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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT07 - Chemie- und Umwelttechnik
Herausgeberinnen: Manuela Niethammer & Michael Wentzel

Titel:
Flexible und durchlässige Bildungswege in der Chemie- und Umweltbranche gestalten


CREDCHEM – Entwicklung und Erprobung eines Credit-Systems zur Verbesserung der Mobilität im Chemiesektor

Beitrag von Christiane EBERHARDT (Bundesinstitut für Berufsbildung Bonn)

Abstract

In Deutschland ist die Möglichkeit, Teile der Ausbildung im Ausland zu absolvieren, seit 2005 im Berufsbildungsgesetz verankert. Voraussetzung ist, dass die Mobilitätsphase dem Ausbildungsziel dient und ihre Gesamtdauer ein Viertel der in der Ausbildungsordnung festgelegten Ausbildungsdauer – d.h. bis zu 9 Monaten – nicht überschreitet. Obwohl die gesetzliche Grundlage (BBIG), wie auch (vornehmlich europäische) Förderprogramme vorhanden sind, ist die Organisation von Mobilitätsphasen im Ausland mit einer Reihe von pädagogischen, strukturellen und finanziellen Herausforderungen verbunden. Im Projekt CREDCHEM wird die Frage aufgeworfen, ob das europäische ECVET-Instrumentarium sich dazu eignet, Lösungen für oben beschriebene Probleme aufzuzeigen und europäische Mobilitätsphasen in der chemiebezogenen Facharbeit zu erleichtern und zu verstetigen.

1 Der Hintergrund: Europaweite ECVET-Erprobung

ECVET, das Europäische Leistungspunktesystem für die Berufsbildung, versteht sich als „technischer Rahmen“ für die „Anrechnung, Anerkennung und gegebenenfalls Akkumulierung von Lernergebnissen, die eine Einzelperson im Hinblick auf den Erwerb einer Qualifikation erreicht hat“ (Anhang II der Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines Leistungspunktesystems in der Berufsbildung vom 18.06.2009). Mit ECVET soll ein Verfahren etabliert werden, das es ermöglicht, Lernergebnisse, die in verschiedenen Bildungssystemen (z.B. während eines Auslandsaufenthalts) erbracht werden, von einem Kontext in einen anderen zu übertragen. Voraussetzung hierfür ist die Definition anrechenbarer, d.h. prüfbarer, bewertbarer, zertifizierbarer und mit Punkten belegter Lernergebniseinheiten, ein Anrechnungs- und Akkumulierungsverfahren sowie die Erstellung ergänzender Unterlagen wie Lernvereinbarungen, Leistungsnachweise und ECVET-Benutzerleitfäden (ebenda). Der Europäische Empfehlungstext betont, dass mit ECVET keine neuen Berechtigungen zur Erlangung einer automatischen Anerkennung von Lernergebnissen oder Punkten geschaffen werden, sondern seine Anwendung auf eine Qualifikation nach den in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften oder Regelungen erfolgen soll. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, bis 2012 die geeigneten Rahmenbedingungen für eine schrittweise Anwendung von ECVET herzustellen und die verbleibende Zeit für die Erprobung und Überprüfung des ECVET Instrumentariums zu nutzen. Hiermit sind die Rahmenbedingungen umrissen, in denen ECVET gegenwärtig in Deutschland in unterschiedlichen Programmen und Initiativen getestet wird. Das Projekt CREDCHEM, das nachfolgend vorgestellt wird, wurde 2008 im Rahmen der europäischen Ausschreibung zur „Erprobung und Entwicklung des europäischen Leistungspunktesystems in der Berufsbildung“ (EACEA/14/2008) ausgewählt. Die Anforderungen an die insgesamt elf Projekte aus dieser ersten „ECVET-Ausschreibungsrunde“ der Kommission umfassen sowohl die Entwicklung von Einheiten von Lernergebnissen und Modelle ihrer „Bepunktung“, als auch die Erarbeitung von Verfahren zur Übertragung von Lernergebnissen (einschließlich Evaluierung, Validierung, Akkumulierung und Anerkennung) und die Erprobung von Instrumenten, die für eine konkrete Umsetzung von ECVET erforderlich sind.

