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http://www.bwpat.de/ATspezial | Hrsg. bwp@-Spezial 3 - Österreich Spezial: Franz Gramlinger & Peter Schlögl & Michaela Stock

bwp@ Spezial 3 - Österreich Spezial
Berufs- und Wirtschaftspädagogik in Österreich. Oder:
Wer „macht“ die berufliche Bildung in AT?


40 Jahre außeruniversitäre Berufsbildungsforschung in Österreich: Anachronismus oder Reformmotor?

1. Vorbemerkungen

Seit den frühen 1970er Jahren wird in Österreich außeruniversitär in spezialisierten Einrichtungen im Feld der Berufsbildung geforscht. Dies steht nicht zufällig mit der Verabschiedung des damals neuen Berufsausbildungsgesetzes 1964/69 und analogen internationalen Entwicklungen wie den Gründungen öffentlicher Institute für Berufsbildung auf nationaler und internationaler Ebene in zeitlicher Verbindung. Ursächlich sind weitreichende Umbrüche der Arbeitsmärkte sowie der Bildungssysteme in den 1960ern ins Feld zu führen, die jene Institutionalisierung bedingt haben.

Die seither anwachsende Zahl an außeruniversitären Einrichtungen, die sich schwerpunktmäßig oder auch sporadisch mit Berufsbildungs-, Berufs- oder Qualifikationsforschung auseinander setzen, zeichnen sich durch unterschiedliche institutionelle Verortungen, zum Teil recht wechselhafte Vergangenheiten und recht schmale methodische Zugänge aus. Die erkennbaren Entwicklungslinien der Forschungsthemen und Methoden in der außeruniversitären Berufsbildungsforschung resultieren aus der institutionellen Loslösung vom universitären Umfeld und dem von jeher aktuellen Spannungsfeld zwischen zumeist projektorientierter Forschung und Politikberatung.

2.  Ausgangslagen der Berufsbildungsforschung in Österreich

Die rezente Berufsbildungsforschung hat sich durch Gründung öffentlicher Forschungseinrichtungen in mehreren Staaten Europas, den USA, der ehemaligen UdSSR und im Rahmen von transnationalen Organisationen wie der EU und der UNESCO seit den 1960er-Jahren als einer der Schwerpunkte der Bildungsforschung entwickelt. Auslöser einer Institutionalisierung waren vorrangig gesellschaftliche Wissensbedarfe und weniger wissenschaftsimmanente bzw. disziplinäre Entwicklungen. Die definierten Aufgaben und erarbeiteten Forschungsleistungen sind vielmehr stark an den politischen Diskurs, die Bildungsplanung oder die Bildungspraxis angekoppelt. Was den „Gründungsboom“ an Einrichtungen ausgelöst haben mag, lässt sich im Ansatz gesellschaftspolitisch, institutionell und in einem gewissen Ausmaß aus der Entwicklung der Leitdisziplinen heraus erklären.

2.1  Modernisierungs- und Transformationsprozesse werden wirksam

Nach Ende des zweiten Weltkrieges und bis in die 1970er-Jahre hinein erfuhren die industrialisierten Länder bzw. deren Volkswirtschaften wirtschaftliche aber auch kulturelle Aufschwünge. Sichtbar und spürbar wurde dies an verbesserten Beschäftigungs- und Einkommensaussichten, verbesserten Chancen zu höherer Bildung sowie liberalisierten Lebensstilen. Der Sputnikschock 1957 (vgl. DICKSON 2001, DIVINE 1993), die proklamierte deutsche Bildungskatastrophe (vgl. PICHT 1964, DAHRENDORF 1965) oder die Studenten- und Bürgerrechtsbewegungen 1968 sind unmissverständliche Indizien gesellschaftlicher Brüche und noch deutlicher markierte die OPEC-Ölkrise 1973 eine weltwirtschaftliche Zäsur. Weiters wurde in den 1970er Jahren Jugendarbeitslosigkeit in der Nachkriegszeit zum zweiten Mal zu einem markanten Problem in manchen Teilen Europas und dies vor dem Hintergrund steigender Bildungsniveaus der jungen Generationen und gleichzeitig sinkender Geburtenraten. Drei bis heute relevanten Indikatoren für Berufsbildungspolitiken.

2.2  Bestand ein berufspädagogisches Defizit in Österreich?

So wie Bildungsforschung als trans- bzw. multidisziplinäre, themen- oder phänomenzentrierte Forschung nicht deckungsgleich mit den Erziehungswissenschaften ist, kann die Berufsbildungsforschung nicht mit Berufspädagogik gleichgesetzt werden. Dennoch stellt diese neben der Psychologie, Soziologie und Ökonomie eine der wesentlichen Bezugsdisziplinen dar. Historische, philosophische, rechts- oder politikwissenschaftliche Ansätze sind in Österreich nicht breit ausgebaut oder nachhaltig verankert.

