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 bwp@ Spezial 4 | September 2008
Hochschultage Berufliche Bildung 2008
FT 01 Bau, Holz, Farbe und Raumgestaltung

Instrumente der Schulentwicklung in Schleswig-Holstein und Hamburg

 


1.  Einleitung

Mit der Weiterentwicklung berufsbildender Schulen geht seit mehreren Jahren das Bestreben nach einer Verbesserung der Qualität der Arbeit in den Schulen und deren systematische Absicherung einher. In diesem Zusammenhang sind in nahezu allen Bundesländern Überlegungen und Maßnahmen zur Stärkung der Eigenständigkeit der berufsbildenden Schulen in die Wege geleitet worden. Damit verbunden ist eine stärkere Einbindung in die Verantwortung der Schulentwicklung. In Hamburg sind entsprechende Maßnahmen unter dem Stichwort 'Selbstverantwortete Schule' zu subsumieren (vgl. Behörde für Bildung und Sport 2006a), in Schleswig-Holstein wird vorrangig die Weiterentwicklung berufsbildender Schulen zu regionalen Berufsbildungszentren (RBZ) befördert. Beiden Ansätzen ist gemein, dass den Schulen mehr Eigenverantwortung und mehr Selbständigkeit übergeben werden.

Kaum eine Schule ist nicht aus ihrem Inneren heraus in die Schulentwicklung einbezogen. Zu denken ist hier an Schulprogrammarbeit, an Teamentwicklung, an die Einführung und Umsetzung neuer Rahmenlehrpläne, die in Lernfelder strukturiert sind. Im Folgenden geht es zunächst um offizielle Entwicklungen in Hamburg und in Schleswig-Holstein, die durch administrative, äußere Reformen in die Wege geleitet wurden.

BECKER/ SPÖTTL benennen 2008 die folgenden Kernelemente aktueller Reformen 'von außen', die durch eine Verlagerung von Verantwortung in fünf Verantwortungsbereichen gekennzeichnet sind. Demnach sind Verlagerungen auszumachen bei der "Steuerungsverantwortung, Bildungsverantwortung, Personalverantwortung, Finanzverantwortung, Qualitätsverantwortung" (BECKER/ SPÖTTL, 44). Einzelne Entwicklungen innerhalb dieser Verantwortungsbereiche sollen exemplarisch für die beiden Bundesländer aufgezeigt werden.

2.  Instrumente der Qualitäts- und Schulentwicklung an berufsbildenden Schulen in Hamburg und in Schleswig-Holstein

'Qualität' bezeichnet in einer wertungsfreien Beschreibung die Beschaffenheit bzw. Eigenschaft eines Gegenstands. Zumeist wird der Qualitätsbegriff jedoch in einem präskriptiven Kontext verwendet und weist dann spezifische Merkmale aus, an deren Vorhandensein die Güte des Gegenstands gemessen werden soll (vgl. EULER 2005, 13). Im schulischen Kontext werden Qualitätsverständnisse auf unterschiedliche Bezüge ausgerichtet. So wird beispielsweise unterschieden zwischen der Qualität der Institution, eines Bildungsganges bzw. Bildungsprogramms, des Unterrichts oder der Lehrperson, wobei die jeweils untergeordneten Kategorien in die übergeordneten integriert werden können. Um Qualität in beruflichen Schulen zu entwickeln bedarf es Instrumente, die von Bundesland zu Bundesland variieren. In nachstehender Tabelle werden ausgewählte Instrumente der Schul- und Qualitätsentwicklung in Hamburg und in Schleswig-Holstein gegenübergestellt .

3.  Qualitätsentwicklung an berufsbildenden Schulen in Hamburg

3.1  Institutionelle Vorgaben und Rahmenbedingungen

Den normativen Rahmen für alle Maßnahmen bietet der Orientierungsrahmen Qualitätsentwicklung an Hamburger Schulen der Behörde für Bildung und Sport (BBS) aus dem Jahre 2006. Er wurde in Anlehnung an das Modell der 'European Foundation for Quality Management' (EFQM) entwickelt. Darauf aufbauend werden drei Dimensionen unterschieden:

•  Führung und Management,

•  Bildung und Erziehung,

•  Wirkungen und Ergebnisse.

