bwp@ Profil 4 - September 2016

Kompetenzentwicklung im wirtschaftspädagogischen Kontext: Programmatik – Modellierung – Analyse.

Profil 4: Digitale Festschrift für SABINE MATTHÄUS

Hrsg.: Hermann G. Ebner & Jürgen Seifried

Sabine Matthäus‘ Mannheimer Jahre – Ein kurzer Blick zurück – Trilogie, Teil 3

Der hier in den Blick genommene Berufs- und Lebensabschnitt begann für Sabine Matthäus im Sommersemester 1995 mit der Vertretung der an der Universität Mannheim vakanten C3-Professur für Berufs- und Wirtschaftspädagogik.

Der die Stelle kennzeichnende Ausschreibungstext war recht allgemein gehalten – der Bewerber bzw. die Bewerberin sollte über 'Erfahrungen in der empirischen Unterrichtsforschung' verfügen und in der Lage sein, 'die Pädagogik der beruflichen Schulen in Forschung und Lehre zu vertreten'. Gleichwohl richtete sich an die potentiellen BewerberInnen die (diese Kennzeichnung konkretisierende) Erwartung, dass ihr zentrales Wissenschaftsinteresse - in Orientierung an den bereits von Barbara Hopf, der früh verstorbenen, ersten Inhaberin der Professur, bearbeiteten Themenfeldern - auf die didaktische Fundierung und methodische Gestaltung eines den Handlungserfordernissen des Berufslebens entsprechenden kaufmännischen Unterrichts fokussiert sein sollte. Da Sabine Matthäus über die geforderten Voraussetzungen verfügte und sich bereits in ihrer vorherigen Stelle als Hochschuldozentin an der Humboldt-Universität zu Berlin durch einschlägige wissenschaftliche Publikationen auszuweisen vermochte, erschien es nur folgerichtig, dass sie dazu berufen wurde, die bis dato vertretungsweise ausgeübte Tätigkeit ab 1997 als Universitätsprofessorin fortzusetzen, was nicht zuletzt ermöglichte, die von Beginn an praktizierte Kooperation mit den im Bereich der Erziehungswissenschaft der damaligen Philosophischen Fakultät tätigen Kollegen (und hier insbesondere mit dem Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspädagogik, Prof. Dr. Jürgen Zabeck) weiter zu verstärken.

Was das Geschehen in der berufs- und wirtschaftspädagogisch relevanten Realität und was die in der Disziplin thematisierten Fragestellungen und Konzepte betrifft, sind während der zurückliegenden zwei Jahrzehnte merkliche Veränderungen registrierbar – man denke einerseits an die in nahezu allen Wirtschaftsbereichen spürbare Wettbewerbsverschärfung oder an den fortschreitenden Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie mit ihren jeweiligen Auswirkungen auf die an den Arbeitsplätzen zu bewältigenden Anforderungen, und auf der anderen Seite an die in der Disziplin immer stärkere Fokussierung auf den Kompetenzbegriff als den die didaktisch-methodische Gestaltung der Berufsbildung fundierenden Leitbegriff.

Die von Sabine Matthäus in diesen Jahren publizierten Forschungsarbeiten greifen unterschiedliche, gleichermaßen wichtige, mit diesen Veränderungen sich ergebende Fragestellungen auf. Sie sind schwerpunktmäßig drei Bereichen zuordenbar, wobei es in einem ersten Bereich um die Modellentwicklung und Evaluierung von Qualifikationsanforderungen in der beruflichen Bildung, um die Untersuchung von Rahmenbedingungen in der beruflichen Ausbildung und Weiterbildung in Schule und Betrieb sowie um Analysen zur Qualität der beruflichen Bildung ging. (Hierbei wurden mehrere Forschungsprojekte mit Themen wie das 'E-Learning in der betrieblichen Weiterbildung', die 'Professionalisierung in Pflegeberufen' oder der 'Erwerb der für den Einsatz im beruflichen Schulwesen erforderlichen Lehrbefähigung für 'Seiteneinsteiger' aus dem Fachhochschulbereich', zum Abschluss gebracht.) Ein weiterer, an die internationalen Kontakte anknüpfender Bereich umfasste Studien, in denen, unter Abhebung auf den Qualitätsaspekt, das deutsche System der beruflichen Aus- und Weiterbildung in einen Vergleich mit den in den osteuropäischen Staaten anzutreffenden Strukturen gerückt wurde. Der dritte Schwerpunkt bündelte schließlich die empirische Unterrichtsforschung im Bereich der kaufmännischen Erstausbildung, wozu vor allem die Bearbeitung unterrichtsmethodischer und (fach-)didaktischer Themen zählt. Ihr Fokus richtete sich dabei – angesichts des zunehmenden Wettbewerbs auf den Märkten und damit der erhöhten Bedeutung einer gelungenen Interaktion zwischen den Marktpartnern, und angesichts der in den Betrieben  immer mehr sich durchsetzenden Prozessorientierung und damit des erhöhten Stellenwertes eines fruchtbaren Informationsaustauschs zwischen den Mitarbeitern - auf die Entwicklung der kommunikativen Kompetenz und des kommunikativen Handels von Jugendlichen in der kaufmännischen Erstausbildung - eine Themenstellung, die für Sabine Matthäus (über das anfänglich gemeinsam mit Berliner Kollegen verfolgte Forschungsprojekt hinaus) bis heute von zentralem Forschungsinteresse ist.

