Partner von bwp@: 
  SAP University Alliances Community (UAC)   giz - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit    Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e.V.    Österr. Konferenz für Berufsbildungsforschung       

bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT13 - Medientechnik
Herausgeber: Sönke Knutzen, Ulrich Heinen & Alexandra Eder

Titel:
Berufliche Bildung in den Medienberufen – Medien in der beruflichen Bildung


www.mediencommunity.de – Das Web 2.0-basierte Wissensnetzwerk der Druck- und Medienbranche

Beitrag von Thomas HAGENHOFER & Anette JACOB (Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien)

Abstract

Web 2.0-Technologien halten nach und nach Einzug in die berufliche Aus- und Weiterbildung. Das Forschungsprojekt „Mediencommunity 2.0“ hat für die Druck- und Medienbranche unter www.mediencommunity.de eine Learning Community aufgebaut und erprobt. Durch die Angebote zur Vorbereitung auf die bundeseinheitlichen Zwischen- und Abschlussprüfungen in der Branche konnten Erfahrungen mit nennenswerten Nutzergrößen gesammelt werden. Prüfungsvorbereitungswikis wurden dabei in Kombination mit selbstorganisierten Online-Lerngruppen als Unterstützung für die Auszubildenden entwickelt, erprobt und evaluiert. Dieser Beitrag beschreibt die Umsetzung und die Erfahrungen aus mehreren Durchgängen der Prüfungsvorbereitung in der Mediencommunity sowie eingesetzte Konzepte für Online-Lerngruppen. Ziel ist es, das Potenzial von Web 2.0-Technologien in der Ausbildung aufzuzeigen, Erfahrungen weiterzugeben und ein erprobtes Konzept vorzustellen.

 1 Das Projekt „Mediencommunity 2.0“

Das Forschungsprojekt „Mediencommunity 2.0“ wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Europäischen Sozialfonds gefördert. Dem Projektkonsortium gehören die Fachrichtungen Druck- und Medientechnik der Beuth Hochschule für Technik Berlin und der Hochschule für angewandte Wissenschaften München, das mmb-Institut für Medien- und Kompetenzforschung sowie der Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien an. Im Projekt werden Möglichkeiten nutzerorientierter Einbindung von Web 2.0-Medien zur Verbesserung der Qualität der Aus- und Weiterbildung in der Druck- und Medienbranche überprüft. Im Internet, unter www.mediencommunity.de, entstehen virtuelle Gemeinschaften der Lernenden, Lehrenden und Beschäftigten aus der Branche, d.h. Mediengestalter/-innen Digital und Print, Drucker/-innen und Buchbinder/-innen, sowie ein breites Angebot an Informations-, Vernetzungs- und Lernmöglichkeiten. Das Ziel ist Lernangebote zu schaffen, welche sich in die formelle Bildungslandschaft integriert lassen und zur Steigerung der Flexibilität, Nachhaltigkeit und Transparenz der beruflichen und akademischen Bildung in der Druck- und Medienbranche beitragen können.

„Die Internetplattform „Mediencommunity 2.0“ als eine virtuelle Lehr- und Lernumgebung dient der Initiierung und Etablierung von branchenspezifischen und praxisbezogenen Gemeinschaften im Sinne von Communities of Practice. Die Kommunikation und Kooperation der Community-Mitglieder untereinander verläuft dabei auf zwei Ebenen.

Zum einen findet ein informeller Austausch zwischen Akteuren aus unterschiedlichen Lernorten, u.a. Berufsschulen, Hochschulen, Betrieben statt. Zum anderen werden in formellen Partnerschaften zwischen Institutionen der Berufs- und Hochschulbildung Möglichkeiten zur Erhöhung der Durchlässigkeit in der Aus- und Weiterbildung erprobt.

 

Abb. 1:   Mediencommunity 2.0 als Bindeglied zwischen formellem und informellem Lernen

Mediencommunity 2.0 unterscheidet sich von anderen Web 2.0-Communities dadurch, dass sie branchenspezifische Angebote (vgl. www.imedo.de), informelles, non-formelles und formelles Lernen (vgl. www.idea-lounge.net, www.mixopolis.de) sowie Lehrercommunity (vgl. www.4teachers.de) und Lernercommunity (vgl. www.busuu.de) in einer Plattform integriert. In dieser Position strebt Mediencommunity 2.0 eine intensive soziale Vernetzung unterschiedlicher Berufsgruppen auf horizontaler und vertikaler Ebene an, mit dem Ziel lebenslanges Lernen in der Druck- und Medienbranche zu fördern.“ (BUCHEM 2009, 22)

