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bwp@ Ausgabe Nr. 16 | Juni 2009
Selbstverständnis der Disziplin
Berufs- und Wirtschaftspädagogik
Herausgeber der bwp@ Ausgabe 16 sind Karin Büchter, Jens Klusmeyer & Martin Kipp

Die Fliege im Fliegenglas, der Globus von Deutschland und die Berufsbildung ohne Beruf

Über Krisensymptome, chronische Krankheiten und drohende Katastrophen der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als einer sozialwissenschaftlichen Disziplin.
Zur Erinnerung an Herwig Blankertz (1927-1983)

Beitrag von Wolfgang LEMPERT (ehemals Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin)

Kurzfassung

Es steht schlecht um die Berufs- und Wirtschaftspädagogik (BWP) in unserem Land: Als mittlerweile angejahrte (Doppel-)Disziplin kämpft sie gleichwohl noch immer mit fundamentalen terminologischen, theoretischen und methodologischen Problemen, die zwar anderen Sozialwissenschaften ebenfalls zu schaffen machen, diese jedoch kaum essentiell verunsichern oder gar existenziell gefährden. Für uns aber drohen sie sich zu verstetigen, zu bleibenden Schwierigkeiten auszuwachsen, in konstitutionelle Schwächen zu verwandeln, die nicht nur jede Hoffnung auf Heilung oder Höherentwicklung enttäuschen könnten, sondern angesichts außergewöhnlicher aktueller Gefährdungen und Belastungen auch Rückschritte nicht ausschließen, unter bestimmten Umständen sogar das Ende der akademischen Karriere unseres Faches befürchten lassen. Gewiss haben auch wir inzwischen einige zur Zeit in unserer scientific community hoch bewertete Zeichen gesteigerter wissenschaftlicher Leistungsfähigkeit und erhöhter Kreditwürdigkeit vorzuweisen; doch sind wir dabei bisher – beispielsweise nach den bei der DFG eingeworbenen Sachbeihilfen – im Vergleich zu manchen Nachbarwissenschaften noch nicht besonders weit gekommen. Deshalb wird es Zeit, unsere Kräfte zu bündeln und unsere Disziplin(en) entschieden zu rationalisieren. Jedoch nicht blindlings modernistisch, sondern zwar zukunftsorientiert, aber gerade deshalb reflexiv. So wäre

-       die Wirtschaftspädagogik vorrangig dem regressiven Sog des derzeit weltweit grassierenden – obwohl weder neuen noch freiheitsverheißenden, dennoch sogenannten – „Neoliberalismus auf das Niveau der längst überwunden geglaubten frühkapitalistischen Skrupellosigkeit zu entreißen und nachhaltig gegen alle neuerlichen Versuchungen dieser Sorte, ja gegen jede ökonomistische Doktrin zu immunisieren, und

-       die Berufspädagogik nicht nur überhaupt erst als universitäres Forschungsfach und forschungsbasiertes Lehrgebiet zu konsolidieren, sondern gleichzeitig auch – jenseits des naiven technizistischen Fortschrittsoptimismus’ – als gestaltungsorientierte Erziehungswissenschaft zu profilieren.

In der Vergangenheit haben wir – weitgehend uneins über zweckmäßige Definitionen grundlegender Begriffe, funktionsgerechte theoretische Ansätze und aussichtsreiche methodische Perspektiven – nach ziemlich unergiebigen Streitereien uns teils wieder trotzig verschlossen zurückgezogen, teils auch schon mutlos resigniert und einander vielfach eher wechselseitig behindert als angeregt. Schon deshalb hat man in der relevanten schulischen und betrieblichen Ausbildungspraxis und bildungspolitischen Öffentlichkeit bisher vergleichsweise wenig auf uns gehört. Insgesamt sind unsere Beziehungen zu den primären sozialen Kontexten berufs- und wirtschaftspädagogischer Forschung und Lehre – Wirtschaft und Erziehung, Berufen und Betrieben – nicht gerade einvernehmlich geregelt. Unsere professionsmoralischen Maximen ermangeln erst recht einer konsensuellen Legitimation durch uns als deren primäre Adressaten. Darum können wir uns einiger aktueller, (auch) jenseits unserer Staatsgrenzen beschleunigt fortschreitender ‚Megatrends’ kaum erwehren. Es sind das besonders die fatalen Voraussetzungen und Formen, Korrelate und Konsequenzen dreier interdependenter Prozesse:

-       des weltweiten Siegeszugs einer ideologisch verbrämten sozialdarwinistischen wirtschaftlichen Praxis,

-       der globalen Entfesselung des Imperialismus unberechenbarer Märkte monetärer Spekulationen, und

-       der monetaristischen Engführung nicht nur des Wirtschaftens, sondern sämtlicher sozialer Beziehungen und Aktivitäten.

Pointiert: der ubiquitären Ausbreitung einer fortgeschrittenen Variante der Religion des Geldes, in seiner Funktion nicht nur

-       als eines wenigstens einigermaßen verlässlichen symbolischen Äquivalents realiter auszutauschender und ausgetauschter konkreter materieller Werte, sondern vor allem

-       als eines hochgradig vertrauensabhängigen formalen Mediums zur Abbildung sowohl ernstgemeinter als auch nur vorgetäuschter abstrakter Zahlungsversprechen und
-erwartungen.

Als wäre das Goldene Kalb des biblischen Zeitalters während der letzten Jahrzehnte, elektronisch virtualisiert, zur Heiligen Kuh des gesamten Erdballs herangereift, gilt fast überall nur noch, was sich zu rechnen scheint, zählt einzig und allein, wer glaubhaft zu zahlen verspricht.

Dazu kommen

-       die teilweise Entgleisung des so genannten Bolognaprozesses, die Verkehrung vor allem einer seiner Ursprungsintentionen: die nicht nur curriculare, sondern auch regionale (weitere) Parzellierung universitärer Studiengänge sowie

-       die simultane eurobürokratische Taylorisierung subakademischer Ausbildungsprozesse.

Die anspruchsvolle Idee, das weite Spektrum der Probleme, Konflikte und Lösungsmöglichkeiten mit einem einzigen Artikel einzufangen und zumindest den einen oder anderen Punkt ein Stückweit seiner Klärung näher zu bringen, ließ sich nur zum Preise kalkulierter Nachlässigkeiten realisieren, auf die ich, mich entschuldigend, gleich vorweg verweise:

-       der weitgehenden Beschränkung auf die abstrakte Ebene allgemeiner human- und sozialwissenschaftlicher Argumentationen, und, hiermit zusammenhängend,

-       einer nur gelegentlich durch Metaphern gewürzten und durch Beispiele belebten, sonst aber eher lakonischen Diktion, weiterhin

-       einer häufig nur tabellarischen Darstellungsweise sowie

-       lediglich exemplarischer Belege, ferner

-       der vielfach nur hypothetischen, ungesicherten, zudem im Detail oft ungenauen Markierung der Ursachen und schon deshalb auch

-       mancher vorerst nur erdachter, nicht auch schon erprobter und folglich noch reichlich riskanter Empfehlungen.

Demgemäß ist der folgende Text in drei Hauptabschnitte unterteilt:

-       bloß aphoristische Notizen zur relevanten Terminologie, Theorie und Methodologie (1),

-       mehr heuristisch fruchtbare Mängelvermutungen als gut begründete Defizitdiagnosen und auch nur programmatische Skizzen statt elaborierter Verbesserungsvorschläge (2) (die ‚Beweislast’, soweit hier von einer solchen überhaupt die Schreibe sein darf, liegt in diesem zentralen Teil bei ‚repräsentativen’ Zitaten und Paraphrasen aus den seit Mitte der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts erschienenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen deutschsprachiger Berufs- und Wirtschaftspädagogen) sowie

-       nur fragmentarische Stenogramme aktueller Nötigungen und diesbezüglicher Bewältigungsstrategien unserer sozialwissenschaftlichen Doppeldisziplin.(3).

Manchen Leserinnen und Lesern dürften meine überwiegend düsteren Diagnosen und ziemlich pessimistischen Prognosen unbegründet, zumindest maßlos übertrieben vorkommen. Mögen sie recht haben! Vielleicht aber bedarf es gerade dazu der Schwarzmalerei. Denn die bessere Zukunft wird kaum von selber zu uns kommen. Eher setzt sie eine schonungslose Vergegenwärtigung früherer Versäumnisse und aktueller Verfehlungen sowie eine ebenso radikale Korrektur der hierdurch verursachten Fehlentwicklungen voraus. Solche Besinnung und Sorgfalt aber werden manchmal nur durch Hiobsbotschaften provoziert. Doch können Verkünder potentiell sich selbst widerlegender Vorhersagen (vgl. MERTON 1963) dieser Hoffnung Ausdruck geben, ohne die wünschenswerten Wirkungen ihrer ‚message’ zu sabotieren?

Abstract

This essay reports – focussing primarily on the German past and present situation – some reflexions on the social and professional practice and theory of education and work in trade and commercial occupations. Due to the complexity of its subject matter, this had to be tried in a more selective than comprehensive, metaphoric than analytic, exemplary than systematic, tentative than corroborant, and speculative than elaborated way. The main sections refer to basic terminology, theory and methodology (1), to permanent substantial problems and potential resolutions (2), also to additional actual dangers and respective coping strategies (3).

Weder Vorwort, noch Einleitung – nur ein paar Namen

Eigentlich gehörte hierher eine Einleitung, die genauer über Anlass und Absicht, Anspruch und Aufbau des vorliegenden Textes informierte. Doch möchte ich mir solches ebenso ersparen wie manches weitere Wünschenswerte, um mein Manuskript nicht allzu sehr zu verlängern, und nur auf die Kurzfassung (und captatio benevolentiae) verweisen, die einige der bezeichneten Desiderate und zudem – mehr schlecht als recht – die Funktion des gleichfalls fehlenden Fazits erfüllt.

Danksagung. So seien vorweg nur noch die Namen derer genannt, die mein Verständnis unserer Disziplin mit geprägt, meine Sicht ihrer Probleme mitbestimmt und bemerkenswert auf die Fassung dieses Textes Einfluss genommen haben: Als Mentoren haben mich vor allem HEINRICH ABEL und HERWIG BLANKERTZ, als früher Weggenosse KARLWILHELM STRATMANN und als langjähriger Widerpart JÜRGEN ZABECK inspiriert. An ihre Überlegungen knüpfe ich an. Vor allem an Argumentationen von HERWIG BLANKERTZ, der – philosophisch und historisch gründlich bewandert, theoretisch-systematisch brillant sowie bildungspolitisch engagiert – zu allen hier behandelten substanziellen Punkten einprägsame Formulierungen hinterlassen hat. Später erhielt ich vielfältige weitere Anregungen durch FRANK ACHTENHAGEN, KLAUS BECK, WOLF-DIETRICH GREINERT, PHILIPP GROLLMANN, GEORG HANS NEUWEG, REINHOLD NICKOLAUS, FELIX RAUNER, TADE TRAMM, WALTER VOLPERT und abermals JÜRGEN ZABECK. GÜNTER BECKER hat das Manuskript ebenso prinzipienorientiert wie detailakribisch durchgearbeitet und durch zahlreiche Korrekturvorschläge entscheidend zu dessen Verbesserung beigetragen, GÜNTER KUTSCHA und VOLKER BANK animierten mich zu wichtigen weiteren Korrekturen. Ihnen allen sei Dank!

