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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT02 - Arbeitslehre
Herausgeberinnen: Marianne Friese & Ilka Benner

Titel:
Arbeitslehre. Neue Anforderungen an berufsorientierte Kompetenzentwicklung und Professionalisierung des pädagogischen Personals


Curriculare Integration arbeitsorientierter Bildung. Beispiel Kerncurriculum Beruf-Haushalt-Technik-Wirtschaft: Perspektive LehrerInnenbildung

Beitrag von Rolf OBERLIESEN (Universität Bremen)

Abstract

Alle Jugendliche haben einen Anspruch durch das formale Bildungssystem in der Entwicklung ihre individuelle Persönlichkeit in den Kontexten der durch Arbeit bestimmten Lebenssituationen unterstützt zu werden. Es sollten ihnen Chancen eröffnet werden, Fähigkeiten zu erwerben, die sie in die Lage versetzen, sich an der gesellschaftlichen Gestaltung der Zukunft von Arbeit in ihren verschiedenen Formen (Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, Haushaltsarbeit) selbstbestimmt zu beteiligen. Mit der Diskussion um Bildungsstandards wurde deutlich, dass es sich angesichts des gegenwärtigen gravierenden Wandels von Arbeit dabei um zu erwerbende Kompetenzen handeln muss, die zukunftsfähig sind und die sich zugleich auf anschlussfähiges Wissen beziehen. Aktuelle curriculare Organisationen für Schule und Unterricht müssen dies berücksichtigen. Mit einer Reform einer zukunftsfähigen arbeitsorientierten Allgemeinbildung erscheint eine neue Verständigung über unverzichtbare Kompetenzen (Kompetenzmodelle) und Kerninhalte unabdingbar. Aus den bisherigen Diskussionen wird deutlich, dass weder partikularisierende curriculare Konzepte (z.B. fachbezogener ökonomischer und/oder technischer Bildungen), noch curriculare Querschnittkonzeptionen (z.B. Berufsorientierungsunterricht) diese Ansprüche einer anschlussfähigen Bildungskonzeption zu gewährleisten vermögen. In dem in einem interdisziplinären Dialog entwickelten Kerncurriculum Kecu BHTW (2006) werden (als Referenzcurriculum für mögliche länderspezifische und/oder regionale Entwicklungen) ein komplexes Kompetenzmodell entfaltet und lernbereichsbezogene unverzichtbare Kerninhalte identifiziert und beschrieben. Mit den zugleich dargestellten Kernmerkmalen ergeben sich auch Markierungen für die Reform der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern jenseits einer partikularisierenden Fachausbildung: Vorgestellt wird der sich in der Evaluation befindliche konsekutive Bachelor-, Master-Studiengang „Arbeitsorientierte Bildung“ (akkreditiert 2006-2011) / „Wirtschaft, Arbeit, Technik“ (2007) der Universität Bremen, entwickelt am Institut für arbeitsorientierte Allgemeinbildung (IAAB).

Arbeitsorientierte Allgemeinbildung: Herausforderung Zukunfts- und Anschlussfähigkeit

Fragen der curricularen Gestaltung einer arbeitsorientierten Bildung bestimmen seit über fünfzig Jahren im deutschen Bildungssystem deren Entwicklung und Präsenz: Verschiedene inhaltliche Varianten und Organisationsformen entstanden im Kontext wechselnder bildungspolitischer Vorgaben und Positionen wie kaum in einem anderen Fach oder Lernbereich der allgemeinbildenden Schule. Die bestimmenden Momente dieses Lernbereichs zu identifizieren, war schon in den 1960er Jahren beispielsweise vom Beginn der Arbeitslehrediskussion an stets von besonderem fachdidaktischen, curricularem aber auch bildungspolitischem Interesse. Mit der gegenwärtigen Diskussion, insbesondere um die Qualitätssicherung und Verbesserung des schulischen Lernens und der damit verbundenen Forderung zur Entwicklung von Bildungsstandards, bekommt diese allerdings eine neue Dimension. Im laufenden Jahrzehnt, etwa nach 2000 ergaben sich weitere spezifische Herausforderungen und Anlässe, diese Grundfragen erneut zu diskutieren[1].Insbesondere die neuen Konzepte der Schulentwicklung, neu artikulierte und allgemein anerkannte Anforderungen an das formale Bildungssystem (z.B. nach ökonomischer Bildung und Berufsorientierung) mit verschiedenen Konzeptionen und neuen Artikulationen stellen auch die Frage nach der curricularen Integrität dieses Lernbereichs wieder neu. Nicht zuletzt waren es auch die neuen Qualitäten des technologischen, ökonomischen und arbeitsweltlichen Wandels, die im Mittelpunkt der zum Teil kontroversen Auseinandersetzungen standen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf deren Gegenstandsbereiche wie Beruf, Haushalt, Technik, Wirtschaft und deren Orientierung auf Arbeit in dem umfassenden Verständnis als Erwerbsarbeit, Haushaltsarbeit, Eigenarbeit und Bürgerarbeit.