Die Community setzt sich aktuell (Stand: April 2011) aus über 2.750 registrierte Nutzer/-innen zusammen. Seit dem Start im November 2009 zählt die Plattform eine durchschnittliche, tägliche Anzahl von über 600 Besuchen und 8.000 Seiten-Abrufen. In Spitzenzeiten werden in den Wochen vor den bundeseinheitlichen Zwischen- und Abschlussprüfungen über 2.500 Besuche mit über 35.000 Seiten-Abrufen registriert. Community-Nutzer können hier eigene Profile anlegen, sich vernetzen, vorhandene Angebote nutzen, eigene Inhalte einstellen sowie Lern- und Interessengruppen gründen. Die Nutzer/-innen setzen sich zu 68 Prozent aus Auszubildenden, zu 10 Prozent aus Lehrenden und zu 7 Prozent aus Facharbeiter/-innen zusammen. Den wiederum weitaus größten Anteil an den Auszubildenden hat die Gruppe der angehenden Mediengestalter/-innen Digital und Print mit ca. 70 Prozent aller Nutzer/-innen, gefolgt von den Druckberufen mit etwa 14 Prozent. Der Anteil der Studierenden beträgt 6 Prozent. Als technische Basis für die Community-Plattform wurde das OpenSource-Content Management System Drupal gewählt. Für Weiterbildungsseminare werden im Projekt darüber hinaus die Lernplattform Moodle und die Videokonferenzsystem Adobe Connect eingesetzt.

2 Struktur der Mediencommunity

Die Mediencommunity nutzt aufgrund ihrer verschiedenartigen Angebote eine Matrixstruktur mit den Achsen Angebotsart und Berufszuordnung. Zum einen werden Angebote nach den drei Arten Informieren („Wissen und Nachschlagen“), Kooperieren („Vernetzen und Mitmachen“) sowie Qualifizieren („Lehren und Lernen“) unterschieden und zum anderen nach den inhaltlichen Zuordnungen zu den Berufsbereichen Mediengestaltung, Druck, Weiterverarbeitung sowie Management.

 Initiates file download

Abb. 2:  Startseite der Mediencommunity

Bereits diese Struktur macht deutlich, dass diese Plattform im Sinne einer „Learning Community“ alle Online-Lernformen integriert. Klassische Web-based-Trainings werden verbunden mit Web 2.0-orientierten Lernformen. Neben einem MedienLexikon mit über 4000 Einträgen und einem von den Nutzer/-innen bearbeit- und kommentierbaren MedienWiki mit über 500 Beiträgen stehen Online-Lerngruppen für unterschiedliche Einsatzszenarien im Fokus des Forschungsansatzes. Auch im Bereich der beruflichen Erstausbildung setzt die Mediencommunity damit am Konzept des „mündigen Lernenden“ an.

„Das neue Lernen, auch das New Blended Learning, sieht den Lerner als gleichberechtigte Partner, sowohl in der Kommunikation mit anderen Lernpartnern, als auch mit Tutoren, Coaches und Trainern an. Sie erzeugen gemeinsam und in einem mehrgliedrigen Prozess Kompetenzen – auf Seiten der Lernenden und der Lehrenden.

Damit spiegelt unser Ansatz Entwicklungen in der Industriegesellschaft, in ihrer Arbeitswelt, aber auch in der Welt des Internets wider. Menschen, die es gewohnt sind, mit hohem persönlichen Einsatz in ihrer Arbeitswelt im Rahmen von Zielvereinbarungen selbstständig Lösungen zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen, können in ihren Lernprozessen nicht wie unmündige Kinder behandelt werden.

Die Entwicklung vom Web 1.0 zur Welt des Web 2.0 zeigt in die gleiche Richtung. Aus dem suchenden Nutzer vorhandener Webinhalte wird ein aktiver Mitgestalter des Web, der eigene Erfahrungen in das System einbringt und in der Kommunikation mit seinen Netzwerkpartnern zu gemeinsamem Wissen weiterentwickelt.“ (ERPENBECK 2007, 289)

3 Inhalte und Lernformen

Im Folgenden werden schwerpunktmäßig die Web 2.0-orientierten Lernformen in der Mediencommunity beschrieben. Dabei werden zum einen die Konzepte der Online-Lerngruppen im Allgemeinen und zum anderen die Angebote zur Prüfungsvorbereitung im Besonderen vorgestellt.

