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http://www.bwpat.de/ATspezial | Hrsg. bwp@-Spezial 3 - Österreich Spezial: Franz Gramlinger & Peter Schlögl & Michaela Stock

bwp@ Spezial 3 - Österreich Spezial
Berufs- und Wirtschaftspädagogik in Österreich. Oder:
Wer „macht“ die berufliche Bildung in AT?


Autonomie und Profilbildung im berufsbildenden Schulwesen in Österreich – ein vernachlässigtes Forschungsfeld?

1. Einleitung

Hohe rechtliche Regelungsdichte und Verbürokratisierung des Schulwesens, politische Einflussnahmen sowie geringe Handlungsspielräume auf der Ebene der Schulen führten Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts auch in Österreich zu einer politischen Willensbildung, die in der Autonomiegesetzgebung ab 1993 ihren Ausdruck fand. Dieser Paradigmenwechsel in der Zielrichtung von bildungspolitischen Reformstrategien, die nun die Ebene der Schulen in den Mittelpunkt rückten, wurde auch durch wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Schulwirksamkeitsforschung unterstützt, die in den 80er Jahren ausgehend vom angelsächsischen Raum Verbreitung gefunden hatte. Darin wurde die einzelne Schule als Handlungseinheit in den Blick genommen und deren hohe Bedeutung für die Qualität des Bildungsangebots hervor gestrichen. Ausschlaggebend für diesen Paradigmenwechsel waren auch Reformbestrebungen zur Deregulierung und Dezentralisierung der Bildungssysteme in anderen Ländern.

Seit der Einführung der Schulautonomie in Österreich durch die 14. Novelle zum Schulorganisationsgesetz sind mehr als zehn Jahre vergangen. In dieser Zeit ist Österreich der Europäischen Union beigetreten und hat an PISA teilgenommen. Themen wie Qualitätssicherung und Internationalisierung sind in den Vordergrund des bildungspolitischen Diskurses getreten. Welche Bedeutung kommt in diesem veränderten Kontext der Schulautonomie zu? Wie wurde sie bislang umgesetzt? Welche Auswirkungen zeigen sich auf der Ebene der Schulen sowie im Gesamtsystem? Wie wurde und wird das Thema von Seiten der wissenschaftlichen Forschung aufgenommen, welche Beziehungen zu anderen aktuellen wissenschaftlichen und politischen Diskursen können festgestellt werden?

Die folgenden Ausführungen verstehen sich als ein Versuch – so weit es die vorhandenen Daten zulassen – Bilanz zu ziehen bzw. aufzuzeigen, welche Fragestellungen nach wie vor offen bleiben müssen. Schließlich soll eine Verortung des Themas in Bezug auf die aktuellen Diskurse vorgenommen werden.

2.  Autonomie an österreichischen Schulen

2.1  Einführung und Entwicklung der Schulautonomie

Das Thema "Schulautonomie", das 1988 erstmals in die bildungspolitische Debatte in Österreich Eingang fand (vgl. ALTRICHTER 2000, 68) wurde Anfang der 90er Jahre relativ rasch politisch umgesetzt. Bereits zwei Jahre später findet sich im Regierungsprogramm 1990 ein Bekenntnis zur "Dezentralisation, Autonomie und Mitbestimmungsmöglichkeiten an Schulen" (ARBEITSÜBEREINKOMMEN 1990, 64). Im Wesentlichen ging es dabei um eine Verwaltungsvereinfachung sowie die Profilierung der Schulen durch lehrplanautonome Maßnahmen und Zusatzangebote (vgl. ARBEITSÜBEREINKOMMEN 1990, 64).

Die Erweiterung von Gestaltungsspielräumen der Schulen fand zu diesem Zeitpunkt breite Unterstützung bei den unterschiedlichen AkteurInnen. SERTL (1993, nach ALTRICHTER 2000, 68f.) unterscheidet jedoch ein weites Spektrum von – z.T. untereinander nicht konfliktfreien – Zielsetzungen, die von den ProponentInnen der Schulautonomie verfolgt wurden: Ihnen gemeinsam war die Prämisse, dass bestimmte Entscheidungen am Standort besser, d.h. der Situation und den Bedürfnissen vor Ort angemessener, und rascher getroffen werden könnten als durch eine zentrale Verwaltung. Während die einen die Debatte jedoch unter dem Gesichtspunkt von mehr Wettbewerbsorientierung und Effizienz führten, standen für andere Demokratisierung und mehr Mitbestimmung von LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern und/oder die Erneuerung des Bildungswesens durch pädagogische Initiativen von unten im Vordergrund. Auch ein Zurückdrängen des Einflusses der Parteien oder eine stärkere Regionalisierung erhoffte sich ein Teil der AkteurInnen. Als gemeinsames Ziel können v.a. Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau festgemacht werden. Welche Gestalt diese Verwaltungsreform annehmen sollte, blieb dabei jedoch weitgehend undefiniert. Ein vom zuständigen Ministerium in Auftrag gegebenes Expertengutachten (POSCH/ ALTRICHTER 1993) identifizierte Lehrpläne, Strukturierung der Zeit, Außenkontakte der Schulen, Personalentscheidungen, Entscheidungsabläufe an den Schulen sowie budgetäre Handlungsspielräume als mögliche Inhalte für schulautonome Entscheidungen. Schulautonomie wurde in diesem Gutachten wie folgt definiert: " Sie eröffnet Spielräume für Schulen, um strategische Entscheidungen über pädagogische Prioritäten zu fällen. Diese Entscheidungen werden zu spezifischen pädagogischen Schulprofilen führen, die spezifische Lernmöglichkeiten entsprechend dem individuellen Potential und den lokalen Ideen, Anforderungen und Ressourcen eröffnen“ (zitiert nach ALTRICHTER 1999, 11).