1 „Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zeigen“ – zur Korrektur konzeptioneller Konfusionen, zur Kompensation theoretischer Illusionen und zum Rationalisierungspotential der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als Sozialwissenschaft

1.1 Konzeptionelle Konfusionen und theoretische Illusionen: Ungeklärte Grundbegriffe – riskante methodologische Prämissen

Ungeklärte Grundbegriffe. Empirisch gehaltvolle und praktisch brauchbare Theorien verbinden eindeutig definierte Begriffe auf bestimmte Weise zu einzelnen Sätzen und Sätze zu ganzen Aussagensystemen. Theorien über berufliche Erziehungs- und Entwicklungs-, Sozialisations- und Lernprozesse, wie sie die BWP als Sozialwissenschaft untersucht und als soziale Praxis zu beeinflussen versucht, basieren unter anderem auf Definitionen der Ziele/Ergebnisse dieser Prozesse. Gerade deren Zielkategorien werden bis heute – häufig unbemerkt – uneinheitlich und widersprüchlich verwandt. Zwei nahe liegende Beispiele mögen das demonstrieren: „Schlüsselqualifikationen“ und „Kompetenzen“. Zwar wurden die Hoffnungen, die sich mit der ersten Kategorie anfangs verbanden, inzwischen weitgehend gedämpft, dennoch ist dieser Begriff bisher im ‚Rennen’ konkurrierender Konzepte geblieben; der zweite hingegen hat den Zenit seiner Beliebtheit noch nicht überschritten und könnte sich dennoch bald ähnlich ‚blamieren’, verschwände aber auch dann nicht notwendig aus der sozialwissenschaftlichen Kommunikation. Zwar wäre auch von systematischen Klärungsversuchen zu berichten (vgl. z. B. BANK 2005, Kap V); doch hat kein derartiger Vorschlag bisher die Mehrheit der Zunftgenoss(inn)en erreicht, geschweige denn überzeugt.

Der Terminus „Schlüsselqualifikationen“ – durch DIETER MERTENS (1974) in die arbeits- und berufswissenschaftliche Diskussion eingeführt – bezeichnet (falls es so etwas geben sollte) allgemeine personale Potentiale für ganze Klassen spezieller (beruflicher) Leistungen – Dispositionen, von denen lange angenommen wurde, sie seien direkt, ohne den „Umweg“ über konkrete Erfahrungen vermittelbar. Oder es wurde unterstellt, dass zwar auch sie in Verbindung mit konkreten sensumotorischen und kognitiven Prozessen vermittelt werden müssten, der Bereich ihrer spontanen Anwendung aber den Horizont ihrer Herkunft bei weitem überschreite. In beiden Fällen wären sie als gute Voraussetzungen für die Bewältigung der ständig sich ändernden Anforderungen moderner Arbeitsmärkte anzusehen. Forschungsprojekte zu ihrer Identifizierung und Modellversuche zu ihrer Förderung haben zu unterschiedlichen Einschätzungen der ihnen zunächst per definitionem zugeschriebenen Übertragbarkeit oder Transferfähigkeit geführt (vgl. z. B. REETZ/ TRAMM 2000 mit ZA-BECK 2004). Letztlich ist dabei herausgekommen, was die klassische Transferforschung längst erwiesen hatte: dass Lerneffekte nur festzustellen sind, soweit die Verwendungssituationen den Lernsituationen gleichen, fehlender Transfer also entweder auf unzureichenden primären Lerneffekten oder auf erheblichen Unterschieden zwischen der Vermittlungs-/Erwerbs- und der Anwendungssituation beruht. Transferbehauptungen unterschiedlicher Reichweite lassen (ceteris paribus) vermuten, dass die betreffenden Wissenschaftler sich an voneinander abweichenden Maßstäben für die Gleichartigkeit und Verschiedenheit der Lern- und Verwendungssituationen des betreffenden Wissens/Könnens orientieren[1].

Wenn das Konzept der Schlüsselqualifikationen trotz der inzwischen verbreiteten Einsicht in die angedeuteten Irrtümer auch immer noch nicht völlig abgewirtschaftet hat, so wird es jedoch kaum mehr von allen, die nach wirksamen und leicht zu verstärkenden psychischen Potentialen für möglichst große Klassen beruflicher Leistungen fahnden, als Stein der Weisen betrachtet. Vielmehr konzentriert sich das Interesse der insofern bereits Enttäuschten unserer Zunft jetzt auf den Begriff der Kompetenz(en), der auch sonst bei Sozialwissenschaftlern gegenwärtig verhältnismäßig hoch im Kurs steht[2]. Dabei wird einerseits vor einer ‚großzügigen’ Verwendung dieses Terminus’ gewarnt und vorgeschlagen, seinen wissenschaftlichen Gebrauch konsequent auf jene personalen Fähigkeiten (vielleicht auch Orientierungen und Antriebe) zu beschränken, die ganzen Gattungen menschlicher Handlungen, Verhaltensweisen und Operationen als generative Potentiale zugrunde liegen, nach Art der Grammatik wirken und von denen bekannt ist oder zumindest angenommen wird, dass sie sich in der aktiven Auseinandersetzung mit Umweltbedingungen stufenweise entwickeln[3]. Auch Berufs- und Wirtschaftspädagogen haben inzwischen mit einer intensiven Suche nach derartigen Kompetenzen begonnen[4]. Andererseits spricht der außerordentlich hohe Aufwand, der mit der empirischen Identifizierung der entwickelten Strukturen und Entwicklungsstufen derart definierter Kompetenzen verbunden ist, sowie die Vermutung, dass sie kaum die Gesamtheit der erstrebenswerten Ziele der Berufs- und Wirtschaftserziehung repräsentieren, für ein weniger restriktives Kompetenzkonzept, das alle grundlegenden Fähigkeiten zum Lösen komplexer Probleme einschließt, sich also auf sämtliche subjektiven Voraussetzungen für situationsgerechtes, erfolgreiches Handeln erstreckt und neben generellen kognitiven auch spezielle sensumotorische und kommunikative Dispositionen umfasst. Ob es darüber hinaus auch emotional-motivationale und enaktive Potentiale abdecken sollte oder ob diese besser unter gesonderten Rubriken zu untersuchen wären, ist eine (nominalistische) Frage der begrifflichen ‚Ökonomie’ und methodischen Optimierung; fest steht nur, dass sie im Kontext subjektiver Voraussetzungen beruflichem Handelns auf jeden Fall mit zu berücksichtigen wären (vgl. BANK 2005, Kap. XII).

Riskante methodologische Prämissen. Kontroversen über gleich bezeichnete Erscheinungen, die aus unterschiedlichen Bedeutungen der betreffenden Phänomene, also aus terminologischen Divergenzen resultieren, sind relativ leicht auf ihre wahren Ursachen zurückzuführen und aufzulösen. Schwieriger stellt sich die Überwindung von Widersprüchen dar, denen voneinander abweichende epistemologische, das heißt wissens(chafts)theoretische Annahmen als stillschweigende Voraussetzungen oder explizite Axiome, in jedem Falle als unhintergehbare Prämissen zugrunde liegen, die unterschiedliche Weisen der Datensammlung, -deutung und -analyse verlangen. Hierher gehört nicht zuletzt die stillschweigende Unterstellung, dass die durch Sozialwissenschaftler konstruierten Handlungsmodelle nicht nur die logische Struktur der untersuchten Handlungen korrekt abbilden, sondern auch die handlungsleitenden Vorstellungen der betreffenden Akteure angemessen repräsentieren. Das mag zwar manchmal tatsächlich oder zumindest annähernd zutreffen, kann aber nicht als Regelfall angenommen werden. Entsprechende Diskrepanzen treten auch in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik deutlich hervor. Sie erklären unter anderem das Desinteresse vieler Studierenden dieser Disziplin an sozial- und erziehungswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen, ebenso die häufigen abfälligen Äußerungen amtierender Lehrkräfte über die schulpraktische Irrelevanz der in diesen Kursen vermittelten Inhalte und Methoden (vgl. bes. ZIEGLER 2004)[5].

1.2 Radikale Ratschläge und maßgenaue Möglichkeiten: Wittgensteins Rosskur und Bourdieus reflexive Korrektur

Kritik des „Nominalismus“. Die erste, in der Kapitelüberschrift wörtlich zitierte metaphorische Zeile des Titels („Der Fliege ...“) stammt von dem Philosophen LUDWIG WITTGENSTEIN. Er bedient sich ihrer in seinem Spätwerk, den zuerst 1958 veröffentlichten „Philosophischen Untersuchungen“, um die selbstgestellte Frage nach seiner „Aufgabe in der Philosophie“ zu beantworten (1960, 407). Doch auch der an Lösungen praktischer Probleme interessierte Pädagoge gleicht einer Fliege, die sich in eine als Fliegenfalle aufgestellte, halb mit Honig- oder Zuckerwasser gefüllte, duftende Flasche hat locken lassen und nun die Öffnung ihres Gefängnisses nicht wieder findet, weil dessen lichtdurchlässige Wand sich in ihren Augen nicht von ihrem eigentlichen Element, der Luft, unterscheidet, in der sie sich frei zu bewegen vermag, ohne auf harte Hindernisse zu prallen. Diese Deutung wird durch andere, analoge Bilder aus dem zitierten Werk gestützt, ja provoziert und präzisiert: Darin ist schon früher die Rede gewesen vom Philosophieren als einem „Kampf gegen die Verhexung unseres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache“ (342) und von den Ergebnissen solchen Bemühens als den „Beulen“, die sich dieser „beim Anrennen an die Grenze der Sprache geholt hat“ (344). Woraus der Philosoph den Schluss zieht, die Philosophie dürfe deren „tatsächlichen Gebrauch ... in keiner Weise antasten“; sie könne ihn „nur beschreiben“ (345). Als ‚wahre’ Bedeutung von Wörtern akzeptiert WITTGENSTEIN daher allein die Regeln ihrer Verwendung in einem „Sprachspiel“, das in den Handlungszusammenhang, ja in die Lebensform (zu der auch Arbeitsbeziehungen gehören) einer sozialen Einheit eingelassen, mit ihr verwoben ist (vgl. GRÖBL-STEINBACH 2000). Eines Sprachgebrauchs also, dessen Defizite nicht durch bloße Umbenennungen behoben, sondern allenfalls mit dem Wechsel und Wandel seines Kontexts überwunden werden können (vgl. 315).

Kritik des „Objektivismus“. Aus dem Gesagten folgt: Wenn in einer Wissenschaft (zumal in einer Sozialwissenschaft) die Bedeutungen identischer Termini voneinander abweichen – das heißt wenn die Regeln des Gebrauchs dieser Ausdrücke hier variieren –, dann verweist das auf entsprechende Diskrepanzen der damit bezeichneten realen (sozialen) Verhältnisse und Verhaltensweisen der Akteure. Alle bloß wissenschaftlichen Klärungsversuche führen dann bestenfalls zu widerspruchsfreien Modellen und entsprechenden Erleichterungen der Verständigung innerhalb der betreffenden scientific community; sie entfernen diese Modelle damit aber zugleich von der zu erfassenden sozialen Realität. Zu Letzterer gehören nun einmal nicht nur die vermeintlich allein objektiven theoretischen Konstruktionen der wissenschaftlichen Beobachter, sondern auch die subjektiven Vorstellungen der beobachteten Personen, und diese hängen mit deren Lebenssituation und Lebensweise zusammen. Auch sie sind deshalb praktisch relevant[6], daher bei der Diagnose und Gestaltung der Praxis untersuchter Akteure zu berücksichtigen.

‚Soziologisierung’ der philosophischen Kritik. Weiterführende Anregungen sind aus der soziologischen Epistemologie PIERRE BOURDIEUs zu gewinnen, besonders seinem Buch „Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft“ (1980) [7] zu entnehmen. Dort wirft er – unter Rückgriff auf das zuvor zitierte Spätwerk WITTGENSTEINs – Autoren sozialwissenschaftlicher, insbesondere strukturalistischer Konstruktionen quasi handlungsregulierender Normen untersuchter Völkerstämme, Gesellschaftsschichten, sozialer Klassen und funktionaler Einheiten (etwa Berufsgruppen) vor, sie vergäßen, jene kritische Position, die sie bei der Betrachtung anderer Personen und Personenkreise bezögen, auch sich selbst gegenüber einzunehmen. So vernachlässigten sie den Umstand, dass sie, um der unbehinderten Erfüllung ihrer Forschungsfunktionen willen privilegiert, den Sorgen der untersuchten Subjekte enthoben, stets Gefahr liefen, deren Handlungszwänge zu verkennen, und deshalb dazu neigten, diesen die eigenen, funktions- und statusbedingten und
-bedingenden Erkenntnisinteressen zu unterstellen, während die Untersuchungspersonen sich genötigt sähen, mit dem Erwerb und der Verwendung jenes Wissens vorlieb zu nehmen, dessen Aneignung und Gebrauch ihr Alltag verlange und gestatte und dessen Einsatz ihnen Erfolge verheiße (siehe unter anderem auch BOURDIEU 1984).

