnach ist ein QMS als „lebendes System“ zu verstehen, das sich dem Wandel und Anpassungsprozess einer Organisation anpasst und diesen entsprechend in veränderten Strukturen und Prozessen abbildet. So umfasst es einen integrierten prozessbegleitenden internen Evaluationsmechanismus, der zu einem kontinuierlichen Anpassungsprozess des QMS auf den sich stetig ändernden Kontext (Markt und Kunden) in dem es wirkt, führt. Auch soll und muss ein QMS um volle Akzeptanz in der Organisation zu genießen von sämtlichen Mitarbeitern/-innen einer Organisation gekannt, unterstützt und getragen werden. Um dies zu garantieren, sollte die Mitarbeiterschaft die Möglichkeit haben, aktiv Verbesserungsvorschläge für das QMS einzubringen. Um dies sicherzustellen, müssen von Seiten der Führung finanzielle Ressourcen sowie Kapazitäten in Form von Humanressourcen zur Verfügung gestellt werden, die dem dynamischen Charakter des QMS durch aktive Weiterentwicklung und Anpassung gerecht werden. Letztendlich sollte es die Zielsetzung eines jeden QMS sein, die Management-Struktur darstellen, die eine Organisation benötigt um dem Bedarf ihrer Kunden in bestmöglicher Form zu entsprechen.

Daher sollte das Nachhalten und Aktualisieren eines QMS alle 6 bis 12 Monate stattfinden. Hier sollte das QMS mit der Organisationsstruktur verglichen und gegebenenfalls angepasst werden. Es ist jedoch ratsam, Vorschläge für eine Anpassung nicht sofort in das QMS einzuspeisen, sondern sämtliche Modifikationen zusammenzutragen und nach sorgfältiger Prüfung in das System einzufüttern. Der Prozess der regelmäßigen Überprüfung muss deshalb ebenfalls immanenter Teil des QMS sein, um Regelmäßigkeit und Transparenz im Ablauf sicherzustellen. Der Aktualisierungsprozess ist optimalerweise durch den Hauptverantwortlichen für das QMS im Auftrag der Leitungsebene durchzuführen.

Die Implementierung eines QMS kann nur durch die Organisation selbst erfolgen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Wissens- und Kompetenzzuwachs, den Beteiligte am Entwicklungsprozess des QMS erhalten haben entsprechend in der Organisation weitergegeben wird. Darüber hinaus muss ein QMS für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter der Organisation jederzeit zugänglich sein. Als Konsequenz sollte sich für die Mitarbeiterschaft einer Organisation eine Arbeitserleichterung durch Effizienzsteigerung ergeben, die sich positiv auf Arbeitsabläufe sowie den generellen Output der Organisation auswirkt.

7.  Exkurs: Zertifizierung nach DIN ISO 9000 ff.

Im Rahmen der Beratung von in der Berufsbildung tätigen Organisationen im internationalen Kontext hat sich gezeigt, dass neben dem originären Mehrwert eines QMS – Effizienzsteigerung in der Leistungserbringung – vor allem die Frage der Zertifizierung von besonderer Relevanz ist. So sind auch in sog. Ländern der Dritten Welt die Qualitätsmanagement-Normen der Reihe ISO 9000 ff. weitreichend bekannt und dienen als branchenübergreifende Basis für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement.

Die ISO 9000:2000 Normenreihe gibt eine Struktur für QMS vor, die standardisierte Grundelemente abdeckt. Das QM-System einer Institution wird in diese Struktur übersetzt und in regelmäßigen Abständen von einer berechtigten externen Zertifizierungsstelle überprüft ( Audit ). ISO stellt kein Instrument zur Festlegung des Qualitätsniveaus dar, sondern definiert vielmehr Mindestanforderungen an ein QMS mit dem Ziel der vollständigen Dokumentation der Arbeitsprozesse. Das ISO-Modell ist geeignet, den Aufbau eines QMS für die Mitarbeiterschaft nachvollziehbar zu strukturieren, und es führt in überschaubarer Zeit zu einer Verbesserung der Ablauforganisation.(Auf weiterführende Aspekte der ISO Normenreihe kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. )

