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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT17 - Sozialpädagogik
Herausgeber: Hans Gängler, Antje Förster & Freia Müller

Titel:
Übergänge sozialpädagogisch begleiten und gestalten – Beiträge zur Verbindung fachwissenschaftlicher und berufsfelddidaktischer Perspektiven


Sozial(pädagogisch)e Berufe sind – immer noch und immer wieder - als Frauenberufe zu professionalisieren in Berufs(aus)bildungen und Arbeitsmarkt 1

Beitrag von Maria- Eleonora KARSTEN (Leuphana – Universität Lüneburg)

0  Zur Erinnerung – oder – Zur Neubelebung der Diskussion um die Konstitution und Konstruktion sozialer Erziehungsberufe.

Soziale und sozialpädagogische Berufe sind bis heute Frauenberufe. Sie sind als personenbezogene, soziale Dienstleistungsberufe beschreibbar. „Beruf“ und „Profession“ sind besondere soziale Konstruktionen in der Sozialpädagogik und ganz besonders im Bereich der Elementarpädagogik, heute auch häufig als Pädagogik der Kindheit benannt.

Denn im Berufsfeld der Erzieherinnen, Fachberaterrinnen, in Aus- Fort- und Weiterbildung sind deutlich überwiegend Frauen berufstätig.

Ganz besonders deutlich ist dies ausgeprägt in der direkten interaktiven Arbeit „am Kind“, also in der tagtäglichen  Arbeit mit Mädchen und Jungen und ihren Müttern und Vätern.

Seit der Studie von Willms – Herget (1985) zur geschlechtlichen Verfasstheit der Berufe über eine längere Zeit und einem potentiellen Geschlechtswechsel, werden all jene Berufe als „Frauenberufe“ beschrieben, in denen mehr als 75% aller Berufstätigen Frauen sind. Studien hierzu liegen vor u.a. von H. Krüger (1992, 1996), U. Rabe – Kleberg (1987, 1994), R. Winter (2008), M.E. Karsten (2002, 2006) sowie der allgemeinere, nicht nur auf Sozialberufe bezogene Gender – Diskurs und der gleichstellungs- und frauenpolitische Diskurs.

Bereits 1991 wurde als gemeinsames Projekt , die ebenfalls gemeinsame Professionalisierung der Erziehungs-, Sozial-, Gesundheits- und Pflegeberufe (Rabe-Kleberg, Krüger, Karsten, Bals: 1991) erkannt und ab diesem Zeitpunkt professionstheoretisch und professionalisierungspolitisch vorangetrieben, eben ‚pro person’.

Von heute, 2011, rückblickend, ist festzustellen, dass diese fachöffentliche Diskussion nur partiell rezipiert wurde und insbesondere in die Diskurslandschaft der jüngeren Elementarpädagogik kaum angemessen Eingang fand; de facto wurde sie weitgehend vergessen oder aber, weil historisch vor 2005 erschienen, nicht zur Kenntnis genommen.

Dies macht es notwendig, einige grundlegende Argumentationen zu erinnern und neu zu beleben.

Eine ähnliche Initiative wurde ab 2009 auch vom Fachbereichstag: Soziale Arbeit unter dem Agronym „SAGE Sagenhafte Fächer! Soziale Arbeit, Gesundheit und Erziehung in einer gemeinsamen Interessenlage „ (Mergner 2009) gestartet, um im aktuellen Prozess der (Neu)Formierung des Professions- und Sozialen Berufsfeldes , insbesondere durch die Aktivitäten im Elementarbereich und durch den Bologna-Prozess in Hochschulen und Universitäten, die Gemeinsamkeiten zu markieren und dadurch die Argumentationen zu stärken.

Auffällig ist auch hier, dass von Seiten der Akteurinnen in der Elementar-/Pädagogik der Kindheit auch dieses Vorhaben kaum zur Kenntnis genommen wird. Der Tendenz nach wird sogar vermehrt auf Abgrenzung hingearbeitet, sodass zurzeit eine  disziplinäre Verortung der Elementar-/Pädagogik der Kindheit in der Erziehungswissenschaft und Sozialpädagogik nur schwer aufzufinden ist.

Zeitdiagnostisch gesehen, könnten weitere Wege zu einer gemeinsamen Professionalisierung in der Gründung des Studiengangsfachtages: ‚Pädagogik der Kindheit’ unter dem Dach von Fachbereichstag Soziale Arbeit (FBTS) und  Erziehungswissenschaftlichem Fakultätentag (EWFT) und zu einer gemeinsamen Jahrestagung der Sektion Sozialpädagogik und ihrer beiden Kommissionen: Sozialpädagogik und Pädagogik in 2011 der Kindheit liegen.

Da es aber derzeitig um Definitions- und Verhandlungsmacht, also das Abstecken professioneller claims  geht, also jurisdiction claims in der  Konnotation von Professionalisierungsprozessen, ist eine gewisse Skepsis geboten, ob eine solche Gesamtperspektive auf die gesellschaftliche Aufwertung des Gesamtfeldes aller Sozial- und Erziehungsberufe sich durchsetzen wird oder die jeweiligen Bereichseinzelinteressen, die dann auch keine historische Vergewisserung benötigen, stärker sein werden.