Aber auch innerhalb der sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend differenzierenden Erziehungswissenschaft wurde in Österreich auf universitärer Ebene trotz einzelner Initiativen von unterschiedlicher Seite wenig entgehen gehalten. Der Ausbau der Lehr- und Forschungskapazitäten wurde nicht zuletzt im Anschluss an die zentrale Schulgesetzgebung von 1962 zwar begonnen, ging aber eher langsam von statten und war seitens zentraler Akteure gegenüber den Feldern empirischer und arbeitsweltbezogener pädagogischer Forschung deutlich reserviert. Inwiefern dies etwa mit einer verhältnismäßig stärkeren Rezeption des Herbartschen Idealismus in den katholisch-österreichischen Kronländern im Zusammenhang zu sehen ist, wäre eine lohnende Untersuchung (siehe dazu JOHNSON 1972). Insgesamt jedenfalls führte diese Situation zu so bemerkenswerten Phänomenen wie einer Dienstaufsichtsbeschwerde von kritischen Pädagogik studie renden der Universität Wien im Jahr 1972 an das zuständige Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, die ins Feld führte, dass das Lehrangebot am Institut unvollständig wäre und der Vielfalt international anerkannter Teildisziplinen nicht gerecht würde. Viele Jahre später auch dazu, dass eine 1989 vom Bundesministerium zugewiesene außerordentliche Professur für Berufspädagogik, die aber aufgrund universitätsinterner Konflikte nie besetzt und schließlich in einen Dienstposten für allgemeine Pädagogik umgewandelt wurde (vgl. BREZINKA 2000, 519 u. 525). Zu den aktuelleren Entwicklungen siehe die Beiträge von GRUBER (2007) und SCHWENDENWEIN (2007) beide in der gegenständlichen Ausgabe.

Die österreichische Wirtschafts- und Berufspädagogik hatte, so sehr sie u.a. ausgehend von KRASENSKY ihre Verdienste um die spezialpädagogische Ausbildung der Lehrkräfte an den kaufmännischen Schulen sowie der allgemeinen Wirtschaftserziehung hat, aber vor dem Hintergrund, das anders als in Deutschland, für die berufschulische Bildung von Lehrlingen im Rahmen des österreichischen Berufsbildungsrechtes kein akademischer Lehrauftrag zur Ausbildung der BerufsschullehrerInnen erteilt wurde sowie auch für andere Fachbereiche des berufsqualifizierenden Vollzeitschulwesens (insbesondere die technischen Schulen) keine Äquivalente bestehen, kein bereichsübergreifendes oder fachlich-komplementäres berufspädagogisches Angebot zur wissenschaftlichen Forschung, Reflexion und Entwicklung anzubieten. Die Forschungsinitiativen der pädagogischen und berufspädagogischen Akademien, die für die Lehrerbildung an Pflichtschulen und Berufsschulen verantwortlich zeichnen, bzw. zeichneten, blieben vereinzelt, zumeist mit einzelnen Personen verknüpft und fast ausschließlich auf der Mikroebene angesiedelt.

2.3  Innerdisziplinäre Umbruchsituation im deutschsprachigen Raum

Neben den globalen und institutionellen Hintergründen für die berufspädagogische Entwicklungen war aber auch die deutschsprachige Berufspädagogik insgesamt einer disziplinären Dynamik unterworfen. Zeitnah zu diesen oben beschriebenen Entwicklungen hat KLAFKI (1971, 351f) die Entwicklungen der deutschen Erziehungswissenschaft nach 1945 analysiert und dessen Erkenntnisse sind für die Teildisziplin Berufs- und Wirtschaftspädagogik in gleichem Ausmaß gültig und wirksam. Er konstatierte eine zunehmende Neuorientierung der Pädagogik weg von einer Geistes- hin zur Sozialwissenschaft in erfahrungswissenschaftlichen und ideologiekritischen Ausprägungen. Das auch seit KERSCHENSTEINER und SPRANGER theoretisch noch immer prekäre Verhältnis von allgemeiner und spezieller (beruflicher) Bildung und der Versuch der Versöhnung von Beruflichkeit bzw. Lebensbezogenheit mit dem klassischen Bildungsbegriff in Form eines reformpädagogischen-geisteswissenschaftlichen Integration gelangte unter „Ideologieverdacht“. Dergestaltige Konzeptionen wurden zunehmend als restaurativ eingestuft, weil und damit wieder ein Bezug zu den Erfahrungen im Beschäftigungssystem, dem Konzept das Modell eines Lebensberufes einerseits und eines handwerklich-statischen Berufsbegriffs andererseits Grund gelegt wäre. Ein Urteil das ABEL 1963 auf Basis empirischer Studien zu Berufsverläufen machte. Er ging u.a. davon aus, dass Industrialisierung und Mobilität der bisherigen geisteswissenschaftlichen (Berufs-)Bildungstheorie den Boden entzogen hätten. Theoretisch wurde diese Position durch BLANKERTZ (1965) zu Recht kritisiert und durch eine Ablösung des Berufsbegriffes unter dem Versuch einer neuerlichen Integration von allgemeiner und beruflicher Bildung versucht. BLANKERTZ war es dann 1966 auch, der zusammen mit CLAESSENS und EDDING ein Gutachten für die Gründung eines Forschungsinstituts für Berufsbildung für Berlin erstellte(vgl. BLANKERTZ/ CLAESSENS/ EDDING 1966).

