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Sloane 

Peter F. E. Sloane

Lehrerselbstqualifizierung und Organisationsentwicklung als mögliche Bedingungen für das Gelingen/Misslingen des Lernfeldkonzepts!? – Ein Erfahrungsbericht

Wenn von Lehrern gesprochen wird, sind immer auch Lehrerinnen gemeint und umgekehrt. Es werden keine sprachlichen Doppelungen wie Berufsschullehrer und Berufsschullehrerinnen oder Kompositionen wie BerufsschulleiterInnen entwickelt. Stattdessen werden beide Geschlechter gleichwertig benutzt, d. h. es wird einmal die männliche und ein anderes Mal die weibliche Schreibweise verwandt, eher zufällig als systematisch. P. Sl.

 

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1.  Zur Themenstellung

Die aufgegebene Fragestellung: Lehrerselbstqualifizierung und Organisationsentwicklung als mögliche Bedingungen für das Gelingen/Misslingen des Lern­feld­konzepts!? erscheint demjenigen, der sich mit der Implementation von Lernfeldern beschäftigt, rhetorisch. Die im Fragezeichen angedeutete Frage kann mit ja beantwortet werden; das zugleich gesetzte Ausrufezeichen verweist auf eine notwendige Programmatik: Wenn das Lernfeldkonzept gelingen soll, so sind Lehrerselbstqualifizierung und Organisationsentwicklung notwendige konsti­tuie­rende Voraussetzungen.

Versucht man allerdings die Frage resp. den programmatischen Aufruf substan­ziell zu unterlegen, so werden doch einige grundlegende Zusammenhänge sichtbar. So stellt sich die Frage, was eigentlich Gelingen bedeutet. Hierfür ist genauer zu klären, was im so genannten Lernfeldkonzept von wem entschieden wird. Allgemein verlagert nämlich dieses Konzept Entscheidungen und zum Teil auch Erfolgsdefinitionen in die Arbeitssituation der Schulen vor Ort. – Dort dann muss festgelegt werden, was erreicht werden soll und wie dies zu geschehen habe.

Aus dieser zweifachen Offenheit der Fragestellung ergibt sich der Aufbau des hier vorgelegten Erfahrungsberichts, der zum großen Teil durch Befunde und Erfahrungen aus dem Modellversuchsverbund NELE gespeist ist:

In Kapitel 2 sollen die Anforderungen des Lernfeldkonzepts erörtert werden. Es geht dabei einerseits um die Struktur von Lernfeldlehrplänen, andererseits um die didaktisch-organisatorische Infrastruktur, die mit dem Lehrplan gleichsam unterstellt wird. – Die Implementation des Lernfeldkonzepts ist mit Problemen verbunden. Diese werden in Kapitel 3 referiert. – Mit diesen beiden Kapiteln wäre somit eine Basis für die nähere Untersuchung der Fragestellung gegeben. Diese wird in Kapitel 4 mit einer Analyse der Lehrkräfterekrutierung und in Kapitel 5 mit einer Erörterung der Organisationsentwicklung vorgenommen. Eine Zusammenfassung – Kapitel 6 – rundet den Erfahrungsbericht ab.

2.  Anforderungen des Lernfeldkonzepts

Ein Lernfeld ist ein Merkmal eines ‚neuen' Curriculums. Die Kultusmini­ster­kon­ferenz hat hierunter in einem Arbeitspapier ein didaktisch aufbereitetes Handlungsfeld verstanden, in einer späteren Auflage dieses Papiers wurde syn­onym hierfür der Ausdruck Tätigkeitsfeld verstanden (vgl. KMK 1999). Die zentrale Idee war und ist, dass der fachsystematische Lehrplan durch ein nach Tätig­keits­feldern gegliedertes Curriculum abgelöst werden sollte.

Die neue curriculare Form wird seit Ende der 90er Jahre der Neuordnung schulischer Lehrpläne zugrunde gelegt. Dabei von einem Lernfeldkonzept zu sprechen, suggeriert einen konzeptionellen Anspruch, der so zumindest noch nicht abschließend vorhanden ist. Was der Begriff allerdings zum Ausdruck bringt, sind eine Vielzahl von Voraussetzungen, die gleichsam erfüllt werden müssen, um mit den ‚neuen' Lernfeldcurricula in der schulischen Praxis umgehen zu können. Dabei ist es m. E. notwendig zwischen (1) curricularen Merkmalen von Lernfel­dern und (2) den didaktisch-organisatorischen Impli­ka­tionen zu unterscheiden.

2.1  Strukturmerkmale von Lernfeldcurricula

Ein Lernfeldcurriculum ist durch zwei Merkmale gekennzeichnet:

•  Fachübergreifender Ansatz bei inhaltlicher Offenheit

•  Kompetenzorientierung und Tätigkeitsbezug

Ad (1) – Fachübergreifender Ansatz bei inhaltlicher Offenheit

Lernfelder sind fachübergreifende curriculare Einheiten. Sie sind Bezugspunkt für die Integration der bisher in den ‚alten' Lehrplänen fachsystematisch gegliederten Inhalte. Der manchmal artikulierte Vorwurf, ein Lernfeldcurriculum sei ‚entfachlicht', greift daher zu kurz. Genau genommen werden sehr wenige Fachinhalte als Orientierungsrahmen und Interpretationshilfe in den Lehrplänen festgelegt. Die Ausdifferenzierung der für die einzelnen Lernfelder relevanten Inhalte obliegt den Lehrkräften und soll vor Ort in der Schule geleistet werden. Hier zeigen sich auch Veränderungen in der Argumentation der KMK: anfänglich wurde der Standpunkt vertreten, es wären keine, allenfalls nur wenige unverbindliche Inhalte im Lehrplan festzuschreiben. Mittlerweile wird aber stärker die Position vertreten, die Inhalte, die fixiert werden, seien verbindlich.

Ad (2) – Kompetenzorientierung und Tätigkeitsbezug

Lernfeldcurricula gelten als kompetenzbasiert . Hierunter wird als erstes die Orientierung an beruflichen Tätigkeiten verstanden. Die Zielformulierung, mit der ein Lernfeld näher beschrieben wird, drückt eine Tätigkeit aus, die der Lernende nach Durchlaufen des Unterrichts beherrschen soll. Dies weist auf einen für Deutschland neuen Lehrplantypus hin; es handelt sich um eine outcome-Orientierung. Im Lehrplan steht letztlich eine Beschreibung dessen, was der Ler­nende im Anwendungsfeld des Gelernten können soll. Demgegenüber sind die alten Lehrpläne input-orientiert.

Kompetenzorientierung drückt sich als zweites darin aus, dass generell die beruf­liche Handlungskompetenz gefördert werden soll, die sich systematisch als Fach-, Human- und Sozialkompetenz ausdifferenzieren lässt (vgl. Bader 2000), wobei sich in diesen Kompetenzbereichen zugleich auch eine Methoden-, Lern- und Sprachkompetenz entfalten soll. Dies ist gleichsam eine normative Vorgabe.

