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bwp@ Ausgabe Nr. 20 | Juni 2011
Lernfeldansatz - 15 Jahre danach
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 20 sind Tade Tramm, H.-Hugo Kremer & Ralf Tenberg

Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnun­gen

Beitrag von Barbara LORIG, Daniel SCHREIBER, Christin BRINGS, Torben ­PADUR & Nicole WALTHER (Bundesinstitut für Berufsbildung)

Abstract

Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat sich in den letzten Jahren intensiv mit Fragen der Kompe­tenzorientierung beschäftigt. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Europäisierung der Berufs­bildung und der Schaffung eines Deutschen Qualifikationsrahmens wird es zukünftig wichtig sein, die Ordnungsmittel der Berufsbildung kompetenzbasiert zu gestalten. Kompetenzorientierung dient als gemeinsames Verständigungsmittel zur Förderung von mehr Transparenz und Durchlässigkeit im Berufsbildungssystem. In diesem Beitrag wird der Vorschlag für ein einheitliches und systematisches Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen vorgestellt. Zunächst werden die konzeptionellen Grundlagen – das Kompetenzverständnis und -modell – skizziert; zukünftig sollen Ausbildungs­ord­nungen an den beruflichen Anforderungen ausgerichtet und lernergebnisorientiert beschrieben wer­den. Im Hauptteil dieses Beitrags werden die Kernelemente des Konzepts aufgezeigt und der Erar­beitungsprozess von kompetenzbasierten Ausbildungsordnungen beschrieben. Im Ausblick daran werden Anknüpfungspunkte des Lernfeldkonzepts und des „Konzepts zur Gestaltung kompetenz­basierter Ausbildungsordnungen“ aufgezeigt.


A concept for the design of competence-based training regulations

The Federal Institute for Vocational Education and Training has dealt intensively in recent years with questions of competence orientation. Against the background of the increasing Europeanisation of vocational education and training and the creation of a German Qualification Framework it will be important in the future to design the regulations of vocational education in a competence-based way. Competence orientation serves as a common medium of understanding to promote greater trans¬parency and permeability in the system of vocational education and training. This paper presents the proposal for a unified and systematic concept for the design of competence-based training regulations. First, the conceptual foundations – the understanding of competence and the competence model – are outlined; in future the training regulations should be aligned with the vocational demands and should be written in a way that is oriented to learning outcomes. In the main part of the paper the core elements of the concept are shown and the process of developing competence-based training regulations is described. Then points of connection between the concept of fields of learning and the “concept for the design of competence-based training regulations” are indicated.

1 Kompetenzorientierung in der beruflichen Bildung – politische und konzeptionelle Entwicklungen

Der Kompetenzbegriff wird zunehmend zum Leitbegriff in den unterschiedlichen Bereichen des Bildungssystems. Damit geht eine Neuausrichtung der Bildungsbereiche in Richtung Lernergebnis- und Outputorientierung einher. Mit der Orientierung an Kompetenzen vollzieht sich ein Paradigmenwechsel von der Input- zur Outputsteuerung; ausschlaggebend für die Qualität von Bildungsprozessen sind die tatsächlich erbrachten Lernleistungen von Schüler­innen und Schülern, Auszubildenden und Studierenden (vgl. KLIEME/ MAAG-MERKI/ HARTIG 2007).

Darüber hinaus wird mit der Einführung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) ange­strebt, die Lernleistungen der unterschiedlichen Bildungsgänge transparenter und vergleich­barer zu machen, um für mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem zu sorgen. Zu diesem Zweck werden Kompetenzen einheitlich definiert und auf unterschiedlichen Niveaus beschrieben.

Mit dem DQR wird zukünftig ein Referenzrahmen für die Vergleichbarkeit von Bildungs­abschlüssen geschaffen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die beruflichen Curricula für die berufsschulische Seite und die betriebliche Seite kompetenzbasiert gestaltet werden können. Die berufsschulische Seite hat mit dem Lernfeldkonzept, das 1996 eingeführt wurde, bereits eine Antwort auf die Frage nach Kompetenzorientierung gegeben. Demnach ist der berufsschulische Unterricht auf die Entwicklung von Handlungskompetenz ausgerichtet. Diese wird verstanden „als die Bereitschaft und Befähigung des Einzelnen, sich in beruf­li­chen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Handlungskompetenz entfaltet sich in den Dimen­sio­nen von Fachkompetenz, Humankompetenz und Sozialkompetenz“ (KULTUSMINISTER­KONFERENZ 2007, 10). Bestandteil von Fach-, Human- und Sozialkompetenz sind Metho­denkompetenz, kommunikative Kompetenz und Lernkompetenz. Dieses Kompetenzver­ständ­nis wird allen Rahmenlehrplänen vorangestellt und den Lernzielformulierungen zugrunde gelegt.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Frage der Kompetenzorientierung von beruflichen Curricula beschäftigt. Beispielsweise wur­den kompetenzbasierte Ausbildungsbausteine für so genannte Altbewerberinnen und Altbe­werber entwickelt. Bei der Entwicklung wurde explizit das Kompetenzverständnis, welches auch den Lernfeldern zugrunde gelegt wird, berücksichtigt (vgl. FRANK/ GRUNWALD 2008). Ausbildungsbausteine stellen Lerneinheiten dar, die im Rahmen alternativer Ausbil­dungswege eingesetzt werden können (vgl. WEITERER/ ACKER 2011). Sie bilden die Lern­inhalte der Ausbildungsordnungen und der Lernfelder als gemeinsame Lerneinheiten ab.

