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bwp @ Spezial 5 | September 2011
Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Herausgeber der bwp@ Spezial 5 sind Thomas Bals & Heike Hinrichs

FT08 - Elektrotechnik-Informatik & Metalltechnik
Herausgeber: Ulrich Schwenger, Falk Howe, Thomas Vollmer, Martin Hartmann & Wilko Reichwein

Titel:
Kompetenzen und Karrierewege in elektrotechnischen und metalltechnischen Berufen


Qualifikationen und Kompetenzen von Fachkräften - Europäische Arbeitsmarktprobleme im Kontext transnationaler Bewertungen und Anerkennungen von Berufsqualifikationen

Beitrag von A. Willi PETERSEN (Universität Flensburg)

Abstract

Die Situation auf dem deutschen wie auch europäischen Arbeitsmarkt ist heute berufsbildungspolitisch geprägt durch Probleme bei der länderübergreifenden Bewertung und Anerkennung von Kompetenzen und Qualifikationen. Die oft notwendige Flexibilität von Fachkräften in Europa findet daher immer häufiger dort ihre Grenzen, wo die je im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen dieser Fachkräfte nicht oder nur unzureichend zu einer adäquaten Bewertung und Anerkennung für den Arbeitsmarkt führen. Umgekehrt gibt es z. B. in Dänemark wie zunehmend in Deutschland einen Fachkräftemangel, der zumindest zum Teil durch die im Ausland qualifizierten Fachkräfte gedeckt werden könnte. In den letzten Jahren wurden so die zunehmenden Probleme bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen auch verstärkt zum Thema der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik wie der Integrationspolitik. Die „Anerkennungs-Problematik“ muss hierbei allerdings klar zwischen der zu den „nicht reglementierten Berufen“ und den „reglementierten Berufen und Tätigkeiten“ differenziert unterscheiden. Ansätze zur Problemlösung werden so einerseits z.B. in Deutschland von dem aktuellen „Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ erwartet, welches wahrscheinlich 2012 in Kraft treten wird. Andererseits gibt es in Europa allein für die „reglementierten Berufe“ bereits seit 2005 die „Anerkennungs-Richtlinie 2005/36/EG“. Und aufgrund der Probleme in den Ländern sollen Verbesserungen zu den europäisch festgelegten „Anerkennungssystemen“ durch die seit 2010 durchgeführte Evaluation der Richtlinie mit Vorschlägen u.a. zu einer „European professional card“ (EPC) erreicht werden. Wie Untersuchungen aktuell zeigen, treten die Anerkennungsprobleme auch eher bei den „reglementierten Berufen und Tätigkeiten“ auf. Und dies insbesondere wegen der zur Berufsarbeit oft unklaren Reglementierung und der unpräzisen Angaben zu den je geforderten wie erworbenen Berufsqualifikationen. Gegebene Verbesserungsempfehlungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen zielen daher zum einen auf mehr Transparenz in den Reglementierungsvorgaben und zum anderen auf eine didaktisch nach Inhalt und Niveau besser „klassifizierte“ Beschreibung der Einzelqualifikationen in den Rechtsvorschriften wie in den Ausbildungsnachweisen.

 

1  Arbeitsmarkt- und Integrationsprobleme durch Probleme bei der Bewertung und Anerkennung der Qualifikationen von Fachkräften

Die Situation auf dem deutschen wie auch europäischen Arbeitsmarkt ist seit längerem zunehmend geprägt durch berufsbildungspolitische Probleme bei der grenz- und länderübergreifenden Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen. Die oft notwendige Mobilität und Flexibilität von Fachkräften in Europa findet so auch aktuell immer häufiger dort ihre Grenzen, wo die je im Ausland erworbenen Qualifikationen und Kompetenzen dieser Fachkräfte nicht oder nur unzureichend zu einer adäquaten Bewertung und Anerkennung auf und für den Arbeitsmarkt führen. Dies hat ganz unmittelbar zunächst individuelle und persönliche Einschränkungen zur Folge und wie Beispiele zeigen, gilt dies nicht mehr nur für den inzwischen fast prominenten ausländischen Ingenieur der Taxi fährt oder die im Ausland ausgebildete und als Putzfrau tätige Ärztin oder Lehrerin, sondern es geht heute vielfältig ebenso um den Facharbeiter und Gesellen, der im Nachbarland z.B. nur als Gehilfe beschäftigt wird. Neben den individuellen Berufs- und Arbeitsproblemen und den hier oft einhergehenden familiären Integrationsproblemen gibt es darüber hinaus wie z.B. in Dänemark nicht selten aber auch das umgekehrte Problem des Fachkräftemangels, der wiederum meist die gesamtgesellschaftliche Entwicklung negativ beeinflusst. Dieser Fachkräftemangel, der sich heute ebenso in Deutschland bereits in einigen Branchen und Regionen abzuzeichnen scheint, könnte nun aber teils durch die je im Ausland qualifizierten Fachkräfte gedeckt werden, so dass hier zum Thema generell länderübergreifender politischer Handlungsbedarf gefordert ist. Die Probleme bei der Bewertung und Anerkennung von Qualifikationen wurden insofern in den letzten Jahren auch bereits verstärkt zum Gegenstand der Integrations- und Bildungspolitik wie der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

2 Differenzierungen und Erfordernisse zur Verbesserung der Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen

Betrachtet man den europäischen Bildungs- und Arbeitsmarkt allein unter den Aspekten der Mobilität und Flexibilität von Fachkräften, so sind dabei die Probleme der Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen für und in Europa nicht neu und seit langem bekannt. Dennoch sind sie in fast allen Ländern und Regionen und insbesondere für bestimmte Branchen und Bereiche bis heute nicht zufriedenstellend gelöst. Und dies obwohl bereits seit vielen Jahren eine Fülle europäischer Richtlinien und in den Ländern meist nochmals eine weitere große Vielzahl von Regelungen, Dokumentationen und Leitfäden mit Hilfen zur Bewertung und Anerkennung von „ausländischen“ Qualifikationen vorliegen (vgl. u.a. ENGLMANN / MÜLLER 2007). So konnte trotzdem nicht verhindert werden, dass es in den Ländern Europas und verdichtet in den jeweils grenznahen Regionen wie z.B. im Umfeld von Aachen oder Flensburg auch immer wieder neu zu scheinbar unlösbaren Problemen und Fragen bei der Bewertung und Anerkennung der je im Ausland erworbenen Qualifikationen kommt. Dies zeigen zum Beispiel die leider nicht klar ausdifferenzierten Ergebnisse und „Anerkennungsquoten“ aus einer in 2006/2007 durchgeführten Befragung von Personen mit ausländischer Ausbildung in Deutschland teils deutlich auf. Denn im Mittel war hier fast nur in jedem zweiten Fall die „Anerkennung“ (bzw. auch teils „nur“ die Feststellung der Gleichwertigkeit) der Ausbildung positiv (siehe Abb. 1). Nicht direkt vergleichbare Probleme zeigen sich ebenso für Fachkräfte aus Deutschland im Ausland und z.B. aktuell in der deutsch-dänischen Grenzregion Schleswig - Sønderjylland, wo die Bewertungs- und Anerkennungsverfahren konkret in Dänemark oft schwierig und unzureichend sind und sich heute zunehmend negativ auf die Mobilität der Arbeitskräfte und die Funktionsfähigkeit des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes auswirken (vgl. PETERSEN u.a. 2010). Die je spezielle „Anerkennungsproblematik“ stellt sich so auch insgesamt in sehr verschiedenen Facetten und Aspekten dar, so dass diese in ihrer Differenziertheit und Praxis im Weiteren hinsichtlich der unterschiedlichen Verfahren und Bewertungen sowie noch mit Blick auf die Möglichkeiten der Verbesserung der besonderen Klärung bedarf.

 

Abb. 1:   „Anerkennungsquoten“ ausländischer Ausbildungen in Deutschland (BAMF 2009, 8)  Initiates file downloadoriginal Abbildung

 

Ist hierzu somit seit langem auch länderübergreifend politischer Handlungsbedarf gefordert, so muss zunächst nochmals auf die bereits seit 2005 auf der europäischen Ebene eingeführte „Anerkennungs-Richtlinie 2005/36/EG“ als eine wichtige Maßnahme hingewiesen werden. Denn diese Richtlinie, die für Europa im Kern drei Systeme zu einer „grenzüberschreitenden“ Anerkennung von Berufsqualifikationen mit sehr vielfältigen Kriterien auf über 120 Seiten vorgibt, ist im Prinzip bis heute die Grundlage für die Verfahren in den Ländern und damit scheinbar aber auch für die inzwischen erkannten und weithin bestehenden Probleme bei der Anerkennung. Die Richtlinie von 2005 wurde allerdings durch die noch rechtlich notwendige Umsetzung in den Ländern erst ab 2007 wirklich überall verbindlich. Offensichtlich gibt es dennoch seit dem viele Probleme und da die Nutzung und Anwendung der Richtlinie in der Praxis der Länder wohl nach wie vor sehr kompliziert ist, hat die EU bereits in 2010 hierzu eine Evaluation begonnen. Trotzdem ist bis heute noch nicht klar, ob die Richtlinie mit ihren drei verschiedenen Verfahren und Systemen unzureichend und wirklich selbst ein Teil der „europäischen“ Probleme bei der Anerkennung ist. Von daher waren und sind neue Lösungen und eigene Verbesserungen auch in den einzelnen Ländern gefordert, die z.B. in Deutschland Ende 2009 zunächst zum Ansatz der von der Bundesregierung veröffentlichten „Eckpunkte zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen und Berufsabschlüssen“ (DIE BUNDESREGIERUNG 2009) geführt haben. Inhaltlich wurde inzwischen im Weiteren auf den Internetseiten des BMBF für Deutschland öffentlich festgestellt: „Die bisherigen Regelungen zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen und Qualifikationen sind unzureichend und wenig einheitlich. (Und trotz Kenntnis der europäischen Anerkennungs-Richtlinie 2005/36/EG heißt es sogar noch grundsätzlicher, dass speziell) ... Bewertungsverfahren und Bewertungsmaßstäbe bisher fehlen“ (BMBF 2011a). Aufgrund weiterer Diskussionen und Anhörungen hat die Bundesregierung dann Anfang 2011 als konkrete Problemlösung und Verbesserung für Deutschland den „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ (BMBF 2011b) vorgelegt. Dieser Entwurf, der als so genanntes Artikelgesetz mit über 60 Artikel im Artikel 1 das spezifische Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz BQFG enthält, soll nach den noch aktuell laufenden Stellungnahmen und verschiedenen Beschlüssen im Bundestag und im Bundesrat dann höchstwahrscheinlich im Frühjahr 2012 in Kraft treten.