Kernpunkte der 14. Novelle zum Schulorganisationsgesetz aus dem Jahr 1993 (BGBl. Nr. 323/1993) waren demnach schulautonome Gestaltungsmöglichkeiten der Lehrpläne, die Erweiterung der finanziellen Autonomie für Bundesschulen (Erweiterung des Autonomierahmens von 5.000 ATS auf 50.000 ATS) sowie autonome Spielräume im Hinblick auf Klassen- und Gruppengrößen (Eröffnungs- und Teilungszahlen), so diese kostenneutral umgesetzt werden können. Die Bestimmungen zur Lehrplanautonomie variierten nach Schultyp bzw. wurden diese für manche Schultypen erst später erlassen (land- und forstwirtschaftliche Schulen 1996, polytechnische Schulen 1997, Oberstufe der AHS 2003).

In den darauf folgenden Jahren wurde die Schulautonomie v.a. im Bereich des Schulzeitgesetzes und der finanziellen Autonomie erweitert: 1995 wurde die Schulzeitautonomie geschaffen, d.h. die Möglichkeit eine 5-Tage-Woche einzuführen und 5 Tage im Schuljahr aufgrund wichtiger schulischer oder öffentlicher Anlässe für schulfrei zu erklären. Im Jahr darauf wurde mit der Novelle des Schulorganisationsgesetzes 1996 den Bundesschulen die Möglichkeit eröffnet, Schulraum Dritten für nichtschulische Zwecke zu überlassen. Nicht verbrauchte Mittel konnten nun – im Rahmen der zweckgebundenen Gebarung – auch in den folgenden Budgetjahren ausgegeben werden. Ebenso wurden die Bundesschulen ermächtigt, Geld oder Sachmittel aus Werbung und Sponsoring anzunehmen und diese Mittel für den Betrieb oder die Erhaltung der Schule zu verwenden. 1998 wurde die finanzielle Autonomie durch die Möglichkeit der Gründung von teilrechtsfähigen Einrichtungen an Bundesschulen komplettiert.

Die Frage der Entscheidungskompetenzen in Personalfragen blieb durch diese Änderungen vorerst ausgeklammert, allein bei der Besetzung von Leitungsfunktionen haben die schulpartnerschaftlichen Gremien seit der Novellierung des Beamtendienstrechts im Jahr 1997 ein Recht auf Stellungnahme.

Im Regierungsprogramm 2000 findet sich dann an erster Stelle der Vorhaben bereits die Weiterentwicklung der Schulqualität (Schulprogramme, Qualitätsevaluation, Bildungsstandards und -tests), danach werden Maßnahmen zum weiteren Ausbau der Autonomie (Schwerpunktbildung an Hauptschulen, Autonomie in der AHS Oberstufe, Lehrerdienstrecht und Personalauswahl etc.) angeführt.

2.2  Aktuelle Autonomiebestimmungen

Die Schulautonomie umfasst damit folgende Bereiche: einen begrenzten Spielraum für lehrplanautonome Maßnahmen (der je nach Schultyp unterschiedlich definiert wurde und durch neue Lehrpläne bzw. Lehrplanreformen – z.B. Lehrplan 99 im Bereich der Sekundarstufe I – über die Zeit verändert wurde) – dieser stellt den Kern der Profilierungsmöglichkeiten einer Schule dar –, die Möglichkeit der Bestimmung von Eröffnungs- und Teilungszahlen, finanzielle Autonomie (zweckgebundene Gebarung, Schulraumüberlassung, Werbung und Sponsoring, Teilrechtsfähigkeit) sowie Schulzeitautonomie (Fünf-Tage-Woche, unterrichtsfreie Tage).

Mittlerweile wurden auch Fragen der personellen Autonomie der Schulen aufgegriffen: Im Schulpaket II wurde ein Mitbestimmungsrecht der Schulleitungen bei der LehrerInnenauswahl eingeführt: Dieses Mitbestimmungsrecht umfasst im Falle der Bundesschulen die Stellungnahme zu zwei Objektivierungskriterien bei der LehrerInnenauswahl, bei den Pflichtschulen hat die Schulleitung einen Bedarfs- und Personalentwicklungsplan zu erstellen und hat ein Mitspracherecht bei der Zuteilung von LehrerInnen. Ob damit die Forderung der Zukunftskommission aus dem Jahr 2003, dass "die Entscheidung über Einstellung, Einsatz und Weiterbeschäftigung von LehrerInnen hauptverantwortlich durch die Schulen/Schulpartner („Bestellungs- bzw. Personalteams“ unter Führung der SchulleiterInnen) selbst erfolgen" (HAIDER et al. 2003, 66f.) soll, inhaltlich voll umgesetzt wurde, ist allerdings zu hinterfragen.