3.1 Online-Lerngruppen

Online-Lerngruppen haben sich in der Mediencommunity in unterschiedlichen Zusammenhängen bewährt. Sie fungieren je nach sozialen, organisatorischen oder didaktischen Anforderungen in unterschiedlichen Formen. In geschlossener moderierter Form liefern sie z.B. die technische Basis für Ausbildungsprojekte in Firmen. Der Moderator legt hierbei die Mitglieder selbst fest und lädt zur Mitarbeit ein; für andere Nutzer/-innen ist die Existenz der Gruppe nicht sichtbar. Andere Gruppen arbeiten in halb offener moderierter Form z.B. als Online-Lerngruppen zur Prüfungsvorbereitung im Bereich Fachenglisch. Für diese Gruppenform kann die Mitgliedschaft von jedem Nutzer bei einem/einer Moderator/-in beantragt werden, diese/r entscheidet über die Mitgliedschaft (vgl. BUCHEM 2010, 20 ff). In offener Form sind selbst-organisierte Gruppen von Auszubildenden zur kollaborativen Vorbereitung auf schriftliche Prüfungen eingerichtet worden. In diesen Gruppen können alle angemeldeten Mitglieder der Mediencommunity per Mausklick sofort Mitglied werden.

Der gruppenorientierte Ansatz ist aus mehreren Gründen sinnvoll. Er reduziert zum einen die Anonymität einer großen nicht überschaubaren Menge von Nutzer/-innen der Mediencommunity und fördert so die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit. Zum anderen stellt die Gruppe vielfältige Kommunikationsmittel wie Gruppenblogs, RSS-Feeds (= Really Simple Syndication; automatisierte Nachrichtenfunktion für Neuigkeiten oder Änderungen), automatische E-Mail-Benachrichtigungen bei neuen Beiträgen oder Kommentaren bereit, die eine virtuelle asynchrone, aber dennoch kontinuierliche Zusammenarbeit der Mitglieder über einen längeren Zeitraum ermöglichen. Zudem können ein oder mehrere Moderator/-en die Gruppe auch organisatorisch betreuen. Wie solche Online-Lerngruppen im Rahmen der Mediencommunity 2.0 in der Praxis umgesetzt werden, wird nun am Beispiel eines Wiki zur Mikrotypografie erläutert (http://www.mediencommunity.de/content/wiki-zur-mikrotypografie).

 

Abb. 3:   Gruppenkonzepte in der Mediencommunity

Beispiel: Wiki zur Mikrotypografie

Ende 2009 nutzte eine Ausbilderin der Fa. Laudert GmbH & Co KG eine Online-Lerngruppe in der Mediencommunity zur eigenständigen Erarbeitung von Ausbildungsinhalten im Bereich der Mikrotypografie durch ihre Auszubildenden. Die Ausarbeitungen waren nach Feedback durch die Ausbilderin und mehreren Überarbeitungsschleifen qualitativ so hochwertig, dass diese als Grundlage für ein eigenes Wiki zu diesem Thema dienen konnten. So entstand nach erneuter Qualitätssicherung und inhaltlicher Strukturierung von Fachleuten Mitte 2010 das Wiki zur Mikrotypografie als neues Angebot in der Mediencommunity. An diesem Beispiel lässt sich exemplarisch der didaktische und inhaltliche Nutzen von Learner Generated Content in Verbindung mit expertengestützter Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung aufzeigen.

 Initiates file download

Abb. 4:   Beitrag aus dem Wiki zur Mikrotypografie

Alle in diesem Kapitel beschriebenen Gruppenfunktionen werden im CMS Drupal durch die Modulfamilie Organic Groups bereitgestellt und können in jeder Drupal-Installation ohne großen Aufwand ergänzt werden. Für reine Teamkollaborations- und Gruppenanwendungen gibt es eine vorkonfigurierte Installation, die vom Open Atrium-Projekt (http://openatrium.com/) bereitgestellt wird.

3.2 Prüfungsvorbereitung in der Mediencommunity

Neben der Nutzung der unterschiedlichen Gruppenfunktionen hat sich auch die gemeinsame Prüfungsvorbereitung zu einer Kernanwendung in der Mediencommunity entwickelt.