Insgesamt geht es also um:

  • die Beschreibung der Profession: Erziehungs- und Sozialberufe im Bereich Elementar-/Pädagogik der Kindheit, und somit um das Verständnis und die Erklärungsmodelle von Beruf und Profession. (1),
  • die Berufsbildungsgänge in nicht akademischen Ausbildungen zur Erzieherin als Sammelbegriff aller Berufstätigen (Frauen) im Feld der Elementar-/Pädagogik der Kindheit sowie die parallele Entwicklung von hochschulischen Bachelor- und Masterstudiengängen (2), und
  • um die Einordnung von Kompetenzen, die in diesen Bildungswegen erworben werden können und die sich zurzeit im Prozess der Realisierung von  European Qualification Frame (EQF) und Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR) befinden (3).

1 Die Beschreibung der Profession: Erziehungs- und Sozialberufe im Bereich Elementar-/Pädagogik der Kindheit, und somit um das Verständnis und die Erklärungsmodelle von Beruf und Profession.

Einigkeit besteht weitgehend fast nur darüber, dass es sich bei Erziehungs- und Sozialberufen um personenbezogene soziale Dienstleistungen handelt (Karsten, Mergner, Rabe-Kleberg).

Im Folgenden wird vorrangig auf Erziehungsberufe eingegangen, die in das Feld personenbezogener sozialer Dienstleistungen eingeordnet werden.

Personenbezogene soziale Dienstleistungen

sind zu verstehen als solche, die auf die Menschen direkt bezogen sind und mit ihnen das soziale, physische, psychische und kulturelle Leben gestalten und eine Vielzahl von qualifizierten Tätigkeiten, von der Erziehung über Kommunikation bis ins (Informations-) Management umfassen. Dies gilt seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts als geklärt. Die besonderen Charakteristika und Diskussionen lassen sich auf folgende Punkte hin zusammenfassen:

  • Uno-acto-Prinzip (Interaktionsgebundenheit, Produktion und Konsumtion in einem Akt)
  • Verantwortlichkeit und Geduld als Essentiel ( Rabe-Kleberg, 1994)
  • unabgeschlossen, nicht lagerbar, im Ergebnis auszuhandeln (Karsten, ab 1994)
  • Prinzip der Ko-Produktion (ProduzentIn und KonsumentIn müssen in der Leistungserbringung kooperieren),
  • Aushalten von Unsicherheiten (Rabe-Kleberg, 1996),
  • Erbringungs- und Realisierungsarbeit sind in ihrer sozialen Konstruktion zu unterscheiden (Schaarschuch 2005),
  • Aktive KonsumentInnen, personenbezogene soziale Dienstleistungen= klientengesteuert (vgl. Olk, u.a. 2003),
  • Soziale Kompetenz ist als Fachkompetenz zu beschreiben (Thießen/ Schweitzer 2000),
  • reflexiv ko-konstruierendes Arbeiten und vielfältige Interaktionsprozesse, um eigene Vorstellungen zu entwickeln (Wustmann, 2010),
  • Soziale Berufe sind Garanten für Lebensqualität (Karsten, 2003),
  • Soziale Berufe sind Gestaltungszentren des Sozialen (Karsten, 2005).

Diese Besonderheiten sind für die Erarbeitung von Berufs- und Professionsentwicklungen theoretisch und empirisch zu berücksichtigen, denn sie begründen den „Eigensinn“ (Negt/Kluge 1981) von Erziehungsberufen.

Diese sind nämlich nicht beschreibbar wie Handwerks- oder Industrieberufe, die die gegenständliche Ausstattung der Welt (Auto,  Waschmaschine, Häuser, Straßen, Nahrung u.v.a.) realisieren, sie beziehen ssich immer auf Personen, was ihre besondere Verantwortlichkeit ausmacht.

In der besonderen sozialen Konstruktion des deutschen Rechtsstaates haben die Erziehungsberufe mit denen von ihnen erbrachten sozialen Dienstleistungen ihre zentral definierte „öffentliche Verantwortungsaufgabe“ (12. Kinder- und Jungendbericht) zur „Bildung, Erziehung und Betreuung“ (SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz) der nachwachsenden Generation beizutragen, also zur Reproduktion der Einzelnen (Mädchen und Jungen) und der Gesellschaft als Ganzes.

Und um genau diese Aufgabe zu realisieren, befinden sie sich aktuell in einem neuerlichen Professionalisierungsschub, weil nur Berufe, die eine solche gesellschaftliche Aufgabe realisieren, sich selbst als Professionen verstehen, denen es obliegt, gesamtgesellschaftlich relevante Aufgaben zu erbringen. Sie erhalten hierfür besondere Privilegien, wie ein entsprechend hoher Status, Einkommen, das Anrecht für die Profession, Wissen zu bilden und die Regeln der Ausübung von Professionalität selbst bestimmen zu können.

Auch ein nur grober Blick aus einer Vogelperspektive führt sehr leicht zu der Einschätzung, dass die Erziehungsberufe in Deutschland durchaus im Prozess sind, vorerst aber die Erzieherinnen ihre Profession und noch kaum selbst zur Sprache bringen, dies vielmehr von Wissenschafts-, Berufs- und Ausbildungs-, Hochschul- und Berufspolitikakteurinnen getan wird.

Die Professionsentwicklungen in personenbezogenen Dienstleistung in all ihren Facetten zu beschreiben, ist in Deutschland deswegen besonders schwierig, weil die Berufsbildungsgänge vorrangig im vollzeitschulischen Modus in öffentlichen und Trägerschulen realisiert werden (insgesamt 453 Fachschulen, erst nach 2005 rund 60 BA-Studiengänge), im Hochschulsystem ebenfalls in öffentlicher oder freier Trägerschaft in Länderregie entstanden sind und sich dieser Gesamtbereich außerhalb und neben dem Berufsausbildungssystem dualer Berufe von Wirtschaft, Handwerk und Industrie herausbildete.