Obwohl Bildungseinrichtungen in ihrer institutionellen Zielsetzung nicht mit gewinnorientierten Unternehmen gleichgesetzt werden können, existieren im Rahmen der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit durchaus Gründe, die für eine Orientierung an der originär der Privatwirtschaft entstammenden ISO Normenreihe sprechen. So ergeben sich bspw. für Berufsbildungsinstitutionen sowie Ausbildungskammern nach Abschluss einer Zertifizierung durch ISO Möglichkeiten einer besseren Netzwerkbildung mit nationalen aber vor allem auch internationalen ISO-zertifizierten Unternehmen. Da auch die Produktion im Rahmen des Lehrbetriebs für die Finanzierung von Berufsbildungsinstitutionen (Colleges) eine wichtige Rolle spielt, stellt eine Zertifizierung nach ISO für die jeweilige Institution insofern einen Mehrwert dar, als dass sie dadurch in der Netzwerkbildung flankierend unterstützt wird, mögliche Aufträge aus der Industrie zu akquirieren. Darüber hinaus sind andere QM-Konzepte wie bspw. “Total Quality Management” bislang nur in wenigen Ländern der Dritten Welt bekannt und im Hinblick auf internationale Anschlussfähigkeit daher für lokale Entscheidungsträger nur bedingt attraktiv. Dabei soll nicht unterschlagen werden, dass die mit ISO verbundene Philosophie durchaus auch seine Schwächen besitzt (bspw. ein vornehmlich auf organisationsinterne Prozesse ausgerichteter und externe Wirkungsfelder weitgehend ausblendender Fokus). Für Südafrika kann jedoch postuliert werden, dass sich eine ISO-Zertifizierung im Rahmen der Entwicklung eines QM für die jeweiligen Institutionen als durchaus gewinnbringend erwiesen hat.

Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass durchaus eine Gefahr darin besteht, den Aspekt der Qualitätsdarlegung nach außen zu überbetonen (Marketing-Aspekt) und vornehmlich eine Zertifizierung anzustreben. Dies führt nicht selten dazu, dass Organisationen an einem einmal festgelegten System festhalten und der Aspekt einer kontinuierlichen Anpassung verloren geht. Wenn allein die Zertifizierung im Vordergrund steht, ist zu befürchten, dass die kurzfristigen Vorteile, die durch die Zertifizierung erlangt werden, in keinem Verhältnis zum Aufwand stehen. Die Wirkung kontinuierlicher Leistungsverbesserung bleibt damit aus.

Insofern sind die mit einem nach ISO zertifizierten QMS verbundenen „Folgemaßnahmen“ frühzeitig der jeweiligen Organisation mitzuteilen und der Aufwand in einem realistischen Masse darzustellen. Gerade vor dem Hintergrund mit den erbrachten Beratungsleistungen langfristige Wirkungen zu erzeugen ist es wichtig, dass die unterstützte Organisation Verantwortung für die eigenständige Weiterentwicklung des QMS übernimmt.

8.  Die Übertragbarkeit von Lernerfahrungen bei der QMS-Entwicklung im interkulturellen Kontext – das Beispiel Vietnam

Es sollte deutlich geworden sein, dass sich ein QMS nicht nur am spezifischen internen wie auch externen Kontext einer Organisation orientiert, sondern auch an das jeweilige kulturelle Umfeld der Organisation entsprechend anzupassen ist. Damit ist eine „One-size-fits-all“-Lösung im Rahmen der QMS-Entwicklung grundsätzlich auszuschließen. Um diese Aussage zu belegen, sollen abschließend erste Erfahrungen bei der Einführung von QMS in ausgewählten Berufsbildungsinstitutionen in Vietnam skizziert werden.