2 Der CREDCHEM-Projektansatz

In CREDCHEM arbeiten die Berufsbildungsinstitute aus Bulgarien (NAVET), der Tschechischen Republik (NUOV), der Slowakischen Republik (SIOV) und Deutschland (BIBB) zusammen mit der Bildungspraxis, die durch die Lernorte ITAS Scalcerle Padua und die Sächsische Bildungsgesellschaft für Natur und Umweltschutz (SBG), Leitbetrieb des Sächsischen Ausbildungsverbunds für Chemie- und Umweltschutzberufe in Dresden sowie Entwicklungs- und Erprobungspartner in Italien, Tschechien, Bulgarien und der Slowakischen Republik repräsentiert werden. Die Technische Universität Dresden, Fakultät Erziehungswissenschaften, Berufliche Fachrichtung Chemietechnik, Umweltschutz und Umwelttechnik sichert die Entwicklung und Erprobung im Projekt berufspädagogisch ab.

Anknüpfend an die ECVET-Empfehlung zielt CREDCHEM darauf ab, die Mobilität von Einzelpersonen in der europäischen Chemiebranche dadurch zu fördern, dass erbrachte und nachgewiesene Lernergebnisse über System- und Sprachgrenzen hinweg transferiert werden können. Grundlage der gemeinsamen Arbeit sind nicht die in den Partnerländern existierenden Berufsbilder, sondern die Arbeitswelt mit ihren typischen Arbeitsaufgaben bzw. Aufgabenkomplexen. Die Lernergebnisse, die von der Projektpartnerschaft auf dieser gemeinsamen Grundlage beschrieben und in Lernergebniseinheiten gebündelt werden, können daher in einem Land in ihrer Summe einen kompletten Beruf abbilden, während sie in anderen Ländern lediglich Anteile eines Berufsbildes bzw. eine Zusatzqualifikation widerspiegeln. Die CREDCHEM-Lernergebniseinheiten stellen insofern Einheiten dar, die speziell für einen Einsatz im Ausland entwickelt werden (Mobilitätseinheiten) und an denen überprüft werden soll, ob Lernergebnisse system- und lernortunabhängig nachgewiesen werden können. Ziel ist es, zu testen, ob der ECVET-Mobilitätsmechanismus, den die Europäische Kommission anstrebt, funktioniert.

Die breite Palette von Aufgaben, die durch die Ausschreibung vorgegeben sind, wird in CREDCHEM im Dreiklang von Entwicklung, Erprobung und Implementierungsaktivitäten bearbeitet. Hierbei ist zu bedenken, dass – während Entwicklung und Erprobung in einer zeitlichen Abfolge stehen – die Implementierungsaktivitäten bereits parallel zu den Entwicklungsarbeiten berücksichtigt werden. CREDCHEM ist darauf ausgerichtet, die entwickelten Ansätze und methodischen Grundlagen frühzeitig für Praxis und Politik verfügbar zu machen und eine Diskussion über ein sektorbezogenes, mobilitätsförderndes System von Lernergebniseinheiten in den Partnerländern in Gang zu bringen. Die Aktivitäten konzentrieren sich daher auf

  • die Verankerung in der Praxis, d.h. diejenigen, die langfristig Mobilitätsmaßnahmen durchführen wollen (Praktiker aus Schulen, von Bildungsdienstleistern oder Ausbildungsverbünden) wurden von Beginn an in die Entwicklung und Erprobung einbezogen („communities of practice“) und
  • die Verzahnung im Sektor / in der Bildungspolitik, d.h. darauf, die Entscheidungsträger in den Ländern für eine Mitarbeit in nationalen Beiräten zu gewinnen, die den Projektverlauf begleiten und kontinuierlich über die Ergebnisse und Fortschritte unterrichtet werden (Projektbeiräte).

Nationale Projektbeiräte (politische und administrative Entscheidungsträger, Sozialpartner, Multiplikatoren) und die Einbeziehung von Praktikern aus den Partnerländern (Communities of Practice) haben die Funktion, die Passfähigkeit des methodischen Ansatzes zu reflektieren, die Handhabbarkeit der Instrumentarien einzuschätzen und die Verankerung der Ergebnisse in der Praxis sicherzustellen.

