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bwp@ Ausgabe Nr. 20 | Juni 2011
Lernfeldansatz - 15 Jahre danach
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 20 sind Tade Tramm, H.-Hugo Kremer & Ralf Tenberg

Lernfelder in der universitären Ausbildung? – Eine hochschuldidaktische Adaption

Beitrag von Karl-Heinz GERHOLZ/ Peter F. E. SLOANE (Universität Paderborn)

Abstract

Im Zuge des Bologna-Prozesses und der damit verbundenen Einführung von Bachelor-/Master-Studiengängen ist eine verstärkte Kompetenzorientierung in den Studiengängen gefordert. Der Bildungsauftrag von Universitäten akzentuiert sich dahingehend, Lehr-Lern-Arrangements zu gestalten, die bei den Studierenden Kompetenzentwicklungsprozesse anstoßen – Kompetenzentwicklungsprozesse im Sinne des Erreichens einer wissenschaftlich basierten Handlungskompetenz für zukünftige berufliche Handlungsfelder. Hochschuldidaktisch gewendet geht es somit auch um die Frage der curricularen Gestaltung von Studiengängen. Vor diesem Hintergrund soll im Artikel der Frage nachgegangen werden, inwiefern das Lernfeldkonzept als ein Curriculum aus der beruflichen Bildung eine Option darstellt, dem veränderten Bildungsauftrag von Universitäten gerecht zu werden. Hierzu sollen zunächst unterschiedliche curriculare Prinzipien aufgezeigt werden, um daran zu veranschaulichen, inwiefern die curriculare Logik des Lernfeldkonzepts ein durchaus adäquates curriculares Design für die Gestaltung von Bachelor-Studiengängen darstellen kann. Daran anschließend wird aufgezeigt, welche hochschuldidaktischen Implikationen damit verbunden sind.


Areas of learning in university courses? – A higher education didactic adaption

In the course of the Bologna process and the associated introduction of BA and MA courses, an increased competence orientation has been required in the courses. The educational task of universities is becoming more and more focused on designing teaching and learning arrangements which set off processes of developing competences on the part of the students – processes of developing competence in the sense of achieving an academically grounded competence of action for future vocational fields of action. In higher education didactics terms this is therefore also about the curricular design of courses. Against this background the article deals with the question of the extent to which the concept of areas of learning as a curriculum from vocational education represents an option for dealing appropriately with the changed educational task of universities. First of all different curricular principles are outlined, in order to make clear the extent to which the curricular logic of the concept of areas of learning indeed represents an appropriate curricular design for the design of BA courses. Following this the paper indicates which higher education didactic implications are associated with this.

1 Hinführung

Der Bologna-Prozess kann als ein Impuls betrachtet werden, der die gesellschaftliche Aufgabe von universitärer Bildung durchaus verschoben hat. Es geht stärker um die Förderung einer Beschäftigungsfähigkeit von Studierenden (vgl. GERHOLZ/ SLOANE 2008, 1 ff.; KEHM/ TEICHLER 2006, 58 f.; BOLOGNA-ERKLÄRUNG 1999). Der Blick geht auf die Wirkung des Studiums und die Erfordernisse der zukünftigen beruflichen Tätigkeits- bzw. Handlungsfelder von Studierenden rücken stärker in den Fokus (vgl. DILGER/ GERHOLZ/ SLOANE 2008, 94). Diese veränderte Zielstellung universitärer Bildung kann auf gesellschaftlich-politischer Ebene durchaus konstatiert werden und ist auch in den Ordnungsunterlagen ersichtlich (vgl. u. a. KMK 2003). Offen bleibt zu welchen steuernden Wirkungen dies auf curricularer und hochschuldidaktischer Ebene führt. So spricht TEICHLER davon, dass der Bologna-Prozess „strukturelle Imperative“ (TEICHLER 2005, 320) setzt. Die Ausgestaltung dieser Imperative ist Aufgabe der Universitäten bzw. jeweiligen Fachbereiche (vgl. GERHOLZ/ SLOANE 2008, 19). Es bedarf somit einer inhaltlichen Konkretisierung, damit die Verschiebung des Bildungsauftrages nicht nur auf ordnungspolitischer Ebene als Programmatik verharrt, sondern auch auf curricularer und Lehr-Lernebene in der Universität eine steuernde Wirkung entfaltet.

Mit diesem Beitrag verfolgen wir das Ziel, einen Diskussionsvorschlag zur curricularen Gestaltung von Bachelor-Studiengängen hinsichtlich des veränderten Bildungsauftrages von Universitäten in den Hochschuldiskurs einzubringen. Curriculumentwicklung ist dabei als Problemlösungsprozess zu begreifen, indem es darum geht, von bestehenden curricularen Lösungen neue zu konstruieren (vgl. REETZ 2003, 100). Konkret soll dabei untersucht werden, inwiefern das Lernfeldkonzept einen Referenzpunkt für die Gestaltung von universitären Curricula anbieten kann. Das Lernfeldkonzept entstammt originär der beruflichen Bildung und soll in diesem Beitrag auf universitäre Bildung adaptiert werden. Diese Fragestellung ist durchaus legitim: Wenn universitäre Bildung stärkere Züge einer Berufsfeldbildung annimmt, so ist es relevant zu untersuchen, inwiefern Konzepte der beruflichen Bildung auf die universitäre Bildung hin adaptiert werden können. Die Ausführungen zielen dabei auf Bachelor-Studiengänge, da der Bachelor in Konnotation der KMK als erster berufsqualifizierender Abschluss gilt (vgl. KMK 2003a, 3).[1]

Da sich Curricula nicht zuletzt an gesellschaftlichen Anforderungen ausrichten (vgl. dazu SLOANE 2003, 2), ist es zunächst notwendig, eine Annäherung an das gesellschafts-politische Leitziel von universitärer Bildung vorzunehmen (Abschnitt 2.1). Darauf aufbauend soll in Abschnitt 2.2 dem Status quo von universitären Curricula nachgegangen werden. Dabei wird herausgestellt, dass bisher zwischen dem Leitziel von universitärer Bildung und den curricularen Umsetzungen in der Universität ein Passungsproblem besteht (Abschnitt 2.3). Auf Basis dieser Ausführungen soll dann ein Vorschlag zur Adaption des Lernfeldkonzeptes auf universitäre Bildung vorgenommen werden, dem möglicherweise das Potential innewohnt, eine größere Passung zum Leitziel aufzuweisen.

2 Skizzierung der Situation der Hochschulbildung

2.1 Zum Leitziel von Bachelor-Studiengängen

Mit der Einführung konsekutiver Studiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses verschiebt sich auch der Bildungsauftrag von Universitäten. Der Schwerpunkt liegt stärker auf der Förderung einer Beschäftigungsfähigkeit der Studierenden, wobei sich das Studium u. a. an arbeitsmarktrelevanten Kompetenzen orientieren soll (vgl. KEHM/ TEICHLER 2006, 58). Es handelt sich um eine Outcome-Orientierung, die auch in den Ordnungsgrundlagen ersichtlich wird. So postuliert die KMK den Bachelor als ersten berufsqualifizierenden Abschluss (vgl. KMK 2003a, 3; 2003b, 2),[2] der im Sinne der Bologna-Erklärung für den europäischen Arbeitsmarkt qualifiziert (vgl. BOLOGNA-ERKLÄRUNG 1999). Der WISSENSCHAFTSRAT spricht von einer wissenschaftlich fundierten Beschäftigungsfähigkeit, die „von den Erwartungen des Arbeitsmarktes mitbestimmt wird“ (WISSENSCHAFTSRAT 2000, 21). Es geht somit um die Beschäftigungsaussichten von einem Studium (vgl. SCHOMBURG/ TEICHLER 2007, 27).

