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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

Kurzvorträge
Herausgeberin: Margit Ebbinghaus


Titel:
Facettenvielfalt der Übergänge in der beruflichen Bildung


Uni-Abschluss! Was nun? Übergang zwischen Universität und Arbeitswelt im Kontext der Kompetenzentwicklung und des lebenslangen Lernens unterstützt durch ePortfolio-Arbeit

Beitrag von Michaela STOCK & Elisabeth RIEBENBAUER (Karl-Franzens-Universität Graz)

Abstract

Selbstreflexion ist ein grundlegender Baustein für pädagogische Professionalität und unverzichtbar für lebenslanges Lernen. Wie steht das im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Studiums und dem Übergang zur Arbeitswelt bzw. was bringt das Wissen um die eigenen Kompetenzen für die berufliche Tätigkeit nach Abschluss eines so polyvalent ausgerichteten Studiums wie der Wirtschaftspädagogik? Mit dem Wintersemester 2009/10 ist an der Karl-Franzens-Universität Graz das Mastercurriculum Wirtschaftspädagogik in Kraft getreten und mit ihm die fix verankerte ePortfolio-Arbeit über den ganzen Studienverlauf. Die ePortfolio-Arbeit, im Sinne eines Kompetenzentwicklungsportfolios, soll Studierende unterstützen, sich der eigenen Lernprozesse und -produkte bewusst zu werden, den Verlauf der eigenen Kompetenzentwicklung zu visualisieren und das eigene Lernen zu reflektieren. Die nachhaltige Nutzung des ePortfolios über das Studium hinaus soll Studierende beim Übergang in das Berufsleben unterstützen sowie den berufs- und lebensbegleitenden Entwicklungsprozess fördern.

1 Einleitung

Am Beginn des vorliegenden Beitrags erfolgt eine kurze Darstellung des neuen Masterstudiums Wirtschaftspädagogik am Standort Graz. Darüber hinaus werden Reflexion und Kompetenzorientierung als zwei wesentliche Bausteine bei der Entwicklung Lernender zu ExpertInnen im Praxisfeld bzw. als Voraussetzung für die Entwicklung einer Problemlösungskompetenz im beruflichen Handeln diskutiert. Im nächsten Schritt folgt eine Erläuterung des Basiskonzepts der ePortfolio-Arbeit im Masterstudium Wirtschaftspädagogik gefolgt von der Vorstellung der Begleitforschung zu dieser ePortfolio-Arbeit in Graz. Hier werden auch erste Ergebnisse nach drei Semestern ePortfolio-Arbeit präsentiert und diskutiert. Der Beitrag schließt mit Überlegungen des möglichen Nutzens der ePortfolio-Arbeit für die Studierenden bei unterschiedlichen Übergängen im Laufe ihres Studiums und auch beim Übergang zwischen Universität und Arbeitswelt sowie ersten Erkenntnissen und Schlussfolgerungen aus der Begleitforschung.

2 Masterstudium Wirtschaftspädagogik in Graz

Das Masterstudium Wirtschaftspädagogik, das mit dem Wintersemester 2009/10 an der Universität Graz in Kraft getreten ist und auf ein wirtschaftswissenschaftliches bzw. vergleichbares Bachelorstudium aufbaut, umfasst fünf Semester mit einem Gesamtlehrangebot von 150 ECTS-Punkten (vgl. CURR-WIPÄD 2009). Das Studium dauert ein Semester länger als üblich (ein Masterstudium an österreichischen Universitäten umfasst in der Regel 120 ECTS und ist bei einem Vollzeitstudium auf vier Semester ausgelegt), da die schulpraktische Phase (großes Schulpraktikum) mit wissenschaftlicher Begleitung und Nachbereitung in das Masterstudium Wirtschaftspädagogik integriert ist (Einphasigkeit der wissenschaftlichen Berufsvorbildung der Studierenden). Im Bezug auf die inhaltliche Gestaltung bringt das Grazer Masterstudium Wirtschaftspädagogik im Vergleich zum auslaufenden Diplomstudium der Wirtschaftspädagogik neue Schwerpunktsetzungen und inhaltliche Ausgestaltungen sowie Veränderungen in den Gewichtungen der einzelnen Fächer (vgl. dazu im Detail SLEPCEVIC-ZACH/ STOCK 2009). Das Novum, nicht nur für die Wirtschaftspädagogik in Graz sondern für ganz Österreich, ist die strukturell verankerte ePortfolio-Arbeit der Studierenden im Sinne einer laufenden Begleitung der Kompetenzentwicklung über den gesamten Studienverlauf.

