bwp@ 30 - Juni 2016

Inklusion in der beruflichen Bildung

Hrsg.: H.-Hugo Kremer, Karin Büchter & Ulrike Buchmann

Ausbildungsvorbereitung als Domäne – Inklusion in der Exklusion?

Beitrag von Petra Frehe & H.-Hugo Kremer
bwp@-Format: Diskussionsbeiträge

Der ausbildungsvorbereitende Bereich hat sich in den vergangenen Jahren deutlich stabilisiert und nimmt zunehmend eine Gruppe junger Menschen auf, die einen besonderen Unterstützungs- und Förderbedarf im Übergang von Schule zu Beruf und Arbeitswelt aufweisen. Es kann beobachtet werden, dass gerade dieser Bereich in berufsbildenden Schulen deutlich institutionalisiert wird und eine eigene Organisationsstruktur erfährt. Gleichermaßen sind die curricularen Strukturen an (dualen) beruflichen Ausbildungsgängen orientiert und nehmen nur begrenzt den individuellen Förderbedarf auf. Der Umgang mit diesem Spannungsfeld wird auf die Ebene der Akteure in den berufsbildenden Schulen verlagert. Der Beitrag nimmt die Perspektive eines berufs- und ausbildungsvorbereitenden Bereichs auf. Er wirft Fragen dahingehend auf, inwiefern dieser Bereich eine Eigenständigkeit besitzt und ob sich schrittweise eine Domäne entwickelt. Damit einhergehend soll diskutiert werden, inwiefern Barrieren zur Inklusion über derartige Strukturen weiter verfestigt und im Berufsbildungssystem festgeschrieben werden. Der Beitrag zielt so darauf ab, aus der Perspektive der didaktischen Arbeit in der Ausbildungsvorbereitung einen Beitrag zu Möglichkeiten und Grenzen der Inklusion in der beruflichen Bildung zu leisten.

Vocational training preparation as a domain – inclusion in exclusion?

English Abstract

In recent years the area of vocational training preparation clearly stabilized, and is increasingly taking on groups of young people who have a particular demand for special support and needs in the transition from school to work and the working world. It can be observed that this area in particular is clearly institutionalized in vocational schools and has its own organizational structure. Equally, the curricular structures orientate towards (dual) vocational training courses and take up only a limited amount of the individual support requirements. The handling of this area of tension is shifted to the level of the actors in the vocational schools. The article takes the perspective of the vocational training preparation field. It raises questions about the extent to which this area is autonomous and whether there is a step by step development of this domain. Accompanying this, it intends to discuss the extent to which barriers to inclusion are reinforced within such structures and enshrined in the vocational education system. This article thus aims, from the perspective of didactic work in vocational training preparation, to make a contribution on the possibilities and limits of inclusion in vocational education and training.

1 Hinführung

Viele Jugendliche münden nach der allgemeinbildenden Schule nicht in eine berufliche Ausbildung, sondern in Bildungsgänge des sogenannten Übergangssystems. Dort werden Bildungsangebote unterbreitet, die den Zugang in eine berufliche Ausbildung ermöglichen sollen. Im Jahr 2015 befinden sich mehr als 270.000 Jugendliche in diesem ‚dritten Sektor‘ beruflicher Bildung (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016, 102). Erstmals seit vier Jahren sind damit die Zahlen in diesem Bereich trotz erwarteter Auswirkungen des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels wieder angestiegen. Aktuell wirken sich die Aspekte Inklusion und Migration/Zuwanderung besonders stark auf den Übergangsbereich (an berufsbildenden Schulen) aus. Hier werden mitunter spezifische Klassen- und Förderformate eingerichtet. Über diese Entwicklung kann die Beständigkeit und Entwicklung dieses Bereiches jedoch nur teilweise erklärt werden.

Die Herausforderungen im Übergang von der Schule in den Beruf sind keinesfalls neu. Auch wenn der Begriff Übergangssystem dies suggeriert, ist mit dem Besuch hier angesiedelter Bildungsgänge keineswegs der Übergang in eine berufliche Ausbildung resp. in ein entsprechendes berufliches Tätigkeitsfeld sichergestellt. Vielmehr wird hier die Problematik gesehen, dass Jugendliche keine sinnvollen Anschlüsse erhalten und sogenannte Maßnahmekarrieren durchlaufen. Die Effektivität der Bildungsgänge im Übergangssystem wird an verschiedenen Stellen hinterfragt.[1] Der Beitrag setzt an dieser Kritik an und zielt zunächst darauf, die curriculare Ausrichtung der berufsschulischen Bildungsgänge des Übergangssystems zu verdeutlichen. Am Beispiel der Ausbildungsvorbereitung in Nordrhein-Westfalen wird die aktuelle Gestaltung der Lehrpläne aufgezeigt und ihre Rezeption an Berufskollegs angedeutet. Darauf aufbauend werden Überlegungen zur Inklusion in der beruflichen Bildung aufgenommen und zur Diskussion gestellt. In diesem Kontext wird auch die Frage aufgeworfen, ob und inwiefern Curricula ausbildungsvorbereitender Bildungsgänge eine eigenständige Profilierung erfahren sollten.

2 Zur Reform der Ausbildungsvorbereitung an Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen

Die Ausbildungsvorbereitung (AV) wurde 2015 im Zuge der Neuordnung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der Berufskollegs[2] (APO-BK) eingerichtet (Anlage A, Abschnitt 3). Die Neuordnung geht mit dem Länderprogramm ‚Kein Abschluss ohne Anschluss‘ (KAoA) einher, das darauf abzielt, Jugendlichen frühzeitig eine Berufs- und Studienorientierung zu ermöglichen und sie beim Übergang in Ausbildung oder Studium zu unterstützen. In diesem Zuge wurde das Handlungsfeld II ‚Übergangssystem: Klare Anschlussperspektiven‘ eingerichtet. Als Zielsetzung wird angeführt, das vielfältige Angebot im Übergangsbereich zu reduzieren und zu optimieren. An Berufskollegs wurde – mit Rekurs auf die Kategorie ‚Ausbildungsreife‘ – das bestehende und sehr differenzierte Bildungsangebot (z. B. Berufsorientierungsjahr (BOJ), Klassen für Jugendliche ohne Ausbildungsverhältnis (JoA), Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB), Klassen für Schülerinnen und Schüler ohne Berufsausbildungsverhältnis (KSoB), Berufsgrundschuljahr (BGJ)) zu systematisieren versucht. Die folgenden vertiefenden Ausführungen zur AV basieren auf den geltenden APO-BK sowie den zugehörigen Verwaltungsvorschriften (VVzAPO-BK):

Die AV ist als Bildungsgang an Berufskollegs angesiedelt. Es handelt sich damit um eine eigenständige Organisationseinheit, die zwischen der Schul- und Unterrichtsebene anzusiedeln ist (vgl. Buschfeld 2002, 1) und weiter über Klassen resp. Lerngruppen differenziert werden kann. Die AV ist auf die Dauer eines Schuljahres angelegt und zielt auf die Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die Eröffnung beruflicher Orientierung. Sie ermöglicht den Schülerinnen und Schülern den Erwerb eines dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Abschlusses. Im Regelfall wird der Unterricht an die Fachbereiche bzw. Berufsfelder angebunden, die von Berufskollegs jeweils angeboten werden. Falls die Lernenden jedoch noch nicht ausreichend beruflich orientiert sind und die Möglichkeiten des Berufskollegs es zulassen, kann eine fachbereichs- bzw. berufsfeldübergreifende Ausrichtung verfolgt werden. Praxisnahes Lernen und Praktikumsformate spielen in der AV eine bedeutende Rolle – es ist mitunter auch von einer ‚dualisierten‘ Ausbildungsvorbereitung die Rede. Sie werden als wichtiger Bestandteil beruflicher Orientierung verstanden. Vor diesem Hintergrund sollen bei der Auswahl des Praktikumsbetriebs die Neigungen und Fähigkeiten der Jugendlichen ausschlaggebend sein.

