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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT01 - Agrarwirtschaft
Herausgeber: Michael Martin & Manfred Bräuer

Titel:
Übergänge in der agrarwirtschaftlichen Berufsbildung – eine Herausforderung für Bildungsakteure auf unterschiedlichen Ebenen


Lernen durch Begreifen: Handlungsorientierte Unterrichtsgestaltung an DEULA-Bildungszentren

Beitrag von Hubert LÜCKING (Bundesverband DEULA e. V.)

Abstract

Berufsschule und Ausbildungsbetrieb erfüllen in der dualen Berufsausbildung einen gemeinsamen Bildungsauftrag. Partner in der Berufsausbildung sind auch DEULA-Bildungszentren, wenn es in der überbetrieblichen Ausbildung oder im ausgelagerten Berufsschulunterricht um die Vermittlung von Technik geht. Die Zielsetzung der Berufsausbildung erfordert es, den Unterricht an einer Pädagogik auszurichten, die Ganzheitlichkeit sowie Handlungs- und Kompetenzorientierung betont. Die Unterrichtsgestaltung an den DEULA Bildungszentren ist geprägt durch das DEULA-Motto „Lernen durch Begreifen". Dabei verstehen wir Handlungsorientierung als ein Unterrichtskonzept, das den Lernenden einen handelnden Umgang mit den Lerngegenständen ermöglicht. Wir gehen von der Prämisse aus, dass Lernen nur durch aktive Beteiligung der Lernenden möglich und dass Selbsttätigkeit die unverzichtbare Voraussetzung für Selbstständigkeit ist. Die Umsetzung handlungsorientierter Unterrichtskonzepte verlangt vom Ausbilder entsprechende Kompetenzen. Um Ausbilder als „Manager des Lernens“ nach aktuellen berufspädagogisch-fachdiaktischen Erkenntnissen zu qualifizieren, haben die im Bundesverband DEULA vertretenen DEULA-Bildungszentren in Kooperation mit der Humboldt-Universität Berlin ein Qualifizierungsprogramm entwickelt. Am Beispiel des Unterrichtskonzeptes der DEULA Westfalen-Lippe für den AuGaLa-Kurs 06 zum Thema „Raseneinsaat im Hausgarten“ wird verdeutlicht, wie ein handlungs- und kompetenzorientierter Unterricht in der Praxis aussehen kann und welchen Beitrag die DEULA-Bildungszentren zum Transfer der in der berufsbildenden Schule entwickelten Kompetenzen in die betriebliche Praxis leisten.

Lernen durch Begreifen: Handlungsorientierte Unterrichtsgestaltung an DEULA-Bildungszentren

Handlungs- und kompetenzorientierte Unterrichtsgestaltung sind Themen, die nicht nur die Wissenschaft und den Lernort Schule, sondern alle an der Berufsausbildung beteiligten Institutionen und handelnden Personen beschäftigen. Eine interessante Auseinandersetzung wird derzeit im Bereich des GaLaBaus geführt. In der neuen Landschaft erschien Anfang des Jahres 2011 ein Artikel von Herrn Josef WERNER zum Thema: „Wie kann, muss und wird sich die Berufsausbildung im Gartenbau entwickeln“. Er beschäftigt sich in diesem Artikel mit Fragen der Berufsbildung, macht Vorschläge, wie die Berufsbildung angesichts der Entwicklungen und Veränderungen der Arbeitsgebiete im GaLaBau gestaltet werden muss und stellt die Frage nach einer Neuordnung der Ausbildungsverordnung „Gärtner, Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau“. Nach seiner Auffassung ist die Notwendigkeit zum Erwerb von Fachkompetenzen und Sozialkompetenzen in der Berufsbildung akzeptiert, die Forderung zum Erwerb der Selbstkompetenz hat sich jedoch meist noch nicht durchgesetzt. Mit Selbstkompetenz beschreibt er die Fähigkeit, Prozesse zu Planen, Probleme einzugrenzen, Ziele einer Aufgabe zu benennen, Lösungen zu finden und auf ihre Umsetzungsfähigkeit zu prüfen, Arbeitspläne zu erstellen und flexibel nach Bedarf zu ändern. Seine Forderung: „Um die Ausbildung zukunftsfähig zu machen, müssen die Prinzipien der Handlungs- und Kompetenzorientierung umgesetzt werden“. Nach seinen Beobachtungen wird Handlungsorientierung bisher in der betrieblichen, der überbetrieblichen Ausbildung sowie in den Meistervorbereitungskursen nur wenig oder gar nicht umgesetzt. In den Betrieben gilt häufig nur das Prinzip „learning by doing“ oder Ausführung nach Anordnung. Die Selbständigkeit wird zu wenig gefördert. In der überbetrieblichen Ausbildung steht nach seiner Auffassung zumeist die Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten im Vordergrund.