Die Orientierung an Beschäftigungsaussichten ist aber nicht nur im deutschen resp. europäischen Hochschuldiskurs zu beobachten, sondern kann international konstatiert werden. So sehen TENNANT/ MCMULLEN/ KACZYNSKI im Higher Education Bereich in jüngster Zeit eine stärkere ‚Workplace’-Orientierung. Aus ihrer Sicht gibt es eine größere Nachfrage sowohl von der Wirtschaft als auch Politik, dass universitäre Bildung sich stärker an den Anforderungen der beruflichen Tätigkeiten resp. Bedürfnissen der Arbeitgeber orientiert (vgl. TENNANT/ MCMULLEN/ KACZYNSKI 2010, 111 ff.). Hinsichtlich universitärer Bildung wird somit stärker als bisher eine berufliche anstatt eine fachliche Domäne fokussiert. Die Anforderungen des späteren (potentiellen) Berufsfeldes – Verwendungskontext – treten in den Fokus und werden bedeutsam (vgl. DILGER/ GERHOLZ/ SLOANE 2008, 94; BUSCHFELD/ DILGER/ LILIENTHAL 2010, 67 f.). Beschäftigungsfähigkeit betrachtet somit nicht eine unmittelbare Vorbereitung spezieller beruflicher Situationen, sondern eine Zielsetzung, die den Transfer von einer Erwerbsperspektive innerhalb der Hochschule hin zu einer Anwendungsperspektive im beruflichen Verwertungskontext fokussiert (BUSCHFELD/ DILGER/ LILIENTHAL 2010, 67 f.).

Der Begriff Beschäftigungsfähigkeit darf aber nicht verkürzt auf eine Arbeitsmarktorientierung gesehen werden, denn es können durchaus unterschiedliche Dimensionen des Begriffes herausgestellt werden (vgl. dazu DILGER/ GERHOLZ/ SLOANE 2008, 86 ff.; BUSCHFELD/ DILGER/ LILIENTHAL 2010, 66 f.):

  • Eine Orientierung an zukünftigen Beschäftigungsfeldern, was den Verwertungsaspekt auf dem zukünftigen Arbeitsmarkt in den Fokus rückt (vgl. dazu GEORG/ SATTEL 1995)
  • Es geht um die Bewältigung der unterschiedlichen Übergängen während des Erwerbsleben (vgl. dazu HILLAGE/ POLLARD 1998)
  • Die sich dynamisch verändernden Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt sollten auch eine sich ändernde Ausrichtung von Studienprogrammen implizieren (vgl. dazu KRAUS 2007a)
  • Die Fähigkeiten und Bereitschaft des Individuums, in der Lage zu sein, sich an die sich ändernden Umstände anzupassen (vgl. dazu KRAUS 2007b).

Vor allem durch letzteren Aspekt kommt die Persönlichkeitsentwicklung zum Tragen. Zielsetzung eines Studiums ist es auch, eine akademische – wissenschaftlich fundierte – Persönlichkeitsbildung zu fördern (vgl. SPOUN/ WUNDERLICH 2005, 22 ff.; EULER 2005, 264). So unterstreicht der Akkreditierungsrat neben Erwerbstätigkeit das Element der Persönlichkeitsentwicklung und die Befähigung zum zivilgesellschaftlichen Engagement (vgl. AKKREDITIERUNGSRAT 2010, 10), was somit zwei bedeutende Kriterien für die Akkreditierung von Studiengängen sind.

Quer gelesen kann hinsichtlich des Leitziels universitärer Bildung durchaus festgehalten werden, dass ein Fokus auf der Beschäftigungsfähigkeit liegt. Allerdings ist dies nicht reduziert als Befähigung zur Übernahme von spezifischen Arbeitsaufgaben o. ä. zu verstehen. Vielmehr zeigen sich Bezüge, wie oben aufgezeigt, dass das Konzept der Beschäftigungsfähigkeit breiter zu fassen ist. Mithin kann dabei konstatiert werden, dass Beschäftigungsfähigkeit bzw. Employability eine politische Chiffre ist, die u. E. in erster Linie ausdrücken soll, dass Hochschulbildung auch darauf zielt, Menschen dazu zu befähigen, in gesellschaftlichen Situationen – als Wirtschaftspädagogen würden wir von beruflichen Handlungsfeldern sprechen – tätig werden zu können. Wir möchten daher im Folgenden eine eher berufs- und wirtschaftspädagogische Re-Konstruktion des Begriffes ‚Beschäftigungsfähigkeit’ leisten. Dabei gehen wir davon aus, dass es Ziel der Hochschulbildung auch auf Bachelor-Niveau ist, die Handlungsfähigkeit i. S. einer Problemlösungsfähigkeit zu fördern, indem Studierende befähigt werden, Probleme zu erkennen und für die Problemlösung wissenschaftliche Verfahren anwenden. Diese Formulierung steht u. E. einerseits in Einklang mit dem Selbstverständnis einer europäischen Hochschulbildung und lässt sich andererseits auf das Konzept der Beschäftigungsfähigkeit beziehen. Somit verweist Beschäftigungsfähigkeit auch auf einen Katalog möglicher, wissenschaftlich fundierter Problemlösungsverfahren, die erwerbswirtschaftlich[3] nutzbar sind.

In diesem Sinn bieten wir als Chiffre folgende Formulierung an: Ziel von Bachelor-Studiengängen ist die Förderung einer wissenschaftlich basierten Handlungskompetenz. Die Verwendung des Kompetenzbegriffs an dieser Stelle impliziert, dass Wissen, Motive, Einstellungen (Kompetenzebene) auf situative Anforderungen (Performanzebene) bezogen werden müssen. Die Kompetenz wird erkennbar über das konkrete Lösen von Aufgaben, die Bewältigung von Situationen etc. Damit wird es aber zugleich erforderlich, nicht nur das Kompetenzideal zu formulieren, sondern zugleich zu skizzieren, welche situativen Anforderungen bewältigt werden müssen. Es geht nicht nur um die Bewältigung konkreter Arbeitsaufgaben, die für ein berufliches Handlungsfeld kennzeichnend sind – dies wäre eine Reduzierung auf eine reine Fachkompetenz; vielmehr soll auch die Lebenssituation des Studierenden, die Transitionen in Lebensläufen und die Persönlichkeitsentwicklung während des Studiums berücksichtigt werden. Insgesamt soll Kompetenz nicht nur im Hinblick auf Wissen, sondern – in Orientierung zum berufs- und wirtschaftspädagogischen Diskurs – auch auf motivationale Elemente und Werthaltungen des Handelnden verstanden werden (vgl. SEEBER et al. 2009, 4; HARTIG/ KLIEME 2006, 128).