Im Sinne des EFQM-Modells werden Führung und Management als grundlegende Voraussetzungen für Schulqualität aufgefasst. Diese Dimension wird den pädagogischen Kernprozessen und den Wirkungen und Ergebnissen vorangestellt. Sie ist wiederum in die folgenden vier Qualitätsbereiche aufgeschlüsselt (vgl. BBS 2006b):

•  Wirkungen und Ergebnisse,

•  Führung wahrnehmen,

•  Personal entwickeln,

•  Finanz- und Sachmittel gezielt einsetzen,

•  Profil entwickeln und Rechenschaft ablegen.

Der Punkt 'Rechenschaft ablegen' wird u.a. im Rahmen der Schulinspektion umgesetzt, die in Hamburg seit dem 01.08.2006 durchgeführt wird.

Es sind vor allem zwei Stellen, die mit der Qualitäts- und Schulentwicklung an Hamburger berufsbildenden Schulen befasst sind:

•  das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg (LI), insbesondere das Referat Qualitätsentwicklung und Evaluation,

•  das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB)

Das HIBB ist hervorgegangen aus der Umstrukturierung der früheren Abteilung Berufs- und Weiterbildung und deckt den Bereich Berufsbildung ab. Die Gründung erfolgte zum 1. Januar 2007 als Landesbetrieb nach § 26 LHO. Das HIBB ist wesentlich mit der Umsetzung von ProReBes, dem Projekt der Reform der Beruflichen Schulen befasst. Den Ausgangspunkt für die Reform bildet der Bürgerschaftsbeschluss vom November 2004. Das Hauptziel der – nicht unumstrittenen Reform, die den Einfluss der Wirtschaft auf die Berufliche Bildung merklich stärkt (vgl. u. a. BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN GAL-HAMBURG 2006) – "… ist eine Qualitätsverbesserung der beruflichen Bildung in Hamburg, die auf einer echten Partnerschaft zwischen der Wirtschaft mit ihren Ausbildungsbetrieben und dem Staat mit seinen Beruflichen Schulen beruht. Dabei steht der Kompetenzzuwachs der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.“ ( http://www.prorebes.hamburg.de/index.php , Änderungsdatum: 21.02.2007).

3.2  Entwicklungen von selbstverantworteten Schulen in den Berufsfeldern Bau-Holz-Farbe (Hamburg): Gewerbeschule 6 und Gewerbeschule 19

Die 'Selbstverantwortete Schule' (SvS) wurde zum Schuljahr 2006/07 auch im Bereich der beruflichen Bildung eingeführt. Durch diesen Status soll den Schulen eine verstärkte Selbständigkeit und größerer Gestaltungsspielraum vor Ort eingeräumt werden. Als vorrangiges Ziel nennt die Behörde für Bildung und Sport eine grundlegende Verbesserung der Qualität schulischer Arbeit. Es soll den Schulen ermöglicht werden, wesentlich leichter ein eigenes pädagogisches Profil zu entwickeln, das Personal zunehmend selbst auszuwählen und in Budgetfragen zu entscheiden (vgl. BBS 2006a, 7). In Hamburg sind es vor allem die Gewerbeschule 6 für Holztechnik, Farbtechnik, Raumgestaltung und Textilgestaltung (G6) und die Gewerbeschule für Bautechnik (G19), die mit der beruflichen Bildung in den Berufsfeldern Bau-Holz-Farbe befasst sind. Auch diese Schulen haben den Status der Selbstverantworteten Schule für Veränderungen genutzt.

Auffällig ist es, dass beide Schulen ihre Arbeit in den vergangenen Jahren vor allem in den Bereichen der Weiterbildung, der Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Hamburg Harburg, der Universität Hamburg und der Berufsvorbereitung ausgebaut haben. Letzteres ist vor allem mit den seit Mitte der 1990er Jahre in den Bauberufen zurückgehenden Ausbildungszahlen bis zum Jahre 2005 und der Zunahme der Zahl der Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz begründet, wobei diese Tendenz vorwiegend aufgrund wirtschaftlicher Veränderungen in jüngster Zeit in eine andere Richtung weist.

