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bwp@ Ausgabe Nr. 22 | Juni 2012
Funktionen und Erträge pädagogischer Diagnostik im wirtschafts- und berufspädagogischen Bereich
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 22 sind Tade Tramm, Susan Seeber & H.-Hugo Kremer

Diagnostik „funktionaler Lesekompetenz“

Beitrag von Birgit ZIEGLER, Aileen BALKENHOL (TU Darmstadt), Christina KEIMES & Volker REXING (RWTH Aachen)


Abstract

Testinstrumente zur Erfassung von Lesefähigkeiten in beruflichen Anforderungskontexten sind noch immer kaum verfügbar (REDDER/ ¬SCHWIPPERT/ HASSELHORN et al. 2010). Doch was begründet die Entwicklung spezifischer Instrumente für den beruflichen Kontext? Mit dem Modell der „funktionalen Lesekompetenz“ soll dies systematisch herausgearbeitet und untersucht werden. Neben fachsprachlichen und textlichen Spezifika sind insbesondere die Leseanlässe in beruflichen Handlungsfeldern häufig andere als im schulischen Lernkontext (KEIMES/ REXING /ZIEGLER 2011; KEIMES/ REXING 2011). So wird in beruflichen Kontexten weniger mit dem primären Ziel gelesen, neue Inhalte zu lernen, sondern überwiegend „funktional“, das heißt zur Bewältigung einer beruflichen Aufgabe. Dies hat Auswirkungen auf die Textrezeption. Zum einen werden beim Lesen mit Handlungsabsicht andere Informationen im Text fokussiert als beim Lesen mit Lernabsicht (SCHMALHOFER/ GLAVANOV 1986; SCHNOTZ/ DUTKE 2004). Zum anderen müssen beim Lesen mit Handlungsabsicht häufig funktions- und strukturanaloge Repräsentationen des Textinhalts erzeugt werden. Um es mit den Worten von SCHNOTZ (2006a) auszudrücken: der Lesende muss nicht nur den Textinhalt verstehen, sondern auch eine Vorstellung vom Gelesenen entwickeln, um es in eine Handlung umsetzen zu können. Im Beitrag wird zunächst die Notwendigkeit eines Modells „funktionaler Lesekompetenz“ über den strukturellen Vergleich zum Lesen im Lernkontext („studierendes Lesen“) begründet. Daran anschließend werden konzeptionelle Überlegungen zum Testinstrument und zur Itemkonstruktion erläutert. Die Entwicklung eines Instruments zur Diagnostik funktionaler Lesekompetenz erfolgt im Rahmen des BMBF-Programms „Technologieorientierte Kompetenzmessung in der beruflichen Bildung“ (ASCOT).


The diagnosis of “functional reading competence”

Test instruments to capture reading abilities in demanding vocational contexts are still hardly available at all (REDDER/ ¬SCHWIPPERT/ HASSELHORN et al. 2010). However, what are the reasons for the development of specific instruments for the vocational context? This question will be systematically elaborated and examined using the model of “functional reading competence”. Alongside specific technical language and texts, it is the requirements to read in vocational fields of action which are, in particular, often different from the school-based context (KEIMES/ REXING /ZIEGLER 2011; KEIMES/ REXING 2011). For example, in vocational contexts reading takes place less with the primary goal of learning new content, and rather in a predominantly “functional” way, which means in order to complete a vocational task. This has consequences for the reception of the text. On the one hand, when reading with the intention of taking action, different items of information are focused upon in the text, compared with reading with the intention to learn (SCHMALHOFER/ GLAVANOV 1986; SCHNOTZ/ DUTKE 2004). On the other hand, when reading with the intention to take action, often functional and structural analogue representations of the content of the text are produced. To express it in the words of SCHNOTZ (2006a): the reader must not only understand the content of the text, but also develop an idea of what has been read in order to translate it into an action. In this paper, first of all, the necessity of a model of “functional reading competence”, from the structural comparison to reading in the learning context (“studying and reading”), is justified. Following this, conceptual reflections upon the test instrument and the construction of the items are explained. The development of an instrument for the diagnosis of functional reading competence is taking place in the context of the BMBF programme “Technology-oriented measurement of competences in vocational education” (ASCOT).

 

1 Problemhintergrund

Erfahrungen aus mehreren Interventionsprojekten zur Förderung von Lesekompetenz an beruflichen Schulen sowie gezielte Befragungen von Auszubildenden und Ausbildern zeigen, dass im betrieblichen Kontext sowie auch im Alltag in der Regel anders gelesen wird als im Schulkontext. In ausgewählten gewerblich-technischen Berufen scheint Lesen im betrieblichen Ausbildungskontext für die Bewältigung beruflicher Anforderungssituationen nicht zwingend notwendig zu sein. Im Betrieb verortete Lehr-Lernprozesse sind wenig textintensiv, vielmehr erfolgen diese primär über Partizipation, Modelllernen bzw. mündlich kommunizierte Anweisungen (KEIMES/ REXING/ ZIEGLER 2011). Doch selbst für originär handwerkliche Berufe im Berufsfeld Bautechnik zeigt sich mit zunehmender Verantwortung eine steigende Anzahl von Leseanlässen und damit auch wachsende Bedeutung von Lesekompetenz bei der Bewältigung beruflicher Anforderungen (KEIMES/ REXING 2011).

Allerdings erweist es sich vor dem Hintergrund der sich zumindest in einigen gewerblich-technischen Berufen abzeichnenden betrieblichen Ausbildungsrealität als schwierig, Schülerinnen und Schülern im Unterricht an beruflichen Schulen die Relevanz des Lesens zu verdeutlichen und sie für die Nutzung von Lesestrategien zu sensibilisieren. Viele können zwischen den Leseanforderungen im beruflichen Alltag und den Herangehensweisen, die empfohlen werden, um selbstreguliert aus Texten zu lernen, keine Entsprechung erkennen. Demzufolge ist die Bereitschaft eher gering, sich in einem mühevollen Prozess strategische Lesefertigkeiten anzueignen (ZIEGLER/ GSCHWENDTNER 2010; NORWIG et al. 2012).

Lesen im alltäglichen und beruflichen Handlungskontext wurde bislang kaum erforscht. Die angewandte Leseforschung und die Textverständlichkeitsforschung orientieren sich vor allem am Lesen im Lernkontext. Dabei wurden Voraussetzungen und Prozesse des Lesens überwiegend zu didaktischen Texten bzw. Lerntexten untersucht, weitgehend unberücksichtigt blieb das Lesen von Instruktionstexten (CHRISTMANN/ GROEBEN 2002; OECD 2009). Auch Interventionsansätze zur Förderung der Lesekompetenz sind eher auf das Lesen im Lernkontext abgestimmt (ARTELT et al. 2007). Die Vermittlung von Lesestrategien zielt in der Regel auf selbstreguliertes Lernen, das vormals eher im Studium relevant wurde (CHRISTMANN/ GROEBEN 1999). Konzepte zur Lesestrategieförderung im berufsbildenden Kontext knüpfen überwiegend an diese Intentionen an. Denkbar ist daher, dass sie den spezifischen Anforderungen „funktionaler Lesekompetenz“ nicht ausreichend Rechnung tragen können (ZIEGLER/ GSCHWENDTNER 2010; REXING/ KEIMES 2012).