Fazit. Um den angedeuteten Problemen unseres Faches beizukommen, wären also – terminologisch wie methodologisch – in erster Linie BOURDIEUs Vorschläge in Betracht zu ziehen. Auch schon terminologisch, denn es geht hier um die Vereinheitlichung des Gebrauchs wissenschaftlicher Termini; insofern hülfe uns die weiland durch WITTGENSTEIN vorgeschlagene Flucht aus den Wirrnissen wissenschaftlicher Kunstsprachen in die Umgangssprache nicht weiter. Auch ist die Verwissenschaftlichung unseres Alltags und damit auch der Umgangssprache schon so weit fortgeschritten, dass Letztere ohnehin kaum noch dazu taugte, auch jene Verständigungsschwierigkeiten zu bewältigen, angesichts deren die Wissenschaftssprache versagt. Zudem unterstellt WITTGENSTEINs Theorie der Sprachspiele – als wichtiger Konstituanten sozialer (Habitus- und) Lebensformen – bei diesen einen Grad von systemischer Geschlossenheit und Umweltabgrenzung, der zwar bei den algerischen Kabylen wie in der französischen Oberschicht, den durch BOURDIEU bevorzugten Demonstrationskollektiven und wichtigsten Untersuchungsgruppen seiner eigenen Empirie, zur Zeit seiner Erhebungen noch durchgängig gegeben gewesen sein mag, jedoch in entwickelten Gesellschaften sonst fast nur noch auf der weitgehend unbewussten habituellen Ebene anzutreffen sein dürfte, die BOURDIEU vorrangig interessierte. Terminologisch erscheint in unserem Fach deshalb meist nur noch die explizite Definition von und ausdrückliche Orientierung an aufeinander abgestimmten, freilich soweit möglich nach Maßgabe der Kohärenz ihrer faktischen Verwendung gebildeten und revidierbaren Arbeitsbegriffen opportun[8].

Nur dort, wo Wissenschaftler sich offensichtlich durch eine artifizielle, abstrakte Sprache haben aus der Realität in eine Scheinwelt entführen lassen, während der „gesunde Menschenverstand“ noch nicht völlig verunsichert und die Sprache des „Mannes auf der Straße“ noch nicht ganz entfremdet anmutet, mag der Rückgriff auf Letztere (wie im Abschnitt 3.1) für einen ersten Befreiungsschlag genügen. - Methodologisch müssen stets die durch deren divergierende soziale Standorte bedingten Unterschiede der Perspektiven der Forschenden und ‚Beforschten’, ebenso der Lehrkräfte und Schüler, Berater und Beratenen berücksichtigt werden, wie sie gerade auch zwischen beruflich Lernenden und Unterrichtenden/Ausbildenden sowie zwischen diesen und den betreffenden wissenschaftlichen Berufs- und Wirtschaftspädagogen festzustellen sind[9]. Sonst bleiben auch die Wissenschaftler der durch ihre eigene soziale Position und Rolle bedingten Sicht verhaftet (um die Perspektiven der untersuchten Subjekte diesen womöglich als psychische Besonderheiten zu attribuieren), statt beide ‚Optiken’ und deren Verhältnis zueinander vor jedem Vergleich – so gut es geht und wie beschrieben – ‚soziotopologisch’ zu relationieren[10]. Das mag schwierig sein, kann aber – nach den von BOURDIEU im Kontext all seiner größerem Untersuchungen erfolgreich vorgenommenen und nachvollziehbar dokumentierten selbstreflexiven Anstrengungen – zumindest ein Stückweit über die Anmaßung der Objektivität wissenschaftlicher im Unterschied zu a priori als bloß subjektiv disqualifizierten alltagspragmatischen Sichtweisen identischer Situationen hinausführen. Im Übrigen bleibt Wissenschaftlern nach wie vor die Möglichkeit gemeinsamer Wahrheitssuche im Sinne sachbezogener Diskurse – nicht siegorientierter intellektueller Schau- und Hahnenkämpfe – betriebener Auseinandersetzungen, wechselseitiger Kontrollen und konstruktiver Kritik.

1.3 Erläuterung des begrifflichen Rahmens der weiteren Argumentation: Rationalität und Rationalisierung, Reflexion und Rekonstruktion

Die Leitlinie dieser Abhandlung, die Kriterien für die Auswahl und Beschreibung zu behandelnder Probleme, die Meßlatte mitzuteilender Bewertungen und die Richtung empfohlener Lösungen konvergieren im Konzept der reflexiven Rationalisierung. Dieses ist daher zu verdeutlichen, ehe wir uns auf weitere Probleme der Berufs- und Wirtschaftspädagogik einlassen (vgl. auch FRIEBERTSHÄUSER u. a. 2006). Dabei streife ich im Text nur die wichtigsten Konstituanten und Varianten der Rationalität und der Rationalisierung sowie das Konzept und Verhältnis der Reflexion zur Rekonstruktion (und Innovation). Andere relevante Unterscheidungen und Relationen sind von der Tabelle 1 abzulesen.

Tabelle 1:           Konstituanten und Korrelate, Komponenten, Varianten und Strukturniveaus rationaler Kommunikationen, Reflexionen und Rekonstruktionen beruflichen und wirtschaftlichen, berufs- und wirtschaftspädagogischen Handelns, Lehrens und Lernens

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Rationalität und Rationalisierung. Rationale Aussagen, aber auch rationale Handlungen und Handlungsergebnisse gründen auf Wissen. Nach den bei ihrer Begründung verwendeten Schlussweisen kann zwischen deduktiven, induktiven und abduktiven Argumenten unterschieden werden. Allein den deduktiven Argumenten wohnt eine zwingende Beweiskraft inne, weil sie, korrekt ausgeführt, nur vorliegende Sätze ohne Bedeutungsgewinn oder -verlust in äquivalente Aussagen überführen, deren veränderte Gestalt aber oft vorher verborgene Bedeutungen aufleuchten lässt und ihre weitere sprachlich-gedankliche Verarbeitung erleichtert. Induktive Argumente, die bei Teilmengen bestimmter Objekte beobachtete Eigenschaften auf alle derartigen Objekte generalisieren, dagegen können auch nach noch so gründlicher Prüfung immer nur als wahrscheinliche gelten; denn das Auftreten abweichender Fälle ist prinzipiell niemals auszuschließen. Abduktive Schlüsse, das heißt Veränderungen alter sowie Entwürfe neuer Hypothesen (= Zusammenhangsbehauptungen) aufgrund neuer Erfahrungen, die sich in das vorliegende theoretische Wissen nicht nahtlos einpassen lassen, erscheinen noch riskanter, aber auch nur als Zwischenschritte zu neuen Erkenntnissen notwendig, deren Geltung erst, nachdem sie vollzogen worden sind, durch die zwei anderen Operationen erwiesen werden kann und sollte (vgl. MINNAMEIER 2005).

Als berufs- und wirtschaftspädagogisch relevante Varianten der Rationalität beziehen sich

-       die technische Rationalität auf die Eignung von Mitteln und Maßnahmen zur Realisierung meist materieller Intentionen, zur Verwirklichung von Zwecken gegenständlichen Handelns, und

-       die strategische Rationalität auf die Angemessenheit von Entscheidungen und Aktionen an Erfordernisse der Durchsetzung sozial relevanter Interessen beziehungsweise der Erreichung von Zielen sozialen Handelns.

Beide stellten Formen des instrumentellen, erfolgsorientierten Handelns dar. Im Unterschied dazu bemisst sich

-       die hier akzentuierte kommunikative oder moralische Rationalität als Qualitätskriterium des verständigungsorientierten Handelns an der unbedingten wechselseitigen Achtung aller Beteiligten und Betroffenen und der diskursiven Findung und Begründung zu treffender Entscheidungen (vgl. HABERMAS 1983; OSER 1998).

-       Unter Rationalisierung verstehe ich hier jede Steigerung der Rationalität, jede Erweiterung und Anwendung der erweiterten Wissensbasis menschlicher Aktivitäten. Rationalisiert wurde und wird nicht nur unsere Arbeitswelt. Rationalisierung fand und findet vielmehr seit langem in vielen Lebensbereichen statt und könnte künftig in allen versucht werden. Nicht nur umgeben wir uns mit allerlei Komfort, der unsere körperlichen Schwächen wie nie zuvor kompensiert; unser gesamtes Dasein ist zunehmend rational organisiert, durch jenen Stil des Denkens und Sprechens strukturiert, dessen elementare Formen die skizzierten Varianten des Argumentierens und Schließens repräsentieren. Sie sind prinzipiell auf fast beliebige Inhalte anwendbar. Bisher wurden sie allerdings überwiegend im Interesse der Beherrschung der Natur und der Mitmenschen eingesetzt: Im historischen Prozess solch vorrangig instrumenteller Rationalisierung ist die menschliche Vernunft weitgehend nur zum Werkzeug technischer Naturverwertung und -vernichtung sowie zur Waffe strategischer Verschwendungswirtschaft und manipulativer, oft auch destruktiver Machtpolitik entwickelt, verwendet und missbraucht worden (hierzu siehe besonders: HORKHEIMER/ ADORNO 1947). Bis heute mangelt es an ihrem umfassend reflexiven, nämlich selbstkontrollierten, kommunikativ kultivierten und moralisch disziplinierten Gebrauch, an ihrem sach- und systemzwangresistenten, autonomiebewussten, gezielten und wohldosierten Einsatz im Sinne der Ehrfurcht vor allen Lebewesen, besonders aber der Respektierung der Rechte aller Zeitgenossen wie der Mitglieder kommender Generationen. Dabei ist die nötige Wende weniger eine Angelegenheit forcierter Vervollkommnung einer ohnehin schon fast hypertrophen Zweckrationalität, als Sache einer substanziell reflexiven, das heißt nicht nur selbstgewissen, sondern auch sozial und ökologisch rücksichtsvollen kommunikativen Rationalisierung (vgl. HABERMAS 1981, 1983).

Reflexion und Rekonstruktion. Reflexion ist – analytisch betrachtet – zu-nächst Reminiszenz, Erinnerung, rückwärts gewandte Vergegenwärtigung früherer (innerer und äußerer) eigener und fremder Wahrnehmungen, Deutungen und Erfahrungen, Handlungen und Situationen, als zunehmend strukturierter Prozess dann auch Re-Konstruktion, schließlich deren (weitere) kognitive und emotionale Verarbeitung. Ihre konstruktive Komponente resultiert aus dem selektiven Charakter der Erinnerung, die Vergangenes nicht einfach komplett mental reproduziert, sondern aus einer je gegenwärtigen Perspektive heraus auswählt, um- und neustrukturiert. Soweit sie sich (auch) auf fremdes Verhalten und Erleben bezieht, fußt sie wesentlich auf der Empathie, der Fähigkeit zu dessen affektivem Nachvollzug. Reflexive Rationalisierung bedeutet dann die zunehmende Berücksichtigung reflexiven Wissens, vor allem auch der Ergebnisse einer Anwendung der beanspruchten Untersuchungsmethoden auf die Forschenden selbst.

Rekonstruktion und Innovation. Als solche sind reflexive und rekonstruktive Leistungen nicht notwendig auch innovativ; sie erschöpfen sich häufig in tautologischen Transformationen. Das gilt für Entschuldigungen und Rechtfertigungen als Legitimationen schon vollzogener Handlungen, aber auch für kritische Argumentationen, die häufig bei der Negation bemängelter Daten und Fakten verharren. Ihre Wertprämissen taugen zwar auch zur Begründung herzustellender künftiger besserer Verhältnisse, zu deren konkreter Gestaltung bedarf es jedoch auch der kreativen Inspiration.

2 Heuristische Hypothesen über inhaltliche und strukturelle Defizite berufs- und wirtschaftspädagogischer Praxis und Theorie – programmatische Skizzen zur Sicherung ihrer Substanz und zur Festigung ihrer KonsistenzSteuerungen im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen

2.1 Zersetzung und Sicherung ihrer Substanz: Lokalisierung und Definition des Funktionsbereichs der Disziplin

2.1.1 Das Wahre ist das Ganze! Der Globus von Deutschland und der Rest der Welt – zum Verhältnis von Wirtschaft und Pädagogik

Den Entstehungskontext der zweiten Metapher des Titels dieser Abhandlung spiegelt das erste Zitat auf der Tabelle 2.