Zu den Innovationsbestrebungen an der Gewerbeschule 6 (G6), die nicht zuletzt durch den Status der SvS ermöglicht bzw. befördert werden, gehören die folgenden:

•  Bereits seit dem Jahr 1993 produziert die Schule im Rahmen des Fifty-Fifty-Projektes mit einer schuleigenen Solaranlage einen Teil des Stroms für die Schule. Dieses ist nur ein Beispiel dafür, dass an der Schule großer Wert auf umweltverträgliche Verfahren und Vorgehensweisen gelegt wird.

•  Ökologisches Profil und Nachhaltigkeit werden vor allem auch im produkt- und handlungsorientierten Unterricht  der G6 angestrebt.

•  Realisierung eines Projektes zum interkulturellen Austausch mit Afrika , aus dem mittlerweile ein eigener Verein, das "Forum zum Austausch der Kulturen" hervorgegangen ist ( www.gsechs-forum.de ). Beide Projekte wurden bereits vor Einführung des Status als 'Selbstverantwortete Schule' auf den Weg gebracht.

•  Weiterbildung für Lehrkräfte an der G6 ermöglicht in Hamburg die Teilnahme an einem Maschinenlehrgang, welcher vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (Li) angeboten wird.

•  Kooperation mit Hochschulen, die mit der Lehrerbildung für den Unterricht in den Berufsfeldern Bau-Holz Farbe befasst sind, d.h. die Universität Hamburg und die Technische Universität Hamburg-Harburg.

In der Abteilung Holztechnik gilt die Orientierung an produktorientierten, projektartigen Lernformen als weitgehend erreichtes didaktisches Ziel in der Tischlerausbildung. Nach dem Abschluss des Modellversuchs 'Integriertes Lernortsystem für moderne Fertigungsverfahren in der Holztechnik (CNC, CAD/CAM)' sind dessen Inhalte in die Regelausbildung zum Tischler bzw. Holztechniker integriert worden. Die folgende Abbildung zeigt ein Regal, das im Rahmen der Ausbildung an der Fachschule für Holztechnik unter Nutzung von CNC-Technik produziert wurde (vgl. Homepage der G6: http://www.gsechs.de/) .

Auch die Staatliche Gewerbeschule Bautechnik 19 (G19) kooperiert mit den universitären Einrichtungen. Sie war beispielsweise an der Umsetzung des internationalen Modellversuchs 'SmartLife' (2003 bis 2007) und dem damit verbundenen Aufbau des „Zentrums für zukunftsorientiertes Bauen“ (ZzB) im Ausbildungszentrum Bau Hamburg (AZB) beteiligt.

Im Rahmen eines Kooperationsprojektes zwischen der G19, dem ZzB, der Technischen Universität Hamburg-Harburg und der Universität Hamburg wurden von Studierenden des Studienganges ‚Lehramt an der Oberstufe - Berufliche Schulen' Unterrichtsmaterialien entwickelt und die Integration der sieben so genannten 'Hauptmodelle' des ZzB in den Unterrichtsalltag der G19 und des Ausbildungszentrums vorbereitet.

Die Abbildung 2 zeigt das Hauptmodell ´Holzrahmenbau´ im Niedrigenergiestandard im Zentrum für zunkunftsorientiertes Bauen, das im Rahmen des Kooperationsprojektes entstanden ist und als Lernsituation im Unterricht umgesetzt wurde (vgl. HOLLE 2007, 22; vgl. auch den Beitrag von Holle in diesem Band).