In Bezug auf die Diagnostik von Lesefähigkeiten verhält es sich ähnlich; die meisten Testinstrumente beziehen sich auf den Lernkontext, zudem wurden sie primär für die Erfassung von Lesefähigkeiten im Grundschulbereich und in der Sekundarstufe I konzipiert. Auch die im Rahmen von PISA entwickelten Instrumente haben erklärtermaßen vor allem das Lesen, um zu lernen, im Blick (NAUMANN et al. 2010). Testinstrumente, die Lesefähigkeiten in beruflichen Anforderungskontexten abbilden, gibt es bislang kaum (REDDER/ SCHWIPPERT/ HASSELHORN et al. 2010). Der von DROMMLER et al. (2006/2007) entwickelte Lesetest für Berufsschüler/innen (LTB-3) berücksichtigt den beruflichen Kontext in erster Linie bei der Textauswahl, weniger hinsichtlich der Leseintention (zur Analyse dieses Tests siehe JORDAN 2011).

Dass sich Lesen im Lernkontext vom Lesen im beruflichen Handlungskontext sowie im Alltag unterscheidet, scheint dagegen nicht strittig. Zum Beispiel nimmt der 1994 in sieben OECD Ländern, darunter auch Deutschland, durchgeführte International Adult Literacy Survey (IALS) das alltägliche Lesen Erwachsener in den Blick. Untersucht wurden im Einzelnen drei Fähigkeitsbereiche: Prose-Literacay als die Fähigkeit, Prosatexte (z. B. Zeitungsartikel, Verbraucherhinweise etc.) zu verstehen, Document-Literacy als Fähigkeit, in schematischen Darstellungen enthaltene Informationen zu entnehmen, sowie Numeracy-Literacy als Fähigkeit, grundlegende Rechenanforderungen im Alltag zu bewältigen und die dazu notwendigen Informationen aus schriftlichen Materialen zu ermitteln (OECD 1995; LEHMANN/ PEEK 1996; NOTTER/ BONERAD/ STOLL 1999). Literacy wird hier sowie in den Folgestudien ALL (Adult Literacy and Life Skills Survey 2003; 2006) verstanden als „particular capacity and mode of behavior: the ability to understand and employ printed information in daily activities, at home, at work, and in the community – to achieve one’s goals and to develop knowledge and potential” (OECD 2009, 6).

Für PIAAC (Programme for  the International Assessment of Adult Compencies) wurde das Literacy-Verständnis auf die allgemeine Befähigung zur gesellschaftlichen Partizipation erweitert und es werden auch narrative Texte in den Aufgabenkorpus integriert (OECD 2009). Der konzeptionelle Rahmen zur Erfassung von Lesekompetenz im PISA (KLIEME et al. 2010) und im PIAAC (OECD 2009) stimmen weitgehend überein.

Ungeklärt ist aber noch immer, ob es sich beim Lesen im Lernkontext und beim Lesen im alltäglichen und beruflichen Handlungskontext um zwei abgrenzbare Fähigkeitsbereiche bzw. Facetten der Lesekompetenz handelt. Die Klärung dieser Frage ist auch unter einer Entwicklungsperspektive bedeutsam. So wurde festgestellt, dass sich Lesefähigkeiten in der beruflichen Ausbildung kaum verbessern (LEHMANN/ SEEBER/ HUNGER 2006; SEEBER 2007a, b; ZIEGLER/ GSCHWENDTNER 2010). Denkbar wäre aber, dass sich Lesefähigkeiten im Laufe einer beruflichen Ausbildung verändern, funktionale Lesefähigkeiten zunehmen, während das Lesen im Lernkontext für Auszubildende an Bedeutung verliert. So wurden zum Beispiel in ULME III  (Untersuchungen von Leistungen, Motivation und Einstellungen der Schülerinnen und Schüler in den Abschlussklassen der Berufsschulen) bei einigen Berufsgruppen, wie z. B. Anlagenmechaniker/in, Fachinformatiker/in, Fluggerätemechaniker/in, am Ende der Ausbildung signifikant geringere Werte zu lesestrategischen Fähigkeiten gemessen als zu deren Beginn (SEEBER 2007a). Differenziert untersuchen lassen sich solche Entwicklungen im Verlauf der Ausbildung aber nur im Längsschnitt. Dazu bedarf es geeigneter Instrumente, die beide Anforderungsbereiche reliabel und valide abbilden.

Der vorliegende Beitrag zielt auf erste Schritte in diesem Unterfangen. Zunächst sollen strukturelle Unterschiede zwischen dem Lesen im Lernkontext und dem Lesen im beruflichen Handlungskontext herausgearbeitet werden. Daran anschließend wird ein konzeptioneller Rahmen zur Erfassung der Lesekompetenz im beruflichen Handlungskontext vorgestellt. Ausgehend von einem kognitiven Prozessmodell wird das Vorgehen bei der Erfassung funktionaler Lesekompetenz im Rahmen des BMBF-Programms „Technologie-orientierte Kompetenzmessung in der beruflichen Bildung“ (ASCOT) erläutert.

Der Begriff der „funktionalen Lesekompetenz“ wird als Arbeitsbegriff für das Lesen im beruflichen oder auch alltäglichen Handlungskontext gewählt. Die Begriffswahl basiert auf der Annahme, dass Lesen vor allem im beruflichen Handlungskontext primär funktional erfolgt, um notwendige Informationen zur Bewältigung von beruflichen Aufgaben bzw. beruflichen Problemen zu beschaffen. Dem Begriff des „funktionalen Lesens“ wird der Begriff des „studierenden Lesens“ für das Lesen im Lernkontext gegenübergestellt.

2 „Studierendes Lesen“ versus „funktionales Lesen“

Mit Blick auf die mediale Vielfalt, in der Informationen heutzutage dargeboten werden, hat sich ein erweitertes Verständnis von Lesen bzw. Lesekompetenz durchgesetzt. Lesekompetenz meint die Fähigkeit, multiple Darstellungen in schriftlichen Dokumenten, die Texte, Bilder, Diagramme, Tabellen oder andere Arten externer Repräsentationen enthalten können, zu verstehen und zu nutzen (z. B. OECD 1995; ARTELT et al. 2001; SCHNOTZ/ DUTKE 2004; OECD 2009).

Die Kognitionsforschung zum Lesen geht von der Annahme aus, dass Individuen sowohl beim Textverstehen als auch beim Bild- und Diagrammverstehen multiple mentale Repräsentationen bilden. Repräsentationen sind Ereignisse oder Objekte, die für etwas anderes stehen, quasi einen Sachverhalt repräsentieren. Schriftliche Dokumente sind externe Repräsentationen, die beim Lesen in interne bzw. mentale Repräsentationen transferiert werden (SCHNOTZ/ DUTKE 2004). Je nach den zugrundeliegenden kognitiven Verarbeitungsprozessen und inhaltlichen Merkmalen der Repräsentation werden fünf mentale Repräsentationsebenen unterschieden. Eine Repräsentation der Textoberfläche bzw. eine perzeptuelle Repräsentation des Bildes bzw. Diagramms (1), eine propositionale Repräsentation des semantischen Gehalts des Textes bzw. des Bildes/Diagramms (2), ein mentales Modell des in schriftlichen Dokumenten repräsentierten Sachverhalts (3), eine Repräsentation der Kommunikationsabsicht von Text oder/und Bild/Diagramm (4) und schließlich eine Repräsentation des Textgenres oder/und Bild-/Diagrammgenres (5) (SCHNOTZ/ DUTKE 2004; SCHNOTZ 2006a).