2.2 Didaktisch-organisatorische Implikationen

Die veränderten curricularen Vorgaben bei Lernfeldlehrplänen gegenüber den herkömmlichen fachsystematischen Lehrplänen haben didaktisch-organisatorische Implikationen. Insgesamt geht es darum, dass sich die Anforderungen an die pädagogisch-didaktische Arbeit verändern (vgl. Beek u. a. 2003; Sloane 2002a): In den Schulen müssen die curricularen Vorgaben (Lernfelder) curricular präzi­siert, bildungsorganisatorisch umgesetzt und unterrichtlich vermittelt wer­den. Hierbei zeigen sich vier zentrale und zugleich interdependente Aufgaben:

•  Curriculare Entwicklung von Bildungsgängen

•  Diskursive Maßnahmeplanung

•  Entwicklung organisatorischer Strukturen

•  Entwicklung von Führungsprofilen

Ad (1) Curriculare Entwicklung von Bildungsgängen

Lernfelder sind offene Vorgaben. Sie müssen präzisiert werden. Konkret bedeutet dies, dass ein Schulcurriculum entwickelt werden muss (vgl. Buschfeld 2002 und 2003). Ein solcher schulbezogener Lehrplan interpretiert das vorgegebene Lernfeldcurriculum, konkretisiert die Lernfelder in Form von Lernsituationen (siehe unten) und reguliert die mögliche Arbeitsverteilung zwischen den Lehrerinnen, die in einem Bildungsgang gemeinsam eingebunden sind.

Aus dieser Anforderung resultiert zweierlei.

•  Zum einen müssen Lehrer in der Lage sein, eine solche Präzisierung des Lehrplans vorzunehmen. Dies erfordert fachdidaktische Kompetenz: Sie müssen die fachliche Relevanz von Fachinhalten für die Zielgruppe vor dem Hintergrund des Lernfeldes und der Intention des Bildungsganges abschätzen können

•  Zum anderen ist diese neue Aufgabenstellung in der Organisation Schule in den Arbeitsabläufen vorgesehen werden. Die notwendigen Ressourcen (Zeit, Raum, sächliche Verwaltungsmittel) sind zur Verfügung zu stellen.

Ad (2) – Diskursive Maßnahmeplanung

Konzeptionell ist vorgesehen, Lernfelder in Form von Lernsituationen zu präzi­sieren. Es gibt durchaus unterschiedliche Möglichkeiten, Lernsituationen zu definieren. So kann man beispielsweise eine Lernsituation mit einem komplexen Lehr-/Lernarrangement (etwa Fallmethode) gleichsetzen. Ich fasse den Begriff der Lernsituation mittlerweile jedoch enger. M. E. betont er nämlich verstärkt die Perspektive des Lernenden. So geht es eigentlich in der Lernsituation darum, die im Lernfeld inkorporierte (berufliche) Tätigkeit so aufzuarbeiten, dass ein Arbeits- resp. Tätigkeitsprozess mit Lernwirkung angestoßen werden kann. So sind Lernsituationen eben nicht ‚nur' simulierte Tätigkeiten. Vielmehr geht es um eine Lern- und Veränderungsabsicht.

Daher stellen Lernsituationen auch nur eine Seite der didaktischen Arbeit dar. Genau genommen handelt es sich um für den Lernenden problemhaltige Anwendungssituationen (vgl. Buschfeld 2003). Lernende sind aufgefordert, in diesen Situationen zu handeln. Dabei müssen sie auf Wissen zurückgreifen. Dieses Wissen wird dadurch situiert (vgl. Kremer/ Sloane 2000), ggf. muss es für diese Anwendung erworben werden. Dabei fördert die Anwendungsrelevanz des Wis­sens wohl auch den Wissenserwerb.

Neben dieser Lernerperspektive muss – gleichsam als zweite Seite der didakti­schen Arbeit – auch eine Lehrperspektive gesehen werden. Das Angebot von Lernsituationen reicht nicht aus. Vielmehr ist es erforderlich, auf die Lernsituation bezogen didaktische Maßnahmen zu planen. Diese müssen wiederum lernsituations- und zielgruppenadäquat sein (vgl. Sloane 2003). Hier liegt auch ein weit verbreitetes Missverständnis vor, welches vielfach in Feststellungen mündet wie: ‚Lehrervorträge sind nicht handlungsorientiert' – oder: ‚Handlungsorientierung bedeutet Gruppenarbeit zu fordern!'

M. E. müssen Lehrer Maßnahmen für Bildungsgänge resp. für die Lernsituatio­nen im Bildungsgang anbieten. Dabei kommt es auf das Gesamtkonzept, v. a. aber auf die verfolgte Zielsetzung – etwa Förderung von Handlungskompetenz – an. So kann es dann beispielsweise Sinn machen, im Rahmen einer Lernsituation besondere ergänzende Maßnahmen, etwa einen vertiefenden Sprachkurs oder Stützmaßnahmen im Rechnen anzubieten. Und es muss nicht zwingend so sein, dass alles in einen selbständig entdeckenden und selbstorganisierten Prozess von den Schülerinnen und Schülern erarbeitet werden muss.

Dies verweist auf eine besondere Vorstellung von Lehrerprofessionalität, solche Maßnahmen zu planen, durchzuführen und zu evaluieren. Dabei kommt es darauf an, diese Maßnahmen in der (Lehrer- resp. Arbeits-) Gruppe zu entwickeln und umzusetzen. Diskursive Maßnahmeplanung bringt dabei zum Ausdruck, dass Lehrende sich über die Maßnahmen im gemeinsamen Gespräch verständigen müssen, da es letztlich weder möglich ist, Lernsituationen aus Lernfeldern ‚logisch' abzuleiten noch eindeutige Maßnahmen zu bestimmen. Vielmehr werden sowohl Lernsituationen als auch auf sie bezogene Maßnahmen aufgrund der im Diskurs der Lehrkräfte geführten Gründe und Gegengründe entwickelt, umgesetzt und evaluiert.

Die Begründungen im Diskurs ergeben sich aufgrund von didaktischen, einschließlich lerntheoretischen, und organisatorischen Überlegungen. Dies verweist wiederum auf notwendige Fähigkeiten. So geht es um die Diskursfähigkeit der Lehrenden und darum, dass diese konzeptionell arbeiten können und – wiederum i. S. einer Lehrerprofessionalität – in der Lage sind, auf der Grundlage von Gründen und Gegengründen Entscheidungen zu treffen und diese ggf. kritisch zu überprüfen.

Ad (3) – Entwicklung organisatorischer Strukturen

Bereits die obigen Ausführungen zeigen die Notwendigkeit auf, organisatorische Strukturen zu entwickeln, die darauf zielen, die Kommunikation im Lehrerkollegium zu verbessern und v. a. zu institutionalisieren (vgl. Sloane 2002a).

Hierfür ist eine Kultur der gemeinsamen Arbeit in Arbeitsgruppen zu implementieren. Dabei zeigen Untersuchungen (vgl. hierzu Dilger et al. 2003), dass Leh­rende zwar sehr gut in der Lage sind, fall- und aufga­benbezogen in Gruppen zu arbeiten und dabei auch Routinen entwickeln, um zu sehr guten Ergebnissen zu kommen. Allerdings besteht die Schwierigkeit in der‚ breiten' Umsetzung von Teamstrukturen. So beziehen sich die Routinen häufig auf‚ einmalige' bzw. ‚temporäre' Teamarbeiten. Schwierigkeiten entstehen m. E., wenn Lehrer in regelmäßigen resp. dauerhaft etablierten Teams eingebunden sind und zugleich neben der Teamarbeit und ihrer doch sehr komplexen Abstimmungsnotwendigkeit eine Abstimmung zwischen verschiedenen Teams – mit einer letztlich noch höheren Abstimmungskomplexität – erforderlich wird.