Außerdem war die G19 als Partnerschule in dem Modellversuch 'Schulgenaue Qualifizierung' (SchuQua) involviert, der vom Arbeitsbereich Berufliche Schulen des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg in Kooperation mit drei Hamburgischen beruflichen Schulen von August 2002 bis Juli 2005 durchgeführt wurde (vgl. http://www.schuqua.de/ ). Als Selbstverantwortete Schule bietet die G19 verschiedene Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen an, die durch diesen Status erheblich einfacher zu organisieren und zu realisieren sind. Zu diesem Zweck wurde der Verein Bildung für Bau und Umwelt e. V. (BBU) gegründet. Es werden unter anderem die folgenden Kurse angeboten:

•  Englisch für den Bau mit baubezogenem Vokabular und für die typischen Situationen der Baustelle,

•  Einsatz von EDV auf der Baustelle, dem Abbundplatz und in der Polierbude für Anfänger und Erfahrenere,

•  Schulungen in AUTO-CAD2000LT/Windows, CADKON und einem Hochbau-Statik-Programm für Architektur- und Konstruktionsbüros.

In den Berufsvorbereitungsklassen der G19 wird stark praxisorientiert gearbeitet. In den Werkstätten der Schule stellen die Schüler unter Bedingungen, die an diejenigen in gewerblichen Produktions- und Dienstleistungsbetrieben angelehnt sind, Produkte her, die sie selbst vermarkten können. Für den beruflichen und privaten Bedarf werden im Produktionsbetrieb der Schule beispielsweise Möbel für Schulen, Kindergärten und Arbeitsplätze hergestellt. Die Schaffung der erforderlichen Voraussetzungen obliegt dem Verein "Partner Schule e.V." Besonders im BV-Bereich wird auf eine intensive Schulsozialarbeit unter Einbeziehung der BeratungslehrerInnen und in Kooperation mit den PsychologInnen der Schülerhilfe großer Wert gelegt (vgl. Homepage der G19: http://www.hh.schule.de/g19/ ).

4.  Qualitätsentwicklung berufsbildender Schulen in Schleswig-Holstein

4.1  Einrichtung von Regionalen (Berufs-)Bildungszentren

Die Schul- und Qualitätsentwicklung beruflicher Schulen in Schleswig-Holstein wird wesentlich durch die Einführung von Regionalen Bildungszentren (RBZ) befördert. Bis zum 31.07.2006 wurden die ersten RBZ zunächst in Form eines Modellprojekts erprobt. Entsprechend dem 2007 in Kraft getretenen Schulgesetz sollen berufliche Schulen künftig in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt werden können. Sie erhalten einen Verwaltungsrat und eine Geschäftsführung, die durch die Schulleitung wahrgenommen wird. Mit dem RBZ-Status werden den Schulen erheblich größere Gestaltungsspielräume eingeräumt. Hierzu gehört u. a. wirtschaftlich eigenverantwortliches Handeln und verstärkte Autonomie bei der Personalauswahl. Seit dem 01. Januar 2008 ist die Eckener-Schule in Flensburg das erste RBZ des Landes (vgl. http://www.schleswig-holstein.de/MBF/DE/ Service/Presse/PI/2008/Januar2008/III__RBZFlensburg.html__nnn=true ). Sie und weitere 14 Projektschulen erarbeiten Lösungen in den folgenden Erprobungsfeldern (vgl. BECKER/ SPÖTTL/ DREHER 2006, 88):

•  Unterrichtsorganisation und -gestaltung (Schwerpunkt Teamentwicklung),

•  Organisationsentwicklung (Schwerpunkt: Einführung eines Qualitätsmanagements, Abteilungsleiter als Führungskräfte),

•  Organisationsstruktur (Schwerpunkt: Neue Gremienstruktur, Rechnungswesen, Anpassungen an die neue Rechtsform),

•  Weiterbildungsfähigkeit (Schwerpunkt: Entwicklung von Weiterbildungsangeboten in Abstimmung mit den Partnern in der Region),

•  Kooperation (Schwerpunkt: Kooperation mit anderen Schulen und Weiterbildungsträgern).

