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2. GrundlegendesIm Grunde weiß niemand, wie Lernen geschieht. Wir sind
uns aber dessen gewiss, dass es ein Prozess ist, genauer:
es ist ein offener Prozess, d.h. Lernen ist nicht durch "Beibringen",
"Einbläuen" oder "Vermitteln", im
Sinne der POPPERschen Kübeltheorie zu erreichen. Ist
aber Lernen ein Prozess, ist die einzige Möglichkeit
ihn zu beeinflussen, ihn prozesshaft anzugehen. Das bedeutet,
es sind Theorien zu bemühen, die es ermöglichen,
Prozesse, die man nicht sehen kann zu vermuten, um dann die
daraus vermuteten möglichen Handlungen zu beobachten. 3. Die Lernstrategien im Detail
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In der Alltagssprache hat dieses Wort einen etwas abwertenden
Klang. Hier wird es in seinem objektiven, seinem sachlichen
Verständnis benutzt. Es drückt aus, dass es sich
um etwas handelt, das anders ist als etwas Bekanntes, obwohl
es vielleicht ähnlich aussieht. Das heißt, eines
wird von Anderem unterschieden. Beide sind nicht mehr gleich,
z.B. ein Fünfeck ist kein Sechseck oder eine Feile ist
keine Raspel oder ein Mercedes sieht anders aus als ein Opel.
Das kann zu einer eminent wichtigen Aktivität des Lerners
führen: Er hat zu entscheiden. Dazu ist die Bereitschaft
zu entwickeln. Der Mensch sollte lernen, dass es Alternativen
gibt, aus denen man auswählen kann - das war nicht immer
so.
Oft sind die Alternativen leicht zu unterscheiden, mitunter
sind sie aber auch so komplex, dass es äußerst
schwierig wird, sie überhaupt als Alternativen zu erkennen
und dann entsprechend der Bedingungen (der Wünsche, der
Ansprüche oder Ziele) des Entscheidenden zu wählen.
Die Fähigkeit zum Diskriminieren setzt den Menschen in
den Stand, verschiedene Gegenstände (Vorgänge, Aktivitäten,
Elemente,
) zu unterscheiden. Das ist nicht so selbstverständlich,
wie es sich anhört. Vielen Menschen fällt es schwer,
die Unterschiede bei Gegenständlichem zu erkennen. Bei
Nicht-Gegenständlichem, d.h. bei Abstraktem ist es noch
schwieriger. Von allem Anfang an sollte deshalb gefördert
werden, Kindern und jungen Menschen Freiräume zu geben,
ihren Fähigkeiten entsprechend zu entscheiden, um es
zu lernen.
Mehrfaches Konditionieren hat zum Ziel, verschiedene Elemente
so miteinander zu verbinden, dass sie ein neues Ganzes ergeben.
So einfach die einzelnen Elemente auch sein mögen, sie
erfüllen oft die chinesische Weisheit: Das Ganze ist
mehr als die Summe der Teile. Aus behavioristischer Sicht
hat OSGOOD (zit. n. HUNT 1961, 71ff ) dies ausführlich
beschrieben. Als ein Beispiel, bei dem das mehrfache Konditionieren
möglicherweise bereits die Schwelle des selbstbestimmten
Lernens erreicht, ist in der Fahrschule das Lernen des Gangschaltens
durch angemessenes Betätigen von Gas-, Kupplung und Schalthebel.
Es ist einsichtig, dass das Gangschalten (als ganzes gesehen)
für den Fahrer eine andere Qualität besitzt als
jede einzelne der Teilbewegungen.
Bis heute ist "die Schule" - bei aller Vorsicht
wegen der zu groben Vereinfachung - beim Erziehen junger Menschen
über diese drei Lernstrategien kaum hinaus gekommen.
Das hat auch mit der Zeit zu tun, die Lernenden zur Verfügung
gestellt wird, um Inhalte aufzunehmen aus Lehrplänen,
die immer umfangreicher werden. Das Lernen findet aber nicht
außerhalb des Lernenden satt, sondern in ihm. Es sind
also seine Voraussetzungen, die die von ihm benötigte
Zeit bestimmen. Die Aufnahmefähigkeit eines Lerners ist
notwendig begrenzt. Auch die raffiniertesten Unterrichtsmethoden
helfen da nichts. Es geht also darum, Lernenden zu ermöglichen,
sich Inhalte auf andere Weise zu eigen zu machen, als es bisher
üblich war. Das kann nur so geschehen, dass der Lernende
aus seiner nur rezeptiven Rolle entlassen wird und aktiv wird.
Das kann aber nur er entscheiden. Er entscheidet, wie er sein
Lernen zu einem "Superlernen" gestaltet - so zu
sagen -, d.h. in unserem Falle, das Lernen zu lernen. Der
Unterrichtende kann und sollte ihm heute dabei helfen. Eine
der Möglichkeiten ist, ihn vom fremdbestimmten zum selbstbestimmten
Lernen zu führen.
Die neun folgenden Lernstrategien eröffnen dem Unterrichtenden
Wege, wie er dem Lerner helfen kann, vom fremdbestimmten zum
selbstbestimmten Lernen zu gelangen. Eine solche Formulierung
mag seltsam anmuten, insbesondere, da das selbstbestimmte
Lernen das meist benutzte Schlagwort für Politiker und
Pädagogen gleichermaßen zu sein scheint. Warum
eigentlich? Erstens ist festzustellen, in früheren Zeiten
haben Menschen ihr Lernen (fast) immer selbst bestimmt und
zweitens sind heute die wissenschaftlichen und organisatorischen
Gegebenheiten durchaus nicht dazu geeignet, selbstbestimmtes
Lernen zu fördern. Das ausführlich zu erörtern,
auch in seinem historischen Zusammenhang, ist nicht Aufgabe
dieses Beitrages. Darum nur soviel:
Zum ersten: In den vergangenen Jahrhunderten wurden die Kinder
des Adels selbstverständlich von Privatlehrern oder in
für den Adel eingerichteten "Schulen" unterrichtet.