Diese  dualen Berufs(aus)bildungen gibt es in dieser Konsequenz und Ausprägung dergestalt, dass sie das bundesweite Berufsbildungsberichtswesen leiten, bundesseitig gesetzlich geregelt sind und das (vor allem männliche) Berufsverständnis nur in Deutschland leiten.

In der weiterhin durch männliche Definitionsmacht gekennzeichnete patriarchalen Gesellschaft Deutschlands weisen die Erziehungsberufe somit eine doppelte Be-Sonderung aus: Sie sind im Verhältnis zu den meisten Berufsbildungssystemen und Berufsverständnissen in Europa besonders –weil schulisch- konstituiert und sie sind im Verhältnis zum Alltagsberufsverständnis dualer Berufsausbildungen zusätzlich be-sonders.

Dass dies bis heute argumentativ aufrecht erhalten bleibt, ist umso erstaunlicher, weil bereits Ende des vorigen Jahrhunderts wesentliche Vertreter der Berufsbildungsforschung die tendenzielle Auflösung dieser Berufssicht beschrieben haben.

Die Berufsentwicklungen nach Dostal/ Stooß/ Troll, 1998 werden beschrieben mit deutlicher Richtung in sich ausbreitende Umbrüche:

  • Beruf beschreibt gleichermaßen aussagekräftig, vollständig und bewertend Erwerbsaktivitäten von Menschen. Er ist mehrdimensional angelegt und somit an komplexe Realitäten anpassbar. Darüber hinaus ist er in der Lage, auch Veränderungen aufzunehmen und zu transportieren. In einer von Wandel geprägten Welt kann Beruf weiterhin die Aufgaben übernehmen,
  • als Gliederungs-, Struktur- und Schichtungsprinzip im sozialen Raum zu wirken,
  • als Vorgabe für die Gestaltung von Ausbildungsprofilen zu dienen,
  • Grundlage für die Berufsorientierung und -wahl und damit Kommunikationsbasis über die Eigenheiten der Arbeitswelt zu sein.
  • Auflösungstendenzen sind erkennbar, weil
  • der im Sozialrecht verankerte Rechtsanspruch zur Absicherung beruflicher Positionen abgebaut wird,
  • die Kluft zwischen Kern- und Randbelegschaften vertieft wird,
  • die Kontinuität der Erwerbsarbeit abnimmt, und

dieser Zusammenhang zwischen Berufsausbildung und Berufstätigkeit gelockert wird. Diese Auflösungstendenzen bieten aber zugleich neue Chancen für den Beruf.

Unabhängig vom Arbeitgeber und einem spezifischen Arbeitsplatz erhält der Beruf eine neue Bedeutung, da er für die Berufswahl, die Qualifizierung und für den Arbeitsmarkt ein Raster anbietet, das wegen seiner Mehrdimensionalität und Anpassungsfähigkeit bei gleichzeitiger Stabilität als Instrument zum Ausgleich und zur Bewältigung der erkennbaren Herausforderungen verwendet werden kann. Der Beruf als Allokationsprinzip sollte deshalb nicht leichtfertig aufgegeben werden, da er auch in einer nachindustriellen Gesellschaft mit offenen Arbeitsformen sinnvoll und nützlich ist.

Für die Berufsforschung ergibt sich daraus die Aufgabe, die Rolle und Bedeutung von Beruf in dieser Umbruchsituation herauszuarbeiten und Instrumente zu entwickeln, die Veränderungen im Umfeld von Beruf und innerhalb der Berufe zu analysieren und zu bewerten.

Dazu gehören die Akzeptanz der Mehrdimensionalität, die Ausweitung der Kategorien bei der Erfassung und Strukturierung auch neuer Berufsfelder und Berufe, die Kategorisierung und Clusterung der vielfältigen Informationen sowie die Bereitschaft, die Berufelandschaft aus verschiedenen Blickrichtungen wahrzunehmen.

Neben einer eher beschreibenden und quantitativ orientierten [S. 459:] Berufsforschung sollte auch eine gestaltende, kreativ orientierte Berufsforschung betrieben werden, die bisherige und erwartbare Veränderungen beschreibt und zugleich neue Strukturierungshilfen erarbeitet und ihre Anwendung fördert.“ (in: Mitt.Arbeitsmarkt-u. Berufsforschung,3.1998,Nürnberg)

Aus den Erkenntnissen, dass und wie die soziale Konstitution der Erziehungsberufe als personenbezogene soziale Dienstleistungsberufe  im Denkmodell der dualen Berufsausbildungen und der darauf aufbauenden Berufsverläufe mit

  • Lehre – Lehrlingsstatus: Betrieb und Berufsschule
  • Gesellenprüfung – Gesellenstatus: Betrieb / Unternehmung / Handwerk
  • Fortbildung
  • Meisterausbildung: Betrieb und Fachschule

Meistertätigkeit im Rahmen der Ausbilder Eignungsverordnung (AEVo)

  • Weitere Aufstiege,

nicht gleichzusetzen ist mit vollzeitschulischen Bildungsgängen und ihren Bildungs- und Berufsebenen

BFS – Berufsfachschule

FS – Fachschule

FH – Fachhochschule

UNIV – Universität,

wobei als historische Besonderheit hinzukommt, dass die Fachschule dem tertiären Sektor zugerechnet wird (KMK 2002), zog bereits ab der zweiten Hälfte der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine Gruppe Sozial- und Erziehungswissenschaftlerinnen die Konsequenz, das Projekt der Professionalisierung argumentativ auszuarbeiten und damit die Ungleichbehandlung in Ausbildung und Beruf öffentlich und öffentlichkeitswirksam zu problematisieren.