Über die Frage der Konkretisierung, d. h. darüber, durch welche konkreten Kompetenzen sich eine wissenschaftlich basierte Handlungskompetenz auszeichnet, wurde nach unserer Wahrnehmung in curriclaren Vorgaben von und Kommentaren zu Bachelor-Studiengängen bisher kaum nachgedacht (vgl. dazu u. a. PLETL/ SCHINDLER 2007, 35; DILGER/ GERHOLZ/ SLOANE 2008, 106). In Bezug auf domänenspezifische Kompetenzmodelle im Hochschulsektor ist mit Blick auf die nationale und internationale Forschungslandschaft letztlich eine Lücke zu konstatieren (vgl. BMBF 2010).[4]

2.2 Curriculare Gestaltung von Bachelor-Studiengängen

Die Programmatik der wissenschaftlich basierten Handlungskompetenz sollte sich curricular in den Studiengängen resp. Modulen widerspiegeln. In den ländergemeinsamen Strukturvorgaben zur Akkreditierung von Bachelor- und Master-Studiengängen wird normiert, dass die Studiengänge zu modularisieren sind und die Inhalte eines Moduls innerhalb von ein bzw. zwei Semestern zu vermitteln sind (vgl. KMK 2004, 2; KMK 2003a, 9). Ein Modul soll in Konnotation der KMK Inhalte und Qualifikationsziele enthalten. Darunter wird verstanden, welche Lernziele erreicht und welche fachbezogenen, methodischen und fachübergreifenden Kompetenzen von den Studierenden in dem jeweiligen Modul erworben werden sollen. Dies meint eine Outputorientierung – Lernergebnisorientierung – indem festgelegt wird, welche Kompetenzen die Studierenden am Ende eines Moduls erworben haben sollen. Weiterhin sind die Lehr- und Lernformen im Modul zu präzisieren. Darüber hinaus müssen Module formale Aspekte ausweisen wie Voraussetzungen für die Teilnahme, Verwendbarkeit des Moduls in Zusammenhang mit anderen Modulen, Dauer, Häufigkeit etc. (vgl. KMK 2004, 2 ff.).

Nach den Rahmen der KMK sind Module die strukturierenden Elemente eines universitären Curriculums. Die Vorgaben sind aber weniger inhaltlicher Natur, sondern spiegeln vielmehr formal-strukturelle Anforderungen an ein universitäres Curriculum wider. Die Präzisierung erfolgt somit auf Ebene der Universität – konkret: der Studiengänge bzw. der Studiengangverantwortlichen. Eine Frage, die in diesem Zusammenhang zu beantworten wäre, ist, was das leitende Prinzip zur Auswahl der Gegenstände – Inhalte, Ziele – eines universitären Curriculums ist. In der Curriculumtheorie wird dabei vom Relevanzproblem gesprochen, indem danach gefragt wird, welche Kriterien für die Auswahl von Gegenständen des Curriculums relevant sind (vgl. REETZ 1984, 77 ff.; auch ROBINSOHN 1975, 47 ff.). Bezogen auf Bachelor-Studiengänge wäre somit die Frage zu erörtern, was das leitende Kriterium der Curriculagestaltung darstellt. In Orientierung an REETZ (1984, 2000) können drei Begründungskriterien herangezogen werden,[5] die im Folgenden in Bezug auf Bachelor-Studiengänge aufgezeigt werden sollen:

1.        Wissenschaftsprinzip: Ausgehend von dem in den 70er Jahren festgestellten Phänomen einer zunehmenden Verwissenschaftlichung der Gesellschaft (vgl. u. a. ROTH 1975, 47 f.), geht das Wissenschaftsprinzip von der Prämisse aus, dass die Auswahl der Lerngegenstände an den Fachstrukturen der Wissenschaft zu orientieren ist. Die Annahme ist dabei, dass den Wissenschaften etwas innewohnt, was die Wirklichkeit repräsentativ widerspiegelt und somit die Individuen in der Gesellschaft in eine Handlungsbefähigung versetzt (vgl. REETZ 1984, 88 f.; KLAFKI 1984, 82). Bei dieser fachsystematischen Strukturierung von Curricula ergibt sich das Problem, dass es häufig keinen verbindlichen Kanon von Erkenntnissen in den wissenschaftlichen Disziplinen gibt (vgl. EULER et al. 2009, 65) und es auch zu diskutieren wäre, inwiefern die zur Bewältigung von Lebenssituationen benötigten Instrumente mit den Strukturen der Wissenschaft deckungsgleich sind (vgl. REETZ 1984, 90 f.). Bezüglich der Lehr-Lernpraxis an Universitäten führt eine wissenschaftsorientierte Entwicklung von Curricula dazu, dass Studiengangverantwortliche eine Sachanalyse durchzuführen haben und das Fachwissen in einen Anwendungszusammenhang stellen müssen.

2.        Situationsprinzip: Eine Strukturierung von Curricula nach dem Situationsprinzip bedeutet, die gegenwärtige und zukünftige Lebenswirklichkeit der Lernenden zum Kriterium für die Entwicklung von Curricula zu machen (vgl. REETZ 1984, 99 f.; REETZ 2000, 142). LIPSMEIER untergliedert das Situationsprinzip in fünf Subprinzipien (vgl. LIPSMEIER 2000, 194 ff.), wodurch u. a. erkennbar ist, dass das Situationsprinzip auch im Sinne einer handlungssystematischen Strukturierung von Curricula rekonstruiert werden kann. Eine Strukturierung von Curricula nach dem Situationsprinzip folgt der Idee, die zu fördernden Kompetenzen aus den (zukünftigen) Handlungssituationen und aus deren darin liegenden Anforderungen abzuleiten. Dabei ergibt sich das Problem zu bestimmen was (zukünftig) relevante und typische Handlungssituationen von Studierenden sind (vgl. GERHOLZ/ SLOANE 2008, 17; EULER ET AL. 2009, 65). Weiterhin besteht die Gefahr einer zu starken Funktionsorientierung (vgl. REETZ 2000, 142). Universitäre Curricula nach dem Situationsprinzip würden zur Folge haben, dass Studiengangverantwortliche für ihre Domäne eine Situationsanalyse durchführen und den einzelnen Situationen dann Inhalte zuordnen müssten.

3.        Persönlichkeitsprinzip: Wenn die Lerngegenstände an den Bedürfnissen der einzelnen Lernenden hinsichtlich seiner Sozialisation, Emanzipation und  Persönlichkeitsentwicklung ausgerichtet sind, so kommt das Persönlichkeitsprinzip zum Tragen (vgl. REETZ 1984, 93 ff.; REETZ 2000, 142; LIPSMEIER 2000, 196). Persönlichkeitsaspekte wie Mündigkeit, Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit stehen hier als normative Vorgaben für die curriculare Entwicklungsarbeit (vgl. REETZ 1984, 96). Nach TRAMM stehen weniger empirische Begründungszusammenhänge zur Legitimation von Inhalten im Vordergrund, sondern es liegt ein pädagogisch-normativer Rechtfertigungszusammenhang vor, inwiefern der Lernende sich vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Anforderungen entfalten kann (vgl. TRAMM 2002, 47; auch EULER et al. 2009, 67).[6] Für Studiengangverantwortliche würde dies bedeuten, Curricula so zu gestalten, dass die Persönlichkeit des Studierenden und deren Entwicklung gefördert werden. Die Frage wäre dabei: Welche Lerngegenstände haben das Potential, den Prozess der Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen? Zuvörderst müssten die Studiengangverantwortlichen sich auf normative Aspekte einigen, die die curriculare Entwicklungsarbeit formen.