Ob nun jedoch dieses neue Gesetz mit seinen vielen Begründungen und Artikeln auf über 200 Seiten ab 2012 den erhofften und angestrebten Verbesserungseffekt in Deutschland haben wird, muss erst die bislang noch immer sehr unübersichtliche und schwierige Bewertungs- und Anerkennungspraxis zeigen. Anhand einiger Stellungnahmen zum bisherigen Gesetz-Entwurf (vgl. u.a. BPA 2011) sowie vor allem eigener Einschätzungen sind hier hingegen generell große Zweifel angebracht. Denn in der Diskussion um das Gesetz wie im Gesetz selbst wurde leider keine klare Definition und Trennung zwischen einerseits den Verfahren und dem Erfordernis einer Feststellung und Bewertung und andererseits einer auch formal und rechtlich notwendigen Anerkennung von Berufsqualifikationen vorgenommen. So erfolgen zwar laut Gesetz-Entwurf Unterscheidungen und Differenzierungen zwischen dem „Bereich der nicht reglementierten Berufe“ ab § 4 im Kapitel 1 und dem der „reglementierten Berufe“ ab § 9 im Kapitel 2, doch findet diese generell wichtige Differenzierung gerade bei den zu verbessernden Verfahren und Vorgaben nicht diejenige Berücksichtigung, die hier eigentlich erforderlich wäre. So soll zwar zum einen nicht nur schlicht das Verfahren für „eine individuelle Prüfung der Gleichwertigkeit von ausländischen Berufsqualifikationen mit inländischen Referenzqualifikationen“ (BMBF 2011b, 1) verbessert werden, sondern es wird generell auch erstmalig ein allgemeiner Rechtsanspruch auf ein solches Feststellungs- und Bewertungsverfahren geschaffen. Zum anderen hat diese Feststellung und „Bewertung der Gleichwertigkeit“ von Berufsqualifikationen aber dennoch nur ganz bedingt und nur als eine „Voraussetzung“ etwas mit der bei den „reglementierten Berufen“ auch formal geforderten „Anerkennung“ von Berufsqualifikationen zu tun. Und weil auch im Unterschied zu den nicht reglementierten Berufen diese formale Anerkennung immer laut der jeweiligen Rechtsvorschriften erforderlich ist, sind die einzelnen Verfahren zur formalen „Anerkennung von Berufsqualifikationen“ eben nicht bzw. rechtlich nur sehr unvollständig und bedingt in das neue Gesetz einbezogen. So gilt das BQFG laut Artikel 1 auch nur für die „normal“ auf Bundesebene geregelten Berufe, „sofern die berufsrechtlichen Fachregelungen nicht etwas anderes bestimmen. Damit hat für die reglementierten Berufe das spezielle Berufsrecht Vorrang“ (BMBF 2011b, 2). Von daher sind durch diesen rechtlichen „Vorrang“ die tatsächlich möglichen Verbesserungen zur „Berufsqualifikationsfeststellung“ durch das BQFG nicht wirklich weitreichend, so dass es sogar vielfach wie z.B. zu den im Rahmen der Gewerbeordnung reglementierten Berufen laut neuem § 13c auch explizit hinsichtlich der „Anerkennung von ausländischen Befähigungsnachweisen“ nur entsprechend heißt: „Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz ist mit Ausnahme des § 17 nicht anzuwenden“ (ebenda, 19). Die Anwendung des BQFG nur mittels dieses einzigen § 17 regelt aber immerhin, dass erstmalig in einer Bundesstatistik alle „Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit nach diesem Gesetz und nach anderen berufsrechtlichen Gesetzen und Verordnungen“ mit bestimmten Erhebungsmerkmalen statistisch überhaupt zu erfassen sind.

3 Formalrechtliche Anforderungen und die Notwendigkeit zur Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen

Zu den Verfahren und Problemen bei der Feststellung, Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen offenbart sich heute leider in den vielen Veröffentlichungen und Diskussionen meist schnell, dass weithin erhebliche Unklarheiten und teils große Missverständnisse vor allem darüber bestehen, wann und warum überhaupt eine Anerkennung formalrechtlich tatsächlich erforderlich ist und auf was sich diese genau bezieht. Das heißt, vielfach ist der gravierende Unterschied zwischen einer „einfachen“ Bewertung und Feststellung der Gleichwertigkeit und der einer Anerkennung von Berufsqualifikationen nicht immer wirklich transparent und in der jeweiligen Bedeutung klar, so dass nicht selten „falsche“ Schlussfolgerungen und Konsequenzen hierzu gezogen werden. Oft bleibt ebenso unklar, welcher generelle Zusammenhang z.B. zu den je individuell erworbenen und institutionell oder betrieblich geforderten Berufsqualifikationen und den als Referenz je geltenden Abschlüssen z.B. einer beruflichen Aus- und Weiterbildung oder eines akademischen Studiums besteht. Und da dies in offiziellen Veröffentlichungen und Portalen meist selbst undurchsichtig bleibt bzw. entsprechende Differenzierungen zum - zugegeben - komplexen und schwierigen Feld der „Feststellungen, Bewertungen und Anerkennungen“ nicht richtig deutlich werden, bleiben einige Initiativen und „Lösungen“ zu den wirklichen wie vermeintlichen Anerkennungsproblemen auch oft unbefriedigend und unzureichend.

Analytisch lassen sich viele der Unklarheiten zunächst allein auf die vieldeutige und nicht immer zutreffende An- und Verwendung des Begriffs „Anerkennung“ zurückführen. Denn die Begriffsverwendung reicht von der einfachen umgangssprachlichen Nutzung und betrieblichen Bedeutung über die Vermischung und Verwechslung von „Anerkennung“ und Bewertung bis hin zu der „richtigen“ formal rechtlichen Anerkennung, mit der dann auch der Vorgang als rechtliches Verfahren gemeint ist und das entsprechende Ergebnis einen rechts-verbindlichen Charakter hat. Bei der „Anerkennung“ von Berufsqualifikationen sollte von daher begrifflich immer eine klare ziel- und zweckbezogene Unterscheidung und Differenzierung vorgenommen werden, die auf einer ersten Ebene wie folgt darstellbar ist:

(A) Fälle zu einer auch länderübergreifenden Bewertung und „Anerkennung“ von Berufsqualifikationen als Voraussetzung für den Zugang und die Berufsausübung in Betrieben und Unternehmen bzw. generell auf dem Arbeitsmarkt.

(B) Fälle zu einer auch länderübergreifenden Bewertung und „Anerkennung“ von (Berufs-)Qualifikationen als Voraussetzung für den Zugang zu bestimmten Bildungs-, Ausbildungs-, Studien- oder Weiterbildungsprogrammen bzw. generell Bildungseinrichtungen.

Im Ergebnis führt diese ziel- und zweckbezogene Differenzierung zu klaren Unterschieden bei den Fragen nach der Zuständigen Stelle, den Rechts- und Verwaltungsvorschriften und damit letztlich zu den spezifischen Verfahren und Systemen der Bewertung und Anerkennung sowie der Nachweismöglichkeiten von Qualifikationen bzw. Berufsqualifikationen. Mittels dieser Differenzierung kann zugleich auch entsprechend dem Beitragsthema eine Einschränkung derart vorgenommen werden, dass hier nachfolgend „nur“ noch alle Fälle und Fragen zu (A) auf die Bewertung und „Anerkennung“ von Berufsqualifikationen zum Zweck des Zugangs und der Berufsausübung in den Betrieben bzw. auf dem Arbeitsmarkt bezogen werden. Aber auch hierzu ist die Verwendung des Begriffs „Anerkennung“ leider nicht eindeutig und bringt noch oft Unklarheiten und Missverständnisse hervor, so dass auf einer zweiten Ebene eine weitere klar ziel- und zweckbezogene Differenzierung und Unterscheidung unerlässlich ist. Denn für die Berufsausübung und Beschäftigung in den Betrieben und auf dem Arbeitsmarkt werden Bewertungen und „Anerkennungen“ von Berufsqualifikationen im Prinzip meist aus zwei deutlich zu unterscheidenden Motiven und Zwecken gefordert und vorgenommen. Und zwar in der Regel immer dann,

(A1) wenn zur normalen betrieblichen Berufsausübung oder Erwerbstätigkeit vom privaten oder öffentlichen Arbeitgeber als Voraussetzung bei einer Einstellung und Stellenbesetzung vom Betrieb selbst „einfach“ bestimmte Berufsqualifikationen gefordert sind, oder

(A2) wenn der Berufszugang und die Berufs- oder Tätigkeitsausübung durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften eines Landes an den Besitz ganz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist und der Beruf bzw. die Tätigkeit somit offiziell als reglementiert gilt.