Insgesamt werden zwei Typen der AV unterschieden: Die AV des Typs A ist ein Teilzeitmodell, nachdem das Berufskollegs mit Anbietern berufsvorbereitender Maßnahmen zusammenarbeitet. Es umfasst zwölf Unterrichtsstunden pro Woche. Das Berufskolleg ist angehalten, nach Möglichkeit gesonderte Klassen für diese Lernendengruppe einzurichten. Typ B wird in Vollzeit, d.h. in zwölf bis 36 Unterrichtsstunden pro Woche am Berufskolleg umgesetzt – je nachdem, inwiefern Praktikumszeiten/-formen aus pädagogischer Sicht möglich sind. Das vollzeitschulische Format wird weiter unterteilt in Regelklassen und Internationale Förderklassen (IFK). In die Regelklassen werden Schülerinnen und Schüler aufgenommen, die sich auf eine Berufsausbildung vorbereiten wollen und die Schulpflicht in der Primarstufe und Sekundarstufe I erfüllt haben. Die Aufnahme von jungen Menschen, die bereits einen allgemeinbildenden Abschluss erworben haben, soll der Ausnahmefall sein, der in begründeten Einzelfällen durch die Schulleitung entschieden werden kann. Eine Klassenbildung, die auf diese Zielgruppe ausgerichtete ist, ist dabei jedoch nicht zulässig. Internationale Förderklassen können bei Bedarf mit Zustimmung der oberen Schulaufsichtsbehörde eingerichtet werden. Aufgenommen werden berufsschulpflichtige Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte, die zum ersten Mal eine deutschsprachige Schule besuchen und deren Sprachkenntnisse eine Teilnahme am Regelschulunterricht noch nicht zulassen. In Ausnahmefällen kann es auch dazu kommen, dass Lernende der Regelklasse aufgrund mangelnder deutscher Sprachkenntnisse den IFK zugeordnet werden. Für die IFK wurde eine spezifische Stundentafel eingerichtet. Hier liegt mit 480 Unterrichtsstunden ein deutlicher Schwerpunkt auf dem berufsübergreifenden Lernbereich Deutsch/Kommunikation.

Festzustellen ist, dass bereits auf Ebene von Ordnungsgrundlagen eine Differenzierung des Bildungsgangs AV in zwei Typen und u. U. drei Klassenformate erfolgt. Eine Differenzierung wird einerseits nach Form der Beschulung vorgenommen (Typ A und Typ B), andererseits erfolgt jedoch auch eine Zuteilung nach Zuwanderungsstatus und Sprachkenntnissen.

Abbildung 1: Differenzierung von Lerngruppen (Klassen) in der AusbildungsvorbereitungAbbildung 1: Differenzierung von Lerngruppen (Klassen) in der Ausbildungsvorbereitung

3 Ausbildungsvorbereitung in Nordrhein-Westfalen: Lehrplanstrukturen und ihre Rezeption an Berufskollegs

3.1 Zielsetzung und curriculare Ausrichtung der Ausbildungsvorbereitung

Aktuell werden zu verschiedenen Berufsfeldern neue Bildungspläne für die Bildungsgänge der AV bereitgestellt. Sie traten zum 1. August 2015 zur Erprobung in Kraft. Exemplarisch soll an dieser Stelle eine curriculare Betrachtung des vollzeitschulischen Bildungsplans (Typ B) zur Erprobung für den Fachbereich Technik/Naturwissenschaften im Berufsfeld Metall-technik erfolgen (QUA-LiS NRW 2015).

Als Zielsetzung der Bildungsgänge der AV wird übergreifend „der Erwerb von Kompetenzen, die zur Erfüllung fachlicher Anforderungen in einem überschaubaren, klar strukturierten Tätigkeitsbereich führen“ [formuliert; P.F./H.K.]. Die Tätigkeiten und Lernhandlungen sollen teilweise selbständig, aber weitgehend unter Anleitung ausgeführt werden können und sind Ausgangspunkt für eine anschließende Ausbildung bei erlangter Ausbildungsreife.“ (QUA-LiS NRW 2015, 8). Der Kompetenzerwerb soll mindestens mit der Absolvierung eines Qualifikationsbausteins[3] verbunden sein, der mit einem entsprechenden Ausbildungsberuf kompatibel ist. Dies dient insbesondere dem Ziel des Erwerbs anschlussfähiger Kompetenzen.

Die Bildungspläne der Ausbildungsvorbereitung sind kompetenzorientiert formuliert. Im Verständnis des QUA-LiS NRW bedeutet dies, dass ausgehend von Anforderungssituationen und den dazugehörigen Arbeits- und Geschäftsprozessen der Praxis Kompetenzziele formuliert werden, die im Rahmen des Unterrichts entwickelt werden und zur Bewältigung eben dieser Praxissituationen beitragen sollen. Als übergreifende Zieldimension wird die Entwicklung einer „umfassenden beruflichen, gesellschaftlichen und personalen Handlungskompetenz“ (ebd.) formuliert. Die Lernenden sollen im Bildungsgang insbesondere eine Vorstellung von beruflicher Ausbildung und Erwerbstätigkeit erlangen. Mit der Kompetenzorientierung werden folgende Ziele verfolgt: (1) Anschlussfähigkeit für die Berufswelt, (2) Schaffung von Transparenz und Vergleichbarkeit von Bildungsgängen/durchlässige Gestaltung von Übergängen (in Ausrichtung an den DQR) und (3) die Schaffung einheitlicher Strukturen bzw. eine Ausrichtung der Bildungsgänge, die einem systematischen Kompetenzaufbau dienlich sind.

Der Unterricht soll sich dabei sowohl an den Anforderungsstrukturen der Arbeitswelt orientieren, als auch an den individuellen Ausgangslagen der Lernenden ansetzen. Im Schwerpunkt sollen jedoch die kognitiven Fähigkeiten der Lernenden gefördert werden. Insgesamt ist einem konstruktivistischen Lernverständnis und einer handlungsorientierten Ausrichtung des Unterrichts zu folgen und eine Anbindung an die Lebenswirklichkeit der Lernenden ist herzustellen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die Lernenden häufig über nicht zu überwindende Defizite in grundlegenden Bereichen sprachlicher und mathematischer Kompetenzen verfügen. Bevor die Entwicklung von Handlungskompetenz aufgenommen werden kann, sind entsprechend der Hinweise zum Lehrplan zunächst diese Basiskompetenzen fachübergreifend zu fördern.

