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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT17 - Sozialpädagogik
Herausgeber: Hans Gängler, Antje Förster & Freia Müller

Titel:
Übergänge sozialpädagogisch begleiten und gestalten – Beiträge zur Verbindung fachwissenschaftlicher und berufsfelddidaktischer Perspektiven


Aufbaubildungsgänge an Fachschulen für Sozialpädagogik – Ein differenziertes Angebot am Markt vorbeigeplant?

Beitrag von Silke WILLMANN & Hedwig METSCHIES (Technische Universität Dortmund)

Abstract

Die Bedeutsamkeit von Qualifizierungen aktuell im Kontext der Elementarerziehung ist unumstritten und zeigt sich nicht zuletzt in einer Vielzahl von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Die Qualitätsbemühungen in der Weiterbildung haben sich dabei vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und individuellen Perspektive mit Anspruch und Wirklichkeit auseinander zu setzen. Mit Blick auf ein stark zunehmendes Angebot von Aufbaubildungsgängen an Fachschulen für Sozialpädagogik in NRW, als eine Form von Weiterbildungsmaßnahmen, interessieren die Themen sowie der Nutzen dieser Maßnahmen im Kontext einer Prozess- und Nachfrageorientierung. Mit einer Befragungsstudie von Erzieherinnen und Erziehern gilt es genauer zu analysieren, welche Interessen und Motive bei Teilnehmenden bzw. welche Hinderungsgründe bei Nicht-Teilnehmenden insbesondere an Aufbaubildungsgängen vorliegen.

1 Aufbaubildungsgänge an Fachschulen für Sozialpädagogik

Aufbaubildungsgänge (ABGs) als eine Form der Weiterqualifizierung von Erzieherinnen und Erziehern[1] werden in NRW seit Oktober 2002 an sozialpädagogischen Fachschulen angeboten. Wie in der nachfolgenden Übersicht (Tab. 1) dargestellt, sind zehn unterschiedliche ABGs, die jeweils im Umfang von 600 Unterrichtsstunden (i.d.R. berufsbegleitend 1 ½ Jahre) durchgeführt werden und mit einem Zertifikat abschließen, bisher eingerichtet worden.

Aufbaubildungsgänge in NRW

eingerichtet seit

Sozialmanagement

2002

Sprachförderung

2002

Medienkompetenz

2003

Bewegung und Gesundheit

2005

Bildung u. Schulvorbereitung in Tageseinrichtungen für Kinder

2005

Praxisanleitung

2005

Naturwissenschaftlich-technische Früherziehung

2005

Musikalische Förderung im sozialpädagogischen Arbeitsfeld

2005

Bildung, Erziehung u. Betreuung von Kindern unter drei Jahren

2007

Fachkraft für heilpädagogische Förderung mit dem Pferd

2008

Abb. 1:  Aufbaubildungsgänge in NRW und Beginn der jeweiligen Maßnahme (Quelle: http://www.berufsbildung.schulministerium.nrw.de/cms/lehrplaene-und-richtlinien/fachschule/aufbaubildungsgaenge/aufbaubildungsgaenge.html, 07.02.2011)

Die Zahl der Aufbaubildungsgänge in NRW ist sowohl von der Anzahl der eingerichteten Fachklassen als auch von der Anzahl der unterschiedlichen Schwerpunkte bis heute deutlich angewachsen. So wurden laut Statistischem Bundesamt NRW  z.B. für den Aufbaubildungsgang (ABG) „Sozialmanagement“ 124 und für den ABG „Sprachförderung“ 94 Fachklassen bis 2009 eingerichtet.

Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass der zunehmenden Zahl an Fachschulen, die Aufbaubildungsgänge anbieten, die Tendenz entgegensteht, Aufbaubildungsgänge wieder einzustellen. In einem an der TU Dortmund verorteten Arbeitskreis von FachschullehrerInnen, der u.a. das Curriculum für den ABG Sprachförderung entwickelte, konstatierten 6 von 7 Vertretern einer Fachschule, dass in ihrer jeweiligen Schule angebotene Aufbaubildungsgänge mangels Teilnehmerinnen wieder eingestellt bzw. gar nicht eröffnet wurden. Das heißt, von Seiten der Schulen wurde ein Fortbildungsangebot vorbereitet, das dann aber von Erzieherinnen nicht abgefragt wurde.

