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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT08 - Elektrotechnik-Informatik & Metalltechnik
Herausgeber: Ulrich Schwenger, Falk Howe, Thomas Vollmer, Martin Hartmann & Wilko Reichwein

Titel:
Kompetenzen und Karrierewege in elektrotechnischen und metalltechnischen Berufen


Übergangssysteme in neuen beruflichen Sektoren am Beispiel des Second Hand Sektors

Beitrag von Heike AROLD & Lars WINDELBAND (ITB, Universität Bremen)

Abstract

Der Handel mit Gebrauchtwaren hat sich mittlerweile zu einem wichtigen und eigenständigen Wirtschaftszweig in Deutschland und weiten Teilen in Europa entwickelt, doch findet er in der Forschungslandschaft noch keine Berücksichtigung. Mit weit mehr als 12.000 Unternehmen in Deutschland bietet der Sektor auch ein immer größeres Beschäftigungsfeld. Neue EU-Richtlinien zur Wiederverwertung von Waren sowie ein verändertes, umweltbewussteres Kaufverhalten der Konsumenten haben dazu geführt, dass sich der Sektor europaweit immer mehr zu einem eigenständigen Sektor entwickeln konnte. Mit dem Sektorwachstum einher geht das Bestreben der dort agierenden Unternehmen und Akteure, diesen weiter zu professionalisieren und damit aus der „Schmudellecke“ herauszuholen. Für eine weitere Professionalisierung benötigt man gut qualifiziertes Personal. Bisher fehlen jedoch auf die Bedürfnisse des Sektors zugeschnittene Qualifikationsangebote. Dies bestätigen die wissenschaftlichen Ergebnisse des Forschungsprojektes „QualiProSecondHand“. Auf der Basis von berufswissenschaftlichen Untersuchungen wurden die aktuellen Anforderungen der Beschäftigten und Herausforderungen des Sektors identifiziert und ein arbeitsprozessbezogenes Weiterbildungsprofil für den Sektor entwickelt. Der Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Analyseergebnisse des Projektes und diskutiert mögliche Qualifizierungswege für die Beschäftigten als Übergang in den ersten Arbeitsmarkt.

1 Hintergrund

Die deutsche Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik ist derzeit mehr denn je mit ihren Erfolgen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zufrieden. Laut der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist trotz Wirtschaftskrise 2008/2009 seit Januar 2010 bis April 2011 ein kontinuierlicher Rückgang bei den Arbeitslosen zu verzeichnen. Waren im Januar 2010 noch rund 3.617.000 Personen erwerbslos (BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT 2010, 13) sank die Zahl bis April 2011 auf rund 3.078.000 erwerbslose Personen (BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT 2011, 12). Diese positive Entwicklung führt die Regierung vor allem auf die boomende Wirtschaft und auf ihre zahlreichen unterschiedlichen arbeitsmarktpolitischen Instrumente zurück. Bei näherer Betrachtung dessen, was sich tatsächlich auf dem deutschen Arbeitsmarkt abspielt, wird jedoch schnell deutlich, dass es sich bei dieser Entwicklung um eine statistische „Mogelpackung“ handelt. Bei der Berechnung fallen alle erwerbslosen Personen, die sich derzeit in einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme befinden, aus der Statistik, weil sie durch ihre Teilnahme an sogenannten Beschäftigungsmaßnahmen nicht mehr als Arbeitslose gezählt werden. (vgl. BONGARTS 2011) Nach der Bundesagentur für Arbeit sind diese Personen, wenn auch nur zeitlich befristet, in einem Beschäftigungsverhältnis. Es gilt allerdings zu bedenken, dass es sich nicht um eine reguläre Tätigkeit im ersten Arbeitsmarkt handelt, sondern um „Zwangsmaßnahmen”, in die diese Personen durch die Arbeitsverwaltung vermittelt werden. Um das Bild des deutschen Arbeitsmarktes exakt wider zu spiegeln, müssten die Teilnehmer an Beschäftigungsmaßnahmen ebenfalls in der Arbeitslosenstatistik auftauchen, da sie lediglich einer vorübergehenden Beschäftigung und keiner Arbeit im eigentlichen Sinn nach gehen. Dabei kann auch die positive der Entwicklung der Anzahl der Maßnahmeteilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nicht über die Tatsache hinweg täuschen, dass immer noch zu viele und vor allem am Arbeitsmarkt Benachteiligte ohne eine reguläre und anerkannte Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt da stehen.

Im April 2011 gab es laut BA rund 502.833 Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Zählt man geförderte Qualifizierungen und die Förderungen von Berufsausbildungen noch hinzu, wird laut Monatsbericht April 2011 der BA insgesamt eine Anzahl von 1.336.065 Teilnehmern gezählt (BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT 2011, 51). All diese Personen sind dem Übergangssystem vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt zu zuordnen. Es handelt sich vornehmlich um Arbeitslose, deren Vermittlung sich in den ersten Arbeitsmarkt aus unterschiedlichen Gründen als schwierig erweist, denen der Weg zurück in den regulären Arbeitsmarkt von Seiten der BA jedoch zugetraut wird. Neben Langzeitarbeitslosen mit unterschiedlichen, multiplen Problemen, die z.B. gesundheitlicher oder sozialer Natur sein können, sind u.a. ältere Arbeitnehmer sowie Migranten zu der Klientel zu zählen, die an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnehmen. Die Vielschichtigkeit der Problemlagen, der in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen befindlichen Personen, zeigt sich auch in den unterschiedlichen Bildungsniveaus und beruflichen Werdegänge der Maßnahmeempfänger.

Mittels der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sollen diese Arbeitslosen nachhaltig in den Arbeitsmarkt bzw. den Ausbildungsmarkt integriert werden. Die Maßnahmen sollen vor allem die Beschäftigungschancen erweitern und die Beschäftigungsfähigkeit erhalten. Weiterhin sollen sie eine präventive Wirkung gegen die Arbeitslosigkeit entfalten und zu einer Reduzierung des Fachkräftemangels beitragen. Die Maßnahmen unterscheiden sich vornehmlich nach den Zielgruppen, für die sie aufgelegt sind:

  1. Für Personen, die über den SGB III-Status verfügen und durchschnittlich kürzer arbeitslos sind sowie über aktuelle Berufserfahrungen verfügen, kommen vornehmlich Instrumente zum Tragen, die auf eine Verbesserung bereits vorhandener Qualifikationen oder eine erneute Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt abzielen.

  2. Für Personen, die über den SGB II-Status verfügen und länger arbeitslos sind bzw. noch nicht beschäftigt waren, kommen vor allem Instrumente zur Verbesserung der Integrationschancen sowie Beschäftigung schaffende Maßnahmen zum Tragen.

Maßnahmen, die vorwiegend darauf abzielen, die hier genannten Zielgruppen wieder zu aktivieren und beruflich zu integrieren, werden vornehmlich von Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaften, freien Trägern und zum Teil auch von Arbeitgebern durchgeführt. Sämtliche Maßnahmen zielen also darauf ab, die Teilnehmer für den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren und sie dort nachhaltig zu integrieren. Aufgrund der Kürze der Maßnahme, im Durchschnitt dauert eine Maßnahme sechs Monate, und zahlreichen sozialen Problemen, die die Teilnehmer der Maßnahmen mitbringen, ist dieses kaum möglich. Als Folge dessen, dass die Teilnehmer der Beschäftigungsmaßnahmen kaum anerkannte Tätigkeiten erlernen bzw. auf dem Arbeitsmarkt nachgefragte Kompetenzen erwerben und somit nicht vermittelbar sind, landen sie nach Abschluss der Maßnahme erneut in der Arbeitslosigkeit. Um nicht wieder in der Arbeitslosenstatistik aufzutauchen, werden sie erneut zur Durchführung einer Maßnahme verpflichtet. Dieses kann sich mehrere Male wiederholen, ohne dass sie eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt erlangen (Maßnahmekarrieren).

