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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT02 - Arbeitslehre
Herausgeberinnen: Marianne Friese & Ilka Benner

Titel:
Arbeitslehre. Neue Anforderungen an berufsorientierte Kompetenzentwicklung und Professionalisierung des pädagogischen Personals


Editorial zur Fachtagung 2: Arbeitslehre - Neugestaltung des Faches Arbeitslehre: Förderung von Kompetenzentwicklung und Professionalisierung des pädagogischen Personals

Die Thematik der 16. Hochschultage Berufliche Bildung „Übergänge in der beruflichen Bildung nachhaltig gestalten“ berührt curriculare Kernpunkte des Faches Arbeitslehre: die Vorbereitung junger Menschen auf den Übergang von der Schule in die Ausbildung. Die Förderung der Berufswahl und Berufsorientierung durch den Arbeitslehreunterricht erhält nicht nur aufgrund des ansteigenden Fachkräftemangels und der fehlenden Passung zwischen erhöhten Kompetenzanforderungen der Wirtschaft sowie unzureichenden Qualifikationsprofilen der Schüler und Schülerinnen eine erhöhte Relevanz. Auch die Bewältigung der riskanter werdenden sozio-kulturellen Lebenslagen von Jugendlichen stellt neue Anforderungen an die Förderung berufs- und lebensweltorientierter Kompetenzen. Die gestiegenen Anforderungen erzeugen nicht zuletzt neue Handlungsbedarfe in der Lehrerbildung und zur Kompetenzentwicklung des pädagogischen Personals.

Die Fachtagung behandelt drei Schwerpunkte: 1) Strukturelle, bildungspolitische und curriculare Entwicklungen des Faches Arbeitslehre; 2) Lebenslagen von Jugendlichen und ausgewählte Gegenstände des Arbeitslehreunterrichts; 3) Professionalisierung und Kompetenzentwicklung des pädagogischen Personals.

Die Perspektive des ersten Schwerpunkts zielt darauf, historische, curriculare und bildungspolitische Entwicklungen des Faches Arbeitslehre kritisch zu überprüfen und neue fachliche und fachdidaktische Ansätze sowie Handlungsbedarfe zur Professionalisierung des Lehrpersonals zur Diskussion zu stellen. Hierzu erfolgt zunächst ein Überblick über strukturelle, bildungspolitische und curriculare Entwicklungen des „Reformprojektes“ Arbeitslehre. Diese werden zum einen an der Entwicklung der universitären Lehramtsausbildung und zum anderen im Kontext von Schul- und Lehrplanentwicklung in den einzelnen Bundesländern ausgeführt sowie auf Handlungsbedarfe der Lehramtsausbildung am Beispiel der Justus-Liebig-Universität Gießen bezogen (MARIANNE FRIESE). Zugleich werden Ansätze der curricularen Integration arbeitsorientierter Bildung am Kerncurriculum „Beruf-Haushalt-Technik-Wirtschaft“ dargestellt und hinsichtlich fachbezogener und fachdidaktischer Professionalisierung von Lehrkräften am Modell der Universität Bremen diskutiert (ROLF OBERLIESEN). Im Folgenden wird die Implementierung ausgewählter Konzepte der Arbeitslehre in schulischen und außerschulischen Handlungsfeldern am Beispiel der Produktionsschule „Am Abendstern“ der Theodor-Litt-Schule Gießen vorgestellt, wobei insbesondere didaktische Ansätze der beruflichen Orientierung von Jugendlichen in den Blick geraten (JOACHIM SCHEERER, ASTRID EIBELSHÄUSER und TILL MÜHLHAUS).

Der zweite Schwerpunkt thematisiert veränderte Lebenswelten von Jugendlichen und ausgewählte Gegenstände der Arbeitslehre aus curricularer, fachlicher und didaktisch-methodischer Perspektive. Hier erfolgt zunächst eine Analyse der Situation von Jugendlichen im Spannungsfeld von Arbeitswelt und Lebensplanung. Die Befunde werden als Referenzhorizont auf curriculare Anforderungen an berufsbezogene Bildung bezogen  (HEINZ-DIETER SCHULZ). Vor dem Hintergrund dieser Analyse werden ausgewählte fachliche Schwerpunkte des Faches Arbeitslehre und methodisch-didaktische Arrangements behandelt. Vorgestellt wird die Konzeption und Umsetzung des Leitbildes Nachhaltigkeit im Studiengang Arbeitslehre an der der Technischen Universität Berlin. Neben den Prinzipien, die auf ökologische und ökonomische Zukunftsfähigkeit sowie auf soziale Gerechtigkeit achten, werden curriculare Implementationen in den Modulen des Arbeitslehrestudiums dargestellt (ULF SCHRADER und RALF-KIERAN SCHULZ). Die Vorstellung pädagogischer Konzepte zur Förderung der Berufswahl und schulischen Berufsorientierung schließt sich an. Dabei werden sowohl die jeweiligen Einflusssysteme auf die Entscheidungsfindung der Jugendlichen als auch pädagogische Aufgaben des Faches Arbeitslehre thematisiert (LOTHAR BEINKE).