Die meisten Menschen hatte jedoch diese Möglichkeiten
nicht. Auch sie wollten lernen - und sie taten es. Als ein
besonders eindrucksvolles Beispiel will ich Moses MENDELSOHN
nennen. 1729 wurde er in Dessau in ärmlichen Verhältnissen
in einer Umgebung geboren, in der nur Judendeutsch (eine Art
Jiddisch) gesprochen wurde, das man in hebräischen Buchstaben
schrieb. Von seinem Vater lernte er Lesen und Schreiben (hebräisch)
und von seinem Rabbiner (Rabbiner Fränkel) Grundlagen
der hebräische Literatur. 14-jährig wagte sich Moses
im Oktober 1743 allein nach Berlin, wo er Unterkunft und Nahrung
bei Glaubensbrüdern erhält. Als Jude durfte er keine
deutsche Schule besuchen. Wissbegierig wie er aber war, lernte
er autodidaktisch deutsch, lateinisch, griechisch, englisch
und konnte sich so auch durch die Texte von Platon, Aristoteles
und anderen quälen. Er wurde dann - wie wir wissen -
zu einem der großen Philosophen der Aufklärung.
Wissbegierde ist also eine Eigenschaft des Menschen und das
Lernen die Aktivität, sie zu stillen. Die Gesellschaft,
die ja den Menschen beeinflusst und prägt, kann sie fördern
oder hemmen.
Zum Zweiten: Damit sind wir bei der Diskussion von heute.
Die PISA-Studie ist in aller Munde (Die PISA-Studie (Programme
for International Student Assessment) ist ein Test zum internationalen
Vergleich der 15-jährigen in 32 Ländern. Die deutschen
Jugendlichen nehmen im Lesetest den 22. Platz ein.). Politiker
überbieten sich mit Vorschlägen, wie dem schlechten
Abschneiden der Schüler zu begegnen sei. Über alles
wird geredet - meistens aus parteipolitischer Sicht -, hauptsächlich
sind das organisatorische und finanzielle Aspekte, nur nicht
über die Voraussetzungen und Bedingungen des Lernens,
die zu diesen Resultaten führten.
In unserer Wohlstandsgesellschaft, in der die Kinder alles
haben - zu viel haben -, wodurch die Wohlstandsgesellschaft
zur Wegwerfgesellschaft wird, wächst sogar die Gefahr,
sich selbst wegzuwerfen. Phasen des Wohlstandes mit dazugehörender
Degenerierung hat es auch in früheren Zeiten gegeben.
Die Warner wurden offensichtlich damals auch nicht gehört.
BRACKER zitiert MENDELSOHN mit genau einer solchen Warnung,
wiewohl sie damals noch nicht so akut war, wie sie heute ist:
"Haben die Eltern Ehre und Vermögen erworben und
den Kindern hinterlassen, so bleibt diesen nichts übrig
als der leidige Genuss. Haben jene die Freiheit erfochten
und wider allen Angriff gesichert, so erfolgt bei Kindern
Gemächlichkeit, Sklavensinn." (BRACKER 1979, 16,
Hervorhebung v. Verfasser ) Ähnliches lässt Goethe
auch seinen Faust sagen und zwar mit einem pädagogischen
Rat: "Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb
es, um es zu besitzen." GOETHE hatte die Thematik in
ein elegantes Gewand gekleidet. "Lebenslanges Lernen"
und "Lernen lernen" wurde von MENDELSOHN und GOETHE
noch nicht verlangt. Sie taten es aber, obwohl es zu seiner
Zeit noch keine Schlagwörter waren. In unserer Zeit der
sich rasant entwickelnden technologischen Neuerungen, die
zu Wohlstand, aber auch zu Bequemlichkeit führen, ist
die wichtigste Aufgabe von Schule für sehr viele junge
Menschen nicht mehr das Anbieten von Inhalten, sondern sie
begierig zu machen, zu wissen. Die Erziehungswissenschaftler
sind gehalten, den Unterrichtenden Denkzeuge anzubieten, die
ihnen dabei helfen könnten. Neben anderen (vgl. hierzu
den in Anm, 1 benannten Paradigmawechsel.) kann hier das bewusste
Berücksichtigen der drei Gruppen von Lernstrategien eine
große Hilfe sein.
Bereits von GAGNÉ her, aber auch schon aus dem klassischen
Erfahrungsschatz von Lehrern, sind die drei Grundformen des
Lernens bekannt, die wir
nennen (siehe Abbildung 1). Alle drei bieten sich dazu an,
dass Lernende das Lernen lernen, sie sind aufeinander taxonomisch
aufgebaut.
Abb. 1: Taxonomie der Lernstrategien
Um eine Tätigkeit in bestimmter Weise zu tun zu wollen,
ist es notwendig - unter der Voraussetzung von "Lernen
lernen" - zu wissen, was man tun will. Da sind zunächst
die Gegenstände mit Begriffen zu belegen. Sie gilt es
kennen zu lernen und in ihrer Bedeutung zu verstehen. Erst
dann wird es möglich sein, sinnvoll tätig zu werden,
· was nach bestimmten Regeln (Zum Unterschied von "Aufgabe"
und "Auftrag" vgl. KATH 2000, S. 45.) geschieht.
Sie sind dazu da, Aufgaben in einer vorgegebenen Form zu lösen.