Im Kontext der Gestaltung des Curriculums sowie des Verständnisses der forschungsgeleiteten Lehre ist es zentrales Anliegen des Grazer Lehrstuhls für Wirtschaftspädagogik, die wissenschaftliche Berufsvorbildung der Studierenden so zu gestalten, dass ein flexibler und effektiver Bildungstransfer zwischen Theorie und Praxis entstehen kann. Die Polyvalenz des Studiums ist einer der immensen Vorteile der AbsolventInnen der Wirtschaftspädagogik für die Berufswelt, wobei in der forschungsgeleiteten Lehre der Wirtschaftspädagogik am Standort Graz der Grundsatz gilt, dass nicht nur die Fach- sondern auch die Menschenbildung respektive Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden im Vordergrund stehen muss. Dies bedeutet, dass besonderes Augenmerk auf die (Weiter-)Entwicklung der Handlungskompetenz im Sinne der Entwicklung einer Problemlösungskompetenz im beruflichen Handeln gelegt wird, was wiederum Reflexion für die Entwicklung der Lernenden zu ExpertInnen im Praxisfeld bedingt. Ziel ist es, ein tragfähiges Fundament für lebensbegleitendes Lernen zu schaffen und die Beschäftigungsfähigkeit der AbsolventInnen der Wirtschaftspädagogik zu sichern (vgl. STOCK 2010, 12). Ein weiterer Beweggrund für die Verankerung des ePortfolios im Curriculum der Wirtschaftspädagogik war auch, den Studierenden eine Unterstützung bei Übergängen im Studium (z.B. Theorie-Praxis-Übergang beim Schulpraktikum) sowie beim Übergang zwischen Universität und Berufswelt zu bieten. Die Zielsetzungen der Verankerung des ePortfolios als Kompetenzentwicklungsportfolio im Mastercurriculum Wirtschaftspädagogik können wie folgt zusammengefasst werden:

  • Entwicklung und Förderung der Reflexionsfähigkeit
  • Ganzheitliche Förderung der individuellen Entwicklung – Menschenbildung
  • Förderung der Handlungskompetenz – Problemlösungskompetenz im beruflichen Handeln
  • Unterstützung bei Übergängen im Studium – Theorie-Praxis-Übergang
  • Unterstützung und Vorbereitung beim Übergang zwischen Universität und Berufswelt

3 Reflexion und Kompetenzorientierung

Reflexion ist der Grundstein der Kompetenzentwicklung (vgl. REIMANN 2005) und unabdingbare Grundlage für die Vertiefung der Problemlösungskompetenz im beruflichen Handeln (vgl. SCHÖN 1983). Reflexion ist etwas, was nahezu in jedem Lern- respektive Entwicklungskontext gefordert wird, sich in der täglichen Praxis aber alles andere als einfach gestaltet (vgl. STOCK 2010, 12). Reflexion im Sinne des über Sich-Selbst-Nachdenkens bzw. der Bezugsetzung zu sich selbst (interne Reflexivität) und der Bezugsetzung zur Umwelt (externe Reflexivität) (vgl. CASTANEDA 1991, 94 ff) sowie des Nachdenkens über den eigenen Lernprozess stellt für viele Studierende eine sehr große Herausforderung dar, wobei die Forderung nach Verschriftlichung für viele schwierig wenn nicht unmöglich und unnötig erscheint.

SCHÖN beschreibt mit der von ihm weiterentwickelten Theorie (Modell I und Modell II), die auf einer Theorie von ARGYRIS und SCHÖN aus den 1970er Jahren basiert, die Unterscheidung zwischen nichtreflektierenden und reflektierenden Menschen. Menschen nach Modell I sehen Geschehnisse der Welt immer als Win-Lose-Situation, wobei Verlangen nach Sieg, Verteidigung und Selbstschutz zentrale Aspekte sind. Für Menschen nach Modell II sind hingegen Informationsweitergabe und ständige Weiterentwicklung die zentralen Aspekte. Für die Entwicklung der Reflexionsfähigkeit ist eine Transformation von Modell I zu Modell II unerlässlich, wobei Selbsterkenntnis (welchem Modell folge ich selbst?), intrinsische Motivation und qualitativ hochwertiges regelmäßiges Auseinandersetzen mit reflektierenden Fragen unverzichtbare Faktoren in diesem Prozess sind. (vgl. SCHÖN 1987, 135 f & 255 ff)

Bei der Kompetenzorientierung stehen die Lernenden im Mittelpunkt und im Sinne einer Reflexion sowie Selbstbewertung und -regulation sollen sie die Kompetenz erhalten, eigenverantwortlich und selbstgesteuert Lernprozesse zu gestalten, zu reflektieren und weiterzuentwickeln (vgl. EARL 2003, 21 ff). Kompetenzen bezeichnen das Handlungsvermögen eines Menschen (vgl. ARNOLD 2001, 176) und Lernende können nur zu ExpertInnen im Praxisumfeld werden, d.h. auch handlungsfähig sein, wenn sie in der Lage sind zu reflektieren (vgl. SCHÖN 1983, 87 ff). Reflexion, insbesondere Selbstreflexion ist der erste Schritt zur Selbstregulation (Selbstreflexion = eigenes Lernen verstehen; Evaluation = eigenes Lernen beurteilen; Regulation = wenn nötig, eigenes Lernen verändern; alle drei Schritte ermöglichen letztendlich erst Wahlfreiheit) sowie der Eigenverantwortung für Denk- und Handlungsprozesse (vgl. DILGER 2007, 2 ff). Besonders für die pädagogische Professionalität ist Selbstreflexion ein grundlegender Baustein (vgl. ARNOLD o.J., 19). Da der Lehrberuf für die AbsolventInnen der Wirtschaftspädagogik ein zentrales Berufsfeld darstellt, kommt dieser Forderung besondere Bedeutung zu.