Dennoch gilt bis heute der frühe Befund: „Besser gebildet und doch nicht gleich“ (Rabe-Kleberg, 1987), der auf das Dilemma dieses strukturell abgewerteten Berufsbereichs aufmerksam machte und im Kontext der Zweiten Frauenbewegung diesen Befund zur weiteren Bearbeitung vorstellte.

Dennoch blieb dieser Kenntnis und Wissensstand in der Reichweite in der allgemeinenerziehungswissenschaftlichen, sozial- und elementarpädagogischen Diskussion begrenzt, hätte er doch personalisiert. die männlich dominierte Professionsforschung tief greifend herausfordern können, dies war bei den eher oberflächlichen Sprachregelungen im Umgang mit Erziehungs- als Frauenberufen im Prozess der Realisierung des Gender-Mainstreaming in der Sozialpädagogik als allgemeineren und ist in der Elementar-/Pädagogik der Kindheit in jüngerer Zeit im  Besonderen, nicht gewünscht und wird damit wohl eher nicht grundlegend verstanden.

Die aktuelle Situation ist sogar durch tendenzielle Widerständigkeit des Themas Gender in der Sozialpädagogik gekennzeichnet. Die sozialpädagogischen Theoriebildungs-, Forschungs-, Empirie-, Methoden– und Praxisansätze kennen langjährig die Diskurse, in denen soziale Ungleichheiten und soziale Gerechtigkeiten als Kern sozialpädagogischer Theorie-, Alltags- und Praxisgestaltung ausgehandelt werden. Die patriarchale Grundfigur und ihre Konkretisierung in sozialen (Frauen)Berufen ist dagegen zwar durchaus Thema in historischen Analysen der Herausbildung von Sozialarbeit/ Sozialpädagogik, Elementar- u. Pädagogik der Kindheit als Berufe, als durchgängiger Struktur- und Analysebereich jedoch eine bis heute ungelöste Entwicklungsaufgabe. Und obschon die Realisierung von Gender- und Diversity-Analysen und Lehrangeboten in Akkreditierungsprozeduren von Studiengängen auch der Elementarpädagogik ein zu überprüfendes, anerkanntes Qualitätsmerkmal ist, kann von durchgängigen, vertieften Reflexionen bis heute nicht die Rede sein.

Angesichts der immer neuen Aufforderungen von Netzwerken wie z. B. dem Europäischen DECET: Diversity in Early Childhood Education and Training (2007) oder Veröffentlichungen, auch in 2009, die immer noch die Befassung mit dem Genderthema (Böllert/Karsunky, 2008) einfordern, muss sogar von einer gewissen Widerständigkeit der Sozialpädagogischen Theorie- und Empirieentwicklung ausgegangen werden und davon, dass auch in der Praxis class, race, gender, besonders in ihren vielfältigen wechselseitigen Bedingtheiten und Relationen insbesondere für die Erziehungsberufe, immer wieder die Tendenz haben, verdrängt zu werden.

In den Diskurskonjunkturen seit den siebziger Jahren und verstärkt seit dem Mädchenjugendbericht (1986)  wird immer wieder auf einzelne Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe - Gender in Kindertagesstätten (Rabe-Kleberg, 2003) oder besondere soziale Problemlagen von Jungen (Rohrmann, 2007; Meyer, 2006) - eingegangen.

Eine durchgängige Realisierung und konsequente Berücksichtigung der Tatsache, dass überwiegend Frauen interaktiv in der Elementarpädagogik/ Pädagogik der Kindheit tätig sind, was in jeder Empirie differenzierend zu berücksichtigen wäre, findet sich jedoch nicht. Dies bleibt somit eine theoretische und empirische Herausforderung.

Dann rückt nämlich in den Blick, dass dieses Feld doppelt sozial konstituiert ist: Zum einen als je differenzierte Ausprägung in sozialen Erziehungsberufen in der Vielfalt der Handlungsfelder und zum anderen in der sozialen Konstruktion der personenbezogenen sozialen Dienstleistungsarbeit mit Adressatinnen und Adressaten, die koproduktiv die jeweilige elementarpädagogische Arbeit ausgestalten. Im Einzelnen bedeutet dies, jedes Feld des Gender-Mainstreaming ist in die elementarpädagogische Verfasstheit hinein zu konkretisieren und vice versa, jedes elementarpädagogische Handeln, jeder Befund, jede Analyse und jede Theoriebildung ist daraufhin zu befragen und auszuarbeiten, ob und wie in angemessener Weise die Gender-Frage zureichend und angemessen bearbeitet wird.

Dies gilt gleichermaßen für die Aus-, Fort- und Weiterbildungen in akademischen und nichtakademischen Berufs-(Ausbildungs-) und Studienbereichen, von der Berufsfachschule über die Fachschulen, Fachhochschulen bis in die Universitäten und dabei, sozial- und hochschuldidaktisch konkretisiert, auch für die Ausbildung der AusbilderInnen, den wissenschaftlichen Nachwuchs und die derzeit tätigen Lehrenden im Berufsbildungs- und Hochschulsystem.

Das Projekt der Professionsbildung und der Professionalisierung der Elementarpädagogik/ Pädagogik der Kindheit bleibt somit auszuarbeiten.