Tabelle 2: Exemplarische Zitate und Paraphrasen zur Kritik der ökonomischen Verkümmerung (beruflichen und) wirtschaftlichen (, berufs-) und wirtschaftspädagogischen Handelns, Lehrens und Lernens

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Hiermit hat sich BLANKERTZ seinerzeit den Zorn der Zunftmeister der Wirtschaftspädagogen zugezogen. Ihrem Versuch, seine gleichwohl für ihr Revier beantragte Lehrbefugnis zu sabotieren unterbinden, war zwar der unmittelbar bezweckte Erfolg insofern beschieden, als der Kandidat sich dann nicht für diese akademische Parzelle habilitierte. Doch konnten deren Wächter sich ihres Erfolges kaum sonderlich erfreuen; denn BLANKERTZ bekam stattdessen zugesprochen, was er wohl ohnehin sofort erstrebt hätte, wäre ihm das von vornherein opportun erschienen: eine venia legendi für allgemeine Erziehungswissenschaft. Zwar hat es ihn, dem als ehemaligem Textilingenieur eher noch eine berufspädagogische Professur angemessen gewesen wäre, später auch für eine Weile auf ein wirtschaftspädagogisches Ordinariat verschlagen (wo er mir die nach meiner eigenen Vorbildung erst recht unverdiente Chance bot, mich ebenfalls ausgerechnet für dieses Fach zu habilitieren); doch hat er auch dort keine Zweifel an seiner Überzeugung von dem primär pädagogischen Auftrag der Wirtschaftspädagogik aufkommen lassen und sich – was die zwei weiteren auf der Tabelle wiedergegebenen Zitate bereits andeuten – zeitlebens entschieden gegen die ökonomistische Instrumentalisierung wirtschaftsberuflicher Ausbildung und Erziehung verwahrt, auch deren kapitalistische Extremvariante beim Namen genannt und sie unter Berufung auf demokratische Prinzipien auch bildungspolitisch delegitimiert. (Die anschließende, teils zitierte, teils paraphrasierte spätere Äußerung JÜRGEN ZABECKs, der in den siebziger Jahren, von ‚einäugigen’ und kurzschlüssigen Pseudorevolutionären scheinbar ‚in die rechte Ecke gedrängt’ worden war und damals noch zu BLANKERTZ’ entschiedenen Kritikern gehörte[11], lässt vermuten, dass Letzterer, der sich 25 Jahre vorher mit dem zitierten Verdikt noch von der Majorität der Ordinarien zumindest der Wirtschaftspädagogik abhob, heute unter seinesgleichen mehr Zustimmung finden würde. Denn mittlerweile ist überdeutlich offenbar geworden, dass die funktionalen Imperative unseres Wirtschaftssystems und derjenigen seiner Repräsentanten, die sich anmaßen, als Anwälte der „Wirtschaft“ schlechthin aufzutreten, wenig geeignet sind, eine pädagogische Theorie zu legitimieren, die dem Grundrecht der auszubildenden und zu erziehenden Individuen auf die freie und gleiche Entfaltung ihrer Persönlichkeit auch in der gesellschaftlich organisierten Arbeit verpflichtet sein soll[12], und die Differenz zwischen den vormals einander wie unversöhnlich gegenüberstehenden Fraktionen unserer Zunft ist geschrumpft. Übrig geblieben ist kaum mehr als das, was durch die Formel: „individuelle Entwicklungshilfe versus gesellschaftspolitische Strategie“ plakativ signalisiert werden kann, wobei ZABECK heute zur ersten Variante neigt, während als dezidierter Repräsentant der zweiten etwa GREINERT zu bezeichnen wäre. Von den besonderen Bildungseffekten des integrierten ‚Mitmischens’ im Kooperationszusammenhang eines auf dem Markt mit seinesgleichen konkurrierenden privaten Unternehmens freilich als eines ‚Mikrokosmos’, in dem sich (wie in der weiter unten resümierten Habilitationsschrift von KARL ABRAHAM behauptet wird) die historischen Wurzeln und die gegenwärtige Ordnung unserer Wirtschaft und Gesellschaft, Betriebe und Berufe (gemein-)sinnfällig widerspiegeln, dürfte kaum ein Wirtschaftspädagoge noch so überzeugt sein wie die legendäre Dame in BLANKERTZ’ Parabel dem ‚Weltniveau’ ihres Heimatlands. Die meisten dürften sich daher eher als pädagogische Anwälte ihrer Klientel denn als Erfüllungsgehilfen der für ihren Bedarf ausbildenden Wirtschaftsbetriebe definieren. Dabei werden zwar nicht nur – wie bei BLANKERTZ – ökonomische Anforderungen an die Edukanden im Namen von deren Bildungsrechten als illegitime Imperialismen zurückgewiesen, sondern auch Bildungsansprüche und bildungspolitische Strategien mit ökonomischen Argumenten problematisiert. Dahinter verbirgt sich jedoch nicht notwendig eine ökonomistische Engführung des Bildungsauftrags beruflicher Schulen und der erzieherischen Funktionen von Ausbildungsbetrieben, sondern oft ein weiter gefasster Begriff der Ökonomie, der dann – auch als „Ökonomik“ oder „Ökonomität“ bezeichnet – als Maßstab der Kritik nicht nur ökonomistischer Ausrichtungen der Bildung und Erziehung, sondern auch des Wirtschaftens selbst fungiert; dessen Anwendung daher in dieselbe Richtung zielt wie die zuvor angesprochene pädagogische Kritik[13].

Weitere Kommentare. „Gut gebrüllt, Löwe! Aber was tun?“ So oder so ähnlich mag manche Leserin und mancher Leser die letzten Sätze ironisieren. Denn „welche Maus hängt der Katze die Schelle um?“ Was helfen Anklagen bestehender Missstände, wenn wir sie nicht selbst zu beheben vermögen? BLANKERTZ hat das versucht und einen erheblichen Teil seiner Schaffenskraft der wissenschaftlichen Planung, Beratung und Evaluation des nordrhein-westfälischen Kollegstufenversuchs gewidmet, der zwar nicht, wie er selbst gehofft hatte, das „Ende der gymnasialen Oberstufe und der Berufsschulen“ (vgl. BLANKERTZ 1972 a) herbeiführte, immerhin aber zuvor ungenutzte und ausbaufähige berufsspezifische Möglichkeiten einer Aufhebung der herkömmlichen Differenz zwischen Berufs- und Allgemeinbildung erschloss, die jene „Ungleichheit unter den Menschen“ stabilisieren hilft, die spätestens seit ROUSSEAUs gleichnamiger Preisschrift vielfach der privaten Verfügung über potentiell gemeinnütziges Eigentum zugeschrieben wird (vgl. bes. GRUSCHKA 1985; BLANKERTZ 1986). Doch auch damit hat er vielleicht keinen weiterführenden Weg gewiesen, sondern – wenn auch widerwillig – letztlich doch nur geholfen, einigen‚ Über-druck’ aus der sozialen Unterschicht nach ‚oben’ abzuleiten und damit der Erhaltung der hierzulande herkömmlichen Ungleichheit zwischen (angeblich auch) Gebildeten und nur Ausgebildeten zu erleichtern. Freilich könnten die Mechanismen oder/und die Manager der gesellschaftlichen Statusdistribution den Unterschied zwischen den derart Gebildeten und Ungebildeten auch wiederum nur als zusätzliches Kriterium in das bestehende System sozialer Rangdifferenzierung integrieren. Dann aber bliebe zumindest die Hoffnung, dass die Geförderten vielleicht sensibler auf die ungerechte Behandlung anderer Personen und Gruppen reagieren werden als die Absolventen unserer derzeitigen gymnasialen Oberstufe, deren kopflastige Subkultur kaum generellere Kompetenzen, sondern eher nur höhere Ambitionen und weiter reichende Berechtigungen vermittelt als eine anspruchsvolle Ausbildung in einem praktischen Beruf. Sollte es den Fürsprechern des Kapitalismus (der heute gern unter dem weniger anstößigen Etikett einer freien Marktwirtschaft firmiert; vgl. GALBRAITH 2005) gelingen, sich solcher kritischer Argumente ebenso zu bemächtigen wie beispielsweise früherer Forderungen nach mehr Mitbestimmung und Eigenverantwortung am Arbeitsplatz, die vor allem mit einer weitgehenden Dezentralisierung der Verlustrisiken bei fortschreitender Konzentration der Gewinnchancen ‚beantwortet’ wurden (vgl. bes. BOLTANSKI/ CHIAPELLO 2006), so wäre pädagogisch wenigstens zu versuchen, den Heranwachsenden die Augen zu öffnen, um sie gegen derartige Strategien der individualistisch-meritokratischen Verschleierung sozialer Ungerechtigkeit zu immunisieren (vgl. 3.1). Dabei könnten ihnen neuere Entwicklungen zur Hilfe kommen: Nach einer vergleichenden Längsschnittstudie, die 1999-2006 in 17 OECD-Staaten ausgeführt wurde und sich auf Auswirkungen der ‚Globalisierung’ auf Männer und Frauen in vier Übergangsphasen individueller Erwerbsverläufe bezog, wurden nur Männer mittleren Alters wenig von diesem ‚Megatrend’ tangiert, haben dagegen – neben Frauen derselben Altersgruppe und Menschen im Vorruhestand – besonders junge Erwachsene auch in Deutschland einschneidende Veränderungen ihrer Lebensumstände hinnehmen müssen: Sie – also auch viele Lehrabsolventen – waren die Verlierer des weltweiten Siegeszugs der neoliberalen Ideologie (BLOSSFELD u. a. 2007)[14].

2.1.2 Die Berufspädagogik und die Berufsbildung ohne Beruf – „ … mit beiden Beinen fest in der Luft“?

Niedergang des Berufs? Als Pädagogik primär dem Wohl der Individuen verpflichtet, hätte die BWP zwar immanenten Tendenzen unseres gegenwärtigen Wirtschaftssystems dezidiert entgegenzuwirken; gleichwohl brauchte sie damit nicht an dem Ast zu sägen, auf dem sie sich gern auf Dauer behaglich einrichten würde, nicht ihre Existenzberechtigung anzuzweifeln, sondern nur ihre Essenz, ihre ‚Mission’ neu zu bestimmen, sich auf ein anderes Prinzip von Wirtschaftlichkeit zu beziehen, und bliebe insofern weiterhin berechtigt, sich selbstbewusst auch als Wirtschaftspädagogik zu verstehen und zu präsentieren. Als Berufspädagogik aber erscheint sie nicht nur durch eine Identitätskrise bedroht, sondern auch existenziell gefährdet, riskiert sie zumindest, ihre – pädagogisch gesehen – ‚bessere’ Hälfte (vgl. KURTZ 1997, 2005) zu verlieren. Denn der Beruf wurde, seit es die BWP gibt, immer wieder krankgeschrieben, mehrfach auch schon totgesagt, auch durch Berufspädagogen (z. B. GEISSLER 1994). Nach empirischen Befunden aber hat seine Bedeutung für die Gesellschaft und für die Individuen in Deutschland – soweit sich das überhaupt feststellen lässt[15] – grosso modo zugenommen; die Rückgänge in einzelnen Bereichen – etwa bei Männern und in niedrig qualifizierten Berufen – wurden durch gleichzeitige überproportionale Zuwächse in anderen Bereichen – so bei den Frauen und auf höheren Qualifikationsstufen – mehr als kompensiert ( KONIETZKA 1999).

Berufsbildung ohne Beruf? Berufspädagogen haben diese Entwicklung immer wieder unterschiedlich wahrgenommen und gedeutet, sie bis heute wie jüngst in der ZBW) auch immer wieder vehement diskutiert. Während HEINRICH ABEL nach dem ersten Zitat der Tabelle 3 am Anfang der hier betrachteten Periode vor dem Hintergrund seiner eigenen Untersuchung über „Berufswechsel und Berufsverbundenheit bei männlichen Arbeitnehmern in der gewerblichen Wirtschaft“ (1957) nur nüchtern konstatierte, dass der Berufswechsel bei den untersuchten Personen infolge der technischen Entwicklung von einer eher als pathologisch geltenden Ausnahme zum alltäglichen Normalfall geworden sei, gleichwohl aber – unter Hinweis auf die Gestaltbarkeit von Berufen – empfahl, das Berufskonzept für die Ausbildung beizubehalten, begrüßte BLANKERTZ die gewachsene Freiheit der Berufswahl und des Berufswechsels als Abbau ständischer Schranken und Eröffnung von Chancen individueller Autonomie (siehe die folgenden drei Zitate). Den damaligen „Deutschen Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen“, einen Vorläufer des „Deutschen Bildungsrats“, der unter maßgeblicher Beteiligung von ABEL ein „Gutachten über das berufliche Ausbildungs- und Schulwesen“ erarbeitet hatte, hingegen bezichtigte BLANKERTZ der Konzeption einer „Berufsbildung ohne Beruf“. Diese erblickte er im Plädoyer des Ausschusses für einen den Auszubildenden um ihrer Bildung willen neben ihrer Ausbildung zu erteilenden außerberuflichen Unterricht.