3.  Gründungsinitiativen

Diese drei Situationen bildeten dann letztlich das Amalgam für die gesellschaftspolitische und wissenschaftstheoretische „Absprungbasis“ der außeruniversitären Berufsbildungsforschung zu Beginn der 1970er in Österreich, die seitdem weitgehend entkoppelt von universitären Strukturen (mit wenigen Ausnahmen, siehe dazu weiter unten) primär auftragsbezogen und politik- und praxisnahe Forschungs- und Entwicklungsarbeit leistete und leistet. Im Unterschied zu Deutschland, dem u.a. durch die hochschulische Berufsschullehrerbildung und die Größe des Landes entsprechend mehr Ressourcen zur Verfügung standen, hat sich in Österreich eine spezifische, kleinstrukturierte Ausdifferenzierung der Berufsbildungsforschung entwickeln, die im Folgenden beschrieben wird.

3.1  Die Institutionenlandschaft

Die Breite an Fragestellungen und Entwicklungsbedarfe auf allen Ebenen der beruflichen Bildung von der Makro- oder Systemebene über die Mesoebene (Programme, Institutionen) bis hin zu der Analyse und Gestaltung von Bildungs- und Lernprozessen auf der Mikroebene, würden eine entsprechende disziplinäre oder multidisziplinäre Ausdifferenzierung erwarten lassen (vgl. RAUNER 2005, 9). Diese ist – in Ermangelung eines übergreifenden Entwicklungskonzeptes, wie es z.B. in Grundzügen in der Schweiz vorliegt (vgl. EDK 1999) – jedoch nie explizit angestrebt worden, noch hat sie sich faktisch etabliert. Vielmehr ist es aus institutionellen Informations- und Wissensbedarfen heraus zu Implementierungen von spezialisierten eigenständigen Forschungseinheiten gekommen. Zentrale Rolle haben hierbei zu Beginn die Sozialpartnerorganisationen gespielt.

Die beiden außeruniversitären Wirtschaftsforschungsinstitute Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung WIFO gegründet 1927 durch Friedrich August von HAYEK und Ludwig von MISES ( www.wifo.at ) und das Institut für höhere Studien (seit 1963), dieses seit Mitte der 1990er mit einer eigenen Forschungsgruppe Employment – Qualification – Innovation EQUI ( www.equi.at ) innerhalb der Abteilung Soziologie, bearbeiteten und bearbeiten vorwiegend im Bereich der Arbeitsmarkt- und Qualifikationsforschung, der Bildungsökonomie aber auch der Politikanalyse Felder der Berufsbildung auf Makro- und Mesoebene. Beide Einrichtungen tun dies sowohl im Auftrag nationaler Institutionen als auch für die OECD, die Europäische Union und andere international e Organisationen. Insbesondere die Arbeiten des WIFO hatten vor der hier beschriebenen Expansionsphase ab 1970 zentrale Bedeutung für die wissenschaftliche aber auch bildungspolitische Diskussion gehabt (beispielhaft WIFO 1969, STEINDL 1967, WIFO 1957).

1970 wurde das Österreichische Institut für Berufsbildungsforschung öibf ( www.oeibf.at ) – zunächst unter dem Namen „Institut für berufspädagogische Forschung und Entwicklung“ – gegründet und bildete damit die erste fachspezifische Einrichtung der Berufsbildungsforschung in Österreich. Der Anstoß zur Gründung ging vom Österreichischen Gewerkschaftsbund sowie den Arbeiterkammern aus und erfolgte letztlich durch das Berufsförderungsinstitut auf vereinsrechtlicher Basis und überwiegend mit Fördermitteln des Arbeits- und des Wissenschaftsministeriums. Im Jahr 1975 folgte die Gründung des Institutes für Bildungsforschung der Wirtschaft IBW ( www.ibw.at ) und dies ist seitdem in Trägerschaft der Wirtschaftskammer Österreich sowie die Industriellenvereinigung, auch in Vereinsform. Bis zu Beginn der 1980er wurde die überwiegende Zahl von Forschungsvorhaben in einer dieser beiden Institute ausgearbeitet und umgesetzt. Mehrere Anläufe zu einer integrierten Lösung etwa im Rahmen eines Bundesinstitutes nach dem Modell des deutschen Bundesinstitutes mit paritätischer Steuerung oder einer formalen Kooperation wurden unternommen, jedoch einmal von der einen, dann wieder der anderen Seite nicht mitgetragen. Der letzte diesbezügliche Versuch lässt sich mit Mitte der 1990er-Jahre datieren und steht mit der Auslagerung der arbeitsmarktpolitischen Agenden aus der Bundesverwaltung in die neu gegründete Arbeitsmarktverwaltung (heute Arbeitsmarktservice) in Zusammenhang. Dort wurde eine Fachabteilung für Berufsinformations- und Qualifikationsforschung gegründet (vgl. STURM 2007 in dieser Ausgabe), der zentrale Arbeitsfelder des öibf , u.a. die Erstellung von berufskundlichen Unterlagen, übertragen wurden. Die „Nähe“ von Forschungseinrichtungen zu den Sozialpartnerorganisationen als zentrale politische und operative Akteure der beruflichen Bildung wurde immer wieder problematisiert und gelegentlich auch als Hemmschuh für eine selbstgesteuerte Weiterentwicklung der Disziplin eingestuft (vgl. MAYR/ LASSNIGG/ UNGER 2000, 56 und LASSNIGG/ PECHAR 1994, 53).