Die Repräsentationsebenen spiegeln je spezifische „Verstehensqualitäten“ wider. So besteht beispielsweise Konsens darüber, dass die propositionale Repräsentation eines Textes ein Verstehen dessen, was im Text gesagt wird, ermöglicht, aber eine von der Textbasis gelöste Vorstellung zum im Text repräsentierten Sachverhalt erst auf Basis eines mentalen Modells möglich ist (SCHNOTZ 2006 a, b). Zudem wird angenommen, dass die Konstruktion der propositionalen Textbasis einen geringeren Verarbeitungsaufwand erfordert. Da viel von der Struktur des Textes bewahrt wird, eignet sie sich für das Speichern vager und schwer verständlicher Informationen und für die Wiedergabe der entsprechenden Sinngehalte. Vom mentalen Modell wird angenommen, dass es einen höheren Verarbeitungsaufwand erfordert, sich aber besonders für Inferenzen eignet (SCHNOTZ/ DUTKE 2004).

Will man Lesen kontextbezogen typisieren und kontrastieren, geht dies immer auch auf Kosten differentieller Besonderheiten. So dürfte der Anspruch, Leseanforderungen im beruflichen Kontext abbilden zu wollen, angesichts der Variationen beruflicher Handlungskontexte als äußerst ambitioniert erscheinen. Allein die domänenspezifischen Differenzen zwischen kaufmännisch-verwaltenden und produzierenden oder gar körper- und gesundheitspflegerischen Tätigkeiten sind erheblich. Zusätzlich beeinflussen branchenspezifische, betriebliche und arbeitsorganisationsbezogene Faktoren die Leseanforderungen im Berufsfeld erheblich. Zu einer gewissen Homogenisierung trägt lediglich die Einschränkung auf berufliche Handlungskontexte bei, die primär mit nicht-akademischen Berufen erschlossen werden. Auch „Lesen im Lernkontext“ stellt keinen homogenen Anforderungsbereich dar. Um strukturelle Unterschiede hervorzuheben, scheint uns eine Kontrastierung dennoch sinnvoll (vgl. Tab. 1).

Tabelle 1:        Merkmale von „studierendem“ und „funktionalem“ Lesen

„Studierendes“ Lesen

„Funktionales“ Lesen

Lesen im Lernkontext

Lesen im alltäglichen u. beruflichen Handlungskontext

Lesen mit Lernintention

Lesen mit Handlungsintention

umfassendes Erschließen von eher unbekannten Lerngegenständen/Themen

zielgerichtete Informationssuche zu eher vertrauten Sachverhalten

didaktische Texte

Gebrauchstexte

zentrale Funktion: Behalten

zentrale Funktion: Umsetzen

ohne Handlungsdruck

eher unter Handlungsdruck

Verarbeitungstiefe abhängig von individuellen Lernzielen

mentale Modellierung der Handlung erforderlich


Per Definition wird „studierendes Lesen“ als Lesen im Lernkontext verstanden. Im Lernkontext wird primär mit der Absicht gelesen, einen eher unbekannten Lerngegenstand zu erschließen, sich also umfangreiche Kenntnisse über den Lerninhalt zu erarbeiten und diese langfristig zu behalten. Da das Thema häufig erst durch Lesen erschlossen werden muss, kann weniger zielgerichtet gelesen werden. Eine zielorientierte Suche nach spezifischen Informationen ist nur möglich, wenn der Lesende über ein gewisses Strukturwissen zum Lerngegenstand verfügt und seine Kenntnisse ausdifferenzieren oder verdichten möchte. Beim Lesen, um zu lernen, besteht in der Regel weder Zeitdruck, noch müssen die Erkenntnisse unmittelbar auf den Handlungskontext übertragen werden. Zentrale Funktion des Lesens ist die Integration der hinzugewonnenen Erkenntnisse in bestehende Wissensstrukturen. Dabei steht eher das Behalten im Vordergrund. Lerngegenstände können sowohl sprach- und textspezifischen oder literarischen Inhalts sein als auch Themen zu Domänen außerhalb von Sprache und Literatur beinhalten. Dementsprechend werden häufig Texte gelesen, die nach didaktischen Kriterien verfasst bzw. ausgewählt wurden. Idealerweise zielt Lernen auf eine vertiefte Auseinandersetzung und den Aufbau eines mentalen Modells. Dies setzt jedoch insbesondere bei weitgehend unbekannten und abstrakten Lerngegenständen einen intensiven und motivierten Lernprozess voraus (z. B. SCHIEFELE 1996; SCHNOTZ/ DUTKE 2004). Während Deutschunterricht darauf zielt, auch den pragmatisch-kommunikativen Kontext eines Textes zu erschließen (Kommunikationsebene) sowie Texte nach Textfunktionen und Textsorten einschätzen zu können (Genreebene), lassen sich erfahrungsgemäß viele Lernanforderungen in anderen Domänen auf Basis einer propositionalen Repräsentation von Texteinhalten bewältigen, wie z. B. eine schriftliche Klausur bestehen oder eine Hausarbeit verfassen.

Als „funktionales Lesen“ wird das Lesen in alltäglichen und beruflichen Handlungskontexten bezeichnet. Hier wird, klammert man Lesen als Freizeitvergnügen aus, vor allem mit Handlungsintention gelesen. Dabei kann es sich um Leseanforderungen im Rahmen alltäglicher beruflicher Routinen handeln, wie z. B. beim Vergleich von Kaufangeboten im Warenverkehr oder beim Erledigen des täglichen Schriftverkehrs in der Verwaltung, oder es müssen problemhaltige Aufgaben bewältigt und die dazu erforderlichen Informationen beschafft werden, wie z. B. zur Klärung spezifischer Verfahrensfragen, um ein neues Gerät einzubauen oder in Betrieb zu nehmen, um Fehler zu finden, die den Betriebsablauf stören, oder um neue Bestimmungen und Vorgaben in den Handlungsabläufen zu berücksichtigen. Viele Leseanforderungen, die in beruflichen Handlungskontexten zu bewältigen sind, fallen in ihrer Grundstruktur auch im Alltag an. Eine wesentliche Gemeinsamkeit besteht im zielgerichteten Lesen. Es geht um das Auffinden von spezifischen Informationen, die aktuell notwendig sind, um eine angestrebte Handlung ausführen zu können. Dabei handelt es sich eher um vertraute Sachverhalte der beruflichen Domäne, zentrale Funktion des Lesens ist die Umsetzung der Informationen. Da fehlende Informationen nicht selten über mündliche Kommunikation ermittelt werden können, wird häufig erst beim Fehlen entsprechender Informationsquellen zu schriftlichen Informationsträgern gegriffen. Daher besteht meist ein gewisser Handlungsdruck. Gelesen werden Textformate des alltäglichen Gebrauchs, wie z. B. Instruktionstexte, Informations- und Beipackzettel, Bestimmungen, Tabellen, Listen, Grafiken etc. Zudem gibt es in jedem Berufsfeld spezifische schriftliche Informationsquellen, deren Nutzung beherrscht werden muss. So zeigen exemplarische Untersuchungen im Berufsfeld Bautechnik die herausgehobene Bedeutung von Zeichnungen bei der Bewältigung beruflicher Anforderungssituationen. Darüber hinaus werden als weiteres domänenspezifisches Textmaterial z. B. Leistungsverzeichnisse und gesetzliche Vorschriften genannt (KEIMES/ REXING 2011).