2.3  Spezifika der Lehrplanautonomie an den berufsbildenden Schulen

Die Autonomiespielräume sind für die einzelnen Schultypen und Schulformen unterschiedlich abgesteckt. Für den berufsbildenden Bereich wurden nach Einführung der Autonomiebestimmungen sukzessive die Lehrpläne angepasst, um schulautonome Maßnahmen zu ermöglichen. (Nach wie vor keine Schulautonomie im herkömmlichen Sinn gibt es für Berufsschulen [ vgl. KINIGADNER 2007, 3 ] ).Anders als im allgemein bildenden Bereich der Sekundarstufe I wurde für die Lehrplanautonomie im berufsbildenden Schulwesen eine so genannte „Baumstruktur“ als Rückgrat der neuen Lehrpläne an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen geschaffen: „In einer Fachrichtung zusammengefasste Ausbildungen müssen einen gemeinsamen Kern besitzen; die maßvolle Spezialisierung in Form von Verzweigungen soll erst in den letzten Ausbildungsjahren erfolgen.“ (IBY 1996, 4). Diese Spezialisierung erfolgt in so genannten "Ausbildungsschwerpunkten", die zum großen Teil in den Lehrplänen bereits vorgezeichnet sind, d.h. die Schulen wählen mehr oder minder bereits ausgearbeitete Profile aus. Daneben können – wie im allgemeinbildenden Schulwesen auch – eine Reihe anderer lehrplanautonomer Aktivitäten umgesetzt werden (Einführung und Erweiterung von Pflichtgegenständen, Übungen, Projektunterricht etc. siehe unten).

Die Umsetzung der Lehrplanautonomie erfolgte in den einzelnen Schultypen in unterschiedlichem Tempo, ausschlaggebend dafür war v.a. auch der bereits vorhandene Differenzierungsgrad innerhalb des Schultyps. Besonders rasch wurden lehrplanautonome Maßnahmen in den Schultypen gesetzt, die vor Einführung der Schulautonomie außerhalb von Schulversuchen kaum oder keine Möglichkeiten zur Profilierung hatten. Dies betraf im berufsbildenden Schulwesen v.a. die kaufmännischen und humanberuflichen Schulen. In anderen Bereichen, wie dem technisch-gewerblichen Schulwesen, existierte bereits vor der Einführung der Autonomie eine ausgeprägte Gliederung nach Schularten und Fachrichtungen mit hoher Spezialisierung. Hier sollte durch die oben genannte Baumstruktur für Scherpunktsetzungen in den Lehrplänen der „starken Aufsplitterung in Spezialdisziplinen entgegengearbeitet werden“ (IBY 1996, 4).

3.  Aktueller Stand der Umsetzung von Schulautonomie im an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen

Die folgenden Ausführungen geben für die Fragestellung relevante Ergebnisse einer repräsentativen Fragebogenerhebung bei Schulleitungen der Sekundarstufe wieder, die vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung im Auftrag der Arbeiterkammer Wien zwischen Mai/Juni 2006 (an Hauptschulen und AHS) und Februar/März (an berufsbildenden Schulen) durchgeführt wurde (vgl. GUTKNECHT-GMEINER et al. 2007). Im berufsbildenden Sektor wurden technisch-gewerbliche, kaufmännische, humanberufliche und land- und forstwirtschaftliche Schulen befragt. Es war dies die erste umfassende Erhebung zur Schulautonomie an berufsbildenden Schulen seit der genannten Evaluationsstudie aus dem Jahr 1996 (BACHMANN et al. 1996).

Inhaltlich wurden neben dem Grad sowie dem Prozess der Umsetzung der verschiedenen Teilbereiche von Schulautonomie (Lehrplanautonomie, zeitliche und finanzielle Autonomie) auch die Auswirkungen de Schulautonomie aus Sicht der Schulleitungen, hemmende und fördernde Faktoren sowie offene Fragen zur Weiterentwicklung von Schulautonomie thematisiert.

3.1  Umsetzung der Lehrplanautonomie

Die Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Lehrplanautonomie werden mittlerweile von den berufsbildenden Schulen sowohl bei mittleren, als auch bei höheren Angeboten flächendeckend angenommen: Insgesamt gaben 94% der erfassten berufsbildenden Schulen an, lehrplanautonome Maßnahmen gesetzt zu haben, im kaufmännischen und humanberuflichen Bereich waren es sogar 97% der Schulen, im technisch-gewerblichen 93%, an land- und forstwirtschaftlichen Schulen ist der Umsetzungsgrad mit 85% noch am niedrigsten.