4 Basiskonzept zur ePortfolio-Arbeit

Die fix verankerte Begleitung der Studierenden durch ein ePortfolio über den ganzen Studienverlauf ist eine Besonderheit im Mastercurriculum Wirtschaftspädagogik am Standort Graz. Das Curriculum ist so gestaltet, dass die Lehrenden an vordefinierten Schnittpunkten gefordert sind, in ihren Lehrveranstaltungen Zeit und Raum für die ePortfolio-Arbeit zu schaffen. Zielsetzung dieser ePortfolio-Arbeit ist es, im Sinne von collect – select – reflect – connect, die Studierenden dabei zu unterstützen, sich der eigenen Lernprozesse  und -produkte bewusst zu werden, den Verlauf der eigenen Kompetenzentwicklung während ihres Studiums für sich selbst sichtbar zu machen, das eigene Lernen zu reflektieren und die Motivation, am eigenen ePortfolio nachhaltig zu arbeiten, zu fördern. An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die ePortfolio-Arbeit einerseits zwar in keiner Weise der Leistungsbeurteilung dient und Lehrende auch keinen Einblick in die jeweiligen ePortfolios der Studierenden haben, sondern die ePortfolio-Arbeit mit externer Begleitung erfolgt. Die Studierenden müssen anderseits aber über die Lehrveranstaltungszeit hinaus Zeit und Energie in die Entwicklung ihrer ePortfolios investieren.

Bevor auf die Gestaltung der ePortfolio-Arbeit im Mastercurriculum Wirtschaftspädagogik eingegangen werden kann, erfolgt zuerst ein Begriffsklärung für Portfolio im Allgemeinen und für ePortfolio im Speziellen.

Das Portfolio, allgemein definiert, ist eine Mappe mit ausgewählten Arbeiten aus dem Bereich der Kunst (vgl. WINTER 2008, 187 ff). Beispiele aus der Literatur im Bezug auf die Zielsetzung des Portfolios sind Reflexionsportfolio, Entwicklungsportfolio oder Präsentationsportfolio (vgl. BAUMGARTNER/ HIMPSL/ ZAUCHNER 2009, 3 ff). Das ePortfolio im Speziellen ist eine elektronische Sammlung von Informationen über Kompetenzen und deren Entwicklung, d.h. über Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Einstellungen (vgl. BELGRAD/ BURKE/ FOGARTY 2008, 2 f), unterstützt durch entsprechende Software (vgl. HIMPSL/ BAUMGARTNER 2009). Für ein ePortfolio wird dem vorliegenden Beitrag folgende Definition zugrunde gelegt: „E-Portfolio ist eine digitale Sammlung von ‚mit Geschick gemachten Arbeiten‘ (=lat. Artefakte) einer Person, die dadurch das Produkt (Lernergebnisse) und den Prozess (Lernpfad/Wachstum) ihrer Kompetenzentwicklung in einer bestimmten Zeitspanne und für bestimmte Zwecke dokumentieren und veranschaulichen möchte. Die betreffende Person hat die Auswahl der Artefakte selbständig getroffen, und diese in Bezug auf das Lernziel selbst organisiert. Sie (Er) hat als Eigentümer(in) die komplette Kontrolle darüber, wer, wann und wie viel Information aus dem Portfolio einsehen darf.“ (HORNUNG-PRÄHAUSER et al. 2007, 14)

Folgende Abbildung veranschaulicht unterschiedliche Grundtypen von ePortfolios, wobei das Reflexionsportfolio mit dem Lern- und dem Beurteilungsportfolio, das Entwicklungsportfolio, welches auf die berufliche Karriereentwicklung abzielt und das Präsentationsportfolio als eine produktorientierte Außendarstellung unterschieden werden kann (vgl. BAUMGARTNER/ HIMPSL/ ZAUCHNER 2009, 3 ff).

 

Abb. 1:   ePortfolio-Arten (STOCK et al. 2010)

Das Kompetenzentwicklungsportfolio (KEP), als wie in Abbildung 1 dargestellte Mischform des Reflexions- und Entwicklungsportfolios, ist eine zusätzliche ePortfolio-Art, wobei ebenso ein Präsentationsportfolio daraus erstellt werden kann, in dem Auszüge aus dem KEP gewählt werden. Das KEP stellt auch jene Art des ePortfolios dar, welche strukturell (im ersten, dritten und fünften Semester) im Mastercurriculum Wirtschaftspädagogik verankert ist. Den Studierenden soll damit ein nachhaltiges Instrument (methodisch wie auch technisch) zur Verfügung gestellt werden, um die Selbstreflexion der eigenen Lernprozesse und -produkte sowie die Kompetenzentwicklung zu schärfen. Die ePortfolio-Arbeit der Studierenden wird durch einen externen Coach professionell begleitet und unterstützt.

Professionelle Begleitung bedeutet für den Lehrstuhl in Graz, dass die ePortfolio-Arbeit in Kooperation mit der Akademie für Neue Medien und Wissenstransfer an der Universität Graz (kurz: Akademie) erfolgt. Die Akademie unterstützt generell die ePortfolio-Arbeit an der Universität Graz und ermöglicht auch eine Zertifizierung (vgl. dazu im Detail Akademie 2010), wobei diese Leistungen den Studierenden individuell oder auch im Rahmen von Lehrveranstaltungen einzelner Studienrichtungen gegen Entgelt angeboten werden (vgl. MODELLFÄLLE 2008, 15 ff). Eine Begleitung der Studierenden mit ePortfolio durch ein ganzes Studium wie bei der Wirtschaftspädagogik ist jedoch auch für die Akademie erstmalig.