Angesichts dieser Erfahrungen ist die Frage aufzuwerfen, welche Qualifizierungsmaßnahmen Erzieherinnen und Erzieher interessieren, wie diese beschaffen sein müssen und welche Rahmenbedingungen notwendig sind, um diese durchzuführen.

Nimmt man die aktuelle Diskussion zur Qualität in Bildungsprozessen insbesondere in der Weiterbildung auf, so lässt sich der Paradigmenwechsel von einer Input- und Output-Orientierung hin zu einer Prozess- und Nachfrageorientierung abzeichnen. (vgl. KLIEME/ TIPPELT 2008, 8/9 sowie von HIPPEL/ GRIMM 2010, 8) Die Qualität der Weiterbildung hat sich demnach mit Lehrenden und Lernenden als Akteure in Weiterbildungsmaßnahmen und insbesondere mit deren Wahrnehmung und Prioritätensetzung auseinander zu setzen. (vgl. EHSES/ ZECH 2002, 118 und von HIPPEL/ GRIMM 2010, 9)

D.h., Weiterentwicklungen und Änderungen in der Qualität der Weiterbildung haben sich zum einen an resultierenden Erfordernissen zum anderen aber auch an den beteiligten Personengruppen selbst zu orientieren. Dieses setzt ein Wissen über die Interessen und Haltungen der Erzieherinnen voraus.

2 Themenschwerpunkte von Weiterbildungsmaßnahmen für Erzieherinnen und Erzieher

Dass generell Fortbildungsbedarf und -bereitschaft bei Erzieherinnen besteht, belegen u.a. Studien von BEHER und WALTER (2010). Sie konstatieren, dass die Weiterbildungslandschaft einen Aufwärtstrend verzeichnet. Gab es 1975-80 bei 2% der Weiterbildungsanbieter Angebote für Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen, so finden sich inzwischen bei 26 % der Anbieter entsprechende Angebote. (vgl. ebd.) Zu welchen Themen besteht nun konkreter Fortbildungsbedarf? Aus der genannten Studie lässt sich ablesen, zu welchen Themenbereichen Weiterbildungen angeboten werden. 95 % der befragten Weiterbildner[2] bieten kindbezogene Themen an, 73 % machen Angebote zu Leitungs- und Teamentwicklungsaufgaben, 69 % zu familienbezogenen Themen. (vgl. ebd.) Hier finden wir also Hinweise auf fortbildungsrelevante Themen.

Diese Untersuchung stellt zwar die Frage nach den angebotenen Themen, nicht nach den von Erzieherinnen nachgefragten, da aber auch der Weiterbildungsbereich in zunehmendem Maße der Selbstregulierung des Marktes unterliegt (vgl. MEISEL 2008), kann man davon ausgehen, dass sich das Angebot auch an den Bedarfen der Adressaten orientiert.

Zu ähnlichen Ergebnissen wie die Studie von BEHER und WALTER kommt auch die GEW-Studie: „Wie geht´s im Job“ (2007). Eine Analyse der von den befragten Erzieherinnen angegebenen Fortbildungsthemen ergibt, dass „die Bildungsbegleitung, die individuelle Förderung von Kindern bei den Erzieherinnen großgeschrieben wird: 51% beschäftigten sich mit der Beobachtung und Dokumentation von Bildungsprozessen, 41% mit dem Themenbereich Sprachförderung/Spracherziehung und 37% mit dem Thema Diagnose und Begutachtung der kindlichen Entwicklung. An zweiter Stelle rangieren, von etwa 20% der Erzieherinnen genannt, die Themen Kooperation zwischen Kindertageseinrichtung und Schule, Elternarbeit/Elternbildung, mathematisch-naturwissenschaftliche Bildung, Bewegung/Rhythmische Erziehung/Tanz sowie Lern- und Spielangebote für bestimmte Altersgruppen. An dritter Stelle folgen schließlich mit einem Anteil von 14% bis 15% die Themen Gesundheit/Ernährung im Kindesalter sowie musische Bildung.“ (GEW 2007, 14ff.) Weitere Themen waren: Leiten und Führen, Organisationsentwicklung und Qualitätssicherung, Konzeptentwicklung, Stressbewältigung oder Rhetorik. (vgl. ebd.) Zusätzliche Angebote wurden hinsichtlich der Themen Diagnostik und Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern gewünscht. (vgl. ebd., 17)