Nachdem die reformpädagogischen Ideen eines fächerübergreifenden, themen- und problemorientierten Unterrichts unter Einbezug praktischer Tätigkeiten in der Verbindung von verschiedenen Lernorten inzwischen allgemein als für eine zukunftsorientierte Bildung anerkannt sind, entstanden in den letzten Jahren zum Teil sehr groß angelegte Projekte und Untersuchungen (zum Beispiel im Projekt „Schule- Wirtschaft/ Arbeitsleben“ des BMBF (SWA 2007/2008), wie auch Studien von BEINKE(2008) Osnabrück und der Hamburger Forschungsgruppe um BASTIAN (2007)),die hieran explizit anknüpften. Bisherige Erfahrung und Praxis einer arbeitsorientierten Bildung konnten somit zum Teil unter erweiterten oder auch veränderten Fragestellungen weiter evaluiert und differenziert werden[2]. Die Forschungsergebnisse verweisen jedoch übereinstimmend sehr klar auf erforderliche Rahmenbedingungen, etwa auf die eingeschränkte Wirksamkeit isolierter „Fachpraktika“ oder aber auch auf erforderliche „pädagogische Begleitungen“ in „erfolgreichen Lernortkooperationen“, zum Beispiel von Schule / Betrieb und anderen Lernorten. Über die dort identifizierten spezifischen Bedingungen und lerntheoretischen Begründungen und Konstrukte hinaus bleibt die Frage nach angemessenen inhaltlichen Orientierungen auf die Lebenssituation der heranwachsenden Jugendlichen von zentraler Bedeutung. Die für eine arbeitsorientierte Bildung unabdingbare Auseinandersetzung mit den Bedingungen der Entwicklung und den verschiedenen Formen der Arbeit und insbesondere ihrer spezifischen technologischen und ökonomischen Bedingtheiten schließen sich in solchen „produktiven Lernorganisationen“ inhaltsadäquat nicht von selbst. Viele dieser Projekte der letzten 10 Jahre, die vielfach an erprobten Organisationsformen und Praxis bisheriger Arbeitslehre z. B. der Lernortkooperationen anknüpften, verbleiben daher hinsichtlich ihrer Leistung in Bezug auf anschlussfähige Kompetenzentwicklung deutlich hinter diesen Anforderungen zurück. So kann nur mit Nachdruck davor gewarnt werden, etwa die bisherigen Fächer / Lernbereiche einer arbeitsorientierten Bildung curricular durch solche „Querschnittsfelder“ zu ersetzen.

Für die Entwicklung einer arbeitsorientierten Allgemeinbildung für alle Heranwachsenden, ergibt sich damit nach wie vor das Bild einer sehr heterogenen, wenig qualitätsgesicherten curricularen Repräsentanz. Zum einen erscheint dieses bestimmt mit den über die Bundesländer hinweg sehr unterschiedlichen curricularen Organisationsformen, verbunden mit sehr verschiedenen fachlichen Konstruktionen, in der Form von Einzelfächern, Fächerverbünden oder auch als Lernbereiche mit ca. 30 unterschiedlichen Bezeichnungen. Zum anderen ist es die sehr unterschiedliche Verankerung dieser Fächer beziehungsweise Lernbereiche sowohl in den verschiedenen Schularten, den Schulstufen, von der Primarstufe (Sachunterricht), über die Sekundarstufe I bis zur Sekundarstufe II (Technik, Wirtschaft, Ernährungswissenschaft). Hierbei variieren auch die Verankerungen im Hinblick auf das Pflicht- und Wahlangebot zum Teil erheblich. Die uneinheitliche Gestaltung der Gegenstandsbereiche und Inhalte in den verschiedenen Bundesländern und Schularten erschien in der Vergangenheit in hohem Maße anfällig für bildungspolitische Zufälligkeiten und standortbezogene Beliebigkeiten von Zielsetzungen, Inhalten und Organisationsformern. Der anerkannte Bildungsanspruch von allen Jugendlichen dieser Gesellschaft im Sinne ihrer Lebensbewältigung und gesellschaftlichen Mitgestaltung angesichts des alle Lebensbereiche betreffenden gesellschaftlichen, ökonomischen und technologischen Strukturwandels erscheint damit weiter mehrfach ungesichert. Der Bedarf einer bundesweiten, also auch länderübergreifenden als auch lernbereichsumfassenden und qualitätsorientierten Verständigung ist nicht erst seit den internationalen Studien zur Qualität des Bildungswesens wie PISA u.a. für diesen Lernbereich deutlich artikuliert; eine neue Verständigung über Inhalte, Ziele, Methoden und curriculare Gestaltung ist längst überfällig. DEDERING (2004, 10f) plädiert anknüpfend an diese Defizitfeststellung („Institutionelle Beschränkung, biografische Begrenzung, didaktische Einseitigkeit“) öffentlich für eine Initiative umfassender Reformmaßnahmen und zugleich für einen „Paradigmenwechsel in der arbeitsorientierten Bildung.“

Als zentrale Prämisse einer arbeitsorientierten Allgemeinbildung gilt, dass alle Jugendlichen einen Anspruch haben, durch das formale Bildungssystem Unterstützung zu erfahren, ihre individuelle Persönlichkeit im Kontext der durch Arbeit bestimmten Lebenssituationen zu entwickeln und Fähigkeiten zu erwerben, die sie in die Lage versetzen, sich an der gesellschaftlichen Gestaltung der Zukunft von Arbeit in ihren verschiedenen Formen (also etwa auch der Eigenarbeit und haushaltsbezogenen Arbeit) zu beteiligen. Spätestens mit der Diskussion um Bildungsstandards wurde allerdings auch deutlich, dass es sich angesichts des gravierenden Wandels der Arbeitswelt und damit auch der veränderten Lebenssituationen der Menschen um Kompetenzen handeln muss, die als zukunftsfähig erscheinen. Über curriculare Konzepte partikularer ökonomischer und/oder technischer Bildung beispielsweise sind diese nicht zu entwickeln, wie etwa die jüngste, sehr differenzierte Kritik der Arbeitsgruppe HEDTKE et al. (2010) an den „Bildungsstandards und Standards für die Lehrerbildung“[3] sowie deren ausführliche Kritik an der Einführung eines Schulfaches Ökonomie darlegt. Ihr Plädoyer für „eine bessere ökonomische Bildung“ kritisiert eine Orientierung an Fach- und Sachstrukturen und fordert als Qualitätskriterium, die ökonomisch geprägte Lebenswelt der Lernenden und die gesellschaftlichen Entwicklungen ins Zentrum ökonomischer Bildung zu stellen (FAMULLA/ FISCHER 2011, 52).