Diese Form steuert das Verhalten des Lerners, wobei er durch
Übung zur Fertigkeit gelangt. Hat sich der Lernende befähigt,
Struktur und Form solcher Regeln zu beherrschen, wird er sich
in die Lage versetzen, Regeln modifizieren zu können
und zu wollen, um damit
· Probleme zu lösen. Denn um Probleme zu lösen,
muss er kreativ sein (vgl. AUSUBEL 1963, 98ff. ). Wir wissen
z.B. von AUSUBEL: Bedingung kreativ zu sein ist es, eine Anzahl
von Alternativen in dem entsprechenden Gebiet kennen gelernt
zu haben.
Zum Abschluss dieser Übersicht sei nochmals darauf hingewiesen,
dass diese Lernstrategien so angeregt werden sollten, dass
sie den Lernenden helfen, ihr Lernen selbst zu bestimmen und
zu steuern. Das wird natürlich nur dann erfolgreich sein,
wenn die Unterrichtenden die zu lernenden Inhalte nicht bis
ins Kleinste vorbereiten, sondern den Lernenden zumindest
einen Teil des Planens selbst überlassen .
Die drei eben beschriebenen Grundformen der Lernstrategien
werden, anders als bei GAGNÈ, dreifach unterteilt (s.
wieder Abb. 1). Sie eröffnen dem Unterrichtenden Möglichkeiten,
Lernern unterschiedliche Impulse zu geben, um ihnen zu helfen,
sich ihrer eigenen Art entsprechend zu entwickeln. Es erweist
sich als sinnvoll, PIAGET zu folgen und dabei immer sein eigenes
Zitat (s. S. 2) im Hinterkopf zu haben, der in seiner Entwicklungspsychologie
drei Stadien der kognitiven Entwicklung des Menschen formuliert.
Sie bauen in dem Sinne taxonomisch aufeinander auf, dass ein
Mensch in seiner Entwicklung ein Stadium zunächst vollständig
erarbeitet, bevor er versucht, sich im nächsten zu erproben.
Dabei ist es durchaus möglich, dass Menschen das dritte
Stadium nur unvollständig erreichen. Die genannten drei
Grundformen der Lernstrategien werden in folgende Stadien
weiter unterteilt:
· intuitive,
· praktische und
· formale.
Es ist wichtig, PIAGET zu folgen - im heutigen Verständnis
pflegte er bereits konstruktivistisches Gedankengut (vgl.
PIAGET/INHELDER 1966, 113ff.) - , weil trotz aller Lippenbekenntnisse
die pädagogische Praxis immer noch von BRUNERs Zugehensweise
beherrscht wird: Jeder Mensch kann in jedem Alter jeden Gegenstand
lernen, vorausgesetzt er wird adressatengerecht aufbereitet
(vgl. AUSUBEL 1963, 123f .). Das heißt, es wird immer
noch "Unterricht" als vorbereiteter "Gegenstand
durchgezogen", obwohl es sich doch um eine gemeinsame
Tätigkeit von Unterrichtenden und Lernenden handelt.
Darum wird bei diesem Denkzeug auch immer wieder die Aktivität
hervorgehoben.
Was wird unter intuitiv als charakteristisch für Lernprozesse
verstanden? In der Entwicklung des Kindes ist das intuitive
Stadium die Phase, in der es spontan entscheidet. Formen-
und Größenkonstanz gibt es für das Kind noch
nicht. Es sagt z.B. nach den berühmten und auch vielfach
modifizierten Untersuchungen, im Becher B ist mehr Wasser
enthalten als in Becher A, obwohl es mit eigenen Augen gesehen
hat, dass die gleiche Wassermenge aus A in B umgeschüttet
wurde (siehe Abbildung 2) (vgl. HUNT 1961, 203f.).
Abb. 2: Mengenkonstanz
Auch erwachsene Menschen aktivieren mitunter Denkprozesse
intuitiv. Das geschieht normalerweise unter zwei Bedingungen:
· einmal, wenn jemand von einem Gegenstandsbereich
keine Ahnung hat und dennoch darüber etwas sagen will
- aus welchen Gründen auch immer. Er gibt seiner Meinung
intuitiv, unüberlegt, oft vorurteilsvoll Ausdruck, ohne
sich dessen bewusst zu werden;
· zum anderen kann es aber auch bei Experten vorkommen,
dass sie vor einem Problem stehen, dessen Gegenstand sie eigentlich
beherrschen. Weil sie sich die Zeit (des Denkens, des Aufwandes)
verkürzen wollen, verzichten sie auf ein Überdenken
jeglicher Art (auf ein Analysieren). Möglicherweise glauben
sie auch, spontan Antwort geben zu müssen - und zu können
(vgl. AUSUBEL 1963, 122).
Das intuitive Entwicklungsstadium geht bei Kindern etwa im
Alter zwischen fünf und sieben Jahren in das Stadium
der "konkreten Denkoperationen" über. Dennoch
ist es "normal", dass auch ältere Kinder noch
"intuitiv denken", wenn sie es noch nicht gelernt
haben in Formen der höheren Stadien zu denken. Es ist
also durchaus keine Ausnahme, dass es auch Erwachsene gibt,
die intuitiv agieren oder reagieren, weil es bequemer ist.
Wenn nun von intuitivem Begriffslernen die Rede ist, meinen
wir das Lernen konjunktiver Begriffe. Das heißt, es
geht um das Finden von Gemeinsamkeiten verschiedener Items,
die ihr Spezifisches ausmachen, es geht um ein Generalisieren.
BRUNER u.a. haben bereits vor Jahrzehnten die besondere Art
dieses Begriffslernens erkannt und nannten es "focus-gambling"
(vgl. BRUNER/ GOODNOW/ AUSTIN 1962). Dabei geht es um ein
intuitiv-assoziatives Verknüpfen eben dieser Items. Die
Richtigkeit des gelernten Begriffs ist damit nicht gewährleistet.