Um schriftlich dargebotene Informationen in eine Handlung umsetzen zu können, ist deren Integration in ein mentales Modell notwendig, das heißt, der Lesende muss eine konkrete Vorstellung darüber entwickeln, was zu tun ist, bzw. bestehende Vorstellungen mit den gesuchten Informationen anreichern und ggf. korrigieren (z. B. VAN DIJK/ KINTSCH 1983; KINTSCH 1998; SCHMALHOFER/ GLAVANOV 1986; SCHNOTZ/ DUTKE 2004; SCHNOTZ 2006 b; 2011). Im Handlungskontext dürften daher die Anforderungen an eine aktive Informationsverarbeitung höher sein als bei vielen Leseanforderungen im Lernkontext, wobei allerdings angenommen wird, dass die zu verarbeitenden Inhalte im alltäglichen beruflichen Handlungskontext eher vertraut und weniger abstrakt sind als beim Lernen.

Die nachfolgenden konzeptionellen Überlegungen beschränken sich auf die Erfassung funktionaler Lesefähigkeiten. Damit soll aber keinesfalls zum Ausdruck gebracht werden, dass dem studierenden Lesen im Kontext beruflicher Bildung eine nachrangige Bedeutung zugeschrieben wird. Eine Befähigung zum selbstregulierten Lernen aus Texten betrachten wir als elementare Komponente des beruflichen Bildungsauftrags, deren Bedeutung künftig eher weiter zu- als abnehmen wird. Wie jedoch die Förderung von Lesefähigkeiten wirksam in den berufsschulischen Unterricht integriert werden kann, ist nach wie vor eine offene Frage (ZIEGLER/ GSCHWENDTNER 2010; NORWIG et al. 2012).

Die Fokussierung auf funktionales Lesen erfolgt aus pragmatischen Überlegungen. Erstens besteht vor allem zum funktionalen Lesen ein Mangel an geeigneten Instrumenten. Zweitens soll ein Instrument zur Erfassung von Lesefähigkeiten im Rahmen der ASCOT-Forschungsinitiative (www.ascot-vet.net) entwickelt werden. Dieses Programm wurde vom BMBF mit dem Ziel aufgelegt, Messinstrumente zur technologiebasierten Erfassung beruflicher Kompetenzen in ausgewählten Berufsfeldern am Ende der Ausbildung zu entwickeln. Kompetenzausprägungen im Bereich der Basiskompetenzen (mathematische, naturwissenschaftliche Kompetenz sowie Lesekompetenz) dienen lediglich als Erklärungsvariablen. Demzufolge ist die Testzeit für diese Basiskompetenzen selbst bei der Wahl eines adaptiven Testverfahrens sehr begrenzt. Daher scheint uns die Überlegung zielführender, Lesekompetenz nicht umfassend, sondern vielmehr bezogen auf authentische berufliche Anforderungskontexte zu erheben. Damit hoffen wir, auch dem Problem der nachlassenden Testmotivation bei den zweifelsohne erheblichen Testanforderungen, die den Auszubildenden im Rahmen des ASCOT-Programms zugemutet werden, etwas entgegenzuwirken. Darüber hinaus bedarf es drittens auch für die Entwicklung von Fördermaßnahmen einer differentiellen Diagnostik (MATTHES 2009) und entsprechend  geeigneter Instrumente, die bislang fehlen.

3 Konzeptioneller Rahmen zur Erfassung funktionaler Lesekompetenz[1]

Lesen erfolgt in der Interaktion zwischen Leser und Text, wobei gemäß des erweiterten Verständnisses von Lesen unter dem Begriff „Text“ allgemein schriftliche Dokumente subsummiert werden, die Texte, Bilder, Diagramme, Tabellen oder andere Arten von Darstellungsformaten enthalten können. Beim Lesen bemüht sich die lesende Person, eine interne Repräsentation des extern dargebotenen Inhalts aufzubauen. Mentale Repräsentationen lassen sich nach den zugrundeliegenden Verarbeitungsprozessen und der Qualität des möglichen „Textverständnisses“ charakterisieren (z. B. SCHNOTZ/ DUTKE 2004; SCHNOTZ et al. 2011).

Um Leseanforderungen zu gestalten, sind beide am Interaktionsprozess beteiligte Seiten zu berücksichtigen: die Dokumentenseite und die Rezipientenseite. Rezipientenseitig können kognitive Verarbeitungsprozesse insbesondere über die Gestaltung der Leseaufgabe oder der Vorgabe eines Leseziels induziert werden. So verwenden beispielsweise Studierende, die mit der Vorgabe lesen, später einen Text über eine Programmiersprache schriftlich zusammenfassen zu müssen, mehr Zeit auf das Lesen makrostruktureller Hinweise und erinnern mehr propositionale Informationen als Studierende, die mit der Instruktion lesen, später selbst eine Programmieraufgabe lösen zu müssen. Letztere lesen insgesamt schneller und erinnern auch mehr situationale Informationen (SCHMALHOFER/ GLAVANOV 1986). Über die Auswahl der Dokumente kann auf der anderen Seite ein gewisses Spektrum von Leseanforderungen abgebildet werden.

Gedruckte und geschriebene Dokumente bzw. Texte i. w. S. werden nach Funktionen bzw. Zielen und Zwecken und nach Textformaten kategorisiert (KIRSCH 1999; KLIEME et al. 2010). Berücksichtigt man die mediale Präsentationsform von Texten, kann zudem zwischen gedruckten und digitalen Texten unterschieden werden. Als Kriterium einer solchen Differenzierung in digital oder gedruckt wird in erster Linie das Vorhandensein zusätzlicher Features von am Bildschirm präsentierten Texten, wie z. B. das Einblenden von Kommentaren, Funktionen wie Scrollen oder die Nutzung von Links etc., herangezogen (OECD 2009). Aufgrund technischer Begrenzungen können digitale Dokumente beim aktuellen Vorhaben zur Erfassung funktionaler Lesefähigkeiten nicht berücksichtigt werden.

Ausgehend von der zentralen Textfunktion fassen CHRISTMANN/ GROEBEN (2002, 150) drei übergeordnete Kategorien von Texten zusammen: a) didaktische Texte oder Lehrtexte, b) Persuasionstexte und c) Instruktionstexte. In den von der OECD durchgeführten Large Scale Assessments (PISA, PIAAC) werden die Textsorten nach den Funktionen Beschreibung, Erzählung, Darlegung, Argumentation, Anleitung und Transaktion bzw. Austausch von Informationen unterschieden (OECD 2009; KLIEME et al. 2010).