REETZ geht von der Interdependenz dieser drei Prinzipien aus (vgl. REETZ 1984, 106 f.). Die Orientierung an dem einen Prinzip schließt somit die anderen beiden Prinzipien nicht aus. Auch nach HUBER – der die drei Prinzipien ähnlich verwendet – sollten hochschuldidaktische Konzepte zwischen diesen drei Ansätzen ausgeglichen werden (vgl. HUBER 1995, 127 ff.).

Vor dem Hintergrund der anvisierten Zielstellung von Bachelor-Studiengängen ist die Frage relevant, welches Prinzip der Curriculumgestaltung eine adäquate Passung aufzeigt. Es geht um die Förderung einer wissenschaftlich basierten Handlungskompetenz zur Bewältigung zukünftiger Situationen. Somit zeigt das Prinzip der Situationsorientierung eine adäquate Passung auf und sollte bei der Gestaltung der universitären Curricula das leitende Prinzip – in Zusammenhang mit den anderen Prinzipien – bei der Auswahl der Lerngegenstände sein.

Die gegenwärtige Situation der universitären Curricula lässt jedoch eher den Schluss zu, dass das Wissenschaftsprinzip zur Anwendung gelangt. So spricht die KMK bei Modularisierung von einer „Zusammenfassung von Stoffgebieten“ (KMK 2004, 2). Es wird tendenziell von einer fachsystematischen Strukturierung ausgegangen und die Inhalte orientieren sich an den Wissenschaften. Auch Best-Practice-Beispiele von Modulbeschreibungen, wie sie von AQAS (Agentur für Qualitätssicherung durch Akkreditierung von Studiengängen) vorgeschlagen werden, lassen eher eine fachsystematische Strukturierung vermuten (vgl. AQAS 2008). Dies lässt sich aus der Tradition von Universitäten, die sich in Fachstrukturen ausgestalten, durchaus nachvollziehen (vgl. HUBER 1991, 7). Auch auf internationaler Ebene scheint eine Systematik des Faches curricularer Leitgedanke zu sein. Exemplarisch kann die National Business Education Association (NBEA) der USA aufgeführt werden, die Bildungsstandards für Business Students aufgestellt hat. Hierbei geht es um die Abbildung der Struktur des Faches ‚Business’, in dem 11 inhaltliche Bereiche wie ‚Accounting’, ‚Business Law’ oder ‚Management’ aufgeführt werden (vgl. NBEA 2001, ixff.). Hinsichtlich des veränderten Leitzieles von universitärer Bildung erscheint es aber passender, dass das Situationsprinzip der Orientierungsanker für die Gestaltung universitärer Curricula ist.

2.3 Zwischenfazit: Programmatik ohne Curriculum

Curriculare Entwicklungsarbeit in Bachelor-Studiengängen kann als aktiver Problemlöseprozess von Studiengangverantwortlichen beschrieben werden. Auf der gesellschaftlich-politischen Ebene sollte u. E. die Programmatik der Förderung der wissenschaftlich basierten Handlungskompetenz eingeführt werden. Curricula von Bachelor-Studiengängen müssten diese Programmatik aufnehmen. Die ordnungspolitischen Vorgaben (Makroebene) sind aber formal-struktureller Natur, weshalb die inhaltlich-curriculare Entwicklungsarbeit in den Studiengängen an den einzelnen Universitäten erfolgen muss (Mesoebene). Es geht um die Organisation von Studiengängen. Curricula sollten dabei eine Antwort auf die Auswahl, Ordnung und Sequenzierung von Lerngegenständen geben (vgl. dazu REINISCH 2003, 10; TENORTH 2000, 27), was Studiengangverantwortliche vor Herausforderungen stellt, da sie in der Regel genuin Vertreter eines Fach- und Forschungsgebietes und weniger hochschuldidaktische Experten zur Curriculumentwicklung sind. Auf der Lehr-Lernebene (Mikroebene) gilt es, die Curricula hochschuldidaktisch umzusetzen. Zweifelsfrei werden hier die Entwickler zu Rezipienten ihrer eigenen curricularen Produkte. In Abbildung 1 – oberer Teil – ist die beschriebene curriculare Entwicklungsarbeit in Bachelor-Studiengängen und die damit verbundene ‚Ungebundenheit’ zwischen ordnungspolitischer Vorgabe einerseits und hochschulinterner Konkretisierung andererseits visualisiert. Während durchaus eine zentrale Programmatik mit formell-strukturell curricularen Vorgaben existiert, ist die konkrete curriculare Entwicklungsarbeit dezentral in den einzelnen Universitäten verankert.

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Abb. 1:   Curriculare Entwicklungsarbeit in Bachelor-Studiengängen

In Abbildung 1 (oberer Teil) wird ersichtlich, dass es eine ‚offene’ und ‚nicht-geregelte’ curriculare Anforderung in den Hochschulen gibt, die von den Hochschulen – unterer Teil in Abbildung 1 – konstruktiv aufgegriffen werden muss. Hierbei ist es u. E. notwendig, dass auf der Grundlage der Vorgaben eine curriculare Leitidee i. S. eines Bildungsziels des jeweiligen Studiengangs formuliert wird. Darauf aufbauend sind dann Module zu entwickeln, die wiederum in Form von universitären Lehr-/Lernarrangements umgesetzt werden. Hierzu ist ein Modulhandbuch zu konzipieren, was die Grundlage für die hochschuldidaktische Entwicklungsarbeit in Hochschulen darstellt und dazu dient, neue didaktische Formate zu entwickeln und zu erproben. Die Erprobung und Evaluation dieser Formate wiederum führt zur Revision des Modulhandbuches.

Hinsichtlich der Programmatik von Bachelor-Studiengängen – Förderung wissenschaftlich basierter Handlungskompetenz – scheint eine Entwicklung von Curricula und somit von Modulen nach dem Situationsprinzip die größte Passung aufzuzeigen. Die gegenwärtigen und zukünftigen Handlungssituationen der Studierenden sollten somit in den Vordergrund rücken. Hinsichtlich des Status quo zu universitären Curricula kann aber vielmehr konstatiert werden, dass das leitende curriculare Prinzip die Wissenschaftsorientierung darstellt. Universitäre Curricula sind aktuell stärker fachsystematisch strukturiert. Die zu fördernden Kompetenzen werden aus der Logik der Fachgebiete abgeleitet. Es ist somit ein gewisser Bruch zwischen Programmatik und der curricularen Umsetzungsarbeit zu konstatieren.

Das curriculare Konzept der Lernfelder aus der beruflichen Bildung kann dabei eine Option darstellen, eine höhere Passung zwischen Programmatik und Gestaltung von universitären Curricula herzustellen. Lernfelder gehen stärker von einer Situationsorientierung aus. Inwiefern eine hochschuldidaktische Adaption des Lernfeldkonzeptes für Bachelor-Studiengänge möglich ist, soll im folgenden Abschnitt erörtert werden. Dabei wird der Fokus zunächst auf die Domäne der Wirtschaftswissenschaften gelegt. Anders gesagt: Es soll der Frage nachgegangen werden, wie ein lernfeldstrukturiertes Curriculum für wirtschaftswissenschaftliche Bachelor-Studiengänge ausgestaltet sein kann.