Selbstmord aus Angst vor dem Tode? Auch mit dem letzten Zitat hat BLANKERTZ uns mehr als nur ein weiteres Bonmot hinterlassen: In ihren Debatten über die Zukunft des Berufs haben auch Berufspädagogen erneut Zweifel geäußert an der Haltbarkeit dieses Pfeilers ihrer professionellen Identität und Existenz. Dabei haben sie die Flexibilisierung beruflicher Inhalte vielfach als Symptome eines Verfalls auch der beruflichen Form struktureller Kopplung von Ausbildungsgängen und Erwerbsverläufen (fehl-)interpretiert. Ohnehin kann und sollte deren weitere Entwicklung politisch gestaltet werden. Denn nur eine konsequente staatliche Ordnungspolitik kann die einzelbetriebliche Willkür soweit in ihre Schranken weisen und dem gesamtwirtschaftlichen Wildwuchs soweit Einhalt gebieten, dass der Fortbestand und die gedeihliche Weiterentwicklung unserer beruflich differenzierten Gesellschaft und die Kontinuität der Persönlichkeitsentfaltung ihrer Mitglieder institutionell wenigstens einigermaßen gesichert erscheinen. Wird diese Notwendigkeit und Möglichkeit künftig nicht entschlossener wahrgenommen als bisher, dann allerdings wird die Berufspädagogik nach wie vor dort stehen bleiben, wo WALTER VOLPERT schon vor dreißig Jahren in seinem Schlusswort eines Berliner Streitgesprächs deren Standort lokalisierte: „Mit beiden Beinen fest in der Luft!“ (in: EHRKE 1978, 60).

Tabelle 3:    Exemplarische Zitate und Paraphrasen zur Beruflichkeit beruflichen (und wirtschaftlichen) sowie berufs-(und wirtschafts-)pädagogischen Handelns, Lehrens und Lernens

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Aktuellere, ‚optimistischere’ und innovative Zitate zeigen die weiteren Zeilen der Tabelle. Unterscheiden sich die dort verzeichneten Stellungnahmen auch nicht nur in Anbetracht von Details, so konvergieren sie doch hinsichtlich der einmütig betonten Vorzugswürdigkeit der beruflichen Form gesellschaftlicher Arbeit. Definitiv neue Akzente für die weitere Berufsbildungsforschung setzen und entscheidende Impulse für die künftige Entwicklung beruflicher Ausbildungsgänge und Arbeitsstrukturen – in Richtung auf ein Reich der maximal möglichen gleichen Freiheit aller – liefern besonders die durch FELIX RAUNER initiierten und forcierten Überlegungen, Untersuchungen und Modellexperimente zur Förderung der beruflichen Gestaltungskompetenz von Auszubildenden. Weder gibt er sich – wie vormals BLANKERTZ, der den technologisch ermöglichten und ökonomisch motivierten sozialen Wandel nur beifällig konstatierte – mit der gewachsenen Freiheit der Wahl und des Wechsels der Berufe zufrieden, noch begnügt er sich – „top down“ gepolt – mit einer zwar demokratisch legitimierten und orientierten, aber nur makropolitisch orientierten, zentralen Administration des Wandels unseres Erwerbs- und Ausbildungssystems; vielmehr fordert er zudem – „bottom up“ – dazu auf, die traditionelle Ausrichtung der beruflichen Ausbildung und Erziehung der an der betrieblichen Basis beschäftigten Fachkräfte, die auf fachliche Tüchtigkeit und soziale Subordination zielt(e), um der wünschenswerten künftigen Mündigkeit der Subjekte willen – soweit möglich – durch schrittweise Einübung von Formen beruflicher Mit- und Selbstbestimmung zurückzunehmen und zu transzendieren.

2.2 Gefährdung und Festigung der Konsistenz berufs- und wirtschaftspädagogischer Konzepte: Strukturell bedingte funktionale Desiderate

Perspektivenwechsel. Bisher haben wir uns nacheinander mit Grundfragen jener Bezugsfelder der BWP befasst, die deren spezifische Differenzen zu anderen Zweigen der Pädagogik bedingen, mit der Wirtschaft (2.1.1) und dem Beruf (2.1.2). Zudem haben wir uns auf den ersten großen Rationalisierungsschritt konzentriert, auf den Übergang von

-  vorrationalen Formen wirtschaftlichen und beruflichen Handelns, Lehrens und Lernens, die noch durch die Einheit

o   einer gelebten wirtschaftlichen und beruflichen Praxis einerseits und

o   einer zunächst nur bei Bedarf beanspruchten, auch nur ansatzweise als solcher erkennbaren Theorie dieser Praxis andererseits

gekennzeichnet sind,

zu den

- kritisch-analytischen und spekulativen Gegenentwürfen

o   eines konsequent und vollständig rational vorgeplanten (‚zweckrationalistischen’) wirtschaftlichen und beruflichen Handelns und Lehrens sowie

o   eines ebenso zielstrebig und lückenlos wissensbetonten beruflichen Lernens.

Jetzt wird nicht länger zwischen den zwei Bezügen (Wirtschaft und Beruf) differenziert; auch wird der weitere Entwicklungsschritt (zur reflexiven Rationalität) der betreffenden Prozesse prägnanter als bisher zu charakterisieren versucht.

Exemplarische Belege sind der Tabelle 4 zu entnehmen.

Tabelle 4:    Exemplarische Zitate und Paraphrasen zur Rationalisierung beruflichen und wirtschaftlichen, berufs- und wirtschaftspädagogischen Handelns, Lehrens und Lernens

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Dort kommen auf der ersten Seite zunächst Repräsentanten zweier konservativer Konzeptionen zu Wort, die zwar über eine elaborierte Sprache verfügen, diese jedoch vorwiegend traditionalistisch rechtfertigend (und höchstens im psychoanalytischen Sinne ‚rationalisierend’), nicht offensiv sozialkritisch und reformorientiert verwenden, wobei der erste (ABRAHAM) die wirtschaftsbetriebliche Realität seiner Zeit tendenziell gutheißt und der zweite (SCHLIEPER) einem vergangenen, in seiner Darstellung vergoldeten Zeitalter nostalgisch nachtrauert. In der dritten hier wiedergegebenen Stellungnahme (ZABECK 1968) werden analoge didaktische Konzeptionen unter anderem sprachkritisch analysiert. Der zweite Teil der Tabelle enthält Zitate und Paraphrasen aus drei strikt rationalistischen und vier reflexiv rationalen Ansätzen.

Auf all das kann hier nicht im Einzelnen eingegangen werden. Details sind auf der Tabelle nachzulesen. Im weiteren Text werden nur die Konturen des zweiten großen Rationalisierungsschritts – von rationalistischen zu reflexiv rationalen Positionen – mit groben Strichen markiert, die Hauptcharakteristika dieser zwei aufeinanderfolgenden Rationalitätsstrukturen kontrastiert. Zur systematischen Vergegenwärtigung von Einzelheiten beider Rationalisierungsschritte respektive aller drei hier unterschiedenen Rationalitätsniveaus wurde außerdem die Tabelle 5 erstellt.

Tabelle 5:    Strukturniveaus und niveauspezifische funktionale Defizite der Rationalität des Vollzugs, der Terminologie und Theorie beruflichen und wirtschaftlichen, berufs- und wirtschaftspädagogischen Handelns, Lehrens und Lernens – exemplarische Varianten

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Defizite korrespondierender erkenntnisphilosophischer Grundkonzeptionen: Die bisher behandelten theoretischen Ansätze sind mehr oder minder durch Werthierarchien geprägt, an deren Spitze hochgeschätzte rationale Tugenden und darunter Eigenschaften rangieren, die als mehr oder minder ambivalent bis verwerflich gelten, und sie lassen sich bündeln zu zwei einander entgegen gesetzten Leitern: Einigkeit herrscht nur über die traditionale oder traditionalistische Ausgangsposition, über die Verwerflichkeit der Beschränkung auf vorrationale Praktiken und damit auch über die Vorzugswürdigkeit der Rationalität im Sinne einer Orientierung an wissensbasierten Begründungen. So weit, so gut. Doch dann folgt auch schon die Kontroverse, als deren prominenteste Protagonisten in Deutschland POPPER und ALBERT einerseits, ADORNO und HABERMAS andererseits gelten: Während

-  erstere, die Vertreter des „kritischen Rationalismus“, der simplifizierend oft auch als „Positivismus“ bezeichneten Wissenschaftstheorie, nur

o   logisch korrekte empirische Sätze als intersubjektiv zustimmungswürdige Argumente und damit als Begründungen für wahre Aussagen anerkennen, dagegen

o   Präferenzen aller Art allenfalls eine heuristische Funktion im sogenannten „Entdeckungszusammenhang“, dem Vorhof wahrer wissenschaftlicher Erkenntnis einräumen, die sich erst noch im „Begründungszusammenhang“ logisch-empirischer Nachprüfungen als zumindest höchstwahrscheinlich zutreffend zu bewähren hätten,

-  bemängeln letztere, als Repräsentanten der „kritischen Theorie“, die Verbannung erkenntnisleitender Interessen aus dem wissenschaftlichen Diskurs als

o   Defizit einer bloß „instrumentellen Vernunft“ (HORKHEIMER 1967) oder eines „positivistisch halbierten Rationalismus“ (HABERMAS 1964), die

o   der Aufhebung bedürfen in einer „substanziellen Vernunft“ (HORKHEIMER) oder „kommunikativen Rationalität“ (HABERMAS).

Die augenfällige symmetrische Interferenz der Positionen – was die eine als Schwäche der anderen erweist, begründet von dieser aus gesehen gerade ihre Stärke – fordert auf zur Suche nach einer übergeordneten ‚Wahrheit’, in deren Licht die einander widerstreitenden Standpunkte sich als zwei Seiten der selben „Sache“ theoretisch begreifen und praktisch miteinander vereinbaren lassen. Das erscheint zwar eher als eine Aufgabe der Philosophen; exemplarische Lösungsansätze liegen m. E. aber auch schon in Gestalt einiger neuerer sozialwissenschaftlicher Ansätze vor, in denen sich berufs- und wirtschaftspädagogische Beobachtungen und Überlegungen mit arbeitspsychologischen und arbeitssoziologischen Befunden und Gedanken verbinden.

Darum nun nochmals: Kennzeichen der reflexiven Rationalität – Essentials der reflexiven Rationalisierung. Es kann dahingestellt bleiben, ob HABERMAS, wie es ihm sein Kontrahent ALBERT im Eifer der in den sechziger Jahren geführten, als „Positivismusstreit“ bezeichneten Wortgefechte vorwarf, nur einen „Mythos der totalen Vernunft“ verkündete, oder ALBERT sich unnötigerweise mit einem „positivistisch halbierten Rationalismus“ zufrieden gab. Beide aber scheinen damals übersehen, zumindest unterschätzt zu haben, was auch die hier stellvertretend für viele weitere Berufs- und Wirtschaftspädagogen genannten und zitierten Kolleginnen und Kollegen – auch der Schreiber dieser Zeilen – im Glauben an die Sprengkraft der technischen und wirtschaftlichen Vernunft, der sozialen, diskursiven Rationalität oder an deren vereinigtes revolutionäres Potential, seinerzeit nicht genügend beachtet und gewürdigt haben:

-       dass die Rationalität die Einsicht in die Grenzen des mental und verbal Verfügbaren und die Weisheit des ‚impliziten Wissens“ einschließt, folglich

-       der Weg zur Meisterschaft wie zur Professionalität sich nicht im Erwerb vollständig gedanklich präsenter und sprachlich explizierter Kenntnisse erschöpft, sondern

-       vielfach teilweise oder ganz, alternativ oder sogar exklusiv des nachahmenden Mitvollzugs der betreffenden Handlungen bedarf,

-       während dessen theoretische Vorwegnahme oder/und Begleitung oft (und auch noch ihre nur nachträgliche Vergegenwärtigung manchmal) störend, ja lähmend wirken kann, wenigstens kaum zum Handlungs- und Lernerfolg beizutragen vermag,

-       zuweilen auch gar nicht oder nur teilweise als möglich darstellt[16].