Entsprechend dem Darstellungsformat werden kontinuierliche und nicht-kontinuierliche Textformate gegeneinander abgegrenzt. Als „kontinuierlich“ werden Texte bezeichnet, die aus vollständigen Sätzen bestehen und in thematisch kohärenten Abschnitten gegliedert sind. Sie können auch, wie z. B. bei Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln oder auch bei didaktischen Texten üblich, typographische Elemente enthalten, wie z. B. Einrückungen und Überschriften, die Hinweise auf die Organisation des Textes geben. Eine ausgeprägte, thematisch inkohärente Struktur ist dagegen ein zentrales Merkmal nicht-kontinuierlicher Texte. Sie enthalten häufig lediglich Wörter und Phrasen, die in irgendeiner spezifischen Art angeordnet sind. Darunter fallen zum Beispiel Listen bzw. Tabellen, Graphen, Schaubilder und Diagramme, aber auch Formulare. Beim PIAAC werden Mischformate als dritte Kategorie sowie viertens multiple Texte zusammengefasst (OECD 2009, SCHNOTZ 2006b).

SCHNOTZ und BANNERT (2003) bzw. SCHNOTZ und DUTKE (2004) unterteilen aus kognitionstheoretischer Perspektive jegliche Art von Repräsentationen nach ihrer Codierung bzw. nach den verwendeten Zeichensystemen. In Anlehnung an PEIRCE (1906) unterscheiden sie zwischen Symbolzeichen und ikonischen Zeichen. Symbolzeichen besitzen eine arbiträre Struktur und sind mit dem Bezeichneten lediglich durch eine Konvention verknüpft. Ikonische Zeichen weisen eine Beziehung zum Gegenstand auf, die durch Ähnlichkeit (konkrete Form der Ikonizität, wie z. B. bei Bildern, Zeichnungen) oder abstraktere strukturelle Gemeinsamkeiten (logische Ikonizität, wie z. B. bei Diagrammen) gekennzeichnet ist.

Dementsprechend werden zwei Grundformate von Repräsentationen unterschieden: deskriptionale und depiktionale Repräsentationen. Bei deskriptionalen Repräsentationsformaten handelt es sich um Texte im engeren Sinn; sie repräsentieren den Textinhalt in sprachlich codierter Form (Symbolzeichen), der Verstehensprozess erfordert eine Analyse der Symbolstrukturen. Depiktionale Repräsentationsformate bestehen aus ikonischen Zeichen. Die mentale Verarbeitung depiktionaler Repräsentationen erfolgt über die Abbildung analoger Strukturen (SCHNOTZ/ BANNERT 2003; SCHNOTZ/ DUTKE 2004).

Trotz der unterschiedlichen Klassifikationskriterien zu Textformaten gibt es Gemeinsamkeiten. Kontinuierliche Textformate können gleichermaßen als deskriptionale Repräsentationen aufgefasst werden. Nicht-kontinuierliche Texte entsprechen zum Teil depiktionalen Repräsentationsformaten. Unklar bleibt lediglich die Zuordnung ausschließlich sprachlich verfasster Texte, die aufgrund ihrer explizit typographischen Struktur als nicht-kontinuierliche Texte gelten, wie z. B. Listen, Formulare und Stellenanzeigen, aber auch nicht als depiktional im eigentlichen Sinne eingestuft werden können.

Betrachtet man die im Alltag oder im beruflichen Kontext gängigen Informationsträger, ist eher von Mischformen auszugehen. Für das geplante Instrument unterscheiden wir daher drei Gruppen von Repräsentationsformaten: zum einen deskriptionale Repräsentationen, die ein kontinuierliches Darstellungsformat aufweisen und daher auch als kontinuierliche Texte bezeichnet werden, und zum anderen depiktionale Repräsentationsformate, die ausschließlich ikonische Repräsentationen enthalten, und schließlich gemischte Formate.

Im Hinblick auf die Gestaltung der Leseanforderungen in Testitems werden in den aktuellen LSA-Studien der OECD (PISA, PIAAC) drei „Aspekte des Lesens“ unterschieden: Identifizieren und Extrahieren, Integrieren und Interpretieren sowie Reflektieren und Bewerten (ARTELT et al. 2001; NAUMANN et al. 2010; OECD 2009). Bei genauer Betrachtung stehen diese Aspekte für textbezogene Lesefunktionen, die auch Unterschiede in Bezug auf kognitive Verarbeitungsprozesse aufweisen.

Aufgaben unter dem Aspekt des Identifizierens und Extrahierens sowie des Integrierens und Interpretierens erfordern textimmanente Verstehensleistungen. Die erforderlichen Informationen können weitgehend aus den zur Verfügung gestellten Repräsentationsformaten entnommen werden. Reflektieren und Bewerten erfordert dagegen überwiegend wissensbasierte Verstehensleistungen. Hier wird vom Lesenden verlangt, dass er den Text mit eigenen Wissensbeständen, Erfahrungen und Ideen in Beziehung setzen kann (ARTELT et al. 2001; NAUMANN et al. 2010; OECD 2009).

Die sogenannten „Aspekte des Lesens“ orientieren sich sehr stark an den Gegenständen schulischen Lernens. So müssen zur Lösung von Aufgaben im Bereich des Reflektierens und Bewertens häufig mentale Repräsentationen der Kommunikationsabsicht der schriftlichen Dokumente (Kommunikationsebene) oder des Genres (Genreebene) aufgebaut werden (SCHNOTZ/ DUTKE 2004). Dagegen erfordern Aufgaben im Bereich des Integrierens und Interpretierens eher ein textanalytisches Vorgehen, indem grundlegende Beziehungsstrukturen zwischen Textteilen, wie z. B. rhetorische Relationen, erkannt werden, was vor allem die Repräsentation der Textbasis voraussetzt (OECD 2009). Dementsprechend erweist sich die Subskala Reflektieren und Bewerten gegenüber den anderen Skalen als komplexer. Die Fähigkeiten der Schüler/innen in Deutschland liegen hier signifikant unter den Leistungen auf den beiden anderen Skalen (NAUMANN et al. 2010).

Aufgaben aus dem Bereich „Identifizieren von Informationen“ werden auch als „Nutzungsaufgaben“ bezeichnet (OECD 2009), womit aber offensichtlich gemeint ist, dass der Text überwiegend genutzt wird, um Informationen zu gewinnen, wie z. B. einer Anzeige den Beginn eines Filmes im Kino oder einem Kuchenrezept die Mengenangabe für Mehl zu entnehmen. Die Schwierigkeit dieser Klasse von Aufgaben wird überwiegend dadurch gesteigert, dass die Informationen an eher ungewohnten Stellen im Text stehen (NAUMANN et al. 2010). Nutzung meint hier also eher die Nutzung eines Textes zum Zweck der Informationssuche und weniger, dass die Informationen unmittelbar zur Ausführung einer Handlung „genutzt“ werden sollen.