Ab 1980 kam es zu mehreren Neugründungen von Einrichtungen die schwerpunktmäßig, phasenweise bzw. punktuell Fragen der berufsbezogenen Bildungsforschung bearbeiteten. 1980 wurde das Institut für Berufs- und Erwachsenenbildungsforschung IBE ( www.ibe.co.at ) durch die Arbeiterkammer Oberösterreich sowie das Berufsförderungsinstitut Oberösterreich mit formaler Anbindung an die Johannes Kepler Universität Linz gegründet.

Vorrangig im Bereich der hochschulischen Berufsbildungsforschung haben sich zwei Einrichtungen etabliert. Insbesondere im Zusammenhang mit der Etablierung des Fachhochschulsektors (1994) und dessen Akkreditierungsverfahren, das eine Bedarfs- und Akzeptanzanalyse für beantragte Studienprogramme durch vom Antragsteller unabhängige Einrichtungen vorsieht, hat sich das 1986 gegründete Industriewissenschaftliche Institut IWI ( www.iwi.ac.at ) das von HochschulforscherInnen, Interessenvertretungen und Unternehmen getragen wird, mit seinem Fachbereich Hochschulökonomie, in Folge auch mit einer späteren Verselbständigung in Form einer Unternehmensberatung ( www.3s.co.at ), im Feld etabliert.

Das Interuniversitäre Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung wurde nach einer Strukturreform 2004 als Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (Klagenfurt – Graz – Wien) IFF ( www.iff.ac.at ) an der Universität Klagenfurt geführt und forscht themenspezifisch am Institut für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung.

Weiters werden Forschungen an Einrichtungen durchgeführt, die fachliche oder institutionell den Bereichen Sozial- und Arbeitsmarktforschung, Jugendforschung, Unternehmensberatung sowie Markt- und Meinungsforschung zugeordnet werden können. Die Datenbank des AMS-Forschungsnetzwerks ( http://www.ams-forschungsnetzwerk.at ) weist aktuell 52 zumindest punktuell einschlägig tätige Einrichtungen aus.

3.2 Konkurrenz und Wettbewerb

Diese Vielzahl von zumeist recht kleinen Einrichtungen, die sich schwerpunktmäßig, peripher oder punktuell mit Fragen der Berufsbildungsforschung befassen, finden sich auf einem projektfinanzierten, nicht wirklich transparenten und – zumindest hinsichtlich der Fülle an Themenstellungen und Erkenntnisinteressen – unterdotierten Forschungsmarkt. Wo öffentliche Ausschreibungen für Auftragsprojekte erfolgen, sind diese Einrichtungen unmittelbare Konkurrenten oder gehen phasenweise oder projektbezogen Bietergemeinschaften ein.

Zu einer Mitte der 1990er Jahre kritisch angemerkten Ungleichheit in der Kostenstruktur zwischen öffentlichen Universitäten, Einrichtungen mit Trägerstruktur und gänzlich projektfinanzierten Einrichtungen und damit verbunden einer konstatierten Wettbewerbsverzerrung (vgl. LASSNIGG/ PECHAR 1994, 44) lässt sich sagen, dass die Entwicklungstendenz der Kostenwahrheit bei Drittmittelprojekten an den Universitäten und das zunehmende Abgehen von Trägerschaften für Forschungseinrichtungen hier ein zunehmendes Ausschleichen dieses Problems erwarten lässt, wenn auch letztlich völlig vergleichbare Bedingungen nie erreicht werden können.

3.3  Kooperation

Fünf Forschungseinrichtungen der Berufsbildungs- und Qualifikationsforschung in Österreich haben sich 2000 zur Arbeitsgemeinschaft Berufsbildungsforschung Austria ( abf-austria , www.abf-austria.at ) zusammengeschlossen. Es sind dies zum Teil schon genannte außeruniversitäre Einrichtungen ( öibf; IBW; EQUI; 3s, ZBW ), die kontinuierlich wissenschaftlich in den Feldern Berufsbildung, Qualifikation und Arbeitsmarkt arbeiten. Anstoß zur Gründung gab die Ausschreibung der Leistungen für das Fachwissens- und Referenznetzwerk (kurz Refer Net , www.refernet.at ) des Europäischen Zentrums zur Förderung der Berufsbildung CEDEFOP . Die abf-austria bietet auf Grund der Einbeziehung der einschlägigen Forschungsorganisationen eine zentrale Plattform für diese Arbeiten. Entsprechend der Vorgaben von CEDEFOP werden die Aufgaben Erarbeitung von nationalen Berichten und Expertisen, Vernetzung der nationalen und europäischen Forschung, Dokumentation von facheinschlägigen Veröffentlichungen sowie die Betreuung von Datenbanken wahrgenommen. Dieser Zusammenschluss war zunächst eher extrinsisch motiviert und auftragsbezogen, wenngleich nun doch über mehrere Jahre stabil und funktionsfähig.