Hierauf ist Schule so nicht vorbereitet. Es fehlt an den räumlichen Möglichkeiten, aber auch an den Organisationsregeln für eine solche Arbeit.


Ad (4) – Entwicklung von Führungsprofilen

Die bisherigen Überlegungen müssen auf den Bereich der Führung und Leitung einer Schule (vgl. Hasenbank 2001 und 2002) ausgedehnt werden. Die Ausführungen zur Schulentwicklung (vgl. u. a. Dalin et al. 1995, 218; Hasenbank 2001, 288ff) zeigen durchgängig, dass den Schulleitern bei der Entwicklung von neuen schulischen Organisationsabläufen, bei der Implementation von pädagogischen Neuerungen usw. große Bedeutung zukommt. Schulleitung muss sich als Unterstützung, Ermöglichung, Motivierer etc. (vgl. Klippert 2000, 76) begreifen.

3.  Implementationsprobleme

Im Rahmen des Modellversuchs NELE wurden v. a. fünf interdependente Problembereiche bei der Einführung von Lernfeldern in Schulen lokalisiert (vgl. zu nachfolgenden Ausführungen Sloane 2000):

•  Die Person des Lehrers

•  Die Schulorganisation

•  Die Offenheit des Curriculums

•  Die Prüfungssituation

•  Die Einschätzung der Schüler durch die Lehrenden

Ad (1) Die Person des Lehrers

Die Person der Lehrkraft ist ein entschei­dender Faktor für die Beförderung und/oder Verhinderung von Innovationen im Schulalltag. Das Lernfeldkonzept mit seinem immanenten Wechsel vom Fach zur Anwendungssituation und von der eher thematischen Betrachtung des Unterrichts zu einer methodischen (vgl. Kremer/ Sloane 2000) verunsichert die Lehrenden zutiefst. Es erscheint vielen Lehrenden nicht vorstellbar, auf der Basis eines Lernfeldansatzes unterrichten zu können. Sie vermissen Regulative und eindeutige Vorgaben. Einerseits zeigt sich das Selbstverständnis des Fachmannes, der nach fachlichen Strukturen im Lehrplan sucht und diese für unabdingbar notwendig erachtet. Das Curriculum wird als nicht verbindlich genug angesehen. Andererseits wird vielfach zwar mehr Freiraum für die Gestaltung von Unterricht gefordert, die mit dem Lernfeldansatz nun genau eingeräumte Autonomie verunsichert aber große Teile der Lehrerkollegien. Oft ist die Folge dann, dass man gegen das Lernfeldkonzept Stellung bezieht.

Dies kann nicht vereinfacht als Innovationsunlust der Lehrenden per se angesehen werden. Vielmehr muss relativierend zur Kenntnis genommen werden, dass über Jahrzehnte von Seiten der Dienstaufsicht sehr genau auf die Umsetzung eines sehr engen fachlichen Lehrplans gedrängt wurde. Die Sozialisation in solchen starren hierarchischen Vorgaben kann nicht per Dekret in wenigen Monaten überwunden werden. Dies wird noch durch eine überwiegend altershomogene Struktur der Lehrerkollegien verstärkt, deren Durchschnittsalter i. d. R. über 50 liegt.

Die Implementation des Lernfeldansatzes nötigt daher zu PE-Maßnahmen, die insbesondere auf die Veränderung des Selbstverständnisses der Lehrer abzielen. Solche Verhaltensänderungen können im Übrigen nicht in Monaten erreicht wer­den, sondern bedürfen einer mehrjährigen kontinuierlichen Arbeit.

Ad (2) Die Schulorganisation

Schulorganisatorisch geht es um neue Formen der Steuerung einer Schule. Das Lernfeldkonzept steht im Kontext der Diskussion um mehr Schulautonomie. Dies bedeutet zum einen, dass Schulen eigene Profile entwickeln müssen. Gerade in diesem Zusammenhang erkennen die befragten Lehrer richtigerweise, dass dies tendenziell gegen eine bundes- resp. landeseinheitliche Ausbildung wirkt. Hier entstehen genau die verunsichernden Freiräume, die man auf schulorganisatorischer Ebene durch ein neues Führungsmodell für die Schule gestalten muss. Dies betrifft u. a. die Person der Schulleiter, aber auch das Verhältnis von Schule zu übergeordneten Instanzen wie die Schulaufsicht und den Sachaufwandsträger (Kommune und Bundesland). Im Außenverhältnis zu den bisher sich hierarchisch zur Schule definierenden Sachaufwandsträger und Schulaufsicht ist es notwendig, dass diese Instanzen Autonomie zulassen. Sie dürfen sich genau nicht mehr als anweisende Behörde begreifen, die Schule überwacht, sondern sie müssen gleichfalls ein tradiertes bürokratisches Selbstverständnis überwinden und sich in Hinblick auf Schule als beratende und koordinierende Instanz begreifen. Nur wenn im Verhältnis der Schule zu den übergeordneten Behörden gleichsam von oben nach unten Freiraum gewährt wird, können die Schulen dann nach innen neue Organisations- und Führungsmodelle entwickeln.

Ein solches ‚neues‘ Führungsmodell sollte durch mehr Autonomie für die Bildungsgänge und die sie betreuenden Lehrer gekennzeichnet werden. Betrachtet man diese Form der Schulentwicklung als Organisationsentwicklungsprozess, so geht es vorrangig um die Entwicklung von autonomen Arbeitsgruppen, die über Stundendeputate, Unterrichtseinsatz, Lernortkooperation, berufliche Weiterbildung usw. eigenverantwortlich entscheiden können.

Ad (3) – Die Offenheit des Curriculums

Das veränderte Curriculum verunsichert. Dies hängt wie oben dargestellt unmittelbar mit dem Selbstverständnis der Lehrenden zusammen. In der öffentlichen Diskussion um das Lernfeldkonzept wird vielfach von Lehrenden behauptet, dass dieser Ansatz zu einer fachlichen Dequalifizierung führe, dass es keine verbindlichen Fachvorgaben gäbe und so dann eine reine situative Fallorientierung zum Unterrichtsprinzip erhoben würde. Ergänzend wird dann vielfach angemerkt, die Fachstruktur sei ein wichtiger Katalysator zur Förderung kognitiver Fähigkeiten. Die Überlegungen zum Lernfeldkonzept, insbesondere zum inkludierten Wechsel in der Perspektive – vom Fach zur methodischen Umsetzung in Lernsituationen –, machen m. E. deutlich, dass dies so nicht stimmt. Genau genommen erfordert dieser Ansatz vom Lehrenden eine bedeutend höhere Fachkompetenz, denn es liegt nun bei ihnen, die fachlichen Entscheidungen zu treffen, was in praxi bedeuten wird, in den schulinternen Arbeitsgruppen (siehe Schulorganisation) das fachliche Wissen, welches bisher fachsystematisch aufbereitet war, in neuen Strukturen selbständig zu integrieren. Sie müssen eine permanente fachliche Reorganisation leisten. Der schulische Alltag im Kontext des fachsystematischen Curriculums war häufig dadurch gekennzeichnet, dass Lehrende sich in bestimmten Fächern spezialisierten und den Gesamtzusammenhang aus dem Blick verloren.