Eine gegenwärtige curriculare Modernisierung und Profilierung steht damit auch vor der Herausforderung einer neuen lernbereichsdidaktischen Konsensfindung und -entwicklung von Leitideen, Aufgaben, Zielen und Kerninhalten als auch der Verständigung über die bestimmenden zentralen Wissensstrukturen und Handlungssysteme dieses Lernbereichs, gleichsam auch als einer neuen, weiteren „Selbstvergewisserung der Lernbereichsdidaktik … über Inhalte, Begriffe, Leitideen, Methoden und Ziele“ wie dieses DEDERING forderte (DEDERING 2004, 162), um damit den Lernbereich auf allen Bildungsebenen in seiner Qualität weiter zu sichern und damit den Anforderungen einer reformierten Schule neu zu entsprechen. Hierfür sollten unverzichtbare Kernbereiche identifiziert werden, die anschlussfähiges Wissen beschreiben, auch als Voraussetzung für die Entfaltung eben jener geforderten umfassenden Handlungsfähigkeiten. Anschlussfähiges Wissen gilt als Voraussetzung der Anpassung in noch unbekannten Anwendungssituationen und der systematischen Erschließung neuer Wissensbereiche; flexible Wissensstrukturen, Konzepte, Kategorien sowie Denk- und Arbeitsweisen geben den Individuen die Möglichkeit, ihre Lebenssituation in ihrem Kontext zu analysieren, zu beurteilen und zu beeinflussen.

2 Kerncurriculum BHTW - qualitätssicherndes curriculares Reformprojekt arbeitsorientierter Allgemeinbildung

Wenn Schule zukünftig verstärkt von dem auszugehen hat, was am Ende eines Bildungsganges zu erreichen ist, muss neu darüber nachgedacht werden, was Kinder und Jugendliche wissen und können sollen. Was sollte ihnen vermittelt werden und über welche Fähigkeiten und Fertigkeiten, sozialen und kulturellen Orientierungen sollen sie verfügen? „Vom Kompetenzerwerb auszugehen bedeutet eine radikale Umstellung bei der Formulierung der Curricula“ (EDELSTEIN/ DE HAHN 2004, 133). Schließlich geht es in der Folge um den dauerhaften Aufbau von Wissen und Können, was sich in der Kompetenz zur Bewältigung spezifischer Aufgaben zeigt. Es ist in neuer Weise über den systematischen Wissensaufbau über die Schuljahre hinweg nachzudenken. Unterricht kann Inhalte/ Themen und Kompetenzerwerb nicht beliebig und additiv nebeneinander anbieten, sondern muss deutlich ausweisen, welche Wissensbestände als unverzichtbar angesehen werden und wie der Kompetenzaufbau progressiv anzulegen wäre. Dabei reicht es nicht mehr, den Blick nur auf einzelne Unterrichtseinheiten und deren Lernziele zu richten. Deren fachliche Verzahnung und Verknüpfung ist vielmehr im Kontext systematischen Wissensaufbaus zu denken.

Anforderungen nach differenzierten Lernangeboten und der Entwicklung individueller Kompetenzprofile begründen sich sowohl aus den gesellschaftlichen Veränderungsprozessen als auch in lernpsychologischen Erkenntnissen. Grundbildungskonzepte (Literacy-Konzepte), die auf grundlegende Kompetenzen zur Lebensbewältigung in konkreten Anwendungssituationen (authentischen Lebenssituationen) abheben, sind dabei zu verknüpfen mit der Leitorientierung allgemeiner Bildung. Kerncurricula sind somit ein wichtiges Element eines zeitgemäßen und umfassenden Gesamtkonzepts für die Entwicklung und Sicherung der Qualität schulischer Arbeit. Hier sei nur hingewiesen auf die aktuelle Diskussion in den einzelnen Bundesländern, zum Beispiel in Hessen, Niedersachsen, NRW u.a., die ähnlichen Prämissen für ihre curricularen Entwicklungen folgen, so zum Beispiel das „Kerncurriculum Arbeitslehre – Sekundarstufe I“ in Hessen (Entwurf 11/2010) durch das Institut für Qualitätsentwicklung, Wiesbaden (IQ) oder in den Kernlehrplänen und Richtlinien in Nordrhein-Westfalen (z.B. Gesamtschule - Sekundarstufe I, Arbeitslehre - Hauswirtschaft, Technik, Wirtschaft; Entwurf 30.03.2011) oder des Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung, Hildesheim (NLQ).

Mit der Entwicklung eines Kerncurriculums BERUF-HAUSHALT-TECHNIK-WIRTSCHAFT war beabsichtigt, eine weiterführende länderübergreifende Konsensbildung hinsichtlich der lernbereichsbezogenen Zielsetzungen, Kernkompetenzen und Kerninhalte dieses Lernbereichs zu verfolgen. Es sollte eine Orientierungsgrundlage für die länderspezifischen Gestaltungen und Evaluationsprozesse (ein Referenzrahmen, auf den begründet Bezug genommen werden kann) entwickelt werden[4]. Dazu war es erforderlich, ein mehrdimensionales Kompetenzmodell für diesen Lernbereich zu entwickeln, das sich auf diese konstituierende Wissensdomäne bezieht, welches die bisher in Teilen entwickelten fachlichen Teildomänen stringent integriert beziehungsweise neu unter den Leitanforderungen der Orientierung an komplexen arbeitsorientierten Lebenssituationen und disziplinorientiertem Lernen strukturiert.