Mag diese Form des Lernens von Begriffen selbstbestimmt -
was durchaus möglich ist - oder auch fremdbestimmt sein,
taxonomisch ist es der Stufe K1.0 zuzuordnen (Der Verfasser
benutzt hier den aus der Literatur bekannten Ausdruck "Stufen"
der TdU von BLOOM u.a.. In seinem Beitrag (KATH 1976) machte
er deutlich, dass es sich nicht um Stufen, sondern um "Phasen"
handelt. Dieses ist erforderlich, weil die höheren Phasen
der Lernstrategien höhere psychische Anforderungen an
die Lernenden stellen.).
Auch das Regellernen kann intuitiv erfolgen. Ganz deutlich stellt sich das für einen Beobachter in der Form dar, die heute mit Aktionismus bezeichnet wird. Das heißt, es handelt sich um das häufig beobachtete Verhalten. Jemand wird sofort und ohne Nachdenken tätig, nachdem er eine "Aufgabe" oder einen "Auftrag" (KATH 2000, 45) erhält. Er überlegt nicht, wie er vielleicht vorgehen könnte, er plant nicht, er fängt einfach an, etwas zu tun. Das ist typisch für ein Hantieren im Sinne von "Versuch und Irrtum". "Klappt's, ist gut! Klappt's nicht, fange ich von vorn an."
Obwohl diejenigen, die anders arbeiten, nicht nachvollziehen
können, was sich im Kopf eines solchen Menschen abspielt,
ist das intuitive Regellernen als eine eigenständige
Lernstrategie darstellbar und für einen Unterrichtenden
erkennbar. Taxonomisch ist diese Lernstrategie in die Stufe
A2.0 (das Reagieren) des affektiven Feldes einzuordnen, kognitiv
gehört es jedoch eindeutig zur Stufe A1.0. Mitunter steht
dahinter aber das undeutliche Gefühl eines Verstehen-Wollens
oder das eines sich Vormachens von Verstehen-Wollen (die Schwelle
zu K2.0/A3.0). Vom Standpunkt der Autonomie ist diese Lernstrategie
in hohem Maße selbstbestimmt, was mitunter sogar krankhafte
Züge annehmen kann. In solchen Fällen kann es für
Unterrichtende sogar schwierig werden, den jungen Menschen
anzuregen, eine höhere Lernstrategie zu aktivieren.
In Abbildung 1 ist über dem Kästchen "intuitives Regellernen" ein dicker Strich gezogen. Damit sei gesagt: genuin intuitive Lernstrategien enden hier. Dennoch kann auch von einem intuitiven Problemlösen gesprochen werden. Auf Seite 11 (2. Spiegelpunkt) wurde es bereits als ein Verkürzen des systematischen Analysierens angedeutet. Diese Lernstrategie wird also in der Regel erst durch das "praktische Regellernen" initiiert, um dann auf ein intuitives Denkmuster zurückzufallen. Solch ein Denken ist natürlich selbstbestimmt, birgt aber die Gefahr in sich, auf Irrwege zu führen.
Die praktischen Lernstrategien gehen von anderen Voraussetzungen
aus als die intuitiven. Was ist nun hierbei praktisch? Psychologisch
begründen das PIAGET und INHELDER mit dem Argument, Aktionen
gehen in konkrete Operationen über (vgl. PIAGET/ INHELDER
1966, 71ff.), d.h. spontane Aktionen, die zunächst charakteristisch
für das Intuitive sind, wandeln sich in verinnerlichte
und reversible Operationen. Damit wird dem Kind jetzt möglich,
die Begriffe des Erhaltens von Raum, Mengen, Gewichte u.a.
zu realisieren. Jetzt sagt das Kind in Bezug auf die Übung
von Abbildung 2, "das Wasser wurde doch nur umgeschüttet".
Das hat es jetzt im wahrsten Sinne "erfahren". Nun
kann es auch Klassifizieren, mit Räumen geometrisch umgehen
und vieles andere. Das beinhaltet auch, dass das, was zuvor
als Aktion erworben wurde, nun auf der Ebene der Vorstellungen,
weil eben verinnerlicht, rekonstruiert wird. Erfahren heißt
also auch, sich vorstellen. Das benötigt Zeit, Übung
und Anstrengung. Es ist also Energie zu investieren. Deshalb
ist auch verständlich, dass Menschen mitunter in die
Phase des Intuitiven zurückfallen. Es ist bequemer.
Konkrete Operationen werden im Agieren, Reagieren und Handeln
konkret. Sie werden gelebt und erlebt und damit praktisch.
Der Mensch erfährt sie als real. Es sind keine Gedankenspiele.
Darin ist auch einer der Gründe zu suchen, warum Kinder
keine Ironie vertragen; sie nehmen gesagte Dinge für
wirklich - d.h. für wahr. Sie prägen sich als Erinnerung
ein, aus denen möglicherweise Konsequenzen gezogen werden.
Wir sprechen dann von "Erfahrung" (Erfahren ist
eine der 13 Formen des Erziehens und damit des Lernens (vgl.
KATH 1996, 12ff.). ). So gesehen basiert sie immer auf etwas
Praktischem und hat Einfluss darauf, in welcher Weise beim
Lernen welche Lernstrategien Menschen aktivieren.
Beim praktischen Begriffslernen bringt also der Lerner seine
Erfahrungen ein. Es ist ein bewusstes Generalisieren, bei
dem z.B. verschiedene Items zu einem oder mehreren Begriffen
kategorisiert werden. Wohl vollzieht sich dieser Prozess in
der Regel in der Anschauung, doch können Items auch verbal
so erläutert werden, dass sie praktisch, d.h. in der
Vorstellung, erscheinen. Die gewonnenen Begriffe entsprechen
den Tatbeständen, wie sie sich dem Lerner darstellen,
wie er sie "sieht". BRUNER/GOODNOW/AUSTIN bezeichnen
diese Lernstrategie schlicht als "conservative-focussing".