Bei näherer Betrachtung der Maßnahmeträger und Beschäftigungsgesellschaften wird deutlich, dass diese durchaus Möglichkeiten hätten, die Maßnahmeteilnehmer nachhaltig und damit praxisbezogener zu qualifizieren. Neben Arbeitsbereichen, die im ersten Arbeitsmarkt durch qualifizierte Personen wie dem Gartenbau, Hauswirtschaft, Büro und Verwaltung, Lagerhaltung besetzt sind, werden immer mehr Beschäftigungsfelder gewählt, die derzeit nur randständig auf dem ersten Arbeitsmarkt anerkannt sind, wie der Second-Hand-Sektor. Während es in den erstgenannten Beschäftigungsfeldern oftmals eine Ausbildungstradition gibt, anerkannte Qualifizierungen aufgrund der Kürze der Maßnahmen jedoch nicht bzw. nur bedingt erreicht werden können, gibt es im Bereich des Second-Hand-Sektors keinerlei sektorbezogene Qualifikationsmaßnahmen.

Vor allem Sozialunternehmen, die ebenfalls als Beschäftigungsgesellschaft fungieren, sehen in der Nutzung des Second-Hand-Sektors als Beschäftigungsfeld für ihre Maßnahmeteilnehmer eine zusätzliche Möglichkeit, ihrem sozialen und humanitären Auftrag nach zu kommen. Zwei Vorteile entstehen dabei für die Unternehmen bzw. die Gesellschaft: Sie sammeln und verteilen an Bedürftige einerseits gebrauchte Waren und andererseits ergibt sich daraus eine sinnvolle Beschäftigung für die Maßnahmeteilnehmer. Diese jedoch kommen ihrer Tätigkeit häufig nur nach, weil sie entsprechend Auflagen von der Arbeitsverwaltung erhalten und ihnen sonst eine Kürzung ihrer finanziellen Unterstützung droht. Einen beruflich langfristigen Nutzen in einer Tätigkeit im Bereich des Second-Hand-Sektors sehen sie mangels Anerkennung der Beschäftigung bzw. der erworbenen Kompetenzen auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht. Warum also motiviert einer Beschäftigung nach gehen, wenn diese schlussendlich zu keinem Mehrwert führt? Und da formale Abschlüsse und Zertifikate über eine absolvierte Qualifizierung in Deutschland immer noch die Eintrittskarte in den ersten Arbeitsmarkt darstellen, ist anzunehmen, dass der Sektor als Beschäftigungsfeld für Personen im Übergangssystem vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt erst durch eine anerkannte Qualifizierung an Akzeptanz gewinnen wird. Mit einer Anerkennung der erworbenen Kompetenzen würden sich für die Teilnehmer neue und zusätzliche berufliche Wege eröffnen und ihre Chancen auf einen regulären Arbeitsplatz erhöhen. Dadurch könnte ein Beitrag zur Senkung der Arbeitslosenzahlen, zum Abbau von Maßnahmekarrieren und zur Senkung der Staatskosten geleistet werden.

2 Problemstellung

Die Schwierigkeit des Übergangs vom zweiten zum ersten Arbeitsmarkt zeigt sich in allen Bereichen, so auch im Second-Hand-Sektor. Eine Vielzahl von Beschäftigungsmaßnahmen wird, ohne eine Aussicht auf eine langfristige Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt zu haben, durchlaufen. Häufig sind die Beschäftigungsmaßnahmen zu weit weg von den realen Arbeitsprozessen und ermöglichen kein wirkliches „Lernen im Arbeitsprozess“. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die der Reintegration von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt mittels Beschäftigung und damit einhergehender Qualifizierung dienen, müssen praxisnaher gestaltet werden. Durch eine arbeitsprozessbezogene Qualifizierung werden die Betroffenen näher an die Arbeitswelt herangeführt. Aus dieser These heraus leitet sich die folgende, zu bearbeitende Forschungsfrage ab:

Kann eine arbeitsprozessorientierte Qualifizierung zu einer Professionalisierung des Second-Hand-Sektors beitragen und damit zu einer nachhaltigen Integration von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt führen?

Um Maßnahmeteilnehmer zielgerichtet auf die zukünftigen Aufgaben im Second-Hand-Sektor vorzubereiten und ihnen nachhaltig eine berufliche Perspektive in einem wachsenden Sektor zu ermöglichen, sollte das Lernen möglichst nah an den fachlichen Anforderungen der Praxis ausgerichtet sein. Die Ergebnisse einer Vorstudie haben gezeigt, dass sich die bisherigen Angebote vor allem auf die formalen Regelungen des Sektors konzentrieren. Eine umfassende prozessorientierte Qualifizierung steht weder im Fokus von Weiterbildungsanbietern, noch von Beschäftigungsgesellschaften bzw. freien Maßnahmeträgern, die Personen im Übergangssystem vom ersten in den zweiten Arbeitsmarkt betreuen und für den ersten Arbeitsmarkt qualifizieren wollen. Die Träger arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen nutzen den Second-Hand-Sektor bisher in erster Linie nur als Beschäftigungsfeld.

Das schlechte Image des Second-Hand-Sektors, das weitgehend auf die negative Meinung der Konsumenten zurück zu führen ist, wirkt sich nicht sonderlich positiv auf die Akzeptanz einer Beschäftigung in diesem Bereich durch Arbeitgeber im ersten Arbeitsmarkt sowie in der Gesellschaft als solcher aus. Neben der Qualität der angebotenen Waren, werden häufig die unprofessionelle Präsentation der Waren und des Unternehmens, eine schlechte Beratung und die Strukturen in Second-Hand-Unternehmen bemängelt. Das alles sind Anzeichen dafür, dass eine Steigerung der Qualität der Produkte und der zu erbringenden Arbeit erforderlich ist.

Bei einer Entwicklung hin zu einer sektorspezifischen Qualifizierung müssen vor allem die spezifischen Arbeitsprozesse und Anforderungen, die der Sektor hervorbringt, berücksichtigt werden. Mit der arbeitsprozessorientierten Ausrichtung einer Qualifizierung einhergehen sollte die Entwicklung von branchenspezifischen Qualitätsstandards, um eine Vergleichbarkeit der Qualifizierung zu ermöglichen und die Arbeitsmarktmobilität zu fördern.

Im Forschungsprojekt „QualiProSecondHand“ wurde diese Forschungsfrage in sieben europäischen Ländern: Deutschland, United Kingdom, Belgien, Österreich, Finnland, Slowenien und Bulgarien bearbeitet. Basierend auf der Untersuchung des Sektors sowie insbesondere der Untersuchung der sektorspezifischen Arbeitsprozesse wurden Schlussfolgerungen für eine sektorspezifische Qualifizierung gezogen, um damit die Forschungsfrage zu beantworten. Im Folgenden werden das Vorgehen und einige ausgewählte Ergebnisse aus Deutschland vorgestellt.