Teile dieser Arbeiten wurden seit Beitritt Österreichs 1995 zur Europäischen Union zunächst in einer gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft zwischen IBW und IBE durchgeführt. Im Zuge einer Neuausrichtung und Ausweitung der Anforderungen an die Kooperation mit CEDEFOP etablierte sich jedoch dieser erweiterte Kreis von Einrichtungen.

Daneben gibt es zwei losere Netzwerke, die themenspezifisch aber mit gewissen institutionellen Überschneidungen aktiv sind. Dies ist einerseits das Netzwerk Forschung und Entwicklung Erwachsenenbildung / Weiterbildung auch mit stärkerer Beteiligung der Universitäten sowie das virtuelle AMS-Forschungsnetzwerk mit stärkerer arbeitsmarkt- oder qualifikationsorientierter Ausprägung.

4.  Berufsbildungsforschung gestern und heute

Im Folgenden soll gleichsam blitzlichtartig die Landschaft der österreichischen Berufsbildungsforschung hinsichtlich ihrer inhaltlichen Positionierung beschrieben werden, um einen Eindruck für deren Ausgangslage und Entwicklung zu geben. Eine sicherlich lohnende Detailanalyse würde hier den Rahmen sprengen, deshalb sollen drei Entwicklungsphasen kurz dargestellt werden.

4.1  Die frühe Situation 1973

Blickt man auf die Motive, die den Initiativen zur Gründung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen mit den Spezialaufgaben der Berufsbildungsforschung zugrunde lagen zurück, so lässt sich sagen, dass dies zunächst nicht vorrangig innerwissenschaftliche waren. Selbstreflexion war jedoch von Anbeginn ein Element der Entwicklung. So fand bereits ab dem Jahr 1971 die jährliche Sommerarbeitstagung des öibf statt, die sich im ersten Jahr dem Thema „Beruf und Zukunft“ und schon 1972 mit Inhalten, Formen sowie Methoden der berufspädagogischen Forschung beschäftigte. Gegenstand der Refer ate und Themenkreise waren Bildungspolitik, Bildungsökonomie, Inhalte und Methoden der berufspädagogischen Forschung sowie deren prognostische Relevanz und Bildungstechnologie (computerunterstützter Unterricht, Medienverbundprogramme etc.). Diese Veranstaltungen richten sich nicht ausschließlich an ForscherInnen, sondern an eine interessierte Öffentlichkeit. Die Teilnahmen aus Politik, Bildungs- und Arbeitsmarktverwaltung bestätigen dies.

Bereits zu Beginn der außeruniversitären Forschungstätigkeit wurde seitens des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung ein Projekt beauftragt, das die rezente berufspädagogische Forschung und Literatur in Österreich erheben und dokumentierten sollte (vgl. ÖIBF 1973). Dies wurde auch hinsichtlich der Forschungskapazitäten der einschlägigen Einrichtungen untersucht. Kontrastiert wurden diese Befunde mit einem systematischen Vergleich der deutschen Situation. Dieser historische „Forschungsstättenkatalog“ zeigt – ohne Vollständigkeit beanspruchen zu können – wie vielfältig und zahlreich die Forschungsinitiativen damals bereits waren. Und dennoch, so lässt sich aus heutiger Sicht sagen, sind diese zumeist in Form von Projektinitiativen vereinzelt geblieben und haben sich auch später nicht in systematische Forschungsprogramme (innerinstitutionell oder gar übergreifend) weiterentwickelt (vgl. ÖIBF 1973, II/52).

Bemerkenswert scheint an der damals erhobenen Liste, dass neben den weniger überraschend aktiven hochschulischen Einrichtungen und diversen „privaten“ Organisationen (es waren dies das öibf selbst sowie zwei Meinungsforschungsinstitute) zahlreiche einschlägige öffentliche Stellen Projektinitiativen, die intern durchgeführt wurden, gemeldet hatten. So waren dies Ministerien, Berufspädagogische Institute, Landesarbeitsämter sowie Arbeiter- und Wirtschaftskammern, die eigenständig Projekte durchführten.

 

Schon damals wurde evident, dass berufsbildungsrelevante Forschung weitgehend öffentlich finanziert wird, eine Situation, die bis heute unverändert geblieben ist. Weiters ist zu sehen, dass Projekte mehrheitlich an private Organisationen vergeben bzw. als Eigenprojekte durchgeführt wurden. Auch ein Umstand, der bis heute zu beobachten ist.

Damals wie heute gibt es keine allgemein akzeptierte Systematik der Berufsbildungsforschung. Eine pragmatische Analyse der damaligen Projekte lässt sich aber wie folgt darstellen:

 