Im beruflichen Kontext scheint uns aber genau dieser Aspekt der Nutzung von Informationen relevant. Wir unterstellen, dass sehr häufig mit dem Ziel gelesen wird, Informationen so zu erschließen, dass sie in eine Handlung umgesetzt werden können. So muss, um beim obigen Beispiel zu bleiben, einem Kuchenrezept nicht nur die Menge an Mehl entnommen werden, sondern es müssen die im Rezept enthaltenen Anweisungen zur Erstellung des Kuchens umgesetzt werden. Für die bloße Entnahme der Mengenangabe zum Mehl dürfte eine Oberflächenrepräsentation des Textes ausreichen, während die Umsetzung des Rezepts den Aufbau eines mentalen Modell erfordert (SCHNOTZ et al. 2011). Dies dürfte einem Kuchenbäcker leicht fallen, wenn er bereits viel Erfahrung im Kuchenbacken gesammelt hat und bereits auf ein mentales Modells des Kuchenbackens zurückgreifen kann, in das die zusätzliche Information aus dem spezifischen Rezept lediglich integriert werden muss. Handelt es sich jedoch um den ersten Kuchen, der gebacken werden soll, geht die Leseanforderung weit über die bloße Identifikation von Informationen hinaus. Dennoch handelt es sich um eine textimmanente Verstehensleistung.

Die Leseanforderungen entsprechend der genannten „Aspekte des Lesens“ zu gestalten, scheint uns daher für die Erfassung funktionaler Lesefähigkeiten wenig kompatibel. Den Empfehlungen von SCHNOTZ und DUTKE (2004) folgend soll daher ein Modell des Text- und Bildverstehens als Taxonomie verwendet werden, um funktionale Leseanforderungen zu bestimmen und zu ordnen. Dafür sprechen auch empirische Befunde, wonach dimensionale Unterschiede in den Fähigkeitsausprägungen sich vor allem hinsichtlich kognitiver Anforderungsparameter zeigen (HUSFELDT 2001; SCHNOTZ et al. 2010). Wir orientieren uns jedoch nicht am erweiterten Modell des Text- und Bildverstehens von SCHNOTZ und DUTKE (2004, 76). Dieses um die Kommunikations- und Genreebene erweiterte Modell scheint uns für die Diagnostik funktionalen Lesens im beruflichen Kontext nicht erforderlich. Daher greifen wir als Grundlage auf die von SCHNOTZ und BANNERT (2003, 145) präsentierte Version zurück (siehe auch SCHNOTZ 2005; SCHNOTZ et al. 2011) (Abbildung 1).

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Abb. 1:    Kognitives Prozessmodell zur Modellierung funktionaler Leseanforderungen (angelehnt an SCHNOTZ und BANNERT 2003, 145)

Das Modell umfasst einen deskriptionalen und ein depiktionalen Repräsentationszweig mit den entsprechenden mentalen Repräsentationen, die sich hinsichtlich Beständigkeit und „Verstehensqualität“ unterscheiden. Repräsentationen der Textoberfläche bzw. visuelle Wahrnehmungen eines Bildes/Diagramms verbleiben im Arbeitsgedächtnis und sind eher flüchtig (SCHNOTZ 2005). Sie ermöglichen lediglich die Widergabe von Text- und Bilddetails, aber noch kein „Verstehen“ von im Text und Bild enthaltenen Bedeutungen. Propositionale Repräsentationen sind Ergebnis einer semantischen Analyse von Text oder Bild/Diagramm. Die propositionale Repräsentation eines Textes ist beständiger als die Textoberfläche, unterliegt jedoch gegenüber dem mentalen Modell einer höheren Vergessensrate (SCHMALHOFER/ GLAVANOV 1986). Propositionale Textrepräsentationen ermöglichen ein Verstehen des Textinhaltes, aber noch keine von der Textbasis gelöste Vorstellung zum Sachverhalt (SCHNOTZ 2006a, b). Propositionale Repräsentationen bildlicher Darstellungen spiegeln dagegen das Ergebnis einer konzeptgeleiteten Analyse wider, die parallel zur mentalen Modellkonstruktion erfolgt. Über Ablese- und Inspektionsprozesse werden dem mentalen Modell Informationen entnommen und in Form propositionaler mentaler Repräsentationen gespeichert (SCHNOTZ/ DUTKE 2004, 75).

Im Unterschied zum Textverstehen erfolgen die Verarbeitungsprozesse beim Bild- bzw. Diagrammverstehen zunächst primär über eine Strukturabbildung (analoge Verarbeitung) von der perzeptuellen Repräsentation zum mentalen Modell. Beim Textverstehen werden symbolische Verarbeitungsprozesse unterstellt, die von der Textoberfläche ausgehen und über eine propositionale Repräsentation der Textbasis verlaufen (SCHNOTZ/ DUTKE 2004). Die zum Verständnis eines Textes erforderlichen Verarbeitungsprozesse sind jedoch in hohem Maß vom Vorwissen abhängig. Die ursprüngliche Annahme, die mentale Modellbildung eines im Text repräsentierten Sachverhalts erfordere zunächst eine propositionale Repräsentation der Textbasis, gilt als überholt (z. B. ZWAAN 2004; ZWAAN/ MADDEN 2005; LEOPOLD 2009). Parallel und auch quer verlaufende Prozesse sind wahrscheinlicher. Entsprechend sind auch die gestrichelten Diagonalen im Modell zu interpretieren.

Rezeptive Verarbeitungsprozesse verlaufen, wie im Modell dargestellt, nicht nur in eine Richtung, also ausgehend von der externen Repräsentation zu multiplen mentalen Repräsentationen, sondern aus einem Bild bzw. Diagramm entnommene und mental modellierte Informationen weden in eine externe symbolische Repräsentation transformiert, in dem der Sachverhalt verbalisiert wird. Oder, umgekehrt, ein verbal-symbolisch repräsentierter Textinhalt wird über mentale Modellierungsprozesse in eine piktorale Darstellungsform transformiert und extern visualisiert. Ausgehend von diesen im Modell angedeuteten Prozessen sowie in Anlehnung an KIRSCH (1999) sollen mit dem Instrument drei Anforderungsklassen abgebildet werden: Identifizieren bzw. Lokalisieren, Integrieren und Generieren.

Identifizieren erfordert vom Lesenden lediglich das Erkennen von Bild- oder Textelementen. Dies dürfte bereits auf Grundlage einer Oberflächenrepräsentation des Textes bzw. der visuellen Wahrnehmung eines Bildes möglich sein. Die Anforderungshöhe kann über den Grad der Spezifizierung in der Aufgabe variiert werden. So ist beispielsweise eine Information in einem Text leichter zu identifizieren, wenn diese im Item explizit benannt wird. Muss dagegen ein zur Fragestellung synonymer Begriff im Text identifiziert werden, steigt damit der Anforderungsgehalt. Ähnlich dürften auch die Anforderungen sein, wenn zu einem verbalen Begriff die Entsprechung in einem Bild oder Diagramm identifiziert werden muss. Durch die Platzierung von Distraktoren im Dokument kann der Anforderungsgehalt beim Identifizieren weiter gesteigert werden (KIRSCH 1999).