Hieraus folgt zwar nicht die Forderung, zur mittelalterlichen Meisterlehre zurückzukehren, wohl aber empfiehlt sich die differentielle Erprobung und optimale Kombination von mehr und minder vorweg „kopfgesteuerten“ oder/und parallel oder nachträglich „kopfkontrollierten“ Arbeits-, Lehr- und Lernfunktionen[17].

Das heißt: Andere Arten und Aspekte beruflichen Lernens, die während der rationalistisch akzentuierten Ära der BWP wegen ihres häufigen Missbrauchs von vielen ihrer Vertreter ebenso apodiktisch verworfen wurden wie ihre überlebten Fehlformen, sollten – aufgaben-, situations- und personenspezifisch dosiert und gestaltet – ebenfalls im Sinne einer gezielten Förderung der Aus- und Fortzubildenden verwendet werden. Es gilt, die Weisheit überlieferter Berufs- und Wirtschaftspädagogik mit der Rationalität moderner betrieblicher Personalwirtschaft zusammenzubringen.

Für den Prozess der reflexiven Rationalisierung des beruflichen und wirtschaftlichen, berufs- und wirtschaftspädagogischen Handelns, Lehrens und Lernens folgt aus alledem, dass es weniger als in der vorhergehenden Epoche darum gehen sollte, pauschalisierend bestimmte ‚Tugenden’ gegen bestimmte ‚Untugenden’ auszuspielen und theoretisches Wissen statt praktisches Können, fachliche Leistung statt soziales Wohlverhalten, Erziehung statt Sozialisation, Ausbildung statt Erziehung, „Schule“ statt „Lehre“, auch Mündigkeit statt Tüchtigkeit zu fordern und zu fördern, sondern all dies in ein optimales Verhältnis zueinander zu bringen, das nicht nur von Beruf zu Beruf, sondern auch situations- und personenspezifisch variiert, häufig freilich auch andere als die erhofften Wirkungen zeitigt und selbst bei einem außerordentlichen persönlichen Engagement nicht immer herstellbar erscheint[18].

3 Stenogramme aktueller Bedrohungen und künftiger Überlebenschancen unserer Disziplin:
Zur ökonomistischen Einfalt unserer Epoche, Thesen zur Parzellierung des Studiums und zur Taylorisierung der Ausbildungsgänge

Zu den bisher erörterten chronischen Schwächen der BWP kommen besondere aktuelle Gefährdungen, die deren ohnehin geringes Widerstandspotential zusätzlich beanspruchen und sowohl die Wissenschaftlichkeit der Wirtschaftspädagogik als auch die Rationalität der Berufspädagogik auf die Probe stellen.

3.1 Wirtschaft? Was für eine Wirtschaft? Zur Irrationalität des real expandierenden Ökonomismus

Vom derzeit weltweit sich durchsetzenden Ökonomismus ist schon (im Abschnitt 2.2.1) die Schreibe gewesen, auch davon, dass seine Überwindung zu den heute vordringlichen Aufgaben vor allem der Wirtschaftspädagogen gehören sollte. Dass ich hier nochmals auf ihn zurückkomme, hängt mit der besonderen Aktualität seiner neoliberalen Variante zusammen, beziehungsweise mit der Realität, deren Herstellung diese Ideologie – ihre Willkür verschleiernd – befördert. Offen ist noch, wie sie am wirksamsten bloßgestellt werden kann. Hierzu bedarf es weder logischen Scharfsinns noch besonderen ökonomischen Sachverstands. Es reicht die Besinnung auf elementare Grundsätze vernünftigen Wirtschaftens – als der gemeinwohl- und umweltorientierten Erstellung, Verteilung und Verwendung knapper Güter und Dienste. Wir brauchen nur die Rationalität des Alltags, die „praktische Vernunft“ des „gesunden Menschenverstands“ zu bemühen – solange dieser zumindest noch ein wenig ‚gesund’ ist, sich noch nicht völlig im Netz jener mehr verdeckenden und beschönigenden als enthüllenden und diagnostizierenden Kunstsprache verfangen hat, nach der nicht mehr zwischen „der Wirtschaft“ und Repräsentanten gewinnorientiert konkurrierender Kapitalgeber unterschieden wird, Geld zu arbeiten vermag und was dergleichen weitere Ungereimtheiten sowohl in wirtschaftswissenschaftlichen Lehrbüchern als auch in wirtschaftsbezogenen Diskussionen ökonomischer Laien, selbst von Akademikern anderer Fachrichtungen sei es bloß gedankenlos dahergeredet, sei es auch ernsthaft zu begründen versucht wird.

Zur Befreiung von den Fesseln dieses verdummenden ökonomistischen Sprachspiels dürfte dann aber das Nachdenken über Fragen wie die folgenden (hoffentlich!) genügen[19]:

Warum soll die Wirtschaft selbst der reicheren Regionen dieser Welt, sollen auch die Vermögen bereits wohlhabender Personen noch weiter wachsen, wenn die materiellen Ressourcen der Erde immer knapper werden, die Zahl ihrer Bewohner immer noch zunimmt und unsere Firmen immer mehr Geld für eine suggestive Reklame zum Fenster hinauswerfen müssen, um auch Produkte loszuwerden, die ihre Kunden allein aus eigenem Antrieb niemals kaufen würden? Warum wird gerade hier mehr gerafft als geteilt und mehr verschwendet als gespart? Warum werden unangenehme, ungesunde und verdummende Arbeiten bei uns meist schlechter bezahlt als beliebte und anregende Tätigkeiten? Und: Selbst wenn der technische Fortschritt dazu führte, dass eine Minderheit hochqualifizierter Erwerbstätiger die materielle Versorgung der Mehrheit am besten bewerkstelligen könnte: Wäre dann die ‚Freisetzung’ auch nur eines arbeitsfähigen und arbeitswilligen Menschen von der gesellschaftlichen Arbeit und seine mit dieser Entmündigung einhergehende psychische Verkümmerung gerechtfertigt? Oder wäre dann nicht vielmehr über eine andere soziale Verteilung der Arbeit nachzudenken und zu befinden, die auch ihm einen anerkannten Platz in unserem Gemeinwesen sichert?

Dürfen Berufs- und Wirtschaftspädagogen solche Fragen auch heute ausklammern und die ihnen anvertrauten Auszubildenden weiterhin unaufgeklärt der asozialen Eigen-„Logik“ des „sich selbst verwertenden Wertes“ überlassen?

3.2 Wider die regionale und curriculare Parzellierung des berufs- und wirtschaftspädagogischen Studiums

Zusätzlich werden Dozent(inn)en und Studierende der BWP in Deutschland heute vor allem durch zwei EU-bedingte Entwicklungstendenzen strapaziert: durch den sogenannten „Bologna-Prozess“ und durch Bestrebungen zur Vereinheitlichung der subakademischen Berufsbildung in den Ländern der Union.

Zunächst sei auf den Bologna-Prozess eingegangen, so wie sich diese ‚Reform’ für die direkt Betroffenen in Deutschland darstellt, auf problematische Implikationen und Konsequenzen verwiesen und über Korrekturmöglichkeiten spekuliert.

Die wesentlichen Maßnahmen sind:

-  überall: Umstellung von meist zweiphasigen, grundständigen Diplom- und Staatsexamens-Studiengängen auf gestufte Bachelor-Master-Studiengänge, zugleich

-  in einigen Bundesländern: Verlagerung zumindest von Teilen des berufs- und wirtschaftspädagogischen Studiums von wissenschaftlichen Hochschulen auf Fachhochschulen und andere subuniversitäre Institutionen, weiterhin

-  generelle Modularisierung der Vermittlung und Aneignung der Studieninhalte und

-  laufende kleinteilige ‚Abprüfung’ und Zertifizierung des Gelernten (durch auf Neu-Undeutsch so genannte „Credit-Points“).

Im Verhältnis zu den bisherigen Studienstrukturen und Prüfungsverfahren handelt es sich um so tiefgreifende Veränderungen, dass es verwundern muss, warum die zuständigen deutschen Hochschulpolitiker und Wissenschaftsmanager sich großenteils rasch und fast vorbehaltlos bereit finden konnten, diese Reform auch in unserem Lande durchzuführen, und nach der einmal gefällten Entscheidung sofort deren Verwirklichung forcierten. Statt sich und den beteiligten sowie weiteren Experten genügend Zeit für Erkundungen und Überlegungen, Beratungen und Modellversuche zu lassen, um illusionäre Hoffnungen durch realistische Prognosen zu dämpfen und unerwarteten Schwierigkeiten, unerwünschten Begleiterscheinungen und unangenehmen Konsequenzen zuvorkommen oder rechtzeitig entgegenwirken zu können, beugten sie sich eilfertig den Entscheidungen demokratisch wenig legitimierter europolitischer Gremien und Administratoren, während die Mehrzahl der unmittelbar Betroffenen die folgenreiche – um nicht zu sagen: verhängnisvolle – Weichenstellung erst recht fast völlig verschlief. Nur ganz wenige von uns sowie einige externe Beobachter haben die Gefahr zwar früh erkannt und signalisiert, sich aber nicht das nötige Gehör verschaffen können. Das gilt auch für andere Sozialwissenschaften, ja für fast alle Disziplinen der klassischen Universität, obwohl die ‚Reform’ als Beerdigung dieser Institution, zumindest als Anfang ihres Endes gesehen werden kann.

Weil die Mehrheit auch der Professor(inn)en – als der mächtigsten Gruppe der Hauptbetroffenen – auf die Signale aus Bologna und den Orten daran anschließender Konferenzen nicht frühzeitig relativ einmütig und öffentlichkeitswirksam reagierte, sehen sie, sehen auch die Hochschullehrer der BWP sich nun mit deren problematischen Konsequenzen konfrontiert. Hierzu zählen besonders:

- die weitere regionale Parzellierung des Studiums: Vertiefung von Unterschieden zwischen länder- und standortspezifischen Studiengängen, bedingt durch das Fehlen einer den Kultusbehörden und Hochschulgremien vorgeschalteten Koordinationsinstanz, daher Erhöhung der Mobilitätsschranken zwischen verschiedenen Bundesländern (statt der beabsichtigten Angleichung der Ausbildung und Freizügigkeit der Absolventen auf europäischem Niveau);

- eine zusätzliche, curricular bedingte Parzellierung der Handlungspotentiale der Studienabsolventen: Akzentverschiebung von synoptischem Orientierungswissen zu isolierten Detailkenntnissen, als Folge der modularisierten Wissensvermittlung und modulbezogenen, vielfach stärker standardisierten Lernerfolgskontrolle; und

- fachrichtungsspezifische Unterkapazitäten relevanter Hochschulen und Schulen: Überlastung der Dozenten durch modular gebundene Lehrverpflichtungen (auf Kosten der Forschung, von der sie vorerst vielfach nur noch träumen können), eine Folge unzureichender Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses für viele obligatorische Studienfächer, Verschärfung des Lehrermangels der Schulen.

Die Kette der Effekte des Lehrermangels beruflicher Schulen wird womöglich in manchen Regionen und Fachrichtungen durch die Schulbehörden zu einem circulus vitiosus kurzgeschlossen. Dessen Stationen lassen sich (ceteris paribus) wie folgt charakterisieren: Der Dozentenmangel führt zur Verlängerung der Studienzeiten oder/und zur Verringerung der Studienplätze in den betreffenden Sparten; beides schlägt in niedrigeren Absolventenzahlen zu Buche. Dem hierdurch eskalierenden Lehrermangel suchen die Länder wie bisher durch Einstellung und allenfalls bescheidene Nachqualifizierung pädagogisch un- oder unterausgebildeter Absolventen vor allem ingenieur- und wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge beizukommen. Dadurch sinkt wiederum die Attraktivität des regulären Lehrerstudiums in diesen Berufszweigen. Dessen Rückgang trägt dann dazu bei, dass die Mangellage, der abgeholfen werden sollte, von einem vorübergehenden Übel zum Dauerzustand wird, und die ursprüngliche Notlösung sich zur Normalform der Qualifizierung und Rekrutierung des Nachwuchses für die betreffenden Lehrämter und betriebspädagogischen Positionen entwickelt. Der quantitative Mangel wird zur qualitativen Misere.