Demnach war zu Beginn der Forschungsaktivitäten der Schwerpunkt die Bildungs- bzw. Berufsentscheidung bzw. die entsprechende Bildungsbeteiligung von hoher Bedeutung. Inwiefern hier die zentralen psychologischen Arbeiten zur Berufswahl von SEIFERT (bspw. 1977) an der Universität Linz das Interesse der Zeit widerspiegeln, oder kausal verknüpft sind lässt sich hier leider nicht beantworten. Mehr als die Hälfte der dokumentierten Projekte war dieser Grobkategorie, die durchaus recht unterschiedlichen Fokus annehmen kann, zuzuordnen. Der Anteil der selbstreflexiven und Grundlagenarbeiten macht immerhin die zweitgrößte Kategorie aus, was aufgrund des „Neulandes“ nicht sonderlich verwundert. Aus heutiger Sicht überraschend gering fällt der Anteil der Forschungsvorhaben im Zusammenhang mit der Beschäftigung des Aus- und Bildungssystems auf der Makroebene aus, hier hat sicher der Europäische Integrationsprozess und die europäische Berufsbildungspolitik eine erhebliche Dynamik erzeugt. Allein das Thema des neu entstehenden Polytechnischen Lehrganges als Berufsüberleitungsangebot zwischen Pflichtschule und dualer Ausbildung wird hier etwas verbreitert. Das als Defizit wahrgenommene Feld der Grundlagen und Instrumente zur Optimierung der Lern- und Ausbildungsprozesse auf der Mikroebene manifestiert sich in der damals jungen Forschungslandschaft neuerlich durch geringe Projektaktivität.

Die von KLAFKI (1971) manifestierte Neuorientierung der erziehungswissenschaftlichen Forschung an den Sozialwissenschaften hat ihren Niederschlag nicht zuletzt in der Methodik der Bildungsforschung gefunden, denn dort dominiert sozialwissenschaftliche oder auch psychologische Empirie. Wobei für die außeruniversitäre Berufsbildungsforschung eindeutig die sozialwissenschaftliche von Beginn an den quantitativen Vorrang hatte und dieser über die Jahre noch an Bedeutung gewonnen hat. Befragungen und sekundarstatistische Analysen stellen den methodischen Kernbereich der Arbeiten dar.

4.2  Berufsbildungsforschung bis 1990

Ein Zeitsprung betrachten eine Auswertung die LASSNIGG und HUBER für ein international es OECD-Seminar zur Bildungsforschung und Entwicklung auf Basis von EUDISED-Daten erarbeitet haben (vgl. LASSNIGG/ PECHAR 1994). Dort wird die Verteilung der Auftragnehmer von Berufsbildungsforschungsprojekten für die Jahre 1985/86 und 1991/92 ausgewertet. Für die Berufsbildungsforschung wird hier festgestellt, dass im Unterschied zu anderen Feldern der Bildungsforschung eigenständige, relativ stabile institutionelle Strukturen zu erkennen sind. Jedoch auch eine enge Eingebundenheit dieser Strukturen in politische und zum Teil auch administrative Prozesse des Bildungswesens (vgl. LASSNIGG/ PECHAR 1994, 52). Dort wird auch angedeutet, dass die Expansionsphase der Berufsbildungsforschung bis Mitte der 1980er Jahre angehalten hätte und dann eine gewisse Stabilisierung Platz gegriffen hat. Dur die wachsende Anzahl von Arbeitsmarkt- und Sozialforschungseinrichtungen die zumindest sporadisch berufsbildungsrelevante Fragestellungen bearbeiten, lässt sich diese Einschätzung heute wahrscheinlich nicht mehr in dieser Form aufrecht erhalten.

Thematisch ist es in diesem Zeitraum von knapp 20 Jahren zu einer Verschiebung und in gewisser Hinsicht tatsächlich zu einer Differenzierung der Forschungsgebiete gekommen. Aus heutiger Sicht lässt sich jedoch sagen, dass inhaltliche Spezialisierungen unbestreitbar sind und es zu Massierungen von Projekten bei einzelnen AutorInnen oder AutorInnengruppen kommt, jedoch weiterhin eine moderate Dynamik hinsichtlich der inhaltlichen Schwerpunkte bei den Einrichtungen erkennbar ist.

In der beschriebenen Periode haben sich die Themenschwerpunkte der Forschungsarbeiten verfestigt, diversifiziert und neue Themenfelder wurden aufgegriffen. Neben den eingeführten Bereichen wie berufskundliche Unterlagen, Lehrlingsausbildung, Weiterbildung, Arbeitsmarktbeobachtung und Bildungsrevision, lassen sich folgende neu entstandene Forschungsfelder ablesen:

•  Regionalentwicklung und -forschung

•  Internationale Berufsforschung

•  Genderspezifische Forschung zu Bildungswahl und -beteiligung

•  Zielgruppenspezifische Ansätze (Benachteiligte, Menschen mit Behinderung, ...)

•  Motiv- und Werteforschung

4.3 Aktuelle Situation

Zur heutigen Situation bietet der Beitrag von LASSNIGG (2007) in der gegenständlichen Ausgabe einen Einblick in die Forschungslandschaft sowie deren Themen. Für diese heutigen Bedingungen lassen sich innerstaatliche wie auch internationale Phänomene nennen, die auf die Berufsbildung und damit auf die Forschungsarbeiten zentralen Einfluss hatten. Hier können – ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Andeutung einer Gewichtung durch die Reihenfolge der Nennung – angeführt werden:

•  Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 1995 (mit dessen Implikationen hinsichtlich der europäischen Berufsbildungsinitiativen, Diskurse um Lebenslanges Lernen sowie der Schaffung eines europäischen Binnen- und Arbeitsmarktes)

•  Globalisierungseffekte auf das Arbeitsmarkt- und Qualifizierungssystem

•  Schaffung eines tertiären Berufsbildungssystems in Form der Fachhochschulen (1994)