Im Rahmen der bilateralen Vietnamesisch-Deutschen Zusammenarbeit unterstützt die GTZ im Auftrag des BMZ Vietnam in der Förderung der Berufsbildung. Dabei zielen deutsche Beratungsdienstleistungen vorrangig darauf ab, die Facharbeiterausbildung für Sektoren mit Wachstums- und Beschäftigungspotential zu verbessern. Dabei kommt der Unterstützung von sogenannten „Partnerschulen“, die über einen hohen Anteil an Auszubildenden aus benachteiligten und ärmeren Bevölkerungsgruppen verfügen eine besondere Rolle zu. An diesen Institutionen sollen im Rahmen einer „Qualitätsinitiative“ im Jahr 2008 Unterstützungsleistungen bei der Konzeption, Entwicklung und langfristig geplanten selbständigen Anwendung von QMS erbracht werden. (Neben der GTZ ist auch das Europäische Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft (EBG) e.V. in die Unterstützung und Förderung der vietnamesischen Berufsbildungsinstitutionen aktiv eingebunden. ) Die Beratungsstrategie orientiert sich dabei an einem auf ISO 9000 ff. basierenden Qualitätsverständnis mit der Möglichkeit einer entsprechenden Zertifizierung. Einer der Gründe hierfür ist, dass mit der Verabschiedung des aktuellen vietnamesischen Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2007 staatliche Berufsbildungsinstitutionen verstärkt dazu aufgefordert werden nach unternehmerischen und auf Kosten-Nutzen-Kalkülen basierenden Prinzipien zu agieren. Einhergehend damit werden finanzielle staatliche Zuwendungen zunehmend reduziert, was einen zusätzlichen Druck auf die Berufsbildungsinstitutionen im Rahmen des angestrebten Paradigmen-Wechsels ausüben soll. Ziel ist es, damit einen internen Wettbewerb unter den staatlichen Berufsbildungsinstitutionen zu generieren, von dem sich ein Qualitätszuwachs in der Erbringung von arbeitsmarktrelevanten Ausbildungsprogrammen versprochen wird. Ein weiterer Grund sich im Rahmen der deutschen QM-Beratungsleistungen an ISO zu orientieren liegt darin begründet, dass ausländische Unternehmen in Vietnam Niederlassungen gründen und die damit zusammenhängenden Produkt- und Fertigungslinien fast ausschließlich nach ISO 9000 ff. zertifiziert sind (BECKMANN/ GENNRICH 2007, 3). Der Beratungsansatz befindet sich aktuell in der Planungs- und Konzeptionsphase.

Ähnlich wie zu Beginn der Arbeit in Südafrika existiert auf Seiten der Partnerschulen in Vietnam bezüglich QMS ein hohes Maß an Unsicherheit, das vor allem einer Unkenntnis des Aufwands, der mit einer QMS-Entwicklung verbunden ist, geschuldet ist. Folglich ist auch der Nutzen und Mehrwert, der sich aufgrund eines QMS für eine solche Institution ergeben kann, bislang noch nicht ausreichend bekannt. Hinzu kommt ein vor allem in staatlichen Institutionen in Vietnam sehr stark ausgeprägtes Maß an Reglementierung und Formalismus, der sich auf Umsetzungsebene vor allem in einer verhältnismäßig hohen Dichte an Verfahrenskonformismus und Unterentwicklung von Eigenverantwortlichkeit unterhalb der Leitungsebene widerspiegelt (BECKMANN/ GENNRICH 2007, 5).

Folgerichtig gilt es zu Beginn des Beratungseinsatzes nicht nur den Mehrwert und den Nutzen eines QMS deutlich zu machen. (Vor allem zu Beginn muss deutlich werden, dass sich der Nutzen eines QMS nicht in einer Zertifizierung erschöpft, sondern vor allem einen Effizienz- und damit Effektivitätsgewinn in der Leistungserbringung für die Institution zur Folge hat (siehe Kapitel 7). )
Auch gilt es bereits zu Beginn der Arbeiten an einem QMS Verantwortlichkeiten in der Partnerschule festzulegen. Analog den Erfahrungen aus Südafrika bietet sich hier neben der Leitungsebene (Direktor) die Identifikation eines „Qualitätsmanagers“ an. Letzterer wird durch die Leitung der Institution mandatiert, den QMS-Entwicklungsprozess an der Institution federführend zu betreuen und gilt als Ansprechpartner in allen Fragen bezüglich QM.