So viel zu der derzeitigen kontroversen Diskussion im GaLaBau. Konzentrieren wir uns jetzt auf die DEULA-Bildungszentren und auf deren Bemühungen, die überwiegend wissensorientierten Lehrpläne handlungsorientiert umzusetzen. Doch vorher ein kurzer Blick in die Geschichte.

Nach dem ersten Weltkrieg kamen die ersten praktisch brauchbaren Schlepper in der deutschen Landwirtschaft zum Einsatz. Zu dem Zeitpunkt gab es keine Stelle oder Schulungseinrichtung zur Ausbildung von Fahrern und Werkstattpersonal. Um diesen Mangel zu begegnen und um den Bedarf an gezielter Ausbildung  abdecken zu können, wurde 1926 die DEULA-Kraft GmbH in Zeesen bei Königswusterhausen gegründet. Von diesem Zeitpunkt an haben die DEULA-Lehranstalten die Mechanisierung in der Agrarwirtschaft begleitet.

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Abb. 1:   Ausbildung zum Schlepperfahrer (Quelle: Bundesverband DEULA)

Im Folgenden ein paar Bilder aus der Vergangenheit und der Gegenwart. Bei der Betrachtung der Bilder erkennen wir Ähnlichkeiten und Unterschiede.

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Abb. 2:     DEULA-Bildungszentren: Gestern und Heute (Quelle: Bundesverband DEULA)

Der bedeutende Unterschied

Die Rahmenbedingungen für die in der Agrarwirtschaft beschäftigten Personen haben sich entscheidend verändert. Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturwandel, von dem die Agrarwirtschaft besonders betroffen ist und die damit verbundene Neuorientierung, die vor allem auf eine verbraucher- und marktorientierte, nachhaltige sowie umweltverträgliche Wirtschaftsweise abzielt, stellt den Agrarbereich vor immer neue Herausforderungen.

Die Perspektive von Landwirtschaft und Gartenbau hängt maßgeblich davon ab, wie es den in diesem Wirtschaftsbereich Tätigen gelingt, sich den veränderten Anforderungsprofilen anzupassen und sich auf neue Organisationsformen einzustellen.

Aus den veränderten Rahmenbedingungen ergeben sich erheblich veränderte Anforderungen an die berufliche Handlungskompetenz von Gärtnern und Landwirten und ebenfalls veränderte Rahmenbedingungen heutiger und zukünftiger Unterrichtsgestaltung.

Was ist unser Anspruch?

Die Unterrichtsgestaltung an den DEULA Bildungszentren ist geprägt durch das DEULA-Motto „Lernen durch Begreifen", das sich durch Handlungsorientierung und Ganzheitlichkeit auszeichnet.

Der Begriff „Lernen durch Begreifen“ kommt aus der Arbeitsschulpädagogik, eine der zentralen didaktischen Strömungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Basierend auf der Anschauungspädagogik des 19. Jahrhunderts haben die reformpädagogischen Vertreter der Arbeitspädagogik vor allem Handlungsorientierung in ihre Konzepte eingebracht.

Wir verstehen heute unter Handlungsorientierung ein Unterrichtskonzept, dass den Lernenden einen handelnden Umgang mit den Lerngegenständen und den Lerninhalten ermöglicht. Dabei gehen wir davon aus, dass Lernen nur durch aktive Beteiligung der Lernenden möglich und Selbsttätigkeit unverzichtbare Voraussetzung für Selbständigkeit ist. Ein handlungsorientierter Unterricht verlangt nach abwechslungsreicher methodischer Gestaltung. Die Unterrichtsmethoden sollen die Selbständigkeit und Selbsttätigkeit der Lernenden fördern und einen handelnden Zugang zu den Lernenden erlauben.