In den ersten Durchläufen wurde allein auf die Wikitechnologie gesetzt und ein eigenes Prüfungsvorbereitungswiki mit für die Prüfung relevanten erweiterbaren Inhalten angeboten (vgl. BUCHEM 2009). Dieses Konzept wurde 2010 um selbstorganisierte Online-Lerngruppen für die Auszubildenden erweitert. Dabei entstand zum einen ein funktionierendes System des standortübergreifenden Online-Lernens auf Web 2.0-Basis und zum anderen ein nachhaltig funktionierendes Konzept für User-Generated-Content (oder Learner-Generated-Content) in der Community.

Wie bei den ersten Prüfungsvorbereitungen in der Mediencommunity werden Beiträge aus dem allgemeinen MedienWiki, welche zu den Prüfungsgebieten passen, in ein eigenes Prüfungsvorbereitungswiki übernommen. Zusätzlich wird für die aufgabenbezogene Vorbereitung eine Online-Lerngruppe etabliert.

 

Abb. 5:   Workflow der Angebote zur Prüfungsvorbereitung in der Mediencommunity

Alle Prüflinge können per Klick Mitglied dieser Gruppe werden, Aufgaben über die Kommentarfunktion beantworten, andere Antworten kommentieren und auch selbst Aufgaben oder Fragen an die Gruppe stellen. Alle Mitglieder der Gruppe werden per Mail über neue Aufgaben, Fragen oder Lösungen informiert. Ist eine Aufgabe intensiv genug bearbeitet, wird diese mit „gelöst“ markiert. Wie im Wiki werden die Lösungen von Moderatoren der Mediencommunity geprüft. Ziel ist aber die selbstständige Beantwortung und Lösung der Aufgaben, Moderatoren sind im Wesentlichen unterstützend tätig und intervenieren nur in den seltenen Fällen bei falschen Antworten. Die reine Präsenz von Moderatoren wirkt sich dabei positiv auf die Qualität der Antworten und die Ernsthaftigkeit und Kultur des Umgangs in der Community aus.

Die erarbeiteten Lösungen bilden wiederum eine Grundlage für neue Wikibeiträge. Diese werden von Experten überarbeitet und als neue Wikiseiten in das allgemeine MedienWiki integriert.

 Initiates file download

Abb. 6:  Lerngruppe zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfung Sommer 2010

In der folgenden Tabelle 1 sind Teilnahmezahlen der Lerngruppen zur Prüfungsvorbereitung und der jeweilige Anteil an der Gesamtzahl der Prüflinge für das Jahr 2010 dokumentiert:

 

Tabelle 1:  Teilnahmezahlen der Lerngruppen zur Prüfungsvorbereitung

Prüfung

Gesamtzahl der Prüflinge

Teilnehmer/-innen in der Lerngruppe

in %

Sommer-Prüfung (Mai 2010)

ca. 4.000

400 Teilnehmer/-innen

10 %

Winter-Prüfung (Dez. 2010)

ca. 1.500

290 Teilnehmer/-innen

19 %


Eine Auswertung der Nutzeraktivität im Rahmen der Prüfungsvorbereitung zur Zwischenprüfung und Abschlussprüfung Sommer 2010 (1.01.2010 bis 5.05.2010) ergab folgende Werte:

Anzahl der Nutzerkommentare: 421 von 124 verschiedenen Nutzer/-innen (ohne Moderatoren)

Anzahl neuer Wikibeiträge insgesamt (Team, Moderatoren und Nutzer/-innen): 147

Anzahl der durch Nutzer/-innen neu angelegten Wikibeiträge: 28 von 17 verschiedenen Nutzer/-innen

Anzahl der Überarbeitungen von Wikiseiten durch die Nutzer/-innen: 285 von 46 verschiedenen Nutzer/-innen

Die Angebote zur Prüfungsvorbereitung haben sich somit zu einer Art Killer-Applikation in der Mediencommunity entwickelt. Über diesen Weg konnte sich die Mediencommunity im Jahr 2010 als zentrales Wissens- und Lernnetzwerk in der Branche etablieren.

4 Statistik der Mediencommunity

Der Erfolg der Mediencommunity ist stark gekoppelt mit den Aktivitäten zur Prüfungsvorbereitung. Vor jeder Prüfung ist ein relevanter Anstieg der registrierten Nutzer/-innen zu verzeichnen (siehe Abbildung 7). Schon jetzt ist absehbar, dass sich die Gesamtzahl von der Sommerprüfung 2010 zur diesjährigen (2011) auf 3.000 Registrierungen erhöhen und damit mehr als verdoppeln wird.