Integrieren von Informationen erfordert dagegen, so die Annahme, mindestens propositionale Repräsentationen. Integrieren kann heißen, mindestens zwei Informationen, die innerhalb eines Textes verstreut sind, aufeinander zu beziehen und deren Bedeutungen integrativ zu verarbeiten. Ähnlich ist die Anforderung, wenn mehrere Informationen innerhalb einer depiktionalen Repräsentation integrativ zu einer Bedeutung verarbeitet bzw. einfache Relationen zwischen Bildinformationen hergestellt werden müssen. Integrieren wird zudem gefordert, wenn zwischen Text- und Bildinformationen Beziehungen hergestellt werden müssen. Eine Variation der Schwierigkeit innerhalb der Integrationsaufgaben erfolgt durch die Anzahl der zu integrierenden Informationen, durch die Stärke der Verbindung zwischen den Informationen und ebenfalls durch die Platzierung der Informationen sowie durch Informationsumfang und -dichte des Dokuments (KIRSCH 1999).

Aufgaben im Bereich des Generierens sollen so konstruiert werden, dass zur Bearbeitung eine mentale Modellbildung erforderlich ist. Dies soll bei der Aufgabenstellung über einen Wechsel des Repräsentationsformates erreicht werden. In kontinuierlichen Texten dargebotene Sachverhalte müssen dementsprechend in externe Visualisierungen transformiert werden, während Bild- bzw. Diagramminterpretationen verbalisiert werden müssen. Hier erfolgt eine Schwierigkeitsvariation in Bezug auf die Komplexität des mentalen Modells, was ebenfalls vom Informationsumfang und der -dichte des externen Repräsentationsformats abhängen dürfte.

Eine Herausforderung bei der Konstruktion von Items vor allem bezüglich der Transformation von verbal-symbolischen in ikonische Repräsentationen besteht aufgrund der geringeren repräsentativen Stärke ikonischer gegenüber symbolischen Repräsentationen. So können abstrakte und allgemeine Sachverhalte verbal beschrieben, aber in ihrer Allgemeinheit nur begrenzt ikonisch dargestellt werden. Ikonische Darstellungen sind dagegen konkreter und spezifischer, haben aber eine höhere Nutzungseffizienz, weil sie Inferenzen erleichtern (z. B. SCHNOTZ et al. 2011). Aufgrund dieser Unterschiede in der repräsentativen Stärke wird es nicht immer möglich sein, den vollständigen Informationsgehalt eines Textes zu visualisieren. Die externe Visualisierung kann also lediglich als ein Indikator dafür betrachtet werden, dass im Text repräsentierte Sachverhalte mental modelliert wurden.

Der zentralen Funktion des Lesens im beruflichen Handlungskontext soll durch die Aufgabenstellung Rechnung getragen werden. Dies bedeutet, dass das Leseziel, Informationen zu finden, um eine berufliche Handlung auszuführen, deutlich in der Aufgabenstellung betont wird.

4 Umsetzung des Konzepts – Itemauswahl und Itemkonstruktion

Mit dem geplanten Instrument sollen einerseits Lesefähigkeiten im beruflichen Kontext erfasst werden, andererseits soll das Instrument domänenübergreifend in allen am ASCOT-Programm beteiligten Projekten eingesetzt werden können. Eine Auswahl von domänenübergreifenden beruflichen Kontexten soll dazu beitragen, Einflussfaktoren, wie z. B. domänenspezifisches Wissen und domänenspezifische Fachsprache, möglichst gering zu halten. Dennoch sollen möglichst authentische Leseanforderungen abgebildet werden. Mit dem Ziel, eine gemeinsame Schnittmenge an beruflichen Leseanforderungen und Texten zu ermitteln, wurde zunächst eine Analyse der Rahmenlehrpläne und Ausbildungsordnungen der in die ASCOT-Studie einbezogenen Berufe durchgeführt. Basis dafür waren die Rahmenlehrpläne der Kultusministerkonferenz aus den Jahren 2002-2005, ferner die Lehrpläne (zur Erprobung) der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen und die verschiedenen Verordnungen über die Berufsausbildung aus den Jahren 2002-2007.

Generell unterscheiden sich hinsichtlich der Textsorten vor allem technische (Elektroniker für Automatisierungstechnik, KFZ-Mechatroniker u.a.) und nicht-technische Berufe (Industriekaufmann, Altenpfleger etc.). Der Unterschied beruht aber insbesondere auf der Häufigkeit des Vorkommens der verschiedenen Textsorten, nicht ihrem generellen Auftreten.

Folgende Kategorien kontinuierlicher Texte (JORDAN 2011, 34; KIRSCH et al. 2002, 30ff.) kommen in allen Berufen in unterschiedlichem Umfang vor: Darlegungen/Beschreibungen (Beispiele hierfür wären technische Dokumentationen oder Sachtexte, die sich mit neuen Erkenntnissen des Berufsfeldes befassen), Anweisungen (Betriebsanleitungen, gesetzliche Vorschriften, Arbeitsanweisungen). Des Weiteren kommen verschiedene diskontinuierliche Texte bzw. Mischformen vor, wie Dokumente oder Register (Protokolle, Karteien, Index-Listen), Hypertexte (Onlinehilfen, Internetseiten), Schaubilder/Diagramme (Schalt-/ Installationspläne, Statistiken, Prozessvisualisierungen), Tabellen und Matrizen, Formulare (Bestellungen, Verwaltungsverfahren), Informationsblätter (Flyer, Begleitpapiere), Aufrufe und Anzeigen (Werbung, Angebote).

Mitunter lassen sich im Einzelfall keine trennscharfen Unterscheidungen bezüglich der exakten Kategorie treffen, da im Berufsalltag meist Mischformen auftreten. Wenn auch auf den ersten Blick recht verschiedene Berufe untersucht werden, so ist doch eine gewisse Schnittmenge an Textsorten erkennbar, die in allen Berufen gleichsam Verwendung findet. Entsprechend ihrer quantitativen Bedeutung im beruflichen Kontext werden ausgehend von den grundlegenden Repräsentationsmodi folgende Textformate berücksichtigt. Geplant ist eine Verteilung von etwa 30 Prozent kontinuierliche bzw. deskriptionale Textformate, etwa 30 Prozent rein depiktionale Textformate und etwa 40 Prozent Mischformate.

Neben den inhaltlichen Aspekten ergeben sich für die Entwicklung des Instruments zur Erfassung funktionaler Lesekompetenz aus dem Projektrahmen einige messtheoretische und messtechnische Vorgaben. Wegen der geringen verfügbaren Testzeit, jedoch insbesondere wegen der erheblichen Vorteile soll ein Aufgabenpool entwickelt werden, der sich für computerisiertes adaptives Testen (CAT) eignet. CAT ist eine besondere Art der Testdarbietung, bei der sich die Auswahl der Aufgaben am Antwortverhalten der Personen orientiert. Die Schwierigkeit der zu bearbeitenden Items wird sozusagen maßgeschneidert auf die individuelle Leistungsfähigkeit abgestimmt. Diese Form der Testdarbietung wird durch den Rückgriff auf Modelle der Item-Respons-Theorie (IRT) möglich (FREY/ EHMKE 2007).