Abbildung 2 zeigt die aktuelle Stundentafel des Bildungsgangs. Für die AV wurden fachbereichsspezifisch Handlungsfelder (HF) bzw. Arbeits- und Geschäftsprozesse konstruiert (HF1: Betriebliches Management; HF2: Produktentwicklung und Gestaltung; HF3: Produktion und Produktionssystem; HF4: Instandhaltung; HF5: Umweltmanagement; HF6: Qualitätsmanagement). Auf dieser berufspraktisch orientierten Grundlage werden dann Lernfelder didaktisch aufbereitet, die dann wiederum zu Bündelfächern (hier: Fertigungsprozesse, Montageprozesse) zusammengeführt werden. Insgesamt können ein berufsbezogener, ein berufsübergreifender und ein Differenzierungsbereich unterschieden werden.

Abbildung 2: Stundentafel des Berufsfeldes Metalltechnik (entnommen dem Bildungsplan zur Erprobung in der AV (QUA-LiS NRW 2015))Abbildung 2: Stundentafel des Berufsfeldes Metalltechnik (entnommen dem Bildungsplan zur Erprobung in der AV (QUA-LiS NRW 2015))

Insgesamt zeigt sich in den betrachteten Bildungsplänen der AV (hier am Beispiel des Berufsfeldes Metalltechnik veranschaulicht) eine deutliche Ausrichtung an den curricularen Vorgaben und Prinzipien des dualen Systems bzw. der Berufsausbildung. Das curriculare Prinzip der Orientierung an Anforderungssituationen (Situationsprinzip (vgl. Reetz 1984, 75ff.)) zeigt sich in der Orientierung an formulierten Handlungsfeldern. Dies lässt den Schluss auf eine Lernfelddidaktik zu, die gleichsam durch die Einrichtung von (Bündel-)Fächern wieder aufgehoben zu werden scheint. Das mitgeführte Kompetenzverständnis richtet sich dabei deutlich an einer kriterienorientierten Bezugsnorm (vgl. Basel/Rützel 2007, 77f.) in Form der Orientierung an Lern- bzw. Kompetenzstandards der Allgemeinbildung (insbes. mit Rekurs auf die Bildungsstandards zur Erreichung des Hauptschulabschluss) bzw. an Standards der Berufsausbildung aus. Insgesamt werden so die Perspektive einer Anforderungsorientierung, eine Schwerpunktsetzung auf die Entwicklung von kognitiven Fähigkeiten und ein defizitorientierter Blick auf die Lernenden forciert. Mit der Aufnahme eines eindeutigen Berufsfeldbezugs wird daneben davon ausgegangen, dass die Lernenden bereits beruflich orientiert sind und im gewählten Berufsfeld nach einer beruflichen Perspektive suchen.[4]

3.2 Realisierung auf Ebene von Bildungsgang- und Unterrichtsarbeit

Nach dem in den vorangegangenen Abschnitten dieses dritten Kapitels gewissermaßen die rahmenden curricularen Vorgaben der Ausbildungsvorbereitung beschrieben wurden, soll es in diesem Teil nun darum gehen, wie sich die Ausgestaltung auf Bildungsgang- und Unterrichtsebene zeigt oder mit anderen Worten, wie die Curricula in den Berufskollegs rezipiert werden. Dazu wurde die Perspektive Lehrender in ausbildungsvorbereitenden Bildungsgängen aufgenommen. Grundlage dieses empirischen Abschnitts sind Erhebungen im Kontext durchgeführter Forschungs- und Entwicklungsprojekte am Übergang Schule – Beruf. Vertiefend wurden dabei zwei Fragestellungen verfolgt:

  1. Welchen Stellenwert hat der Berufsfeldbezug für die Bildungsgang- und Unterrichtsarbeit bezogen auf die gekennzeichnete Zielgruppe?
  2. Wie lässt sich das Handlungsfeld ‚Ausbildungsvorbereitung‘ konkretisieren und welche Anforderungen werden auf dieser Grundlage an hier agierende Lehrende gestellt?

Beide Fragestellungen sollen nach einer jeweils kurzen Einordnung zum forschungsmethodischen Vorgehen betrachtet werden.

3.2.1 Stellenwert des Berufsfeldbezugs für die Bildungsgang- und Unterrichtsgestaltung am Übergang Schule – Beruf

Die hier aufgenommene Fragestellung wurde im Rahmen einer Sekundäranalyse untersucht. Als Ausgangsmaterial wurde die im Rahmen eines Promotionsprojekts zusammengestellte Basis an Textprodukten herangezogen. Das Promotionsprojekt beschäftigte sich mit Fragestellungen einer entwicklungsförderlichen Didaktik in Bildungsgängen des Übergangssystems: Ausgehend von einem designbasierten Zugang wurden über den Prozess der Entwicklung eines didaktischen Prototyps verschiedene Textformate erhoben bzw. generiert, die jeweils die Lehrendenperspektive aufnehmen (vgl. Frehe 2015, 153ff.). Die hier aufgenommene Fragestellung wurde auf diesen Basistext bezogen. Die Sekundäranalyse erfolgte in einem rekonstruktiven Zugang anhand einer inhaltlich-strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2012) und Gläser-Laudel (2010).

Um die von den befragten Lehrkräften beschriebene Bedeutung des Berufsfeldbezugs im Bildungsgang einordnen zu können, scheint es in einem ersten Schritt hilfreich darzustellen, wie die Lehrkräfte ihre Zielgruppe beschreiben. Grundsätzlich zeigen sich hier ähnliche, eher defizitorientierte Zuschreibungen, wie diese auch im theoretischen Diskurs zu benachteiligten Jugendlichen in der beruflichen Bildung zu finden sind. Demnach führen verschiedene individuelle und soziale Faktoren sowie angespannte Verhältnisse auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu (multipler) Benachteiligung (vgl. Bohlinger 2004; Kremer 2010; zusammenführend Frehe 2015, 28ff.). Neben einer fehlenden Motivation für schulisches Lernen und einem noch unzureichenden Entwicklungsstand für den Übergang in die Arbeitswelt wird insbesondere angeführt, dass ein großer Teil der Lernenden noch nicht hinreichend beruflich orientiert ist. Dies leiten die Lehrkräfte daraus ab, dass sie häufig mit unrealistischen Berufsvorstellungen konfrontiert werden, die Lernenden über geringe Kenntnisse bzgl. der Arbeitswelt verfügen und die Lehrenden vermehrt eine Bewerbungsverdrossenheit bzw. Vermeidungsstrategien bzgl. beruflicher Orientierung aufweisen. Die Lehrkräfte berichten weiter, dass der besuchte Bildungsgang nur in wenigen Fällen als bewusste und auf Berufsorientierung basierende Entscheidung für das angebundene Berufsfeld gewählt wird. Die Motive der Lernenden für den Besuch des Bildungsgangs werden von den befragten Lehrkräften differenziert gedeutet. Besondere Bedeutung hat jedoch die Chance auf den Erwerb eines allgemeinbildenden Abschlusses. Vor diesem Hintergrund scheint der Bildungsgang von den Lernenden häufig als ‚Fortsetzung von Schule‘ wahrgenommen zu werden. Entsprechend werden einerseits die Fächer Mathematik und Deutsch als ‚Hauptfächer‘ betrachtet, andererseits wird Schule als bekannte Institution wahrgenommen bzw. als ‚geschützter Raum‘ vor dem Eintritt in die (fremde) Arbeitswelt.