•  Weitere Bildungsexpansion insbesondere im Bereich des berufsqualifizierenden Vollzeitschulsystems (zwischenzeitlich werden mehr Hochschulzugangsberechtigungen über das berufsbildende höhere Schulwesen erworben als über das allgemeinbildende)

•  Struktur- und Kapazitätsprobleme am Lehrstellenmarkt

•  Zunehmende Übergangsprobleme von der Erstausbildung ins Erwerbssystem

5. Außeruniversitäre Berufsbildungsforschung – Anspruch und Wirklichkeit

Die außeruniversitäre Forschung zur Berufsbildung hat in Österreich auf konkrete Bedarfe hin ihre Tätigkeit aufgenommen und war mit hohen Erwartungen und einer positiven Aufbruchsstimmung gestartet. Die einschlägigen Einrichtungen können zwischenzeitlich auf recht vielfältige Forschungsarbeiten und Projektzahlen zurücksehen und das eine oder andere Archiv ist stattlich gefüllt. Ein Umstand, der für projektfinanzierte Organisationen nicht unbedeutend ist und auch ein wenig stolz machen kann.

5.1 Fit for purpose?

Die Frage die sich nunmehr aber stellt ist, konnten und können diese Forschungsarbeiten auch die wissenschaftliche Durchdringung des vielfältigen Bereichs berufsbezogener Aus- und Weiterbildung leisten und Grundlagen für eine Weiterentwicklung dieser Sektoren bereitstellen, sind sie gleichsam „fit for purpose“?

Dies lässt sich wahrscheinlich mit einer, wenn auch zentralen Ausnahme im Großen und Ganzen positiv beantworten, denn andernfalls wäre die Zahl der Einrichtungen und Projektinitiativen nicht anhaltend angewachsen und die Aufwendungen der Auftraggeber würden nicht weiterhin getätigt. Die Arbeiten fließen in Reformvorhaben auf nationaler und Europäischer Ebene ein oder begleiten diese.

Problematisiert werden muss jedoch, ob diese Perspektive „fit for purpose“ alle Ansprüche und Potenziale von Forschung und wissenschaftlicher Entwicklung ausreizt, insbesondere wenn diese Zwecke zu einem überwiegenden Teil aus Sicht der Auftraggeber definiert werden. Hier ist neben dem Strukturmerkmal von Auftragsforschung und die oftmals damit verbundene Forderung von Praxis- oder Politikrelevanz eine Herausforderung für die Autonomie der Forschungsszene selbst gegeben.

5.2 Grundlagen für betriebliche Bildung fehlen weiterhin

Die oben angeführte Ausnahme stellt die Bereitstellung von wissenschaftlichem Grundlagenwissen, Instrumenten und Materialien überwiegend für die nichtschulischen beruflichen Bildungswege dar. Dieser Anspruch, solche Arbeiten wie sie etwa im Rahmen der WIPÄD-Institute für das kaufmännische Schulwesen in Österreich erarbeitet wurden und werden und eine Anbindung an den international en Diskurs haben, kann für den Lehrlingsbereich und die berufliche Weiterbildung nicht positiv beantwortet werden. Dies hat seinen Grund nicht allein in den Kapazitäten und Potenzialen der Forschungseinrichtungen selbst, denn die Weiterentwicklung dieser Sektoren muss vorrangig durch die Akteure und die Politik vorangetrieben werden, aber scheinbar ist es den Forscherinnen und Forschern nicht in ausreichendem Maße gelungen, EntscheidungsträgerInnen in diesen Wirkungsbereichen Wege aufzuzeigen und Instrumente an die Hand zu geben, um rezenten oder vorhersehbaren künftigen Herausforderungen durch Innovationen zu begegnen. Die Situation der Aus- und Weiterbildung der betrieblichen AusbilderInnen sei hier nur als ein Beispiel genannt.

5.3 Attraktive, zukunftsweisende Role Models?

Die Situation der außeruniversitären Berufsbildungsforschung in Österreich wird von einer lebendigen aber überschaubaren Gruppe von Institutionen und Personen geprägt. Will man sich auf die Suche nach Role Models für künftige Berufsbildungsforscherinnen und -forscher machen, so bietet die aktuelle Praxis zumindest drei Bilder an, die durchaus unterschiedlicher wohl nicht sein können aber dennoch nebeneinander zu finden waren und sind. Leider nur drei männliche, aber vielleicht bietet sich die eine oder andere Gelegenheit, diese sicherlich unvollständige Liste zu ergänzen.

5.3.1  Robinson Crusoe

Das erste Bild, das des einsamen Robinson (vgl. DEFOE 1719), der isoliert sein Dasein fristet, und zwar in ständiger Ambivalenz bezüglich der Furcht vor der nahen, bedrohlichen Umwelt und der erhofften Erlösung, die aus der weiten Ferne erwartet wird. Jemand der oder die am Schutzwall der Wohnhöhle arbeitet und sich an den Früchten der agrarischen Arbeit freut. Eine solche Robinsonade zu leben bedeutet kein einfaches Leben zu führen und sich mit harter Arbeit saisonal zu ernähren. Die Vereinzelung und die Kleinstrukturiertheit der Forschungsszene in der Berufsbildungsforschung lässt diesen Typus häufiger erkennen als man vermuten würde. Hineingeworfensein als Thema. Am Schluss steht – beruhigend – die Rettung und die Landung an sicheren Gestaden der zivilisierten Welt.