Mit der Gestaltung des Kerncurriculums war darüber hinaus die Entwicklung eines gemeinsamen Bezugshorizonts des Lernbereichs als Wissensdomäne mit entsprechenden Teildomänen erforderlich. Dieser hatte sich der bisherigen fachlichen Orientierung der etablierten Gegenstandsbereiche des Lernbereichs wie auch neuen individuellen und gesellschaftlichen Anforderungen zu stellen. Technische, ökonomische und haushaltsbezogene Bildung beziehen sich zwar auf unterschiedliche Wissenschaftskulturen, die sich in ihren Struktur- und Handlungslogiken deutlich unterscheiden. In der hier konstruierten Wissensdomäne werden sie unter dem Anspruch der Aufklärung über sozio-ökonomisch-technisch arbeitsbestimmte Handlungssysteme erschlossen.

Abb. 1: Strukturmuster des Kerncurriculum BERUF-HAUSHALT-TECHNIK-WIRTSCHAFT (2006)

Eine wichtige Intention für die Entwicklung des Kerncurriculums ist darüber hinaus,Anforderungen einer ergebnisorientierten Steuerung, Gestaltung und Evaluation von Unterricht in diesem Lernbereich zu unterstützen und zugleich einen aktuellen Beitrag zu einer kompetenzorientierten Unterrichtsgestaltung zu leisten. Das Kerncurriculum KecuBHTW hatte dazu entsprechende Standards zu entwickeln. Diese beschreiben ein durch den Unterricht in diesem Lernbereich gefördertes Verhalten (Performanz) der Schülerinnen und Schüler in der Schule. Damit sind sie prinzipiell operationalisierbar. Auf ihrer Grundlage können Raster entwickelt werden, die das Verhalten auf unterschiedlichen Niveaustufen konkretisieren sowie didaktisch-methodische Realisierungsmöglichkeiten.

Das Kerncurriculum versteht sich als wichtiger Beitrag zur Allgemeinbildung. Der Kern des Bildungsanspruchs schließt die Teilhabe an allgemeinen gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen, die Fähigkeiten zu selbstbestimmtem Handeln und die Bewältigung von Chancen und Risiken einer individualisierten Lebensführung (im privaten wie im Berufsleben) ein. Der Lernbereich bezieht sich daher auf ein komplexes Handlungsfeld mit einerseits universellen und andererseits lebensweltlichen Geltungsansprüchen in arbeitsbezogenen, beruflichen Kontexten, im sozialen Leben oder im Zusammenhang mit selbstbestimmter und selbstständiger Lebensführung in dazu erforderlichen „Identitätsbalancen“. Die zentrale Leitidee des Lernbereichs besteht in der Orientierung an den bildungstheoretischen Implikationen einer arbeitsorientierten Allgemeinbildung. Arbeit ist eine wichtige Dimension der Integration von Kindern und Jugendlichen in die Gesellschaft. Arbeit als Erwerbs- aber auch Eigen-, Haushalts- und Bürgerarbeit verbindet die Subjekte und ihre Lebenswelt als auch Technik und Ökonomie.

Die fachliche und überfachliche Kompetenzentwicklung wird lernbereichsbezogen interpretiert, als:

  • Förderung der Urteils-, Entscheidungs- und Handlungskompetenz für Lebenssituationen, die durch Erwerbs-, Haus-, Eigen- und Bürgerarbeit geprägt sind.
  • Förderung haushaltsbezogener, technischer und ökonomischer Grundbildung als Beitrag zur Aneignung kultureller und wissenschaftlicher Traditionen und Entfaltung von Mitgestaltungsfähigkeit.
  • Förderung der Kompetenz, Übergänge zwischen Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeits­systemen zu gestalten mit dem Ziel der bedürfnisgerechten und sozialverträglichen Integration in die Gesellschaft.

Das Kerncurriculum basiert auf einem Domänenverständnis, das sich in seinen Subdomänen Beruf, Haushalt, Technik und Wirtschaft konsequent orientiert an Beiträgen zur „Bewältigung individueller arbeitsrelevanter Lebenssituationen und zur Teilhabe und Mitgestaltung am gesellschaftlichen Leben“ (KecuBHTW 2006, 4). Indem diese Domäne sich strukturell auf eine komplexe, uneindeutige, vielfach widersprüchliche Lebenswelt bezieht, wo fachliche Grenzen notwendig überschritten werden und Einsichten aus weiteren Wissensbeständen und Erfahrungswelten zusammenzufügen sind, hat diese Domäne prinzipiell interdisziplinären Charakter.  

Die geforderten domänenspezifischen Kompetenzausprägungen, die Niveaus, die bis zum Ende der Sekundarstufe I erreicht werden sollen, werden im Kerncurriculum als Bildungsstandards ausgewiesen. Diese sind als „Performance-Standards“ entwickelt, die den Output des schulischen Lernens der Schülerinnen und Schüler – bezogen auf dieses Lernfeld – zu diesem Zeitpunkt beschreiben. Das entwickelte, lernbereichsbezogene komplexe Kompetenzmodell stellt gleichsam den zentralen Orientierungsrahmen für diese Beschreibung der lernbereichbezogenen Bildungsstandards, die innere Struktur des Lernbereichs in entsprechenden Komponenten und Graduierungen dar. Es repräsentiert als normatives Modell das Gefüge der nach Dimensionen (Handlungsebenen, Handlungsphasen, Domänen) gegliederten Beschreibung der Fähigkeiten (auf verschiedenen Niveaustufen), über die Lernende am Ende der Klasse 10 verfügen sollen. Es ist daher in keinster Weise beliebig, da es mit dem Gefüge von Anforderungen gleichsam zwischen den legitimierten Bildungszielen des Lernbereichs und möglichen konkreten Aufgaben vermittelt. 