Was tun wir, um diesem Anspruch gerecht zu werden?

Ein solches Unterrichtskonzept fordert entsprechend geschulte Ausbilder, die den Wandel vom reinen „Wissensvermittler“ zum „Manager des Lernprozesses“ und „Gestalter von Lernarrangements“ vollziehen und zur didaktisch begründeten Vorbereitung von Lehrstrategien und zur selbstkritischen Reflexion befähigt sein müssen. Dafür wird Ihnen durch regelmäßige pädagogische Schulungen das nötige Instrumentarium vermittelt. Im Rahmen der praxisbegleitenden Qualifizierung zum „Technischen Lehrer (DEULA)“ werden Nachwuchskräfte für eine berufsbildende Ausbildertätigkeit an DEULA-Bildungszentren qualifiziert. Sie sollen sich mit der neuen Berufsrolle und dem neuen Tätigkeitsfeld vertraut machen und dazu befähigt werden, Berufsfeld bezogene Lernprozesse für Auszubildende der Lehranstalten durchzuführen und reflektieren zu können.

Zur Gewährleistung der didaktischen Kompetenz der DEULA – Lehrkräfte haben die im Bundesverband DEULA vertretenen Bildungszentren in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin ein Programm zur systematischen berufspädagogisch-fachdidaktischen Qualifizierung entwickelt.

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Abb. 3:    Dr. Manfred Bräuer, HU Berlin, vermittelt Grundlagen zur Berufspädagogik und Fachdidaktik (Quelle: Bundesverband DEULA)

Dieses existiert seit 2001 und besteht aus drei Modulen zur Planung, Realisierung und Auswertung von Unterricht sowie einem Modul mit sonderpädagogischem Bezug.

Ein Modul umfasst jeweils 40 Stunden (5 Tage) und wird mit einer anwendungsbezogenen Aufgabe bezüglich Planung, Vorbereitung und Durchführung von DEULA – Unterricht abgeschlossen. Die ersten drei Module bauen aufeinander auf und folgen einem abgestimmten Seminarverlaufsplan, der Ziele, Inhalte, Methoden und das Zeitmanagement enthält.

Hauptanliegen des Programms ist es, dass die Teilnehmer die Kompetenz erwerben, didaktisch begründete Unterrichtskonzepte zu planen, diese handlungsorientiert umzusetzen und dabei ein verändertes Rollenverständnis im Lehr-Lernprozess erwerben.

Modul 1 liefert dazu vor allem die theoretischen Grundlagen zur komplexen Wirkung der didaktischen Kategorien, zur Erarbeitung kompetenzorientierter Lehr-Lernstrategien, zur Gestaltung handlungsorientierter Lehr-Lern-Arrangements und zu grundlegenden Planungsschritten der Lehrtätigkeit sowie deren Umsetzung in Verlaufsplanungen von Unterricht.

Ziele:

  • Die veränderte Rolle von Lehrenden und Lernenden im handlungsorientierten Unterrichtprozess erkennen
  • Den Zusammenhang und die Komplexität wichtiger didaktischer Kategorien kennen
  • In der Lager sein, die grundlegenden Schritte von Unterrichtsplanung und Vorbereitung zu realisieren
  • Befähigt sein, handlungsorientierte Lehr-Lern-Arrangements mit dem Ziel der Kompetenzentwicklung zu gestalten
  • In der Lage sein, erarbeitete Planungsentwürfe didaktisch zu begründen


Im Modul 2 steht die Umsetzung von erarbeiteten Unterrichtskonzepten sowie die Reflexion des realen Unterrichtsgeschehens sowie nach erfolgter Auswertung die Konzeptoptimierung im Mittelpunkt. Dazu werden gezielt Hospitationen mittels eines vorgegebenen Hospitationsprotokolls durchgeführt.