Vergleicht man nun diese Themenkataloge mit den Angeboten der Aufbaubildungsgänge, so lässt sich feststellen, dass die meisten dieser Themen auch über die Aufbaubildungsgänge an Fachschulen abgedeckt werden. Ist von einer generellen Fortbildungsbereitschaft der Erzieherinnen auszugehen und sind die Themen der Aufbaubildungsgänge mit dem Themenspektrum anderer Weiterbildungsinstitutionen vergleichbar, gilt es in einem nächsten Schritt zu prüfen, welche Gründe für die Teilnahme bzw. für die Nichtteilnahme von Erzieherinnen speziell von Aufbaubildungsgängen an Fachschulen für Sozialpädagogik vorliegen.

3 Konstruktion der Befragung und Informationen zur Stichprobe

Im Rahmen eines Seminars an der TU Dortmund wurden mit Hilfe einer standardisierten schriftlichen Befragung Motive und Bedingungen für die Teilnahme bzw. Nicht-Teilnahme von Erzieherinnen an Aufbaubildungsgängen erfragt.

Befragt wurden dazu einerseits Erzieherinnen, die schon einen ABG besucht haben und andererseits solche, die dieses Angebot noch nicht genutzt haben.

Die Gruppen sollten schriftlich vorgelegte Fragen

  • nach dem Bekanntheitsgrad der Aufbaubildungsgänge,
  • nach der individuellen Motivation und Bereitschaft zum Besuch eines Aufbaubildungsganges,
  • nach Erwartungen, und ggf. Erfolgen die mit dem Besuch verbunden werden bzw. wurden,
  • sowie nach Rahmenbedingungen, die gegeben sein müssen, damit die Absicht zur Teilnahme an einem Aufbaubildungsgang auch wirklich realisiert wird, 

beantworten.

Insgesamt konnten n=174 schriftliche Befragungen im Großraum Dortmund durchgeführt und ausgewertet werden.

4 Ausgewählte Ergebnisse der Studie

Die Frage nach der Bekanntheit der Aufbaubildungsgänge ergab, dass 31,6% der Befragten (n=55) nicht wissen, dass Fachschulen für Sozialpädagogik Aufbaubildungsgänge anbieten. Und 74,1 % (n=129) kennen das Angebot von Aufbaubildungsgängen der nächstliegenden Schule nicht. Wenn im Schnitt nur jede vierte Erzieherin davon weiß, welche Aufbaubildungsgänge in ihrer Nähe angeboten werden, kann in der mangelnden Bekanntheit des Angebots schon ein Grund für eine geringe Nachfrage gesehen werden. An dieser Stelle schließt sich die Frage an, warum das schulische Angebot so wenig bekannt ist. Dies scheint umso erstaunlicher, als Schulen und Tageseinrichtungen für Kinder im Zuge der Praktikantenausbildung ja stets miteinander kooperieren. Hier wird also eine weiterführende Frage offenbar, der einer gesonderten Untersuchung nachgegangen werden könnte.

