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 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
FT 01 Bau, Holz, Farbe und Raumgestaltung

Energieeffizientes, nachhaltiges Bauen in der Aus- und Weiterbildung – Stand und Perspektiven einer Lernortkooperation in Hamburg

 

1.  Problemlage: Qualifizierungsbedarfe und Zielstellung

Die Notwendigkeit, Energieeffizienz von Gebäuden wesentlich zu steigern, ist unumstritten (aktuell z.B. TIEFENSEE 2007; LÜTKE DALDRUP 2007). Das „nachhaltige Bauen“ ist der Rahmen dafür (vgl. HOLLE/ LUND 2007). Den Schwerpunkt bildet das Bauen im Bestand. Die erste Voraussetzung dafür ist die Qualifizierung der planenden Architekten und Ingenieure. Dies wird in gewissen Teilen bereits geleistet und wurde verstärkt in die neuen Curricula aufgenommen. Weiterbildungsmaßnahmen von Architekten- und Ingenieurkammern sowie anderen Weiterbildungsträgern führen dieses Anliegen in die Breite der Fachöffentlichkeit.

Diese Qualifizierungsaktivitäten sind eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für den Erfolg des energetisch optimierten Bauens. Die Realisierung auf den Baustellen erfordert eine wesentlich höhere Qualität der Facharbeit und des Gewerke übergreifenden Arbeitens. Energieeffizienz steigernde Baumaßnahmen werden nur dann wirksam, wenn es gelingt, wissenschaftlich-technische Lösungen nicht nur in die Architekten- und Ingenieurplanung, sondern vor allem – und das ist die zweite, entscheidende Voraussetzung – in die Baudurchführung, also in die Arbeitsprozesse auf den Baustellen, sicher einzuführen. Ein typisches Beispiel ist der fachgerechte Einbau wärmebrückenfreier und luftdichter Konstruktionen. Er erfordert eine hohe Ausführungsqualität im Detail sowie neue Regelungen bei den Gewerkeschnittstellen.

Das Ziel ist es also, eine Qualitätssicherung in der Bauausführung durch geeignete Formen und Mittel der Aus- und Weiterbildung in den Baugewerken zu erreichen.

2. Stand in Hamburg

Durch den Aufbau des „Zentrums für zukunftsorientiertes Bauen“ (ZzB), eines Kompetenzzentrums im Ausbildungszentrum Bau Hamburg (AZB) in den Jahren 2003 bis 2007, ist hierfür die materielle Basis geschaffen worden. Zur Eröffnung und Verleihung der Bezeichnung „Kompetenzzentrum“ durch das BUNDESINSTITUT FÜR BERUFSBILDUNG am 10. Oktober 2007 konnte Bilanz gezogen werden: Gestützt durch die Förderungen des KOMZET-Programms des BMBF und des EU-INTERREG III B–Programms „smartLIFE“ wurde sowohl das Gebäude selbst, eine Industriehalle aus den 1970er Jahren, energetisch saniert als auch 1:1-Gebäudemodelle entworfen, konstruiert und gebaut (vgl. STEIN 2007; HOLLE 2005).

Die Merkmale des ZzB-Gebäudes wie wärmedämmende Gebäudehülle mit einer Minimierung der Wärmebrücken einschließlich Fußboden- und Dachbereich sowie die Photovoltaik-Anlage mit 4 Vergleichsvarianten sind an verschiedenen Stellen beschrieben (vgl. HOLLE 2004; Homepages gem. Literaturangaben). Die Gebäudemodelle folgen einer Typologie der Baualter, beginnend bei gründerzeitlichen Wohn- und Gewerbebauten über Gebäude der 1950er und 1970er Jahre bis hin zu Neubaustandards im Holzrahmenbau, im Passivhausbau als Mauerwerksbau und im Skelett/Glas-Büro- und Gewerbeneubau. Basierend auf einer Konzeption im Jahre 2003 wurden beginnend mit den Entwürfen der Hauptmodelle im Jahr 2004 angehende Berufsschullehrer der Bautechnik kontinuierlich einbezogen. Mit Entwurfsvarianten für das erste Modell im Holzrahmenbau und mit Entwürfen für alle anderen Modelle folgend wurden im Rahmen von Projektseminaren der Hochbaukonstruktion und -gestaltung, fachwissenschaftlich- fachdidaktischen Lehrveranstaltungen sowie von Staatsexamensarbeiten entsprechende Entwurfs- und Konstruktionsunterlagen geschaffen.

Die Realisierung erfolgte über die abgestimmte Werkplanung im AZB und zum großen Teil unter Einsatz von Auszubildenden, die gemeinsam mit ihren Ausbildungsmeistern und den Studierenden eingesetzt wurden. Nur durch die enge Zusammenarbeit mit der Staatlichen Gewerbeschule für Bautechnik und den zuvor genannten Partnern war diese spezifische Art der Durchführung möglich.