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Abb. 2: Dimensionen des Kompetenzmodells für den Lernbereich BERUF-HAUSHALT-TECHNIK-WIRTSCHAFT (KecuBHTW 2006, 4)

Das Kerncurriculum KecuBHTW weist dann die nachfolgenden Teildomänenkompetenzen aus, die in der jeweiligen Ausführung durch spezifische Kompetenzbereiche präzisiert werden:

  • Die Kompetenz, individuelle Voraussetzungen, Ziele und Ansprüche sowie Entwicklungen der Berufs- und Arbeitswelt einzuschätzen und die vielfältigen Übergänge zwischen Schule-Ausbildung-Studium-Erwerbsarbeit zu bewältigen.
  • Die Kompetenz, physische, personale, soziale, ökonomische und kulturelle Voraussetzungen und Einflussfaktoren für das Haushaltshandeln zu verstehen, zu berücksichtigen und zu nutzen, um das eigene Leben im Rahmen eines persönlichen Ressourcenmanagements bedürfnisgerecht und sozialverantwortlich zu führen und zu gestalten.
  • Die Kompetenz, sozio-technische Systeme und Prozesse, auch in ihrer Wechselwirkung mit Natur und Gesellschaft, zu beurteilen, zu nutzen und zu gestalten.
  • Die Kompetenz, ökonomische Entscheidungen im Interesse einer befriedigenden Existenzsicherung und Lebensführung begründet zu treffen und ökonomische Strukturen und Prozesse im Kontext gesellschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen zu analysieren, zu beurteilen und mitzugestalten.

An den Ausführungen zur Teildomäne „Beruf“ (KecuBHTW 2006, 6) sei in Auszügen beispielhaft dargestellt, in welcher Weise im Kerncurriculum weiter bis zur Ebene der Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss differenziert wird.

 


Teildomänenkompetenz
BERUF

Die Kompetenz, individuelle Voraussetzungen, Ziele und Ansprüche sowie Entwicklungen der Berufs- und Arbeitswelt einzuschätzen und die vielfältigen Übergänge zwischen Schule-Ausbildung-Studium-Erwerbsarbeit zu bewältigen.

 

Kompetenzen

 

Standards

Entscheidungen zur Arbeits- und Berufsfindung individuell erfolgreich treffen und Bewerbungsprozesse selbständig gestalten.

Dies erfordert die Reflexion individueller Voraussetzungen und beruflicher Ziele und Anforderungen, aber auch Handlungsfelder, Kenntnisse über (Aus-)bildungswege und ihre Veränderungen, den Umgang mit Informations- und Beratungssystemen sowie die Nutzung von Zielfindungs- und Entscheidungsmethoden

Entscheidungen für die Bildungs-, Erwerbsarbeits- und Berufswahl im Rahmen auch der eigenen Lebensgestaltung unter Berücksichtigung eigener Interessen sowie der Anforderungen und des Wandels der Arbeitswelt treffen, dazu

-  individuelle Voraussetzungen (Alter, Geschlecht, u.a.) sowie Interessen und Fähigkeiten mit beruflichen Anforderungen, Handlungsfeldern, Ausbildungswegen und Entwicklungsperspektiven vergleichen.

-  Informationen über Ausbildungs-, Arbeits- und Studiermöglichkeiten eigenständig beschaffen, systematisch auswerten und bewerten.

-  Beratungsbedarf ermitteln, Beratungsangebote bewerten und wahrnehmen, Beratungsergebnisse analysieren und bewerten.

-  Problemlösemethoden und Entscheidungstechniken zur Arbeits- und Berufsfindung anwenden.

-  Berufliche Alternativen entwerfen.

-  Bewerbungsverfahren nach Kriterien analysieren, sich in Erprobungssituationen angemessen verhalten sowie eigene Stärken und Schwächen analysieren, bewerten und Folgerungen für die eigene Lernplanung ziehen.

Abb. 3: Kompetenzen und Standards (zum Beispiel Teildomäne BERUF), (KecuBHTW/A 2006, 5)

Lernbereichsspezifische und lernbereichsübergreifende Kompetenzen werden in der Auseinandersetzung mit den Kerninhalten erworben. Diese bilden das Feld, in dem sich die Kompetenzen entwickeln können, für deren Entwicklung sind sie daher unmittelbar funktional. Diese zentralen Inhalte sind insbesondere über zwei Entscheidungsebenen erschlossen. Die erste Ebene ergibt sich mit dem Anspruch des Lernbereichs, Kompetenzen für die Bewältigung arbeitsorientierter Lebenssituationen zu vermitteln, die durch Erwerbs-, Haus-, Eigen- und Bürgerarbeit geprägt sind, eingeschlossen der Anforderungen einer entsprechenden Arbeits- und Berufsorientierung. Die zweite Entscheidungsebene entspricht dem Anspruch des Lernbereichs, eine haushaltsbezogene, technische, ökonomische und berufsorientierende Grundbildung als auch ein auf die Domäne als Ganzes bezogenes anschlussfähiges Wissen zu vermitteln. Die Perspektive ist dabei bestimmt durch die zentralen Akteure und Institutionen. Als die hierfür zentralen Institutionen werden Haushalt und Unternehmen angenommen, Produktion und Konsum als dominante Funktionsbereiche.

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Abb. 4: Inhaltsfelder und Kompetenzbereiche des KecuBHTW (2006)

Die Inhaltsfelder Haushalt, Unternehmen und Beruf korrespondieren mit den „Handlungsebenen“ als Dimension des Kompetenzmodells (vgl. Abb. 2) als auch mit den Dimensionen einer haushaltsbezogenen, ökonomischen, technischen Grundbildung: Sie beziehen sich auf die Anforderungen zur Bewältigung der persönlichen Entscheidungen und Handlungen in Haushalt, Unternehmen und bei der Berufswahl (a), die in Funktions- und Systemzusammenhänge integriert sind (b) und von mitzugestaltenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (c) beeinflusst werden.