Ausgehend von den Bedürfnissen der Lernenden beschreiben die Lehrenden die Zielsetzung des Bildungsgangs: Aus ihrer Sicht geht es hier auch darum, den Lernenden eine Art ‚Lebenshilfe‘ entgegenbringen zu können. Die Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden spielt dabei eine besondere Rolle. Die Lernenden betrachten es als eine Zielsetzung des Bildungsgangs, dass die Lernenden eine Lebens- und Berufsperspektive entwickeln können und Bewältigungsstrategien im Umgang mit (berufs-)biografischen Neu- und Umorientierungen erlernen. Lerngegenstände ‚jenseits fachlicher Zwänge‘ spielen daher eine besondere Rolle. Entsprechend verweisen die Lehrenden auch auf verschiedene, von ihnen aufgenommene Rollen bzw. Funktionen: Neben einer Unterstützungs- und Begleitungsrolle auf dem Weg in die Arbeitswelt werden Rollen wie ‚Klassenmanager‘ und ‚Soziallehrer‘ angeführt. Bezüglich der Deutung des Bildungsgangs ist auch interessant, wie die Perspektive der Schulleitung durch die Lehrenden wahrgenommen wird: So werden in allen Berufskollegs zwar zur Anmeldung Gespräche mit den Lernenden geführt und es wird auch versucht, eine Zuordnung anhand von Interessenbekundungen der Lernenden und deren Schulnoten vorzunehmen. Letztlich sei es aber auch Maßgabe der Schulleitungen, die Bildungsgänge quantitativ zu füllen.

Weitere Hinweise zur Bedeutung des Berufsfeldbezugs liefert die Analyse beschriebener Maßnahmen, die im Bildungsgang zumeist additiv zum Unterricht durchgeführt werden. Dabei lassen sich durchaus Maßnahmen und Projekte ausmachen, die einen Berufsfeldbezug aufweisen, bspw. Übungsfirmen (Cafeteria-Projekt), Projektarbeit oder Werkstattarbeit (Garagenprojekt). Dem steht jedoch ein vielfältiges Angebot an Maßnahmen und Projekten ohne direkten Berufsfeldbezug gegenüber. Genannt wurden Einführungs-/Kennenlerntage, Gewaltpräventions- bzw. Konflikt- und Kommunikationstrainings, Sozialberatungen, Methodentrainings (Lernen lernen), Kreativitätsprojekte (Schultheater), Förderunterricht und Bewerbungstrainings.

Die Positionierung der Lehrenden bzgl. des Berufsfeldbezugs beschreibt eine Zerrissenheit: Auf der einen Seite wird deutlich kommuniziert, dass die eindeutige curriculare Ausrichtung der Bildungsgänge auf die (duale) Berufsausbildung zu eng gefasst ist und viele Lernende diese Standards nicht erfüllen können. Grundsätzlich sei die Perspektive auf eine Erwerbstätigkeit allgemein aber auch auf schulische Anschlussmöglichkeiten zu erweitern. Die unzureichende Berufsorientierung der Lernenden führt an verschiedenen Stellen zu Schwierigkeiten. Dies wird besonders mit Blick auf berufsfeldbezogene Praktika konstatiert. Die Lehrenden beschreiben ein Spannungsfeld, das sich auf die curricularen Grundlagen einerseits und die Motivlagen der Schülerinnen und Schüler andererseits bezieht: Wenn es den Lernenden überwiegend darum geht, ihren Hauptschulabschluss zu absolvieren, kann eine berufsfeldbezogene Ausrichtung des Unterrichts kaum durchgängig aufgenommen werden. Daneben ließe der dichte ‚Fachkatalog‘ kaum Spielraum für lebensweltbezogene Inhalte.

Zusammenführend kann konstatiert werden, dass ein strenger Berufsfeldbezug in berufs- und ausbildungsvorbereitenden Bildungsgängen zu Problemen führen kann. Dies kann auf drei Aspekte zurückgeführt werden:

  • Die Lernenden bedürfen in den meisten Fällen noch einer weiter gefassten beruflichen Orientierung, die berufsfeldübergreifend verschiedene Formen der Erwerbsarbeit sowie die individuellen Lebensperspektiven der Lernenden aufnimmt.
  • Berufliche Qualifizierung bzw. Grundbildung scheint teilweise in Konkurrenz zu den allgemeinbildenden Bildungszielen der Lernenden zu stehen (Erwerb eines (dem Hauptschulabschluss gleichwertigen) Abschlusses).
  • Die starke Orientierung an berufsbezogenen und berufsübergreifenden Fachinhalten lässt kaum Raum, für die Lernenden subjektiv relevante und lebensweltbezogene Lerngegenstände aufzunehmen.
3.2.2 Konturierung des Handlungsfelds ‚Ausbildungsvorbereitung‘ und damit verbundene Anforderungen an Lehrende

Aus der Sekundäranalyse deuteten sich teilweise schon Beschreibungen der Lehrkräfte bzgl. ihres spezifischen Handlungsfelds und der hier von ihnen gesehenen Anforderungen an. In einer quantitativen Befragung von Bildungsgangteams der AV wurde diese Perspektive nochmals aufgenommen. Die Befragung erfolgte im Kontext des Projekts Innovationsarena 3i (Professionelle Bildungsgangarbeit zur individuellen Förderung, inklusiven Bildungsgangarbeit und sozialen Integration) im Sinne einer Anfangserhebung zu Projektbeginn. Insgesamt haben 14 Bildungsgangteams der AV aus 13 Berufskollegs aus Nordrhein-Westfalen teilgenommen. Die Befragung wurde vordergründig eingesetzt, um die Profilierung der einzelnen Bildungsgangteams aufzunehmen und auf dieser Grundlage eine an den Interessen und Herausforderungen der Standorte ansetzende wissenschaftliche Begleitung gewährleisten zu können. Daher wurde in der Befragung nicht um die Einschätzung von Einzelakteuren gebeten, sondern um eine kollektive Beantwortung je Bildungsgangteam (n = 14). Auch wenn es sich bei dem Fragebogen damit nicht um ein testtheoretisch abgesichertes Instrument handelt und die geltenden Gütekriterien der quantitativen Forschung an dieser Stelle nicht eingehalten werden können, liefern die Ergebnisse interessante Hinweise in Bezug auf das verfolgte Erkenntnisinteresse. Im Folgenden sollen ausgewählte Fragestellungen näher betrachtet werden. Grundlage der Analyse sind die gebildeten Mittelwerte:

Die Bildungsgangteams wurden in einem Abschnitt dazu befragt, welche möglichen Zieldimensionen der AV sie als wichtig betrachten. Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass alle aufgeführten Zielsetzungen aus Sicht der befragten Lehrkräfte für den Bildungsgang relevant sind. Interessanterweise werden dabei auch deutlich divergierende Zielsetzungen gleichermaßen als sehr wichtig betrachtet: So wird sowohl das Kennenlernen eines konkreten Berufsfeldes als Zielsetzung für sehr wichtig befunden, als auch eine berufsfeldübergreifende Berufsorientierung. Die Vermittlung in eine Berufsausbildung scheint ebenfalls von großer Bedeutung. An dieser Stelle kann jedoch keine Aussage darüber getroffen werden, ob jegliche quantitative Vermittlung in die Arbeitswelt als Zielsetzung verfolgt wird, oder ob diese auch qualitativ – also im Sinne der Interessen und Kompetenzen der Lernenden – zu erfolgen hat. Weiter interessant sind die beiden extremsten Bewertungen: So zeigt sich, dass die berufliche Qualifizierung in einem Berufsfeld von allen Antwortmöglichkeiten als am wenigsten relevant bewertet wurde. Die Zielsetzungen, die Lernenden wieder zu schulischem Lernen zu motivieren und die Lernenden in ihrer Lebensbewältigung zu unterstützen, werden als besonders relevant und im Vergleich zu allen Antwortmöglichkeiten als am wichtigsten eingestuft (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Zielsetzung der AV bewertet nach ihrer WichtigkeitAbbildung 3: Zielsetzung der AV bewertet nach ihrer Wichtigkeit