3 Adaption der Lernfeldkonzeptes auf universitäre Curricula

Das Lernfeldkonzept wurde 1996 als eine curriculare Reformoption der beruflichen Erstausbildung implementiert und seitdem sind viele Diskursstränge dazu zu konstatieren (vgl. KREMER/ SLOANE 2001; REETZ 2000; SLOANE 2007, TRAMM 2002; kritisch dazu u. a. REINISCH 2003), weshalb in Abschnitt 3.1 nur prägnant – und durchaus verkürzend – auf das Lernfeldkonzept eingegangen werden soll. Anschließend wird in Abschnitt 3.2 der Frage nachgegangen, wie eine hochschuldidaktische Adaption von Lernfeldern ausgestaltet werden kann.

3.1 Kurze Skizzierung des Lernfeldkonzeptes

Im Lernfeldkonzept stellen die realen beruflichen Handlungen den Ausgangpunkt dar. Die lernfeldorientierten Rahmenlehrpläne der KMK sind von konkreten beruflichen Tätigkeitsbereichen abgeleitet und bilden eine umfassende berufliche Handlungskompetenz – Leitziel der beruflichen Bildung – ab (vgl. KMK 2000, 4). Lernfelder stellen somit didaktisch aufbereitete Handlungsfelder dar. Durch die Handlungsfelder werden die beruflichen Tätigkeiten systematisiert und klassifiziert und so die berufliche Domäne strukturiert (vgl. SLOANE 2007, 94). Intention ist es dabei, die Entwicklung von Lehr-/Lernarrangements zu fördern, die tendenziell besser geeignet sind, dass Lernende das Gelernte auch in spätere berufliche Situationen transferieren können (vgl. SLOANE 2007, 53 f.). Es geht um die Vorbeugung von sog. ‚trägem Wissen’, also Wissen was vorhanden ist, bei dem der Lernende aber nur bedingt fähig ist, dieses auch in konkreten Situationen anzuwenden.

In der Terminologie der KMK sind Lernfelder kompetenzbasiert und werden über Zielformulierungen präzisiert. Diese Zielformulierungen können als Beschreibungen von beruflichen Handlungen bzw. Tätigkeiten betrachtet werden, die in der Praxis von Lernenden beherrscht werden sollen. Die Ziele spiegeln somit die beruflichen Tätigkeiten wider. Weiterhin enthalten die Lernfelder Hinweise auf Lerninhalte. Die Inhalte lassen den Bezug zu Fächern zu. Es handelt sich dabei um fachliche Prinzipien, Leitideen, Begriffe etc. (vgl. SLOANE 2007, 44).

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Abb. 2:   Exemplarisches Lernfeld aus dem Rahmenlehrplan Industriekaufmann (Lernfeld 5, 1. Ausbildungsjahr, Quelle: www.kmk.org)

Lernfelder sind somit Schneidungen von beruflichen Tätigkeiten und Inhalten, die im Rahmen der curricularen Analyse in Zusammenhang zu setzen sind. Dieses lässt sich in Form einer Matrix vornehmen, indem die domänenspezifischen Inhalte mit den beruflichen Aufgaben verbunden werden (vgl. dazu KREMER/ SLOANE 2001, 18; TRAMM 2002, 59; dazu kritisch REINISCH 2003, 14 ff.). Da Lernfelder aus beruflichen Handlungsfeldern didaktisch adaptiert werden, stellt die Situation den Ausgangspunkt dar, worauf anschließend zu deren Bewältigung die Inhalte bezogen werden. Es liegt ein handlungssystematisches Prinzip vor (vgl. GERHOLZ/ SLOANE 2008, 17). In einem fachsystematischen Vorgehen würde zunächst der Inhalt im Vordergrund stehen, der anschließend in einen Anwendungskontext gebracht wird. Lernfelder können darüber hinaus umfassend als Lebensräume begriffen werden, die auf die individuellen Lebenssituationen der Lernenden sowohl in Betrieb als auch Gesellschaft eingehen (vgl. SLOANE 2001, 198). Es liegt somit keine reine Fokussierung auf betriebliche Anforderungen vor, sondern auch gesellschaftliche Phänomene stellen eine Relevanz dar.

3.2 Curriculare Adaption des Lernfeldkonzeptes

Das Lernfeldkonzept geht stärker von einer Situationsorientierung und Handlungssystematik aus und würde somit im Sinne einer curricularen Adaption für Bachelor-Studiengänge zu einer adäquateren Passung mit dem Leitziel universitärer Bildung aufweisen. Die Aufnahme des Argumentationsmusters des Lernfeldkonzeptes für die curriculare Gestaltung von Bachelor-Studiengängen wird in Abbildung 3 visualisiert.

 

Abb. 3:   Vorgehen bei der hochschuldidaktischen Adaption
des Lernfeldkonzeptes (in Anlehnung an KREMER/ SLOANE 2001, 16)

Zunächst wären die zukünftigen Handlungsfelder der Studierenden in den Fokus zu nehmen, die die Basis für die hochschuldidaktische Adaption der ‚Lernfelder’ resp. der Erkundungsfelder (zur Begriffsbestimmung vgl. 3.2.1) darstellen. Ein Erkundungsfeld speist sich dabei aus unterschiedlichen situativen Settings, die ‚typisch’ für ein bestimmtes Handlungsfeld sind. In den Erkundungsfeldern und deren situativer Ausgestaltung kommt die Fachstruktur – hier exemplarisch die Struktur der Wirtschaftswissenschaften – zum Tragen. Die Inhalte leiten sich auf Basis der Anforderung der Situation her. Ausgehend von den Erkundungsfeldern wären Lernsituationen zu entwickeln. Der Transfereffekt soll aufzeigen, dass bei diesem Konzept von einer handlungslogischen Strukturierung des Lernprozesses der Studierenden ausgegangen wird, womit der Transfer des Erlernten in den zukünftigen Handlungsfeldern adäquater gelingen könnte. Für die Adaption wäre zum einen der Schritt vom Handlungs- zum Erkundungsfeld zu klären (Abschnitt 3.2.1) und zum anderen der Schritt bzw. die lerntheoretischen Folgerungen vom Erkundungsfeld zur Lernsituation (Abschnitt 3.2.2) zu erörtern.

3.2.1 Vom Handlungs- zum Erkundungsfeld

Im Sinne der Förderung einer wissenschaftlich basierten Handlungskompetenz geht es neben der Vorbereitung der Studierenden auf zukünftige (berufliche) Handlungsfelder auch um die Transitionen zwischen dieses Handlungsfeldern im Lebenslauf und um die Förderung der zivilgesellschaftlichen Dimension (vgl. Abschnitt 2.1). Über diese drei Aspekte, wohinter unterschiedliche Handlungsfelder stehen, ist die Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung der Studierenden zu justieren. Für den Schritt vom Handlungs- zum Erkundungsfeld treten somit zwei Fragen in den Mittelpunkt: Einerseits, wie die zukünftigen Handlungsfelder beschrieben werden können, und andererseits, wie deren hochschuldidaktische Rekonstruktion zu Erkundungsfeldern vorgenommen werden kann.