3 Untersuchungsmethode

Zur Analyse des Second-Hand-Sektors und seiner spezifischen Arbeitsprozesse und
-aufgaben wurde ein berufswissenschaftliches Forschungsdesign bestehend aus den drei Instrumenten: Sektoranalyse, Fallstudien und Experten-Workshops eingesetzt. Das Ziel der berufswissenschaftlichen Forschung liegt darin, die Arbeitswelt eines Sektors inhaltlich zu erschließen, so dass sich aus den Ergebnissen Vorschläge für die Gestaltung von Bildungsprozessen ableiten lassen (vgl. WINDELBAND 2006; BECKER/ SPÖTTL 2008). Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen die Arbeitswelt und ihre Veränderungen, wobei der Betrieb mit seiner Organisation und seinen Aufgaben, seine Technologien, Beschäftigungsstrukturen, Innovationen usw. ein zentraler Bezugspunkt ist (vgl. SPÖTTL 2001). Das bedeutet für den Second-Hand-Sektor, neben der Identifizierung der generellen Strukturen des Sektors mit seinen Abgrenzungen zu anderen Sektoren, die Anforderungen und Herausforderungen in den konkreten Arbeitsprozessen sehr detailliert zu identifizieren.

3.1 Sektoranalyse

Die Sektoranalyse hat zum Ziel, den Sektor überblicksartig zu erschließen, um ihn gegenüber anderen Sektoren abzugrenzen. Weiterhin soll sie dazu beitragen, aktuelle und zukünftige Entwicklungen im Sektor aufzuzeigen, Experten für Interviews zu identifizieren sowie innovative Unternehmen für die Fallstudien auszuwählen. In einem ersten Schritt wurde der Sektor eingegrenzt und definiert, um eine einheitliche Grundlage in allen sieben europäischen Ländern zu haben. Im Projektkonsortium und in Abstimmung mit Sektorexperten wurde der Sektor wie folgt definiert:

„Der Second-Hand-Sektor ist ein Feld wirtschaftlicher Aktivitäten, der den kommerziellen Handel und den gemeinnützigen Vertrieb von Gebrauchsgütern jeglicher Produktarten sowie die damit verbundenen Hauptaufgaben wie die Warenbeschaffung, die Warenaufbereitung und die Zu- bzw. Rückführung dieser in den Warenkreislauf mit dem Ziel, die gebrauchten Waren wieder gemäß ihrem ursprünglichen Verwendungszweck einzusetzen, umfasst.“ (AROLD/ WINDELBAND 2010, 13)

In einem zweiten Schritt wurde der Sektor auf Basis folgender Kriterien genauer analysiert: betriebliche Strukturen und Merkmale, wirtschaftliche Entwicklungen, Beschäftigungs­strukturen und -ebenen, Personalentwicklungen, Netzwerkstrukturen und Unternehmens­kooperationen, Geschäftsfelder, Aufgabenwandel, Qualifizierungsstrategien und Qualifikationsmodelle sowie die Rolle von Sozialpartnern und Verbänden.

Von der Untersuchung ausgeschlossen wurden Flohmärkte und Auktionsportale, da sie nicht ausschließlich von professionellen Händlern für Gebrauchtwaren frequentiert werden, sondern vielfach von privaten Personen und wechselnden Akteuren zum spontanen An- und Verkauf gebrauchter Waren genutzt werden. Weiterhin wurden der Gebrauchtwagen- und Antiquitätenmarkt nicht in die Untersuchung mit einbezogen, da sie schwer von dem Kfz-Markt bzw. dem Möbelmarkt abgrenzbar sind.

Zur Analyse des Sektors wurden verschiedene Methoden eingesetzt: Die Befragung von Experten und Schlüsselpersonen sowie innovativen Unternehmern des Sektors und die Analyse von Fachveröffentlichungen, innovativer Entwicklungen und wissenschaftlicher Erhebungen. Somit konnte sicher gestellt werden, dass der Sektor übergreifend erfasst und für die anschließenden Fallstudien Unternehmen ausgewählt wurden, die den Querschnitt der im Sektor vertretenden Unternehmen widerspiegeln.

3.2 Fallstudien

Die Fallstudien dienten dazu, alle relevanten Arbeitszusammenhänge, -aufgaben und
-prozesse sowie Organisationsstrukturen auf der Shop-Floor-Ebene zu erfassen. Somit kann ein genaues Bild der betrieblichen Situation und der konkreten Arbeit dargestellt werden.

In einem ersten Schritt erfolgte die Auswahl der Unternehmen auf Basis der Ergebnisse der Sektoranalyse sowie in Absprache mit Sektorexperten, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen den beteiligten Ländern sicher zu stellen. Die Vielzahl an Geschäftsfeldern und Produktgruppen in Europa haben zu einer Auswahl von 35 Unternehmen geführt. Die Hauptgeschäftsfelder, in denen die Fallstudien durchgeführt wurden, umfassen die Bereiche Textilien, Möbel und Haushaltsartikel, Bücher und Tonträger sowie elektrische und elektronische Geräte inklusive Computer. Weiterhin wurde bei der Unternehmensauswahl ein Augenmerk darauf gerichtet, dass die Unternehmen einen innovativen Charakter aufweisen. Folgende Kriterien wurden für die Auswahl festgelegt:

  • Sektorzugehörigkeit,
  • Betriebsgröße (Klein-, Mittel- oder Großunternehmen),
  • Zugehörigkeit zu einem der Geschäftsfelder (Textilien, Möbel und Haushaltartikel, Bücher und Tonträger sowie elektrische und elektronische Geräte),
  • innovativer Charakter des Betriebes (innovative Vertriebsstrategien, Personalentwicklungskonzepte, Marketingstrategien),
  • wirtschaftliche Dynamik (Umsatz, Gewinn),
  • betriebliche Veränderungsprozesse (neue Organisationsformen, neue Aufbereitungstechnik),
  • Unternehmensform (Sozialunternehmen, Privatunternehmen) und Aufgabenspektrum (mehrere Abteilungen).

Die Durchführung der Fallstudien erfolgte mittels halbstrukturierten Fachinterviews. Die eingesetzten Leitfragebögen ließen offene Fragen zu und ermöglichten flexibel auf den Input der Interviewpartner zu reagieren. Die Befragung erfolgte sowohl mit dem Fachpersonal als auch mit der Geschäftsleitung vor dem Hintergrund, nicht nur einzelne Arbeitsprozesse und
-aufgaben zu identifizieren, sondern auch Zusammenhänge zwischen diesen zu erschließen. Um das Gesamtbild der untersuchten Unternehmen zu komplettieren und die Ergebnisse der Interviews zu überprüfen, erfolgten zusätzlich eine Betriebsbesichtigung und Arbeitsbeobachtungen. Die gewonnenen Ergebnisse wurden einer vergleichenden Analyse unterzogen, um entsprechend die relevanten und sektorspezifischen Arbeitsprozesse und
-aufgaben sowie Anforderungen zu identifizieren.

3.3 Experten-Workshop

Zur Absicherung der Ergebnisse aus der Sektoranalyse sowie den Fallstudien und um aus diesen die richtigen Konsequenzen für die Entwicklung eines sektorspezifischen Qualifizierungskonzeptes ableiten zu können, wurden abschließend Experten-Workshops durchgeführt. Sie hatten zum Ziel sicher zu stellen, dass die Entwicklung einer Qualifizierung in Zusammenarbeit mit Sektorexperten erfolgt und somit nachhaltige Reformen in diesem Bereich voran getrieben werden.