Ziele:

  • In der Lage sein, handlungsorientierten Unterricht nach didaktisch begründeten Lehr-Lern-Arrangements durchzuführen
  • Das Unterrichtsgeschehen kritisch und selbstkritisch beurteilen können
  • Den Wert von Hospitationen für die Qualitätssteigerung des Unterrichts kennen und wissen, nach welchen Gesichtspunkten Hospitationen durchgeführt werden
  • In der Lage sein, Unterrichtskonzepte nach erfolgter Auswertung gemäß Hospitationshinweisen zu optimieren


Modul 3
dient vornehmlich der Auswertung und Vertiefung ausgewählter didaktischer Aspekte handlungsorientierter Unterrichtsgestaltung. Dabei spielen die Gestaltung von aktivitätsfördernden Lernaufgaben und Möglichkeiten der Veranschaulichung von Unterrichtsinhalten eine besondere Rolle.

Ziele:

  • Die neuen Anforderungen an die berufliche Handlungskompetenz von Facharbeitern im Agrarbereich kennen und in der Lage sein, geeignete Konsequenzen für die eigene Lehrtätigkeit abzuleiten
  • Moderne Lehr- Lernarrangements unter besonderer Berücksichtigung der Gestaltung von Lernaufgaben und Beachtung von Aspekten der Veranschaulichung projektieren und realisieren können
  • Prozesse des selbstgesteuerten Lernens realisieren können
  • Fachspezifische Erkenntniswege und Lehrstrategien gestalten können
  • Die Bedeutung der Lernortkooperation und Möglichkeiten zu deren Realisierung kennen


Im Modul 4 werden ausgewählte Aspekte sonderpädagogischer Arbeit behandelt.

Der Qualifizierungsprozess wird von Mentoren begleitet. Diese beraten die pädagogischen Nachwuchskräfte in fachlichen und fachdidaktischen Fragen und führen regelmäßige Hospitationen mit anschließender Nachbetrachtung durch. Mentoren sind erfahrene Lehrkräfte mit aktuellen berufspädagogischen Kompetenzen. Sie verfügen über einen Abschluss als Technischer Lehrer (DEULA) oder einen vergleichbaren Abschluss. Die erfolgreiche Teilnahme an einer Mentorenschulung oder vergleichbare berufspädagogische Kompetenz sind ebenfalls Voraussetzung für eine Mentorentätigkeit.

Das dargestellte Programm ist Bestandteil des seit 2002 geltenden „Rahmenplanes zur praxisbegleitenden Qualifizierung von DEULA – Lehrkräften“. Es trägt dazu bei, das bewährte DEULA-Motto „Lernen durch Begreifen“ didaktisch begründet umzusetzen und die  Ausbildungstätigkeit in den DEULA-Bildungszentren zu professionalisieren. Das veränderte Rollenverständnis der Ausbilder führt zu Unterrichtskonzepten, die handlungs- und kompetenzorientiert sind. Die planmäßige Entwicklung der fachdidaktischen Qualifikation der Ausbilder ist ein wichtiges Kriterium im Rahmen des Qualitätsmanagements der DEULA – Bildungszentren.

Literatur

BRÄUER, M. (2004): Handlungsorientiertes Lehr-Lern-Arrangement im Fachunterricht von Gärtnern und Landwirten. Hamburg.

BRÄUER, M/. ZMIÈWSKI, J. (2008): Professionalisierung der didaktischen Kompetenz von DEULA-Lehrkräften. In B&B Agrar 6-2008, 206-208.

BRÄUER, M./ ZMIÈWSKI, J./ LÜCKING, H. (2010): Didaktische Schulung für DEULA-Mentoren. In: B&B Agrar 3-2010, 29-32.

WERNER, J. (2011): Wie kann, muss und wird sich die Berufsausbildung im GaLaBau entwickeln? In: Neue Landschaft 1 – 2011, 51-55.


Zitieren dieses Beitrages

LÜCKING, H. (2011): Lernen durch Begreifen: Handlungsorientierte Unterrichtsgestaltung an DEULA-Bildungszentren. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 01, hrsg. v. MARTIN, M./ BRÄUER, M., 1-7. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft01/luecking_ft01-ht2011.pdf (26-09-2011).



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