 

Weiter wurde den Bildungsgangteams die Frage gestellt, welche didaktisch-pädagogischen Prinzipien für die AV aus ihrer Sicht wichtig sind. Auch hier werden alle aufgeführten Prinzipien als sehr relevant betrachtet. Dabei fällt auf, dass sowohl die Orientierung an den Stärken der Lernenden als wichtig betrachtet wird, als auch der Ausgleich bestehender Defizite. Ebenfalls wird eine Ausrichtung an den Erfordernissen der Arbeitswelt als sehr relevant erachtet. Die Orientierung an den Bedürfnissen des einzelnen Lernenden werden jedoch als einziges Prinzip als besonders wichtig hervorgehoben (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Pädagogisch/didaktische Prinzipien in der AV bewertet nach ihrer WichtigkeitAbbildung 4: Pädagogisch/didaktische Prinzipien in der AV bewertet nach ihrer Wichtigkeit

 

Abbildung 5: Kompetenzen und Einstellungen Lehrender in der AV nach ihrer WichtigkeitAbbildung 5: Kompetenzen und Einstellungen Lehrender in der AV nach ihrer Wichtigkeit

Auch wurde den Bildungsgangteams die Frage gestellt, welche Kompetenzen bzw. Haltungen von Lehrenden in der AV von besonderer Bedeutung sind. Wie Abbildung 5 zeigt, kann auch hier festgestellt werden, dass zunächst keine der angegebenen Kompetenzbereiche als irrelevant bewertet wurde. Es zeichnet sich allerdings deutlich ab, dass die (berufs-)fachlichen Kompetenzen im Verhältnis als am wenigsten relevant eingestuft werden. Die methodische Kompetenz wird zwar als sehr relevant betrachtet, als besonders wichtig werden jedoch Kompetenzen benannt, die sich auf Lerngegenstände außerhalb des Fachkanons beziehen, wie etwa Berufsorientierung oder Lebensbewältigung. Daneben werden sonder- und sozialpädagogische Kompetenzen als besonders relevant betrachtet, ebenso wie das Wissen um die besondere Zielgruppe. Ebenfalls als sehr relevant wird von den Lehrkräften bewertet, dass Lehrende in der AV motiviert sind, mit dieser Zielgruppe zu arbeiten und dass sie eine entsprechende professionelle Haltung mitführen.

Ergänzend zu den aufgenommenen Fragestellungen zur Bildungsgang- und Unterrichtsarbeit in der AV wurden die Bildungsgangteams danach gefragt, ob die AV aus ihrer Sicht ein besonderes Handlungsfeld am Berufskolleg darstellt, das einer spezifischen Expertise bedarf und auf das angehende Lehrkräfte bereits im Rahmen ihres universitären Lehramtsstudiums vorbereitet werden sollten. Dreizehn Bildungsgangteams haben diese Fragestellung beantwortet, davon haben zwölf Bildungsgangteams diese Frage bejaht. Dies entspricht einer Zustimmung von 92 %.

Im Anschluss an diese Fragestellungen hatten die Lehrkräfteteams noch die Möglichkeit, weitere Hinweise und Anmerkungen zu formulieren. Hier wurde nochmals bestärkt, dass die Herausforderungen im Bildungsgang sich weniger auf (berufs-)fachliche Kompetenzen von Lehrenden beziehen, sondern eher im Umgang mit heterogenen Gruppen gesehen werden. Eine sonderpädagogische Grundbildung für das Lehramt an Berufskollegs wird nochmals gesondert betont. Daneben wird folgende Forderung angeführt: „Wieder mehr Berufsorientierung statt nur den Arbeitsmarkt versorgen“[5].

3.3 Zwischen Baum und Borke stecken – Vom Lehrplan zur Bildungsgangarbeit

Die Analyse der Ordnungsgrundlagen und Bildungspläne und die Aufnahme der Perspektive der Lehrenden in berufs- und ausbildungsvorbereitenden Bildungsgängen zeigen sehr deutlich, dass das Spannungsverhältnis zwischen Anforderungsorientierung einerseits und einer Orientierung am lernenden Subjekt andererseits als konstitutiv betrachtet werden kann. Der Übergang in eine berufliche Ausbildung wird in der Curriculumentwicklung zwar als Ziel herangezogen, aus Sicht der Bildungsgangarbeit an Berufskollegs wird jedoch darauf verwiesen, dass viele Jugendliche im System ‚festzustecken‘ scheinen und die Übergänge sich als besondere Herausforderung zeigen. Die ausbildungsvorbereitenden Bildungsgänge sind so mit der Schwierigkeit verbunden, dass man den curricularen Vorgaben nur begrenzt gerecht werden kann oder Gefahr läuft, die spezifischen Anforderungen der Jugendlichen zu übersehen. Insgesamt kann so ein besonderes Handlungsfeld konturiert werden, in dem an Lehrende im Spannungsfeld zwischen beruflicher Anforderungsorientierung und Subjektorientierung spezifische curriculare, didaktische und organisatorische Gestaltungserfordernisse herangetragen werden.

Dies lässt sich nicht zuletzt auch auf die bildungssystemische Stellung der AV zurückführen: Als schulischer Teil des Übergangsbereichs ist die AV zwischen den Systemen der Allgemeinbildung und der Berufsbildung zu verorten. Entsprechend lassen sich hier auch (curriculare) Zielformulierungen wiederfinden, die sich stark an den angrenzenden Systemen orientieren (vgl. Kremer 2011, 3; Schmidt 2011, 7; zusammenführend Frehe 2015, 11ff.). Zum einen geht es im Sinne einer Nachqualifizierungsfunktion um das Nachholen eines allgemeinbildenden Abschluss, der dem Hauptschulabschluss gleichwertig ist. Dies geht oft mit der Förderung von Basiskompetenzen wie Schreiben/Lesen, Rechnen und sozialen Umgangsformen einher (vgl. Kremer 2012, 27; Euler/Severing 2011, 17). Zum anderen geht es darum, den Lernenden bereits bezogen auf ein konkretes Berufsfeld eine berufliche Grundqualifizierung (z. B. durch Qualifizierungsbausteine) zu ermöglichen. Im Zuge der Landesinitiative ‚Kein Abschluss ohne Anschluss‘ wird ein Großteil der schulisch verankerten Berufsorientierung in die Sekundarstufe I (ab der achten Klasse) verlagert. Für die AV ergibt sich eher eine berufsfeldbezogene Berufsorientierung, die insbesondere über betriebliche Praktika umgesetzt werden soll. Insgesamt werden im Bildungsgang der AV (teilweise implizit) unterschiedliche Kompetenzverständnisse, curriculare Leitprinzipien und Zieldimensionen zusammengeführt. Kremer beschreibt dies als doppeltes Spannungsfeld des Lehrens und Lernens am Übergang Schule – Beruf (vgl. Kremer 2011, 6).