Entsprechend den Anforderungen der Wirtschaftspädagogik erfolgte für die fix verankerte ePortfolio-Arbeit der Studierenden über das gesamte Masterstudium Wirtschaftspädagogik eine individuell abgestimmte Konzeption dieser ePortfolio-Begleitung. Bei der Konzeptentwicklung für die ePortfolio-Begleitung waren die ExpertInnen der Akademie von Beginn an eingebunden, sie stellen die Software für die ePortfolio-Arbeit zur Verfügung und sind an der Begleitforschung sowie Weiterentwicklung des Konzepts beteiligt.

Die konkrete ePortfolio-Arbeit mit den Studierenden der Wirtschaftspädagogik ist derart gestaltet, dass durch einen Coach der Akademie innerhalb ausgewählter Lehrveranstaltungen sogenannte ePortfolio-Einheiten durchgeführt werden und darüber hinaus eine individuelle Betreuung der Studierenden im Verlauf des jeweiligen Semesters durch den Coach erfolgt. Zur Veranschaulichung solcher ePortfolio-Einheiten sei hier exemplarisch der Start der ePortfolio-Arbeit im ersten Semester dargestellt (vgl. STOCK 2010, 13):

  • Einführung in die Theorie und Praxis der ePortfolio-Arbeit
  • Auseinandersetzung mit der eigenen Kompetenzentwicklung durch Gespräche in PartnerInnenarbeit
  • Erstellung eines eigenen ePortfolios in Einzelarbeit (außerhalb der ePortfolio-Einheit)
  • Feedback und Verbesserungsvorschläge durch den Coach sowie auch durch andere Studierende
  • Individuelle Begleitung der ePortfolio-Arbeit durch den Coach sowie Unterstützung bei der Reflexion

Die ePortfolio-Arbeit ist, wie bereits dargestellt, im ersten, dritten und fünften Semester jeweils in einer konkreten Lehrveranstaltung verankert, wobei in jeder Phase der ePortfolio-Arbeit eine unterschiedliche Schwerpunktesetzung für die Selbstreflexion erfolgt. Als Basis für die Grundkonzeption der ePortfolio-Arbeit mittels KEP dient hierbei das Kompetenzmodell nach PETERSZEN mit den vier Kompetenzbereichen Fach-, Sozial-, Methoden- sowie Selbstkompetenz, aus deren Schnittmenge die Handlungskompetenz resultiert (vgl. PETERSZEN 2009, 14). Dies bedeutet, dass im ersten Semester (Beginn der ePortfolio-Arbeit) der Fokus auf die Sozial- und Selbstkompetenzen gerichtet ist, im dritten Semester stehen Fach- und Methodenkompetenzen im Mittelpunkt (es folgt im Semester darauf das große Schulpraktikum mit Lerntagebuch) und im fünften Semester liegt das Augenmerk auf der Reflexion der ganzheitlichen Entwicklung der Handlungskompetenz. Besonders im ersten Semester, bei der ersten ePortfolio-Arbeit im Rahmen des Studiums, nehmen die Studierenden viele ihrer Kompetenzen bloß als Eigenschaften wahr. Hier ist der Coach gefordert, die Studierenden bei der ersten intensiven Auseinandersetzung mit den eigenen Kompetenzen zu unterstützen. Es gilt auch, Eigenschaften zu Kompetenzen zuzuordnen, wobei dies in der Regel zum Bereich der Selbstkompetenz erfolgt.

5 Begleitforschung zur ePortfolio-Arbeit

Mit dem Start der ePortfolio-Arbeit im Rahmen des Masterstudiums Wirtschaftspädagogik im Wintersemester 2009/10 hat auch die Begleitforschung zu dieser ePortfolio-Arbeit begonnen und wird sich zumindest über einen Zeitraum von sechs Semestern erstrecken. Im Folgenden wird nun diese Begleitforschung zur ePortfolio-Arbeit generell vorgestellt und es werden Ergebnisse aus den ersten drei Semestern präsentiert sowie diskutiert.

5.1 Zielsetzung und Hypothesen

Für die Begleitforschung zur ePortfolio-Arbeit in Form eines KEP wurden folgende Ziele definiert (vgl. STOCK 2010, 13):

  • Evaluation der strukturellen Umsetzung des KEP
  • Evaluation der Nachhaltigkeit (=Weiterführung des KEP durch die Studierenden) unabhängig von der Durchführung in spezifischen Lehrveranstaltungen (im ersten, dritten und fünften Semester)
  • Selbstevaluation der Effektivität des KEP in Bezug auf

             -  positive Einstellung gegenüber dem KEP und der Selbstreflexion
             -  MultiplikatorInneneffekte
             -  Nutzung für Bewerbungen in Form eines Präsentationsportfolios
                (untergeordnete Wichtigkeit)

Aus dieser Zieldefinition wird ersichtlich, dass eine Kompetenzmessung und vor allem eine Kompetenzbewertung nicht Ziel der Begleitforschung ist. Die Zielsetzung verdeutlicht vielmehr, dass es dabei um den Prozess der Kompetenzentwicklung, die Nachhaltigkeit der Selbstreflexion und die Wirksamkeit der strukturellen Verankerung der ePortfolio-Arbeit geht. Aus der oben angeführten Zielsetzung der Begleitforschung zur ePortfolio-Arbeit lassen sich somit folgende Hypothesen ableiten (vgl. STOCK 2010, 14):

1.  Die strukturierte (geplante) Durchführung des KEP im Masterstudium der Wirtschaftspädagogik führt zu einer nachhaltigen Verwendung des Instruments.