Zwar ist es möglich, Lerner so zu beraten, dass sie lernen,
Gemeinsamkeiten zu neuer Begrifflichkeit selbst zusammenzufassen,
doch geschieht das praktische Begriffslernen in den verschiedensten
Formen in der Regel fremdbestimmt. Die Angemessenheit bzw.
Brauchbarkeit des Begriffs ist aber gewährleistet.
Aus beiden Quellen, dem intuitiven Regellernen und dem praktischen
Begriffslernen, wird das praktische Regellernen gespeist.
Es stellt sich als das Vermögen dar, Begrifflichkeiten
aus der Erfahrung zueinander in Beziehung zu setzen und handelnd
zu agieren bzw. zu reagieren. Diese Lernstrategie ist affektiv
bereits der Stufe A4.0 (Wertordnung) zuzuordnen, obwohl sie
noch in erheblichem Maße fremdbestimmt sein kann (Stufe
M3.0 des motorischen Feldes (vgl. KATH 1970) [kognitiv angeregtes
primäres Lernen]). Kognitiv kann dabei die Stufe K2.0
(Verstehen) angesprochen werden, obwohl nicht verhehlt wird,
dass es bei strenger Fremdbestimmung auch weitgehend bei Stufe
K1.0 (Wissen) verbleiben kann. Dennoch kann das praktisch
Gelernte durch theoretische Angaben gestützt werden,
die durch Üben in dieser Lernstrategie zum Verstehen
der Regeln führen kann.
Das durch Üben geförderte Verstehen der Regeln
bringt es mit sich, diese Regeln hier oder dort auch zu modifizieren,
wodurch dem Lerner schließlich die Möglichkeit
zum praktischen Problemlösen eröffnet wird. Dazu
ist es wichtig zu wissen, was erziehungswissenschaftlich als
Problem bezeichnet wird. Das Wort "Problem" wird
ja umgangssprachlich sehr vielfältig benutzt. Von daher
besteht die Gefahr, es auch in der pädagogischen Literatur
mehrdeutig zu benutzen, wodurch der Begriff schwammig wird.
In diesem Zusammenhang bedeutet "Problemlösen"
die bestimmte Art des Herangehens an die Arbeit (vgl. DREHER/
SPÖTTL 2002), wie sie auch für das "Arbeiten
mit Projekten" als Merkmal 1 (vgl. KATH 1985, 100) gekennzeichnet
ist. Es sind damit die drei in Abbildung 1 unterschiedlichen
Art und Weisen des Problemlösens benannt: das intuitive,
das praktische und das formale. Psychologisch finden sich
Deutungen dieser Lernstrategien insbesondere bei PIAGET und
AEBLI (vgl. z.B. PIAGET/ INHELDER 1966; PIAGET 1969; AEBLI
1983), erziehungswissenschaftlich sind "Aufgabe"
und "Auftrag" deutlich voneinander zu unterscheiden.
In beiden Anliegen kann es geschehen, dass es zu Schwierigkeiten,
zu "Problemen" kommt. Das ist dann der Fall, wenn
der Tätige beim Lösen einer Aufgabe oder beim Erfüllen
eines Auftrages in eine Situation gerät, in der er mit
den ihm bekannten Regeln nicht mehr zurecht kommt. Er sollte
sich etwas Neues einfallen lassen - es ist üblich zu
sagen, er sollte kreativ werden. Sein Denken muss nun divergent
werden, im intuitiven, praktischen oder formalen Sinne.
Hier, für das praktische Problemlösen bedeutet das,
der Lernende versucht, die Regeln, die er bereits praktisch
erprobt hat und beherrscht, zu modifizieren, damit ihm das
Lösen des Problem gelingt. Gelingt es ihm nicht, sollte
er sich Hilfe holen.
PIAGET und INHELDER drücken den Übergang in die
Voradoleszenz so aus, dass "der junge Mensch sich vom
Konkreten löst und das Wirkliche in ein System von möglichen
Transformationen einordnet. Diese letzte grundlegende Dezentrierung
vollzieht sich am Ende der Kindheit und bereitet die Adoleszenz
vor, [
] die sich auf das Unaktuelle und die Zukunft
richtet." (PIAGET/ INHELDER 1966, 97) Zu Vielem ist das
Kind (der Mensch) beim Aktivieren konkreter Operationen noch
nicht fähig. Das ist deshalb so - um es noch einmal zu
sagen -, weil konkrete Operationen auf das Wirkliche gerichtet
sind, formales Denken hingegen ermöglicht Transformationen,
wie z.B. Implikationen, Disjunktionen oder Ausschließungen,
die das Wirkliche kraft ihrer Bildhaftigkeit eben nur oder
auch assimilieren. Nun befähigen sich die Lernenden auch
klar zwischen Form und Inhalt zu unterscheiden, mit Wahrscheinlichkeiten
zu arbeiten, deren wichtige Ausprägung es ist, hypothetisch
zu argumentieren. Dass ein Lerner nicht nur praktische Lernstrategien
aktiviert, sondern beginnt, formal zu denken, geschieht nach
PIAGET zwischen dem 11. und dem 15. Lebensjahr. Es darf aber
angenommen werden, dass ein Mensch diese Phase des formalen
Denkens nur insoweit entwickelt, als es seinen Anlagen und
seinem erworbenen Erfahrungsschatz entspricht.