4.2  Vorteile des Status eines RBZ im Unterricht, dargestellt an der Abteilung Bautechnik der Beruflichen Schulen in Mölln

Zu den Projektschulen, die als RBZ geführt werden, gehören die Beruflichen Schulen in Mölln. Insbesondere im Bereich Bau wurden innovative Unterrichtsformen entwickelt, die durch eine gelungene Kooperation zwischen den Lehrkräften der Berufsschule und den Leitern und Ausbildern der Überbetrieblichen Ausbildungsstätte (ÜAS) ermöglicht wurden. Die Kompetenzen, die der Berufsschule durch den Status des RBZ zuteil werden, erleichtern und fördern diese Form der Kooperation außerordentlich. Vor allem ist die Kooperation zwischen der ÜAS und den Lehrkräften, die für die berufsschulische Ausbildung in der Fachrichtung Bautechnik zuständig sind, bemerkenswert. Die Zusammenarbeit bestand bereits unabhängig von der Teilnahme an dem Modellversuch. So entwickelte sich eine Lernortkooperation, welche die Baugrundstufe, die Fachstufen des Zimmerer- und Maurerhandwerks sowie die Berufsfachschule Bautechnik einbezieht. Schritt für Schritt werden Themenbereiche, die von beiden Institutionen theoretisch bzw. handwerklich unterrichtet werden, aufeinander abgestimmt und die pädagogische Vorgehensweisen angeglichen, ohne die Notwendigkeit der einzelnen Institutionen in Frage zu stellen (vgl. BERUFLICHE SCHULEN/ BAUGEWERBEINNUNG DES KREISES HERZOGTUM LAUENBURG 2006, 2).

Lernortkooperation hat sich als ein Weg erwiesen, um Probleme wie hohe Abbrecherquoten, fehlende Motivation oder schlechte Prüfungsergebnisse erfolgreich anzugehen. Dies belegen kontinuierliche Erfolge im Maurer- und im Zimmererhandwerk seit mehreren Jahren. Diese Form der Zusammenarbeit und des flexiblen Einsatzes von Lehrkräften wurde durch den Status als RBZ der Beruflichen Schulen in Mölln erheblich begünstigt. Die Lehrkräfte wurden dort eingesetzt, wo es die Arbeit an der Sache erfordert. Die Fachlehrer übernahmen Aufgaben, die originär der ÜAS zugeschrieben wurden, Ausbilder der ÜAS waren in Doppelbesetzung mit Studienrätinnen und -räten im Unterricht tätig. Unerlässlich ist eine gemeinsame Planung an beiden Lernorten. Die Kooperation ist derart weitgehend, dass Zeiten des Berufsschulunterrichts mit den Ausbildungstagen der ÜAS zusammengelegt und gemeinsam abgerechnet wurden (vgl. HOLST/ LINKS 2004, 39).

In der Regel werden Einzelprojekte durchgeführt. Meist handelt es sich hierbei um kleine gemeinnützige Projekte, die nach Absprache mit Baugewerbeinnung, Berufsschule und Überbetrieblicher Ausbildungsstätte gemeinsam durchgeführt werden (BERUFLICHE SCHULEN/ BAUGEWERBEINNUNG 2007, 6).

Zu den gemeinnützigen Projekten gehört u. a. die Gestaltung des Eingangshauses für den Wildpark Mölln.

Die Aufgabe der Auszubildenden war es, ausgehend von den Kundenwünschen (hier der Stadt Mölln) eine Konstruktion zu entwickeln, die sich gestalterisch ansprechend in die örtlichen Gegebenheiten einfügte und deren anschließende Ausführung (vgl. ebd., 10).

Ein sowohl die Fachrichtung als auch die Schulform übergreifendes Beispiel aus dem Unterricht für das Maler- und Lackiererhandwerk ist die Beschichtung und farbliche Gestaltung eines Fachwerkhäuschens.