2.  Die strukturierte (geplante) Durchführung des KEP im Masterstudium der Wirtschaftspädagogik führt dazu, dass die Studierenden dieses Instrument in ihrer zukünftigen Lehrtätigkeit selbstständig einsetzen.

3.  Die strukturierte (geplante) Durchführung des KEP im Masterstudium der Wirtschaftspädagogik unterstützt die persönliche Weiterentwicklung (Selbstreflexion) der Studierenden, d.h.:

  • Die Arbeit am KEP unterstützt die persönliche Weiterentwicklung der Studierenden.
  • Die Arbeit am KEP verbessert die Fähigkeit zur Selbstreflexion.

4.  Die strukturierte (geplante) Durchführung des KEP im Masterstudium der Wirtschaftspädagogik unterstützt bei Übergängen innerhalb des Curriculums (Theorie-Praxis-Übergang).

5.  Die strukturierte (geplante) Durchführung des KEP im Masterstudium der Wirtschaftspädagogik bereitet auf den Übergang zwischen Universität und Berufswelt vor.

Die letzten beiden Hypothesen stellen eine Erweiterung im Verlauf der Begleitforschung dar; sie wurden im zweiten Semester ergänzt.

5.2 Untersuchungsdesign

Die Begleitforschung erfolgt durch eine Fragebogenerhebung und durch Fokusgruppengespräche. Die Fragebögen beinhalten qualitative und quantitative Items, wobei für letztere eine Likert-Skala verwendet wird. Entsprechend der Verankerung in den unterschiedlichen Semestern und den differenzierten Schwerpunktsetzungen sind die Fragebögen inhaltlich auf den jeweiligen Schwerpunkt abgestimmt, beinhalten aber auch immer wiederkehrende Elemente. Die Befragung erfolgt jeweils zu Beginn und am Ende des betreffenden Semesters (erstes, drittes und fünftes Semester). Die Fokusgruppengespräche mit den Studierenden sind im dritten und fünften Semester geplant. Dieser offene Suchprozess dient dazu, bestehende Bilder (aus der Fragebogenerhebung) zur ePortfolio-Arbeit darzustellen und mit den Studierenden diesbezügliche Hintergründe auszuleuchten.

Im Rahmen der Fragebogenerhebung wird für die Messung der Kompetenzentwicklung eine Status-Quo-Erhebung bei den Studierenden zu Beginn jeden Semesters für die jeweilige Schwerpunktsetzung durchgeführt. Die individuelle Kompetenzentwicklung bzw. der Zuwachs an Kompetenzen wird darauf aufbauend anhand der nachfolgenden Fragebögen gemessen. Das generelle Design der gesamten Begleitstudie ist in Abbildung 2 ersichtlich.

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Abb. 2:   Design der Begleitforschung zur ePortfolio-Arbeit (STOCK 2010, 14)

Ab dem Wintersemester 2009/10 nahmen an der Begleitforschung im Verlauf der ersten drei Semester 144 Studierende (47 männlich, 97 weiblich) teil. Während alle 144 Studierenden die Erhebungen zu Beginn der ePortfolio-Arbeit und am Ende des ersten Semesters durchliefen, haben 14 Studierenden von diesen 144 gemäß ihrem Studienfortschritt auch schon an den Befragungen sowie den Fokusgruppengesprächen im dritten Semester teilgenommen. Bei der Fragebogenerhebung wurde auf folgende Aspekte eingegangen:

  • Evaluation der strukturellen Umsetzung
  • Evaluation der Selbstwahrnehmung sowie des Bewusstseins der eigenen Kompetenzen
  • Evaluation der nachhaltigen Verwendung – Bereitschaft zur nachhaltigen Nutzung

Diese sind, entsprechend der Zielsetzung, die drei Schwerpunkte der Begleitforschung. Für die Gewährleistung einer ansprechenden bzw. ordnungsgemäßen Schaffung der Rahmenbedingungen für die ePortfolio-Arbeit ist es von Interesse, die Bewertung der strukturellen sowie organisatorischen Umsetzung durch die Studierenden zu erheben. Ebenso interessant ist die Selbstwahrnehmung der Studierenden im Bezug auf ihre Kompetenzen, wobei hier auch ein quantitativer Vergleich der genannten Kompetenzen erfolgte. Die Studierenden werden zur Einschätzung der eigenen Bereitschaft zur nachhaltigen Nutzung des ePortfolios, einerseits im Bezug auf den Einsatz eines Präsentationsportfolios bei Bewerbungen und andererseits in Bezug auf die eigenständige Weiterführung, befragt.

5.3 Erste Ergebnisse aus der Begleitforschung

Entsprechend dem Design der Begleitforschung zur ePortfolio-Arbeit werden nun in einem ersten Schritt die Ergebnisse zu den drei Schwerpunkten aus den ersten drei Semestern diskutiert. In einem zweiten Schritt werden dann die zentralen Ergebnisse der Fokusgruppengespräche präsentiert.

Im Bezug auf den ersten Schwerpunkt Evaluation der strukturellen Umsetzung zeigt die Befragung folgendes Ergebnis (N=144).