Die genannten Forschungsschwerpunkte spiegeln sich auch in der umfänglichen und mit hohem Engagement ausgeübten Lehrtätigkeit von Sabine Matthäus. Sie machte – wie ehedem die Studierenden des Diplomstudiengangs  die Bachelorstudenten und -studentinnen mit den Grundlagen der Wirtschaftspädagogik vertraut, sie thematisierte die zentralen didaktisch-methodischen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Planung und Realisierung des wirtschaftsberuflichen Unterrichts und sie interessierte die Studierenden auch für die Kenntnisnahme und Auseinandersetzung mit der Ideen- und Realgeschichte der beruflichen Bildung, nicht zuletzt, um die in der Herausarbeitung des für die Gegenwart Berufsbedeutsamen die Urteilskraft der angehenden Lehrerinnen und Lehrer bzw. Ausbilderinnen und Ausbilder in Bezug auf die vorfindbaren Strukturen unseres beruflichen Bildungswesens und die gegenwärtig propagierten Entwürfe und Konzepte zu deren Weiterentwicklung zu schärfen.

Zudem sollten jene Funktionen Erwähnung finden, die von Sabine Matthäus, über ihre Dienstaufgaben hinaus, teils bis zum heutigen Tage, betreut wurden: Neben der 1997/98 zwei Semester umfassenden Vertretung der Mannheimer C4-Professur für Erziehungswissenschaft und der von 1998-2000 währenden Amtsperiode als Prodekan der Philosophischen Fakultät, leitete sie als Mitglied des Otto-Selz-Instituts für Angewandte Psychologie den Arbeitsbereich 'Gesundheitsförderung und Bildung', und ferner war sie über die gesamte Zeit als Vorsitzende des Stiftungsrates der Barbara-Hopf-Stiftung treue Sachwalterin des mit der Stiftung verbundenen Anliegens: der Förderung wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiet der Berufs- und Wirtschaftspädagogik.

Der hier unternommene „kurze Blick zurück“ galt dem Versuch, die wichtigsten Aktivitäten von Sabine Matthäus während ihrer Mannheimer Zeit zu benennen. Dieser Katalog bliebe aber unvollständig, würde man nicht erwähnen, dass Sabine Matthäus auch sehr viel daran lag, die kulturellen Angebote der Stadt, soweit es ihre Zeit zuließ, zu nutzen, was vor allem für die hochkarätigen Konzertveranstaltungen im Rosengarten und die hervorragend besetzten Aufführungen im Nationaltheater galt.

Unabhängig von den an anderer Stelle erfolgenden Würdigungen haben wir Sabine Matthäus als eine Persönlichkeit kennengelernt, für die Kommunikation – das ihre wissenschaftliche Arbeit durchgängig bestimmende Phänomen – kein technischer, auf den bloßen Informationsaustausch reduzierter Begriff ist, sondern eine Denkfigur, die sich mit einer Haltung verbindet, der in ganz entscheidender Weise an Verständigung und damit am wirklichen Verstehen des Anderen gelegen ist.

Für all das sagen wir Sabine Matthäus herzlichen Dank!

Und: Last but not least hoffen wir, dass ihr die Mannheimer Jahre in ebenso guter Erinnerung bleiben werden, wie dies bei uns der Fall sein wird.

Zitieren des Beitrags

Müller, W. (2016): Sabine Matthäus‘ Mannheimer Jahre – Ein kurzer Blick zurück – Trilogie, Teil 3. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädago­gik – online, Profil 4: Kompetenzentwicklung im wirtschafts­päda­gogis­chen Kontext: Programmatik – Modellierung – Analyse. Digi­tale Festschrift für SABINE MATTHÄUS, 1-3. Online: http://www.bwpat.de/profil4/mueller-trilogie3_profil4.pdf (09-09-2016).