Der fachliche Austausch erfolgte in Zusammenarbeit mit Sektorexperten und Schlüsselpersonen des Sektors sowie Entscheidungsträgern aus Verbänden, Unternehmen und der Berufsbildung. Der Schwerpunkt der Experten-Workshops lag auf der Ergebnispräsentation der Analysen und den Schlussfolgerungen für die Arbeit und Beschäftigung im Second-Hand-Sektor auf nationaler Ebene sowie in Europa, auf einer anschließenden Fachdiskussion und auf der Entwicklung von Qualifizierungsansätzen und deren Bewertung. Die Ergebnisse der Experten-Workshops dienten als Grundlage für die Initiierung des Folgeprojektes „QualiProSH II“. In dessen Rahmen erfolgte ein Innovationstransfer der Ergebnisse und Produkte mit der Zielsetzung, eine sektorspezifische Qualifizierung nachhaltig in dem Sektor zu implementieren.

4 Struktur des Second-Hand-Sektors

Der europäische Second-Hand-Sektor ist derzeit statistisch kaum erfasst. Dennoch kann man aufgrund der Anzahl an Unternehmen, dem erwirtschafteten Umsatz sowie den zahlreichen unterschiedlichen Unternehmensformen, von einem eigenständigen Sektor sprechen. Betrachtet man die Vielzahl an Unternehmensformen wie u.a. Inhaber geführte Unternehmen, Klein- und mittelständische Unternehmen bis hin zu Warenhäusern und Geschäften, die sich auf ein bestimmtes Warenangebot konzentrieren, so wird deutlich, dass es sich um einen sehr heterogenen Sektor handelt. Die Heterogenität des Sektors drückt sich zusätzlich in einem breiten Spektrum an Geschäftsfeldern aus, was darauf zurück zu führen ist, dass alle im Neuwarenmarkt zu erwerbenden Waren auch als Gebrauchtwaren angeboten werden. Der Großteil des Sektors ist dem Bereich des Handels zu zuschreiben; Teile können auch dem Handwerk und dem Dienstleistungsbereich zugeordnet werden. Der Sektor kann in zwei Bereiche unterteilt werden (vgl. AROLD/ WINDELBAND 2010, 25):

  • den Profit-Bereich, der vornehmlich der Privatwirtschaft zu zuordnen ist und in dem es in erster Linie darum geht, Gewinne zu erzielen;
  • den Non-Profit-Bereich, der von sozialwirtschaftlichen Unternehmen bzw. humanitären Organisationen geprägt ist und der den Sektor als Mittel zum Zweck nutzt, einerseits um kostenfrei bzw. günstig gebrauchte Waren an Bedürftige zu verteilen und anderseits um diesen als Beschäftigungsfeld für Personen im Übergangssystem vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt zu nutzen.

4.1 Unternehmensarten

In Deutschland dominieren die privatwirtschaftlichen Unternehmen. Nach vorsichtiger Schätzung von Experten des Verbandes Second Hand vernetzt e.V., die selbst mehr als 6.000 Adressen von Second-Hand-Unternehmen / Unternehmenskontakte haben, gibt es in Deutschland mindestes die doppelte Anzahl an Unternehmen – also rund 12.000, die im Second-Hand-Bereich tätig sind (vgl. AROLD/ KORING 2008, 14). Mehrheitlich handelt es sich um Inhaber geführte Unternehmen bzw. Kleinunternehmen mit bis zu max. zehn Mitarbeitern, die gebrauchte Waren an- und verkaufen. Daneben werden in Abhängigkeit von der Art der angebotenen Waren auch Dienstleistungen wie Reparaturen bei elektronischen und elektrischen Geräten angeboten. Neben Second-Hand-Unternehmen, die wie in Warenhäusern die gesamte Produktpalette an gebrauchten Waren anbieten, gibt es zunehmend auch Second-Hand-Geschäfte, die auf bestimmte Waren spezialisiert sind. Hierzu zählen u.a. Second-Hand-Geschäfte für gebrauchte CDs/Tonträger, Bücher, Textilien, Möbel, Computer und elektrische Geräte. Weiterhin gibt es spezielle Geschäfte, die auf hochwertige Artikel wie Markenbekleidung oder Sportartikel ausgerichtet sind. Diese Art der Geschäfte sowie das Gros der kleinen Geschäfte sind vorwiegend in den Städten angesiedelt. Die Second-Hand-Warenhäuser haben ihren Standort oft im städtischen Raum, wobei sich diese vorwiegend in großen Ballungszentren befinden. Im ländlichen Raum hingegen gibt es nur vereinzelt Second-Hand-Geschäfte. Die räumliche Verteilung der Unternehmen ist eindeutig auf deren Kundschaft und Erreichbarkeit zurück zu führen sowie von der Nachfrage in bestimmten Regionen abhängig.

Im Vergleich zu den privatwirtschaftlich geführten Unternehmen ist die Anzahl der sozialwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland wesentlich geringer. Eine exakte Statistik darüber, wie viele sozialwirtschaftlich geführte Unternehmen, karitative Organisationen bzw. Beschäftigungsgesellschaften sich u.a. im Second-Hand-Sektor bewegen, gibt es nicht. Das liegt daran, dass diese Unternehmen den Sektor vornehmlich als Beschäftigungsfeld im Rahmen von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen von Personen im Übergangssystem vom ersten in den zweiten Arbeitsmarkt nutzen und nicht schwerpunktmäßig im Second-Hand-Bereich agieren. Der Bereich „SecondHand“ fungiert in diesen Unternehmen lediglich als ein Teilgeschäftszweig neben einer Vielzahl anderer Beschäftigungsbereiche. Die Mehrheit der Unternehmen nutzt den Sektor gleich in zweierlei Hinsicht. So kommen sie neben der Schaffung einer Beschäftigungsmöglichkeit ihrem sozialen Auftrag nach, Bedürftige kostenlos mit Konsumgütern zu versorgen. Aus diesem Grund sind diese Unternehmen auch überwiegend nicht gewinnbringend ausgerichtet. Sie bieten häufig eine recht große Produktpalette an gebrauchten Waren in sogenannten Sozialkaufhäusern an. Das vielfältige Angebot an Produkten wie Hausrat, Textilien, Bücher/Tonträger, Möbel und elektrische Haushaltsgeräte bis hin zu elektronischen Geräten ist auf die vornehmliche Warenbeschaffung durch Haushaltsauflösungen bzw. Spenden zurück zu führen. Entsprechend der Zielsetzung dieser Unternehmen, haben sie im Vergleich zu privatwirtschaftlichen Unternehmen feste Strukturen. Die Unternehmen sind häufig in unterschiedliche Abteilungen untergliedert wie Warenannahme, Lager, Reinigung und Reparatur sowie Verkauf von gebrauchten Waren. Teilweise erfolgt die Gliederung auch nach unterschiedlichen Produkten, die diese Unternehmen sammeln, aufbereiten und verkaufen. So gibt es Bereiche, die sich ausschließlich mit der Sammlung, Reinigung und Reparatur von Textilien, Möbeln oder elektrischen Geräten befassen. Aufgrund ihres öffentlichen Auftrags sowie ihrer wirtschaftlichen Ausrichtung sind solche Unternehmen vorwiegend in den Städten angesiedelt und in Großstädten insbesondere dort, wo sich die sozialen Brennpunkte befinden bzw. aufgrund ihrer Größe in Gewerbegebieten (vgl. AROLD/ KORING 2008, 14f.).