Das Kerncurriculum verweist darüber hinaus auch auf die erforderlichen Bedingungen einer konsequenten kompetenzorientierten Unterrichtsgestaltung. Hier sind zunächst die allgemeinen Grundsätze kompetenzfördernder Unterrichtsgestaltung leitend, wie die „Förderung der Selbststeuerung“ und die „Förderung der Problemlösefähigkeit“ (KecuBHTW/A 2006, 14): „Die Planung des Unterrichts erfolgt erfahrungs- und situationsbezogen, orientiert an den lernbereichsspezifischen Interessen und Motivationen der Einzelnen. Um die Handlungsspielräume der Lernenden zu erweitern, bedarf es auch der Reflektion geschlechtsspezifischer Selbstinterpretationen. Zuschreibungen und Rollenstereotypen erfordern darüber hinaus die Erprobung alternativer Handlungsstrategien, selbstgesteuertes Lernen die Beherrschung unterschiedlicher Lernstrategien“. Darüber hinaus sind aber auch lernbereichsspezifische Momente wichtig: Die Integration der Inhalte über Leitthemen wie u.a. Globalisierung, Gesundheit oder Mobilität „ermöglicht es, einerseits die spezifischen Interessen der Jugendlichen zu berücksichtigen und andererseits den individuellen und gesellschaftlichen Herausforderungen in problem- und entscheidungsorientierten Anwendungszusammenhängen zu entsprechen“ (ebd.). Die Bearbeitung der Unterrichtsinhalte folgt einem handlungsorientierten Lernkonzept, das sich am vollständigen Handlungsablauf orientiert.

3 Markierungen LehrerInnenbildung: Integrierter konsekutiver Studiengang AOB nach dem BA/MA-Modell als Beispiel

Konzeptionen und Modelle für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern entwickelten sich in der Geschichte der arbeitsorientierten Allgemeinbildung stets den curricularen Entwicklungen folgend bzw. stets nachgängig. Dieses stand sicher im Zusammenhang mit den sehr heterogenen, nicht zuletzt vielfach politisierten Diskussionen aber auch mit der der föderalen Struktur des Deutschen Bildungssystems geschuldeter Heterogenität. Mit der Thematisierung von länderübergreifenden Bildungsstandards und der Diskussion um die Qualitätssicherung hat auch die Frage nach der Vereinheitlichung der curricularen Struktur eine neue Argumentationsbasis erhalten, schließlich erfolgte die letzte länderübergreifende KMK–Verlautbarung zur „Weiterentwicklung des Lernfeldes Arbeitslehre, Sekundarstufe I“ bereits 1987. Mit der vorausgegangenen Darstellung zur lernbereichsbezogenencurricularen Entwicklung eines Kerncurriculum BHTW müssen insbesondere die folgenden „Markierungen“ für eine zukunftsfähige, nachhaltige Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für eine arbeitsorientierte Allgemeinbildung gelten.

Die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für eine arbeitsorientierte Allgemeinbildung muss

  • lernfeldbezogenorientiert und organisiert sein (Beruf, Haushalt, Technik, Wirtschaft), da nur so die komplexe Lebenswelt der heranwachsenden Jugendlichen in die Perspektive des Studiums genommen werden kann. Das bedeutet für die Lehrerbildung, breite erziehungswissenschaftliche und lernbereichsdidaktische Anbindungen mit einer organisierten Studienpraxis, die sich zwischen Theorie und Praxis bewegend sowohl auf die gesellschaftliche und individuelle Praxis von Arbeit als auch auf die Praxis von Schule und Unterricht bezieht und arbeitsorientierte Handlungskomplexe zum Gegenstand des Studiums werden lassen kann: Leitidee muss dabei der Wandel von Arbeit und Gesellschaft sein.
  • domänenstrukturiert sein, da nur eine konsequente Orientierung an den Teildomänen  entsprechende Anforderungen für erforderliche Grundbildung (technologisch, ökonomisch, haushalts- und berufsbezogen)entwickeln lassen können. Das bedeutet, dass eine dem folgende Studienorganisation einerseits eine fachlich und fachdidaktisch in den Teildomänen des Lernbereiches sicherstellen muss (mit der Chance einer fachlichen Profilierung)und andererseits den Erwerb von Lehrkompetenzen für einen lernbereichsorientierten Unterricht in Teamarbeit in der Praxis von Schule und Unterricht. Das Studium muss dabei die Chance eröffnen, sich bezogen auf die curricularen Kerninhalte des Lernbereichs sowohl die fachlichen als auch die überfachlichen Lehrkompetenzen anzueignen und zukunftsfähiges fachliches und überfachliches Wissen zu erwerben.
  • kompetenzorientiert organisiert sein, da nur eine formulierte komplexe Kompetenzidentifikation eine qualitätsgesicherte, sich auf die Lebenssituationen von allen Jugendlichen beziehende arbeitsorientierte Bildung sicher stellen kann. Das bedeutet, dass für die Lehrerausbildung ein komplexes Kompetenzmodell zu entwickeln ist, das mit jenem des curricularen Kompetenzmodells in seinen verschiedenen Dimensionen korrespondiert und sich explizit auf die kompetenzorientierte Gestaltung von schulischem Lernen richtet.
  • lernorientiert organisiert sein, das heißt in curricularer Offenheit für unterschiedliche curriculare Organisationen von arbeitsorientierten Lernprozessen, die sich auf das Lernen in arbeitsorientierten Lebenszusammenhängen auf verschiedene Kompetenzfelder und Niveaustufen beziehen können. Die Lehrerausbildung muss die Chance eröffnen, ein Problembewusstsein für die spezifische Lernsituation der Lernenden in ihren jeweiligen Lebenssituationen zu entwickeln und gleichzeitig Fähigkeiten entwickeln lassen, an zukünftigen Profilbildungsprozessen von Schule zwischen den verschiedenen Lernorten (Schule, Betrieb, andere Orte der gesellschaftlichen Praxis von Arbeit) mitzuwirken.