Durch adaptives Testen sind erhebliche Steigerungen der Messeffizienz zu erzielen, ohne Verluste an Messpräzision in Kauf nehmen zu müssen. Gleichzeitig erreicht man im Vergleich zu herkömmlichen sequentiellen Tests eine höhere Differenzierungsfähigkeit über einen breiten Leistungsbereich (FREY/ EHMKE 2007). Zudem zeigen sich in testmotivationaler Hinsicht gerade bei heterogenen Probandengruppen auch die erwarteten positiven Effekte adaptiver Tests (ASSEBURG 2011). Denn anders als bei der konventionellen Aufgabendarbietung werden die Probanden beim adaptiven Testen nicht mit einer Vielzahl von Aufgaben konfrontiert, die entweder weit über oder weit unter ihrer Leistungsfähigkeit liegen. Gerade im Hinblick auf die zu erwartende Heterogenität von Absolventen ganz unterschiedlicher Berufsausbildungen liegen hier also ganz entscheidende Vorteile des adaptiven Testens.

Den erheblichen Vorteilen adaptiven Testens stehen auch gewisse Nachteile gegenüber. So erfordert computerisiertes adaptives Testen einen hohen organisatorischen, finanziellen und technischen Aufwand, der sich jedoch nach der Einführung eines Testinstruments erheblich relativiert. Im Projekt erfolgt die Umsetzung mittels der kostenfrei verfügbaren computerbasierten Testoberfläche MATE (FREY/ SEITZ 2010). Ein Nachteil adaptiven Testens ist zudem die Beschränkung auf ausschließlich gebundene Antwortformen, was aus der Notwendigkeit resultiert, dass jede Antwort unmittelbar computerbasiert ausgewertet werden muss, um daraufhin über die Zuweisung der weiteren Aufgabe zu entscheiden. Offene Antwortformate und interaktive Textfeatures können daher nicht verwendet werden (FREY/ EHMKE 2007).

Da MATE derzeit ausschließlich dichotome Items im Antwort-Auswahl-Format (MC) erlaubt, stellen sich hohe Anforderungen an die Konstruktvalidität der Items. Unter anderem gilt es zu verhindern, dass anstatt der Lesefähigkeiten vor allem Vorwissen und verbale Intelligenzleistungen erhoben werden (ROST/ SPARFELDT 2007; JORDAN 2011). Die Items sollten daher zugleich authentisch, aber dennoch so entfremdet sein, dass Informationen zu ihrer Bearbeitung tatsächlich den vorgelegten Dokumenten entnommen werden müssen und nicht schon wegen der Vertrautheit mit den Sachverhalten, ohne zu lesen, gelöst werden können. Durch eine Transformation des Repräsentationsformats, wie dies beispielsweise in der Anforderungsklasse Generieren erfolgen soll, lässt sich zudem absichern, dass die Textvorlagen tatsächlich gelesen werden.

Der im Gesamtprogramm gesetzte Zeitrahmen schränkt den Spielraum für die Entwicklung der Instrumente zur Erfassung der allgemeinen Basiskompetenzen erheblich ein. Die Konstruktion neuer Items muss sich auf das zwingend Notwendige beschränken, geplant ist, soweit wie möglich, Items aus verfügbaren Instrumenten zu übernehmen und zu adaptieren. Der im letzten Abschnitt erläuterte konzeptionelle Rahmen dient dazu als Raster. Quer zu den Textformaten werden Items ausgewählt, angepasst und ggf. neu konstruiert, die sich in etwa gleich über die drei Anforderungsklassen Identifizieren, Integrieren und Generieren verteilen. Am meisten Aufwand wird vermutlich die Neukonstruktion von Items der Klasse Generieren erfordern, da diesbezüglich wenig auf entsprechende Vorlagen zurückgegriffen werden kann.

Diesen eher technischen Einschränkungen stehen jedoch, neben den bereits genannten Vorteilen adaptiven Testens hinsichtlich Testmotivation, Differenzierungsfähigkeit und Messeffizienz, Vorteile gegenüber, die auch für die weitergehende Verwendung der Instrumente über das ASCOT-Projekt hinaus bedeutsam sind. So sind die Anforderungen an das Auswertungspersonal geringer als bei nicht-adaptiven Tests mit offenen Antwortformaten; dennoch ist eine hohe Messgüte zu erwarten. Die Personenparameter liegen direkt nach der Testung vor. Es können sowohl Gruppen- als auch Individualergebnisse direkt zurückgemeldet werden (FREY/ EHMKE 2007). Letzteres ist besonders aus der Förderperspektive relevant.

5 Aktueller Stand und Ausblick

Die Instrumentenentwicklung ist derzeit in vollem Gang. Es werden die verfügbaren Items gesichtet, entsprechend des theoretischen Rahmens klassifiziert und in die MATE-Oberfläche überführt. Eine Kalibrierung der Instrumente ist für Herbst dieses Jahres geplant. Bereits im Frühjahr 2013 erfolgt die Pilotierung, so dass die Instrumente zur Erfassung allgemeiner Basiskompetenzen (in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen) den anderen Projekten spätestens in der zweiten Jahreshälfte zur Verfügung stehen.

Angesichts der Maßgabe, allgemeine Basiskompetenzen als Erklärungsvariablen der berufsfachlichen Kompetenzen zu erfassen, stellt sich natürlich die berechtigte Frage, ob die Entwicklung und der Einsatz eines Instruments, das lediglich funktionale Lesefähigkeiten erfasst, diesen Anforderungen genügen kann. Sollte nicht eher ein umfassenderes Verständnis von Lesekompetenz wie in PISA und PIAAC zugrunde gelegt werden?

Der präskriptive Charakter des umfassenderen Konstrukts Lesekompetenz soll keinesfalls in Frage gestellt werden. Wir meinen lediglich, dass die strukturellen Eigenheiten des Lesens in beruflichen Handlungskontexten in den verfügbaren Instrumenten noch nicht ausreichend abgebildet sein könnten und mit dieser Arbeit möglicherweise dem Lesekompetenzkonstrukt eine weitere spezifische Facette hinzugefügt wird. Leseanforderungen, die dem Lesen im Handlungskontext in gewisser Weise entsprechen, verkörpern bislang allenfalls die mathematischen Textaufgaben und schriftlichen Aufgaben zum Problemlösen in PISA (KLIEME et al. 2001a; KLIEME et al. 2001b). Auch hier müssen die Probanden zunächst ein mentales Modell der im Text geschilderten Situation bzw. Aufgabenstellung aufbauen, bevor sie Lösungsansätze entwickeln können. Die Auswertung und Analyse dieser Aufgaben erfolgt aber hinsichtlich der mathematischen Kompetenz oder bezogen auf Problemlösekompetenzen und nicht bezogen auf Lesekompetenz. Die starken Zusammenhänge zwischen Lesekompetenz und mathematischer Kompetenz sowie Problemlösekompetenz beim statischen Problemlösen lassen allerdings vermuten, dass Schüler/innen, die hohe Ausprägungen bei der allgemeinen Lesekompetenz aufweisen, auch bessere funktionale Lesekompetenzen aufweisen. Dies gilt es jedoch erst einmal zu untersuchen.

 

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[1] Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01 DB11 03 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

 

 


Zitieren dieses Beitrages

ZIEGLER, B. et al. (2012): Diagnostik „funktionaler Lesekompetenz“. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 22, 1-19. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe22/ziegler_etal_bwpat22.pdf  (26-06-2012).


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