Am Aufbau des Häuschens waren Schüler aus der Berufsfachschule Bautechnik und des Ausbildungsvorbereitenden Jahres beteiligt. Für die Beschichtung wurden Rein-Silikatfarben eingesetzt, die – anders als in Süddeutschland – im Norden der Republik vergleichsweise selten verwendet werden. Die Auszubildenden hatten auf diese Weise Gelegenheit, ihre zuvor im Unterricht erworbenen Kenntnisse über die Material- und Produkteigenschaften dieses Beschichtungsstoffes in der Praxis anzuwenden, unmittelbar zu erfahren und zu vertiefen. Vermutlich wäre die Arbeit auch ohne RBZ-Status möglich gewesen, doch ist es auf diese Weise unkomplizierter geworden, die finanziellen Mittel zu beschaffen, die normalerweise streng den einzelnen Abteilungen zugeordnet waren. Die Kooperation der Lehrkräfte, die Arbeit im Team sowohl unter den Lernenden als auch unter den Lehrenden wurde durch die Arbeit am gemeinsamen Gegenstand effektiv gefördert, und das Häuschen stellt auch heute noch ein sehenswertes Anschauungsobjekt für den Unterricht dar (vgl. BAABE-MEIJER, GOLLA, LAUßER 2006, 19).

4.3  Weitere Aktivitäten zur Qualitätsentwicklung in Schleswig-Holstein

Bestandteil der Qualitätsentwicklung Schulen in Schleswig-Holstein ist die Implementation und die Umsetzung eines Qualitätsmanagements in einer Beruflichen Schule. Im Rahmen des BLK Modellversuchs 'Qualitätsentwicklung in der Berufsschule' (Quabs-SH), der in der Zeit von 1999-2002 an der Walther-Lehmkuhl-Schule in Neumünster durchgeführt wurde, konnte folgendes gezeigt werden: Ein normiertes Qualitätsmanagementsystem aus der Industrie nach ISO 9000:2000 ist geeignet, um in einem Dienstleistungsunternehmen wie der Schule zur Qualitätsverbesserung und zur innovativen Schulentwicklung beizutragen. Durch die nach ISO-Norm vorgesehene externe Auditierung und damit Zertifizierung wird eine hohe Akzeptanz bezüglich der Außenwirkung und damit Wertsteigerung der Ausbildung erwartet (vgl. STAATSINSTITUT FÜR SCHULPÄDAGOGIK UND BILDUNGSFORSCHUNG 2003, 7 und SC HULZ 2007, 289).

An dieser Stelle soll der Bundesland übergreifende Verbundmodellversuch der BLK: 'UbS' – Umstrukturierung der berufsbildenden Schulen (2001-2005) Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zumindest erwähnt werden. Er stellt einen Bundesland übergreifenden Ansatz aus dem Norden der Republik dar, in dem es um die Entwicklung von Konzepten für die zweite und die dritte Phase der Lehrerbildung geht. Die im Rahmen des Modellversuchs entwickelten Konzepte zielten vornehmlich darauf ab, die Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen künftig in die Lage zu versetzen, die zur Arbeit an einem RBZ notwendige Gestaltungskompetenz zu erwerben.

Im Rahmen des Verbundmodellversuchs UbS wurde von MUSTER-WÄBS/PILLMANN-WESCHE ein Beitrag zum Modellversuch 'Flexibilisierung der Lehrerbildung durch Subjektorientierung und Modualisierung' veröffentlicht, der als ein Bestandteil des Projekts 'Selbstorganisiertes Lernen im Unterstützungs-Netzwerk – SUN' durchgeführt wurde (vgl. MUSTER-WÄBS/PILLMANN-WESCHE 2005).