Auswege. Mit alldem soll weder der teilweise chaotische berufs- und wirtschaftspädagogische Lehrbetrieb vergangener Jahrzehnte nostalgisch verklärt noch das Bemühen um die Bereitstellung verdaulicher und stärkender Portionen der zu vermittelnden Materie sabotiert, sondern nur vor der Illusion der Möglichkeit einer beliebigen Reihenfolge ihrer akademischen Vermittlung und praktischen Verwertung gewarnt und auf die Notwendigkeit der Vergegenwärtigung und Wahrung und Explikation ihres systematischen Zusammenhangs verwiesen werden. Die Analogie der Reformvorschläge zu den schon vor Jahrzehnten veranstalteten Experimenten mit alternativen Modellen einer gestuften (dualen) Lehre hätte eigentlich beizeiten die Geister wecken und daran erinnern können, dass es eines ist, Personen, die wenig zu längerem Weiterlernen motiviert sind, mit schnell vermittelbaren arbeitsmarktgängigen Spezialqualifikationen zu versehen, und ein anderes, ambitioniertere Lernende mit Grundqualifikationen für weiterführende Ausbildungsgänge auszustatten. Und dass der Versuch, während einer ersten, ganz oder weitgehend einheitlich gestalteten Ausbildungsphase beider ‚Lerntypen’ beide Ziele gleichermaßen zu erreichen, wegen der wechselseitigen Behinderung der geeigneten Maßnahmen zu suboptimalen Ergebnissen mindestens einer der genannten Bestrebungen führen muss.

Solche Diskrepanzen dürften sich aber durch die Schaffung ausbildungsadäquater Beschäftigungs- und bedarfsangemessener Ausbildungsmöglichkeiten und/oder Einarbeitungsplätze für Bachelors wenig arbeitsmarktgängiger Fachrichtungen (zumindest im öffentlichen Dienst) weitgehend verringern lassen. Die missglückte Europaisierung des Arbeitsmarkts für Lehrkräfte wäre zu verschmerzen, wenn es wenigstens gelänge, dessen zusätzliche innerdeutsche Provinzialisierung durch Einschränkungen der Kulturhoheit der Bundesländer oder gar deren völlig Aufhebung wettzumachen.

Aussichten: Die curriculare Parzellierung des Studiums – die stellenweise Zersplitterung vormals integrierter Studiengänge sowie die fatale Verbindung dieser Art von Modularisierung mit der fortgesetzten ‚Abprüfung’ von Detailwissen – aber erscheint weder tolerabel noch reversibel oder auch nur kompensierbar. Wird zudem der soeben beschworene Teufelskreis anvisiert, dann gibt es wenig Grund zur Hoffnung auf eine schnelle und nachhaltige Verbesserung der Mangellage. Mithin stellt sich die Zukunft der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als forschungsbezogener Sozialwissenschaft und Stützpfeiler der pädagogischen Professionalität der Pädagogen beruflicher und wirtschaftlicher Ausbildungsstätten nach wie vor als weitgehend ungesichert dar. In jedem Falle sind erhebliche Anstrengungen erforderlich, um die längst eingetretene Fehlentwicklung unseres Faches zu stoppen und zu korrigieren. Mögliche Erfolge werden zwar gewiss nicht allein den Mitgliedern unserer Zunft zu verdanken sein, aber auch von deren gemeinsamen Bemühungen abhängen. Deshalb sollten Animositäten, die die notwendige Kooperation behindern, rasch bereinigt werden. Das heißt nicht, wissenschaftliche Kontroversen notgedrungen – um der akademischen Selbsterhaltung der Disziplin willen – auch nur zeitweise ‚unter den Teppich zu kehren’. Ganz im Gegenteil: Sie sollten sogar offener als bisher ausgetragen werden – einerseits. Andererseits aber wären diese Diskurse durch die Einsicht zu entschärfen, dass dabei meist gar nicht identische Phänomene behandelt, sondern nur verschiedene Aspekte eines gemeinsamen Objektbereichs erörtert werden, deren Fokussierung aus unterschiedlichen Problempräferenzen und Erkenntnisinteressen der Kontrahenten resultiert, die einander nicht widersprechen, vielmehr im Falle ihrer korrekten Platzierung zu einem vollständigerem Bild der Wirklichkeit ergänzen.

3.3 Zur eurobürokratischen Taylorisierung des beruflichen und wirtschaftlichen Lernens

Etwas günstiger hingegen stellt sich die Situation der Berufs- und Wirtschaftspädagogik vorerst in ihrem praktischen Anwendungsbereich – das heißt auf der Ebene der subakademischen Berufsausbildung selbst – noch dar. Hier liegt gegenwärtig zwar ebenfalls eine massive eurobürokratische Bedrohung vor; doch ist der Veränderungsprozess bisher noch nicht ganz so weit ‚vom rechten Wege abgekommen’ wie im Falle der wissenschaftlichen Lehrkräfte- und Ausbilderqualifizierung; auch zeigen erfolgreiche Vorbilder, wohin die weitere Reise eigentlich gehen könnte und sollte. Gleichwohl ist höchste Eile und äußerste Entschiedenheit geboten, viel Zeit kaum noch zu verlieren. Soweit die Kehrtwendung gelingt, würden sich auch sogar die Aussichten auf eine entsprechende Kurskorrektur der Lehrerbildung und Ausbilderqualifizierung wieder verbessern, weil diese dann nachziehen müssten, sollen sie nicht künftig überwiegend ‚Ausschuss’ produzieren.

Die ‚Euroreform’ der Ausbildung unterhalb der Technischen Hochschulen und Universitäten ist also noch nicht so weit fortgeschritten wie die Neustrukturierung des berufs- und wirtschaftspädagogischen Studiums. Doch wird sie umso konsequenter durch jene Grundsätze bestimmt, die die Hochschulpolitik der EU regieren:

- radikale curriculare Parzellierung: weitgehende Zerlegung vormals einigermaßen aufwendig vermittelter komplexer beruflicher Kompetenzen in nur noch nachzuprüfende und zu zertifizierende elementare, lediglich lose zu verbindende Qualifikationsbausteine, die leicht umgruppiert und ausgewechselt werden können,

- kompromisslose Output-, Selektions- und Marktorientierung:

o   frühzeitige Entlassung der noch relativ desorientierten und unterqualifizierten Individuen aus dem Schutzraum pädagogischer Förderung und

o   ihre Auslieferung an die gnadenlose weitere Selektion durch deregulierte Ausbildungs-, Fortbildungs- und Arbeitsmärkte.

Charakter und Konsequenzen, Relevanz und Alternative dieser ‚Deform’. Diese Kombination tayloristischer Partialisierung ganzheitlicher Vollzüge mit einer pseudomeritokratischen sozialdarwinistischen Selektion (nach angelsächsischen Mustern der Rekrutierung semiqualifizierter Arbeitskräfte) konstituiert ein modularisiertes Zertifizierungssystem, das sich auf eine wachsenden Unzahl scheinbar dekontextualisierbarer und daher vermeintlich universell transferierbarer ‚Kompetenz’-Partikel zweifelhafter Herkunft und Zukunft beziehen wird,

-  die wahrscheinlich nur als Komponenten immer neuer, immer kurzlebigerer Kombinationen fungieren, und

-  dessen Anwendung auf eine Konditionierung für fremdbestimmte Erwerbstätigkeiten und Arbeits-‚Biographien’ durch fortgesetzte Auswechselung dieser Fragmente – ihre hastige Aneignung und bald nachfolgende Verdrängung – hinausläuft (vgl. bes. SENNETT 2006, 2007, auch SCHELTEN 2007).

Diese Konzeption versuchen ehrgeizige Experten und Administratoren der EU mit großer Eile gleichsam fugendicht zu erarbeiten, an parlamentarischen Kontrollen der Mitgliedstaaten vorbei zu manövrieren und flächendeckend zu implementieren – auch in Deutschland, trotz unserer völlig anderen, berufsbezogenen Ausbildungstradition. Hier würde die Durchsetzung des Reformprogramms einen radikalen Rückfall unter das erreichte Rationalitätsniveau bedeuten[20]. Erst recht stellte sie einen gravierenden, schwer reversiblen Rückschritt auf dem gerade erst eingeschlagenen Weg zu einer gestaltungsbezogenen Ausbildung und Tätigkeit auch der auf mittleren und unteren betrieblichen Ebenen einzusetzenden Arbeitskräfte dar. Denn der ist auf

-  die Schaffung weiterer komplexer, offener Kern-Ausbildungsberufe und

-  (neben einer systematischen Grundausbildung) auf die Gewährung vielfältiger Gelegenheiten zu (domänenspezifischem) situiertem, forschendem, experimentellem, reflexivem, praktischem und zugleich theoretischem Lernen

-  unter der Obhut kompetenter und verantwortungsbewusster Mentoren, auf

-  die stufenweise Steigerung der fachlichen und sozialen Kompetenz bei der Bearbeitung zunehmend problemhaltiger beruflicher „Entwicklungsaufgaben“ gerichtet,

und er soll über die Verinnerlichung eines relativ stabilen beruflichen Habitus sowie die Entwicklung einer flexiblen beruflichen Identität zu personaler Autonomie, sozial integrativen und ökologisch reflektierten Orientierung und entsprechenden Fähigkeiten führen (vgl. bes. DREXEL 2000, LEMPERT 2008, GROLLMANN/ SPÖTTL/ RAUNER 2006).

Schlussbemerkung. Doch noch ist es nicht zu spät zur Umkehr: Denkbar wäre auch hierzulande eine Reform nach dem Vorbild der Schweiz, wo 2004 ein neues Berufsbildungsgesetz in Kraft getreten ist. Dort wird der schulischen Berufsbildung unterhalb der Universitäten seither jener der betrieblichen, aber auch der gymnasialen Bildung ebenbürtige Rang eingeräumt, den sie auch hierzulande längst verdient, in Österreich sogar schon seit langem behauptet (vgl. GREINERT 2007). Wir müssen eine solche Reform nur wollen – auch im Interesse der (Re-)Professionalisierung und (Re-)Etablierung unseres Faches als einer realwissenschaftlichen Disziplin. Doch nochmals: Viel Zeit ist nicht mehr zu verlieren![21]



[1]     In diesen Fällen sollten die Wissenschaftler sich eigentlich auf gleiche Bedeutungen identischer und unterschiedliche Bedeutungen verschiedener Bezeichnungen einigen können; doch scheiterten solche Abstimmungsversuche bisher oft an der Hartnäckigkeit, mit der Beteiligte auf ihren Definitionen beharrten.

[2]     Das bezeugen unter anderem die Einrichtung eines diesbezüglichen Schwerpunktprogramms der DFG sowie eine bereits kaum mehr überschaubare Fülle einschlägiger Publikationen. Ganz zu schweigen von der inflationären, vielfach gedankenlosen Verwendung des betreffenden Terminus’, der verbreiteten Bezeichnungen von Handlungsaspekten, ganzen Handlungen oder Handlungsklassen oft einfach angehängt wird, um auf deren psychische Komponenten oder gar Determinanten hinzuweisen, obwohl er – wie beispielsweise im Falle der „Fachkompetenz“ – über diese gar nichts verrät. Gleichwohl erfreut sich gerade diese Kategorie beziehungsweise die gleichbedeutende „Sachkompetenz“ wie die hiervon unterschiedene „Methoden-, „Sozial- und „Personal- (oder „Selbst-) Kompetenz“ hierzulande seit ihrer offiziellen Definition durch die KMK großer Beliebtheit.

[3]     Dieser „strukturgenetisch-konstruktivistische“ Ansatz entspricht dem strengen Kompetenzmodell der Linguisten (vgl. CHOMSKY 1969).