So ist als curriculares Problem in der Implementation des Lernfeldansatzes ein fachwissenschaftliches Problem verborgen. Lehrende müssen fachwissenschaftlich auf dem höchsten Niveau ausgebildet werden, um genau die curriculare Aufarbeitung leisten zu können. Zugleich muss das Fachwissen auf Anwendungssituationen appliziert werden können.

Ad (4) – Die Prüfungen

Ein zentrales Implementationsproblem ist die Prüfungsstruktur. Es entsteht hier eine ordnungspolitische Paradoxie, die von den Lehrenden kaum zu bewältigen ist. Während die ‚Philosophie‘ des Lernfeldansatzes darauf abzielt, regionale und schulspezifische Entwicklungen zu fördern, die zueinander divergieren können, entwickelt man im Bereich der Prüfungsorganisation zusehends überregionale Lösungen auf Landes- und Bundesebene. Verschärft wird dies durch Prüfungsmodalitäten, die letztlich nur geeignet sind, einfaches Faktenwissen abzufragen (v. a. bei den präferierten multiple-choice-Verfahren). Letztlich wirkt die Prüfungsmodalität wie ein heimlicher Lehrplan, den die Lehrenden neben dem offiziellen Lehrplan miterfüllen müssen. Wird die Spannung zwischen diesen beiden Vorgaben zu groß, verpufft die Innovation und Unterricht reduziert sich auf die bisherige Wissensvermittlung. Dies ist umso zynischer, als einerseits gerade von betrieblicher Seite immer eine Verbesserung der schulischen Arbeit gefordert und dabei auf die Vermittlung von Handlungskompetenz Bezug genommen wurde. Andererseits nun verhindern zumindest die Kammern, die über die Prüfungshoheit faktisch verfügen, genau diese geforderte Innovation.

Die Diskussion um Bildungsstandards, die in jüngster Zeit angestoßen wurde, bringt eine weitere Ordnungsgröße ins Spiel. Diese zielt auf eine empirische Analyse der Leistungsfähigkeit von Schule und soll im Rahmen eines Monetoringsystems Grundlage eines Stärken- und Schwächenprofils von einzelnen Schulen sein.

Ad (5) – Die Einschätzung der Schüler durch die Lehrer

Vielfach empfinden die Lehrer die im Lernfeldansatz inkor­porierten Vorstellungen über das Lernen und über die Lernfähigkeit von Schülern als Überforderung ihrer Klientel. Auch dies ist in gewisser Weise ein Rationalitätsbruch. So wurde der handlungsorientierte Unterricht anfänglich als Konzept entwickelt, um ge­rade lernschwächere Schülerinnen und Schüler zu fördern. Insbesondere denen, die über kognitive Schwächen verfügen und von daher häufig negative Schulbiographien aufweisen, sollte eine ihnen gemäßere Form des Lernens ermöglicht werden. Es ist aber wohl schon bezeichnend, dass sich Handlungsorientierung in der Wahrnehmung der Lehrenden als ein tendenziell elitäres Modell darstellt. Dies ist gerade im Bankbereich anzutreffen. Didaktisch gewendet, gilt es genauer hinzuschauen, was Ziel und was Voraussetzung der jeweiligen Berufsausbildung ist. Handlungsorientierung als Ziel – hierauf wurde oben hingewiesen – meint eine Förderung von Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz. Durch die betreute Hinführung zu komplexen berufsbezogenen Aufgabenstellungen soll der Lernende sich diese Fähigkeiten erarbeiten. Betrachtet man aber den Alltag etwa in der Bankausbildung, so muss oft konstatiert werden, dass die Auszubildenden genau über diese Kompetenzen bereits verfügen müssen, um die ihnen gestellten Auf­gaben selbständig und eigenverantwortlich lösen zu können. In diesen Fällen geht es nicht um die Erarbeitung von Handlungskompetenz, sondern um die Applikation eines individuellen und schon vorhandenen Handlungsvermögens auf die spezifischen Aufgabenstellungen im Berufsfeld ‚Bank‘.

Hier wäre zweifaches zu fordern: zum einen eine realistische Sicht, was tatsächlich geleistet werden soll, zum anderen eine genauere Würdigung der nicht-fachlichen Kompetenzen, etwa der Methoden-, Sprach- oder Humankompetenz.

4. Lehrkräfteentwicklung in Schulen

Das Lernfeldkonzept stellt spezifische Anforderungen an die Lehrertätigkeit. In diesem Kapitel soll daher erstens der Frage nachgegangen werden, welches Lehrerbild (4.1) unterstellt wird. Hierauf bezogen wird das Leitbild der ‚Didaktischen Handlungskompetenz' skizziert (4.2) und anschließend versucht, den didaktischen Handlungsraum der Lehrenden auszuleuchten (4.3).

4.1 Lehrerbild

Die Anforderungen an Lehrerinnen provozieren eigentlich eine Auseinandersetzung mit dem Lehrerbild. Dies ist keine neue Diskussion. M. E. bedeutet aber die Verlagerungen so vieler Aufgaben in die Schulen, dass die Diskussion nicht für die Lehrer, sondern von den Lehrern vor Ort geführt werden muss. Daher kann ich sie hier auch nicht stellvertretend vornehmen. Soviel sei nur angedeutet, gleichsam als Diskussionsanstoß für die Arbeit in den Schulen:

Lehrertätigkeit ist eine genuin wissenschaftliche Tätigkeit. Lehrer müssen zu Erkundern ihrer eigenen Praxis werden. Sie müssen i. S. der Handlungsforschung ihren eigenen Alltag reflexiv durchdringen (vgl. Altrichter/ Posch 1998). Darauf verweisen schon die Überlegungen zur diskursiven Maßnahmeplanung. Es geht immer darum, Maßnahmen experimentell zu begreifen: man erprobt Neues und revidiert dies, wenn es nicht den notwendigen Erfolg zeigt. Oder: Man führt einmal Erprobtes nicht immer wieder durch, sondern passt es den neuen Bedingungen immer wieder an.

Lehrertätigkeit ist eine genuin konzeptionelle Tätigkeit: die obigen Hinweise zum Einsatz von Lernfeldern zeigen dies auf. Und dies ist m. E. auch eine Schwäche in den Schulen. Lehrende sind nicht gewöhnt, auf Dauer in Gruppen konzeptionell zu arbeiten.

4.2 Leitbild ‚Didaktische Handlungskompetenz'

Die Lehrerkompetenz ist eine berufliche Handlungskompetenz. Somit kann man unterscheiden zwischen

•  einer pädagogisch-didaktischen Fachkompetenz, die i. S. der Fachdidaktik auch fachliches Wissen umfasst (Domäne),

•  einer Humankompetenz i. S. der Fähigkeit zur Selbstreflexion (Person) und

•  einer Sozialkompetenz i. S. von Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit etc. (Gruppe).

In allen drei Bereichen – Domäne, Person, Gruppe – entfalten sich

•  eine Methoden- und Lernkompetenz als Fähigkeit fachliche, individuelle und soziale Probleme zu erkennen und für diese Probleme adäquate Lösungsansätze zu finden und hierbei wiederum Neues zu lernen,

•  eine Sprach- und Textkompetenz i. S. des Vermögens sich sprachlich darüber hinaus textlich mitteilen zu können und am Alltag sprachlich und textlich partizipieren zu können,

•  eine ethische Kompetenz als normative Haltung und Einstellung gegenüber der Domäne, der eigenen Person und der sozialen Umwelt.