3.1 Verfahren und Probleme bei der Bewertung bzw. „Anerkennung“ von Berufsqualifikationen für betriebliche Zwecke

Im betrieblichen Normalfall wie unter (A1) vorab angegeben wird ein privater oder auch öffentlicher Arbeitgeber bei einer Stellenausschreibung die für die Arbeitsstelle erforderlichen Berufsqualifikationen möglichst klar benennen. Und im Einstellungsverfahren wird in der Regel z.B. der Personalchef genau diese Berufsqualifikationen als Referenz zur Bewertung der Qualifikation einer sich bewerbenden Arbeitskraft benutzen. Im Einzelnen kann und wird der Betrieb von der in- oder ausländischen Arbeitskraft dazu einen Nachweis über den Besitz der je individuellen Berufsqualifikationen nach Inhalt und Niveau erwarten und verlangen, um auf deren Grundlage einen Ver- und Abgleich mit den geforderten Qualifikationen unter den Aspekten der Übereinstimmung oder auch Gleichwertigkeit vorzunehmen. Wie und in welchen Formen und ob die Betriebe hier überhaupt einen Qualitäts-Nachweis über die im In- oder Ausland erworbenen Berufsqualifikationen verlangen und wie sie diese letztlich anhand welcher Referenz bewerten, liegt eindeutig allein beim Betrieb und erfolgt in deren Verantwortung meist unter Nutzung der betrieblich hierzu vorliegenden Erfahrungen. Das heißt zugleich, dass es zu diesen betrieblichen Verfahren und Kriterien auch bereits einen deutlichen Unterschied z.B. zu denen im neuen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz gibt, da hier im § 2 durch das Verfahren der „Feststellung der Gleichwertigkeit im Ausland erworbener Ausbildungsnachweise … und inländischer Ausbildungsnachweise“ (BMBF 2011, 1) ja eine klar andere Referenz vorgegeben ist. Denn für die Betriebe gelten als Bewertungsgrundlage und Qualifikationsreferenz vorrangig die geforderten Qualifikationen der Arbeit und eher nicht die Qualifikation entsprechend irgendeinem „inländischen Ausbildungsnachweis“. Diese könnten zwar manchmal zur betrieblichen Orientierung eine Rolle spielen, doch ist für die Betriebe in den Einstellungsverfahren meist mehr von Bedeutung, ob die neue Arbeitskraft auch tatsächlich die zur Arbeitsstelle geforderten Berufsqualifikationen besitzt. Was eine Fachkraft aber wirklich kann, zeigt sich eh meist erst in und nach einer gewissen Praxiszeit in den Betrieben selbst, so dass es zur Qualifikationsbewertung neuer Arbeitskräfte vielfach einen reichen Fundus an betrieblichen Erfahrungen und damit auch zum tatsächlichen Wert und der Aussagekraft der verschiedensten in- und ausländischen Ausbildungs- und Befähigungsnachweise gibt.

Zum Verfahren der Bewertung von Berufsqualifikationen für betriebliche Zwecke ist noch begrifflich darauf zu verweisen, dass für den positiven Bewertungs-Fall dieser letztlich als eine Akzeptanz und eben oft auch als eine betriebliche „Anerkennung“ der von der Fachkraft nachgewiesenen Berufsqualifikationen bezeichnet wird. Diese Art einer betrieblichen bzw. „de facto Anerkennung“ ist jedoch immer nur auf einen Einzelbetrieb bezogen und hat nichts mit der noch folgenden formal rechtlichen bzw. einer „de jure Anerkennung“ von Berufsqualifikationen zu tun. Somit hat aber auch der negative Bewertungs-Fall zu einer Qualifikation z.B. „nur“ die betriebliche Ablehnung einer ausländischen Arbeitskraft zum Ergebnis, die dann aber ebenso wenig hier mit der einer formal-rechtlichen „Nicht-Anerkennung“ der Berufsqualifikationen gleichzusetzen ist. Insofern sind hier nochmals die oben laut Studie genannten und insgesamt auch eher schlechten Ergebnisse der „Anerkennungsquoten“ ausländischer Ausbildungen in Deutschland aufzunehmen (siehe Abb. 1) und hinsichtlich der Inhaltsbedeutung zur „Anerkennung“ neu zu interpretieren. Denn durch den Ansatz dieser Studie, mit dem gerade das Konstrukt der „Anerkennung“ nicht klar und sauber ausdifferenziert wurde (vgl. GOSTOMSKI 2008; RAM 2006/2007 - Working Paper Nr. 11), sind in den Ergebnissen der Anerkennungsquoten faktisch und praktisch auch all die Fälle mit enthalten, in denen z.B. allein die Betriebe die Berufsqualifikationen der ausländischen Arbeitskräfte als nicht ausreichend bewertet bzw. „nur“ betrieblich nicht „anerkannt“ haben. Von daher handelt es sich zumindest bei solchen Ergebnissen auch insgesamt nicht um wirklich rechtliche Anerkennungsprobleme oder ungenügende formale Anerkennungs-Verfahren, so dass sich im Rahmen der Gesamtproblematik auch gerade solche Fälle in Zukunft nicht durch das kommende Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz BQFG allein einfach werden lösen lassen. Denn trotz neuem Anrecht auf offizielle Feststellung und individueller Prüfung der Gleichwertigkeit z.B. einer in Polen oder in der Türkei erworbenen Berufsqualifikation mit einer inländischen Ausbildungsqualifikation als Referenz wird ein Betrieb ja nicht plötzlich zu einem anderen Bewertungsergebnis im Abgleich mit der für die Arbeit je spezifisch geforderten Qualifikationen kommen.

Zum Komplex der betrieblichen „Anerkennung“ werden solche teils kritischen Aussagen u.a. auch gestützt und empirisch belegbar durch die oben als Beispiele bereits genannten aktuellen Fälle in der deutsch-dänischen Grenzregion Schleswig - Sønderjylland. Denn hiernach stellen sich für viele Fachkräfte aus Deutschland und Dänemark fast alltäglich vergleichbare Fragen und Probleme zu den auch je länderspezifischen Bewertungs- und Anerkennungsverfahren. So handelt es sich beispielsweise um jährlich bis zu 20.000 Arbeitskräfte als so genannte Grenzpendler auf dem deutsch-dänischen Arbeitsmarkt, womit es im Prinzip hier fast ebenso viele Fälle zu einer betrieblichen Qualifikationsbewertung gibt. Entsprechend sind zur Qualifikationsbewertung in den Einstellungsverfahren zunächst wieder allein die Betriebe in der Pflicht und Verantwortung, auf der Grundlage ihrer je zur Arbeitsstelle geforderten Berufsqualifikationen einen Ver- und Abgleich mit den Qualifikationen der sich bewerbenden ausländischen Arbeitskraft vorzunehmen. Und hinsichtlich der Ergebnisse und möglichen Probleme zeigt hierzu die oben genannte Untersuchung für die Grenzregion Schleswig - Sønderjylland relativ klar und eindeutig: „In Deutschland und Dänemark gibt es bei den Grenzpendlern nach Inhalt und Umfang keinerlei wirklich grundlegende Probleme bei der Bewertung bzw. „Anerkennung“ von Berufsqualifikationen für betriebliche Zwecke“ (PETERSEN u.a. 2010, 19). Das heißt, bei den jährlich bis zu fast 20.000 Grenzpendlern gibt es in den Betrieben bisher kaum Fälle, bei denen die betrieblich geforderten Berufsqualifikationen nach Inhalt und Niveau nicht von einer z.B. in Deutschland oder Dänemark qualifizierten Arbeitskraft erfüllt wurden. Und konkret bedeutet dies zum Beispiel, ob nun ein Tømrer (Zimmermann) aus Dänemark in Deutschland oder ein Tischler oder Zimmerer aus Deutschland in Dänemark arbeiten will, die Betriebe in Deutschland wie in Dänemark bewerten die je im anderen Land erworbenen Berufsqualifikationen nach Inhalt und Niveau für ihre Anforderungen als gleichwertig bzw. „erkennen“ betrieblich die vorgelegten Ausbildungsnachweise in aller Regel ohne Probleme voll an.

Generell scheint damit die Bewertung bzw. „Anerkennung“ von Berufsqualifikationen für rein betriebliche Zwecke im Ergebnis immer nur dann zu einem Problem zu werden, wenn die Qualifikationen eines Bewerbers tatsächlich nicht mit denen für die Arbeitsstelle ausreichend übereinstimmen. Zudem sind nur einige wenige „Problemfälle“ bekannt, wo z.B. eher Kleinbetriebe mangels Erfahrung oder Sprachkenntnissen ausländische Ausbildungs- oder Befähigungsnachweise nicht richtig bewerten oder vergleichen konnten. In diesen Fällen ist dann oft externe Unterstützung oder eine offizielle Bewertung von solchen im Ausland erstellten Ausbildungsnachweisen gefordert. Bei z.B. ganz akutem und kaum zu deckendem Fachkräftebedarf zeigt die Praxis hierzu aber ebenso, auch weil Betriebe ja offiziell und formal keine Anerkennung der Berufsqualifikationen brauchen, dass Betriebe ausländische Arbeitskräfte ganz einfach erstmal einstellen und sodann die Probezeit zur real praktischen Bewertung der Arbeitsqualität bzw. der Berufsqualifikationen nutzen.

3.2 Verfahren und Probleme bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen für reglementierte Berufe und Tätigkeiten

Gegenüber einer Qualifikationsbewertung im Rahmen einer „normalen“ betrieblichen Einstellung ist nun die wie oben unter (A2) für reglementierte Berufe und Tätigkeiten angegebene formale Anerkennung von Berufsqualifikationen völlig anders angelegt. Dies betrifft hier nicht nur die Begründung und das Verfahren, sondern besonders das Erfordernis und den Rechtscharakter der Anerkennung im Sinne von „de jure“. Die oben schon genannte europäische Richtlinie 2005/36/EG legt hierzu für die Länder Europas zunächst übergreifend und verbindlich fest, dass ein „reglementierter Beruf“ allgemein eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten ist, „bei der die Aufnahme oder Ausübung … direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist“ (vgl. EG 2005, Titel 1 Artikel 3 Abs. 1).

Sollen daher ganz allgemein in oder durch einen Betrieb reglementierte Berufsarbeiten oder Tätigkeiten ausgeübt werden, so müssen der Betrieb selbst und/oder die Arbeitskräfte vorab den Besitz der dazu rechtlich geforderten Berufsqualifikationen nachweisen und formal anerkennen lassen. Vorab ist dafür aber klar erforderlich, dass Betriebe wie die Arbeitskräfte eindeutige Kenntnisse und Informationen darüber haben müssen, welche Berufe und Tätigkeiten in ihren Arbeitsbereichen überhaupt von wem und wie reglementiert sind. Aber bereits hierzu gibt es eine Reihe vielfältiger Probleme, da leider nicht immer eindeutig bekannt ist, welche Berufe und Tätigkeiten überhaupt wo und wie reglementiert sind und nach welchen Verfahren die jeweils auch grenz- und länderübergreifende Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen geregelt ist.