Unter den lehrplanautonomen Maßnahmen sind v.a. zwei von überragender Bedeutung: Stundenverschiebungen (im Vergleich zu Regelstundentafel) als einfache Maßnahme wurden von drei Viertel der Befragten vorgenommen, neue Ausbildungsschwerpunkte in etwas mehr als 70% der Schulen geschaffen. Von deutlich weniger als der Hälfte aller BMHS wurden. neue Pflichtgegenstände entwickelt, Wochenstunden in andere Schulstufen verschoben oder neue Freigegenstände geschaffen. Alle anderen möglichen lehrplanautonomen Maßnahmen wurden nur von jeder siebten bis zehnten Schule verwirklicht: Diese betrafen die schulautonome Bestimmung von Teilungs- und Eröffnungszahlen, die Einführung von Fächerkombinationen sowie die Einführung von unverbindlichen oder verbindlichen Übungen. Die Umsetzung besonderer didaktischer Konzepte gab nur etwas mehr als jede zehnte Schule an. Diese Ergebnisse zeigen, dass an einem Großteil der Schulen einerseits Ausbildungsschwerpunkte verwirklicht wurden (die zum größten Teil bereits als Vorschläge in den Lehrplänen enthalten sind), andererseits Änderungen in den Stundentafeln vorgenommen oder neue Pflichtgegenstände eingeführt wurden. Über das tatsächliche Ausmaß der schulautonomen Änderungen – wie umfassend oder komplex die Änderungen sind und in wie weit es sich um eine durchgehende Profilbildung handelt – gibt die Befragung jedoch keine detaillierte Auskunft.

Als ein Anhaltspunkt für den Grad der lehrplanautonomen Durchdringung der Schulen kann der Anteil der von autonomen Änderungen betroffenen SchülerInnen und LehrerInnen gelten: Der Anteil der Klassen, die von Änderungen im Rahmen der Lehrplanautonomie betroffen sind, ist im berufsbildenden Schulwesen sehr hoch. Die Mehrheit (60%) der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen schließen alle Klassen in die Maßnahmen ein. Durchschnittlich sind etwa 80% der SchülerInnen an BMHS von den lehrplanautonomen Schwerpunktsetzungen betroffen (ein Wert, der im schultypübergreifenden Vergleich nur durch die Hauptschulen noch übertroffen wird). Vergleichsweise hoch ist mit durchschnittlich 57% auch der Anteil der in lehrplanautonome Maßnahmen involvierten LehrerInnen.

3.2  Prozess der lehrplanautonomen Veränderungen

Als Gründe bzw. Anreize für die lehrplanautonomen Veränderung wurde am häufigsten der Wunsch nach einem vielfältigeren Bildungsangebot genannt (66%) sowie nach einer Erhöhung der Arbeitsmarktchancen von SchülerInnen (64%) bzw. der Berücksichtung der Anforderungen der Wirtschaft (63%). Darin unterscheiden sich die berufsbildenden Schulen erwartungsgemäß auch deutlich von den allgemein bildenden Schulen, bei denen schülerInnenbezogene Ziele wie Attraktivität für SchülerInnen, Interessen der SchülerInnen, Förderung von SchülerInnen – die im berufsbildenden Bereich an zweiter Stelle stehen – deutlich vor dem Ziel der Arbeitsmarktqualifizierung rangierten. Im technisch-gewerblichen Schulwesen wird der Berücksichtigung der Anforderungen von Wirtschaft und Arbeitsmarkt sogar die höchste Priorität bei der Umsetzung der Lehrplanautonomie zugesprochen. Die Verwirklichung neuer pädagogischer Möglichkeiten hingegen liegt im berufsbildenden Schulwesen deutlich abgeschlagen im letzten Drittel der von den Schulen angegebenen Ziele.

Die Initiative zu den lehrplanautonomen Veränderungen ging in 9 von 10 Fällen von der Schulleitung aus, in 60% der Schulen haben auch die LehrerInnen den Prozess eingeleitet. Die Schulaufsicht wurde von den BMHS mit einem Anteil von 19% am dritthäufigsten als Initiator genannt. Dabei zeigt sich ein erheblicher Unterschied zu den allgemein bildenden Schulen, in denen die LehrerInnen viel stärker aktiv wurden (Nennungen um die 80%), Schulaufsicht und Unternehmen hingegen kaum als Initiatoren genannt wurden. Die Wirtschaft wurde von den berufsbildenden Schulen auch im Umsetzungsprozess selbst ungleich stärker involviert als von den anderen Schultypen.

Dass es mit einer einmaligen Änderung erwartungsgemäß nicht getan ist – Schulautonomie soll ja die unbürokratische kontinuierliche Anpassung der Bildungsinhalte ermöglichen – zeigen die Ergebnisse der Befragung deutlich: Insgesamt gab gut die Hälfte aller berufsbildenden mittleren und höheren Schulen an, bereits ein bis zwei Mal eine Änderung oder Ergänzung der autonomen Lehrplanveränderungen durchgenommen zu haben. Etwa 30% der Schulen hatten drei Mal oder öfter eine solche Änderung vorgenommen, ein Fünftel ändert und/oder ergänzt laufend ihre autonomen Maßnahmen.

3.3  Umsetzung der finanziellen Autonomie

Auch die Möglichkeiten der finanziellen Autonomie wurde an berufsbildenden Schulen flächendeckend angenommen (98%): Dabei wurden Sponsoring (81%), Schulraumüberlassung (71%) sowie Werbung (64%) vom Großteil der Schulen genutzt, teilrechtsfähige Einrichtungen wurden hingegen nur an durchschnittlich 7% der berufsbildenden Schulen etabliert. Dem Szenario einer Ausweitung der finanziellen Autonomie steht etwa die Hälfte der Schulleitungen gleichgültig gegenüber, 43% sehen eine solche Entwicklung als positiv an, nur 8% als negativ.