Diese Kompetenz lässt sich als kategoriale Kompetenz (vgl. Sloane 2004 und Sloane/ Twardy/ Buschfeld 2004) darstellen. Es handelt sich um ein Perspektivenmodell zur ganzheitlichen Erfassung des Konstrukts „berufliche Handlungs­kompetenz“. Es geht m. E. nicht darum, jede logisch mögliche Zelle der konstruierten ‚Matrix' auszufüllen. Vielmehr erscheinen mir die Beziehungen relevanter, die sich aus den Zeilen- und Spaltenhinweisen ergeben. Von diesen Kategorien: Domäne – Person – Gruppe auf der einen und Methode/Lernen – Spache/Text – Ethik auf der anderen Seite lassen sich operationalisierte norma­tive Vorgaben generieren. Die Zellen lesen sich dann als Gestaltungshinweise für Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrkräfte, wobei Lehrerinnen i. S. der Idee einer Selbstqualifizierung diese Matrix nutzen können, um in einem ersten Schritt eine Analyse der eigenen Fähigkeiten vorzunehmen.

 

Domäne (Fach)

Person

Gruppe

Methoden­kompetenz

Erkennen und Lösen pädagogisch-didaktischer Probleme

Anwendung und ggf. Revision wissen­schaftlicher Methoden

Erkundung von Fachpraxis

usw.

Thematisierung der eigenen Fähigkeiten

Lernfähigkeit

Selbstreflexion

Karriereplanung

usw.

Arbeit in Gruppen

Steuerung und Moderation von Gruppen

Anwendung und ggf. Revision von Kommunikations­methoden

usw.

Sprach- und Textkompe-tenz

Pädagogisches und fachdidaktisches Fachwissen

Schreiben und Lesen von pädagogischen, fach­didaktischen und fachlichen Fachtexten

Konzeptionelles Schrei­ben

usw.

Thematisierung und Vertextlichung eigener Fähigkeiten

Planung von Karrierewegen

usw.

Wissen um Kom­mu­nikation

Vertextlichung von Kommunikationspro­zessen

Reden über Gruppen­prozesse

usw.

Ethische Kompetenz

Ethische Grundlagen pädagogischen und fachdidaktischen Handelns

Eigenverantwortung

Risikobereitschaft

Selbständigkeit

usw.

Kooperationsbereitschaft

Solidarität

Toleranz

usw.

Abb.1:  Kategoriales Kompetenzmodell des Lehrerhandelns


4.3 Erfassung des Praxisfeldes – der didaktisch-organisatorische Handlungsraum

Das Tätigkeitsfeld von Berufsschullehrern kann als ein umfassendes Handlungsfeld bezeichnet werden, auf welches – aufbauend auf die universitäre Ausbildung – u.a. in der seminarbasierten Phase der Lehrerausbildung vorbereitet werden soll.

Das Handlungs- resp. Tätigkeitsfeld von Lehrerinnen wurde im Modellversuch FiT (HeLP 2003) strukturell erfasst, und zwar indem zwischen

•  Handlungs ort (Situationskomponente) und

•  Handlungs prozess (Prozesskomponente)

unterschieden wurde (vgl. Sloane 2002b).

Eine erste synoptische Zusammenführung von Situations- und Prozesskomponente führte zu der in Abbildung 2 dargestellten Matrix (Für die Entwicklung der Matrix wurde einerseits auf administrative Dokumente sowie andererseits auf Datenmaterial, welches im Modellversuch generiert wurde, zurück­ge­griffen. Zur näheren Erläuterung des Entwicklungsprozesses sowie Konkretisierung der Matrix vgl. Sloane/ Hertle 2003a. ) . Der Vorteil einer derartigen strukturellen Abbildung liegt zum einen darin, dass Spalten, Zeilen und Zellen den je aktuellen Bedingungen des Tätigkeitsfeldes problemlos angepasst werden können. Zum anderen stellt sie einen in sich geschlossenen Rahmen dar, auf den im Rahmen der Ausbildung Bezug genommen werden kann. Veränderungen in der Matrix führen so zu keiner kompletten Infragestellung des zu Grunde liegenden Ausbildungskonzepts.

Für die Entwicklung des Ausbildungskonzepts musste andererseits gefragt werden, welche Kompetenzen Lehrende benötigen, um den Anforderung aus dem Tätigkeitsfeld begegnen zu können und wie die Kompetenzentwicklung bestmöglich erfolgen kann. Es ging somit um die didaktische Interpretation der Mat­rix sowie deren Beitrag zum Kompetenzerwerb im Rahmen der Lehrerausbildung. Für die Frage nach dem Kompetenzaufbau wurden im Modellversuch Anleihen aus dem für den Berufsschulunterricht maßgeblichen Lernfeldkonzept genommen. Hieran orientierend soll die Ausbildung zukünftig in Lernfeldern erfolgen, die im neuen Ausbildungskonzept als Ausbildungsfelder bezeichnet werden und die den selben didaktischen und curricularen Prinzipien wie berufsschulische Lernfelder folgen (vgl. Hertle 2003), und in denen exemplarisch an didaktisch aufbereiteten Problemstellungen aus dem Tätigkeitsfeld gearbeitet wird. Lernfeldorientierter Unterricht orientiert sich dabei am Prinzip der Handlungsorientierung, mit dem Ziel des Erwerbs einer umfassenden Handlungskompetenz. (Hierbei wurde das in 4.2 skizzierte kategoriale Kompetenzmodell zu Grunde gelegt, welches unter Bezugnahme auf das Handlungskompetenzkonzept der KMK (1999) entwickelt wurde (vgl. Sloane 2003). ).

 

Klassen

Bildungsgang

Schule

Umfeld

Pädagogische Kommunikation

Analysieren, Diagnostizieren

 

 

 

 

•  Informieren, Präsentieren, Vortragen usw.

•  Erziehen, Beraten usw.

•  Problematisieren, Fragen stellen usw.

•  Moderieren

•  ‚Caring' –Fördern, Betreuen usw.

 

 

 

 

Reflektieren, Evaluieren, Beurteilen usw.

 

 

 

 

Innovieren, Entwickeln, Gestalten usw.

 

 

 

 

Verwalten

 

 

 

 

Abb.2: Didaktisch-organisatorischer Handlungsraum

Diese Matrix dient dazu, Tätigkeitsfelder von Lehrerinnen zu beschreiben. Diese müssen substantiell ausdifferenziert werden. Hierbei wird konzeptionell ein Unterschied zu den Lernfeldern der KMK gemacht. Während in den KMK-Lehr­plänen i.d.R. Lernfelder als mehr oder weniger voneinander abgegrenzte und in sich geschlossene Tätigkeitsfelder – zumindest in der Analyse – erscheinen, wird durch die obige Matrix von einer vernetzten Struktur ausgegangen; diese wird deutlich, wenn man die möglichen Verbindungen zwischen den Zellen der Matrix betrachtet. So lassen sich zum einen Aspekte der Arbeitsplatzanreicherung und Transferfragen aufzeigen. Betrachtet man etwa die Zeile ‚Informieren, Präsentieren, Vortragen usw.' , so kann man diesen Handlungsprozess auf die Situa­tionen ‚Unterricht' und ‚Bildungsgang' applizieren. Dies zeigt zum einen eine Vernetzung von Tätigkeiten auf, gibt zugleich aber auch einen Tansferhinweis, nämlich der situativ angepassten Übertragung von Informationstätigkeiten auf unterschiedliche Handlungssituationen und somit auf differenzierte Anforderungen. Geht man von der Spalte ‚Bildungsgang' aus, so zeigen sich durchaus differenzierte Anforderungen: so kann man die Anforderungen der Bildungsgangarbeit allgemein als ‚Verwalten' lokalisieren. Man kann aber auch weitergehend Prozesse wie ‚Innovieren, Entwickeln, Gestalten usw.' herausarbeiten, die letzt­lich auf eine pädagogische Schulentwicklung verweisen. Schließlich kann man die ‚tägliche' Arbeit in Bildungsgängen selbst als eine notwendige ‚Pädagogische Kommunikation' begreifen, strukturell durchaus vergleichbar mit der Arbeit im Unterricht, zugleich aber durchaus inhaltlich sehr verschieden zur Unterrichtsarbeit.