4.1 Erzieherinnen mit absolviertem Aufbaubildungsgang

In der vorliegenden Studie wurden, zunächst die Erzieherinnen die einen Aufbaubildungsgang absolviert haben (n=33; entspricht 19%), nach ihren Erwartungen an den Besuch eines Aufbaubildungsgangs gefragt und dann danach, ob sich diese erfüllt haben. Mithilfe einer vierstufigen Ratingskala mit verbaler Skalenbezeichnung zeigen die Antworten, dass 60,6% (n=20) der Befragten ein sehr hohes und 33,3% ein hohes Interesse an der Vermittlung neuer Methoden hatten. Jeweils 36,4% der Befragten hatten ein sehr hohes Interesse an theoretischem Wissen und ein sehr hohes Interesse an einem Austausch mit Kolleginnen. Und noch 21,2% hatten ein sehr hohes und 51,5% ein hohes Interesse daran, ihre Haltungen zu überdenken. Aus den Erkenntnissen der Expertise- und Professionsforschung wissen wir, dass berufliche Handlungskompetenz erst im Zusammenspiel von professionsspezifischem Wissen und Können und professioneller Haltung[3] entsteht (vgl. FRIED 2006). In diesem Befragungsergebnis wird deutlich, dass über 70% der Erzieherinnen sehr hohe bzw. hohe Erwartungen auf allen drei Gebieten an einen Aufbaubildungsgang hatten, was ihre Professionalität erweitern kann.

Inwieweit sich diese Erwartungen erfüllt haben, lässt sich an folgenden Ergebnissen aufzeigen. Bei 60,6% (n=20) der Befragten haben sich die Erwartungen sehr stark hinsichtlich der Vermittlung neuer Methoden erfüllt. Bei 48,5% der Befragten haben sich die Erwartungen hinsichtlich des theoretischen Wissens, bei 33,3% hinsichtlich des Austausches mit Kolleginnen und bei 24,2% hinsichtlich der eigenen Haltungen zu überdenken sehr stark erfüllt. Insgesamt werden die Erwartungen bei mehr als 66% der Erzieherinnen sehr stark bzw. stark erfüllt, welches ein hohes Maß an Zufriedenheit mit dem Gelernten kennzeichnet. 75,6% (n=25) der Personen geben zudem an, dass die vermittelten Inhalte in der Weiterbildungsmaßnahme ihren persönlichen Interessen sehr stark bzw. stark entsprachen.

Stellt man die Frage, welchen Niederschlag der Besuch der Weiterbildung im Berufsalltag findet, lassen sich folgende Ergebnisse hinsichtlich der Erweiterung des Wissens und Könnens sowie der Veränderung der Haltung aufzeigen. 75,7% (n=25) der Teilnehmerinnen geben an, dass sich ihr Wissen und 72,7% ihr Können erweitert haben. Und 51,5% der Personen geben an, dass sich ihre Haltung zur Arbeit verändert hat. Mehr als zwei Drittel der Befragten haben also subjektiv das Gefühl, mehr zu wissen und mehr zu können. Abweichend von der individuellen Einschätzung zeigen Untersuchungen von Fried zum Erfolg des Besuchs eines ABGs Sprachförderung zwar, dass das Wissen der Teilnehmenden tatsächlich zugenommen hat, aber sich dieses im Können der Erzieherinnen noch nicht niedergeschlagen hat. (vgl. FRIED 2010) Diese durch externe Evaluation gewonnenen Daten weichen somit von der Selbsteinschätzung der Erzieherinnen ab. Offenbar fühlen diese sich nach dem Besuch eines ABGs sicherer in ihren Handlungen. Dennoch bleibt die Frage, wie in den ABGs gelehrt und gelernt werden muss, damit das Könnensrepertoire auch messbar steigt.

Wird nach den Verbesserungen gefragt, die sich aus dem Besuch des Aufbaubildungsgangs ergeben haben, so bestätigen 81,8% (n=27) der Befragten die Wissenserweiterung bzw. den Zuwachs an Können als Verbesserung. 57,6% der Befragten geben an, dass sich die Chancen bei Bewerbungen „sehr stark“ bzw. „eher mehr“ verbessert haben. Lediglich 9,1% der Befragten bewerten einen absolvierten Aufbaubildungsgang als finanzielle Absicherung, darunter 6,1% als „sehr starke“ finanzielle Absicherung. Von den Weiterbildungsmaßnahmen scheint also primär die Arbeit am Kind zu profitieren. Die direkten Vorteile für die Erzieherinnen sind dem nachgeordnet. Hinweise für eine insgesamt positive Bewertung der Aufbaubildungsgänge lassen sich mit der Angabe der Weiterempfehlung bei 81,8% (n=27) der Befragten und der Angabe von insgesamt 49 besuchten Aufbaubildungsgängen aufzeigen. Die hohe Anzahl der besuchten Aufbaubildungsgänge von 33 Befragten, wie in Tabelle 2 dargestellt, zeigt, dass der größere Teil nach den Erfahrungen mit einem ABG noch mindestens einen weiteren belegt hat.