Hinsichtlich der Handlungsfelder zeigen seit mehreren Jahren Studien, dass diese durch wissensintensive Tätigkeiten beschrieben werden können. WILLKE (1998, 167 ff.; 2001) spricht von „Wissensarbeit“ – nicht im Sinne eines Wissenskanons für die Bewältigung von bestimmten Tätigkeiten, sondern vielmehr davon, dass sich Handlungsanforderungen in den zukünftigen Berufsfeldern von Studierenden durch Komplexität, Nicht-Planbarkeit und Koordination auszeichnen (vgl. dazu u. a. NORTH/ GÜLDENBERG 2008, 26 ff.). Es geht um den Umgang mit Problemsituationen. Vor diesem Hintergrund scheint es bedeutsam, Studierende auf den adäquaten Umgang mit zukünftigen Problemsituationen vorzubereiten (vgl. dazu auch Abschnitt 2.1; BUSCHFELD/ DILGER/ LILIENTHAL 2010, 68). Die Bearbeitung von Problemsituationen kann durch die Phasen (1) Ausganssituation, (2) Operationen und (3) Zielzustand beschrieben werden (vgl. DÖRNER 1979, 11 ff.).

Wissenschaftlich basierte Handlungskompetenz meint in diesem Sinne Studierende auf Problembearbeitungsprozesse in zukünftigen Handlungsfeldern vorzubereiten. Allerdings wird es – im Hinblick auf die Frage der Rekonstruktion – nicht möglich sein, diese zukünftigen Handlungsfelder 1:1 zu erfassen und innerhalb der universitären Curricula abzubilden. REINISCH führt dazu aus, dass sich (berufliche) Handlungssituationen nicht voraussetzungslos erfassen lassen, sondern Curriculumkonstrukteure Begriffe, Kategorien und gegebenenfalls subjektive Theorien zur Beschreibung von Situationen resp. beruflichen Handlungsfeldern benötigen. Berufliche Situationen werden somit aus einem wissenschaftlichen Begriffssystem heraus systematisiert (vgl. REINISCH 2003, 13 f.).[7] Weiterhin ist hinsichtlich der Rekonstruktion zu beachten, dass Problemsituationen nicht zuletzt subjektive Konstruktionsleistungen sind. Die Bestimmung eines Problems ist aus Perspektive des Subjektes vorzunehmen.

Im Hinblick auf die hochschuldidaktische Adaption vom Handlungs- zum Erkundungsfeld ist somit festzuhalten, dass es darum geht, Studierende auf den Umgang mit Situationen denen Probleme innewohnen, vorzubereiten. Absolventen sollten fähig sein, in spezifischen situativen Settings Problemstellungen zu erkennen, zu beschreiben und zu analysieren, Lösungswege auf Basis eines methodischen Repertoires zu erkunden und rückblickend die eigene Vorgehensweise kritisch-konstruktiv zu bewerten. Hinsichtlich der hochschuldidaktischen Rekonstruktion zu Erkundungsfeldern geht es weniger um die Problemhaltigkeit, da diese letztlich subjektiv zu verankern ist. Vielmehr sollte es Ziel sein, die situativen Rahmenbedingungen bezogen auf zukünftige Handlungsfelder zu rekonstruieren. Aus diesem Grunde wird hier der Begriff ‚Erkundungsfeld’ gewählt, um aufzuzeigen, dass es um die eigenständige Erkundung von Problemen und deren Bearbeitung seitens der Studierenden geht. Für die Konstruktion der Erkundungsfelder ergibt sich die Frage, inwiefern es möglich ist, ‚typische’ situative Settings von zukünftigen Handlungsfelder zu systematisieren. Kriterien für die Beschreibung derartiger situativer Settings können dabei in einem ersten Zugang in Anlehnung an die Beschreibung von (Problem-)situationen aufgestellt werden (vgl. dazu u. a. DÖRNER 1979, 18 ff.; DÖRNER 2006, 58 ff.; FÜRSTENAU 1994, 21; SLOANE 2008, 108):[8]

  • Komplexität: In einer Situation sind häufig unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Hinsichtlich Komplexität geht es darum, wie die Aspekte zueinander vernetzt sind, d. h. ob die Aspekte unabhängig voneinander sind oder sich wechselseitig beeinflussen. Die Anzahl der Aspekte und deren Wechselwirkung zueinander erhöht die Komplexität.
  • Transparenz: Die Informationen über eine Situation können unterschiedlich sein. So können nicht alle relevanten Informationen zur Verfügung stehen oder Informationen nur zu einem gewissen Grad vorhanden sein. Gleichzeitig hängt es vom handelnden Akteur ab, ob er die Informationen wahrnimmt bzw. sich deren Bedeutung bewusst ist.
  • Dynamik: Situationen können sich entwickeln und verändern – unabhängig vom Eingreifen des Akteurs. Das Kriterium ‚Dynamik’ meint somit den Grad der Unabhängigkeit der Bearbeitung eines entdeckten Problems von anderen Ereignissen oder Akteuren.

 
Abb. 4:   Kriterien zur Rekonstruktion von ‚typischen’ situativen Settings in einem Handlungsfeld

Abbildung 4 soll die Idee von Erkundungsfeldern als Struktur eines universitären Curriculums visualisieren. Erkundungsfelder spiegeln ‚typische’ situative Settings von zukünftigen Handlungsfeldern wider. Dabei geht es nicht darum, möglichst die Problemsituation und deren Lösung aus der Praxis abbildhaft wiederzugeben, sondern den Studierenden mit einer bestimmten Qualität eines situativen Settings zu konfrontieren. In der Abbildung 4 ist dies durch die Situationen mit dem Buchstaben ‚A’ visualisiert. Die Qualität der Situation bzw. die Typik des situativen Settings kann sich dabei über die Ausprägung der Kriterien ‚Komplexität’, ‚Transparenz’ und ‚Dynamik’ bestimmen.

3.2.2 Vom Erkundungsfeld zur Lernsituation 

Curricula sollten auch lerntheoretische Implikationen beinhalten. Aus hochschuldidaktischer Sicht geht es somit um die Frage, wie von dem Erkundungsfeld aus der Lehr-Lernprozess zu gestalten ist. Es geht um die Konzeption von Lernsituationen. Dabei wird seit geraumer Zeit im Hochschuldiskurs das Konzept des forschenden Lernens diskutiert (vgl. u. a. EULER 2005, HUBER 2004; REINMANN 2009; WILDT 2009; BUSCHFELD/ DILGER/ LILIENTHAL 2010). In der Breite der Referenzpunkte spiegelt sich auch die Breite des Verständnisses von forschendem Lernen wider.[9]

Der Ursprung des Diskurses um forschendes Lernen kann im deutschsprachigen Raum in der Schrift der Bundesassistentenkonferenz (BAK) zum ‚Forschenden Lernen – Wissenschaftliches Prüfen’ aus dem Jahr 1970 gesehen werden. Nach der BAK muss eine wissenschaftliche Ausbildung eine Teilnahme am Erkenntnisprozess ermöglichen und nicht nur eine reine Übernahme von Ergebnissen von Erkenntnisprozessen. Die Teilhabe an aktuellen Forschungsvorhaben der Disziplin mit den damit verbundenen Unsicherheiten, Enttäuschungen und Langwierigkeiten stellt die Grundidee des forschenden Lernens nach der BAK dar. Diese Teilhabe ist bereits von Beginn an des Studiums zu ermöglichen (vgl. BAK 2009, 11 f.), also auch für Bachelor-Studiengänge (vgl. HUBER 2004, 33).