Ab 2005 sind in der Lernortkooperation in kontinuierlicher studentischer Arbeit dann Lehr-Lern-Situationen in Abstimmung mit dem Bereich Berufsfelddidaktik der Universität Hamburg bearbeitet worden.

„Tandems“ von Fachlehrern und Ausbildungsmeistern fungierten als „Auftraggeber“, die Studierenden als „Auftragnehmer“. Produziert wurden Lehr-Lern-Situationen beispielsweise auf folgenden Gebieten:

•  Anschlüsse von zweischaligem Mauerwerk

•  Scheibenmodell für Wandaufbauten

•  Bewehrungsanschlüsse bei Betonbauteilen

•  Verbindungen von Holzkonstruktionen

•  Verlegen von Natursteinen.

3.  Erfahrungen

1:1-Gebäudemodelle mit offen gelegten Schichtungen und Verbindungen sind ein geeignetes Mittel, energetisch optimiertes Bauen für Auszubildende und für Weiterbildungsaktivitäten „begreifbar“ zu machen (vgl. NOSKE 2008).

Dabei wirkt das Bauen im Bestand als zweckmäßiger Schwerpunkt.

Die praktische Zusammenarbeit in „Tandems“ ist grundlegend für den Qualifizierungserfolg in der Lernortkooperation.

Die Ausarbeitung von Lehr-Lern-Situationen und ihre Anwendung durch Studierende technischer Lehrämter ist ein wesentlicher Baustein zur Umsetzung. Nachhaltiges Bauen kann auf diese Weise mit nachhaltigem Lernen verbunden werden – inhaltlich differenziert sowohl auf der Ebene des Studiums der Gewerblich-Technischen Wissenschaften als auch auf der Ebene der Berufsausbildung. Die Kombination von Visualisierung und Lernen bereichert den Unterricht.

Eine Reihe von Problemen ist aber vorhanden:

Die Instandhaltung und Aktualisierung ist ein aufwändiger Prozess.

An diesen Modellen sind „Aktionen“ nur begrenzt durchführbar. Informationsterminals helfen hier ein Stück weiter, ersetzen aber nicht reale Handhabungen.

Die Ablauforganisation zwischen mehreren Kooperationspartnern ist zeitaufwändig und z.T. störanfällig.

4. Perspektiven

Zunächst sind die Pflege der Kooperationsbeziehungen und die Kontinuität beim Erarbeiten von Lehr-Lern-Situationen als fester Bestandteil des technischen und erziehungswissenschaftlichen Studiums angehender Gewerbelehrer zu nennen.

Die Verstetigung des aufgebauten Netzwerkes und die Verbreiterung auf mögliche Partner in der Nordregion ist ein zukünftiges Ziel.

Eine Komplettierung durch „Satellitenmodelle“, die einzelne technische Details (z. B. Knotenpunkte), neue technische Entwicklungen, aber auch Funktionsmodelle bzw. Baukästen zeigen, ist – neben der Modellpflege, Instandhaltung und Weiterentwicklung –erforderlich.

Die Aufarbeitung und Dokumentation erarbeiteter Unterlagen bedarf einer wesentlichen organisatorischen Erweiterung. Eine dazu begonnene Schriftenreihe soll konzentriert fortgeführt und eine multimediale Plattform genutzt werden.

Gewerkekooperationen sollen weiter ausgebaut werden. In der künftigen Masterphase des Studiums soll diese Lernortkooperation für das geplante „Kernpraktikum“ genutzt werden.

Mit diesen Ergebnissen und Erfahrungen der ersten Etappe der Lernortkooperation ist eine Basis für weiteres Handeln gegeben. Grundlage war und ist die Bereitschaft aller Kooperationspartner in Schule, Ausbildungszentren und Universitäten sowie die Kontinuität ihrer Bemühungen.

 

Literatur

HOLLE, H.-J. (2004): Überblick zum Hamburger Vorhaben. Kongresstagungsband „Regenerative Energien und nachhaltige Stadtentwicklung“. Hamburg .

HOLLE, H.-J. (2005): Gebäudemodelle als Le hr- und Lernmittel im Maßstab „1 zu 1“. Mit teilungsblatt der Bundesarbeitsgemeinschaft Bau/Holz/Farbe H. 1, 11-12 .

HOLLE, H.-J. / LUND, E. (2007): Nachhaltiges Bauen bedingt nachhaltige Bildung. Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, H. 5, 40-43.

LÜTKE DALDRUP, E. (2007) : Anforderungen an das Bauen von Morgen. Symposium „Zukunft Bauen und Planen“ am 18.01.2007 in München .

NOSKE, C. (2008): Neue Lernmethoden zur Motivation der Auszubildenden in Unternehmen. Wirtschaft und Berufserziehung, H. 1, 18-22.

STEIN, B. (2007): Learning through models. I n: Danube University Krems/Austria. Teaching Sustainability – Theory, Methods, Best practice .

TIEFENSEE, W. (2007) : Energieeffizientes Bauen als Impuls für Qualität und Innovation beim Bauen und Modernisieren. Kongress des BMVBS am 15./16.01.2007 in München .

 

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