5.  Ausblick

Das berufliche Schulwesen beider Bundesländer befindet sich in mehrerer Hinsicht im Umbruch. Vielfach ist großes Engagement der Kolleginnen und Kollegen zu beobachten, teilweise macht sich aber auch Unmut breit. Mit Blick auf eine Steigerung der Qualität von Schule und Unterricht sind vor allem diejenigen Entwicklungen erfolgreich, die bereits zeitlich vor bzw. unabhängig von administrativen Verordnungen und Vorgaben in den Kollegien in die Wege geleitet wurden. Hierzu gehört die Entwicklung von Lernsituationen für den Unterricht im Tischlerhandwerk, die von mehreren Kollegen an der G6 bereits vor mehreren Jahren in die Wege geleitet wurde oder die Einrichtung von schuleigenen Solarkraftwerken an der G6 und an den Beruflichen Schulen in Mölln oder die dortige enge Kooperation zwischen Berufsschule und ÜAS. Es ist als positiv zu werten, dass schuleigene Ansätze durch die größere Eigenständigkeit (SvS in Hamburg, RBZ in Schleswig-Holstein) nun auch die Gelegenheit haben, ihre finanziellen Möglichkeiten selbst zu steuern und effektiver auszuschöpfen. Ebenfalls positiv hat sich das Angebot von Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte und Fachkräfte aus der Wirtschaft entwickelt.

Als problematisch wird von nicht wenigen Lehrkräften die verstärkte Kontrolle aufgefasst, die sich beispielsweise in Form der Schulinspektion bzw. EVIT zeigt. In Hamburg ist darüber hinaus ein neues Beurteilungssystem eingeführt worden, das eine Regelbeurteilung jeder Lehrkraft im Turnus von vier Jahren vorsieht. Auch die Fortbildungspflicht für Lehrkräfte an Beruflichen Schulen im Umfang von 45 Stunden jährlich außerhalb der Unterrichtszeit wird nicht von allen Seiten begeistert angenommen. Dieses wird nicht selten in Verbindung mit dem Arbeitszeitmodell, in dem eine Faktorisierung der Unterrichtsfächer vorgenommen wird, als eine zusätzliche Belastung und Erhöhung der zu leistenden Pflichtarbeitszeit gewertet. Beides hat sich in mehreren Fällen negativ auf die Motivation und die Eigeninitiative zahlreicher Kollegen ausgewirkt. Daher ist zu diskutieren, ob diese Maßnahmen einer Qualitätsentwicklung eher entgegenstehen als diese zu befördern.

Darüber hinaus ist zu fragen, ob vor allem diejenigen Maßnahmen, die einen merklich erhöhten Verwaltungsaufwand bedeuten wie Schulinspektionen oder die Regelbeurteilung, zum eigentlichen Ziel von Qualitätsentwicklung beitragen: der Bildung von Jugendlichen. Verschiedentlich wurde Kritik daran laut, dass u. a. mit der Gründung des HIBB und dem neuen Schulgesetz in Hamburg, das der Wirtschaft im Rahmen der neuen Schulvorstände ein deutlich erhöhtes Mitspracherecht einräumt, die reine Verwertbarkeit der Jugendlichen wieder stärker in den Vordergrund gerückt wird. Dies gilt auch für die Bildung von Jugendlichen, die sich im so genannten Übergangssystem befinden, d. h. in einer der vielen, in den vergangenen Jahren immens angewachsenen berufsvorbereitenden Maßnahmen. In allen Bereichen ist berufliche Mündigkeit als Zielkategorie aktiv zu gestalten und darf nicht auf berufliche Tüchtigkeit reduziert werden. Der Anspruch, Jugendliche und Erwachsene, Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende zur Mitgestaltung von Arbeit, Technik und Gesellschaft zu befähigen, ist sowohl für die Auszubildenden im dualen System als auch für diejenigen zu formulieren, die sich im so genannten Übergangssystem bilden. Dieser Anspruch an eine qualitative Entwicklung beruflicher Bildung bedarf der verstärkten Beachtung und sollte zukünftig (wieder) deutlicher in den Vordergrund gerückt werden.

 

Literatur

BAABE-MEIJER, S./ GOLLA, J./ LAUSSER, K. (2006): Beschichtung und farbliche Gestaltung eines Fachwerkhäuschens. In: Mitteilungsblatt der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in den Fachrichtungen Bautechnik, Holztechnik sowie Farbtechnik und Raumgestaltung, 8, Heft 1, 19-20.

BECKER, M./ SPÖTTL, G./ DREHER, R. unter Mitarbeit von Doose, C.-H. (2006): Berufsbildende Schulen als eigenständig agierende lernende Organisationen. Stand der Weiterentwicklung berufsbildender Schulen zu eigenständig agierenden lernenden Organisationen als Partner der regionalen Berufsbildung (BEAGLE), Bonn, 135.