Das formale Begriffslernen ist eigentlich ein selbständiges
und selbstbestimmtes Begriffslernen. Das konstruktivistische
Denken bedingt es, so zu sagen. Während beim intuitiven
und beim praktischen Begriffslernen methodisch induktiv vorgegangen
wird, kann das formale Begriffslernen sowohl induktiv als
auch deduktiv erfolgen. Diese Lernstrategie wird als ein bewusstes
und gewolltes Generalisieren höherer Ordnung aktiviert,
dass von einem Erkennen von Gleichheiten und Ähnlichkeiten
ausgeht. Dabei kann es notwendig werden, Merkmale einer Erscheinungs-
bzw. Darstellungsform in eine andere zu überführen
(Bild in Worte, Diagramm in Zahlen u.a.) und/oder diese zu
interpretieren. Taxonomisch entspricht das der Stufe K2.0
(Verstehen). Auch BRUNER und seine Kollegen hatten das Unterscheiden
der verschiedenen Arten von Begriffslernen bereits erkannt
und auch, dass diese Lernstrategie eines höheren Energieaufwandes
bedarf. Sie nannten sie "simultanious scanning"
oder "successive scanning". Der erste Ausdruck zeigt
aber auch, dass sie sich noch nicht darüber klar waren,
dass verschiedene Denkvorgänge niemals gleichzeitig stattfinden
können, sondern nur nacheinander. Dieses Aufeinanderfolgen
findet jedoch so schnell statt, dass es als quasi gleichzeitig
erscheint.
Die bereits formal gebildeten Begriffe bieten sich oft an,
formal in Regeln umgesetzt zu werden, wenn es notwendig wird.
Das heißt z.B., dass praktisch gelernte Regeln nun auch
in ihren theoretischen Beziehungen erkannt werden. Sie werden
dadurch freier, sicherer und offener genutzt. Das bedeutet
auch, dass bereits beim formalen Regellernen Grundlagen zum
Planen gelegt werden.
Beim formalen Problemlösen werden die Lernstrategien,
die zuvor gelernt ( Begriffslernen und Regellernen) und situationsbedingt
aktiviert wurden (intuitiv und praktisch), bewusst eingesetzt.
Das bereits seit 15 Jahren in der Neuordnung der Metall- und
Elektroberufe von den Auszubildenden geforderte selbständige
Planen, Durchführen und Kontrollieren fordert, in solchen
komplexen Lernstrategien zu arbeiten. Es wird also deutlich,
dass es nicht ausreicht, solches schlicht zu verlangen und
in ein Gesetz zu schreiben. Schüler, Auszubildende, Lehrer
und Ausbilder schaffen das nicht, wenn nicht gleichzeitig
die Voraussetzungen und Bedingungen angepasst werden (s.o.
Paradigmawechsel). Das Scheitern der vielerorts durchgeführten
Versuche in dem vorhandenen Rahmen belegt diese These. Lernende
und Unterrichtende müssen es lernen, das Aktivieren komplexer
Lernstrategien bei den Lernenden zu erreichen. Es wird nicht
von selbst zum Allgemeingut. Auch die Ausbildung von Unterrichtenden
muss geändert werden, denn es geht, wie oben bereits
gesagt, um einen Paradigmawechsel beim Unterrichten mit all
seinen theoretischen und organisatorischen Konsequenzen.
Das selbständige Planen, Durchführen und Kontrollieren
ist eingebunden in ein "lernendes Handeln" und ein
"handelndes Lernen", das das Präplanen und
das Evaluieren einschließt (LUTZOW/KATH 2002, 311ff.).
Dies entspricht einem Arbeiten im kognitiven Feld der Taxonomie
der Stufe K4.0 (Analyse) für das Präplanen und der
Stufe K5.0 (Synthese) für das Planen. Denn es wird Neues
geschaffen sein, wenn das Problem gelöst sein wird. Für
das Evaluieren kann durchaus die kognitive taxonomische Stufe
K6.0 (Bewertung) angesetzt werden. Das alles wird aber nur
möglich werden, wenn im affektiven Feld die taxonomische
Stufe A4.0 (Wertordnung) (vgl. KATH 1976, 18f.) aktiviert
wird. Sonst wäre es schwer vorstellbar, dass der Lernende
mit seiner ganzen Person hinter der Lösung seines Problems
steht.
Im letzten Kapitel wurden die Lernstrategien im Detail vorgestellt
und erläutert. Sie stellen für den Unterrichtenden
als Element ein Denkzeug dar, dessen Ausgangspunkt außerunterrichtlicher
Art ist, und das beim Unterrichten eine ganz bestimmte Funktion
erfüllt. Das heißt, es ist ein "methodisches
Funktionselement", ein Denkzeug, das sich ein Unterrichtender
während seiner Ausbildung aneignet und während seiner
Tätigkeit durch Üben beherrschen lernt, wenn er
sich auf seine Arbeit mit den Lernenden vorbereitet (vgl.
KATH 1978, 47ff.). Ich weise immer wieder darauf hin, dass
ein Unterrichtender nicht "den Unterricht" vorbereiten
sollte, den er als Plan aufstellt und der dann durchgezogen
werden könnte. Er sollte sich auf das Unterrichten vorbereiten,
d.h. auf sein Arbeiten mit den Lernern, und ihnen die Chance
geben, sich gleichfalls darauf vorzubereiten. So kommt aber
"Unterricht" (heute) selten zustande. Es geht darum,
Lernende in die Lage zu versetzen, in eigener Initiative und
selbständig das zu vollbringen, was sie einerseits selbst
von sich verlangen und andererseits die Gesellschaft von ihnen
fordert. Um sie dazu zu befähigen, reicht ein Modell
"Zeigen-Vormachen-Mitmachen-Nachmachen" - eben die
4-Stufen-Methode - nicht mehr aus. Ein Unterrichtender muss
(zunächst) bereit und willens sein, dem Lernenden zu
helfen, das Lernen zu lernen. Dazu ist es notwendig, Denkzeuge
zu benutzen, die unsere Väter noch nicht kannten. Sie
können sie aber nur dann angemessen und wirksam benutzen,
wenn sie sie beherrschen, ähnlich wie der Handwerker
das Benutzen seines Handwerkzeuges erlernt, indem er sich
in seinem Umgang übt, um es dann zu beherrschen und damit
kompetent umzugehen.