Neben der Entwicklung von Ausbildungsbausteinen besteht aber auch Handlungsbedarf vor allem im Hinblick auf eine kompetenzbasierte Neuausrichtung der ca. 350 staatlich aner­kann­ten Ausbildungsberufe. Im Gegensatz zur Entwicklung von Lernfeldern für den berufsschuli­schen Teil der Dualen Berufsausbildung wird bei der Gestaltung von Ausbildungsordnungen bisher kein explizites kompetenzbasiertes Konzept verfolgt. In einem Gutachten von 2005 kommt BREUER zu dem Ergebnis, dass die aktuellen Ausbildungsordnungen nur einge­schränkt berufliche Handlungskompetenz abbilden.

Das BIBB hat mit dem Forschungsprojekt „Kompetenzstandards in der Berufsausbildung“[1]  die Frage zur kompetenzbasierten Neuausrichtung der staatlich anerkannten Ausbildungs­berufe aufgegriffen. Ziel dieses Projektes war es, theoretische Grundlagen sowie einen Vor­schlag zu erarbeiten, wie zukünftig kompetenzbasierte Ausbildungsordnungen gestaltet wer­den können.

2 Kompetenzverständnis und Kompetenzmodell

Im o. g. Forschungsprojekt wurden zum einen Grundlagen für die Festlegung eines Kom­petenzverständnisses gesichtet, welches bei der Gestaltung von Ausbildungsordnungen zugrunde gelegt werden kann und zum anderen ein Modell entwickelt, welches das Kompe­tenzverständnis operationalisiert. Diese Vorgehensweise orientiert sich an der Systematik von Bildungsstandards (siehe dazu ausführlich HENSGE/ LORIG/ SCHREIBER 2010 und 2011; HENSGE et al. 2008; LORIG/ SCHREIBER 2007 und 2010). In dem Konzept zur „Entwick­lung nationaler Bildungsstandards“ wird vorgeschlagen, Bildungsziele durch Kompetenz­modelle zu konkretisieren und die erworbenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler im Weiteren zu überprüfen (vgl. KLIEME et al. 2003). Kompetenzmodelle haben demnach die Funktion, Bildungsziele – d. h. relativ abstrakte und unspezifische Vorstellungen darüber, welche Leistungen in einem Bildungsgang erbracht werden sollen – zu konkretisieren.

2.1 Kompetenzverständnis

Für die Duale Berufsausbildung wird der Bezug zum Thema Kompetenz durch die Verwen­dung des Begriffs „berufliche Handlungsfähigkeit“ im Berufsbildungsgesetz (BBiG) herge­stellt. In § 1 Abs. 3 des BBiG heißt es, „[d]ie Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforder­lichen Berufserfahrungen zu ermöglichen.“

Das Bildungsziel im Rahmen des BBiG ist somit die qualifizierte Erwerbsarbeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, definiert der Gesetz­geber, dass für die Bewältigung dieser Aufgaben „berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten“ die Grundlage darstellen. Mit dem Klammerbegriff „berufliche Handlungs­fähigkeit“ wird betont, dass es sich um ein breites Spektrum an kognitiven und prozeduralen Fähigkeiten handeln soll, d. h. Wissen und Können. Des Weiteren wird mit dem Term „beruf­lich“ spezifiziert, dass es sich nicht ausschließlich um allgemeine Fähigkeiten handelt, son­dern explizit um die in dem zu erlernenden Beruf notwendigen.

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Kompetenzstandards in der Berufsausbildung“ wurde ein Kompetenzverständnis als Grundlage für die Gestaltung von kompetenzbasierten Ausbil­dungsordnungen entwickelt. Dabei wurden gängige Kompetenzansätze und -definitionen aus der aktuellen Diskussion im Berufsbildungsbereich gesichtet und verglichen (vgl. dazu HENSGE/ LORIG/ SCHREIBER 2008 und 2010; LORIG/ SCHREIBER 2007 und 2010).

Auf Basis dieser Ergebnisse wurde im Anschluss ein Kompetenzverständnis entwickelt:

„Handlungskompetenz bedeutet in der Lage zu sein, Aufgaben selbstständig und eigenverantwortlich unter Berücksichtigung des Kontextes und der in diesem han­delnden Personen gestalten zu können. Handlungskompetenz wird in Arbeits- und Lernsituationen erworben und für die berufliche und persönliche Entwicklung genutzt. Handlungskompetenz entfaltet sich in den Dimensionen Fach-, Methoden-, Sozial- und personale Kompetenz“ (HENSGE/ LORIG/ SCHREIBER 2009, 11).

Dieses Kompetenzverständnis schließt an die Diskussion in der Berufs- und Wirtschaftspä­dagogik an (vgl. beispielsweise ACHTENHAGEN 2004; REETZ 1990; 1999; DILGER/ SLOANE 2005) und stellt die Grundlage für die weitere konzeptionelle Arbeit dar.