Nach HUBER zielt die Grundidee forschenden Lernens auf ein Lernen durch Forschen (vgl. HUBER 2004, 32). Dabei wird häufig davon ausgegangen, dass Problemorientierung ein zentrales Kennzeichen forschenden Lernens ist (vgl. u. a. EULER 2005, 264 ff.; HUBER 2004, WILDT 2005). Ausgehend von einer Problemstellung, die auf Gewinnung neuer Erkenntnis gerichtet ist, entwickeln Studierende aktiv und selbstständig ein methodisches Vorgehen und setzen dieses zur Bearbeitung der Problemstellung um. Beim forschenden Lernen soll Wissenschaft als sozialer Prozess erfahren werden. Es geht um den Erwerb einer Forscherhaltung (vgl. HUBER 2004, 32 ff.; BAK 2009, 16; REINMANN 2009, 7 f.).

Im Folgendem soll an die Gedankengänge des forschenden Lernen angeknüpft werden und dabei eine handlungstheoretische Fundierung vorgenommen werden. Aus handlungstheoretischer Sicht liegt beim Lernen und Forschen eine Strukturgleichheit vor. Forschen und Lernen ist Handeln. Eine Handlung kann dabei durch die Komponenten Planung, Durchführung und Kontrolle beschrieben werden (vgl. u. a. STRATENWERTH 1988, 130f.; SLOANE 1999, 29; DILGER 2007, 25 ff.; GERHOLZ 2010, 105 ff.). Diese Elemente können nun als Forschungs- und Lernprozess modelliert werden. Forschungsprozesse können verkürzt betrachtet durch die Phasen (1) Problem, (2) Methode resp. Verfahren und (3) Ergebnis erfasst werden. Der Lernprozess, also die Perspektive des Studierenden, gestaltet sich dazu durch (1) Interesse, (2) Erkundung und (3) Reflexion. In der Abbildung 5 sind Forschungs- und Lernprozess strukturidentisch im Sinne eines Handlungsprozesses visualisiert.

 

Abb. 5:  Handlungstheoretische Fundierung forschenden Lernens

Der Forschungsprozess spiegelt den Erkenntnisprozess wider, der Lernprozess den Kompetenzentwicklungsprozess des Studierenden. Vor dem Hintergrund dieser Modellierung sind Lernsituationen auch immer Forschungssituationen. Die Basis für die Gestaltung von Lernsituationen stellen die Erkundungsfelder dar, die wiederum ‚typische’ situative Settings von zukünftigen Handlungsfeldern zum Ausdruck bringen. Aus hochschuldidaktischer Perspektive können somit zwei Dimensionen des forschenden Lernens festgehalten werden, die das in Abschnitt 2.1 aufgezeigte Leitziel von Bachelor-Studiengängen – wissenschaftlich basierte Handlungskompetenz – aufnehmen:

  • Einerseits werden die Studierenden auf ein forschungsorientiertes Vorgehen in ihren zukünftigen Handlungsfeldern – hochschuldidaktisch modelliert über die Erkundungsfelder – vorbereitet. Durch die Bearbeitung von Forschungsproblemen der potentiellen Handlungsfelder der Bachelor-Studierenden erfolgt ein inhaltlicher Erkenntniszuwachs.
  • Andererseits geht es um die Förderung einer Haltung im Sinne eines wissenschaftlichen Denkens und Handelns. Es geht um den Aspekt der Persönlichkeitsbildung. Forschungshandeln ist als Lernhandeln und somit als permanenter Prozess des Erkenntniszuwachses resp. der Erkenntnisveränderung zu verstehen.

Diese beiden Dimensionen gestalten sich nun über die einzelnen Phasen der Forschungssituation resp. Lernsituation aus, wie es in Abbildung 5 aufgezeigt wird. Forschung beginnt dabei mit der subjektiven Problemdefinition (vgl. SLOANE 1992, 43), d. h. nicht das Problem ist Ausgangspunkt des forschenden Lernens (vgl. dazu auch REINMANN 2009, 8), sondern das situative Setting des Erkundungsfeldes, das es den forschenden Lernern ermöglicht, eigenständig Probleme zu entdecken und darauf basierend ein Erkenntnisinteresse zu formulieren. Dabei geht es nicht im Sinne einer didaktischen Reduktion und Transformation darum, bereits erforschte Probleme hochschuldidaktisch aufzubereiten, sondern vielmehr für die Lernenden eine Situation zu modellieren in der sie ungefiltert und realitätsaffin den Erkundungsprozess als Forschungsprozess starten können. Die Problementdeckung und die Formulierung des Erkenntnisinteresses sind Bestandteil des Lernprozesses. Daran schließt sich die Erkundung an, indem der Studierende ein Forschungsdesign erstellt, Daten resp. Informationen erfasst und auswertet. Aus Sicht des Forschungsprozesses handelt es sich um das Element der Methodik. Daran schließt sich die Beschreibung der Ergebnisse an. Aus Perspektive des Lernprozesses geht es um die Reflexion des Erkenntniszuwachses (oder der Erkenntnisveränderung), der Methodik und der eigenen Kompetenzentwicklung.

3.2.3 Zusammenfassende Visualisierung

In der Abbildung 6 wird die konzeptionelle Idee der hochschuldidaktischen Adaption des Lernfeldkonzeptes auf universitäre Curricula aufgezeigt. Ausgangspunkt für die curriculare Gestaltung von Studiengängen sind die zukünftigen Handlungsfelder der Studierenden. Diese erfahren über die Ableitung von ‚typischen’ situativen Settings eine hochschuldidaktische Adaption und münden in Erkundungsfeldern (EF). Ein berufliches Handlungsfeld kann sich dabei aus mehreren Erkundungsfeldern speisen.

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Abb. 6:   Gesamtkonzeption universitärer Curricula in Logik des Lernfeldkonzepts
(EF = Erkundungsfeld, LS = Lernsituation, LFE = Lehr- und Forschungseinheit)

Exemplarisch wird hier ein wirtschaftswissenschaftlicher Bachelor-Studiengang aufgezeigt. Dieser setzt sich aus zwei Phasen – wie es in der deutschen Universitätslandschaft häufig zu beobachten ist – zusammen. Dahinter liegt die Idee, dass Studierende einer beruflichen Domäne – hier Wirtschaftswissenschaften – durchaus gleiche Erkundungsfelder (Basisphase) absolvieren werden, darüber hinaus aber auch Schwerpunkte (Profilierungsphase) im Sinne spezifischer beruflicher Handlungsfelder in der Domäne bilden können.[10]

In Weiterführung der curricularen Konzeption ist es die Aufgabe der Hochschullehrer, Lernsituationen im Sinne von Forschungssituationen zu entwickeln. Bezugspunkt stellen dabei die Erkundungsfelder dar. Dabei geht es im Sinne des forschenden Lernens um die autonome und erkundende Bearbeitung von Forschungssituationen. Hierbei werden die Inhalte der Domäne situiert. Lernen und Forschen stellen Handlungsprozesse dar, die der Studierende durchläuft. Die Entwicklung, Durchführung und Evaluation von Lernsituationen obliegt den Lehr- und Forschungseinheiten (LFE), die an einem Studiengang beteiligt sind. Dabei wird in Abbildung 6 visualisiert, dass nicht in jeder Lernsituation alle Lehr- und Forschungseinheiten involviert sind, sondern es vielmehr von den Erkundungsfeldern und deren situativen Settings und der Formulierung des Bedarfs der Studierenden im Lernprozess abhängt, welche Lehr- und Forschungseinheiten beteiligt sind.