Abb. 3:   Evaluation der strukturellen Umsetzung

Die Studierenden bewerten die strukturelle Umsetzung im Durchschnitt mit gut bis befriedigend. Daraus lässt sich ableiten, dass die Studierenden mit der Wahl der betreffenden Lehrveranstaltungen (Bewertung 2,50) als auch mit dem gewählten Zeitpunkten (Bewertung 2,29), zu denen die ePortfolio-Arbeit gestartet, begleitet und durchgeführt wurde, bisher zufrieden waren. Die ausgewählten Räumlichkeiten für die ePortfolio-Arbeit im Rahmen der Lehrveranstaltungen wurden im Durchschnitt mit 1,95 am besten bewertet. Die Dauer der ePortfolio-Einheiten im Rahmen der gewählten Lehrveranstaltungen wurden mit sechs Stunden angesetzt, das individuelle Coaching bei der eigentlichen Erstellung der ePortfolios war, je nach Bedarf der Studierenden, sehr unterschiedlich. Mit der Dauer der Begleitung im Rahmen der Lehrveranstaltungen waren die befragten Studierenden am wenigsten zufrieden (Bewertung 2,73). In der Regel hätten sich die Studierenden mehr Zeit für die ePortfolio-Arbeit im Rahmen der Lehrveranstaltungen gewünscht. Die Bewertung der Gesamtzufriedenheit mit der strukturellen Verankerung der ePortfolio-Arbeit im Studium fiel mit dem Durchschnittswert 2,19 gut aus.

Im Bezug auf den zweiten Schwerpunkt Evaluation der Selbstwahrnehmung und des Bewusstseins der eigenen Kompetenzen zeigt die Befragung der 144 Studierenden folgendes Ergebnis für das erste Semester.

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Abb. 4:   Evaluation der Selbstwahrnehmung sowie des Bewusstseins der eigenen Kompetenzen

Bei diesem Befragungsschwerpunkt ging es darum, vor Beginn der eigentlichen ePortfolio-Arbeit und dann am Ende des Semesters nach Erstellung des KEP die Selbstwahrnehmung in Bezug auf die eigenen Kompetenzen der Studierenden zu erheben. Abbildung 4 stellt dar, wie sich die Selbstwahrnehmung der Studierenden im Zeitablauf verändert hat.

Die unterbrochene Linie spiegelt die Ergebnisse vor Beginn der ePortfolio-Arbeit wider und zeigt, dass über 56% der befragten Studierenden angeben, ihrer eigenen Selbstwahrnehmung nach nur über wenige oder einige Kompetenzen zu verfügen. Die durchgezogene Linie spiegelt die Ergebnisse am Ende des Semesters wider. Hier ist eine deutliche Verschiebung der Kurve nach rechts auszumachen, d.h. nach der ePortfolio-Arbeit geben rund 84% der Studierenden an, über sehr viele bzw. viele Kompetenzen zu verfügen. Der Unterschied ist hoch signifikant, d.h. Studierende waren am Ende des Semesters in der Lage, mehr ihrer Kompetenzen zu verbalisieren als zu Beginn. Die vorliegenden Ergebnisse für das erste Semester legen den Schluss nahe, dass die Studierenden vor Beginn der ePortfolio-Arbeit eine teilweise eingeschränkte Selbstwahrnehmung in Bezug auf ihre Kompetenzen hatten.

Im Wintersemester 2010/11 wurde auch zum ersten Mal die strukturierte ePortfolio-Arbeit im dritten Semester durchgeführt. Dabei wurden die Studierenden im Rahmen der Begleitforschung wieder zu Beginn und am Ende des Semesters befragt. Nachdem die Fallzahl eine sehr geringe war (14 TeilnehmerInnen), werden an dieser Stelle exemplarisch nur die Ergebnisse zur Einschätzung der eigenen Kompetenzen wiedergegeben.

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Abb. 5:   Evaluation der Selbstwahrnehmung sowie des Bewusstseins der eigenen Kompetenzen

Die Ergebnisse im dritten Semester (Abb. 5) zeigen im Vergleich zu denen im ersten Semester (Abb. 4) ein ganz anderes Bild im Zusammenhang mit der Selbstwahrnehmung. Die unterbrochene Linie spiegelt erneut die Ergebnisse vor Beginn der ePortfolio-Arbeit, diesmal im dritten Semester, wider und es zeigt sich, dass nur mehr rund 21% der befragten Studierenden angeben, ihrer eigenen Selbstwahrnehmung nach nur über wenige oder einige Kompetenzen zu verfügen. Vielmehr geben über 78% der Studierenden zu Beginn des dritten Semesters bereits an, sich vieler bzw. sehr vieler Kompetenzen bewusst zu sein. Die durchgezogene Linie stellt die Ergebnisse am Ende des Semesters dar. Hier zeigt sich, dass rund 93% der Studierenden am Ende der ePortfolio-Arbeit angeben, über sehr viele bzw. viele Kompetenzen zu verfügen. Dieses Ergebnis erscheint auch schlüssig, da die Studierenden sich im dritten Semester schon intensiv mit ihren eigenen Kompetenzen auseinandergesetzt haben.

Die Ergebnisse für den dritten Schwerpunkt der Begleitforschung Evaluation der nachhaltigen Verwendung – Bereitschaft zur nachhaltigen Nutzung zeigen sehr aufschlussreiche Daten. In der folgenden Tabelle 1 sind die Ergebnisse aus der Befragung im ersten Semester (N=144) den Ergebnissen aus der Befragung im dritten Semester (N=14) gegenübergestellt.