2.2 Kompetenzmodell

Als Operationalisierung eines Kompetenzverständnisses wird in der Diskussion um Kompe­tenzorientierung vorgeschlagen, Kompetenzmodelle einzusetzen (vgl. KLIEME 2003; KLIE­ME/ LEUTNER 2006; KLIEME/ MAAG-MERKI/ HARTIG 2007). Dabei können in der derzeitigen Diskussion zwei Formen von Kompetenzmodellen unterschieden werden. Zum einen Kompetenzstrukturmodelle, wobei die Frage im Mittelpunkt steht, „[...] wie die Bewäl­tigung unterschiedlicher Anforderungen miteinander zusammenhängen und auf welchen und wie vielen Dimensionen interindividuelle Unterschiede in Kompetenzen angemessen beschrieben werden können“ (KLIEME/ MAAG-MERKI/ HARTIG 2007, 1); zum anderen Kompetenzentwicklungsmodelle, die den Verlauf des Kompetenzerwerbs in einem bestimm­ten Bereich, einer Domäne, beschreiben.

Im Forschungsprojekt wurden – analog zum Vorgehen bei der Ableitung des Kompetenzver­ständnisses – aktuell diskutierte Kompetenzmodelle im beruflichen Bereich verglichen und folgende gemeinsame Merkmale ermittelt:

1. Bei fast allen Kompetenzmodellen handelt es sich um Strukturmodelle, welche eine übergeordnete Zielsetzung – in der Regel Handlungskompetenz – in unterschiedliche Teildimensionen differenzieren.

2. Alle diskutierten Modelle sind berufsübergreifend angelegt. Für die unterschiedlichen Zielsetzungen der Modelle bedeutet dies, dass aus generalisierten Vorgaben, spezifi­sche Inhalte anhand eines Modells ermittelt werden können.

3. Mit Bezug auf berufliche Handlungskompetenz werden in den Modellen Dimensionen differenziert. Die am meisten genannten Dimensionen sind die Sach- bzw. Fachkom­petenz, die Sozialkompetenz sowie die Selbst-/Human- bzw. personale Kompetenz. Die Methodenkompetenz wird in einigen Modellen in Form einer Matrix quer zuge­ordnet und in anderen als weitere Dimension auf der Ebene der anderen Dimensionen (vgl. HENSGE/ LORIG/ SCHREIBER 2011).

Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurde im Forschungsprojekt ein Modell für die Gestal­tung von kompetenzbasierten Ausbildungsordnungen entwickelt (siehe Abbildung 1):

 

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Abb. 1: Modell zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungen

 

Das Modell, das dem „Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen“ zugrunde liegt, ist in einer Matrixform organisiert; auf der einen Seite können die Anfor­derungen des Berufs über die Orientierung an Prozessen (Prozessorientierung) heraus­gearbeitet und auf der anderen Seite die dafür notwendigen Kompetenzen (Kompetenz­orientierung) beschrieben werden.

Prozessorientierung

Um die inhaltlich-fachlichen Anforderungen des Berufes abbilden zu können, bietet sich die Bezugnahme auf die beruflichen Prozesse an. Hierbei geht es darum, den Kontext des zu ord­nenden Berufs zu reflektieren. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass Fachkräfte in einem breiten Tätigkeitsspektrum eingesetzt werden und berufliches Handeln immer in den betrieblichen Gesamtzusammenhang eingebettet ist.

Darüber hinaus wird durch die Orientierung an Prozessen die Binnenstrukturierung des Berufes in Form von Handlungsfeldern festgelegt. Handlungsfelder stellen auf Grundlage der identifizierten beruflichen Prozesse geschnittene Anforderungsbündel dar.

Mit der Orientierung an Prozessen wird an die bestehende Ordnungsarbeit angeknüpft, gleichzeitig aber auch gewährleistet, dass aktuelle Anforderungen bei der Gestaltung von Berufen berücksichtigt werden.

Kompetenzorientierung

Das Kompetenzmodell wird neben den Anforderungen im Beruf durch die dafür erforder­lichen Kompetenzen komplementiert. Aus dem Kompetenzverständnis werden die Kompe­tenzdimensionen Fach-, Methoden-, Sozial- und personale Kompetenz abgeleitet. Diese sol­len gewährleisten, dass alle für die Ausübung des Berufes relevanten Kompetenzaspekte berücksichtigt werden. Zur besseren Verständigung und Transparenz werden diese wie folgt operationalisiert:

 

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Abb. 2: Kompetenzdimensionen und Unterkategorien beruflicher Hand­lungskompetenz

 

  • Die Dimension Fachkompetenz repräsentiert das im Beruf verankerte Wissen und Können.
  • Die Methodenkompetenz spiegelt fachübergreifende Kompetenzen wieder, beispiels­weise Kompetenzen zur Selbstorganisation der eigenen Arbeit und zu Qualitäts­aspekten.
  • Mit der Dimension Sozialkompetenz werden die Fähigkeiten angesprochen, die sich auf die Kommunikation mit internen (Kollegen, Vorgesetzten etc.) und externen Part­nern (Kunden, Geschäftspartner etc.) beziehen sowie die Art und Weise der Anspra­che (wie zum Beispiel die adressatengerechte Kommunikation).
  • Personale Kompetenz beinhaltet alle auf die Person bezogenen Kompetenzen, wie beispielsweise die Reflexion der eigenen Rolle im Betrieb, die Übernahme von Ver­antwortung im eigenen Arbeitsbereich oder die Bereitschaft der Erweiterung der eigenen Fähigkeiten im Rahmen lebensbegleitender Lernprozesse.