Aufbaubildungsgang

Absolvierte ABGs der Teilnehmer-innen  (n=49)

Wünsche der Teilnehmerinnen ohne ABG

(n=341)

Bildung, Erziehung und Betreuung unter drei Jahren

11 (22,4%)

66 (19,4%)

Sprachförderung

11 (22,4%)

51 (15,0%)

Bewegung und Gesundheit

8 (16,3%)

59 (17,3%)

Sozialmanagement

7 (14,3%)

35 (10,3%)

Musikalische Förderung im sozialpädagogischem Arbeitsfeld

4 (8,2%)

30 (8,8%)

Bildung und Schulvorbereitung in Tageseinrichtungen für Kinder

3 (6,1%)

31 (9,1%)

Praxisanleitung

2 (4,1%)

15 (4,4%)

Naturwissenschaftlich-technische Früherziehung

2 (4,1%)

30 (8,8%)

Fachkraft für heilpädagogische Förderung mit dem Pferd

1 (2,0%)

11 (3,2%)

Medienkompetenz in der Kinder- und Jugendhilfe

0 (0%)

13 (3,8%)

Abb. 2:   Anzahl der besuchten Aufbaubildungsgänge (n=49) von 33 Befragten und Anzahl der gewünschten Ausbaubildungsgänge (n=341) von 138 Befragten ohne absolvierte Aufbaubildungsgänge

4.2 Erzieherinnen ohne absolvierte Aufbaubildungsgänge

Hinsichtlich der Personen, die noch keinen Aufbaubildungsgang besucht haben (n=138) interessierte vor allem, wie die Motivation erreicht werden kann an einem Aufbaubildungsgang teilzunehmen, bzw. aus welchen Gründen bisher vom Besuch eines Aufbaubildungsganges abgesehen wurde.

Eine Auswertung der Befragung ergibt, dass die Motivation bei 59,4% der Befragten sehr hoch bzw. relativ hoch ist, an dieser Weiterbildungsmaßnahme teilzunehmen. Wie in Tabelle 1 (3. Spalte) dargestellt, liegt das Interesse der Befragten am häufigsten im Besuch folgender Aufbaubildungsgängen: „Bildung unter drei Jahren“ (19,4%), „Bewegung und Gesundheit“ (17,3%) sowie „Sprachförderung“ (15%). Werden diese Wünsche der Befragten ohne Aufbaubildungsgang mit den absolvierten ABGs der anderen Gruppen verglichen, zeigen sich annähernde Interessen bei der Auswahl der ABGs.

Welche Hinderungsgründe können vorliegen, um vom Besuch dieser Weiterbildungsmaßnahme abzusehen? Am häufigsten, nämlich 74,7% (n=103), geben die Befragten den zeitlichen Aufwand als Grund an, der sie „sehr stark“ bzw. „eher mehr“ daran hindert, einen Aufbaubildungsgang zu besuchen. An zweiter Stelle empfinden 65,2% der Befragten den Besuch eines Aufbaubildungsgangs als organisatorisch schwer zu realisieren. Weitere Hinderungsgründe werden von weniger Personen angegeben: unbekannte Weiterbildungsmaßnahme (59,5%), entstehende Kosten (38,4%), (Prüfungs-)Anforderungen des Anbieters (21%) und kein Interesse (11,6%).