Die tragfähigste und theoretisch, wie auch empirische Studien am besten fundierende Professionalisierungstheorie wurde von Andrew Abbott vorgelegt:

„The System of Professions“ 1988, Professionalisierungsbewegungen und –pfade lassen sich hiermit in personenbezogenen Dienstleistungen besonders gut beschreiben und insbesondere von Krüger, Rabe-Kleberg, Karsten in der deutschsprachigen Diskussion weiterentwickelt.

Zentrale Elemente des Denkmodells sind

  • Jurisdiction ist der doppelseitige Prozess, in dem die Gesellschaft eine bestimmte Gruppe von qualifizierten Menschen die Aufgabe zuschreibt, tätig zu werden und diese Gruppe Menschen in der Regel Berufsangehörige diese Aufgaben zur Problemlösung als ihre Zuständigkeit übernehmen. Konkret: Erzieherinnen übernehmen den Erziehungs- Bildungs- und Betreuungsauftrag als ihre Berufsaufgabe.
  • Jurisdiction Claims sind die so gebildeten, sich bildenden und sich durchaus beweglich umbildenden Berufsfelder.
  • Professional Battle (War) ist das Geschehen, das bei der Bildung, Umbildung, Neubildung von Professionen das durchaus streitige Aushandeln der Zuständigkeiten, also bewegliche Prozesse, mit denen in und zwischen Professionen Verhandlungen beschreibbar werden, entsteht, aktiv bewegt wird und ausgestaltet wird.

Jede personenbezogene, soziale Dienstleistungsarbeit, hier der Erzieherin, ist hinsichtlich in

ihrer empirischen Ausprägung also gehaltvoll zu beschreiben:

  • Erzieherinnenarbeit in Kindertagesstätten (Krippen, Kindergärten, Horten, Tagespflege) ist als Bildung, Erziehung und Betreuung für die jeweilige Organisation,
  • die Personenzusammensetzung,
  • die Form und Dauer der Berufstätigkeit von (überwiegend) Frauen,
  • die Anzahl der Mädchen und Jungen, Mütter und Väter,
  • die soziale Lebenslage mit ihren Lebensmöglichkeiten ist zu rekonstruieren,
  • im Rahmen der allgemeineren Bestimmung, dass und wie sich dabei das uno – actu – Prinzip, und die prinzipielle Unabgeschlossenheit und Unentschiedenheit in den Prozessen, die Nichtplanbarkeit und Nichtlagerbarkeit ausgestalten einschließlich der Erkenntnisse, dass und wie sich die Prozesse aller Beteiligten ihre Zeit nehmen und im Vollzug von allen Beteiligten Geduld und Professionalität einfordern.

Werden diese Charakteristika in Beziehung gesetzt zu dem heute allseitig für die Elementarpädagogik geltenden Bildungsauftrag, dann ist an die kritische Perspektive und Tradition von Bildungsreflexionen zu erinnern.

Denn es geht immer um Wissen, Können und Tun in der Lebenswelt, ist also in Alltags- und Lebensweltdiskursen inhaltlich ausgestaltbar.

Die sozialwissenschaftlichen und pädagogischen Diskurse zum Thema Lebenswelt akzentuieren die Verbindungen zwischen gesellschaftlichen Strukturen und subjektiven Deutungs- und Handlungsmustern in spezifischer Weise: Lebenswelt wird als Gegenwelt zu gesellschaftlichen Enteignungsprozessen gesehen, als Ort eigensinniger und zu respektierender Lebensarrangements, als Ort einer notwendigen Destruktion pseudokonkreter Bewältigungsmuster und als Ort von Autonomie und Selbstgestaltung des Alltags.

Unsicherheit und Vieldeutigkeit bestimmen- oberhalb elementarer Verbindlichkeiten- Überlappungen und Übergänge. Was gelten soll, muss ausgehandelt werden; Aushandlung ist das Medium, in dem das Profil von Lebensräumen und Bewältigungsmuster bestimmt werden muss. Das Konzept Lebenswelten- in diesem Zugang- ist sensibel vor allem für die neuen Chancen, Belastungen und Überforderungen in den Gestaltungsaufgaben von Erfahrungsräumen und Lebensentwürfen.“ (Grunwald/Thiersch, Handbuch für Sozialarbeit, 2005)

Die Konstruktions-, De- und Rekonstruktionsaufgaben der Lebensweltorientierung bestimmen für  Kindereinrichtungen einen praxisnahen, theoretisch differenzierten Rahmen, in dem Forschen des Alltags in Kindereinrichtungen placiert werden kann.

Denn ein solches Handeln und erst eine solche Integration von Wissen, Können und Tun, die die gesamte Persönlichkeit umfassen, ist in den Prozessen der Professionalisierung von personenbezogenen sozialen Dienstleistungsberufen, auch als Frauenberufen, professionstheoretisch  wesentlich.

Gerade die Charakteristika personenbezogener sozialer und im Erzieherinnenberuf erbrachter Dienstleistungen, wie Koordination und Kooperation im Interaktions- und Kommunikationszusammenhang der Erbringung und Unsicherheiten im Prozess, da z.B. Bildungs-, Erziehungs- und Beratungs- oder Lernprozesse prinzipiell unabgeschlossen sind, machen es geradezu unausweichlich, Denken und Reflektieren, Konstruieren und Dokumentieren forschungsfundiert mehrperspektivisch anzulegen.