BECKER, M./ SPÖTTL, G. (2008): Mehr Eigenständigkeit für berufliche Schulen – führt das zu mehr Qualität? In: Die berufsbildende Schule, 60, Heft 2, 43-49.

BBS - BEHÖRDE FÜR BILDUNG UND SPORT (Hrsg.) (2006a): Selbstverantwortete Schule. Identität stärken – Qualität verbessern. Hamburg. Download: www.publikationen.bbs.hamburg.de

BBS - BEHÖRDE FÜR BILDUNG UND SPORT (Hrsg.) (2006b): Orientierungsrahmen Qualitätsentwicklung an Hamburger Schulen. Hamburg.

BERUFLICHE SCHULEN MÖLLN/ BAUGEWERBEINNUNG DES KREISES HERZOGTUM LAUENBURG (2007): Broschüre Lernortkooperation, Mölln.

BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN GAL-HAMBURG (2006): ProReBes: Die missratene Senatsreform. Positionspapier von Bündnis 90/Die Grünen GAL-Hamburg zur Reform der beruflichen Schulen in Hamburg. www.gal-fraktion.de/cms/schule/dokbin/212/212671.pdf (14.02.2008).

EULER, Dieter (Hrsg.) (2005): Qualitätsentwicklung in der Berufsausbildung. Materialien zur Bildungsplanung, Heft 127. Bonn, Internet: www.blk-bonn.de .

HOLLE, H.-J. (2007): Präsentation moderner Baumethoden im Zentrum für zukunftsorientiertes Bauen Hamburg. In: BABBE-MEIJER, S./ MEYSER, J./ STRUVE, K. (Hrsg.): Innovation und Soziale Integration. Berufliche Bildung für Jugendliche und Erwachsene in der Bauwirtschaft, im ausstattenden und gestaltenden Handwerk. Bielefeld, 18-28.

HOLST, T./ LINKS, M. (2004): Steigerung der Ausbildungsqualität und verantwortungsbewusster Umgang mit sächlichen, räumlichen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen durch Lernortkooperation. In: BABBE-MEIJER, S./ MEYSER, J./ STRUVE, K. (Hrsg.): Innovation und Soziale Integration. Berufliche Bildung für Jugendliche und Erwachsene in der Bauwirtschaft, im ausstattenden und gestaltenden Handwerk. Bielefeld, 33-41.

MUSTER-WÄBS, H./ PILLMANN-WESCHE, R. (2005): Selbstorganisiertes Lernen im Unterstützungs-Netzwerk – SUN. Ein Beitrag zum Modellversuch 'Flexibilisierung der Lehrerbildung durch Subkjektorientierung und Modularisierung' (UbS-HH) im Rahmen des Verbundmodellversuchs 'Umstrukturierung der berufsbildenden Schulen' Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (UbS). Hamburg.

SCHULZ, R. (2007): Qualitätsmanagement (QM) im Unterricht und für Schulentwicklung. Ein Erfahrungsbericht aus zwei BLK-Modellversuchen. In: Die berufsbildende Schule, 59, Heft 10, 287-293.

STAATSINSTITUT FÜR SCHULPÄDAGOGIK UND BILDUNGSFORSCHUNG (Hrsg.) (2003): Quabs - Qualitätsentwicklung in der Berufsschule. Abschlussbericht zum BLK-Verbundmodellversuch Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein. München.

Internet (alle Quellen überprüft: 19-07-2008)

http://www.schleswigholstein.de/MBF/DE/Service/Presse/ PI/2008/Januar2008/III__RBZFlensburg.html__nnn=true

http://www.prorebes.hamburg.de

http://www.gsechs.de

http://www.gsechs-forum.de

http://www.hh.schule.de/g19/

http://www.publikationen.bbs.hamburg.de

http://www.schuqua.de/

http://www.gal-fraktion.de/cms/schule/dokbin/212/212671.pdf

 

 

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