3.4  Auswirkungen der Schulautonomie

Die Auswirkungen der Schulautonomie werden von den SchulleiterInnen im berufsbildenden Schulwesen äußerst positiv beurteilt, es gab in der Befragung keine negativen Stimmen. Besonders stark wirkt sich die Schulautonomie nach Angaben der Schulleitungen auf die Qualität und Vielfalt des Angebots sowie die Attraktivität des Standorts bei den SchülerInnen aus. Als durchwegs positiv werden aber auch die Auswirkungen auf Motivation und Zusammenarbeit der LehrerInnen beurteilt. Positive Effekte in Bezug auf externe Kooperationen zeigen sich in der Zusammenarbeit mit Unternehmen, die sich für fast 2/3 der Befragten verbessert hat, sowie in geringerem Ausmaß – etwa ein Drittel stimmt hier zu – in der Kooperation mit anderen Schulen. Auch das Image der LehrerInnen in der Öffentlichkeit konnte durch die Umsetzung der Schulautonomie nach Ansicht der Befragten verbessert werden. Probleme werden allerdings bei der horizontalen (und in geringerem Maße auch bei der vertikalen) Durchlässigkeit des Bildungssystems geortet.

Profilbildung an Schulen steht immer auch in einem Zusammenhang mit einer Verschärfung der Wettbewerbssituation, wobei die Ursache-Wirkungs-Beziehung komplex und uneindeutig ist: So verstärkt die Profilierung von Standorten einerseits die Wettbewerbssituation, andererseits unterstützt die Möglichkeit zur Profilbildung auch die einzelnen Schulen in ihrem Bestreben, in diesem Wettbewerb gut zu bestehen. Unzweifelhaft ist es allerdings in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren zu einer Erhöhung des Wettbewerbdrucks auf die Standorte gekommen: Neun von zehn der befragten Schulleitungen konstatieren einen verstärkten Wettbewerb, dieser wird unterschiedlich beurteilt: Die Mehrheit von etwa ein Drittel sieht sowohl positive als auch negative Auswirkungen, ein Viertel beurteilt diesen Trend als überwiegend positiv, nur etwa jede/r Zehnte als überwiegend negativ. Wettbewerb führt nach Ansicht der Schulleitungen einerseits zu mehr Motivation und Engagement und stellt einen Ansporn zur Steigerung von Qualität zu führt mehr, andererseits kommt es durch steigenden Druck auch zu Konflikten innerhalb der Schulen. Im Zentrum des Wettbewerbs steht die Rekrutierung von (guten) SchülerInnen. Problematisch wird in diesem Zusammenhang ein Mangel an unabhängiger Information und Transparenz über die Angebote der Schulen in der Öffentlichkeit gesehen, und die beschönigenden Werbedarstellungen mancher Schulen kritisiert. Auch die Notwendigkeit der Allokation von Mitteln für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit wird z.T. kritisch hinterfragt, da diese Gelder dann nicht mehr für das Kerngeschäft, den Unterricht, zur Verfügung stehen bzw. Schulen, die in Werbung investieren (können), einen nicht sachlich gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil daraus ziehen.

3.5  Hemmende und fördernde Faktoren, Wünsche für die Zukunft

Als hemmende Faktoren werden von den Schulleitungen v.a. das unflexible Dienstrecht und Sparmaßnahmen identifiziert, weiters wurden zu geringe Sachbudgets bemängelt. Auch Zeitmangel wird als belastend erlebt, ein Drittel führt zu geringe Personalressourcen an. Immerhin noch mehr als ein Viertel der Befragten gab zu wenig Spielraum bei der Autonomie, unzureichende Ausstattung und Konflikte innerhalb des Kollegiums als Schwierigkeiten an. Zu geringe Lehrplanautonomie rangiert jedoch nach Einschätzung der Schulleitung – nach dienstrechtlichen Fragen und Sparmaßnahmen – in der Prioritätsliste der Hemmfaktoren an dritter Stelle.

Als förderlich angesehen wurden v.a. Faktoren, die das Humankapital der Schulen betreffen: Von rund der Hälfte der Schulen wurde der Wunsch nach einer Möglichkeit geäußert, LehrerInnen den Schwerpunktsetzungen entsprechend einstellen zu können. Fast genauso bedeutsam für die Schulen ist eine weitere Verringerung der bürokratischen Vorgaben, weitere Wünsche betreffen die Erhöhung von Sachressourcen, Fortbildungsmaßnahmen sowie eine Anhebung der Personalressourcen.

Zusammenfassend zeigt sich deutlich der Wunsch der Schulleitung nach mehr Autonomie in Personalangelegenheiten – dies betrifft einerseits die Rekrutierung von Personal als auch neue, flexiblere Formen von Dienstverhältnissen. Dass viele höhere Schulen zudem mit den ihnen im Rahmen der Lehrplanautonomie gebotenen Möglichkeiten nicht auskommen, zeigt die hohe Anzahl an Schulversuchen: So gaben mehr als die Hälfte der befragten Schulen an, einen oder mehrere Schulversuche zu führen.