Die bisherigen Überlegungen verdeutlichen: Die Fähigkeit des einzelnen Lehrers, sich weiter zu entwickeln, seine Stärken und Schwächen zu erkennen und konstruktiv damit umzugehen, ist eine Voraussetzung für das Gelingen des Lernfeldkonzepts. Mit anderen Worten: Lehrer benötigen eine sehr gut ausgeprägte Humankompetenz.

Zugleich wird aber auch deutlich, dass das Aufgabenspektrum (vgl. v. a. Abbil­dung 2) sehr differenziert ist, zugleich werden spezifische Annahmen über das Lehrerbild und über die Leitkategorie didaktisch-organisatorische Handlungskompetenz gemacht.

Die Erkenntnis allein, dass es für das Gelingen des Lernfeldansatzes notwendig ist, dass eine solche Humankompetenz – allerdings verankert in einer umfassenden kategorialen Handlungskompetenz (vgl. Abbildung 1) – vorhanden sei, reicht allein für das faktische Gelingen nicht aus. Vielmehr stellt sich weitergehend die Frage, was gemacht werden kann und muss, um diese Fähigkeiten der Lehrenden zu unterstützen.

So gesehen geht es um ein Lernfeld resp. Ausbildungsfeld für die Lehrerqualifizierung, welches sich auf die Implementation des Lernfeldkonzepts bezieht. Ein solches Ausbildungsfeld muss wiederum durch entsprechende Maßnahmen seitens ausgebildeter Multiplikatoren unterstützt werden.

5. Organisationsentwicklung

In diesem Kapitel sollen nicht die allgemein in der Literatur diskutierten Überlegungen zur schulischen Organisationsentwicklung, zur pädagogischen Schulentwicklung, zur schulbezogenen Lehrkräfteentwicklung usw. diskutiert werden. Vielmehr soll es um die organisatorischen Fragen gehen, die sich unmittelbar aus der Implementation des Lernfeldkonzepts ergeben.

Daher wird als erstes die Bildung von Tandems und Teams (5.1) erörtert. Darauf aufbauend wird die (schulische) Diskurskultur und das Bildungsgangmanagement (5.2) erörtert.

5.1 Bildung von Tandems und Teams

Die Bildung von Arbeitsgruppen – zumindest von Tandems, i. d. R. jedoch als drei- bis vierköpfige Teams – ist eine notwendige Voraussetzung zur Umsetzung des Lernfeldkonzepts. Hieraus resultieren wiederum zwei Konsequenzen: die Lehrenden müssen teamfähig sein und es muss eine teambasierte Arbeitsorganisation implementiert werden:

Die Forderung nach Teamfähigkeit ist relativ schnell formuliert, genau genommen wird jedoch ein Anspruch gesetzt, der den bisherigen Sozialisationserfahrungen von Lehrkräften entgegenläuft. Die Erfahrungen bei der Implementation von Lernfeldcurricula (siehe oben Kapitel 3) verweisen auf sehr grundlegende Schwierigkeiten. Ein Problem ist gleichsam mental-motivationaler Art. Lehrende müssen bereit sein, sich auf veränderte Arbeitsabläufe einzulassen. Dies ist gleichsam ein (1) innerer Aspekt der Veränderung. Daneben gibt es (2) äußere. Beide Aspekte hängen zusammen.

Ad (1) – Innere Aspekte der Veränderung

Lehrtätigkeit ist sehr individualisiert. Dies findet im Kerngeschäft seinen unmit­telbaren Ausdruck. Lehrende sind i. d. R. mit der Klasse allein. Der Kollege wird indirekt über die Klasse erlebt, allenfalls gibt es Begegnungen zwischen den Unterrichtsstunden, etwas im Lehrerzimmer, vielfach als eher ‚flüchtige' Begegnung auf dem Flur. – Im Modellversuch NELE wurde von den Lehrenden sehr oft angemerkt, dass es einen regen, allerdings nicht-informellen, Austausch mit den Kolleginnen gäbe. Dieser wurde vielfach als ausreichend empfunden.

Im Rahmen von Lehrerkooperationen wird vielfach nicht erwartet, dass sie sich verstetigt und in Form von Arbeitsabläufen routinisiert. Absprachen und regelmäßige Arbeitssitzungen werden oft als nichtzielführend angesehen. Auf Nachfragen hin stellt sich sehr häufig heraus, dass der jeweils eigene Unterricht als zentrale Aufgabe angesehen wird. Eine Kooperation wird gleichsam aus der Bedarfslage dieses eigenen Unterrichts heraus gesehen. Diese Individualisierung von Unterricht kann nur aufgehoben werden, wenn ein Bildungsgang gleichsam als gemeinsame Aufgaben einer Lehrergruppe anerkannt wird. Doch auch wenn dies nominell geschieht, besteht noch vielfach eine gewisse Abneigung gegenüber der Formalisierung von Arbeitsabläufen (siehe unten 5.2), und es wird weiterhin versucht, die gemeinsame Arbeit über die ‚flüchtigen' Begegnungen zwischen dem Unterricht zu bewältigen.

Ein weiterer Aspekt der Individualisierung von Lehrertätigkeit ist eine gewisse Tabuisierung des Unterrichts. Es ist vielfach nicht üblich, dass Lehrer sich gegenseitig im Unterricht besuchen und sich so zum Beispiel ein Feedback geben. Die Idee einer gemeinsamen Unterrichtsverantwortung von einem Team oder Tandem beinhaltet aber substantiell, dass man diesen tabuisierten Raum gegenseitig betritt (siehe unten 5.2).

Neben dem mentalmotivationalen Problem, sich auf einen neuen Arbeitsablauf und auf veränderte Verantwortlichkeiten einstellen zu müssen, welches gleichsam ein eher innerer Aspekte der Veränderung ist, gibt es auch äußere Bedingungen, die für die Unterstützung – und komplementär für die Verhinderung – von Teamarbeit wichtig sind. Es sind dies die routinisierten Arbeitsabläufe , die Arbeitszeitmodelle und die räumlich-zeitlichen Arbeitsmöglichkeiten in der Schule.