Abbildung 7: Ausbildungsvorbereitung – Lehren und Lernen in Spannungsfeldern (in Anl. an Kremer 2011, 6)Abbildung 6: Ausbildungsvorbereitung – Lehren und Lernen in Spannungsfeldern (in Anl. an Kremer 2011, 6)

Ebenso wird auch erkennbar, dass die (realen) Bedingungen der Bildungsarbeit in der Ausbildungsvorbereitung über Curricula, die sich an den Referenzsystemen beruflicher Ausbildung und allgemeiner Schule ausrichten, kaum ausreichend berücksichtigt werden. Der einjährige Bildungsgang AV soll auf die Aufnahme einer Ausbildung zielen. Die Bildungsgangarbeit vor Ort steht nun vor der Schwierigkeit, dass diese Zielsetzung für die gesamte Gruppe als kaum realisierbar angesehen wird. Damit kann die Frage aufgeworfen werden, ob die enge curriculare Anlehnung an die berufliche Ausbildung den Herausforderungen vor Ort entspricht oder ob es nicht zunächst erforderlich ist, dass hierzu die individuellen Voraussetzungen bei den Lernenden geschaffen werden. So muss die Frage aufgeworfen werden, ob sich mit der curricularen Gestaltung vor Ort nicht auch die Ausrichtung der Bildungsgänge verschiebt. Damit gelingt es zwar zunächst, mit den ausbildungsvorbereitenden Bildungsgängen ein Angebot mit einer potenziellen Anschlussfähigkeit zu eröffnen, die Bildungsgangarbeit selbst lässt dann aber schon erkennen, dass andere Notwendigkeiten entstehen und diesen zunächst Rechnung (siehe Abschnitt 3.2) zu tragen ist. Therborn (2013) folgend könnte beispielsweise auf die Notwendigkeit verwiesen werden, den Jugendlichen einen Kompetenzerwerb zu eröffnen, der ein Agieren als Individuum erst ermöglicht. Damit müsste sich die Ausbildungsvorbereitung weniger an beruflichen Handlungsfeldern ausrichten, sondern an individuellen Entwicklungserfordernissen und -potenzialen. Die nachfolgende Abbildung führt die skizzierten Besonderheiten der Ausbildungsvorbereitung nochmals zusammen:

Abbildung 8: Ausbildungsvorbereitung als DomäneAbbildung 7: Ausbildungsvorbereitung als Domäne

4 Inklusion in der Exklusion: Überlegungen zur Eigenständigkeit der Ausbildungsvorbereitung als Domäne

Dieser Beitrag zielt einerseits darauf herauszuarbeiten, inwiefern die curriculare Konzeption und die erwarteten Anschlussmöglichkeiten der Ausbildungsvorbereitung, die sich stark auf die Berufsausbildung beziehen, umsetzbar sind für eine Zielgruppe, die am Übergang Schule – Beruf unterschiedlichste Herausforderungen, Unterstützungsbedarfe und Entwicklungspotenziale mitführt. In diesem Zuge konnte exemplarisch gezeigt werden, dass die pädagogisch-didaktische Arbeit in der Ausbildungsvorbereitung eine spezifische Haltung und Professionalität von Lehrenden erfordert, die sich stark von den Anforderungen anderer Handlungsfelder am Berufskolleg unterscheidet. Für uns stellt sich die Frage, ob sich diese besonderen Anforderungen so weitreichend unterscheiden, dass hier von einer ‚Domäne Ausbildungsvorbereitung‘ gesprochen werden kann. Doch wie ist dies vereinbar mit einer inklusiv ausgerichteten Berufsbildung? Im Folgenden sollen diese Aspekte nochmals pointiert zusammengeführt und einer Diskussion zugänglich gemacht werden.

Gemeinsames Merkmal der Jugendlichen in der Ausbildungsvorbereitung sind Schwierigkeiten und Herausforderungen im Übergang zur beruflichen Ausbildung, oftmals in Verbindung mit geringen oder schulischen Abschlüssen. Des Weiteren wirken sich bildungspolitische Forderungen und gesellschaftliche Entwicklungen wie Inklusion und Migration in besonderem Maße auf den Übergangsbereich aus. Klemm (2014) zeichnet bspw. in einer bildungsstatistischen Analyse den Verbleib von jungen Erwachsenen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Berufskollegs nach und zeigt auf, dass diese in spezifische Ausbildungsformate und Bildungsgänge aufgenommen werden (vgl. ebd., 7). Für geflüchtete Jugendliche, die der Berufsschulpflicht unterliegen, stellen berufs- und ausbildungsvorbereitende Bildungsgänge ebenfalls das quantitativ wichtigste Bildungsangebot an berufsbildenden Schulen dar (Braun/Lex 2016, 23). [6] Es kann damit festgestellt werden, dass in der Ausbildungsvorbereitung Jugendliche zusammengeführt werden, denen der Übergang in berufliche Ausbildung als schwer zu überwindende Hürde begegnet. Die Ausbildungsvorbereitung eröffnet diesen Jugendlichen jedoch Perspektiven zum regulären Besuch von Bildungsgängen im Berufskolleg. Im Sinne des gemeinsamen Lernens werden hier dann ‚Behinderte‘ und ‚Nicht-Behinderte‘ Jugendliche zusammengeführt.[7] In Abgrenzung zum beruflichen Ausbildungssystem kann dies jedoch exkludierend wirken.

Die bisherigen Ausführungen lassen unterschiedliche Bezugspunkte zur Inklusionsdebatte erkennen. Die Ausbildungsvorbereitung kann so durchaus unterschiedlich in Bezug auf die Entwicklung eines inklusiven Berufsbildungssystems eingestuft werden. Ebenso kann jedoch festgestellt werden, dass Inklusion nicht von weiteren Gestaltungsaspekten des Berufsbildungssystems (z. B. Nachwuchssicherung, Ausbildungsstandards etc.) gelöst werden kann. Der vorliegende Beitrag zielt nicht auf eine grundlegende Analyse der Ausbildungsvorbereitung vor dem Hintergrund verschiedener Inklusionsverständnisse. Vielmehr gehen wir davon aus, dass ausbildungsvorbereitende Maßnahmen momentan eingerichtet werden und möchten daher die Diskussion zur Gestaltung dieses Sektors in der beruflichen Bildung anreichern. Dabei ist uns bewusst, dass wir der Gefahr unterliegen, einen nicht wünschenswerten Zustand anzuerkennen. Gleichermaßen haben die Jugendlichen in den ausbildungsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen ein Recht auf eine Entwicklung ihrer individuellen Bildungsgänge.

In diesem Sinne kann zunächst konstatiert werden, dass die Ausbildungsvorbereitung in Bezug auf die angrenzenden Systeme in der Form stabilisierend wirkt, dass sie die Jugendlichen, die den entsprechenden Anforderungen nicht gewachsen erscheinen, aufnimmt. Diese Jugendlichen nun aber dadurch zu kennzeichnen, dass sie über einen besonderen Förderbedarf verfügen, erscheint mehr als verkürzend[8] und kann die gebotene Heterogenität kaum abbilden – dies verdeutlicht nochmals die aufgenommene Perspektive der Lehrkräfte zur Rezeption der Curricula. Vielmehr wird hier darauf hingewiesen, dass den Jugendlichen gemeinsam ist, dass sie alle einen durchaus sehr unterschiedlich gelagerten Förderbedarf besitzen. Anders gewendet kann so auch festgestellt werden, dass diejenigen Jugendlichen zusammengeführt werden, denen ein selbständiger Erwerb beruflicher Handlungskompetenz nicht eröffnet (und zugetraut wird). Der Ausbildungsvorbereitung wird so die Aufgabe zugewiesen, die Jugendlichen an den möglichen Erwerb einer beruflichen Handlungskompetenz heranzuführen.