4. Schulautonomie als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung

Für die erste Hälfte der 90er Jahre kann in Österreich eine rege Forschungstätigkeit zum Thema Schulautonomie festgestellt werden: Hiezu zählen zwei Gutachten, das bereits erwähnte von POSCH und ALTRICHTER (POSCH/ ALTRICHTER, 1993) sowie eine Expertise zum Thema "Autonomie der Schule – Ein Organisationsentwicklungskonzept" von FRIEDRICH (FRIEDRICH 1993), in den prinzipiell die von POSCH und ALTRICHTER genannten Prinzipien zur Schulautonomie aufgegriffen wurden, in einem "Szenario" für ein "autonomes Schulsystem", im Sinne des Subsidiaritätsprinzips eine Strukturreform vorgeschlagen wird, deren Kern die Dezentralisierung von Kompetenzen an zu schaffende Bezirksschulverbände darstellt. Dieser Ansatz wurde nicht weiterverfolgt.

Zur Evaluierung der Einführung der Autonomiebestimmungen wurde bereits im August 1993 dem Zentrum für Schulentwicklung der Auftrag für eine breit angelegte Studie erteilt: Diese umfasst mehrere Teilprojekten, in denen die Umsetzung von schulautonomen Maßnahmen in allen betroffenen Schultypen aus der Perspektive eines breiten Spektrums von Betroffenen und Beteiligten (einschließlich externer Stakeholder wie Unternehmen und Universitäten) durch quantitative Befragungen sowie qualitative Fallstudien umfassend wissenschaftlich untersucht wurden (vgl. BACHMANN et al. 1996). Ein Teilprojekt betraf den berufsbildenden Bereich, für den eine repräsentative empirische Erhebung zu Rezeption und ersten Auswirkungen der Schulautonomie bei allen Schulpartnern vorgenommen wurde (vgl. IBY 1996). Auch diese quantitative Erhebung wurde flankiert durch Fallstudien.

Die Ergebnisse der genannten Studien sowie Beispiele für die Handhabung von Schulautonomie in anderen Ländern, praktische Erfahrungen und grundsätzliche Fragestellungen wurden 1997 noch einmal in einer Ausgabe von Erziehung und Unterricht thematisiert (Erziehung und Unterricht 3/97). Danach flaute die wissenschaftliche und fachliche Auseinandersetzung mit dem Thema Schulautonomie rasch ab (eine Ausnahme stellt der Bereich der Hauptschulen, für den 1999 noch eine umfassende Erhebung durchgeführt wurde) und wurde abgelöst durch das Qualitätsthema, das ab Mitte der 90er Jahre bildungspolitisch an Bedeutung gewann und auch den wissenschaftliche Diskurs bestimmte, was durch eine wahre Flut an einschlägigen Publikationen verdeutlich wird. Inhaltlich sind die beiden Themen eng verwandt, da die Einführung der Schulautonomie als Reform selbstverständlich die Qualitätssteigerung im Bildungswesen zum Ziel hatte. Weiters sind schulautonome Entwicklung im Rahmen der schulischen Qualitätssicherung einer Evaluierung zu unterziehen. Doch verlagerte sich nun das Interesse von allgemeinen Fragen der Steuerung im System hin zu den Prozessen innerhalb der Schulen: Schulentwicklung, Schulprogramme, Schulevaluation wurden zu wichtigen Themen (wobei z.T. der Eindruck entstand, dass das "Wie" in der Qualitätsdebatte die Frage nach dem "Was" und "Wozu" überlagerte), stärker das Gesamtsystem betreffende Komponenten der Qualitätssicherung wie Bildungsstandards und externe Evaluation kamen ab Anfang des neuen Jahrtausends hinzu, ohne dass dies jedoch mit Verwaltungsreformen direkt in Verbindung gebracht wurde.

Neben der inkrementellen Weiterentwicklung des Bildungssystems auf dem Umweg über das Thema Schulqualität wurden – wenn auch nicht in dem öffentlichkeitswirksamen Rahmen wie das Qualitätsthema – in den letzten Jahren unter dem Überbegriff "Educational bzw. Schul-Governance" auch neue Steuerungsmodelle auf Systemebene erforscht (vgl. SCHMID et al. 2007, ALTRICHTER et al. 2007) Dabei wurde n erstmals wieder die Frage nach der Effektivität und Effizienz des österreichischen Steuerungsregimes aufgeworfen und die aktuelle Schulverwaltung mit ihren Doppel- und Mehrgleisigkeiten im internationalen Vergleich als zu bürokratisch und strukturell für ein modernes Bildungswesen als unangemessen beurteilt (vgl. SCHMID et Al. 2007; LASSNIGG et al. 2007). In einem Überblick über die Modernisierung des österreichischen Schulwesens seit Ende der 90er Jahre wird die "Schulautonomisierung" von ALTRICHTER und HEINRICH als Phase 1 der Entwicklung historisch verortet (vgl. ALTRICHTER/ HEINRICH 2005, 125; ALTRICHTER/ HEINRICH 2007, 78ff.).