Die Identifikation von Ansprechpartnern für die QMS-Entwicklung auf Seiten der Partnerorganisation ist vor dem Hintergrund der in Südafrika gemachten Erfahrungen von zentraler Bedeutung. Nicht nur erleichtert es den externen Beratern den Zugang zu organisationsinternen Dokumenten, auch orientiert sich diese Vorgehensweise am Konzept des „Capacity Development“ bundesdeutscher Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Demnach ist „Capacity Development“ ein Prozess, durch den „Menschen, Organisationen und Gesellschaften ihre Kapazitäten und Fähigkeiten entfalten (…) und langfristig erhalten“ (LEHMANN 2007, 2). In der Umsetzung heißt dies, dass die Konzeption und Entwicklung eines QMS als Befähigungsprozess zu verstehen ist, der die Partnerorganisation in die Lage versetzen soll diese Entwicklung zukünftig auch ohne externe Unterstützung eigenständig und selbstverantwortlich umzusetzen.

Das konzeptionelle Grundverständnis des für Vietnam gewählten Beratungsansatzes orientiert sich strukturell mitunter auch an den Kenntnissen aus Südafrika sowie an den durch das das EBG in Deutschland gemachten Erfahrungen. Einer prozessbegleitenden internen Evaluationsphase in der die ausgewählten vietnamesischen Berufsbildungsinstitutionen nach bereits existierenden Dokumenten oder definierten Prozessen beleuchtet werden sollen, folgt im Anschluss eine QMS-Entwicklungsphase in den jeweiligen Institutionen. Nach Beendigung dieser Pilotierung ist mit vietnamesischer Seite zu klären in welcher Form eine Ausweitung des Ansatzes auf Landesebene realisierbar ist. Dabei ist auch zu klären wie deutsche Beratungsleistungen angepasst werden können um somit das Thema QMS langfristig und nachhaltig in der Berufsbildung in Vietnam zu verankern.

 

Literatur

BECKMANN, B./ GENNRICH, R. (2007): Qualitätsmanagement am GDVT/GTZ Vorhaben „Promotion of Technical and Vocational Education and Training (TVET)“, SR Vietnam. Interner Projektbericht. GTZ-Vietnam.

CHIETA/GTZ-SDSI (2004): A developmental approach to quality management. The perspective of Chemical Industries Education and Training Authority (CIETA). 2nd edition. Johannesburg/Pretoria. GTZ-South Africa.

KLEINSORGE, P./ HAAS, O. (2004): Quality Management System Implementation Tool. South African-German Development Co-operation, Skills Development Research Series, Book 2 (2nd edition). Pretoria. GTZ-South Africa.

LEHMANN, H.-D. (2007): Capacity Development als ganzheitliches Konzept. In: CIMintern Ausgabe 03/2007, Online.

NORTHLINK COLLEGE/GTZ-SDSI (2005): A developmental approach to quality management. The perspective of Northlink College Cape Town. Cape Town/Pretoria. GTZ-South Africa.

REUBER, M./ HAAS, O. (2007): Evaluierungen in der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). In: Zeitschrift für Evaluation, Ausgabe 01/2007, 137-150.

STOCKMANN, R. (2006): Evaluation und Qualitätsentwicklung. Sozialwissenschaftliche Evaluationsforschung, Band 5. Münster.

Weiterführende Informationen zu dem QMS-Ansatz in Südafrika sind über Herrn Werner Heitmann (werner.heitmann@gtz.de) einzuholen.

 

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