3 Erste Projektergebnisse

Die Erprobung von ECVET betrifft neben den inhaltlich-pädagogischen Fragestellungen im gleichen Maße auch die formal-organisatorische Ebene des Berufsbildungsangebots in den Mitgliedstaaten. Die Projektergebnisse müssen folglich vor dem Hintergrund unterschiedlicher Fragestellungen eingeschätzt werden:

(a)    Was liegt an Inhalten und Verfahren zur  ECVET-Umsetzung vor (Lernergebniseinheiten, Verfahren zur Überprüfung, etc.)?

(b)   Welche Rahmenbedingungen und Strukturen wurden geschaffen, die eine Verankerung  des CREDCHEM-Ansatzes in der Praxis befördern?

Im Projektzeitraum März 2009-Mai 2011 wurden  unter Nutzung der in der ECVET-Empfehlung definierten Prinzipien „Lernergebnisse/Lernergebniseinheiten“, „Verfahren der Dokumentation und Überprüfung“ und „Umsetzungshilfen / Materialien" wesentliche Arbeitsschritte realisiert, die in einem ersten Mobilitätszyklus ab Sommer 2011 erprobt werden sollen.

3.1 Ergebnisse zum Themenkomplex „Inhalte, Verfahren, Modelle zur ECVET-Umsetzung“

Im bisherigen Projektverlauf wurden Vorschläge erarbeitet, wie Lernergebnisse im beruflichen Handlungsfeld „Arbeit im Labor“ beschrieben, Lernergebniseinheiten definiert und zur Nachnutzung dargestellt werden können. Insgesamt wurden neun Lernergebniseinheiten definiert, die das Handlungsfeld „Arbeit im Labor“ abbilden. Jede Lernergebniseinheit ist mit typischen Arbeitsaufgaben hinterlegt, die arbeitsteilig von den CREDCHEM-Partnereinrichtungen in den beteiligten Ländern nach einem einheitlichen Analyseraster ausgewertet und dokumentiert wurden. Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen, die zur Bewältigung einer Arbeitsaufgabe bedeutsam sind, bilden somit das Gerüst für die Definition von Lernergebniseinheiten. Jede Arbeitsaufgabe ist so abgefasst, dass die ausführende Person die Verantwortung für die Aufgabenbewältigung übernehmen muss. Die Partner haben sich im Projektverlauf darauf verständigt, dass für jede Lernergebniseinheit drei Kompetenzstufen unterschieden werden, die sich voneinander nach Umfang der Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen, Tiefe des Verständnisses und Verfügbarkeit der Kenntnisse und Fertigkeiten aus verschiedenen Perspektiven (Niethammer, 2009) unterscheiden. Die Differenzierung der Lernergebniseinheiten nach Stufen (Stufe 1:  berufliches Handeln nach Arbeitsvorschriften, Stufe 2:  berufliches Handeln in problemhaften Situationen, Stufe 3:  Entwicklung und Optimierung gegebener Verfahren) ermöglicht es den Verbundpartnern, die Mobilitätsphasen sowohl passgenau zu den nationalen Qualifikationen, als auch im Hinblick auf den Erwerb von Zusatzqualifikationen auszurichten.  Ebenso wie die Lernergebnisse setzen auch die Verfahren der Überprüfbarkeit  an den Arbeitsaufgaben an. Hierbei wird von dem Prinzip ausgegangen, dass Kompetenzen nur in der Auseinandersetzung mit konkreten Arbeitsaufgaben nachgewiesen werden können.  Die Überprüfung der Lernergebnisse wird daher mittels Prüfungsaufgaben erfolgen, die von den Projektpartnern aus einem Pool von Arbeitsaufgaben ausgewählt und in allen CREDCHEM-Einrichtungen zum Nachweis einer erfolgreich absolvierten Lernergebniseinheit eingesetzt werden. Zur Dokumentation wird der EUROPASS herangezogen.