Diese Einordnung suggeriert, dass empirischer Forschung zum Thema "Schulautonomie" per se keine aktuelle Relevanz innewohnt. Sicherlich muss jede Beschäftigung mit dem Thema die Entwicklung des wissenschaftlichen Diskurses, d.h. sowohl die Qualitäts- als auch die Schul-Governance-Debatte, berücksichtigen. Allerdings bestehen durchaus noch Informationsdefizite zum gegenwärtigen Stand der Implementierung bzw. zu den Auswirkungen von schulautonomen Veränderungen. So wurde in der aktuellen Erhebung Fragen nach der Systemwirkung ausgespart (z.B. was bewirkt der Wettbewerb durch Profilbildung auf Systemebene), auch konnten wichtige Anspruchsgruppen nicht befragt werden. Es fehlen daher nach wie vor empirische Daten zum Umgang von SchülerInnen und Eltern mit der Informationsflut in Bezug auf die Angebotsvielfalt, zu den internen Abstimmungsprozessen und die Auswirkungen auf das Handeln der LehrerInnen (immerhin gaben 25% der Schulleitungen Konflikte im Kollegium als hindernden Faktor an) sowie zu Einschätzungen der Wirkung der Autonomie aus Sicht der Abnehmersysteme, d.h. der Wirtschaft sowie des tertiären Bildungssektors. Erschwert wird die weitere Erforschung des Themas – den Erfahrungen aus der oben genannten Studie folgend – durch die geringe Aufmerksamkeit, die dem Themas im bildungspolitischen Diskurs zukommt, die begriffliche und inhaltliche "Sperrigkeit" des Themas und vermutlich auch durch eine gewisse „Schulautonomie-Routine“, die sich in vielen Schulen eingestellt hat und die bewirkt, dass die Nutzung autonomer Handlungsspielräume nicht mehr so stark als Innovationsmotor angesehen wird wie noch in der Mitte der 1990er Jahre.

5. Schlussfolgerungen und weiterführende Fragestellungen

5.1 "Mogelpackung" Schulautonomie?

Der oben ausgeführte eindeutig positive Befund zur Umsetzung der Schulautonomie im österreichischen berufsbildenden Schulwesen – und auch im allgemein bildenden Schulwesen, für das ähnlich positive Ergebnisse vorliegen – sollte allerdings nicht überbewertet werden. Er besagt, dass Schulen nach mehr als einer Dekade Schulautonomie innerhalb der begrenzten Möglichkeiten, die sich ihnen bieten, Maßnahmen gesetzt haben. Dabei muss in Ermangelung detaillierter Forschungsdaten offen bleiben, wie umfangreich und tief greifend diese Veränderungen tatsächlich sind: So können auch kleine Stundenverschiebungen in den Lehrplänen können bereits als schulautonome Maßnahmen gelten, eine umfassendere wissenschaftliche Erforschung des Status Quo steht noch aus. Weiters weist der oben erwähnte hohe Anteil von Schulen mit Schulversuchen auf nach wie vor unzureichende autonome Spielräume hin. Schließlich lässt die Schulautonomie, so wie sie in Österreich gesetzlich verankert ist, keine tatsächliche Systemreform zu.

Der Begriff "Schulautonomie", der zu Beginn der Debatte Anfang der 90er Jahre noch im Zusammenhang mit einer umfassenden Verwaltungsreform, d.h. einer tatsächlichen Neuordnung von Entscheidungskompetenzen, einer Deregulierung sowie damit verbunden eines Bürokratieabbaus, in Verbindung gebracht wurde, wurde bald als "Mogelpackung" entlarvt, die mehr verspricht als sie zu halten imstande ist (vgl. SCHWETZ 1997). Statt des Begriffs "Schulautonomie" wurde von ForscherInnen deshalb auch der Begriff "Teilautonomie" verwendet und auf die begrenzten Spielräume explizit hingewiesen. Im Lichte aktueller Forschung wird der Verwendung des Begriffs "Schulautonomie" zur Umschreibung der Handlungsspielräume an österreichischen Schulen gar jegliche Angemessenheit abgesprochen: "[...] Österreich besitzt ein extensives bürokratisches System, in dem die bisherigen Ansätze und Vorschläge zur Veränderung in derart minimalen Veränderungen verpuffen, dass die Bezeichnung mit 'Autonomie' nicht gerechtfertigt erscheint." (LASSNIGG et al. 2007, 144)

5.2 Schulautonomie und aktuelle Reformdiskurse

Schulautonomie ist Voraussetzung für selbstverantwortete oder extern durchgeführte Qualitätssicherung am Standort, da es für Qualitätsentwicklung Handlungsspielräume braucht. Andererseits macht Profilbildung an den Schulen auch neue Formen der Evaluierung notwendig. "Die Erweiterung des Handlungsspielraums der Einzelinstitution im Zuge der Autonomisierung vermindert die Voraussteuerung. Im Gegenzug ist nun zu erwarten, daß Mechanismen aufgebaut werden, um die Qualität des nun autonomer geschehenden Unterrichts sicherzustellen und die Interessen der Gesellschaft gegenüber den Einzelinstitutionen durchzusetzen.", konstatieren POSCH und ALTRICHTER bereits 1997 (POSCH/ ALTRICHTER 1997, 10f.). Zu hinterfragen ist nun aber, ob dieser Abtausch – mehr Autonomie gegen neue Formen der Qualitätsevaluierung" tatsächlich stattgefunden hat. Vielmehr scheint es so, als wäre die Weiterentwicklung der Schulautonomie auf einem relativ geringen Niveau stagniert, während gleichzeitig ein weites Spektrum an Instrumentarien zur Evaluierung und Sicherstellung von Mindeststandards (Bildungsstandards) eingeführt wurde. Den neuen Formen der Evaluierung müsste demnach eine Verwaltungsreform, durch die im Gegenzug zusätzliche Kompetenzen an die unterste Ebene abgegeben werden: Sonst droht insgesamt eine Erhöhung des Regulierungsgrades.