Die Kompetenzdimensionen sind nicht als isolierte Größen zu betrachten, sondern bilden erst im Zusammenhang die berufliche Handlungskompetenz ab.

Durch das Kompetenzmodell ist es möglich, einerseits die beruflichen Anforderungen über die Identifizierung der relevanten Prozesse herauszuarbeiten und andererseits die dafür not­wendigen Kompetenzen darzustellen. Somit werden Anforderungs- und Kompetenzseite sys­tematisch miteinander verknüpft.

3 Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen

Aufbauend auf dem Kompetenzmodell wurde im Projekt das „Konzept zur Gestaltung kom­petenzbasierter Ausbildungsordnungen“ entwickelt. Es wurde im Auftrag des Bundesminis­teriums für Bildung und Forschung in zwei ausgewählten Berufen – Kaufmann/-frau für Ver­sicherungen und Finanzen für den kaufmännisch-verwaltenden Bereich und Werkzeug­mechaniker/-in für den gewerblich-technischen Bereich – exemplarisch erprobt und auf Basis der gesammelten Erfahrungen überarbeitet[2].

Das „Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen“ beschreibt fünf Verfahrensschritte, welche das Kompetenzmodell in eine Prozessstruktur überführen, um im Rahmen von Sachverständigensitzungen unter der Federführung des BIBB Ordnungsmittel zu entwickeln. Mit diesem Verfahrensvorschlag kann berufsübergreifend einheitlich und syste­matisch der Aspekt der Kompetenzorientierung in den Ausbildungsordnungen verankert wer­den.

Im Nachfolgenden wird zunächst der Prozess der Entstehung von Ausbildungsordnungen skizziert, in dessen Rahmen das Konzept zum Einsatz kommen soll. Darauf folgend werden die fünf Verfahrensschritte des Konzepts erläutert und der Prozess der Entwicklung von kompetenzbasierten Ausbildungsordnungen dargestellt.

3.1 Exkurs: Entstehungsprozess von Ausbildungsordnungen

Die Konzipierung und Erstellung neuer oder zu modernisierender Ausbildungsberufe wird von einer Vielzahl von Akteuren in der beruflichen Bildung gestaltet. Neben dem Bund und den Ländern wirken auch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen (Sozialparteien) an der Erarbeitung mit. Diese stimmen sich ab („Konsensprinzip“) und bereiten so die Aus­bildungsordnungen für die zuständigen Bundesministerien vor.

Die Ausbildungsordnungen bilden dabei den rechtlichen Ordnungsrahmen für die jeweiligen Berufe. In §5 Abs. 1 BBiG ist geregelt, was genau eine Ausbildungsordnung als Mindestan­forderung enthalten soll: die Bezeichnung des Ausbildungsberufes, die Ausbildungsdauer, das Ausbildungsberufsbild, der Ausbildungsrahmenplan und die Prüfungsanforderungen. Diese so genannten „Eckwerte“ werden im Vorfeld der Neuordnung in einem Antragsge­spräch beim zuständigen Fachministerium unter Beteiligung der Sozialparteien sowie des Bundes und der Länder festgelegt.

Die Initiative für die Neuordnung eines Ausbildungsberufs geht in der Regel von den jewei­ligen Fachverbänden in Abstimmung mit den entsprechenden Gewerkschaften aus. Nach Antragstellung bei dem zuständigen Fachministerium entscheidet dieses in Abstim­mung mit den Ländern über den Bedarf einer Neuordnung. Oftmals ist dieser im Vorfeld nicht eindeutig geklärt. Daher gibt es die Möglichkeit, in einem vom BIBB durchgeführten Vorverfahren die Eckwerte zu ermitteln. Dieses so erstellte Gutachten wird unter Beteiligung der Sozialpar­teien und der Länder anschließend dem entsprechenden Fachministerium vorge­legt.

Ist die Entscheidung für die Entwicklung neuer Ausbildungsordnungen oder der Modernisie­rung bereits bestehender getroffen, läuft diese nach einem geregelten Verfahren ab (siehe Abbildung 3).

 

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Abb. 3: Entstehungsprozess von Ausbildungsordnungen (eigene Darstellung)

 

Das zuständige Fachministerium beauftragt das BIBB mit der Erarbeitung der neuen Ausbil­dungsordnung unter Beteiligung der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer sowie entsprechender Vertreter der Länder. Dabei sind durch Bund und Länder konkrete Vorgaben für die Dauer der Erarbeitung gegeben. Ein Ausbildungsbeginn wird i. d. R. im jeweiligen Antragsgespräch festgelegt. Parallel zur Erarbeitung der betrieblichen Ausbildungsinhalte erstellen die Länder unter Federführung eines Bundeslandes einen entsprechenden Rahmenlehrplan für die Berufsschulen.

Bevor eine Ausbildungsordnung durch das Fachministerium im Einvernehmen mit dem Bun­desministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erlassen werden kann, findet nach dem Abschluss der inhaltlichen Erarbeitung eine so genannte „Gemeinsame Sitzung“ zwischen Bund und Ländern statt. In dieser wird gewährleistet, dass sich die entwickelten Ausbil­dungs­inhalte und die konzipierten Lernfelder entsprechen.