Zur Grundfrage, welches die jeweils reglementierten Berufe und Tätigkeiten eigentlich sind, gibt es nun zunächst genügend und fast jedem bekannte Beispiele. So ist immer dann, wenn es wie z.B. bei einem Arzt, Elektriker, Polizisten, Juristen, Schweißer oder auch bei der Kanal-, Brücken- oder Gerüstbauerin in der Arbeit immer zugleich um den Schutz und die Sicherheit von Personen, Sachen oder auch der Umwelt geht, fast übergreifend einsichtig, dass deren Berufsausübung besser an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden sein sollte. Und generell bedeutet dies, dass es bei relativ vielen Berufs- und Erwerbstätigkeiten ein allgemeines Gesellschaftsinteresse auf nationaler und letztlich auch europäischer und gar weltweiter Ebene daran gibt, dass die spezielle Berufsausübung stets nur von gut qualifizierten Personen erfolgt und dies richtigerweise durch entsprechende Vorschriften mit Qualifikationsvorgaben rechtlich geregelt bzw. reglementiert ist. Von daher ist in fast aller Interesse, dass z.B. Kleinkinder nur von entsprechend qualifizierten Personen betreut und erzogen werden oder dass für das Arbeiten an und in elektrischen Anlagen und Geräten entsprechende Berufsqualifikationen gefordert sind oder dass z.B. auch hohe Gerüste an und in Häusern nur von entsprechend gut qualifizierten Personen aufgestellt werden dürfen, um so durch Qualitätsarbeit vorbeugend z.B. Maler oder Dachdecker wie aber auch Passanten vor möglichen vom Gerüst ausgehenden Gefahren für Leib und Leben zu schützen.

Eine Hauptproblematik besteht nun zum Teil darin, dass es in den Ländern an Transparenz und Klarheit mangelt, welche Berufe und Tätigkeiten insgesamt und aktuell jeweils rechtlich reglementiert sind und welche nicht. Zudem gilt nicht nur für die Länder Europas, dass es in den Ländern im Prinzip keine einheitlichen oder z.B. europäisch zumindest abgestimmten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Festlegung der konkret reglementierten Berufe und Tätigkeiten gibt. Denn diese Festlegung geht immer ausschließlich und allein auf die Schutzrechte z.B. zur Arbeit, Sicherheit, Gesundheit oder Umwelt des jeweiligen Landes zurück, in dem der Beruf oder die Tätigkeiten reglementiert und konkret ausgeübt werden. Dies bedeutet z.B. auch, dass ein bestimmter Beruf in Deutschland reglementiert sein kann und in Dänemark nicht oder inhaltlich anders, da sich in den Ländern z.B. das Arbeitsrecht oder Sprengstoffgesetz unterscheidet. Von daher hat eine Klärung und Offenlegung, ob und wie ein „Beruf“ bzw. eine Erwerbstätigkeit z.B. in Deutschland oder Dänemark reglementiert ist oder nicht, als eine erste Basis zunächst auch immer die Gesamtheit der Berufe und Tätigkeiten in den Blick zu nehmen. Nach den „arbeitsmarktrelevanten Berufslisten“ wären dies beispielsweise für Deutschland aktuell rund 25.000 Berufe und Erwerbstätigkeiten (vgl. StBA 2010), zu denen sich zumindest potentiell z.B. unter den Aspekten zum Arbeits- und Gesundheitsschutz im Einzelnen jeweils die Frage der Reglementierung stellt. Allerdings zeigt hierzu nun die länderübergreifende Praxis, dass es im Ergebnis keine klare und abschließende Antwort mit Angaben etwa einer Liste der z.B. in Deutschland oder Dänemark insgesamt reglementierten Berufe und Tätigkeiten gibt. Und dies obwohl sich alle EU-Länder im Kontext der europäischen Richtlinie 2005/36/EG eigentlich mal verpflichtet haben, die in einem Land je reglementierten Berufe als Gesamtheit in eine europäische Datenbank einzupflegen (siehe Abb. 2; vgl. ec.europa.eu/­internal_market/qualifications/­regprof/index.cfm). So weist diese Datenbank für Deutschland wie auch für viele andere Länder eine große Unvollständigkeit auf, so dass diese für die Betriebe und Arbeitskräfte zur Klärung und Suche nach den je länderspezifisch reglementierten Berufen und Tätigkeiten leider keine ausreichend gute Informationsquelle ist. Dennoch lassen sich mittels dieser europäischen Datenbank erste Übersichten und Länder-Listen zu den reglementierten Berufen und Tätigkeiten mit einigen hilfreichen Angaben und Informationen erstellen (siehe Abb. 2 linke Seite).

 

Abb. 1:   Der „Gabelstaplerfahrer“ als „reglementierter Beruf“ in Dänemark (http://ec.europa.eu (11.02.2011)) Initiates file downloadoriginal Abbildung

Neben der europäischen Datenbank gibt es als Informationsquelle natürlich noch die teils im Internet je national veröffentlichten Berufe-Listen zu den reglementierten Berufen und Tätigkeiten (siehe u.a. en.iu.dk/recognition/regulated-professions/list-of-regulated-professions), die aber meist ebenso nicht immer aktuell und vollständig sind. Somit bleiben letztlich immer nur die direkten Rechts- und Verwaltungsvorschriften der je „Zuständigen Stellen“ bzw. Behörden und „Competent (i.e. responsible) Authorities“, da leider oft nur diesen Vorschriften konkret zu entnehmen ist, dass beispielsweise die Arbeiten an und mit einem Airbag im Auto eine reglementierte Tätigkeit ist. Dazu bleibt vorab noch immer klärungsbedürftig, welches und wo eigentlich für den Arbeits- und Berufsbereich die jeweils „Zuständige Stelle“ mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften ist. Für Deutschland wird mit nachfolgender Übersicht nur eine kleine Auswahl von „Zuständigen Stellen“ angegeben, wobei sich diese Stellen auf der Ebene der Bundesländer oft selbst noch 16-fach wiederholen und es z.B. nicht nur eine Handwerkskammer, sondern es bundesweit eigentlich etwa 55 Handwerkskammern als „Zuständige Stellen“ für die reglementierten Handwerksberufe gibt:

·      Handwerkskammern,

·      Industrie- und Handelskammern,

·      Wirtschaftsprüferkammer,

·      Architektenkammern,

·      Landwirtschaftskammern,

·      Steuerberaterkammern,

·      Bundesärztekammer,

·      Landesärztekammern,

·      Landesprüfungsämter z.B. für Heilberufe und Gesundheit und Soziales,

·      Ministerien des Bundes und der Länder aller Art,

·      Kultusministerien,

·      Regierungspräsidien,

·      Aufsichts- und Dienstleistungsdirektionen,

·      Gesundheitsämter,

·      Landratsämter, Bezirksregierungen,

·      Gewerbeaufsichtsämter,

·      Berufsverbände,

·      Berufsgenossenschaften,

·      Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) usw.

Diese durch die föderale Struktur auf der Bundes- wie Länderebene recht große Vielfalt an „Zuständigen Stellen“ in Deutschland gibt es nun z.B. ebenso in Dänemark, wenn auch nicht ganz so umfangreich. Die nachfolgende Liste mit den so genannten verantwortlichen „Agencies“ oder „Authorities“ zeigt dennoch eine beachtliche Vielzahl der je zuständigen Stellen für die berufliche „Reglementierung“ und „Autorisierung“:

·      Agency for Spatial and Environmental Planning

·      Danish Agency for International Education

·      Danish Commerce and Companies Agency

·      Danish Emergency Management Agency

·      Danish Energy Authority

·      Danish Environmental Protection Agency

·      Danish Financial Supervisory Authority

·      Danish Maritime Authority

·      Danish Medicines Agency

·      Danish Pilotage Authority

·      Danish Plant Directorate

·      Danish Safety Technology Authority

·      Danish Supervisory Board of Psychological Practice

·      Danish Veterinary and Food Administration

·      Danish Working Environment Authority

·      Ministry for Refugee, Immigration and Integration Affairs

·      Ministry of Justice, Civil and Police Department

·      National Agency for Enterprise and Construction

·      National Board of Health

·      National Commission of the Danish Police

·      National Survey and Cadastre

·      Road Safety and Transport Agency.

Allein aufgrund dieser Vielzahl und großen Vielfalt an „Zuständigen Stellen“ in den Ländern erklärt sich nun fast von selbst, dass es in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit denen z.B. die Berufe oder Tätigkeiten im Elektro-, Metall- oder Baugewerbe oder auch im Transportwesen oder der Alten- und Krankenpflege konkret reglementiert sind, didaktisch betrachtet eine ähnlich große Vielfalt an unterschiedlichen Beschreibungen der je für den Berufszugang und die Berufsausübung geforderten Berufsqualifikationen gibt. Das heißt, im Prinzip gibt es bisher auch keinerlei didaktisch einheitliches oder gar länderübergreifendes Qualifikationsmodell, mit dessen Hilfe die je geforderten Berufsqualifikationen relativ einheitlich und eindeutig nach Inhalt und Niveau in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der verschiedenen Stellen angegeben werden. Die vielen Beschreibungsvarianten zu den je geforderten Berufsqualifikationen und vor allem die hieraus entstehenden Probleme sollen daher anhand einiger Beispiele nachfolgend aufgezeigt und verdeutlicht werden.