Routinisierte Arbeitsabläufe drücken sich äußerlich darin aus, dass die Präsenszeit des Lehrers normiert wird. Dies führt letztlich zu einer dualistischen Arbeitskultur in der Schule, die durch streng geregelte Anwesenheitszeiten (=Unterrichtszeit) auf der einen Seite und mehr oder weniger unregulierten Abwesenheitszeiten (=unterrichtsfreie Zeit) auf der anderen Seite führt. Die Abwesenheitszeiten werden wiederum sehr individualisiert behandelt, vielfach ‚verteidigen' Lehrende diese Zeiten gegenüber dem Zugriff von außen. Dies heißt nicht, dass diese Zeit als arbeitsfrei anzusehen ist oder gar so von den Lehrenden betrachtet wird. Sie entzieht sich aber weitgehend einer gemeinsamen Verwendung für die Arbeit in Teams bzw. erschwert diese doch sehr. Hier wären letztlich neue Arbeitszeitregelungen erforderlich. Es müssten verbindliche Festlegungen getroffen und auch normiert werden hinsichtlich der Zeiten, die für Tätigkeiten außerhalb der Unterrichtszeit vorzusehen sind. Dies ist allein auch deshalb schon notwendig, als die fehlende Regulierung sich auch ‚gegen' die Lehrenden richten kann, da nicht vorhandene Normierungen die Gefahr implizieren, über ein vertretbares Maß hinaus zu arbeiten. Dies führt sehr schnell zu Überlastungen. Gerade die Erfahrungen im Modellversuch NELE haben gezeigt, dass sehr aktive Lehrerinnen sich auf die innovativen Möglichkeiten des Lernfeldes in eine Weise eingelassen haben, dass die damit verbundene Mehrarbeit letztlich nicht mehr in einem ‚normalen' Arbeitspensum geleistet werden konnte. Dies erklärt sich zwar zum einen aus den besonderen Anforderungen, die bei der Entwicklung und Umsetzung von neuen Ansätzen wie dem Lernfeldkonzept entstehen, es muss zugleich jedoch auch sehr kritisch darauf geachtet werden, für das Alltagsgeschäft vertretbare und zu bewältigende Arbeitsroutinen zu schaffen. Dies heißt auch, dass eine sehr ehrliche Quantifizierung der Arbeiten vorgenommen werden muss. Dies wiederum kann nur durch klare Regelungen verantwortung­bewusst bewältigt werden.

Daher muss die Frage der Arbeitszeitregelungen angegangen werden. Das tradierte Rechenmodell: Deputatsstunden minus Freistunden ist ein vollkommen falscher und letztlich nur dem Prinzip der Individualisierung von Lehrerarbeitszeit Vorschub leistender Ansatz. Mögliche Ansätze wären:

•  Eine Loslösung vom Deputatsansatz auf der Ebene des einzelnen Lehrers, verbunden mit einer Verrechnung von Präsenszeiten auf der Ebene der Arbeitsgruppen. Mit anderen Worten: das Team entscheidet über den Einsatz ‚seiner' Stunden.

•  Zugleich müssen die im Lernfeldkonzept anfallenden Arbeitsaufgaben und die sich daraus ergebenden Tätigkeiten (siehe Abbildung 2) in die Berechnung des Zeitbudgets von Lehrenden eingerechnet werden.

Arbeiten im Team setzt schließlich voraus, dass ein Arbeitsplatz für das Team vorhanden ist. Ideale Bedingungen sind hier in der Schule auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, ist doch das typische Schulgebäude von seiner Architektur her, insbesondere was die räumliche Ausstattung und Gliederung anbelangt, eher darauf angelegt, die nicht-unterrichtliche Arbeitszeit in den Privatraum der Lehrenden zu verlagern. Teamarbeit fordert aber auf, sich in der Schule unter den für diese Arbeit ‚guten' und ‚nützlichen' Bedingungen treffen zu können. Hier sind Schulen weitgehend darauf angewiesen zu improvisieren. Es ist aber mindestens erforderlich, dass Sitzungsräume eingerichtet werden. Idealerweise müsste man für jede bildungsgangbezogene Arbeitsgruppe (Bildungsgangteam) einen gemeinsamen Arbeitsplatz anbieten können. Hier könnte man durchaus Anleihen bei Betrieben nehmen, die ‚temporäre' Arbeitsplätze einrichten, indem z. B. Mitarbeiter über Rollcontainer für ihre Materialien (Computer, Lehrbücher usw.) verfügen und zugleich eine begrenzte Zahl von Arbeitsnischen und Arbeitsräumen für Sitzungen u. ä. angeboten wird, die dann von den Arbeitsgruppen temporär genutzt werden können.

Insgesamt sind durchaus Organisationslösungen in ‚alten' Schulgebäuden möglich. Von der Organisationsseite her wäre es aber erforderlich, dass der sächliche Verwaltungsaufwand erkannt und akzeptiert wird.

5.2 Diskurskultur und Bildungsgangmanagement

In Kapitel 2 wurde auf die diskursive Maßnahmeplanung hingewiesen. Demnach entwickeln Bildungsgangteams schulbezogene Lehrpläne, setzen sie um und evaluieren diese. Sie sind in der Rolle von forschenden Experten, die ihren eigenen Alltag untersuchen; sie erproben neue Verfahren, überprüfen dies kritisch und verbessern so stetig ihre eigene Arbeitssituation.

Diese Idee eines professionell arbeitenden Lehrers (vgl. Kapitel 4) impliziert eine diskursorientierte Arbeitskultur. Dabei geht es darum, dass die Lehrenden im Team und zwischen Teams sich über ihren Alltag konstruktiv auseinandersetzen. Hiermit ist nicht eine vordergründig-harmonische Konsenskultur gemeint, die darauf abzielt, dass jedes Organisationsmitglied damit einverstanden ist, was in der Organisation geschieht. Zwar ist es durchaus wichtig, dass Lehrende die Arbeitsabläufe in der Schule akzeptieren und bejahen, doch führt m. E. eine nur auf Konsens als leitendem Anspruch ausgerichtete Schulkultur dazu, dass im besten Fall eine laissezfaire-Kultur entsteht. Die hier verfolgte Idee zielt mehr auf Auseinandersetzung und auf eine pädagogisch-didaktische Streitkultur . Dabei scheint mir wichtig, dass strukturell festgelegt wird, worum es in der Auseinandersetzung geht, nämlich – vereinfachend formuliert – um qualitativ guten Unterricht. Dafür ist wiederum zweierlei notwendig:

•  Einerseits müssen Lehrende einen fachlichen Diskurs um die richtigen Wege führen können und

•  andererseits müssen sie mental, kognitiv-konzeptionell und von den faktischen Gestaltungsmöglichkeiten her in der Lage sein, die Ideen, Konzepte und Verfahren, die sie im Diskurs entwickeln, auch umzusetzen.

In Kapitel 2 wurden bereits wesentliche Aspekte eines solchen Diskurses aufgeführt: es geht um die Auseinandersetzung, um didaktische Konzepte, Leitbilder, um den Ressourceneinsatz und um die Art und Weise der Evaluation der eigenen Arbeit.

Abbildung 3 fasst die organisatorischen Überlegungen unter dem Gesichtspunkt des Bildungsgangmanagements zusammen: Demnach geht es in Bildungsgängen darum, einerseits eine Makro- und andererseits eine Mikroplanung vorzunehmen. Während sich die Makroplanung auf Fragen der Lehrplananalyse i. w. S. (allgemeine Lehrplananalyse, spezielle Analyse der Lernfelder, Analyse der inneren Struktur des Lehrplans i. S. einer Makrosequenzierung usw.) bezieht, geht es in der Mikroplanung um die konkrete Entwicklung von Lernsituationen, deren Abstimmung zueinander, der Zuordnung von Inhalten zu Lernsituationen, der Zuordnung von Lernsituationen zu Lernfeldern. Zwischen Makro- und Mikroplanung gibt es einen iterativ-zirkulären Abstimmungsprozess. Vielfach wird in diesem Zusammenhang seitens der Lehrkräfte die Frage gestellt, ob Bildungsgangkommissionen alles neu entwickeln müssten. In der Tat muss nicht jedes Mal das Rad neu erfunden werden; es ist Ausdruck einer professionellen Arbeitsweise, auf Bestehendes und Bewährtes zurückzugreifen. Allerdings ist es erforderlich, das, was man aufnehmen und verwerten möchte, in ein Gesamtkonzept zu integrieren. Dieses Gesamtkonzept ist mindestens durch vier Merkmale (1) Leitbild, (2) Ressourcen, (3) Didaktisches Modell und (4) Evaluationskonzept gekennzeichnet.