[4]     Hier ist insbesondere das Bremer Institut für Technik und Bildung anzuführen. Vgl. z. B. BREMER/ HASLER 2004. - Für das Folgende siehe auch das Heft 1/2008 unserer ‚Zunftpostille’ ZBW.

[5]     Zudem handelt es sich bei ihnen ganz eindeutig nur um gedankliche Rekonstruktionen von Wissenschaftlern, nicht um handlungsleitende Vorstellungen der Akteure selbst. Auch insofern ähnelt ihre Verwendungsweise der Art, in der Sprachwissenschaftler und nicht nur „kompetente“ Sprecher die Regeln ihres Sprachgebrauchs beschreiben.

[6]     Zur Begründung dieser These sei an das nach seinem ‚Entdecker’, dem (US-) amerikanischen Soziologen WILLIAM I. THOMAS, benannte Thomas-Theorem erinnert: “If men define situations as real, they are real in their consequences“. Hier zitiert nach MERTON 1963, 421.

[7]     Die Übersetzung ins Deutsche ist 1987 erschienen. – Dieses Buch ist unter deutschen Berufs- und Wirtschaftspädagogen bisher wenig bekannt, zumindest wird es von ihnen selten zitiert. Das gilt erst recht für die hier substanziell mindestens ebenso einschlägigen Analysen von ALTVATER/ MAHNKOPF 2007 (1991), BOLTANSKI/ CHIAPELLO 2006 und GALBRAITH 2005. Auch die erstere taucht in neueren Handbüchern unseres Faches nirgends auf.

[8]     Über die einvernehmliche Bestimmung der hier exemplarisch angesprochenen Schlüsselqualifikationen und Kompetenzen hinaus sei wenigstens in einer Fußnote noch auf einige weitere wichtige terminologische ‚Hausaufgaben’ für kooperierende Teams von Berufs- und Wirtschaftspädagogen und Vertretern benachbarter Sozialwissenschaften verwiesen: Ähnlich klärungs-, zumindest durch Konventionen vereinheitlichungsbedürftig stellt sich die berufs- und wirtschaftspädagogische Verwendung von Bezeichnungen für Sozialisationsergebnisse und Erziehungsziele dar, die nicht einzelne Dimensionen personaler Entwicklung – etwa auch verschiedene Kategorien handlungsrelevanten Wissens und deren Abgrenzung vom Können –, sondern deren Konfigurationen betreffen, wie sie die Ausdrücke „sozialer Habitus“ und „personale Identität“ repräsentieren.

[9]     Hierbei handelt es sich unter anderem um die Sichtweisen von Personen, die sich mehr oder nur minder erfolgreich auf der selben Karriereleiter nach oben bewegt haben und ihre ehemaligen peers an sich vorbeiziehen oder hinter sich zurückbleiben sahen und sich demgemäß eher mit Letzteren identifizieren oder von ihnen distanzieren (vgl. BÜCHNER 1980).

[10]   Insofern sollten auch ‚Kompetenzforscher’ sich nicht mit zwar logisch-korrekten, aber psychologisch unvollständigen Rekonstruktionen bestimmter Handlungspotentiale begnügen, sondern auch deren faktisch beziehungsweise in der Selbstwahrnehmung der Akteure handlungsleitende psychische Korrelate und ihre Relationen zu diesen Potentialen identifizieren.

[11]   Was anhand des Personenregisters seiner 1992 erschienenen Sammlung von Artikeln über „Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik als erziehungswissenschaftliche Teildisziplin“ leicht nachzuweisen wäre.

[12]   Vgl. bes. GALBRAITH 2005. Was BLANKERTZ damals unter Rückgriff auf eine jahrhundertealte Tradition und eine anspruchsvolle Bildungstheorie rational zu begründen und zu kritisieren versuchte, lehrt heute auch eine systemtheoretische Analyse, die die Berufs- und Wirtschaftserziehung überzeugend im Bildungs- und nicht im Wirtschaftssystem lokalisiert. Vgl. KURTZ 1997.

[13]   Konsequent verfolgt diese terminologische und theoretische Strategie VOLKER BANK in seinem Werk: „Vom Wert der Bildung“ (2005). In dessen Einleitungskapitel (I) unterscheidet er zwischen „Ökonomismus“ und „Ökonomik“ wie folgt: „Dort aber ökonomische Legitimation einzufordern, wo die Messverfahren der Ökonomie keine sachgerechte Lösung bereithalten, heißt „Ökonomismus“. ... „Ökonomität“ sei demgegenüber die Bezeichnung für ein aus der Sache begründetes Handeln, das sich seiner ökonomischen Konsequenzen bewusst ist, ohne diese zum alleinigen Maßstab der Entscheidung zu machen“ (a. a. O., S. 21; Hervorhebungen: WL).

[14]   Der Ideologiebegriff wird hier nicht – wie mancher Leser vielleicht vermuten mag – als Schimpfwort gebraucht, um den Neoliberalismus ohne explizite Begründung ‚anzuschwärzen’. Vielmehr verwende ich dieses Konzept in einem präzisen soziologischen, vor allem durch MARX und MANNHEIM (1995 [1923]) geprägten Sinne als analytische Kategorie. Danach sind Ideologien

·       Vorstellungsmuster, Aussagensysteme und/oder Wertorientierungen herrschender privilegierter Individuen und Gruppen,

·       die soziale Verhältnisse, die deren partikularen Interessen entsprechen,

·       mehr oder minder manipulativ, überwiegend aber eher schlichtweg naiv als kalt kalkulierend - szientistisch-pseudoobjektiv als unabänderliche „Sachzwänge“ hinstellen oder gar

·       universalistisch-kryptonormativ als gemeinwohlförderliche Notwendigkeiten präsentieren,

·       um die Beherrschten ‚bei der Stange zu halten.

     Was aber bezweckt und, vor allem: Was bewirkt

·       der seit zwei, drei Jahrzehnten zuerst in den angelsächsischen Ländern, dann aber bald auch in allen anderen industriell entwickelten Gesellschaften (gerade auch in sozialdemokratisch regierten Staaten) neoliberale, das heißt durch

o    die willkürliche Preisgabe staatlicher Schutz- und Fürsorgeaufgaben zugunsten einer

o    mehr marktförmigen (De-)Regulierung sozialer Leistungen und gesellschaftlicher Entwicklungen

     konsequent und zunehmend entfesselte weltweite wirtschaftliche Wettbewerb um immer schnellere und/oder höhere Renditen eingesetzter, mehr und mehr elektronisch virtualisierter, darum immer riskanterer, weil vertrauenskrisenanfälliger finanzieller Kredite anderes als

·       die (möglichst unauffällige) weitere Bereicherung und schroffere Abschottung einer schrumpfenden herrschenden Minderheit ohnehin schon überreicher Eigentümer und einiger ihrer Handlanger

·       auf Kosten der zunehmenden materiellen Verarmung, politischen Entmachtung, sozialen Ausgrenzung und psychischen Verelendung der wachsenden Majorität der Individuen, Gruppen und Völker?

Hierzu siehe besonders: ALTVATER/ MAHNKOPF 2007, BOLTANKSI/ CHIAPELLO 2006, BOURDIEU 2004, GALBRAITH 2005, LOHMANN 2005, WACQUANT 2009.

[15]   Für die Gegenwart werden wir das auch erst wieder Jahrzehnte später wirklich ‚wissen, wenn sie längst zur Vergangenheit geworden ist, weil das ‚Berufsschicksal’ jeder Generation erst mit einiger Sicherheit ermittelt und bekannt gemacht werden kann, wenn zumindest deren Mehrheit das Rentenalter erreicht hat (und dann vielleicht auch zu jener rosigen Sicht der Vergangenheit neigt, die die je gegenwärtigen Verhältnisse seit jeher hat blass aussehen lassen).

[16]   Als bahnbrechende und weiterführende Arbeiten sind hier neben den bereits genannten und zitierten oder paraphrasierten Texten von NEUWEG (2005 a, b) und ZABECK (2006) Beiträge von BÖHLE (z. B. 2002), DEHNBOSTEL (z. B. 2005) und VOLPERT (bes. 2003) zu erwähnen.

[17]   Vielleicht kann diese Perspektive auch durch Philosophen systematisch auf deren sehr viel generellere Kontroversen ausgeweitet und so ihr allgemeines therapeutisches Potential erkundet und ausgeschöpft werden – aber das gehört wirklich nicht auch noch hierher. Die möglichen Folgerungen für den berufs- und wirtschaftspädagogischen „Paradigmenpluralismus“ (ZABECK 1978) werden hier abschließend wenigstens noch angesprochen.

[18]   Zur Erhellung der faktischen Gefährdung und möglichen Förderung der Akzeptanz der behandelten Prozesse hätte hierher noch ein Abschnitt zur moralischen Rationalisierung der behandelten Aktivitäten gehört; aber der Platz reichte nur noch für zwei Tabellen (im Anhang).

[19]   Auch hier kann ich nur mit Beispielen aufwarten. Längere Sequenzen solcher Fragen habe ich in dem von FISCHER 2003 edierten Sammelband sowie im Heft 3/2008 der ZBW publiziert.

[20]   Hierzu möchte ich zumindest eine etwas längere Fußnote beisteuern. Wenn ich das recht verstanden habe, bedeutet der beabsichtigte Übergang von der Input- zur Outputsteuerung der beruflichen ‚Bildung’, der im Rahmen der europäischen Reformbestrebungen beabsichtigt ist, für die Bundesrepublik nicht zuletzt eine Umakzentuierung der Steuerungsmittel, insbesondere eine Gewichtsverlagerung von der Orientierung an amtlich festgelegten Curricula – das heißt berufsspezifischen betrieblichen Ausbildungsordnungen und schulischen Rahmenlehrplänen – zu den betreffenden Prüfungsordnungen als Hauptinstrumenten staatlicher Regulierung. Das heißt, die zuständigen Behörden kontrollieren fast nur noch, was bei der Ausbildung am Ende herauskommt. Auf welchem Wege die vorgegebenen Ziele erreicht werden, bleibt weitgehend den beruflichen Schulen und/oder ihren Lehrkräften und den Ausbildungsbetrieben beziehungsweise deren Ausbildungspersonen überlassen. Hieraus resultiert wiederum – wegen der anhaltenden, sich zum Teil noch verschärfenden Verknappung der erforderlichen materiellen und personellen Ressourcen – weniger eine Befreiung der unterrichtenden und ausbildenden Personen von lästigen verwaltungstechnischen Zwängen vorgesetzter Behörden als deren zusätzliche Belastung durch unerfüllbare Zuschreibungen von Verantwortung, deren sich die betreffenden ihnen vorgeordneten (freilich kaum weniger ohnmächtigen) Behörden auf diese Weise zu entledigen wähnen.

[21]   Zum Teil 3 der vorliegenden Abhandlung siehe auch BANK (2005), besonders die als Kap. I, IV, V, XII und XIII gekennzeichneten Beiträge des Herausgebers sowie die Texte von LOHMANN (Kap. VII) und RADTKE (Kap. XI).

 

 


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ZIEGLER, B. (2004): Professionalisierung im Studium – Anspruch und Wirklichkeit. Aachen.


Anhang:

Tabellen zur moralischen Rationalisierung der behandelten Prozesse

Tabelle 6:     Exemplarische Zitate und Paraphrasen zur moralischen Rationalisierung beruflichen und wirtschaftlichen, berufs- und wirtschaftspädagogischen Handelns, Lehrens und Lernens – wirtschafts- und unternehmensethische Prinzipien

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Tabelle 7:           Exemplarische Zitate und Paraphrasen zur moralischen Rationalisierung beruflichen und wirtschaftlichen, berufs- und wirtschaftspädagogischen Handelns, Lehrens und Lernens – moralpädagogische essentials einiger Berufs- und Wirtschaftspädagogen

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Zitieren dieses Beitrages

Lempert, W. (2009): Die Fliege im Fliegenglas, der Globus von Deutschland und die Berufsbildung ohne Beruf. Über Krisensymptome, chronische Krankheiten und drohende Katastrophen der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als einer sozialwissenschaftlichen Disziplin. Zur Erinnerung an HERWIG BLANKERTZ (1927-1983). In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 16, 1-45. Online: www.bwpat.de/ausgabe16/lempert_bwpat16.pdf (10-10-2009).