Als erstes Beispiel steht eine Reglementierung zu den Berufen und Tätigkeiten im Elektrobereich im Mittelpunkt, zu denen es in den Betrieben zunächst als Erwerbsberufe eine große Vielfalt verschiedener Elektro- oder Informationstechnikberufe oder auch Mechatronikerberufe auf sehr unterschiedlichen Qualifikationsstufen gibt. Diese nach neuer Berufsklassifikation von 2010 etwa gut 200 verschiedenen Elektro-Erwerbs-Berufe wie z.B. „Prozessleitelektroniker/in“ oder „Elektroinstallateur/in“ oder „Elektroingenieur/in“ oder „IT-Servicetechniker“ oder „Elektrotechniker/in“ sind im Grundsatz nun nicht jeweils einzeln als reglementierte Berufe zu betrachten, obwohl zu ihren vielfältigen beruflichen Arbeiten und Aufgaben in der Elektrotechnik auch z.B. die Instandhaltung von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln gehören kann. Vielmehr ist es so, dass nach der „Berufsgenossenschaftlichen Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ in Verbindung mit der BGV A3 durch die „Unfallverhütungsvorschrift Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ im „§ 3 Grundsätze“ allgemein und berufsübergreifend festgelegt ist: „Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur von einer Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft den elektrotechnischen Regeln entsprechend errichtet, geändert und instand gehalten werden“ (HVBG 2005, 3). Hierdurch ist somit tatsächlich kein spezifischer Beruf reglementiert, sondern relativ allgemein nur eine „Elektrofachkraft“ mit den Tätigkeiten und Aufgaben der „Errichtung, Änderung und Instandhaltung von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln entsprechend den elektrotechnischen Regeln“. Und laut Vorschrift dürfen nun diese Tätigkeiten eben nur von einer Elektrofachkraft bzw. unter deren Leitung und Aufsicht ausgeführt werden. Deshalb ist für eine Elektrofachkraft im Weiteren wiederum nach § 2 der Vorschrift noch festgelegt: „Als Elektrofachkraft im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift gilt, wer auf Grund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann“ (ebenda). Im Prinzip sind hiermit aber einerseits nur relativ allgemein die „Elektro-Tätigkeiten“ einer Elektrofachkraft beschrieben und andererseits sind hierzu ebenso nur sehr allgemein die dazu geforderten Berufsqualifikationen bestimmt und festgelegt. Denn im Kern verweist die Vorschrift auch hier erneut nur ganz allgemein auf eine „fachliche Ausbildung“ mit Kenntnissen und Erfahrungen, so dass die wirklich geforderten Berufsqualifikationen damit wiederum nicht deutlich werden und es in einer Durchführungsanweisung leider ebenso nur etwas leicht präziser dazu heißt: „Die fachliche Qualifikation als Elektrofachkraft wird im Regelfall durch den erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung, zum Beispiel als Elektroingenieur, Elektrotechniker, Elektromeister, Elektrogeselle, Elektrofacharbeiter, nachgewiesen“ (vgl. VDE 1000). Da dies letztlich aber einem Zirkelschluss gleichkommt, sind die für eine Elektrofachkraft konkret geforderten Berufsqualifikationen damit immer noch nicht klar bestimmt und eindeutig beschrieben. So verwundert es eigentlich nicht, dass es bis heute immer noch einer meist langwierigen rechtlichen Klärung bedarf, ob - auch entsprechend den genannten Regelfällen - die geforderten Berufsqualifikationen z.B. mit einer Ausbildung als „Mechatroniker“ oder „IT-Systemelektroniker“ oder aktuell neu als „Industrieelektriker“, der nur ein 2-jähriger Ausbildungsberuf ist, erfüllt und anerkannt werden. Da es auch bis heute tatsächlich keine konkreten Angaben und Forderungen zu den Berufsqualifikationen für eine Elektrofachkraft gibt, ist hier des Weiteren unmittelbar einsichtig, dass es besonders mit Blick auf die Feststellung der Gleichwertigkeit von z.B. einer im Ausland in einer einschlägigen Elektro-Ausbildung erworbenen Berufsqualifikationen höchstwahrscheinlich zu erheblichen Problemen kommt. Insofern ist eine Feststellung der Gleichwertigkeit anhand je nachgewiesener Berufsqualifikationen auch eher selten, da zum bewertenden Soll-Ist-Qualifikationsabgleich ja schlicht hier die Referenz als Basis und Voraussetzung fehlt.

Vergleichbar und noch komplizierter reglementiert sind im Elektrobereich die weiteren und speziellen Tätigkeiten und „Arbeiten unter Spannung an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln“. Und diese sind auch wiederum keinesfalls nur einem Beruf zugeordnet. Denn nach den Regeln der Berufsgenossenschaften „BGR A3“ (vgl. HVBG 2006) werden die geforderten Berufsqualifikationen für diese Arbeiten nicht nur einfach für irgendeinen Elektroberuf bestimmt, sondern die Tätigkeiten werden vielmehr ausdifferenziert und festgelegt für die „Anlagenverantwortliche“ Person, die „Arbeitsverantwortliche“ Person, die „Anweisende Elektrofachkraft“, die „Elektrotechnisch unterwiesene Person“ sowie konkret für die „Ausführende (Person) der Arbeiten unter Spannung“. Für diese verschiedenen Verantwortungs- und Tätigkeitsbereiche sind nun jeweils Berufsqualifikationen gefordert, die aber wiederum überwiegend nicht als konkrete Qualifikationen ausdifferenziert und beschrieben werden. Vielmehr werden bestimmte Schulungen, Ausbildungen oder Unterweisungen zwingend vorgegeben, so dass es z.B. heißt: „Zum Erlangen der Fähigkeiten im Arbeiten unter Spannung ist eine Spezialausbildung in Theorie und Praxis erforderlich“ (HVBG 2006, 11). Für diese z.B. über mehrere Seiten umfassend beschriebenen Ausbildungen werden zudem vorab noch zu erfüllende Voraussetzungen festgelegt, so dass zusätzlich noch z.B. die „grundsätzliche Qualifikation zur Elektrofachkraft, Mindestalter 18 Jahre, gesundheitliche Eignung …, Erste-Hilfe-Ausbildung …“ usw. (ebenda 10) gefordert ist. Da diese Ausbildungen im Sinne der geforderten Berufsqualifikationen auch immer vor der jeweiligen Berufs- bzw. Tätigkeitsausübung entsprechend nachzuweisen sind, ergibt sich selbst für eine in Deutschland im Elektrobereich bereits ausgebildete Person ein relativ umfangreicher zusätzlicher Qualifizierungsaufwand. Von daher ist hier wiederum schnell einsichtig, dass z.B. selbst bei im Ausland vergleichbar erworbenen Berufsqualifikationen es auf Basis und im Abgleich mit den nur mittels der Ausbildungsvorgaben geforderten und daher nicht klar beschriebenen Berufsqualifikationen häufig zu Anerkennungsproblemen kommt. Eine ausländische Fachkraft müsste z.B. sehr wahrscheinlich so auch genau die in den Vorschriften je geforderte „Spezialausbildung in Theorie und Praxis“ nochmals in Deutschland absolvieren und erneut nachweisen.

Bei dem zweiten Beispiel geht es um die bereits erwähnten Tätigkeiten zu einem Airbag im Auto, die nach der „Berufsgenossenschaft Information“ BGI 550 als spezielle „Arbeiten an Airbag und Gurtstraffersystemen“ reglementiert sind. Dazu gilt bereits vorab, da diese Systeme mit einem speziellen Explosivstoff als Treibsatz im Sinne des Sprengstoffgesetzes (SprengG) arbeiten, dass „nach § 14 des Sprengstoffgesetzes der Umgang oder Verkehr mit diesen Systemen der zuständigen Behörde – Gewerbeaufsichtsamt oder Amt für Arbeitsschutz – anzuzeigen“ ist (VMBG 2005, 84). Zur Durchführung der konkreten Arbeiten heißt es dann, dass diese „nur von Personen mit qualifizierter Ausbildung durchgeführt werden dürfen, die dazu benannt und geschult sind“. Und weiter wird aber zugleich vermerkt: „Art und Umfang dieser Schulung ist offiziell nicht definiert“ (ebenda), wobei dennoch eine von der „Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)“ gegebene Empfehlung unmittelbar aufgenommen wird, nach der dann in dieser Schulung die folgenden „Inhalte“ bei einem „Zeitumfang von mindestens sechs Stunden“ zu vermitteln sind:

·      „Aufbau und Funktionsweise von Gasgeneratoren, Airbag- und Gurtstraffereinheiten,

·      Charakterisierung der verwendeten Explosivstoffe,

·      sprengstoffrechtliche Anforderungen für den Umgang,

·      Handhabung, Gefahrenmerkmale,

·      Lagerung, Beförderung,

·      Entsorgung und

·      praktischer Teil“ (ebenda, 85).

Durch einfache Benennung dieser Schulungsinhalte werden aber für die speziellen „Arbeiten an Airbag und Gurtstraffersystemen“ keine explizit und klar geforderten Berufsqualifikationen beschrieben. Bei einem Nachweis zur Anerkennung entsprechender Qualifikationen ist von daher für den didaktischen Ab- und Vergleich eigentlich auch keine richtige Basis vorhanden. Für die Praxis gilt so leider oft, dass für die Anerkennung der hier geforderten und nicht klar genannten Berufsqualifikationen nur genau die angegebene Schulung mit den obigen Inhalten und dem „Zeitumfang von mindestens sechs Stunden“ als Befähigungsnachweis anerkannt wird. Und im Übrigen trifft dies z.B. für eine in Deutschland oder im Ausland ausgebildete Kfz-Fachkraft gleichermaßen zu, obwohl in der heutigen Kfz-Ausbildung meist bereits die entsprechenden Schulungsinhalte vermittelt werden und z.B. mit Zertifikat als Zusatz-Qualifikationen ausweisbar wären. Da nun aber weder die hier geforderten Berufsqualifikationen noch die in der Ausbildung entsprechend erworbenen Zusatz-Qualifikationen didaktisch klar beschrieben und explizit ausgewiesen werden, ist auch eine Feststellung zur Gleichwertigkeit dieser Qualifikationen, als Voraussetzung für eine formale Anerkennung, letztlich fast unmöglich. Für eine in Deutschland oder im Ausland ausgebildete Kfz-Fachkraft ist daher wie bereits oben die vergleichbare Empfehlung zu geben, dass wenn die geforderten Qualifikationen zu den „Arbeiten an Airbag und Gurtstraffersystemen“ schon zu ihrer Kfz-Ausbildung gehörten, dass diese dann offiziell in einem separaten Befähigungsnachweis bescheinigt werden. Diese Empfehlung wäre auch übertrag- und erweiterbar auf die Anforderungen im Zusammenhang der aktuell neuen Reglementierung der „Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen“. Denn nach den Vorschriften zu dieser Reglementierung werden durch eine relativ komplizierte „Ermittlung des Qualifizierungsbedarfs für die Arbeiten im spannungsfreien Zustand … für die Arbeiten unter Spannung … für die Servicearbeiten an HV-eigensicheren Serienfahrzeugen“ (Elektro-Autos) doch teils recht umfangreiche und auf verschiedenen Stufen definierte zusätzliche Berufsqualifikationen gefordert (vgl. DGUV 2010). Aber demgegenüber sind die hier geforderten Berufsqualifikationen vielfach bereits Gegenstand z.B. einer modernen Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker und könnten somit auch als Zusatz-Qualifikationen wieder mittels separaten Befähigungsnachweises bescheinigt werden.