4.2 Personalstruktur

In den privatwirtschaftlich und gewinnorientiert geführten Unternehmen in Deutschland hat sich gezeigt, dass der Grad der Professionalisierung sehr stark von der jeweiligen Geschäftsführung abhängig ist. Insgesamt konnten sehr heterogene berufliche Werdegänge und Bildungsniveaus der Beschäftigten identifiziert werden. Es sind sowohl Personen, die über eine niedrige Qualifizierung bzw. keine berufliche Bildung verfügen, als auch Personen mit einer hohen Qualifizierung bis hin zu akademischen Abschlüssen beschäftigt, wobei die Zahl der Beschäftigten, die an- und ungelernt sowie gering qualifiziert sind, den größeren Anteil ausmacht. Weiterhin werden die in den Unternehmen anfallenden Arbeitsaufgaben zumeist gleichsam von ein und denselben Personen durchgeführt, was den Beschäftigten zahlreiche Kompetenzen und ein breites Know-how hinsichtlich der Produkte, deren Beschaffung und Absatz, abfordert. In größeren Unternehmen hingegen finden sich häufig Beschäftigte, die über eine kaufmännische bzw. handwerkliche Ausbildung verfügen. Aufgrund der Tatsache, dass die Gründung eines Second-Hand-Unternehmens derzeit keinen gesetzlichen Auflagen unterliegt und jeder ein solches Geschäft eröffnen kann, bietet der Sektor jedermann die Möglichkeit zum Einstieg in die Gebrauchtwarenbranche. Die Möglichkeit der Existenzgründung wird von vielen Personen im Übergangssystem vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt genutzt, insofern die Rahmenbedingungen und finanziellen Mittel gegeben sind.

Die Betrachtung der Non-profit-Unternehmen im sozialwirtschaftlichen Bereich hat verdeutlicht, dass es hier feste betriebliche Strukturen mit Hierarchien in der Personalstruktur gibt. An der Spitze dieser Unternehmen steht ein festes Management, dass u.a. für die Sicherstellung der Verwaltungs- und Geschäftsprozesse verantwortlich ist und dass häufig eine akademische Ausbildung vorzuweisen hat. An zweiter Stelle der hierarchischen Strukturen stehen die Anleiter bzw. Vorarbeiter. Diese haben innerhalb der Unternehmen teilweise leitende und ausbildende Funktionen und verfügen über eine Festanstellung. Die Personen auf der sogenannten „mittleren“ Beschäftigungsebene haben entweder einen akademischen oder einen kaufmännischen, handwerklichen oder gewerblich-technischen Abschluss. Am unteren Ende der Hierarchie stehen die Mitarbeiter, die zeitlich befristet angestellt sind. Hierbei handelt es sich um Personen im Übergangssystem vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt, die im Rahmen einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme für einen Zeitraum von im Durchschnitt sechs Monaten in den Unternehmen beschäftigt werden. Die Mehrheit dieser Mitarbeiter verfügt über einen niedrigen bzw. gar keinen Schulabschluss oder eine Ausbildung. Häufig haben diese Mitarbeiter vielfältige soziale Probleme und müssen langsam an den beruflichen Alltag herangeführt werden. Neben den genannten Personen gibt es auch zeitlich befristete Mitarbeiter, die über ein hohes Bildungsniveau bzw. eine Ausbildung verfügen und die aus anderen Problemlagen heraus wie einer Langzeitarbeitslosigkeit, einem Migrationshintergrund und/oder wegen ihres Alters an entsprechenden Beschäftigungsmaßnahmen teilnehmen. Die Betätigungsfelder der zeitlich befristeten Mitarbeiter sind insgesamt recht weit gestreut und hängen einerseits von den Geschäftsfeldern und andererseits von den Vorkenntnissen, Interessen, Talenten und der Motivation der Mitarbeiter ab (vgl. AROLD/ KORING 2008, 86f.).

4.3 Produktpalette und Geschäftsfelder

Die Produktpalette der im Second-Hand-Sektor operierenden Unternehmen sowohl im privatwirtschaftlichen, als auch im sozialwirtschaftlichen Bereich umfasst nahezu alle Produkte, die es auch in dem Neuwarenmarkt zu erwerben gibt. Das Angebot reicht von Textilien, Sportartikeln, Haushaltswaren, Spielsachen und Möbeln über elektrische Klein- und Großgeräte bis hin zu Computern und elektronischen Geräten. Teilweise werden auch Einzelteile und Ersatzteile für unterschiedliche Geräte angeboten. Neben dem umfassenden Angebot an Produktgruppen weist der Sektor dementsprechend eine große Bandbreite an Geschäftsfeldern auf, wobei der Schwerpunkt auf dem Handel mit gebrauchten Waren liegt. In Deutschland umfasst der Sektor zwar alle Produktgruppen, dennoch konnten vier tragende Geschäftsfelder identifiziert werden: Textilien, Tonträger / Bücher, Möbel sowie elektrische und elektronische Geräte.

Neben dem An- und Verkauf von gebrauchten Waren hat sich immer mehr ein zweiter Schwerpunkt herauskristallisiert: der Dienstleistungsbereich. Vor allem im Bereich elektrischer und elektronischer Geräte gibt es Unternehmen, die zusätzlich zum Handel der Geräte Reparaturserviceleistungen mit Garantien anbieten. (vgl. AROLD/ KORING 2008, 36f.).

4.4 Identifizierte Arbeitsbereiche im Second-Hand-Sektor

Insgesamt konnten 11 unterschiedliche Arbeitsbereiche (vgl. Abbildung 1) mit den jeweiligen Arbeitsprozessen und -aufgaben in den 35 europäischen Fallstudien in den unterschiedlichen Geschäftsfeldern identifiziert werden.

Abb. 1:   Arbeitsbereiche in Second-Hand-Unternehmen

Jedem der elf Arbeitsbereiche sind nicht nur unterschiedliche Arbeitsprozesse und -aufgaben zu zuordnen. Deren Durchführung fordert den Beschäftigten auch ein spezielles arbeitsprozessbezogenes Know-how und Kompetenzen ab. Das erforderliche Know-how und die Kompetenzen sind in einigen Arbeitsbereichen wie Transport oder Verwaltungs-/Geschäftsprozesse sehr eng an den Handel mit Neuwaren angelehnt. Die Nähe zum Handel mit Neuwaren kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass im Second-Hand-Sektor – aufgrund der dort gehandelten Produkte und deren Besonderheiten bzw. Eigenschaften und einer speziellen Kundenklientel – spezielle Anforderungen an die Beschäftigten gestellt werden, die charakteristisch für diesen Sektor und auch nur dort zu finden sind. Dazu gehören vor allem der Warenankauf/-annahme, Restauration bzw. Reparatur oder der Verkauf von gebrauchten Waren. Die Warenbeschaffung sowie der Warenankauf/-annahme unterliegt im Gegensatz zum Neuwarenmarkt sehr stark dem Warenangebot. Da die Waren nicht beliebig verfügbar sind, müssen die Händler im Vergleich zum Neuwarenmarkt andere Strategien zur Warenbeschaffung verfolgen und auch beim Erwerb von Waren zu deren Qualität und Spezifika Kenntnisse haben. Aufgrund der Tatsache, dass gebrauchte Waren häufig einer Restauration bzw. Reparatur bedürfen, ist diesbezüglich ein breites Fachwissen zu unterschiedlichen Produkten und deren Funktionalität erforderlich. Für den Verkauf ist ein spezifisches Wissen über Marktpreise anderer Gebrauchtwaren bzw. Neuwaren und über die Qualität des Produktes notwendig. Es hat sich gezeigt, dass die Durchführung der Arbeitsprozesse und -aufgaben in jedem einzelnen Arbeitsbereich unterschiedliche Kompetenzen erfordert (vgl. AROLD 2008, 6).