Tabelle 1:           Nachhaltige Nutzung

 


So wollen 53,3% der befragten Studierenden im ersten Semester das ePortfolio bei einem späteren Bewerbungsverfahren einsetzen. Demgegenüber wollen nur mehr 23,1% der befragten Studierenden im dritten Semester dies tun. Dieses Ergebnis lässt einerseits vermuten, dass der Umfang und Inhalt des Kompetenzentwicklungsportfolios (KEP) oft nicht nach außen präsentiert werden will, da es als etwas sehr persönliches wahrgenommen wird. Andererseits ist auch zu vermuten, dass der Unterschied zwischen KEP und Präsentationsportfolio zu Beginn nicht allen Studierenden bewusst ist. Im Bezug auf die eigenständige Weiterführung des eigenen ePortfolios gibt es eine leichte Steigerung vom ersten auf das dritte Semester, denn es geben mehr als 64% der befragten Studierenden im dritten Semester an, dieses Instrument zur Selbstreflexion des eigenen Lernprozesses weiterverwenden zu wollen. Im Bezug auf die Einstellung gegenüber dem ePortfolio beurteilen im ersten Semester rund 68% der Studierenden die ePortfolio-Initiative im Rahmen des Masterstudiums der Wirtschaftspädagogik als sehr bzw. eher sinnvoll. Bei der Befragung im dritten Semester geben hingegen 79 % der Studierenden an zu glauben, dass das ePortfolio im Rahmen des Studiums sehr bzw. eher sinnvoll ist.

Die ePortfolio-Arbeit im Rahmen des Studiums der Wirtschaftspädagogik folgt, wie am Beginn des Artikels gezeigt, einer klaren Zielsetzung. Sie hat ihre fixe Einbettung in das Studium und für die Lehrenden liegt der Nutzen für die Studierenden auf der Hand. Folgende Frage stellt sich nun in diesem Zusammenhang: Sehen die Studierenden das auch so? Ein Blick in die Literatur zeigt, dass immer wieder ähnliche Herausforderungen und Probleme im Zusammenhang mit Portfolio-Arbeit auftreten, die sich wie folgt zusammenfassen lassen (vgl. BREAULT 2004, 851):

  • Unstimmigkeit über die Zielsetzung der Portfolio-Arbeit
  • Unklarheit über den Nutzen, der durch die Portfolio-Arbeit entstehen kann
  • Unklarheit über die Rolle und die Einbettung der Portfolio-Arbeit im Studium

Diese Erkenntnisse aus der Literatur zeigen, dass die Wahrnehmung der Studierenden oft eine andere ist als die der Lehrenden. Wie bereits ausgeführt, sind im Rahmen der Begleitforschung auch Fokusgruppengespräche mit den Studierenden vorgesehen, um für Herausforderungen dieser Art Lösungsstrategien finden zu können. In der Folge werden zum Abschluss des Kapitels die zentralen Erkenntnisse aus den ersten Fokusgruppengesprächen im Wintersemester 2010/11 vorgestellt. Diese Gespräche im Rahmen der Begleitforschung wurden im dritten Semester (N=14) als qualitative Ergänzung zu den Fragebögen durchgeführt. Die Gestaltung der Fokusgruppengespräche erfolgt im Sinne eines offenen Suchprozesses, wo ein externer Moderator den Studierenden vorhandene Bilder zum KEP bzw. zur ePortfolio-Arbeit (Daten kamen aus den Fragebogenerhebungen) darstellt, um die dazugehörenden Hintergründe ausleuchten zu können. Die Fokusgruppengespräche haben folgende Punkte zutage gebracht:

  • Reflexion ist wichtig.
  • Der Nutzen ist unklar.
  • Das Wie ist unklar.
  • Vertrauen ist eine große Frage.

Die Ergebnisse aus den Fokusgruppengesprächen haben gezeigt, dass Reflexion und die ePortfolio-Arbeit für die Studierenden als ganz wichtig erachtet werden und dass eine verpflichtende Verankerung im Studium unbedingt aufrecht erhalten bleiben soll. Es ist ihnen aber, so wie auch in der Literatur zu finden, der Nutzen der ePortfolio-Arbeit nicht klar und sie wünschen sich, das konkrete Anleitungen zum Reflektieren vom Institut zur Verfügung gestellt werden. Dies bedeutet, das Wie? und das Was bringt es? müssen noch viel klarer für die Studierenden herausgearbeitet bzw. verdeutlicht werden. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass Vertrauen ein ganz wichtiges Thema für die Studierenden ist. Entsprechend der Auswertung der Fokusgruppengespräche wird das KEP von einigen Studierenden als so persönlich erachtet, dass sie selbst gegenüber dem externen Coach Schwierigkeiten haben, ihre Kompetenzen offen zu legen und immer wieder die Frage aufkommt, wie sicher sind die Inhalte dort und wie sicher ist es, dass die Lehrenden keinen Einblick in das persönliche ePortfolio haben.

Die folgende Aussage des Moderators, der die Fokusgruppengespräche mit den Studierenden geleitet hat, fasst die Ergebnisse zusammen: Wenn es gelingt, den Nutzen der ePortfolio-Arbeit dazustellen, die Vorgehensweisen zu klären und die Rahmen und Grenzen des Vertrauens zu kommunizieren, besteht die Chance, dass das KEP und die beinhaltete Reflexion als machbar und sinnvoll von den Studierenden erlebt wird.