Mit der Einführung von neuen Studienmodellen auch in der Lehrerbildung, wie in der Folge mit der Vereinbarung von Bologna für den europäischen Hochschulraum (1999),wurde auch die Frage nach den Fachprofilen von Studienfächern in neuer Weise relevant (vgl. KMK 2010). Die Standards für die Bildungswissenschaften und die Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken sollten auch eine neue Grundlage für die Akkreditierung und Evaluierung von lehramtsbezogenen Studiengängen bilden. Erarbeitet wurden diese Standards von länderübergreifenden Arbeitsgruppen der KMK. Es waren gleichermaßen Fachwissenschaftler, Fachverbände und Ministerien in die Erstellung miteinbezogen, schließlich sollte langfristig auf eine gemeinsame Entwicklung der Lehramtsstudiengänge hingewirkt werden. Bedeutsam erscheint hier, dass unter einem „Fachprofil Arbeit, Technik, Wirtschaft“ ein Profil für einen Fächerkomplex Arbeit, Technik, Wirtschaft (ATW) in der Sekundarstufe I (KMK 2010, 8)mit spezifischen fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Anforderungen beschrieben wurde: Qualifikationen wurden auf Studienbereiche bezogen, die „entweder jeweils überwiegend Teil eines Studienfaches oder verschiedenen Studienfächern zugeordnet sind.“ Dabei wurde davon ausgegangen, dass für die einzelnen Länder benötigte Studienbereiche sowohl integrativ als auch kumulativ gestaltet und in unterschiedlichen Studienbereichskombinationen als Anforderung an das Studium vorgegeben werden können (KMK 2010, 8). Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass hier zum einen übergreifende Merkmale des Fächerkomplexes Arbeit, Technik, Wirtschaft formuliert sind mit einem ausgewiesenen Kompetenzprofil und Studieninhalten für eine Lernbereichsdidaktik und zum anderen Kompetenzprofile und Studieninhalte (einschließlich Fachdidaktik und Fachpraxis) für die Studienbereiche „Arbeit und Beruf“, „Haushalt und Ernährung“, „Technik“, „Textil“, „Wirtschaft“. Diese korrespondieren in hohem Maß mit den Teildomänenbeschreibungen und Kerninhaltsbereichen des KecuBHTW (2006).

Mit dem Studiengang „Arbeitsorientierte Bildung“ (ABO) wurde an der Universität Bremen ein Lehramtsstudiengang entwickelt, der in besonderer Weise diese konzeptionellen Markierungen in eine reale konsekutive Studienorganisation umzusetzen versucht: Es handelt sich um einen grundständigen Studiengang in einem modularen Aufbau, hier zunächst der Bachelor-ABO (vgl. Abb. 5) mit den inhaltlichen Schwerpunkten Haushalt, Technik, Wirtschaft mit fachlichen Profilierungsmöglichkeiten unter der Leitkategorie Arbeit mit Möglichkeiten fachlicher Profilierungen. Die Studienorganisation ist lernbereichsdidaktisch integriert und basiert auf einem sehr engen Theorie-Praxisverbund von Labor, Schule und Betrieb mit teildomänenbestimmten Kompetenz- und Zielbeschreibungen. Diese modulare Konzeption wurde im Rahmen der Studienreorganisation auf das Bachelor-Master Modell entwickelt (2005), wesentlich getragen vom Institut für arbeitsorientierte Allgemeinbildung (IAAB), als Bachelor of Arts (fachbezogene Bildungswissenschaften) und für 6 Semester konzipiert (60 CP).Mit dieser Konzeption eines inzwischen auf Master ausgeweiteten Studienstrukturmodells konnte an Überlegungen und vielfachen Erfahrungen zu einer integrierten Konzeption für eine Lehrerbildung für das „Lernfeld Arbeitslehre“ an der Universität Bremen angeknüpft werden. Von 1994 bis 2001 wurde beispielsweise ein „Integrierter Studiengang Arbeitslehre“ mit den Fachprofilen Technik und Haushalt und Ernährung mit den Integrationsbereichen Arbeitswissenschaften, Ökonomie und Lernfelddidaktik erprobt und evaluiert (vgl. SCHUDY 2001; OBERLIESEN et al. 2001).

 

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Abb. 5: Strukturmodell des BA-Studienfaches AOB an der Universität Bremen (2006)