Einem weiten Inklusionsverständnis folgend[9], wird mehr eine Anpassung der Institutionen und Systeme an die Menschen als notwendig erachtet und weniger eine Anpassung der Personen an die bestehenden Systeme (Enggruber/Rützel 2014, 14). Die Ausbildungsvorbereitung verstärkt somit, dass der ‚Inklusionsdruck‘ auf die berufliche Ausbildung abgefedert wird: Die berufliche Ausbildung kann den Zugang verwehren und legitimiert dies mit der (vermeintlich) fehlenden Ausbildungsreife der Jugendlichen. Gleichermaßen wird mit der Ausbildungsvorbereitung ein (Sub-)System etabliert, indem ein gemeinsames Lernen entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention realisiert werden kann. Vor diesen Gegebenheiten stehen die Bildungsgangakteure gegenwärtig vor der Herausforderung, mit ‚Inklusion‘ und ,Übergang in Ausbildung und Beruf‘ zwei divergente Zielkorridore zusammenführen zu müssen, was kaum realisierbar erscheint. Damit besteht die Gefahr, dass sich nur vordergründig ein inklusiver Ansatz manifestiert, der jedoch eher exkludierend wirkt.

Die curriculare Ausrichtung der Ausbildungsvorbereitung zielt darauf ab, die Jugendlichen an eine berufliche Ausbildung heranzuführen. Gerade diese Orientierung kann jedoch den individuellen Förderbedarf der Jugendlichen ausblenden. Es stellt sich nun die Frage, ob der gewählte curriculare Ansatz zu einer weiteren Exklusion der Jugendlichen beiträgt und deren Isolierung verschärft. Die Ausrichtung der ausbildungsvorbereitenden Lehrpläne impliziert des Weiteren, dass eine berufliche Orientierung bereits (erfolgreich) durchlaufen wurde, und damit dass Jugendliche auch die Bereitschaft mitbringen, in einem Berufsfeld zu agieren und sich zutrauen, die gestellten Aufgaben zu bewältigen. Die Perspektive der Lehrkräfte zeigt dann auf, dass dies keinesfalls angenommen werden kann. Die konstatierte unzureichende Effizienz des Übergangssystems zur Überführung junger Menschen in eine berufliche Ausbildung soll hier nun nicht weiter entfaltet werden, allerdings bleibt zu bedenken, ob hiermit eine realistische Zielgröße angenommen werden kann und mit der Ausbildungsvorbereitung nicht lediglich Übergangsprobleme verdichtet und zusammengeführt werden. Damit wird dann verdeckt, dass es sich bei Übergängen auch um Probleme des Eingangs in bestehende Institutionen handeln kann und diese entsprechend angepasst werden können. Dies würde jedoch eine grundlegende Diskussion um gestreckte Einstiege in berufliche Ausbildung, Niveaustufen beruflicher Ausbildung, Verschränkung beruflicher Orientierung und beruflicher Ausbildung erfordern. Momentan ist dies nur punktuell in der beruflichen Bildung zu erkennen. Die Problemlagen sind dabei jedoch keineswegs neu. Exemplarisch sei hier auf den Modellversuch zur Verbindung des Berufsvorbereitungsjahres mit dem Berufsgrundschuljahr in Nordrhein-Westfalen verwiesen. Hier wurden bereits grundlegende Herausforderungen im Kontext von beruflicher Orientierung, Ausbildungsbereitschaft, Verschränkung von beruflicher Vorbereitung und Grundbildung, Trennung von Allgemeinbildung und Berufsbildung (vielleicht heute: Basiskompetenzen und beruflichen Grundfähigkeiten), Ungleichheiten, handhabbaren Testinstrumenten zur Einschätzung der Ausbildungsfähigkeit etc. aufgenommen (vgl. hierzu Kaiser/Kell 1986; Kaiser/Kell/van Buer 1986). Bisher ist es jedoch weder gelungen, Formen eines gestreckten Einstiegs in berufliche Ausbildung zu implementieren, noch die besonderen didaktisch-methodischen Herausforderungen ausbildungsvorbereitender Bildungsgänge systematisch als Bestandteil einer Didaktik der beruflichen Bildung aufzunehmen. Neben der Profilierung der berufs- resp. fachdidaktischen Ausrichtung sind der Berücksichtigung individueller Lern- und Entwicklungswege besondere Aufmerksamkeit beizumessen.

Sofern die Notwendigkeit einer Berufs- und Ausbildungsvorbereitung auch zukünftig gesehen wird, wäre die Domäne Ausbildungsvorbereitung genauer zu bestimmen. Die alleinige Ausrichtung am klassischen Verständnis einer beruflichen Domäne (vgl. z. B. bei Sloane 2003; Sloane/Dilger 2005; Dilger 2007) erscheint uns hier nicht ausreichend. Das Spannungsfeld von Curriculumentwicklung und -rezeption verweist auf die Notwendigkeit, dass neben einer Ausrichtung an den Anforderungen beruflicher Ausbildungsgänge die individuellen Anforderungen und Bedürfnisse der Jugendlichen eine stärkere Berücksichtigung erfahren müssen. Das Referenzsystem der Ausbildungsvorbereitung kann nicht allein auf die Anforderungen beruflicher Ausbildung begrenzt werden, sondern es scheint eine eigene Profilierung für diesen Bereich erforderlich. Dies würde jedoch auch dazu führen, dass die Stellung der Teilsysteme Ausbildungsvorbereitung und berufliche Ausbildung durchaus neu zu bestimmen wären. Daher sehen wir die Notwendigkeit, die Eigenständigkeit (und Würdigung) der Ausbildungsvorbereitung als Bestandteil des (berufsschulischen) Berufsbildungssystems zur Diskussion zu stellen. Gleichzeitig soll nicht unbedacht bleiben, dass mit der Etablierung eines solchen Bereichs die Gefahr einhergehen kann, ein Sonderangebot für Jugendliche zu forcieren, die am Übergang Schule – Beruf mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Letztlich kann eine inklusive Berufsbildung jedoch nur dann umgesetzt werden, wenn sich die bestehenden Systeme verändern. Der etablierte Übergangsbereich ist genau ein Symptom dafür, dass insbesondere die duale Berufsausbildung für viele Jugendliche immer mehr zum Nadelöhr (vgl. Rützel 2009) geworden ist und an Integrationskraft verloren hat. Inklusive Berufsbildung muss mit einer höheren Flexibilisierung und Durchlässigkeit der Systeme einhergehen. Solange insbesondere in der dualen Ausbildung jedoch Betriebe und Unternehmen, die ökonomischen Marktmechanismen unterstehen, entscheiden, wer an dualer Ausbildung teilhaben kann und wer nicht, scheint hier gegenwärtig zumindest eine kaum überwindbare Grenze erreicht (vgl. auch Enggruber/Rützel 2014). Inklusion muss jedoch als ein Entwicklungsprozess verstanden werden. Vor diesem Hintergrund geht es an dieser Stelle nicht darum, die weiße Flagge zu hissen und zu resignieren. Vielmehr ist aus unserer Sicht daran zu arbeiten, dass Inklusion vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Rahmenbedingungen bestmöglich umgesetzt werden kann. Sukzessive und stetig sind dann Möglichkeiten der Durchlässigkeit und Flexibilisierung zu prüfen und zu erproben.