In vergleichbarer Richtung gibt es ebenso Probleme bei folgendem dritten Beispiel, bei dem es speziell um die reglementierten Berufe und Tätigkeiten im Arbeitsfeld „Gerüstbau“ geht. So ist bei fast allen Gerüstbauarbeiten die Berufsausübung zunächst aus Gründen der Arbeitssicherheit und zum Personen- und Gesundheitsschutz meist umfangreich und sehr detailliert reglementiert. Und diese Reglementierung erfolgt beispielsweise in Deutschland wie in Dänemark im Ansatz vergleichbar, so dass man zur Berufsausübung hier eigentlich von eher wenigen Problemen bei der gegenseitigen Anerkennung der geforderten und je im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen ausgehen könnte. Dass dem nun auch im Arbeitsfeld „Gerüstbau“ in vielen Fällen aber nicht so ist, hat seine Ursachen im Kern wiederum in den bereits generell deutlich gewordenen Problemen der didaktisch nicht klar und präzise beschriebenen Berufsqualifikationen. Dies zeigt sich daher einerseits an den Berufsqualifikationen wie sie in den verschiedenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften jedes Landes unterschiedlich gefordert sind und andererseits mittels der anhand der Ausbildungs- und Befähigungsnachweise der Länder jeweils verschieden aus- und nachgewiesenen Berufsqualifikationen. In Deutschland werden beispielsweise übergreifend und vorab drei unterschiedliche Tätigkeitsfelder im „Gerüstbau“ wie folgt definiert und reglementiert:

·      Befähigte Personen zur ständigen Aufsicht der Auf-, Um- und Abbauarbeiten bei Gerüsten auf der Baustelle.

·      Befähigte Personen zur Prüfung und Überprüfung der Auf- und Abbauarbeiten bei Gerüsten sowie der Gerüstbenutzung auf der Baustelle.

·      Fachlich geeignete Beschäftigte für die Auf-, Um- und Abbauarbeiten bei Gerüsten auf der Baustelle (vgl. BG BAU 2008, 53).

Zu diesen drei Tätigkeitsbereichen im „Gerüstbau“ werden nach den Vorschriften drei entsprechend unterschiedliche Berufsqualifikationen gefordert, wobei die jeweilige „Beschreibung“ dieser Qualifikationen wiederum noch eine sehr unterschiedliche didaktische Qualität hat. So wird für die zwei ausgewiesenen „Befähigten Personen“ einerseits relativ eindeutig eine einschlägige Berufsausbildung zum Gerüstbauer, Gerüstbau-Meister, Gerüstbau-Obermonteure oder Gerüstbau-Kolonnenführer und zusätzlich sowohl noch Berufserfahrung wie auch der Nachweis einer entsprechenden zeitnahen Tätigkeit gefordert. Zur Person und Tätigkeit der Prüfung gehört z.B. im Weiteren als speziell geforderte „Berufsqualifikation“ noch die Kenntnis zur statischen Beurteilung des Tragverhaltens und der Betriebssicherheit dazu. Im Duktus zwar vergleichbar werden für die „Fachlich geeigneten Beschäftigten“ die Qualifikationsanforderungen aber noch allgemeiner beschrieben, da es einfach heißt „Gerüstbauarbeiten dürfen nur von fachlich und gesundheitlich geeigneten Versicherten nach Unterweisung durchgeführt werden“. Und im Einzelnen werden dann jedoch als Berufsqualifikationen noch zum Beispiel „eine abgeschlossene Berufsausbildung im Gerüstbauer-Handwerk“ oder „eine abgeschlossene Berufsausbildung im Bauhandwerk mit den erforderlichen Kenntnissen im Gerüstbau-Handwerk“ gefordert. Zudem hat zusätzlich noch eine „Unterweisung der Beschäftigten im Gerüstbau“ zu erfolgen, die nun „insbesondere die folgenden Punkte beinhalten“ muss: „Erläutern des Plans für Aufbau … einschließlich Materialtransport; Tätigkeiten zum sicheren Auf-, Um- und Abbau des Gerüstes; vorbeugende Maßnahmen gegen die Gefahr des Absturzes …; Sicherheitsvorkehrungen für …; zulässige Belastungen …“ (vgl. BG BAU 2008, 53ff). Für Deutschland werden somit durch diese Beschreibungen zwar die verschiedenen Qualifikationen als Anforderungen an die im Gerüstbau je unterschiedlich Tätigen Personen irgendwie deutlich, doch sind dies insgesamt keine je didaktisch klar geforderten Berufsqualifikationen. Umgekehrt weisen aber meist ebenso die entsprechend vielfältigen in- oder ausländischen Ausbildungs- und/oder Schulungsnachweise nicht die notwendige Klarheit in der jeweiligen Beschreibung der im Gerüstbau erworbenen Berufsqualifikationen auf.

Insgesamt erklären sich hiermit wiederum einsichtig die bereits bekannten Nachweis- und Anerkennungsprobleme, wobei es insbesondere auch solche Fälle gibt, wo z.B. „Fachlich geeignete Beschäftigte“ mit nachgewiesenen Berufsqualifikationen in Deutschland Gerüstbauarbeiten ausüben dürfen und dies z.B. in Dänemark, obwohl hier rechtlich nur vergleichbare Berufsqualifikationen gefordert werden, aber wegen fehlender Autorisierung bzw. Anerkennung nicht. Denn die Problemursache ist hier, dass in Deutschland z.B. „eine abgeschlossene Berufsausbildung im Bauhandwerk mit den erforderlichen Kenntnissen im Gerüstbau-Handwerk“, wie u.a. in der Ausbildung zum Maurer, zugleich als ein „indirekter“ Nachweis für die zu den Gerüstbauarbeiten geforderten Berufsqualifikationen anerkannt wird. In Dänemark dagegen, wo z.B. nur der Gesellenbrief zum Maurer vorgelegt werden kann und dieser ja kein Nachweis für die einzelnen „Maurer-Qualifikationen“ wie z.B. zum Gerüstbau ist, wird dieser „Maurer-Nachweis“ eben nicht zugleich für die in Dänemark zu den Gerüstbauarbeiten geforderten Berufsqualifikationen akzeptiert und anerkannt. Ein in Deutschland ausgebildeter Maurer ist von daher eigentlich nur wegen einem mangelhaften bzw. fehlenden Detail-Nachweis nicht wie in Deutschland zugleich auch in Dänemark zur Ausübung von Gerüstbauarbeiten berechtigt. Somit müsste z.B. ein Maurer zur Autorisierung für die Gerüstbauarbeiten in Dänemark auch im Prinzip noch die teils umfangreichen und genau spezifizierten dänischen Ausbildungen und Schulungen auf Dänisch nachweisen. Eine abschließende und im Übrigen für alle Länder entsprechend geltende Empfehlung wäre so hier wiederum, dass, wenn im Rahmen einer Ausbildung auch die für eine reglementierte Tätigkeit geforderten Berufsqualifikationen mit vermittelten werden, für diese Qualifikationen immer zugleich ein separater Befähigungsnachweis bzw. ein extra Zertifikat ausgestellt wird. Und im Vorwege bereits international gedacht, sollten dabei zur Vermeidung von Sprach- und Übersetzungsproblemen sowohl die geforderten wie die je nachzuweisenden Berufsqualifikationen möglichst immer mehrsprachig und z.B. in Englisch abgefasst werden.

4 Abschließende Betrachtungen und Empfehlungen zu den Vorgaben wie den Verfahren der Bewertung und Anerkennung von Qualifikationen

Die weitgehend beispielhaft aufgezeigten Vorgaben wie Verfahren und Probleme bei der Bewertung und Anerkennung von Berufsqualifikationen für nicht reglementierte einerseits wie für reglementierte Berufe und Tätigkeiten andererseits haben im Kern zwei übergreifende Aspekte mit Blick auf die didaktische Feststellung der Gleichwertigkeit von Qualifikationen als Bewertungs- und Anerkennungsbasis zentral verdeutlicht.

Da wäre zum einen die generelle Notwendigkeit zur klaren Unterscheidung aller denkbaren Fälle auf dem Arbeitsmarkt, wo und wie es „nur“ um eine betriebliche Bewertung mit im Prinzip betrieblicher Qualifikations-Referenz geht oder um eine auch formal rechtlich notwendige Anerkennung von Berufsqualifikationen mit insbesondere in Rechtsvorschriften festgelegter Qualifikations-Referenz. Die „einfache“ betriebliche Bewertung von Berufsqualifikationen von z.B. Fachkräften die sich bewerben, erfolgt nicht wegen rechtlicher Vorgaben, sondern wird in aller Regel allein im betrieblichen Interesse und im Abgleich einer von den Betrieben selbst festgelegten Qualifikations-Referenz vorgenommen. Eine wichtige Basis dieser betrieblichen Bewertung sind hierbei immer die länder- und damit auch sprachspezifisch ausgestellten Ausbildungs- und Befähigungsnachweise bzw. Zertifikate. Und da allgemein diese Nachweise in ihrer Qualität und Aussagekraft hinsichtlich Inhalt und Niveau der Qualifikationen meist recht unterschiedlich sind, ist dabei in den Betrieben eine große Erfahrung zu Nachweisen und Personalbewertungen aller Art ebenso hilfreich wie eine möglichst gute Ein- und Zuordnung von Qualifikationen im europäischen und internationalen Vergleich. Dennoch ist eine Qualifikations-Bewertung allein auf Basis der Ausbildungs- oder Befähigungsnachweise nicht immer möglich oder zutreffend, so dass es z.B. auch je nach Bewerberlage und betrieblichen Bedarfsdruck entweder einfach zur Ablehnung oder zu einer Überprüfung der Berufsqualifikationen in der betrieblichen Arbeitspraxis z.B. im Rahmen einer Probezeit kommen kann.