Die aufgezeigten Gründe decken sich mit den Untersuchungsergebnissen der Studie von BEHER und WALTER (2010). Diese stellt fest, dass hohe berufliche Belastungen und zu kleine Weiterbildungskontingente als hauptsächliche Teilnahmebarrieren für Weiterbildungen genannt werden. Diese Antworten korrespondieren mit der Tatsache, dass insbesondere Kurzzeitveranstaltungen bei den Weiterbildnern nachgefragt werden. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die GEW-Studie (2007, 14). Dieser Studie zu Folge lasen 93% der Befragten regelmäßig Fachzeitschriften/Fachbücher, 75% nahmen an kurzzeitigen Veranstaltungen, z.B. Vorträge, Halbtagsseminare teil und 50% besuchten längerfristige Lehrgänge oder Kurse. Auch hier zeigt sich die Tendenz, dass die Bereitschaft zur Fortbildung sinkt, wenn der zeitliche und organisatorische Aufwand steigt.

4.3 Rahmenbedingungen für die Teilnahme an Aufbaubildungsgängen

Hinsichtlich der Rahmenbedingungen, die eine Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen begünstigen, wurden anschließend die beiden befragten Personengruppen mit und ohne absolvierten Aufbaubildungsgang einander gegenübergestellt. Bei den abgefragten Kriterien zeigten sich annähernd gleiche Werte (s. Tab. 3). Die Qualität der Ausbildung und die Nähe zum Ausbildungsort wird als sehr wichtig bei über dreiviertel der Befragten eingeschätzt. Dagegen spielt der Ausbildungsveranstalter, ob Schule oder freier Träger, für mehr als 94% aller Befragten keine Rolle.

Des Weiteren wurde den Befragten in dieser Studie alternativ ein anderes Modell von Aufbaubildungsgängen vorgeschlagen, was derzeit in Lehrerarbeitskreisen in NRW diskutiert wird: Die Verbindung mehrerer Themen in einem ABG. Dabei könnte jedes Thema in Form eines Moduls in zeitlichen Abständen voneinander angeboten werden (z.B. 100 Std. Basiswissen, 100 Std. Sprachförderung, 100 Std. Bewegung und Gesundheit, 100 Std. musikalische Förderung, 100 Std. Medienerziehung, 100 Std. naturwissenschaftlich-technische Bildung).

Ein solches Modell scheint bei potentiellen Teilnehmenden auf Interesse zu stoßen. Dieses Interesse zeigt sich bei über 73% aller Befragten (s. Tab. 3, letzte Zeile).

 

Befragte Personen mit absolviertem ABG (n=33)

Befragte Personen ohne absolviertem ABG (n=138)

Qualität der Ausbildung –

„Sehr wichtig“

81,8% (n=27)

75,4% (n=104)

Nähe zum Ausbildungsort –

„Sehr wichtig“

45,5% (n=15)

48,6% (n=67)

Ob Schule oder freier Träger als Ausbildungsort – „Egal“

97% (n=32)

94,2% (n=130)

Umstrukturierung der ABG durch Modularisierung

75,8% (n=25)

73,9% (n=102)

Abb. 3:   Einschätzung der Rahmenbedingungen für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen von Personen mit und ohne absolvierte Aufbaubildungsgänge

5 Zusammenfassende Thesen

Es ist abschließend festzuhalten, dass sich im Rahmen dieser Studie folgende zentrale Forderungen ableiten lassen:

Weiterbildungsmaßnahmen wie Aufbaubildungsgänge stehen im Kontext des lebenslangen Lernens. Damit sie genutzt werden, müssen sie an gesellschaftliche und individuelle Bedarfe angepasst werden.

Um eine optimale Passung zwischen Angebot und Nachfrage bzgl. der Aufbaubildungsgänge zu erreichen, sind die Bedarfe genau zu erfassen und zu evaluieren, um anschließend tragfähige Konzepte daraus zu entwickeln.

Um die Qualität und Professionalität der Ausbildungsgänge sicher zu stellen, sind verbindliche Qualitätsstandards für die Angebote der Fortbildungsträger festzulegen. Nur dann sind sie von den Schulen als Teilmodule des Aufbaubildungsganges anzuerkennen.