Auch ein Unterrichtender muss mit seinen Denkzeugen kompetent
umgehen. Das kann er aber zunächst noch nicht. Die Mehrzahl
der Unterrichtenden leben immer noch in der Illusion, Experten
in ihrem Fach zu sein reiche aus, dieses Fach auch zu unterrichten.
Und viele Lehrer, insbesondere in der Berufspädagogik,
bemühen sich weiterhin krampfhaft, im Formalen das Neueste
in ihrer Disziplin zu erfahren. Es nützt aber den Lernenden
wenig, wenn sie Experten werden. Darum sollten sie das auch
nicht anstreben. Sie sollten als Lehrer (als Berater) in ihrem
Fach, von dem sie mehr verstehen als der Normalbürger,
die Lerner dafür interessieren und begeistern; sei es
in Geschichte oder Mathematik oder in der Technologie des
Maschinenbaus. Ihre praktischen und theoretischen Einsichten
in diese Inhalte sollten das ermöglichen. Dazu ist aber
in der Berufspädagogik unbedingt vonnöten, diese
in Werkstätten und Betrieben zu aktualisieren. Der Unterrichtende
erfährt hier das Unterscheiden von "praktisch"
und "formal", wie es in den Lernstrategien dargestellt
ist, hautnah in der eigenen Weiterbildung. Möglicherweise
erkennt er damit auch, dass die zentralste Kategorie der Erziehungswissenschaft
"Das Umsetzen von Aussagen und Inhalten" ist -,
das sei nur eine Anmerkung, wegen seiner Relevanz auch zu
dieser Thematik (vgl. KATH 1990).
Experten sollten Unterrichtende im Gebrauch ihrer erziehungswissenschaftlichen
Denkzeuge sein, um die lernenden Menschen optimal in ihrer
Entwicklung zu helfen. Damit öffnet sich ein sehr weites
Feld, dass dazu führen muss, z.B. das universitäre
Lehramtsstudium völlig anders zu gestaltet als es heute
üblich ist. Hier ist aber nicht der Ort, dies weiter
auszuführen. Die Arbeit des Unterrichtenden sei jedoch
insoweit angesprochen, dass der Ort der Lernstrategien deutlich
wird:
· In der didaktischen Sphäre bereitet sich der Unterrichtende auf die Intentionen, Ziele und Inhalte seiner Arbeit als Unterrichtender vor.
· Die Unterrichtsvorbereitung ist der Ort, an dem der Unterrichtende sich auf das gemeinsame Arbeiten mit den Lernenden vorbereitet. Das er das zum Teil auch schriftlich tun kann und wird, steht außer Frage. Inwieweit er es jeweils zu einem formalen Unterrichtsentwurf verdichtet - abgesehen von den Lehrproben in der 2. Staatsprüfung - muß ihm selbst überlassen bleiben.
· Im Unterrichtsgeschehen arbeiten Unterrichtende und Lernende gemeinsam und spontan, um Situationen zu schaffen, die geeignet sind, die angestrebte Ziele zu erreichen. Das geschieht vor dem Hintergrund dessen, auf was und wie sich die am Unterrichten Beteiligten vorbereitet haben.
· Jede gemeinsame Arbeit von Unterrichtenden und Lernenden muss nachbereitet werden. Dies ist die Basis für eine fruchtbare gemeinsame Weiterarbeit. Die Form einer solchen Nachbereitung kann sehr unterschiedlich sein (vgl. KATH 1985, 97f.).
Hier wurde von Unterrichtsvorbereitung gesprochen. Es gilt
jedoch in sehr ähnlicher Weise für Ausbildungsvorbereitung
(vgl. LÜTZOW/KATH 2002).
In diesem letzten Abschnitt soll der Ort der Lernstrategien
bei der Unterrichtsvorbereitung, die auch Ausbildungsvorbereitung
sein kann, lokalisiert und benannt werden. Dies, weil der
Paradigmawechsel die Ausbildung in Betrieben mit Lehrwerkstatt,
aber auch in der Schule radikal verändern wird.
Es kann nicht angehen,, dass in den heutigen technologisierten
- der deutschen und anderen - Gesellschaften das Unterrichten
und Ausbilden (in Lehrwerkstätten und außerhalb
derselben) ähnlich geschieht wie vor 50 oder 150 Jahren,
nämlich mehr oder weniger im Sinne einer Meisterlehre:
Der Lehrer sagt es, die Schüler lernen es, um es zu rekapitulieren;
der Ausbilder macht es vor, die Auszubildenden machen es nach.