Eine der entscheidenden Entwicklungs- und Reflexionsaufgaben in dieser Differenzierung bezieht sich auf die Entwicklung der Berufsbildung und die Studienangebote, denn deren Ausgestaltung ist ein wesentlicher Eckpfeiler der Professionsbildung.

2 Die Berufsbildungsgänge in nicht akademischen Ausbildungen zur Erzieherin als Sammelbegriff aller Berufstätigen (Frauen) im Feld der Elementar-/Pädagogik der Kindheit sowie die parallele Entwicklung von hochschulischen Bachelor- und Masterstudiengängen

Die nachfolgende Überblicksskizze, als Bild, stellt für die derzeitige Diskussion die vorhandenen und weiterzuentwickelnden Bildungswege in der Elementarpädagogik dar, auf der linken Seite. Die BA- Studiengänge und die Fachschulbildung werden dabei häufig ohne ihre Kontexte der Fakultäten oder Fachbereiche gesehen.

Die Arenen der Verhandlung sind auf der rechten Seite aufgeführt; hier müsste der Studiengangsfachtag: “Pädagogik der Kindheit“, in Gründung ab 4.2.2011, ergänzt werden.

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Es ist zu dieser Zusammenschau leicht rekonstruierbar, dass die höchst unterschiedlichen Zuständigkeiten eine ebenso unterschiedliche Vielzahl von Claimbildungsprozessen, von Verhandlungen und Interessensdurchsetzungsstrategien mit sich bringen (können).Beschreibend lassen sich mindestens folgende große Arenen aufführen: 

  • Auf der einen Seite alle Bereiche der schulischen Berufsausbildungsgänge, in der Regel bis zu sieben, in Bundesländerzuständigkeit unter der Federführung der Kultusministerien bis zur Fachberatung und Fortbildung der Lehrkräfte und der Definition der Zulassung, Durchführung und des Prüfungswesens, differenziert nach öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft (Schulen und anerkannte Ersatzschulen).
  • Auf der zweiten Seite der Hochschulbereich, ebenfalls in öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft einschließlich der Stiftungen öffentlichen Rechts mit den Studiengängen auf den drei Ebenen BA, MA, Promotionsebene, wobei letztere weiterhin ein Privileg der Universitäten ist.

Dieser Bereich ist wissenschaftsministeriell in Hochschulgesetzen geregelt und realisiert die Kriterien akademisch guter Lehre und Forschung (DFG 1998). Auch hier ist in besonderer Weise die Zulassung, das Studieren und das Prüfungswesen geregelt, ab 2010 für alle nach dem Modell von Modulen, die mit Studien- und Prüfungszeiten in Credit-Points berechnet werden.

Hierzu gehört ein besonderes Akkreditierungswesen, das die Zulassung der Studiengänge reglementiert.

Beide Bereiche stellen selbst einen Berufs- und Arbeitsmarkt mit besonderen Laufbahn- und Entgeltregulierungen dar, die nebeneinander existieren.

  • Auf der dritten Seite ist das Gesamtfeld der Berufe und des Arbeitsmarktes für Erzieherinnen durch Erziehungs- und Bildungseinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft (regional die größte Anzahl) freiverbandlicher Trägerschaft der Kirchen, des Caritas, des diakonischen Werkes, der Arbeiterwohlfahrt, des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, des Roten Kreuzes oder der Zentralwohlfahrtstellen der Juden in Deutschland, in Selbsthilfegruppen, Elterninitiativen oder kommerziell-unternehmerische Kindereinrichtungen, die jeweils ihrerseits eingebunden, rückgebunden oder getragen sind von Kinder- und Jugendhilfeadministration von der kommunalen bis zu Europaebene, einschließlich berufsverbandlicher bis gewerkschaftlicher und berufspolitischer Interessenvertretungen auf den gleichen Ebenen.

Dieses gesamte Verhandlungsfeld ist derzeit aktiv, um definitorisch, interessens-, bereichs- oder personengeleitet die Weiterentwicklung des Feldes: Bildung, Erziehung und Betreuung qualitativ auszugestalten.

3 Die Einordnung von Kompetenzen, die in diesen Bildungswegen erworben werden können und die sich zurzeit im Prozess der Realisierung von  European Qualification Frame (EQF) und Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR) befinden

Eines der heute entscheidenden Verhandlungsfelder ist die Konkretisierung des EQF (European Qualifikation Frame) in den DQR und weitere Sparten-, bzw. bereichsspezifische Kompetenzmodelle. Mit diesen Prozessen soll die Idee der Verwirklichung eines gemeinsamen europäischen Bildungsraumes und durchlässiger Bildungswege für Frauen und Männer ermöglicht werden. Dies wird versucht, durch gemeinsame Verhandlungen von Kompetenzen, die 8 Niveaustufen gegliedert sind, zu erreichen.

Zu der Verhandlungsgruppe beim BMBF ist der soziale Berufsbereich, also mithin auch der Beruf der Erzieherin personell nur sehr spärlich vertreten, so dass das Feld der Erziehungs- und Bildungsarbeit kein Beispielfeld der Entwicklung und Erprobung ist.