Im Rahmen der Qualitätsentwicklung von Schulen und Weiterbildungsanbietern liegt ein Qualitätskriterium deutlich auf der Professionalität der Fortbildner und Fortbildnerinnen. Daher kommt der Weiterqualifizierung der Lehrerinnen und Fortbildner große Bedeutung zu.

Erfolg und Nutzen der Aufbaubildungsgänge sind eng an Analysen und Bewertungen dieser Maßnahmen und deren Rahmenbedingungen geknüpft. Zentral wichtige Erkenntnisse, z.B. über die messbaren Auswirkungen eines Besuchs eines Aufbaubildungsganges auf die pädagogische Arbeit lassen sich über externe Evaluationen gewinnen.

Literatur

BEHER, K./ WALTER, M. (2010): Die Weiterbildungslandschaft für frühpädagogische Fachkräfte im Spiegel der Empirie. Vortrag auf der Fachtagung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte. 31. Mai 2010.

EHSES, C./ ZECH, R. (2002): Organisationale Qualitätsentwicklung aus der Perspektive der Lernenden – eine Paradoxie? In: HEINOLD-KRUG, E./ MEISEL, K. (Hrsg.): Qualität entwickeln – Weiterbildung gestalten. Bielefeld, 114-126.

FRIED, L. (2006): Erzieherinnen als Expertinnen für Sprachförderung. Zwischenbericht. Dortmund.

FRIED, L. (2010): Wie steht es um die Sprachförderkompetenz von deutschen Kindergartenerzieherinnen? – Ausgewählte Ergebnisse einer empirischen Studie. In: Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts e.V. (GDSU), Forschungsband 9, 205-218.

GEWERKSCHAFT ERZIEHUNG und WISSENSCHAFT (Hrsg.) (2007): Wie geht’s im Job? KiTa-Studie der GEW. Frankfurt a. M.

HIPPEL, A. v./ GRIMM, R. (2010): Qualitätsentwicklungskonzepte in der Weiterbildung Frühpädagogischer Fachkräfte. Zusammenfassung der Expertise für das Projekt Weiterbildungsinitiative Frühpädagogischer Fachkräfte (WiFF).

KLIEME, E./ TIPPELT, R. (2008): Qualitätssicherung im Bildungswesen. In: Zeitschrift für Pädagogik. 54. Jg., 53. Beih., 7-13.

MEISEL, K. (2008): Qualitätsmanagement und Qualitätsentwicklung in der Weiterbildung. In: Zeitschrift für Pädagogik, 53. Beih.: Qualitätssicherung im Bildungswesen. Eine aktuelle Zwischenbilanz, 108-121.



[1]  Voraussetzungen für die Teilnahme an einem Aufbaubildungsgang in NRW ist eine abgeschlossene Erzieherinnenausbildung.

[2]  Befragt wurden Anbieter von Fort- und Weiterbildungen für sozialpädagogische Fachkräfte im Bereich Kindertageseinrichtungen sowie Dozentinnen und Dozenten sozialpädagogischer Ausbildungsstätten.

[3]  Haltungen/persönlichen Überzeugungen kommt insofern eine tragende Bedeutung zu, als sie unser (berufliches) Tun lenken, indem sie eine Filterfunktion einnehmen. Entsprechend unserer Haltung nehmen wir unsere (berufliche) Umwelt wahr. Was unserer Haltung entspricht, wird deutlicher wahrgenommen, während abweichendes ggf. erst gar nicht bis unser Bewusstsein vordringen kann (vgl. FRIED 2006, 9).


Zitieren dieses Beitrages

WILLMANN, S./ METSCHIES, H. (2011): Aufbaubildungsgänge an Fachschulen für Sozialpädagogik – Ein differenziertes Angebot am Markt vorbeigeplant? In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 17, hrsg. v. GÄNGLER, H./ FÖRSTER, A./ MÜLLER, F., 1-9. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft17/willmann_metschies_ft17-ht2011.pdf (26-09-2011).



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