Die folgende Perspektive wendet sich der betrieblichen Bildung und ihrer Funktion für das Fach Arbeitslehre zu. In den Blick geraten neue Lehr-Lern-Formen der betrieblichen Bildung vor dem Hintergrund des Wandels von Arbeit und Qualifikationsanforderungen. Diese Entwicklungen werden auf den Lernbereich Arbeitslehre und die schulische Berufsausbildungsvorbereitung bezogen (PETER DEHNBOSTEL). Die Darstellung des Betriebspraktikums als Instrument schulischer Berufsorientierung schließt sich an. Unterstrichen wird dabei die große Bedeutung betrieblicher Erfahrungen für eine gelingende Berufswahl und die Notwendigkeit der Intensivierung von Lernortkooperation (THOMAS BERGZOG).

Die anschließenden Beiträge wenden sich spezifisch benachteiligten Zielgruppen des Arbeitslehreunterrichts zu. Ein erster Fokus behandelt die Teilhabe von Menschen mit geistiger Behinderung an beruflicher Bildung. Der Gegenstand wird auf der Basis von Befragungen an Förderschulen in Hessen zur schulischen Berufsorientierung ausgeführt. Offensichtlich werden hier sowohl Problemlagen und Handlungsbedarfe als auch die hohe Bedeutung des Faches Arbeitslehre für das Lehramt an Förderschulen und für das Gelingen der beruflichen Integration und Inklusion (REINHILDE STÖPPLER und HEIKO SCHUCK). Der Fokus der Benachteiligtenförderung wird im folgenden Beitrag am Beispiel des Modells Werkschule in Bremen erweitert. Das pädagogisch-didaktisches Konzept enthält mit den Komponenten „Berufs- und Handlungsorientierung“, „Allgemeinbildung“ sowie „sozialpädagogische Begleitung“ und der Projektorientierung wichtige Anknüpfungspunkte für das Fach Arbeitslehre (MICHAEL GESSLER, KRISTINA KÜHN und JÜRGEN UHLIG-SCHOENIAN).

Der dritte Themenkomplex wendet sich Konzepten zur Professionalisierung des pädagogischen Personals in der schulischen und betrieblichen sowie überbetrieblichen Bildung zu. Dabei werden Ansätze zu Lehrkompetenzen und zur Personalentwicklung im Kontext schulischer Berufsorientierung in einer vergleichenden Perspektive zwischen Deutschland und der Schweiz vorgestellt. Auf der Basis von Evaluationsbefunden einer Lehrerfortbildung in Thüringen wird des Weiteren ein theoretisch und empirisch begründetes Kompetenzmodell für Lehrpersonal in der Berufsorientierung zur Diskussion gestellt (BÄRBEL KRACKE und BENJAMIN DREER). Die Thematik wird durch die Darstellung empirischer Befunde aus Befragungen von Jugendlichen zur beruflichen Orientierung und zur Zufriedenheit in der Ausbildung weiter ausgeführt. Dazu werden anhand einer Studie an Schulen im Kreis Gießen zur beruflichen Orientierung und Ausbildungszufriedenheit von Jugendlichen Erkenntnisse zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen und zur Gestaltung eines nachhaltigen Übergangs in die berufliche Ausbildung erörtert. (ILKA BENNER und ALEXANDRA JOHN). Abschließend werden Ansätze der Personalentwicklung in der Ausbildungs- und Berufsvorbereitung in sozialpädagogischen Handlungsfeldern vorgestellt, die am Beispiel der Jugendwerkstatt Gießen an der Zielgruppe von Jugendlichen ohne Ausbildung ausgeführt werden. Verdeutlicht werden dabei die vielfältigen Handlungsfelder wie auch die komplexen Kompetenzanforderungen an sozialpädagogische Fachkräfte (WOLFGANG BALSER). Zugleich sind wichtige Referenzpunkte für die Ausbildung des Lehrpersonals im Fach Arbeitslehre hergestellt.

Die Fachtagung Arbeitslehre schließt mit einer Diskussion zu aktuellen Handlungsbedarfen des Faches Arbeitslehre. In der Debatte kristallisierten sich die folgenden Bereiche heraus: 1) Curriculare Ausdifferenzierung des Faches und Ausweitung auf alle Schulstufen; 2) Identitätsbildung des Faches und empirische Orientierung der Curricula; 3) Betriebliche Referenzpunkte als Gegenstand der Arbeitslehre; 4) Bildungsstandards und didaktische Fundierung; 5) Professionalisierung des pädagogischen Personals. Die Fachtagung hat in der Gesamtperspektive vielfältige strukturelle und curriculare sowie bildungspolitische Entwicklungen und Problemlagen wie auch Potentiale der Neugestaltung des Faches Arbeitslehre in schulischen Kontexten und in der Lehramtsausbildung verdeutlicht. Offenkundig wurden insbesondere Handlungsbedarfe zur Professionalisierung des Lehrpersonals. Ansätze hierzu sind entlang empirischer Analysen des Wandels von Beruf und Lebenswelt für alle Phasen der Lehreraus- und Weiterbildung sowie für außerschulische Handlungsfelder zu entwickeln.


Hochschultage Berufliche Bildung 2011 - Web page

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