Im Kern bedeutet der schon mehrfach genannte Paradigmawechsel,
dass die Lernenden sich ihre im Ausbildungs-(Lehr-)Plan verzeichneten
Inhalte mit intensiver Unterstützung der Unterrichtenden
selbst erarbeiten (vgl. LÜTZOW/KATH 2002). Das erfordert
nicht nur eine andere Form des Prüfens:
· weg vom Beurteilen und Bewerten nur konkreter (kognitiv-handwerklich-sachlicher)
Gegenstände,
· hin zum Beurteilen und Bewerten der Aktivitäten
der Lernenden,
sondern auch eine andere Kompetenz des Unterrichtenden als
es bisher üblich war. Das Sich-Vorbereiten auf das Unterrichten
bedeutet in erster Linie, den Lernenden selbst, als Person,
als sich entwickelnden jungen Menschen, in den Blick zu nehmen
und nicht nur den fachlichen Inhalt, mit dem er es zu tun
hat. Das heißt, sich mit den dazu dienenden erziehungswissenschaftlichen
Denkzeugen auseinanderzusetzen und in ihrem kompetenten Gebrauch
zu üben, um sie zu beherrschen. Die jeweilige fachliche
Kompetenz wird beim Unterrichtenden schlicht vorausgesetzt.
Ist sie doch in der Tat nur ein Element unter den vielen in
Abbildung 3 (hier "Sachlogik" genannt als "Phänomen").
In unserer Zeit, in der vielen jungen Menschen die Orientierung
fehlt, ist es wichtiger denn je, sich ihrer anzunehmen und
ihnen zu helfen, selbständig und verantwortungsbewusst
zu werden.
In diesem Beitrag geht es darum, den Lernstrategien als methodisches
Funktionselement ihren Ort zu weisen und ihre Bedeutung aufzuzeigen.
Dazu soll das "Struktogramm zum Sich-Vorbereiten des
Unterrichtenden helfen (s. Abbildung 3 ). Das Bild verdeutlicht
in graphischer Weise noch einmal das zuvor Gesagte: für
die gemeinsame Arbeit von Lernenden und Unterrichtenden ist
der fachliche Inhalt - aus erziehungswissenschaftlicher Sicht
- ausschließlich Mittel . Das Feld des Sich-Vorbereitens
- eben die Unterrichtsvorbereitung, wie sie landläufig
genannt wird - ist in zwei Aspekte differenziert: links die
Entscheidungsmomente, rechts die Funktionselemente.
Die Entscheidungsmomente bilden beim handelnden Menschen,
sowohl beim Lernenden als auch beim Unterrichtenden immer
eine Einheit. Sie sind aber erziehungswissenschaftlich zu
differenzieren, um sich ihrer Details in aller Klarheit bewusst
zu werden. Sie entsprechen prinzipiell genau dem, was im Detail
in dem "dialektischen Verlauf von Handeln und Lernen"
(LÜTZOW/KATH 2002, 311) dargestellt ist. Jedes Handeln
setzt ein Entscheiden voraus, mag es voll bewusst oder nur
vorbewusst sein. Entschieden wird aber immer Etwas und je
nach Situation immer etwas Anderes. Dieses je Andere in dem
Sich-Vorbereiten des Unterrichtenden bezieht sich dann auf
je ein Element, das in dieser Situation eine bestimmte Funktion
erfüllt, hier eine methodische. Es ist also ein methodisches
Funktionselement.
Abb. 3: Struktogramm der Elemente zum Sich-Vorbereiten der Unterrichtenden
Wie in Abbildung 3 zu sehen ist, sind sie drei Gruppen zugeordnet,
die unterschiedlichen Charakter haben:
· die Phänomene, die einen Themenkreis beinhalten,
der für das Unterrichten relevant ist und einen bestimmten
nämlich seine spezifische Fundierung hat, z.B. die Motivation,
die ein Thema der Individualpsychologie ist oder die Sachlogik
der Inhalte; diese sind aus der Sicht der Lernenden das primäre
Anliegen für die gemeinsame Arbeit,
· Techniken: das sind die Aktivitäten und Handlungsweisen,
die der Mensch (hier der Unterrichtende) lernt, um mit den
Gegenständen jeglicher Art möglichst spontan umzugehen
und
· Instrumente, die für eindeutig formulierte methodische
Funktionen entwickelt wurden. Ihre Struktur bzw. ihr Aufbau
basieren auf Kriterien nicht-unterrichtsmethodischer Herkunft.
Während ihrer funktionsgerechten Anwendung bleiben die
Instrumente selbst unverändert.
Eines dieser Instrumente ist nun die "Taxonomie der Lernstrategien".
Sie ist in Abbildung 1 dargestellt, in Abbildung 3 geortet
und in Kapitel 3 beschrieben. Um dem Lernenden helfen zu können,
sich zu entwickeln, ist es für den Unterrichtenden durchaus
sinnvoll, sich die Taxonomie der Lernstrategien anzueignen.
Das heißt, er übt sich darin, die Lernenden zu
beobachten, wie sie bestimmte Inhalte zu begreifen suchen:
indem sie versuchen sie auswendig zu lernen, indem sie sie
intuitiv, praktisch oder formal angehen. Der Unterrichtende
wird bald erkennen, wie sehr es ihm beim Reflektieren seiner
Arbeit mit den Lernenden unterstützt, den Inhalt und
die Form der Impulse - nicht der Fragen, nicht der Erklärungen
und schon gar nicht der Anweisungen - an sie treffender und
angemessener zu gestalten. Übung macht auch hier den
Meister. Die beschriebenen Lernstrategien sind psychologisch
fundiert und in der psychologischen Literatur mag ein jeder
seine Kenntnisse vermehren, soweit er es als sinnvoll ansieht.
Und, es ist durchaus spannend, den Lernenden und sein Handeln
in den Mittelpunkt seiner Arbeit zu stellen und dieses psychologisch
zu vertiefen. Abbildung 3 weist aber noch auf ein weiteres
hin, dass nämlich die Taxonomie der Lernstrategien nur
eines der methodischen Elemente ist, um sich auf das Unterrichten
mit den Lernenden vorzubereiten. Die Fachkompetenz ist dabei
vorauszusetzen und sie ist wirklich nur ein kleiner wenn auch
wichtiger Teil der Gesamtkompetenz eines Unterrichtenden.
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