Seit 2008 wurden zur Ausgestaltung des Prozesses eine Vielzahl von Papieren vorgelegt mit denen das Kompetenzdenken ausgearbeitet werden sollte, wie z.B. der Qualifikationsrahmen: „Bildung und Erziehung im Lebenslauf“

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Bis Anfang Juni 2011 sind dies:

Die nachfolgende Argumentation bezieht sich auf den Stand des Deutschen Qualifikationsrahmens vom März 2011 sowie die Vorlagen, die sich speziell auf elementarpädagogische Bereiche beziehen, in chronologischer Reihenfolge:

  • Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit (QR SArb) 2008
  • Frühpädagogische Qualifikationsprofile – Ausbildungswege im Überblick, Stand 24. 5. 2011 ( Bosch )
  • PIK- Orientierungsrahmen 2008
  • Kerncurriculum Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) 2008
  • BAG- BEK Qualifikationsrahmen für Bachelor 2009
  • Qualifikationsrahmen“ Bildung und Erziehung im Lebenslauf (QR BEL) 2010
  • JFMK/KMK Orientierungsrahmen 2010
  • WIFF – Qualifikationsprofil 2011

Mit nur graduellen Unterschieden orientieren sich diese Materialien am Strukturmodell des Qualifikationsrahmens Soziale Arbeit, der auch die fortschreitenden Prozesse umfasst. 

Beispielhaft genannt und illustriert.

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Die neue Situation ab 03.2011 und hierdurch kann sich alles ändern, denn es soll gelten:

 

 

 

 


Darin wird vorgesehen:

 

 

 


Die Prinzipien des DQR ab 22.3.2011 sind:

 

Die acht Niveaus des DQR sind:

 


Besonders relevant wird dabei die folgende Unterscheidung und das damit verbundene Procedere:

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Dies bedeutet:

  • Erstens, Differenzierung zwischen Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit,
  • Zweitens, Inclusionsprinzip,
  • Drittens, alles was höhere Kompetenzen sind, sind als „ Steigerung“ zu beschreiben.

Alle drei Punkte wurden in den bisherigen Ausarbeitungen zum QR für Erziehungsberufe nicht realisiert und müssten neu entwickelt werden und zwar für jede Niveaustufe!

Diese Konkretisierungen folgen der Logik, dem Denkmodell und dem Aufbau dualer Ausbildungsgänge und Berufsverläufe und verquicken durch die Zuordnung von Ausbildungsstufen und Berufsverlaufsbenennungen mit im Dualen System möglichgängigen Berufsabschlüssen. Kompetenzmodelle, die aufeinander aufbauend und in jeder Stufe eigenständig bestimmt gedacht und formuliert werden können haben dadurch durchaus auch noch eine Entsprechung im Berufs- und Arbeitsmarkt haben.

Da, wie vorne gezeigt, die Erziehungsberufe und die für sie vorhandenen Bildungsgänge zu keiner dieser Logiken, Denkmodelle oder Berufsverläufe passen, beinhaltet dieser Stand der Diskussion mehrere Probleme, denn es entstehen neue Sackgassen, Undurchlässigkeiten und argumentative Brüche.

Werden die für die Elementar-/ Pädagogik relevanten Niveaus beispielsmäßig inhaltlich gefüllt, so hieße eine mögliche Zuordnung:

  • Niveau 3: Über Kompetenzen zur selbstständigen Erfüllung fachlicher Anforderungen in einem noch überschaubaren und zum Teil offen strukturierten Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. (BFS) Dies entspräche in den Kompetenzen der Tätigkeit einer Gruppenkraft in einer Kita
  • Niveau 4: Abitur
  • Niveau 5: leer
  • Niveau 6:Über Kompetenzen zur Planung, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden fachlichen Aufgaben und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in Teilbereichen eines wissenschaftlichen Faches oder in einem beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Die Anforderungsstruktur ist durch Komplexität und häufige Veränderungen gekennzeichnet. (FS und BA)= Dies entspräche den Aufgaben einer Einrichtungsleitung.
  • Niveau 7: Master oder Master Education
  • Niveau 8: Promotion

Ausformuliert gem. Schrift vom 22.3.2011

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Nach diesem, derzeit vorliegenden, Stand der Diskussion beinhaltet der Aufbau des vollzeitschulischen Berufsbildungssystem und der Bildungsgänge für soziale Berufe über Studium mehrere (neuerliche) Gefahren:

  • Brüche in einzelnen Bildungs- und Berufsbiographien, die einzelnen und in Zusammenhang in ein neues Zurechnungssystem übersetzt werden müssten: Anerkennungsproblem
  • Neue Undurchlässigkeiten, weil bisher vorhandene Kompetenzen neu zugerechnet werden müssten, ebenso
  • Neue Sackgassen, weil die Verhandlungspartner dies erst erlernen müssten, dazu ist in der Praxis noch sehr wenig vorhanden,
  • Tendenz zur neuerlichen und umfassenden Abwertung der sozialen Frauenberufe auf dem Arbeitsmarkt, denn ein mögliches Interesse in einer Arbeitgeberperspektive könnte dazu tendieren, Niveau 6 nur für „ steuernde Leitungspersonen“, die Position Fachschulabsolventinnen als Regelfachfrauen, Erzieherinnen für jedes Mädchen und Jungen nicht länger zu realisieren
  • Entwicklung von sechzehn länderspezifischen, kaum noch nachvollziehbaren, intransparenten Varianten,
  • Widerspruch zu den derzeit allseits behaupteten und eingeforderten Qualitäten von Bildung, Erziehung und Betreuung für alle auf gleichem Niveau.