Der abgestimmte Entwurf der Ausbildungsordnung wird anschließend dem Hauptausschuss des BIBB zur Stellungnahme vorgelegt. Dieser „empfiehlt“ durch seine Zustimmung der Bundesregierung, die Ausbildungsordnung zu erlassen. Der so genannte „Bund-Länder-Koordinierungsausschuss Ausbildungsordnungen/Rahmenlehrpläne (KoA)“ verabschiedet letzten Endes die abgestimmten Entwürfe. Nach einer Prüfung der Justiziabilität durch das Bundesministerium für Justiz erlässt schließlich das jeweilige Fachministerium im Einver­nehmen mit dem BMBF zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn die neue Ausbildungs­ordnung. Diese wird dann im Bundesanzeiger veröffentlicht (vgl. BIBB 200

3.2 Verfahrensschritte des Konzepts

Das „Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen“ setzt im Haupt­verfahren an (siehe Abbildung 4).

 

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Abb. 4: Verfahrensschritte zur Erarbeitung kompetenzbasierter Ausbildungsord­nungen

 

Schritt 1: Identifizierung der betrieblichen und beruflichen Prozesse

Um die im Beruf erforderlichen Kompetenzen in ihrer Breite, Tiefe und ihren Zusammen­hän­gen zu erfassen, ist es notwendig, in einem ersten Schritt die betrieblichen und darauf auf­bau­end die beruflichen Prozesse zu analysieren.

Teilschritt 1a: Reflexion der betrieblichen Prozesse

Bei der Identifizierung der relevanten betrieblichen Prozesse sollten die Betriebe, in denen die Fachkräfte nach Ausbildungsende eingesetzt werden, analysiert werden. Ziel ist es, einen Überblick über die Betriebe, ihr Geschäftsfeld, die Aufbau- und Ablauforganisation etc. zu erhalten.

Für das Verfahren wird im Konzept kein explizites Modell zur Strukturierung von betrieb­lichen Prozessen vorgegeben. Allein die unterschiedlichen Steuerungs- und Organisations­logiken im gewerblich-technischen und kaufmännischen Bereich lassen kein allgemeines Prozessmodell für die Entwicklung der Ordnungsmittel zu.

Um die betrieblichen Prozesse zu identifizieren wird die Expertise der Sachverständigen genutzt. Dabei könnte es hilfreich sein, die betrieblichen Prozesse in „Kern- und Support­prozesse“ zu unterscheiden (siehe HENSGE/ LORIG/ SCHREIBER 2009). Alternativ können die betrieblichen Prozesse auch anhand des Konstrukts „Kundenauftrag“, d. h. vom Auftrag bis zur Abnahme des Produkts, strukturiert werden. Eine weitere Alternative, die im gewerb­lich-technischen Bereich bevorzugt werden könnte, stellt die so genannte „vollständige Hand­lung“ (HACKER 1986) dar; Prozesse können danach beispielsweise in planende bzw. vorbe­reitende, durchführende und kontrollierende Prozesse unterschieden werden.

Teilschritt 1b: Identifizierung der berufstypischen Prozesse

Auf Grundlage der identifizierten betrieblichen Prozesse werden nun die beruflichen Prozesse herausgearbeitet. Dabei wird davon ausgegangen, dass es eine Vielzahl betrieblicher Prozesse gibt, die Fachkraft jedoch in ausgewählten beruflichen Prozessen eingesetzt wird. Bei der Identifizierung der berufstypischen Prozesse sollten die typischen Aufgaben einer aus­gebil­deten Fachkraft in den Blick genommen werden.

Dieser erste Schritt zur Identifizierung der betrieblichen und beruflichen Prozesse dient zum einen dazu, einen Überblick über mögliche Einsatzbereiche der Fachkräfte und deren homo­gene bzw. heterogene Ausgestaltung zu erhalten; zum anderen bilden die identifizierten berufsspezifischen Prozesse die inhaltliche Grundlage für die weitere Ausgestaltung des Berufsprofils.

Schritt 2: Schneidung von Handlungsfeldern

In diesem zweiten Schritt geht es darum, die beruflich relevanten Prozesse in die Ausbil­dungsordnung zu übertragen. Dafür werden – auf Grundlage des ersten Verfahrensschritts – Handlungsfelder geschnitten. Diese bilden die Grobstruktur der Ausbildungsordnung, das Ausbildungsberufsbild. Gleichzeitig stellen sie die interne Differenzierung des Berufsbildes, den inhaltlichen Rahmen für die zu erwerbenden Kompetenzen dar. Handlungsfelder sind fachlich begründbare Bündelungen der beruflichen Anforderungen.

Bei der Schneidung der Handlungsfelder werden das in den Eckwerten zugrunde gelegte Strukturkonzept (Monoberuf, Berufsgruppe, Fachrichtungen, Schwerpunkte, Wahlqualifika­tionen etc.) und die Prüfungszeitpunkte (Zwischen- und Abschlussprüfung, Gestreckte Abschlussprüfung Teil 1 und 2) berücksichtigt.

Jedem Handlungsfeld wird ein zeitlicher Umfang in Monaten zugewiesen. Dabei wird die in den Eckwerten festgelegte Ausbildungsdauer zugrunde gelegt und jedes Handlungsfeld in Relation zu den übrigen Handlungsfeldern und den Kernaufgaben des Berufs betrachtet.