Die Lernergebniseinheiten werden in einer einheitlichen Darstellungsform präsentiert, der CREDCHEM-Matrix. Auf ihr werden die der Lernergebniseinheit zugrunde liegenden Lernergebnisse, Kompetenzstufen, Arbeits- und Prüfungsaufgaben abgebildet. Darüber hinaus liefert die Matrix wichtige Zusatzinformationen, die die Planung und Durchführung von Mobilitätsmaßnahmen erleichtern sollen: Ersichtlich wird,

  • ob und wenn ja, wie sich die Einheit auf die in den Partnerländern existierenden Berufsbilder bezieht und welche Teile einer Qualifikation ggf. über die Lernergebniseinheit abgebildet werden,
  • in welcher CREDCHEM-Partnereinrichtung die Einheit in den Partnerländer angeboten wird und
  • welche Dauer für eine Mobilitätsmaßnahme empfohlen wird.

Die CREDCHEM-Matrix bildet den inhaltlichen  und organisatorischen Ausgangspunkt dafür, dass Einrichtungen, die bisher nicht Teil der Partnerschaft waren, Mobilitätsmaßnahmen unter Nutzung der CREDCHEM-Lernergebniseinheiten oder in CREDCHEM-Partnereinrichtungen durchführen bzw.  sich als weiterer CREDCHEM-Lernorte zur Verfügung zu stellen.

3.2 Ergebnisse zum Themenkomplex „Rahmenbedingungen und Strukturen zur Verankerung von CREDCHEM in der Praxis“

„Communities of Practice“ und nationale Beiräte sind für CREDCHEM unerlässlich: sei es,  weil sie aufzeigen, was praktikabel, nutzbar, verständlich und in der Praxis sinn<st1:personname w:st="on">voll</st1:personname> ist – sei es, weil nur sie die mit ECVET verbundenen Fragen nach Anerkennung und Anrechnung, Akkumulation und Zertifizierung im nationalen Rahmen entscheiden können. In der bisherigen Laufzeit ist es gelungen,  Strukturansätze zu etablieren, die geeignet sind, ECVET-orientierte Maßnahmen zur Verbesserung der transnationalen Mobilität zu befördern. 

Mit Ausnahme von Italien wurden in allen Partnerländern nationale Projektbeiräte konstituiert, in denen neben den wesentlichen Branchenverbänden auch Vertreter der nationalen Berufsbildungspolitik einbezogen sind. CREDCHEM wurde insofern zu einem Bezugs- und Reflexionsrahmen für die Aushandlung  nationaler ECVET-Strategien. Die Notwendigkeit einer strategischen Positionierung zeigt sich in besonderer Weise bei Fragen zu Validierung,  Anerkennung und Akkumulation, die laut ECVET-Empfehlung „nach den in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften und Regelungen“ umgesetzt werden sollen.

Während in Bulgarien die Entscheidung getroffen wurde, dass das Nationalinstitut für Berufsbildung beim bulgarischen Bildungsministerium die CREDCHEM-Lernergebniseinheiten validieren wird, haben  sich die Akteure aus den anderen Ländern hierzu noch nicht geäußert. Dies kann u.a. darauf zurückzuführen sein, dass die Mobilitätsphasen in allen CREDCHEM-Partnerländern als integraler Bestandteil der Ausbildung durchgeführt werden.

Gleiches gilt für Deutschland, wo die CREDCHEM-Lernergebniseinheiten auf Grundlage von § 2 BBiG zum Einsatz kommen sollen. Eine gesonderte Validierung erscheint aus Sicht der deutschen CREDCHEM-Beiratsmitglieder überflüssig.

Die Frage, ob und wenn ja, wie, die Lernergebniseinheiten mit Credits belegt werden können oder sollen, stellt im Projekt eine weitere Herausforderung dar, zu der sich die nationalen Entscheidungsträger verhalten müssen.  Derzeit ist noch offen, ob es in Anbetracht des lernergebnisorientierten und länderübergreifenden Ansatzes des Projektes sinn<st1:personname w:st="on">voll</st1:personname> ist, Credits länderunabhängig zu vergeben, um damit die inhaltliche Relation der Einheiten zueinander deutlich zu machen. Dagegen spricht, dass die Bedeutung bzw. der „Wert“ einer  Lernergebniseinheit variieren kann und somit in den Systemen der Partnerländer mit divergierenden Punktwerten belegt werden müsste. Problematisch ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die Lernergebniseinheiten auf der Grundlage von Arbeitsaufgaben und nicht von existierenden Berufsprofilen entwickelt wurden. Dementsprechend fehlt das nationale Referenzsystem für den Credit-Transfer. Eine abschließende Entscheidung hierüber wurde noch nicht getroffen. Seitens des deutschen CREDCHEM-Beirats wurde geäußert, dass den Credits nur eine nachrangige Bedeutung zugemessen wird.