 Initiates file download

Abb. 7:   Entwicklung der registrierten Nutzer/-innen in der Mediencommunity

Diese Entwicklung schlägt sich auch in der schwankenden, aber in der Tendenz stetig zunehmenden Zahl an monatlichen Besuchen in der Mediencommunity nieder (siehe Abbildung 8). Dabei ist zu beachten, dass an den jährlichen Winterprüfungen wesentlich weniger Prüflinge teilnehmen als an den Sommerprüfungen.

 Initiates file download

Abb. 8:  Anzahl der monatlichen Besuche in der Mediencommunity

5 Erfahrungen

Nach drei Jahren anwendungsorientierter Forschung zum Thema Lernen und Lehren mit Web 2.0-unterstützten Onlinemedien können wir folgende Erkenntnisse ableiten, die beim Aufbau von Learning Communities aus unserer Sicht zu beachten sind:

  • Jeder Community-Aufbau verlangt inhaltliche Vorleistungen oder Vorgaben. Diese können entweder durch relevante Inhalte geschehen, die z.B. in ein Wiki als Anfangsbestand eingegeben werden oder in Form von Anstößen durch Arbeitsaufträge bzw. Übungsaufgaben bereitgestellt werden. Ohne diese oder gleichwertige Impulse wird es kaum zu nennenswerten Beiträgen von Nutzer/-innen kommen, die Plattform wird beim ersten Besuch als nicht nutzbringend eingestuft und daher meist nicht weiter beachtet.
  • Eine notwendige weitere Voraussetzung für die Entwicklung von User- oder Learner Generated Content ist das Erreichen einer kritischen Masse an Teilnehmenden. Nutzer/-innen werden sich nur dann aktiv beteiligen, wenn sie in überschaubarer Zeit mit einer Reaktion oder einem Feedback durch die Community rechnen können. Dies kann natürlich auch durch Einsatz von Moderatoren (wie bei Diskussions- oder Lernforen) erfolgen, führt dann aber zumeist zu einer 1:1-Kommunikation zwischen Teilnehmer/-in und Moderator/-in. Um tatsächlich eine inhaltliche Zusammenarbeit der Nutzer/-innen selbst zu erreichen, muss eine genügend große Zahl an Menschen mit einer gleichartigen Zielsetzung auf der Plattform versammelt sein, die sich gegenseitig ergänzen, korrigieren und bestätigen.
  • Vorhandener Leidensdruck durch Prüfungen ist eine gute Stimulanz für die aktive Teilnahme an Web 2.0-Angeboten (vgl. GOERTZ 2010). Dies ergibt sich zum einen am Wunsch nach Austausch mit „Leidensgenossen“ über verschiedene Bildungseinrichtungen und Standorte hinweg und zum anderen durch die Notwendigkeit, sich vor Prüfungen selbstständig Themen erarbeiten zu müssen. Letzteres erleichtert den Schritt, eigene Beiträge oder Übungslösungen in einem passenden Umfeld zu veröffentlichen.
  • Die Qualitätssicherung der von Nutzer/-innen erstellten Inhalte ist gerade im Umfeld beruflicher Bildung sehr wichtig. Auszubildende wünschen sich verständlicherweise die Absicherung/Kontrolle ihrer Beiträge durch Fachleute. Diese sollte aber grundsätzlich erst dann geschehen, wenn auch andere Nutzer/-innen durch Kommentare oder Korrekturen in diese Qualitätssicherung einbezogen wurden. Es ist daher maßgeblich vom didaktischen Geschick des Moderatoren-Teams abhängig, ob tatsächlich Räume für die inhaltliche Zusammenarbeit in der Community entstehen können. Ähnliche Beobachtungen konnten in Zusammenhang mit der Frage gemacht werden, wie Wikibeiträge aussehen sollten, damit sie zur Weiterentwicklung/zum Weiterschreiben anregen. Die komplette Ausarbeitung eines Beitrags ist dabei genauso kontraproduktiv wie die reine Vorgabe des Themas. Die besten Erfahrungen haben wir in der Prüfungsvorbereitung mit Beiträgen machen können, die das Thema in wenigen Sätzen anreißen und so zu ergänzenden Arbeiten oder zum Vergleich mit eigenen Vorstellungen anregen.

Weitere Ergebnisse des Projektes mit Blick auf den Aufbau von Branchenbildungsportalen sind im Beitrag zum Handbuch E-Learning (SCHRAPS 2011, 4.26.6) erschienen.