Dadurch entstehen neue Widersprüche zu jedem wohlverstandenen Verständnis von Lebenslangen Lernen und zur Gesamtidee des Europäischen Prozesses zu einem einheitlichen Bildungsraum Europa sowie des EQR und DQR. Ein mögliches Realisierungsmodell des DQR – Systemübergänge/Durchlässigkeit (Karsten 2011) in sozialen Erziehungsberufen könnte sein

Niveaustufen DQR

Berufsbezeichnungen/ Abschluss

8

Promotion

7

Master ( Fach-u.Lehramtsmaster) M.Ed. Elementar- / Pädagogik der Kindheit

6

Bachelor ( generalistisch bis spezialistisch )/ Elementarp. einzeln, aus- und aufbauend, Primarpäd. integrierend

5

Fachschule (Fachhochschulreife),

Abitur

4

Berufsfachschule Sozialassistenz

3

Klasse 10 (HS, RS, GYM, Nds. neue Oberschule)


Auch wenn eine solche Struktur verwirklicht würde, bleibt in jedem Fall die Aufgabe, die bereichsspezifischen Konkretisierungen auszuarbeiten und aufeinander zu zubewegen und niveaubezogen zu differenzieren und zu übersetzen.

Ohne hier kleinteilig auf die einzelnen Varianten einzugehen, fällt deutlich auf, dass intensivst auf die Fachschul- und BA- Ebene eingegangen wird und tätigkeitsfeldbezogene Kompetenzen im Handlungsfeld „ Erziehung, Bildung und Betreuung“ nahezu gleichlautend ausdifferenziert werden und sich im Kern vorrangig auf„ Arbeit mit Kindern“ beziehen. Hierbei werden aber alle Genderkriterien außer acht gelassen.

Die „professionelle Haltung“ wird als Kernkompetenz beschrieben, die im „ übergeordneten

Kompetenz(entwicklungs)modell…. als zu entwickelnde… jeweils hinter den anderen Dimensionen liegt“ ( Bosch 2011 S. 33) Diese professionelle Haltung wird hinsichtlich  „Sozialkompetenz“ und „ Selbstständigkeit“ für die Fachschule beschrieben und additiv für die BA – Ebene und die Master, jeweilig aufbauend erweitert, inhaltlich aber nicht beschrieben werden.

Die 55 ( 28 für die Fachschule, 15 für den BA und 12 für die Masterebene ) aufgelisteten Kompetenzen liegen dementsprechend quer zu den  sechs Handlungsfeldern, in denen dann aber vorrangig „Fertigkeiten“ ( S. 37, S.38, S. 39, S.40 )formuliert werden, insgesamt also 330 Kompetenzen, was gleichzeitig eine kaum handlungsbegründende Vielzahl und eine hohe Beliebigkeit bedeutet.

Keine dieser Auflistungen bezieht sich auf ein konsistentes, theoretisch fundiertes Professionsverständnis, eine Professionstheorie oder einen geklärten Professionsbegriff.

Ebenso ungeklärt ist auch das Wissenschaftsverständnis sowohl für den BA oder den MA.

In einem solchen Umfeld ist es dann nur konsequent, die M. Ed. Studiengänge :

„Lehramt an Berufsbildenden Schulen, Fachrichtung Sozialpädagogik“ ebenso wenig inhaltlich zu berücksichtigen, wie die akademischen Wege in „ Wissenschaft als Beruf“ sowie in Professuren, ihre Widmungen und ihre Zuständigkeiten in Studiengängen.

Dies kann für die akademische Kultur, das Selbstverständnis und die Zukunft akademischer Entwicklungen in Forschung und Lehre und für den wissenschaftlichen Nachwuchs nicht zufrieden stellen.

Die Mindeststandards und „Regeln guter wissenschaftlicher Praxis“ (DFG 1998) bleiben nämlich auf diese Weise ebenso unberücksichtigt, wie die erreichten Diskurse, Befunde und Erkenntnisse der Professionsforschung, der elementarpädagogischen Theoriebildung und der standortbezogenen, ernsthaften Bemühungen um die Qualität jeder Ebene beruflicher Bildungs- und Studiengänge.

4 Anstelle eines Schlusses: Arbeitsaufträge

Wie in Professionalisierungswegen fast schon üblich, gibt es keinen „one way best“, sondern eine vielzahl von Aufgaben, soll das  Gesamtfeld angemessen zur Geltung kommen.

Welcher Weg auch immer beschritten wird, als mögliche Konsequenzen in jedem Fall auszuarbeitend sind:

  • Neuregelungserfordernisse aller BBSVo mal 16 Bundesländer, was neue Ungenauigkeiten mit sich bringen kann,
  • Veränderung aller Kitagesetze/ Berufszulassungsregeln/ Personalbemessungsvarianten und entsprechender Materialien
  • Neues Tarifregelwerk, da Kompetenzen und tätigkeitsbezogene Eingruppierung nicht direkt zueinander passen,
  • Neuformulierung der Studiengänge,
  • (Nach) Qualifizierung (fast) aller Lehrkräfte und Lehrenden im Berufsbildungssystem und Hochschulsystem,
  • (Nach- und Neu) Qualifizierung aller Unterstützungssysteme auf jeder Ebene.

Hierbei sind die Elementarpädagogik, Sozialpädagogik und die Grundschulpädagogik sowie die jeweiligen (Sozial) Didaktiken in ihren historischen und aktuellen Diskursen angemessen zu berücksichtigen.

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Zitieren dieses Beitrages

KARSTEN, M.-E. (2011): Sozial(pädagogisch)e Berufe sind – immer noch und immer wieder - als Frauenberufe zu professionalisieren in Berufs(aus)bildungen und Arbeitsmarkt. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 17, hrsg. v. GÄNGLER, H./ FÖRSTER, A./ MÜLLER, F., 1-24. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft17/karsten_ft17-ht2011.pdf (26-09-2011).



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