Strukturen wurden zudem auf der Ebene der Bildungspraxis geschaffen. In allen Partnerländern wurden praktische Lernorte in die Entwicklung der Verfahren und Instrumente einbezogen, so dass CREDCHEM noch während seiner Laufzeit an der Basis angekommen ist.  Der Ansatz, Lernergebnisse über Arbeitsaufgaben zu beschreiben und diese zum Gegenstand von Mobilitätsmaßnahmen zu machen (sei es als aufnehmende oder abgebende Institution) wurde erfolgreich von den in den Partnerländern beteiligten Lernorten aufgegriffen. Dass dieser Ansatz praktikabel zu sein scheint, zeigt sich daran, dass während der Laufzeit des Projektes weitere Lernorte aus Polen, Ungarn und Lettland ihr Interesse an der Umsetzung der CREDCHEM-Lernergebniseinheiten geäußert haben. Darüber hinaus ist der CREDCHEM-Ansatz durch den deutschen Projektpartner SBG auf den Bereich der Kreativberufe (Florist, Maler und Lackierer) und vom niederländischen ROC West Brabant auf die chemiebezogenen Produktionsberufe übertragen worden. Entsprechende Projekte arbeiten seit 2010 bzw. starten im Sommer 2011.

4 Versuch eines ersten Fazits

Zwei Jahre ECVET-Erprobung in CREDCHEM lassen die Frage zu, ob die transnationale Mobilität  durch „Credits“ und deren Akkumulation tatsächlich in dem Maße befördert wird, wie der Empfehlungstext von Europäischem Parlament und Rat nahelegt. Gleiches gilt für das mit ECVET verbundene Prinzip, im Ausland erbrachte Lernergebnisse im Entsendeland gesondert zu validieren und als eigenständige (Teil)Qualifikation im Hinblick auf den Erwerb einer Gesamtqualifikation anzuerkennen – dies kann in einigen Ländern eine Rolle spielen, in Deutschland und in einer Reihe weiterer Mitgliedstaaten ist die Anrechnung extern erbrachter Prüfungsleistungen auf die Abschlussprüfung jedoch weder vorgesehen, noch gewollt. Aus der CREDCHEM-Perspektive betrachtet liegt der  Mehrwert des ECVET-Systems in den Bestandteilen, die auf die Herstellung von Transparenz von Lernergebnissen, die Sicherung einer gemeinsamen Durchführungsqualität  und die Etablierung von dauerhaften und offenen Kooperationsstrukturen ausgerichtet sind.  Sie bilden den Kern des Projektes CREDCHEM und den Ausgangs- und Bezugspunkt  eines „Europäischen Mobilitätsverbundes Chemie“. Zwei Jahre Projekterprobung verweisen aber zugleich auf Probleme, die sich bereits jetzt bei einer Nutzung der ECVET-Elemente in Mobilitätskontexten andeuten: Offen ist beispielsweise, inwieweit die Partner der dualen Ausbildung willens und in der Lage sein werden, Lernergebniseinheiten im betrieblichen Alltag zu vermitteln. Darüber hinaus ist absehbar, dass ECVET-basierte Mobilität eine entsprechende Infrastruktur voraussetzt. Die Frage, welche organisatorischen, finanziellen und personellen Bedingungen in den Einrichtungen gegeben sein müssen, damit ECVET-basierte Mobilitäten dauerhaft umgesetzt werden kann, wird sich daher zunehmend stellen. Hierzu stehen Antworten noch aus.


Zitieren dieses Beitrages

EBERHARDT, C. (2011): CREDCHEM – Entwicklung und Erprobung eines Credit-Systems zur Verbesserung der Mobilität im Chemiesektor. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 07, hrsg. v. NIETHAMMER, M./ WENTZEL, M., 1-7. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft07/eberhardt_ft07-ht2011.pdf (26-09-2011).



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