Als generelle Empfehlung sind daher auch hierzu mit Blick auf eine höhere internationale Transparenz die in den Ländern und in den verschiedensten Institutionen und Einrichtungen offiziell ausgestellten Ausbildungs- und/oder Studien- und Befähigungsnachweise deutlich zu verbessern. Insbesondere sollten die Angaben und Beschreibungen zu den Qualifikationen in den jeweiligen Nachweisen nach einem einheitlichen Standard zu Form und Inhalt erfolgen und dies zudem in mindestens zwei Sprachen. Ansätze zu solch einem Qualifikations- und Nachweis-Standard sind z.B. mit der „europass Zeugniserläuterung“ und dem „europass Certificate Supplement oder Diploma Supplement“ im Sinne von „best practice“ auch teils in Europa bereits eingeführt.

 

Abb. 1:   Beispiel „europass Zeugniserläuterung“ (de) zum deutschen Ausbildungsberuf „Maurer/in“ mit ISCED Level 3B (http://www.bibb.de/redaktion/ze/de/maurer_d.pdf (13.07.2010)) Initiates file downloadoriginal Abbildung

 

Speziell der Europass[1], mit dem im Zusammenhang der Bildungsklassifikation „International Standard Classification of Education“ (ISCED-97) und demnächst wahrscheinlich ebenso dem aktuellen „European Qualifications Framework“ (EQF 2008) zugleich eine Referenz-Bewertung und -Einstufung der nachgewiesenen Qualifikation erfolgt, sollte daher in Europa generell stärker als bisher für die Qualifikations-Nachweise in der Praxis genutzt werden. Dies würde die internationale Transparenz und Klarheit auch durch die mehrsprachige Qualifikationsbeschreibung erhöhen und zudem die Bewertung von Berufsqualifikationen z.B. nicht nur für die Betriebe erheblich erleichtern. Gleichzeitig wäre für die ja ab 2012 angestrebte und zu verbessernde „Feststellung der Gleichwertigkeit“ nach dem neuen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) eine deutlich sicherere Ausgangs- und Referenzgrundlage vorhanden. Allerdings setzt dies insgesamt - wie heute bereits in vielen anderen Kontexten vermerkt - ein gegenseitiges und länderübergreifendes Vertrauen (mutual trust) in die vom jeweils anderen Land im Europass selbst vorgenommenen Beschreibungen, Bewertungen und Einstufungen der je nachgewiesenen Berufsqualifikationen voraus.

Neben diesen eher einfachen Verfahren der betrieblichen Bewertung und „Anerkennung“ von Berufsqualifikationen sind nun die für die reglementierten Berufe und Tätigkeiten deutlich schwieriger und wie aufgezeigt mit vielfachen Problemen belastet. So gilt die europäische Richtlinie 2005/36/EG für Europa zwar als ein Meilenstein im Labyrinth der Anerkennung von Berufsqualifikationen, auch weil Sie die Fülle von davor über 15 verschiedenen und seit über vierzig Jahren geltenden Richtlinien ersetzt hat, doch weist deren Umsetzung in der Praxis der Länder seit längerem vieldeutig und übergreifend auf größere Probleme hin.

Inzwischen wurden nun diese Probleme teils im Rahmen einer von der Europäischen Kommission ab Anfang 2010 umfangreich durchgeführten Evaluierung der Anerkennungs-Richtlinie 2005/36/EG aufgenommen. Da im Ansatz der Richtlinie aber drei verschiedene Verfahren bzw. Systeme der Anerkennung vorgegeben sind und sich die Evaluierung hier mehr auf die Anerkennung bei den so genannten „sektoralen“ Berufen wie den Architekten, Ärzten,  Krankenschwestern und Krankenpfleger usw. konzentriert, wurden weitgehend leider bisher nur Problemschwerpunkte zum für die „sektoralen“ Berufe genutzten „System der automatischen Anerkennung“ thematisiert. Insofern stehen jedoch vor allem die Probleme der Harmonisierung bzw. Reglementierung der Mindestanforderungen an die jeweilige Ausbildung für einen dieser „sektoralen“ Berufe im Mittelpunkt, wie auch das von der Europäischen Kommission erst im Juni 2011 just veröffentlichte „GRÜNBUCH“ zur „Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen“ zeigt (vgl. EK 2011). Die vielfältigen anderen Probleme, die eher bei dem laut Richtlinie so bezeichneten „Allgemeinen System der Anerkennung“ auftreten, wurden danach in der Evaluation somit nur teilweise und dabei überwiegend nur für „Berufe“ und leider nicht für die vielen reglementierten Tätigkeiten im Einzelnen mit erfasst. Insgesamt wird dies beispielsweise auch an den ersten Überlegungen und Ansätzen zur beabsichtigten Überarbeitung der Richtlinie deutlich, die insbesondere die in der „Resolution of the European Parliament“[2] im Jahr 2009  bereits verabschiedete Idee zu einem Europäischen Berufsausweis bzw. der „European professional card“ (EPC) aufnehmen. Entsprechend dieser EPC Idee und einer Neuausrichtung der Richtlinie soll - allerdings nur wenn es sich bei der Reglementierung um tatsächliche „Berufe“ wie den Sektoralen und damit nicht nur um einzelne Tätigkeiten handelt - es „dem Inhaber des Berufsausweises ein Schnellanerkennungsverfahren ermöglichen“ (ebenda 3).

Die Verfahren und Probleme zum „Allgemeinen System der Anerkennung“ bleiben auch von daher wohl vorerst erhalten, da es im Unterschied zu den z.B. klar definierten „sektoralen“ Berufen noch insgesamt eher intransparent bleibt, ob und wie ein bestimmter Beruf oder eine auszuübende Tätigkeit reglementiert ist oder nicht. Im Ansatz haben hier auch bisher fast alle zentral eingerichteten europäischen und nationalen Plattformen, Datenbanken oder Institutionen versagt, eine möglichst vollständige und immer aktuelle Angabe oder Liste mit all den reglementierten Berufen und Tätigkeiten eines Landes bereitzustellen. Fast offiziell wird für Europa und die 27 Mitgliedstaaten heute aktuell von irgendwie gut 4.700 reglementierten „Berufen“ in etwa 800 Kategorien ausgegangen (vgl. EK 2011, 8), wobei hier die weitere und vermutlich noch größere Anzahl von mehr oder weniger umfangreich reglementierten einzelnen „Tätigkeiten“ wahrscheinlich noch völlig unberücksichtigt ist. Und dies obwohl für solch einzelne berufliche Tätigkeiten oder Gruppen von beruflichen Tätigkeiten, wenn sie in den Ländern reglementiert sind, natürlich laut der Richtlinie 2005/36/EG im Titel 1 und Artikel 3 Abs. 1 die gleichen Verfahren und Systeme der Anerkennung von Berufsqualifikationen gelten. Von daher ist und bleibt als Lösung nur der Hinweis für eine sich z.B. in der Praxis bewerbende Fachkraft, dass im konkreten Einzelfall immer der Betrieb bzw. Unternehmer entweder direkt wissen oder zumindest klären muss, ob die im Betrieb oder in dessen Auftrag auszuübende Tätigkeit bzw. der Beruf reglementiert ist oder nicht. Denn der Betrieb soll und muss letztlich über alle geltenden Vorschriften und Auflagen zur Betriebsarbeit Informationen und rechtsverbindliche Kenntnisse haben, so dass eigentlich jeweils klar sein sollte, welche der betrieblichen Arbeiten oder Tätigkeiten von wem und wo und wie reglementiert sind und für welche der Arbeiten der Betrieb sogar vorrangig vor der einzelnen Fachkraft auch die Gesamt-Verantwortung bzw. Verpflichtung zur einzelnen Nachweis- bzw. Qualifikationsüberprüfung hat. So muss der Betrieb in der Regel auch oft direkt selbst nachweisen, dass die für bestimmte Arbeiten und Tätigkeiten entsprechend geforderten Berufsqualifikationen im Betrieb vorhanden sind. Oder wie im obigen Beispiel kann in den je geltenden Vorschriften ebenso u.a. konkret festgelegt sein: „Für den Einsatz der fachlich geeigneten Beschäftigten ist der Arbeitgeber verantwortlich“ (BG BAU 2008, 54).