4.5 Qualifizierungsstrategien und -ansätze

Schon die Vorstudie hat gezeigt, dass nur wenig sektorspezifische Qualifizierungsansätze für den Second-Hand-Sektor auf den Markt existieren. Dies konnte durch die Sektorstudie und die Fallstudien bestätigt werden. Die angebotenen Lehrinhalte sind nicht explizit auf den Gebrauchtwarenmarkt, sondern auch auf dem Neuwarenmarkt ausgerichtet. Insofern Qualifizierungen für Beschäftigte im Second-Hand-Sektor angeboten bzw. durchgeführt werden, finden sie zum einen innerhalb der Unternehmen oder bei externen Bildungsträgern statt wobei die Angebote externer Bildungsträger sowohl Beschäftigten aus dem sozialwirtschaftlichen Bereich, als auch aus dem privatwirtschaftlichen Bereich gleichermaßen zugänglich sind. Durch die Untersuchung konnte in Deutschland nur ein Qualifizierungsansatz identifiziert werden, der im Rahmen des EQUAL-Projektes „Second Chance“ explizit für den Sektor entwickelt und auch dort umgesetzt wurde. Weiterhin bieten der Verband Second Hand vernetzt e.V. bzw. vereinzelte Unternehmensberatungen Schulungen zu speziellen Themen wie Marketing, Sortiment, Kalkulation an. Diese Qualifizierungsangebote sind häufig einzelne Tageseminare oder Workshops.

Für die Beschäftigten in privatwirtschaftlichen Unternehmen konnten vereinzelt, wenn auch nicht auf die Besonderheiten des Sektors ausgerichtete, Qualifizierungsangebote ausgemacht werden. Im Bereich der Sozialwirtschaft hingegen konnten gar keine sektorspezifischen Qualifizierungsansätze identifiziert werden. Dennoch verfügen diese Unternehmen über Qualifizierungsstrategien und -konzepte als solches. Die Strategien, die im Rahmen von Beschäftigungsmaßnahmen zum Tragen kommen, erweisen sich als recht unterschiedlich und sind sehr stark von den unternehmensinternen Strukturen, den Geschäftsfeldern und dem Bedarf der einzelnen Beschäftigten abhängig. Die Unternehmen sehen sich vor allem dem Problem gegenüber gestellt, dass die Mitarbeiter nur eine zeitlich eng begrenzte Verweildauer in dem Unternehmen haben und dass das für die Verwaltung einen großen Aufwand nach sich zieht. So sehen sich viele der Unternehmen nicht in der Lage eine aufwendige und umfangreiche Qualifizierung durchzuführen und beschränken sich auf gezielte „Coachings“ bzw. „Training on the Job“ bezogen auf die jeweiligen Einsatzgebiete der Beschäftigten wie dem Verkauf, der Aufbereitung gebrauchter Waren usw. Weiterhin wird eine Qualifizierung dadurch erschwert, dass viele temporär Beschäftigte aufgrund ihrer schlechten Arbeitsmarktsituation eine geringe Lernmotivation an den Tag legen. Häufig fehlt es auch an deren Verständnis etwas zu Lernen, was nicht anerkannt wird. Da die Unternehmen vornehmlich Beschäftigungsmaßnahmen der BA umsetzen und nur bedingt Weiterbildungen im herkömmlichen Sinn durchführen, sehen sie ihren Arbeitsschwerpunkt mehr in dem Bereich der Beschäftigung und nicht in der Bildung (AROLD/ KORING 2008, 93f.).

5 Notwendigkeit einer sektorspezifischen Qualifizierung

Die identifizierten Arbeitsprozesse und -aufgaben sind die Basis für eine zukünftige Entwicklung einer Qualifizierungsstruktur sowie der erforderlichen Qualifizierungsinhalte. Die Ausrichtung an den Arbeitsprozessen sichert den vielfältigen Praxisbezug eines Qualifizierungskonzeptes bzw. -ansatzes und die Möglichkeit seiner Implementierung in verschiedene Bildungssysteme. Außerdem sichern die Arbeitsprozesse als Strukturierungsgrundlage in hohem Maße die Qualität des Qualifizierungsansatzes.

Neben den Arbeitsprozessen und -aufgaben, die im Rahmen einer Qualifizierung berücksichtigt werden müssen, stellen die erforderlichen Anforderungen an die Beschäftigten die wesentliche Grundlage einer Qualifizierung dar. Um eine qualitativ hochwertige Arbeit im Sektor leisten zu können, müssen die dort Beschäftigten über zahlreiche aufgabenbezogene Kompetenzen verfügen.

Doch was sind die aktuellen Herausforderungen und die aufgabenbezogenen Kompetenzen für die Beschäftigten im Second-Hand-Sektor und wie unterscheiden sich diese vom Neuwarenbereich? Die Herausforderungen an die Beschäftigten in den Betrieben entstehen zum einen aus den betriebsbezogenen Gegenständen wie unterschiedliche Materialien, Transportfahrzeuge, Lager- und Sammelbehälter usw. sowie den verwendeten Werkzeugen zur Demontage, Reparatur oder Reinigung der Waren und zum anderen aus der betrieblichen Arbeitsorganisation sowie den konkreten betrieblichen Arbeitsaufgaben. Diese Herausforderungen sind geprägt durch verschiedene gesetzliche oder innerbetriebliche Vorschriften sowie gesellschaftliche und kundenbedingte Erwartungen.

Innerhalb der Fallstudien und Experten-Workshops konnten insgesamt elf Kernarbeitsaufgaben als charakteristisch für den Sektor identifiziert werden. Einige dieser Arbeitsaufgaben waren in allen untersuchten Geschäftsfeldern zu finden, andere wiederum waren spezifisch auf das jeweilige Geschäftsfeld zugeschnitten. Eine typische geschäftsfeldübergreifende Arbeitsaufgabe ist z.B. die Annahme von Waren, deren Qualitätsprüfung, Sortierung und Weiterleitung in unterschiedliche Abteilungen.

Dabei handelt es sich um Arbeitsaufgaben, die in allen Unternehmen im Wareneingang ablaufen. Spezifischer müssen die Mitarbeiter die Waren (je nach Organisation des Unternehmens vor oder nach der Annahme) auf die Qualität prüfen, den Wiederverkaufswert (Kosten-Nutzen-Schätzung) ermitteln und die Waren auf Grundlage dieser Bewertung den verschiedenen Wieder-/Weiterverwendungen zuordnen. Dabei unterscheiden sich die Aufgaben, die eine Instandsetzung, Reinigung oder Reparatur der Waren zum Ziel haben, deutlich voneinander. So erfordert die Wartung und Reparatur verschiedner Elektroaltgeräte fachlich sehr hohe elektrotechnische Kenntnisse. Diese unterscheiden sich grundsätzlich von den Kenntnissen, die zur Restauration oder zum Bau neuer Möbel aus Ersatzteilen benötigt werden. Beim Blick auf den Neuwarenmarkt kann man feststellen, dass solche Aufgaben dort gar nicht existieren.