Die hier gewählte Bezeichnung „Arbeitsorientierte Bildung“ des neuen Bachelor-Studienfaches ist ausdrücklich als übergeordnete Bezeichnung zu verstehen, die viele andere Lern- und Fachbezeichnungen zu subsumieren versucht. Die Konzeption des Studienfaches strebt eine besondere Theorie-Praxis-Verbindung als spezifische Studienpraxis an, auch mit dem Schwerpunkt der Auseinandersetzung mit der Problematik des Übergangs von der Schule in Ausbildung, Arbeit und Beruf. Die Gegenstandsbereiche der AOB werden im Studium aufeinander bezogen, dabei besteht eine enge thematische Verbindung von Vorlesungen, Seminaren, Werkstatt- und Laborarbeit und Praktika. Das Gesamtkonzept für das Studienfach wurde 2004/2005 formuliert und diskutiert; im Mai 2005 erfolgte die letzte Überarbeitung. In Kombination mit einem Masterstudium soll das Studienfach AOB auch auf den Lehrerberuf (Primar- und Sekundarstufe) vorbereiten, dennoch orientiert es sich an dem Gedanken der Polyvalenz, d.h. es eröffnet gleichwohl einen allgemein berufsorientierten Abschluss. Je nach fachlicher Profilierung (und ggf. aufgrund weiterer Qualifikationen, wie zum Beispiel einer abgeschlossenen Berufsausbildung, besonderer Zertifikate etc.) kommen nach Abschluss der Bachelor-Ausbildung Arbeitsfelder in Betracht wie „Arbeits- und Berufs- und Verbraucherberatung“, „Betriebliche Weiterbildung und Erwachsenenbildung“, „Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Vertrieb“, „Regionalberatung für Wasser, Umwelt, Energie“, „Museen und Science Center“ sowie „Fachverbände und einschlägige Forschungseinrichtungen“. Für den Einstieg in vorgenannte Arbeitsfelder sind insbesondere die im BA-Studienfach AOB erworbenen Kompetenzen in den Kontexten der Arbeits- und Berufsorientierung (s. Modul FD1) sowie der fachübergreifenden Module (s. FW 6) von Bedeutung. Darüber hinaus sind Wissen und Können, ausgebildet und erworben über die fachwissenschaftlichen Module,eine bedeutsame Voraussetzung für diesbezügliche qualifizierte Beratungstätigkeiten.

 

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Abb.6: Studienplan mit Modulbeschreibungen zum BA-Studiengang „Arbeitsorientierte Bildung“ (AOB), akkreditiert (ACQUIN 2006-2011), vgl. MODULHANDBUCH (AOB 2006).

Arbeitsorientierte Bildung (AOB) ist an der Universität Bremen als ein Studienfach konzipiert, das insbesondere die vorberufliche Orientierung und den Übergang Schule-Arbeitswelt zum Gegenstand hat. Arbeit wird dabei in einem umfassenden Verständnis als Erwerbsarbeit, Eigenarbeit, Hausarbeit und Bürgerarbeit verstanden. Schwerpunkte des Studiums bilden daher, jeweils aus arbeitsorientierter Perspektive, die Bereiche Ökonomie und Technik ergänzt um einen Teilbereich Haushalt und Ernährung. AOB ist studierbar als Pflichtfach im Studiengang Fachbezogene Bildungswissenschaften (Sekundarstufe I). Dazu ist der Studiengang im Zwei-Fächer-Bachelor Fachbezogene Bildungswissenschaften als Lehramtsfach wählbar sowie ein Masterstudium für das Lehramt oder im erziehungs- und sozialwissenschaftlichen Bereich anzuschließen. In Kombination mit diesem Masterstudium kann das Lehramt im Fach "Wirtschaft, Arbeit, Technik" in der Sekundarstufe I (vgl. MODULHANDBUCH WAT 2008) angestrebt werden.

Typische Lehrveranstaltungsformen des AOB-Studienganges sind Vorlesungen, Seminare, Praktika, Werkstatt und Laborarbeit. Nach dem vorgesehenen Studienverlaufsplan (vgl. Abb. 6) werden im 1. Studienjahr drei Module zur Arbeitsorientierten Bildung (AOB1), Ökonomischen Bildung (Ö1) und Technischen Bildung (T1) im Umfang von jeweils 6CP (insgesamt 18CP) studiert. Im 2.Studienjahr kommt zu den Modulen AOB2, Ö2 und T2 ein Modul Haushalt (H) mit 6CP hinzu (insgesamt 18CP). Zwischen Ö2 und T2 kann gewählt werden. Im 3. Studienjahr haben die Studierenden die Wahl, ihr Studium in dem im zweiten Studienjahr gewählten Schwerpunkt in den Modulen Ö3 oder T3 (jeweils 6CP) fortzusetzen oder den Schwerpunkt zu wechseln und in einem der Module Ö2 bzw. T2 zu studieren. Ergänzt wird das Studium um das Modul Werkstatt- und Laborarbeit (WL) mit 12CP (insgesamt 18CP). Ebenfalls kann im Studienfach AOB die Bachelorarbeit (15CP) angefertigt werden. Das fachspezifische Studium für das Berufsfeld Schule wird durch praktische schulbezogene Studienanteile im Professionalisierungsbereich (PB) ergänzt. Dieser umfasst je nach Schultyp 25 % oder 50 % des Studiums und beinhaltet Erziehungswissenschaften, Fachdidaktik, Praktika und Schlüsselqualifikationen. Eine zentrale Rolle kommt dem fachdidaktischen Praktikum zu, zusätzlich sind ein Orientierungspraktikum sowie ein erziehungswissenschaftliches Praktikum zu absolvieren.

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[1]  Vgl. zum Beispiel MESCHENMOSER (2009).

 

[2]  Vgl. die Ergebnisse in Dokumentationen des Projektes Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben (SWA 2008/2009).

[3] Kurzexpertise zum Gutachten zur „Ökonomischen Bildung“ im Auftrag des  Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft, November  2010

[4] Vgl. KecuBHTW (2006): Die Erstveröffentlichung erfolgte bei sowi-online (www.sowi-online.de), weitere fachdidaktische Diskurse hierzu folgten auf Fachtagungen der Fachgesellschaften GATWU (Essen 2007), WOCATE (Halle 2006), GFD (Kiel 2005). Vgl. OBERLIESEN/ ZÖLLNER (2007, 177-185).


Zitieren dieses Beitrages

OBERLIESEN, R. (2011): Curriculare Integration arbeitsorientierter Bildung. Beispiel Kerncurriculum Beruf-Haushalt-Technik-Wirtschaft: Perspektive LehrerInnenbildun. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 02, hrsg. v. FRIESE, M./ BENNER, I., 1-18. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft02/oberliesen_ft02-ht2011.pdf (26-09-2011).



Hochschultage Berufliche Bildung 2011 - Web page

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