Schritt 3: Bestimmung und Beschreibung von Kompetenzen

Im dritten Schritt werden nun die in den Handlungsfeldern erforderlichen Kompetenzen bestimmt und Kompetenzbeschreibungen in Fließtextform, d. h. eine holistische Darstellung der Kompetenzen, erarbeitet.

Bei der Bestimmung und Beschreibung der Kompetenzen werden die Dimensionen Fach-, Methoden-, Sozial- und personale Kompetenz berücksichtigt. Dabei wird die Gewichtung der Kompetenzdimensionen in den einzelnen Handlungsfeldern unterschiedlich ausfallen, so kön­nen z. B. methodische Aspekte in einem Handlungsfeld weniger relevant sein als soziale oder fachliche Kompetenzen, während in einem anderen Handlungsfeld die Fachkompetenz domi­niert. Hier ist auch darauf zu achten, dass Wissen und Können explizit ausgewiesen werden.

Des Weiteren werden die Kompetenzen lernergebnisorientiert beschrieben. Dabei wird sich an den Kompetenzen einer ausgebildeten Fachkraft orientiert und die Mindestanforderungen des Berufs festgelegt.

Bei der Beschreibung der Kompetenzen wird immer eine Inhalts- und Verhaltenskomponente ausgewiesen. Diese wird bei Bedarf durch zusätzliche Adjektive wie „systematisch“, „adres­satengerecht“ etc. ergänzt, die einen Verweis auf die Qualität und das Niveau der Aus­führung geben.

Schritt 4: Entwicklung von Prüfungsfeldern

Im vierten Schritt werden aus den Handlungsfeldern und den beschriebenen Kompetenzen des Berufes die in der Prüfung zu erfassenden Kompetenzen abgeleitet und diese in Prüfungs­feldern gebündelt. Dabei bieten sich insbesondere drei Möglichkeiten zur Entwicklung von Prüfungsfeldern an. Zum einen können aus jedem einzelnen Handlungsfeld die prüfungsrele­vanten Kompetenzen abgeleitet und hieraus ein eigenes Prüfungsfeld entwickelt werden. Für jedes Handlungsfeld wird somit ein eigenes Prüfungsfeld veranschlagt. Zum anderen können die in den Handlungsfeldern relevanten Kompetenzen identifiziert und diese handlungsfeld­übergreifend in Prüfungsfeldern gebündelt werden. Somit erhalten die Prüfungsfelder einen handlungsfeldübergreifenden Zuschnitt. Neben diesen zwei Möglichkeiten zur Entwicklung von Prüfungsfeldern wäre auch denkbar, zuerst die Prüfungsstruktur unabhängig von den Handlungsfeldern zu entwickeln und die prüfungsrelevanten Kompetenzen im Anschluss auf die Handlungsfelder rück zu beziehen.

Bei der Entwicklung der einzelnen Prüfungsfelder werden neben den üblichen Informationen zum Prüfungsinstrument, zur Prüfungsdauer und zur Art der Prüfung (Zwischenprü­fung/ Abschlussprüfung; gestreckte Abschlussprüfung) auch der Kontext und die zu überprü­fenden Kompetenzen explizit beschrieben. Die Beschreibung des Kontextes der Prüfung ist wichtig, da hier Informationen über das Niveau der zu erreichenden Kompetenzen angegeben und eine dem Ausbildungsstand angemessene Prüfung gewährleistet werden kann. Dies ist insbeson­dere bei der Zwischen- und gestreckten Abschlussprüfung Teil 1 von großer Bedeu­tung, da diese nicht das volle Spektrum der beruflichen Handlungskompetenz abdecken.

Mit welcher Herangehensweise die prüfungsrelevanten Kompetenzen identifiziert und in Prü­fungsfeldern gebündelt werden, liegt im Entscheidungsspielraum der Sachverständigen; dabei kann es sich anbieten, unterschiedliche Herangehensweisen zur Entwicklung von Prüfungs­feldern in einem Beruf heranzuziehen.

Wichtig ist, dass mit Hilfe der Gesamtheit der  Prüfungsfelder die berufliche Handlungskom­petenz angemessen erfasst wird.

Schritt 5: Prüfung auf Vollständigkeit und Konsistenz

Der fünfte Schritt dient dazu, die einzelnen Arbeitsergebnisse abschließend zu reflektieren, sie in eine standardisierte Form zu übertragen und die kompetenzbasierte Ausbildungsord­nung auf Vollständigkeit und innere Konsistenz zu überprüfen.

Dabei wird analysiert, ob die Handlungsfelder alle inhaltlichen Anforderungen des Berufs abdecken und sich an den beruflich relevanten Prozessen orientieren. Des Weiteren werden die Kompetenzbeschreibungen in Bezug auf Vollständigkeit, formuliertes Anspruchsniveau und die Berücksichtigung aller Kompetenzdimensionen reflektiert.