4 Ausblick

Der Beitrag unterbreitet ein Angebot für die curriculare Gestaltung von Studiengängen in Hochschulen, das sich in der Logik des Lernfeldkonzeptes – welches originär aus der beruflichen Bildung stammt – entfaltet. Dabei muss bei der Adaption des Lernfeldkonzepts auf den Hochschulkontext berücksichtigt werden, dass Bachelor- und Master-Studiengänge auf einem anderen Aggregationsniveau angesiedelt sind als berufliche Bildungsgänge. Während gerade im Bereich der dualen Ausbildung konkrete Berufsbilder existieren und somit eine berufliche Domäne vorliegt, muss für den Bereich der Studiengänge an Universitäten konstatiert werden, dass diese durchweg viel weniger eindeutig strukturiert sind.

Gerade im internationalen Vergleich, vorrangig in anglo-amerikanischen Ansätzen, wird deutlich, dass i. d. R. fach- bzw. domänenspezifische Vorgaben gemacht werden und eine mögliche Orientierung an Handlungsfeldern vielmehr als methodische Entscheidung gesehen wird und so außerhalb der curricularen Festlegung liegt. Lediglich im niederländischen Hochschulkontext lassen sich nach unserer Beobachtung vereinzelt vergleichbare curriculare Konzepte erkennen.

Vor dem Hintergrund der Adaption muss aus Sicht der hochschuldidaktischen Forschung auch ein stärkeres Augenmerk auf die Sequenzierungsfrage gelegt werden. Dabei geht es um die Frage, wie Module intern und innerhalb von Studiengängen zu strukturieren und sequenzieren sind. Dies ist nicht nur eine organisatorische, sondern vielmehr eine didaktische Fragestellung, die in Untersuchungen bisher nicht stärker thematisiert wurde.

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[1]     Die Frage der curricularen Gestaltung von Master-Studiengängen könnte sich eventuell an den aufgezeigten Diskurs anschließen, jedoch haben diese im Vergleich zu Bachelor-Studiengängen noch andere Zielsetzungen. So können diese stärker anwendungs- oder forschungsorientiert sein, was durchaus zu anderen curricularen Gestaltungen führen würde (vgl. dazu GERHOLZ/ SLOANE 2008, 2).

[2]     Gleichzeitig soll der Bachelor auch auf ein Master-Studium vorbereiten (vgl. TEICHLER 2005, 318; GERHOLZ/ SLOANE 2008, 3).

[3]     Sicherlich impliziert dieser Hinweis auf Erwerbswirtschaftlichkeit zugleich immer auch eine Einschränkung und Reduzierung des universitären Bildungsideals, man kann dies jedoch genauso relativierend interpretieren, wie dies in traditionellen berufs-, wirtschafts- und arbeitspädagogischen Dichotomien gemacht wird, bei denen man immer von einem Dualismus, etwa von Tüchtigkeit und Mündigkeit ausgeht. Es wird allerdings notwendig sein, solche Dualitäten immer innerhalb von Hochschulen zu diskutieren und diese in den Leitlinien von Studiengängen zu verankern.

[4]     Als eine Operationalisierungsvariante aus deutscher Sicht kann der Hochschulqualifikationsrahmen angesehen werden, in welchem zwischen den Kategorien ‚Wissen und Verstehen(fachspezifisches Wissen)’ und ‚Können (Wissenserschließung)’ unterschieden wird (vgl. HQR 2005, 5). Die Deskriptoren des Hochschulqualifikationsrahmens spiegeln eine Lernergebnisorientierung wider, da festgehalten wird, was die Studierenden am Ende ihres Studiums erworben haben sollen (vgl. SLOANE 2008, 88 ff.; GERHOLZ/SLOANE 2008, 5 ff.). Es bleibt somit offen, inwiefern der Hochschulqualifikationsrahmen ein geeignetes Instrument darstellt, das Leitziel universitärer Bildung entsprechend zu operationalisieren.

[5]     REETZ rekonstruiert hierbei die Kriterien zur Auswahl von Bildungsinhalten nach ROBINSOHN (1975, 47), der von der Bedeutung eines Gegenstandes (1) in der Wissenschaft, (2) für das Weltverstehen und (3) in zukünftigen Anwendungssituationen spricht (vgl. dazu auch FROMMBERGER/ REINISCH 2004, 164 f.).

[6]     Für REINISCH (2003, 12) ist das Persönlichkeitsprinzip den beiden anderen Prinzipien – Wissenschafts- und Situationsprinzip – übergeordnet.

[7]     Ausgehend von diesen Gedankengang führt REINISCH (2003, 14) aus, dass somit eine ‚wirkliche’ Situationsorientierung in den Lernfeldcurricula nicht gegeben ist.

[8]     Kritisch muss dabei angeführt werden, dass die oben erwähnten Einwände von REINISCH durchaus weiterhin zu konstatieren sind, da sich die Ausprägungen der vorgestellten Kriterien wieder über die Wahrnehmungen resp. Kompetenzen der systematisierenden Akteure bestimmen. Allerdings geht es hierbei um die Typisierung der Qualität von Problemsituationen und weniger um eine abbildhafte Darstellung.

[9]     HUBER hält fest, dass aufgrund der vielfältigen Verwendung des Konzeptes ‚forschendes Lernen’ eine Unschärfe eingetreten ist und verwandte Ansätze wie Lernerzentrierung, problemzentriertes Lernen und Projektstudium Affinitäten zum forschenden Lernen aufzeigen (vgl. HUBER 2004, 32). 

[10]   So könnte sich beispielhaft Erkundungsfeld 1 über Situationen speisen, die den Transitionsprozess in der Studieneingangsphase wiedergeben: ‚Im Studium orientieren’. Erkundungsfeld 2 könnte sich über Situationen ausgestalten, die das Handlungsfeld ‚Geschäftsprozesse in und zwischen Unternehmen’ erkennbar werden lassen. Hinsichtlich der Profilierungsphase könnte ein berufliches Handlungsfeld den Namen ‚Taxation and Accounting’ haben. Dabei sei betont, dass es sich hier um beispielhafte Formulierungen handelt; für die konkrete Schneidung der Erkundungsfelder sind empirische Fundierungen notwendig.


Zitieren dieses Beitrages

GERHOLZ, K.-H./ SLOANE, P. F. E. (2011): Lernfelder als universitäres Curriculum? – Eine hochschuldidaktische Adaption. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 20, 1-24. Online:  http://www.bwpat.de/ausgabe20/gerholz_sloane_bwpat20.pdf  (19-11-2011).


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