6 Übergänge, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen

Abschließend sollen noch einige Überlegungen zum Nutzen der ePortfolio-Arbeit für die Studierenden bei unterschiedlichen Übergängen im Laufe ihres Studiums und auch beim Übergang zwischen Universität und Arbeitswelt sowie Schlussfolgerungen zu den ersten Erkenntnissen der Begleitforschung angestellt werden.

Die ePortfolio-Arbeit an der Grazer Wirtschaftspädagogik zielt darauf ab, die Studierenden zum einen bei der eigenen Potentialanalyse zu unterstützen und sie zum anderen den Umgang mit eigenverantwortlichem lebenslangem Lernen hautnah erleben zu lassen. Die curriculare Verankerung der ePortfolio-Begleitung ermöglicht die Reflexion der individuellen Kompetenzen an vordefinierten Schnittpunkten. Sie soll zudem das Bewusstsein und die gezielte Steuerung der eigenen Kompetenzentwicklung der Studierenden sowie ihre Reflexionsfähigkeit fördern und unterstützen.

Der Nutzen der ePortfolio-Arbeit beim Übergang von Universität in die Berufswelt zeigte sich in Gesprächen mit Unternehmen bzw. deren Personalverantwortlichen im Rahmen eines Studierendenprojekts. Positive Statements zum ePortfolio-Einsatz betrafen hierbei in erster Linie die gesteigerte Qualität von Bewerbungen und die Tatsache, dass eine intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Kompetenzen und der Persönlichkeit sehr gut auf ein Bewerbungsgespräch vorbereitet. Die Beilage eines ausgearbeiteten ePortfolios zur Bewerbung wurde aufgrund des großen Umfangs der resultierenden Bewerbungsunterlagen und wegen ethischer Bedenken (Privatsphäre) teilweise kritisch beurteilt. Auch hier scheinen die Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen eines Präsentationsportfolios nicht immer bewusst zu sein.

Die Erfahrungen aus den ersten drei Semestern ePortfolio-Arbeit zeigen deutlich, dass das externe Coaching und die komplette Trennung von der Leistungsbeurteilung unverzichtbar sind und dies für die Studierenden transparent gemacht werden muss. Es zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen Kompetenzentwicklungs- und Präsentationsportfolio noch genauer mit den Studierenden zu erarbeiten sind. Zudem bedarf es auch noch vieler Bemühungen, um die Studierenden zu einer nachhaltigen Nutzung des ePortfolios anzuregen, respektive deren intrinsische Motivation extrinsisch zu unterstützen. Dieses Hinführen zum lebenslangen Lernen und zur Reflexion darüber kann natürlich nicht nur in eigenen ausgewählten Lehrveranstaltungen mit strukturell verankerter ePortfolio-Arbeit erfolgen. Zusätzlich gilt es, insbesondere die persönlichen Vorteile bzw. den Nutzen der Arbeit am ePortfolio über das ganze Studium hindurch sowie auch darüber hinaus für die Studierenden darzustellen, sodass sie aus eigenem Interesse und durch eigene Motivation laufend und freiwillig am ePortfolio weiterarbeiten (vgl. STOCK 2010, 15).

Das Coaching und die Institutionalisierung der ePortfolio-Begleitung im Rahmen des Masterstudiums Wirtschaftspädagogik am Standort Graz müssen dahingehend noch ergänzt bzw. verändert werden, dass es gelingt, nicht nur den Marktwert sondern auch den persönlichen Nutzen für das Leben und die Lust am Sich-Selbst-Kennenlernen für die Studierenden herauszuarbeiten. Es gilt auch, den Studierenden verstärkt den MultiplikatorInneneffekt für das zukünftige Berufsfeld Schule zu verdeutlichen.

Literatur

AKADEMIE (2010): Akademie für Neue Medien und Wissenstransfer an der Karl-Franzens-Universität Graz. Online: http://akademie.uni-graz.at  (27-04-2011).

ARNOLD, R. (2001): Kompetenz. In: ARNOLD, R./ NOLDA, S./ NUISSL, E. (Hrsg.): Wörterbuch Erwachsenenpädagogik. Bad Heilbrunn, 176.

ARNOLD, R. (o.J.): Didaktik der Lehrerbildung. Das Konzept der reflexiven pädagogischen Professionalisierung. Ausgabe 5. Online: http://www.uni-kl.de/paedagogik/Texte/gew05_5.pdf  (27-04-2011).

BAUMGARTNER, P./ HIMPSL, K./ ZAUCHNER, S. (2009): Einsatz von E-Portfolios an (österreichischen) Hochschulen: Zusammenfassung – Teil I des BMWF-Abschlussberichts „E-Portfolio an Hochschulen“. GZ 51.700/0064-VII/10/2006. Online: www.peter.baumgartner.name/schriften/publications-de/e-portfolio-bericht-zusammenfassung  (27-04-2011).

BELGRAD, S./ BURKE, K./ FOGARTY, R. (2008): The portfolio connection: student work linked to standards. Thousand Oaks, California.

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Zitieren dieses Beitrages

STOCK, M./ RIEBENBAUER, E. (2011): Uni-Abschluss! Was nun? Übergang zwischen Universität und Arbeitswelt im Kontext der Kompetenzentwicklung und des lebenslangen Lernens unterstützt durch ePortfolio-Arbeit. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Kurzvorträge, hrsg. v. EBBINGHAUS, M., 1-16. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/kv/stock_riebenbauer_kv-ht2011.pdf (26-09-2011).



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