5.3.2 Indiana Jones

Wer forscht begibt sich auf unbekanntes Gebiet, entdeckt, hebt Schätze und hat nichts mit verstaubten Büchern oder verzopften Ideen zu tun (vgl. LENZ 2002, 115) – Indiana Jones, die fiktive Figur aus der gleichnamigen Abenteuerfilmreihe als zweites Role Model der Berufsbildungsforschung, Abenteuer als Thema. Gelegentlich bezieht sich die Handlung der wissenschaftlich motivierten Suche mit unorthodoxen Methoden sogar auch auf okkulte und religiös-kultische Phänomene – etwa den Heiligen Gral. Dass er aus seinen Abenteuern nicht immer als strahlender Sieger hervorgeht, er trotz aller Anstrengungen manchmal mit leeren Händen da steht, tut der Spannung aber keinen wirklichen Abbruch.

5.3.3 Telemach

Jener junge Mensch, der immer als das Kind von jemandem - in diesem Falle Odysseus – auf der Suche ist, stellt den dritten Typus dar. In einem komplexen Geflecht von Machtstrukturen und Einflusssphären auf einer Reise zu sein, die aber jedenfalls bildet, desillusioniert und verführt, löst Veränderungen aus. Entwicklung als Thema. Ein Mentor – ein verwandelter Gott sogar – wird ihm zur Seite gestellt, um die Suche in der Ferne bestehen zu können. Die Geschichte wurde oft erzählt, aber mit Enden so unterschiedlich wie sie nur sein können. Von Entführung ist da die Rede aber auch vom Geschenk der Unsterblichkeit (bsplw. FENELON 1840).

5.4 Eine künftige Forschungsstrategie

Diese Vielgestaltigkeit von Forschungspersonen mit ihren persönlichen und institutionellen Verflechtungen und die unterschiedlichen institutionellen Hintergründe sind zusammen mit einem nicht eng disziplinär ausgerichteten Forschungsfeld eine Herausforderung für strukturierte Weiterentwicklung und Fortschritt.

Die noch ausständige Entwicklung einer institutionenübergreifenden Berufsbildungsforschungsstrategie wäre aber eigentlich eine Aufgabe der Forschungsverantwortlichen in den Instituten selbst, will sie nicht bei der Umsetzung von Regierungsprogrammen, Jahresplanungen von Ministerien, Interessenvertretungen, der Arbeitsmarktorganisationen oder Umsetzung von Schwerpunkten Europäischer Förderprogramme stehen bleiben. Zusammen mit der vermehrten Orientierung an bewährten Qualitätssicherungsinstrumenten des akademischen Sektors wäre das eine ambitionierte und gewiss lohnende Aufgabe, deren Erledigung der österreichischen außeruniversitären Berufsbildungsforschung 2020 zu ihrem 50-jährigen Jubiläum gut zu Gesicht stehen würde. Die von Beginn an merklichen und weiterhin anhaltenden Spannungsverhältnisse von Grundlagenarbeit für politische Steuerung versus situativer Politikberatung, bedarfsgemäßer Projektarbeit versus transdisziplinärer, koordinierter Entwicklung sowie die Probleme von kritischer Größe der Scientific Community, Kontinuität und institutionenübergreifender Programmatik würden – zumindest dem Anspruch nach – in Angriff genommen. Dies würde dann vielleicht auch die Rolle der engagierten Forschungsbemühungen als Reforminitiator verstärken können.

 

Literatur

ABEL, H. (1963): Das Berufsproblem im gewerblichen und schulischen Ausbildungswesens Deutschland. Braunschweig.

BLANKERTZ, H. (1965): Der Deutsche Ausschuß und die Berufsbildung ohne Beruf. DbS, 17 (65), 5, 314-321.

BLANKERTZ, H./ CLAESSENS, D./ EDDING, F. (1966): Gutachten zur Frage der Gründung eines Forschungsinstituts für Berufsbildung. Im Auftrage des Senators für Arbeit und Soziale Angelegenheiten des Landes Berlin. Berlin.

BREZINKA, W. (2000): Pädagogik in Österreich: Die Geschichte des Faches an den Universitäten vom 18. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Band 1. Wien.

DAHRENDORF, R. (1965): Bildung ist Bürgerrecht. Plädoyer für eine aktive Bildungspolitik. Hamburg .

DEFOE, D. (1719): The Life and Strange Surprising Adventures of Robinson Crusoe of York, Mariner: who lived Eight and Twenty Years, all alone in an uninhabited Island on the coast of America , near the Mouth of the Great River of Oroonoque; Having been cast on Shore by Shipwreck, wherein all the Men perished but himself. With An Account how he was at last as strangely deliver'd by Pirates. Written by Himself. London .

DICKSON, P. (2001): Sputnik – The shock of the century. USA.

DIVINE, R. A. (1993): The Sputnik Challenge. New York.

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Zuletzt verändert: 20.10.2007 10:41 PM
 


  



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