Bei den entwickelten Prüfungsfeldern sollte kontrolliert werden, ob alle prüfungsrelevanten Kompetenzen unter Berücksichtigung der Kompetenzdimensionen beschrieben worden sind und einem angemessen Kompetenzzuwachs von der Zwischenprüfung zur Abschlussprüfung bzw. von der Gestreckten Abschlussprüfung Teil 1 zu Teil 2 Rechnung getragen worden is

3.3 Zusammenfassung

Im „Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen“ wird eine Vor­gehensweise in mehreren Teilschritten zur Erarbeitung des Verordnungstextes vorgeschlagen. Unter Berücksichtigung des Kompetenzverständnisses wird das Kompetenzmodell in einer Verfahrensabfolge konkretisiert; dabei wird unter der Vorgabe der Prozessorientierung zunächst die Grobstruktur, das Ausbildungsberufsbild, anhand von berufstypischen Prozessen und darauf bezogenen Handlungsfeldern festgelegt. Danach folgt die Feinstrukturierung der Ausbildungsordnung, bei der die Handlungsfelder, unter Berücksichtigung der Kompetenz­dimensionen des Modells, beschrieben werden. Im folgenden Schritt werden auf Basis der Handlungsfelder und der in diesen beschriebenen Kompetenzen Prüfungsfelder entwickelt. Abschließend werden bei der Erarbeitung der kompetenzbasierten Ausbildungsordnung die vorangegangenen Arbeitsergebnisse reflektiert und der Verordnungsentwurf auf seine Voll­ständigkeit und Konsistenz überprüft.

Das Verfahren und das Konzept knüpfen an die bestehende Ordnungspraxis an und entwi­ckeln diese weiter:

  • Der derzeitige Ausbildungsrahmenplan wird durch die Handlungsfelder samt Kom­petenzbeschreibungen ersetzt und diese im Paragraphenteil integriert. Damit wird es leichter, einen Überblick über den Beruf und die zu erwerbenden Kompetenzen zu erhalten. Ausbildungsordnungen werden somit übersichtlicher und fördern die Trans­parenz und Vergleichbarkeit des geordneten Berufsbilds.
  • Das Kompetenzverständnis wird explizit im Paragraphenteil aufgeführt und somit für die Ausbildungspraxis transparent gemacht.
  • Im Ausbildungsberufsbild werden die Titel der Handlungsfelder aufgeführt. Diese werden um eine Kurzzusammenfassung ergänzt, um so das Kompetenzprofil des Berufes zu verdeutlichen
  • Hinweise zur zeitlichen Gliederung werden im Paragraphenteil bei der Darstellung der Handlungsfelder gegeben und nicht nochmals gesondert aufgeführt.
  • Die derzeitigen Prüfungsbereiche werden durch Prüfungsfelder ersetzt und die nach­zuweisenden Kompetenzen explizit ausgewiesen. Die Prüfungsanforderungen werden durch Kontextbeschreibungen ergänzt, die die Prüfungsleistungen in den Berufs­kon­text einbetten.

Mit Hilfe des „Konzepts zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen“ ist es möglich, systematisch kompetenzbasierte Ordnungsmittel zu erstellen, die auf einer ein­heitlichen, transparenten Grundlage mit einem berufsübergreifenden Kompetenzverständnis basieren und im jeweiligen Ordnungsverfahren berufsspezifisch konkretisiert werden können.

Die unterschiedlichen Teilschritte helfen dabei, den Erarbeitungsprozess zu strukturieren und Kompetenz- und Lernergebnisorientierung in den Verordnungen sukzessive und methodisch zu verankern.

Mit kompetenzbasierten Ordnungsmitteln wird die Anschlussfähigkeit des Dualen Systems an die europäischen Entwicklungen gefördert und mehr Transparenz und Vergleichbarkeit der deutschen Abschlüsse im europäischen Bildungs- und Beschäftigungsraum hergestellt.

Durch die Orientierung an einem berufsübergreifenden Kompetenzverständnis, das explizit auch methodische, soziale und personale Kompetenzen berücksichtigt, können die fachüber­greifenden Kompetenzen systematisch in den Ordnungsmitteln berücksichtigt werden. Dies trägt mit dazu bei, dass fachübergreifende Kompetenzen verbindlich in die Ausbildungs­ordnungen und Prüfungsanforderungen aufgenommen werden.

Der Handlungsfeldbezug ermöglicht es einerseits, den Beruf anhand der relevanten beruf­lichen Anforderungen zu beschreiben und eingebettet in den betrieblichen Gesamtzusam­menhang zu betrachten; andererseits lassen sich durch die Handlungsfelder fachliche Inhalte mit relevanten methodischen, sozialen und personalen Kompetenzen bündeln und damit gute Beispiele für eine ganzheitliche und integrative Vermittlung geben.

4 Ausblick

Mit dem „Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen“ könnten zukünftig die Curricula der betrieblichen Seite der Dualen Berufsausbildung kompe­tenz­basiert gestaltet werden. Das Konzept beantwortet die Frage, wie neben den Rahmenlehr­plänen auch künftig Ausbildungsordnungen explizit an der Idee der Kompetenzorientierung ausgerichtet werden können.

Sowohl das Lernfeldkonzept als auch das „Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Aus­bildungsordnungen“ können miteinander verknüpft werden. Beide Konzepte beziehen sich auf ein Kompetenzverständnis, welches auf berufliche Handlungskompetenz ausgerichtet ist.

Im Lernfeldkonzept umfasst Handlungskompetenz die Dimensionen Fach-, Human- und Sozialkompetenz. Quer zu den Kompetenzdimensionen liegen die spezifischen Ausprägungen und Akzentuierungen, die in die Dimensionen Methoden-, Lern- und kommunikative Kom­petenz unterschieden werden, womit eine Matrix zur Beschreibung von Kompetenzen ent­steht. Folglich schließt jede Dimension von Handlungskompetenz spezifische Dimensionen von Methoden-, Lern- und kommunikativer Kompetenz mit ein (BADER/ MÜLLER 2002).