6 Ausblick und Weiterentwicklung

Ziel der Mediencommunity ist es, den erfolgreichen Einsatz von Web 2.0-Angeboten in der beruflichen Erstausbildung auch auf die Weiterbildung zu übertragen. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass die notwendige Unterstützung durch Dozenten/Moderatoren in diesem Umfeld wesentlich größer ist als bei einer Prüfungsvorbereitung für Auszubildende. So sind eine regelmäßige synchrone Kommunikation unter den Teilnehmenden und Lehrenden über Videokonferenzsysteme sowie eine terminlich und aufgabenbezogen festgelegte Kursstruktur unabdingbar. Darüber hinaus zeigt das Projekt, welch hohe Bedeutung Web 2.0-gestützte Online-Medien für die inhaltsbezogene Durchlässigkeit von Bildungsgängen haben.

„Die Potenziale digitaler Medien zur Unterstützung struktureller Reformen gehen deutlich über reine eLearning-Angebote hinaus: Ein Internet-Branchenportal wie die Mediencommunity könnte in einem modular strukturierten beruflichen Bildungsverlauf eine wichtige Brückenfunktion einnehmen, indem sie die Aufstiegsqualifizierung der Beschäftigten durch einschlägige Informationen und Angebote kontinuierlich begleitet.“ (KÖNIG 2010, 7).

Die Mediencommunity wird daher auch nach Projektende ihren Anspruch, das zentrale Wissensnetzwerk der Druck- und Medienbranche zur Unterstützung und Begleitung von Lernbiografien zu sein, weiterverfolgen.

Literatur

BUCHEM, I./ HAGENHOFER, T. (2009): Didaktische Entscheidungen bei der Konzeption einer Web 2.0-basierten Lerner-Community: Ein Erfahrungsbericht zum Einsatz eines Prüfungsvorbereitungswiki in der Mediencommunity 2.0. In: SCHWILL, A./ APOSTOLOPOULOS, N. (Hrsg.): Lernen im Digitalen Zeitalter Workshop-Band Dokumentation der Pre-Conference zur DeLFI2009 – Die 7. E-Learning Fachtagung Informatik der Gesellschaft für Informatik e.V., Berlin, 2009, 21-28, Online: http://www.e-learning2009.de/media/Workshop-Band_Delfi.pdf  (20-05-2011).

BUCHEM, I./ SCHMITZ, H. (2010): Didaktische Konzeption von Web 2.0-basierten Lehr-/Lernszenarien: Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Mediencommunity 2.0“ Bericht Nr. 2 / 2010, Berlin, Online: http://fb1.beuth-hochschule.de/file/ullmann/Beuth_FB-I_2010-02.pdf  (20-05-2011).

ERPENBECK, J./ SAUTER W. (2007): Kompetenzentwicklung im Netz – New Blended Learning mit Web 2.0. Köln.

GOERTZ, L. (2010): The German concept „Leidensdruck“ – a central motivational factor to introduce digital learning Vortrag auf der Online Educa 2010. Berlin. Online: http://www.slideshare.net/mediencommunity/presentation-leidensdruck-goertzoeb1020101202  (20-05-2011).

KÖNIG, A. (2010): Aufstiegsweiterbildung in der Druck- und Medienindustrie – Forschungsprojekt Mediencommunity 2.0. In: eQualifikation – Neue Medien, neue Wege der Qualifizierung, Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.), Berlin, 2010, 6-7, Online: http://www.bmbf.de/pub/equalification.pdf  (20-05-2011).

SCHRAPS, U./ HAMELMANN, H. (2011). Zehn Praxistipps zum Aufbau eines Branchenbildungsportals. In: HOHENSTEIN, A./ W’ILBERS, K. (2011):  Handbuch E-Learning – Expertenwissen aus Wissenschaft und Praxis- Strategien, Instrumente, Fallstudien - Loseblattwerk. 36. Erg.-Lfg. April 2011, 4.26.6.


Zitieren dieses Beitrages

HAGENHOFER, T./ JACOB, A. (2011): www.mediencommunity.de – Das Web 2.0-basierte Wissensnetzwerk der Druck- und Medienbranche. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 13, hrsg. v. KNUTZEN, S./ HEINEN, U./ EDER, A., 1-14. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft13/hagenhofer_jacob_ft13-ht2011.pdf (26-09-2011).



Hochschultage Berufliche Bildung 2011 - Web page

http://www.hochschultage-2011.de/