Weiterhin ungeklärt bleibt dabei allerdings, ob und wie Schulen mit erweiterten Handlungsspielräumen intern zurechtkommen. Dabei müssten auch die bislang inhärenten Zielkonflikte stärker thematisiert werden: Basisdemokratische Entscheidungen und Mitbestimmung aller Anspruchsgruppen, wie sie im Sinne einer Demokratisierung des Bildungswesens gefordert werden, sind nur schwer in Einklang zu bringen mit betriebswirtschaftlichen Vorstellungen einer straffen und effizienten Leitung von Schulen nach Vorbild von Unternehmen.

Ein offener Punkt ist weiters, ob der Trend zur Verstärkung des Wettbewerbs zwischen Schulen tatsächlich zur Hebung der Gesamtleistung des Systems beiträgt bzw. ob Wettbewerb der einzige und/oder wichtigste Motivator für Anstrengungen zur Qualitätssteigerung an den Schulen darstellt. Fest steht, dass durch diese Entwicklung Ungleichheiten im System entstehen oder verschärft werden. Auch ist im Sinne der Durchlässigkeit und der Transparenz für die Nachfragenden, d.h. die SchülerInnen und deren Eltern, ein sinnvolles Ausmaß der Angebotsvielfalt sowie notwendige Informations- und Beratungsleistungen neu zu bestimmen. Dies gilt gerade für den berufsbildenden Bereich mit seiner Fülle an inhaltlichen Schwerpunktsetzungen. Hier fehlt es auch z.T. an einem angemessenen Wissensmanagement im Bildungssystem (vgl. auch LASSNIGG et al. 2007, 148f.).

Für die Zukunft der Autonomie sind grundsätzlich drei Szenarien denkbar: Möglich wäre es, den Stand der Autonomisierung beizubehalten und damit sozusagen "einzufrieren". Eine weitere Vorgangsweise bestünde in einer inkrementellen Weiterentwicklung der Autonomie durch eine allmähliche Ausweitung v.a. der Personal- und Budgetautonomie bei grundsätzlicher Beibehaltung des gegenwärtigen Systems, wie dies in etwa von der Zukunftskommission (2003 und 2005) vorgeschlagen wurde. Dieses Szenario deckt sich auch mit den Wünschen und Erwartungen der Schulleitungen, die insbesondere in Personalangelegenheiten mehr Spielraum fordern. Die dritte Möglichkeit wäre, die weitere Autonomisierung in ein neues Steuerungsmodell einzubetten, das auch die zugrunde liegenden Strukturprobleme des Schulsystems zu lösen versucht. Ein derartiges Vorgehen würde allerdings in Österreich einschneidende Veränderung in der Schulverwaltung mit sich bringen – und das wäre ein deutlicher Bruch mit der Tradition bisheriger Reformen.

 

Literatur

ARBEITSÜBEREINKOMMEN (1990) zwischen der Sozialistischen Partei Österreichs und der Österreichischen Volkspartei über die Bildung einer gemeinsamen Bundesregierung für die Dauer der XVIII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates, 17. Dezember 1990.

ARBEITSÜBEREINKOMMEN (1994) zwischen der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und der Österreichischen Volkspartei, 29. November 1994, herausgegeben vom Bundespressedienst, Wien 1994.

ALTRICHTER, Herbert (1999): Veränderungen der Systemsteuerung im Bildungswesen. Länderbericht Österreich Online: http://gis.at/gn/userfile/ha_laenderbericht.pdf (10-02-06).

ALTRICHTER, H. (Hrsg.) (2000): Comparative analysis of decentralisation policies and their results in central European countries. Case studies and synthesis report. [= ZSE Report 47], Klagenfurt.

ALTRICHTER, H./ HEINRICH, M. (2005): Schulprofilierung und Transformation schulischer Governance. In: BÜELER, X./ BUHOLZER, A./ ROOS, M. (Hrsg.): Schulen mit Profil. Forschungsergebnisse – Brennpunkte – Zukunftsperspektiven. Innsbruck, 125-140.

ALTRICHTER, H./ BRÜSEMEISTER, T./ WISSINGER, J. (Hrsg.) (2007): Educational Governance. Handlungskoordination und Steuerung im Bildungssystem. Educational Governance, Bd.1. Wiesbaden.

BABEL, H./ HACKL, B./ SPINDLER, M. (1994): Schulautonomie an BMHS – Veränderungen, Probleme, Erwartungen. Forschungsbericht, Wien.

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Zuletzt verändert: 20.10.2007 6:48 AM
 


  



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