Bei einer weiteren Professionalisierung des Sektors wird das sektorspezifische Wissen weiter an Bedeutung zu nehmen. Schon heute wird von den Mitarbeitern immer mehr verlangt, ein Wissen in den folgenden Bereichen mitzubringen:

  • Preisfindung: Die Mitarbeiter sollten anhand von Marktbeobachtungen einen Preis festlegen können.
  • Neumarktbeobachtung: Sie sollten die aktuellen Vergleichspreise für die eigenen Produkte kennen.
  • Trendbeobachtung und Markenimage: Sie sollten eine Antwort auf die Frage geben können, welche Altgeräte heute und in Zukunft gefragt sind.
  • Produkt- und Materialkenntnisse: Sie sollten über Wissen zur Herstellung, Verwendung, Montage, Wartung und Reparatur von Waren usw. verfügen.
  • Warenpräsentation: Sie sollten Kenntnisse zur die Warenpräsentation und -dekoration haben, da beides immer wichtiger wird.
  • Kundenberatung: Sie sollten in der Lage sein, Kunden fachlich und zu Dienstleistungsangeboten zu beraten und ihnen Produktinformationen zu geben.
  • Geschäft und Kundenstruktur: Sie sollten ein Unternehmensimage für dessen Kunden aufbauen können.

Die fehlende sektorspezifische Qualifizierung wird als fehlender Baustein auf den Weg zur Professionalisierung angesehen. Der spezifische Qualifizierungsbedarf innerhalb der Unternehmen ist von vielfältigen Faktoren wie der beruflichen Qualifizierung der Mitarbeiter, den betrieblichen Strukturen, dem Geschäftsfeld und vor allem von den spezifischen Arbeitsaufgaben abhängig. Die Notwendigkeit einer sektorspezifischen Qualifizierung wurde in Deutschland und von allen am Projekt beteiligten europäischen Ländern identifiziert, auch wenn sich einzelne Arbeitsaufgaben in den untersuchten Geschäftsfeldern teilweise unterscheiden. Die Analyse der Arbeitsprozesse und -aufgaben in den vier betrachteten Geschäftsfeldern (Textilien, Bücher und Tonträger, Möbel sowie elektrische und elektronische Geräte) des Sektors zeigt teilweise hohe Anforderungen und notwendige Kompetenzen der Beschäftigten auf. Sowohl im Hinblick auf die eruierten geschäftsfeldübergreifenden als auch auf die geschäftsfeldspezifischen Arbeitsprozesse und
-aufgaben gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Entwicklung sektorspezifischer Qualifizierungen. Dies gilt für alle im Second-Hand-Sektor tätigen Beschäftigungsgruppen.

6 Weiterbildungsprofil „SecondHand“

Ein möglicher Ansatz für eine zukünftige Qualifizierung könnte in der Strukturierung der Kernaufgaben im Sinne einer entwicklungslogischen Kompetenzentwicklung sein. Bei diesem Ansatz wird die Entwicklung vom Anfänger zum Experten über vier bis fünf Stufen beschrieben: Neuling, fortgeschrittener Anfänger, kompetenter Akteur, Professioneller und Experte.

Der entwicklungslogische Ansatz wurde bereits in mehren Projekten für die berufliche Ausgestaltung von Curricula genutzt. So z. B. bei der Entwicklung der europäischen Berufsprofile „Kfz-Mechatroniker“ (RAUNER/ SPÖTTL 2002) und „Eco-Recycler“ (BLINGS/ SPÖTTL 2003). Für eine mögliche Qualifizierung für den Second-Hand-Bereich scheint eine dreistufige Abstufung nach dem jeweiligen Schwierigkeitsgrad der Arbeitsaufgaben in den Stufen Anfänger, Fortgeschrittener und Experte sinnvoll zu sein. Entsprechend dem Schwierigkeitsgrad der einzelnen Qualifizierungsstufen werden ihnen, wie die Tabelle 1 zeigt, die unterschiedlichen, identifizierten beruflichen Aufgaben zugeordnet. Die Zuordnung nach den Kompetenzstufen basiert vor allem auf den Ergebnissen der Experten-Workshops, auf denen Experten ihre Einschätzung zum Schwierigkeitsgrad der Aufgaben abgaben.

Tabelle 1:  Entwicklungslogische Strukturierung der Kernaufgaben

 

Die Form der Qualifizierung kann einerseits die in der Tabelle 1 aufgeführten Arbeitsaufgaben insgesamt umfassen, und anderseits auch Möglichkeiten zur Teilqualifizierung für Personen schaffen, die nur bezogen auf einzelne Schwerpunkte oder auf die Kernarbeitsaufgaben 1 bis 11 einen bestimmten Qualifizierungsbedarf aufweisen. Gerade für die Zielgruppe der am Arbeitsmarkt Benachteiligten bietet sich eine Teilqualifizierung innerhalb einer Beschäftigungsmaßnahe an, um einen zertifizierten Abschluss zu erhalten. Dieser könnte in einer weiteren Maßnahme fortgeführt werden, um einen Berufsabschluss zu erlangen (vgl. Abschnitt 7). Weiterhin können Qualifizierungen in einzelnen Schwerpunkten bestimmter Geschäftsfelder eine spezialisierte Fachqualifizierung ermöglichen.

Die Abbildung 2 zeigt die verschiedenen Möglichkeiten der Qualifizierung auf. Bei einer Spezialisierung im Geschäftsfeld „Textilien und CD/Bücher“ müssten die Kernaufgaben 1, 2, 4 bis 9 umgesetzt werden. Dagegen liegt der Schwerpunkt für das Geschäftsfeld „Elektrogeräte“ in den Kernaufgaben 1, 2, 3 und 5 bis 10. Hier sind besonders fachspezifische Qualifizierungen mit einem hohen Spezialisierungsgrad für den Bereich der Elektrogeräte in den Kernaufgaben „Demontieren und Entsorgen“ (Kernaufgabe 3) sowie „Instandhaltung Elektrogeräte“ (Kernaufgabe 10) zu erwähnen. Entsprechend gibt es für das Geschäftsfeld Möbel spezielle Schwerpunkte.

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Abb. 2:   Mögliche Qualifizierungswege nach Geschäftsfeldern (AROLD/ WINDELBAND 2010, 186)

Durch die Unterteilung der Qualifizierung nach Kernaufgaben könnte diese relativ Zeit ungebunden auf verschiedenen Ebenen und dem einzelnen Bedarf der zu Qualifizierenden entsprechend ermöglicht werden. Das ist gerade für die Zielgruppe der am Arbeitsmarkt Benachteiligten von Bedeutung.

Aktuell werden im Projekt „QualiProSH II“ konkrete Lern- und Arbeitsmaterialien zu den einzelnen Arbeitsaufgaben entwickelt und erprobt. Das in der Abbildung 2 dargestellte Gesamtprofil wird in länderspezifische Konzepte transformiert. Mit Hilfe von Second-Hand-Unternehmen und Weiterbildnern werden einzelne Schwerpunkte erprobt, angepasst, optimiert und nachhaltig implementiert. Durch die Implementierung einer einheitlichen sektorspezifischen Qualifizierung sollen nachhaltig neue, qualitativ hochwertige Beschäftigungsmöglichkeiten erreicht werden.