Das im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelte Kompetenzmodell sieht neben Fach-, Sozial- und personaler Kompetenz als vierte Dimension Methodenkompetenz vor (siehe Abbildung 1). Die Dimensionen Lern- und kommunikative Kompetenz sind im Kompe­tenzmodell in der Sozialkompetenz und personalen Kompetenz integriert (siehe Abbildung 2). Beide Modelle gehen von einem holistischen Verständnis von Kompetenzen aus und berücksichtigen die wesentlichen Kompetenzaspekte. Auf der Ebene der zugrunde gelegten Kompetenzverständnisse sind das Lernfeldkonzept und das „Konzept zur Gestaltung kom­petenzbasierter Ausbildungsordnungen“ weitestgehend kompatibel. Zentral dabei ist, dass Handlungskompetenz im beruflichen Bereich ein mehrdimensionales Konstrukt ist.

Es wird zu klären sein, ob sich zukünftig die Kompetenzbeschreibungen beider Curricula an den Dimensionen des DQR ausrichten werden. Die Herausforderung würde darin bestehen, Lernfelder und Handlungsfelder zum einen anhand der Dimensionen „Fachkompetenz“ und „Personale Kompetenz“ und den jeweiligen Unterkategorien zu beschreiben, und zum ande­ren das jeweilige Anforderungsniveau zu berücksichtigen (siehe Abbildung 5). Dies hätte den Vorteil, dass sich beide Curricula auf die gleiche Grundlage beziehen und diese stringent umsetzen.

 

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Abb. 5: Struktur des Deutschen Qualifikationsrahmens (AK DQR, Stand November 2010)

 

Die „Niveau“-Frage wird zukünftig für die Erarbeitung von Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrplänen eine der zentralen Herausforderungen bei der Curriculumentwicklung darstellen, womit auch ein zentrales Forschungsdesiderat für die Berufs- und Wirtschafts­pädagogik und die Berufsbildungsforschung formuliert ist.

Über die Frage nach der Beschreibung von Kompetenzen hinaus strukturieren Rahmen­lehrpläne und Ausbildungsordnungen die Ausbildung in Schule und Betrieb. Lernfelder wie auch Handlungsfelder folgen der Prozessorientierung. Im Lernfeldkonzept soll die Struk­turierung der Lernfelder anhand der Orientierung an „Arbeits- und Geschäftsprozessen“ erfolgen (vgl. KULTUSMINISTERKONFERENZ 2007, 17). Diese Vorgehensweise ist weitestgehend vergleichbar mit dem „Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Aus­bildungsordnungen“, da auch hier Handlungsfelder, als Binnenstrukturierung von Berufen, anhand der betrieblichen und beruflichen Prozesse identifiziert und beschrieben werden.

Vor dem Hintergrund dieser Ähnlichkeiten beider Konzepte würde es sich zukünftig anbie­ten, die Erarbeitung der Ordnungsmittel stärker miteinander zu verzahnen. Dabei wäre es u.a. denkbar, die Struktur der Lernfelder und der Handlungsfelder auf Basis der Prozess­orien­tierung miteinander abzustimmen. So könnten schulisches und betriebliches Lernen syste­matisch koordiniert und somit die Lernortkooperation gefördert werden. Des Weiteren müssten insbesondere sowohl berufsbildungspolitische, verfahrenstechnische als auch kon­zeptionelle Fragen beantwortet werden wie z. B

  • Welche berufsbildungspolitischen Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um eine Verzahnung zu fördern?
  • Wie könnten beide Konzepte – Lernfeldkonzept und „Konzept zur Gestaltung kompe­tenzbasierter Ausbildungsordnungen“ – künftig aufeinander abgestimmt werden?
  • Wie könnten die Verfahren zur Erarbeitung der Ordnungsmittel miteinander verknüpft werden?
  • Wie könnte sich diese Verknüpfung auch in den Curricula niederschlagen?
  • Welche Auswirkungen wird der DQR auf die Gestaltung und Erarbeitung der Curri­cula haben?

Für die Beantwortung dieser Fragen könnte es sich anbieten, auch die Berufsbildungssysteme anderer europäischer Länder heranzuziehen. Beispielsweise wurden und werden in der Schweiz oder in Luxemburg Curricula geschaffen, die lernortübergreifend angelegt sind.

Ein erster Schritt zu einer lernergebnis- und kompetenzorientierten Gestaltung der Curricula in Deutschland wäre die Verankerung des Kompetenzkonzepts in den Ausbildungs­ordnun­gen. Grundsätzlich ist es dabei notwendig, alle in der Berufsausbildung relevanten Akteure in die weiteren Überlegungen mit einzubeziehen.


[1] Weitere Informationen zum Projekt „Kompetenzstandards in der Berufsausbildung" unter: http://www.bibb.de/de/wlk29205.htm

[2] Weitere Informationen zur Erprobung siehe http://www.bibb.de/de/wlk54984.htm


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Zitieren dieses Beitrages

LORIG, B. et al. (2011): Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 20, 1-18. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe20/lorig_etal_bwpat20.pdf  (27-06-2011).


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