Ad (1) – Leitbilddiskussion

In einem Bildungsgang sollten die beteiligten Lehrer sich einig sein, welchen Bildungsanspruch sie gemeinsam verfolgen wollen und können. Dies hängt unmittelbar an den jeweiligen Vorstellungen der Lehrenden über den Menschen (Menschenbild). Schließlich geht es auch darum, was das Ergebnis von Bildung sein soll und wie sich ‚gute' Unterrichtsergebnisse niederschlagen. Mit dieser Frage hängt u. a. das Praxismodell der Lehrenden zusammen.

Insgesamt ist dies nicht nur eine Diskussion, die in den Bildungsgängen stattfinden sollte. Sie sollte auch auf schulischer Ebene sich niederschlagen. Weitgehend ungeklärt ist m. E. jedoch, wie die verschiedenen Diskussionsebenen, die es in der Schule gibt, hier zusammenspielen. M. E. gibt es hier einen nicht zu unterschätzenden Koordinationsbedarf zwischen den Bildungsgängen (vgl. Dilger et al. 2003).

Ad (2) – Ressourceneinsatz

Bei der Planung und Umsetzung von Bildungsgängen müssen auch Ressourcenvorgaben berücksichtigt werden. Das vorhandene Stundendeputat, die zur Verfügung stehenden sächlichen Verwaltungsmittel, aber auch die Raumsituation müssen einbezogen werden, und zwar nicht nur in Hinblick auf die Unterrichtsarbeit, sondern umfassend in Richtung auf die gemeinsame Teamarbeit (siehe 5.1).

Ad (3) – Didaktisches Modell

Ein wesentlicher Punkt der Diskussion müssen die didaktischen Vorstellungen der Lehrenden sein. Als Beispiel: es ist durchaus möglich, dass in einem Team die Vorstellungen über die Art und Weise, wie gelernt wird, sich unterscheiden. Eher theoretisch formuliert, könnte es so sein, dass Lehrende mit behavioristischen Ideen mit solchen zusammenarbeiten, die ein eher konstruktivistisches Lernmodell präferieren. Dies wird sich manches Mal wohl nicht als Theoriediskurs entfalten, jedoch auf jeden Fall immer zu unterschiedlichen Vorstellungen führen, wie Unterricht aufgebaut und Interventionen vorgenommen werden sollen. Wenn man die Idee verfolgt, dass ein Lehrerteam gemeinsam und reflektiert Unterricht plant, durchführt und evaluiert, so ist die Auseinanderssetzung – i. S. der oben beschriebenen pädagogischen Streitkultur – um die tragenden Ideen und Konzepte des eigenen Unterrichts von großer Bedeutung. Dies verweist zurück auf die skizzierten konzeptionell-reflexiven Fähigkeiten, die von Lehrenden erwartet werden (vgl. Kapitel 4).

Ad (4) – Evaluationskonzept

Lernfeldcurricula verlagern Entscheidungen in die Schule. Der Lehrplan ist ein outcome-orientiertes Modell. Es wird sehr allgemein festgehalten, welche Kompetenzen – i. S. von anwendbaren Fähigkeiten – durch die Unterrichtsarbeit gefördert werden sollen. Es wird letztlich weitgehend in die Kompetenz der Schule und der Lehrenden überantwortet, wie diese Kompetenzförderung der Lernenden gezielt gefördert werden soll.

Von den Lehrern werden curriculare, schulorganisatorische und didaktisch-methodische Arbeiten zur Förderung der Schüler verlangt, zugleich wird es in die konzeptionelle Professionalität von Schule gelegt, zu entscheiden, wie diese curricularen, schulorganisatorischen und didaktisch-methodischen Arbeiten aussehen sollen.

Es ist daher eigentlich fast schon zwingend, dass – zur Zeit implizit, auf Dauer wohl explizit – eine Evaluation dessen vorgenommen wird, was in Schulen auf der Grundlage des Lernfeldkonzepts faktisch gemacht wird. Daher wird die Frage der Evaluation an Bedeutung gewinnen.

Nicht jedoch nur vor dem Hintergrund einer externen Forderung nach Evaluation der pädagogischen Arbeit vor Ort ist m. E. die Evaluationsfrage relevant und muss sie bereits heute proaktiv in den Schulen thematisiert werden. Die Idee einer professionellen pädagogischen Arbeit im hier beschriebenen Sinn erfordert gleichfalls ein Evaluationskonzept als Rückversicherung der Lehrenden, dass das, was sie täglich machen, i. S. der angestrebten Ziele zielführend (effizient) und erfolgreich (effektiv) ist.

6. Schlussbemerkung

Die Einführung lernfeldstrukturierter Curricula verändert die pädagogisch-didaktische Arbeit vor Ort nachhaltig. Dabei kommen nicht wirklich neue Ideen zum Tragen; genau genommen geht es um die Dinge, die seit vielen Jahren, eigentlich sogar Jahrzehnten, in der Schulpädagogik und Fachdidaktik diskutiert werden.

Allein das Wissen darum, dass nicht wirklich Neues gefordert, sondern Altbekanntes endlich umgesetzt werden muss, reicht nicht aus. So muss dann auch darum gehen, genau zu erfassen, was in Zukunft von Lehrenden erwartet wird. Und darauf bezogen müssen zwei sehr ehrliche Fragen gestellt werden: (1) Sind die organisatorischen Voraussetzungen gegeben? und (2) Sind die motivationalen sowie kognitiv-konzeptionellen Fähigkeiten vorhanden? Mit anderen Worten: es geht um die Lehrerkompetenz und um die organisatorische Infrastruktur.

Dies sollte im vorliegenden Erfahrungsbericht thematisiert werden. Es ging mir darum, Ansatzpunkte zu zeigen und v. a. aufzuarbeiten, was von Lehrenden verlangt wird. Die Aufgabenstellung des Beitrags: ‚Lehrerselbstqualifizierung und Organisationsentwicklung als mögliche Bedingungen für das Gelingen/Misslingen des Lernfeldkonzepts!?' mit ihrer Frage- und Programmatikimplikation ist letztlich Ausdruck einer grundlegenden Problematik. Es geht nicht wirklich allein nur um das Gelingen oder Misslingen des Lernfeldkonzepts. – Vielmehr geht es darum, die Einführung lernfeldstrukturierter Curricula vor Ort als Aufgabenstellung zu begreifen, bei der Lehrende auf der Basis von Lernfeldcurricula ein schulbezogenes didaktisches Konzept überhaupt erst entwickeln. So gesehen ist die Fähigkeit von Lehrenden sich und ihre Organisation zu entwickeln die Voraussetzung dafür, dass ein Lernfeldkonzept überhaupt erst entsteht.

 

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