7 Schlussfolgerungen für das Übergangssystem

Die im Abschnitt 2 aufgezeigte Forschungsfrage kann erst endgültig in einer Langzeitstudie nach einer vollständigen Implementierung einer arbeitsprozessbasierten Qualifizierung beantwortet werden. Das Feedback von Teilnehmern, die im Rahmen des Projektes „QualiProSH II“ in ausgewählten Schwerpunkten geschult wurden, zeigt jedoch, dass die einzelnen Arbeitsaufgaben sehr spezifisch auf die Arbeit in den Second-Hand-Unternehmen vorbereiten. Besonders die praxisorientierte Ausrichtung wirkt sich positiv auf die Motivation der Teilnehmer aus, da sie durch das arbeitsprozessnahe Lernen das Wissen direkt im Arbeitsprozess umsetzen können. Bisher haben die Beschäftigten keine bzw. kaum Unterstützung bei der eigenen Kompetenzentwicklung, die über das Anlernen im Unternehmen hinausgeht, erhalten. Die bereits aufgebauten, vorhandenen Kompetenzen können zudem nicht ausgewiesen und erfasst werden. Das wirkt sich besonders auf die im Sektor vielfach beschäftigte Gruppe der Arbeitsmarktbenachteiligten in Non-Profit-Unternehmen aus. So wird deren Integration in den ersten Arbeitsmarkt nicht besonders gefördert. Eine anerkannte arbeitsprozessbezogene Qualifizierung für diese Zielgruppe, die bisher nicht im Fokus von Weiterbildungsangeboten stand, fördert zudem deren berufliche Möglichkeiten und unterstützt die persönliche Identifikation mit dem Sektor.

Die Identifizierung mit dem Sektor ist ein entscheidender Faktor zur weiteren Professionalisierung des Sektors. Ein sektorspezifisches Berufsbild könnte dazu einen erheblichen Beitrag leisten. Es stellt sich jedoch die Frage, wo der Schwerpunkt einer solchen Ausbildung liegen sollte. Es gilt abzuwägen, ob eine bereits bestehende Ausbildung wie die Ausbildung zum Verkäufer oder Einzelhandelskaufmann durch sektorspezifische Inhalte ergänzt werden soll oder ob die Entwicklung eines komplett neuen Berufsbilds sinnvoll ist. Ersteres wäre vermutlich der einfachere und schnellere Weg. Abgesehen davon gibt es in allen europäischen Ländern den Beruf des „Verkäufers“. Demzufolge würde es sinnvoll sein, das Berufsbild „Fachverkäufer Gebrauchtwaren“ zu entwickeln. Allerdings birgt eine Anpassung bzw. Spezialisierung des bestehenden Berufsbildes „Verkäufer“ die Gefahr in sich, dass nicht alle sektorspezifischen Arbeitsprozesse und -aufgaben berücksichtigt werden, da der Hauptschwerpunkt der Ausbildung auf dem allgemeinen kaufmännischen Bereich liegen würde. Die Entwicklung eines gänzlich neuen Berufsbildes wie „Fachkraft Gebrauchtwaren“ bietet wesentlich mehr Spielraum hinsichtlich der Berücksichtigung aller sektorspezifischen Inhalte und Arbeitsprozesse.

Weiterhin gilt es zu klären, inwieweit eine Erstausbildung im Bereich Gebrauchtwaren den derzeit im Second-Hand-Sektor Beschäftigten zugute kommt. Von der Möglichkeit eine Erstausbildung zu absolvieren, profitieren vor allem Brancheneinsteiger und junge Leute, die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen. Für bereits seit Jahren im Second-Hand-Sektor Beschäftigte bieten sich eher Qualifizierungen in Form von Fort- und Weiterbildungen mit sektorspezifischer Ausrichtung an. Um den Zielgruppen der Neueinsteiger bzw. der Berufsanfänger sowie der bereits in dem Sektor länger Beschäftigten eine adäquate Qualifizierung zu ermöglichen, sollten langfristig unterschiedliche Qualifizierungsmöglichkeiten geschaffen werden. Im Hinblick auf die Zielgruppe der Arbeitsmarktbenachteiligten könnten Anteile aus dem Maßnahmenlehrgang für eine Ausbildung angerechtet werden. Damit könnte ähnlich wie beim „Frankfurter Weg zum Berufsabschluss“ (FRANKFURTER WEG 2010), Maßnahmenempfängern eine zweite Chance zu einem Berufsabschluss gegeben werden.

Literatur

AROLD, H. (2008): Konzept zur Entwicklung von Qualifizierungsprofilen in der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der Second Hand Branche. Institut Technik und Bildung – Universität Bremen. Bremen. Online: http://www.qualiprosh.eu/download/Konzept%20Qualifizierungsprofil_dt.pdf  (07-06-2011).

AROLD, H./ KORING, C. (2008): Neu berufliche Wege und Qualifikationen zur Professionalisierung des Secondhand-Sektors. INSTITUT TECHNIK UND BILDUNG – UNIVERSITÄT BREMEN (Hrsg.): ITB-Arbeitspapiere Nr. 61. Bremen.

AROLD, H./ WINDELBAND, L. (2010): Qualifizierung für den Secondhandsektor in Europa. Bielefeld.

Becker, M./ Spöttl, G. (2008): Berufswissenschaftliche Forschung. Ein Arbeitsbuch für Studium und Praxis. Frankfurt a. M.

Blings, J./ Spöttl, G. (2003): Eco-Recycler – ein europäisches Kernberufsprofil für die Kreislauf- und Abfallwirtschaft, a European core occupational profile for the closed loop and waste economy. Impuls-Reihe, Herausgeber Nationale Agentur für Bildung in Europa beim BiBB. <st1:city w:st="on"><st1:place w:st="on">Flensburg</st1:place></st1:city>.

BONGARDS, M.: Unsinnige Beschäftigungsmaßnahmen und Geschäfte mit Erwerbslosigkeit. Darstellung, Kritik und Dokumentation Marburger Zustände durch den „Arbeitskreis Erwerbslose im DGB, Marburg“. Online: http://bongards.gmxhome.de/elo.html   (07-06-2011).

BUDESAGNTUR FÜR ARBEIT (2010): Der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland, Monatsbericht Januar 2010. Nürnberg.

BUDESAGNTUR FÜR ARBEIT (2011): Der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland, Monatsbericht April 2011. Nürnberg.

Frankfurter Weg (2010): Arbeitslos – Der Frankfurter Weg zum Berufsabschluss. Frankfurt. Online: http://www.werkstatt-frankfurt.de/fileadmin/Broschueren_ab_2010/100304_Brosch_FrankfurterWeg_Web_mini1.pdf  (22-06-2011).

Rauner, F./ Spöttl, G. (2002): Der Kfz-Mechatroniker – Vom Neuling zum Experten. Bielefeld.

SPÖTTL, G. (2001): Berufswissenschaftlich ausgerichtete Qualifikationsforschung – ihr Beitrag zur Curriculumforschung. In: FISCHER, M./ HEIDEGGER, G./        PETERSEN,   W./ SPÖTTL, G. (Hrsg.): Gestalten statt Anpassen in Arbeit, Technik und Bildung:       Festschrift zum sechzigsten Geburtstag von Felix Rauner. Bielefeld, 258-277.

WINDELBAND, L. (2006): Früherkennung des Qualifizierungsbedarfs in der Berufsbildung. Dissertation. Bielefeld.


Zitieren dieses Beitrages

AROLD, H./ WINDELBAND, M. (2011): Übergangssysteme in neuen beruflichen Sektoren am Beispiel des Second Hand Sektors. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 08.1/2, hrsg. v. SCHWENGER, U./ HOWE, F./ VOLLMER, T./ HARTMANN, M./ REICHWEIN, W., 1-19. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft08/arold_windelband_ft08-ht2011.pdf (19-11-2011).



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http://www.hochschultage-2011.de/