Sollte daher im Grundsatz klar sein, für welche Berufe und Tätigkeiten Reglementierungen immer gelten bzw. Autorisierungen notwendig sind, so ist dennoch der Weg zur jeweils rechtlich „Zuständigen Stelle“ bzw. der „Competent Authority“ (CA) und damit ebenso zu den aktuell richtigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften manchmal nicht immer einfach. Somit ist hier generell deutlich mehr Transparenz und Unterstützung gefordert, so dass sich die Chancen auf ein möglichst schnelles Verfahren zur Anerkennung von Berufsqualifikationen von vornherein erhöhen. Zum Verfahren beginnen erste Probleme allerdings bereits selbst auf Basis der gefundenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Klärung der Frage, welches denn die reglementierte Tätigkeit bzw. Berufsarbeit hinsichtlich der konkreten einzelnen beruflichen Arbeiten und Aufgaben genau ist. In den insgesamt sehr verschieden aus- und angelegten Vorschriften der Länder geben diese einzelnen Angaben zu den reglementierten Tätigkeiten leider nicht immer die gewünschte klare Ein- und Abgrenzung der Arbeiten an. So sind viele Arbeitsangaben sehr allgemein gehalten und beziehen sich beispielsweise nur auf den „Ein- oder Ausbau eines Airbags“ oder den „Auf- und Abbau eines Gerüsts“ und enthalten dabei oft auch keinerlei konkrete Hinweise auf die das Arbeitsumfeld noch umfassenden beruflichen Tätigkeiten wie z.B. die Arbeiten der Planung und Kontrolle oder die der Umrüstung und Entsorgung. Entweder gibt es hier z.B. noch oft separate Reglementierungen dieser „Umfeld-Arbeiten“ oder es werden einzelne Arbeiten später bei den geforderten Berufsqualifikationen inhaltlich plötzlich noch mitgedacht. Insofern gibt es hierzu auch einen Zusammenhang mit der weiteren Frage, welches denn die geforderten Berufsqualifikationen für die je reglementierten Tätigkeiten konkret sind. Denn laut Reglementierung sind die Angaben und Beschreibungen zu den je geforderten Berufsqualifikationen überwiegend ebenso nur sehr unpräzise auf die einzelnen reglementierten Tätigkeiten bezogen. Zudem sind sie didaktisch oft nur als z.B. Inhalte einer Schulung und damit nicht richtig als Qualifikationen erkennbar. Von daher sind in den diversen Rechts- und Verwaltungsvorschriften auch bis heute eigentlich kaum Beispiele zu finden, bei denen die geforderten Berufsqualifikationen didaktisch z.B. im Sinne der mit dem „European Qualifications Framework“ (EQF) eingeführten „Learning Outcomes“ beschrieben und mittels der Deskriptoren „Knowledge, Skills and Competencies“ (KSC) angegeben sind. So verwundert es nicht, dass oft selbst für Inländer nicht richtig zu erfassen ist, welches die mit der Reglementierung geforderten Berufsqualifikationen denn nun konkret und insgesamt sind. Bestenfalls werden die Qualifikationen irgendwie indirekt deutlich, da die Forderungen vielfach lediglich in der Beschreibung und Angabe von eher unpräzisen Schulungs- oder Unterweisungsinhalten mit Zeitvorgaben oder der Vorgabe von bestimmten Lehrgangs-, Kurs- oder Sach- und Fachkundekenntnissen bestehen.

Mit Blick auf das entsprechende Verfahren der Qualifikationsanerkennung ist daher schnell einsichtig, dass auf der Grundlage ungenauer Beschreibungen der geforderten Qualifikationen sich ein Ver- und Abgleich mit den z.B. von einer Fachkraft nachgewiesenen Qualifikationen bereits im Ansatz schwierig gestaltet. Dabei sind die Schwierigkeiten allerdings nicht nur auf die Art und Form der Beschreibung der Qualifikationsanforderungen allein zu beziehen, da sich wegen der in den Ländern ebenso in sehr verschiedener Qualität ausgestellten Ausbildungs- und Befähigungsnachweise und damit der Qualifikationen oft vergleichbare Probleme und Schwierigkeiten ergeben. Denn wie bereits festgestellt, enthalten die normalen Ausbildungs- und Befähigungsnachweise insgesamt und oft insbesondere die für die reglementierten Tätigkeiten didaktisch betrachtet auch meist keine klaren Angaben zu den im Einzelnen erworbenen Qualifikationen nach Inhalt und Niveau.

Sind somit abschließend nochmals zentrale Ursachen zu den auch länderübergreifenden Anerkennungsproblemen klar benannt, so betrifft die erste Forderung und Empfehlung die Beschreibung der Qualifikationsanforderungen in den Vorschriften. So müssen alle die in den Ländern durch die unterschiedlichen Branchen, Sektoren, Ministerien, Kammern, Berufsverbänden und Berufsgenossenschaften usw. doch insgesamt sehr verschiedenen rechtlich „Zuständigen Stellen“ bzw. „Competent Authorities“ (CA) aufgefordert werden bzw. übergreifend die klare Auflage bekommen, dass in den je „berufs- und arbeitseigenen“ Rechts- und Verwaltungsvorschriften die zur Reglementierung der Berufe und einzelnen Tätigkeiten je geforderten Berufsqualifikationen didaktisch klar und deutlich nach Inhalt und Niveau auch als Qualifikationen zu beschreiben sind. Hierzu wird ebenso zugleich die Empfehlung gegeben, als Grundlage und Orientierung für die Qualifikationsbeschreibung zunächst das Modell und Konzept zum „European Qualifications Framework“ (EQF) mit „Learning Outcomes“ und den Deskriptoren „Knowledge, Skills and Competencies“ (KSC) zu nehmen (vgl. EK 2008). Da aber die geforderten Berufsqualifikationen eigentlich zu beschreibende „Arbeitsqualifikationen“ und nicht wie im EQF „Bildungsqualifikationen“ sind, sollte zukünftig für die Qualifikationsbeschreibung evtl. besser das Modell und Konzept zu den „European Skills/Competences, qualifications and Occupations“ (ESCO) als Grundlage und Orientierung genommen werden (vgl. ESCO 2011). Allerdings ist ESCO als Modell und Konzept aktuell ja noch in der Entwicklung, so dass nur für die Zukunft zu hoffen ist, dass sich dieses Modell nicht zu sehr von dem Qualifikationsmodell und den Deskriptoren zum EQF unterscheidet. Dies auch deshalb, weil mit weiterem Blick auf die ja ebenso zu verbessernde Gestaltung der Qualifikationsnachweise hier als zweite abschließende Forderung und Empfehlung natürlich wiederum auf das „European Qualifications Framework“ (EQF) zu verweisen ist. Denn wenn verpflichtend die Qualifikationen in den Ausbildungs- und Befähigungsnachweisen bzw. Zertifikaten zukünftig wie bei den Qualifikationsanforderungen im Sinne des EQF mit „Learning Outcomes“ und mittels der Deskriptoren „Knowledge, Skills and Competencies“ (KSC) beschrieben werden, dann ist sicherlich auch der Ver- und Abgleich bzw. die Feststellung der Gleichwertigkeit der Qualifikationen nach Inhalt und Niveau als Grundlage einer Anerkennung von Berufsqualifikationen deutlich einfacher. Und dies gilt ebenso für z.B. die im Einzelnen festgestellten abweichenden oder ganz fehlenden Berufsqualifikationen, die dann auch viel gezielter im Rahmen einer nach der EU-Richtlinie möglichen „Ausgleichsmaßnahme“ noch nachträglich erworben und dann voll anerkannt werden können. Darüber hinaus würde sich bei den Umsetzungen der Empfehlungen noch ein positiver Effekt hinsichtlich der dann einheitlichen Nutzung von klassifizierten Qualifikationsniveaus für die Anforderungen und Nachweise ergeben, da nicht mehr wie heute die doch sehr verschiedenen Stufungen, Levels und Niveaus von ISCED und ISCO, dem EQF (und demnächst noch ESCO), der „Richtlinie 2005/36/ EG“ laut Artikel 11 sowie der auch je nationalen Qualifikationsrahmen den Ver- und Abgleich der Qualifikationen bzw. die Feststellung deren Gleichwertigkeit oft zusätzlich erschweren.



[1] Solche Dokumente werden grundsätzlich auch entwickelt und ausgestellt, um zusätzliche Informationen über einzelne europäische Zeugnisse zu liefern. Sie besitzen selbst aber leider noch keinen Rechtsstatus, der aber zwecks Anerkennung erreicht werden müsste. Die Erläuterungen beziehen sich bisher speziell auf die Entschließungen 93/C 49/01 des Rates vom 3. Dezember 1992 zur Transparenz auf dem Gebiet der Qualifikationen und 96/C 224/04 vom 15. Juli 1996 zur Transparenz auf dem Gebiet der Ausbildungs- und Befähigungsnachweise, sowie auf die Empfehlung 2001/613/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10 Juli 2001 über die Mobilität von Studierenden, in der Ausbildung stehenden Personen, Freiwilligen, Lehrkräften und Ausbildern in der Gemeinschaft.

 

[2] Siehe: Resolution of the European Parliament of 19 February 2009 on the creation of a European professional card for service providers, IMCO report A6-0029/2009

 

Literature

BAMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.) (2009): Blickpunkt Integration 02/2009. Aktueller Informationsdienst zur Integrationsarbeit in Deutschland. Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen. Nürnberg.

BG BAU Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (Hrsg.) (2008): Baustein-Merkheft. Gerüstbauarbeiten (BG-Information BGI 5101). Berlin.

BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) (2011a): Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Online: http://www.bmbf.de/de/15644.php  (28-09-2011).

BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) (2011b): Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen. (Gesetzentwurf der Bundesregierung) Berlin. Bonn: BMBF (Stand 17.03.2011).

BPA – Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (Hrsg.) (2011): Stellungnahme des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) zum „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“, (BQFG-Entwurf) Gesetzentwurf der Bundesregierung, Stand: 15.04.2011, und Stellungnahme des Bundesrates vom 27.05.2011 BR-Drucksachen 211/11 und 211/11 (Beschluss). Berlin: Stand 20.06.2011.

DGUV Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.) (2010): Information. Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen (BGI/GUV-I 8686). Berlin.

DIE BUNDESREGIERUNG (Hrsg.) (2009): Eckpunkte zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen und Berufsabschlüssen. Berlin: Stand 09.12.2009.

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Zitieren dieses Beitrages

PETERSEN, W. (2011): Qualifikationen und Kompetenzen von Fachkräften - Europäische Arbeitsmarktprobleme im Kontext transnationaler Bewertungen und Anerkennungen von Berufsqualifikationen In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 08.1/2, hrsg. v. SCHWENGER, U./ HOWE, F./ VOLLMER, T./ HARTMANN, M./ REICHWEIN, W., 1-25. Online: http://www.bwpat.de/ht2011/ft08/petersen_ft08-ht2011.pdf  (18-12-2011).



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http://www.hochschultage-2011.de/