Wenn wir also feststellen (müssen), dass die Herausforderung Inklusion am Berufskolleg gegenwärtig überwiegend auf die Ebene der Ausbildungsvorbereitung verlagert wird, dann könnte es doch zumindest als erster Schritt verstanden werden, in diesem exkludierten Sub-System eine inklusive Bildungskultur anzulegen. Dabei sind dann sowohl horizontale als auch vertikale Perspektiven aufzunehmen: Auf horizontaler Ebene geht es um die Aufrechterhaltung und Wertschätzung von Heterogenität und Vielfalt im Bildungsgang einerseits, und die Orientierung an individuellen Bildungsverläufen andererseits. Hier können modularisierte Formen des Lehrens und Lernens einen wichtigen Grundstein legen, um die Bildungsverläufe Lernender zu individualisieren und zu flexibilisieren. Die Devise lautet in dieser vertikalen Perspektive, keine zusätzlichen Inklusionsbarrieren durch Außendifferenzierung zu schaffen und ein vielseitiges Bildungsangebot zu konzipieren, das flexibel aufgenommen werden kann. Ausgehend von einer horizontalen Perspektive auf Inklusion ist dann darauf hinzuwirken, die Durchlässigkeit zu höher- oder berufsqualifizierenden Bildungsgängen (zumindest bezogen auf den berufsschulischen Teil) zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund wäre es dann durchaus denkbar, dass ein Lernender der Ausbildungsvorbereitung zumindest teilweise den Fachunterricht in einer Klasse des dualen Systems oder der Berufsfachschule verfolgt, wenn sich dies aus dessen individualisierten Bildungsplan und Anschlussperspektiven ableiten lässt. Insgesamt erfordert eine so gedachte ‚Inklusion in der Exklusion‘ ein Umdenken: Es wird ein Kompetenzverständnis notwendig, das die individuelle Bezugsnorm und damit die Entwicklungsschritte des Einzelnen in den Vordergrund rückt. In diesem Sinne sind Formen des zieldifferenten Lernens ernst zu nehmen und umzusetzen sowie tradierte Denkmuster und starre Zuordnungsprozesse zu überdenken.

Die hier angeführten Überlegungen führen wiederum zur zweiten Fragestellung, die in diesem Beitrag verfolgt wurde: Stellt die Ausbildungsvorbereitung eine eigenständige Domäne dar, für die eine spezifische Expertise ihrer Akteure erforderlich ist? Dabei scheinen die zielgruppenadäquate Förderung und die Schaffung eines ‚Sonderbereiches‘ zwei Seiten einer Medaille zu sein – ein Dilemma das geradezu konstitutiv für den Bereich der Benachteiligtenförderung ist. Wir folgen an dieser Stelle Kampmeier (2006, 93), die konstatiert: „Die Zuschreibung von Zuständigkeit bedeutet in diesem Sinne zunächst noch keine Etikettierung im Sinne von Stigmatisierung und Diskriminierung. […] „Exklusion“ im Sinne einer „Systematisierung“ ist notwendig und wie[sic!]derspricht nicht dem inklusionistischen Grundsatz der Achtung und Nutzung der Heterogenität.“

Aus unserer Sicht ist daher die Berufs- und Ausbildungsvorbereitung in der momentanen gesellschaftlichen Situation als ein eigenständiges Handlungsfeld zu profilieren. Dies bedeutet nicht, dass damit eine Ablösung von den klassischen Domänen der beruflichen Bildung einhergeht. Ebenso zeigt dies auch auf, welche anspruchsvollen Herausforderungen mit einem polyvalenten Ausbildungskonzept in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik verbunden sind.

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[1] Das Übergangssystem wird so bspw. als ‚Förder- oder Maßnahmendschungel‘ (vgl. u. a. bei Eckert 2006; Euler 2011; Enggruber 2011) oder als ‚Labyrinth‘ (Münk 2008) beschrieben.

[2] Der vorliegende Beitrag nimmt die Perspektive des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) auf. Berufsbildende Schulen nennen sich hier Berufskollegs (siehe http://www.berufsbildung.nrw.de/cms/das-berufskolleg-in-nordrhein-westfalen/abschluesse-und-anschluesse/index.html (12.03.2016)).

[3] Bei Qualifizierungsbausteinen handelt es sich um modularisierte, d.h. zeitlich und inhaltlich abgegrenzte Lerneinheiten, die praxisnah ausgerichtet sind (z.B. über Werkstattunterricht) und sich stark an den Kompetenzanforderungen des ersten Jahres eines anerkannten Ausbildungsberufes orientieren (siehe auch BBiG § 69 Abs. 1).

[4] Insgesamt handelt es sich hier um durchaus relevante Kritikpunkte, die eine tiefergehende curricular-didaktische Analyse eröffnen, die an dieser Stelle jedoch nicht weiter vertieft werden sollen.

[5] Zitat aus dem Fragebogen des Bildungsgangteams 12 im Bereich für freie Antwortmöglichkeiten und Kommentare (BGT 12).

[6] In NRW werden bspw. im Bildungsgang der Ausbildungsvorbereitung Sonderklassen für insbes. geflüchtete Lernende eingerichtet, die zum ersten Mal eine deutschsprachige Schule besuchen und deren Sprachkenntnisse eine Teilnahme am Regelschulunterricht der AV noch nicht zulassen. An dieser Stelle findet also eine weitere Differenzierung in Regel- und Sondersysteme auf Ebene des Bildungsgangs der Ausbildungsvorbereitung statt. Dies ist aus inklusionstheoretischer Sicht äußerst kritisch zu betrachten. Eine differenzierte Auseinandersetzung kann im Umfang dieses Beitrages jedoch nicht realisiert werden.

[7] Dabei ist immer anzuführen, dass die Einordnung in Behinderte und Nicht-Behinderte mit erheblichen Nebenwirkungen (bspw. Stigmatisierung oder aber auch die Schaffung von Anreizen zur Einstufung von Personen als Behinderte) verbunden sein kann.

[8] Auf die damit verbundene Gefahr der Stigmatisierung der einzelnen Individuen wurde bereits an anderer Stelle deutlich verwiesen.

[9] Ein weites Inklusionsverständnis unterscheidet nicht zwischen Menschen mit und ohne (diagnostizierter) Behinderung, sondern folgt u.a. dem UNESCO Leitbild einer ‚inklusiven Bildung‘ für alle. Inklusion in diesem Sinne bedeutet dann, „dass allen Menschen die gleichen Möglichkeiten offen stehen, an qualitativ hochwertiger Bildung teilzuhaben und ihre Potenziale zu entwickeln, unabhängig von besonderen Lernbedürfnissen, Geschlecht, sozialen und ökonomischen Voraussetzungen“ (Deutsche UNESCO Kommission (DUK) 2014, 9). Damit erweitert sich die Perspektive und Inklusion wird zu einem allgemeinen Prinzip, nach dem Vielfalt und Heterogenität zum Normalfall erklärt werden und die Bedürfnisse jedes Einzelnen zu berücksichtigen sind (vgl. Kremer 2016, 7; Prengel 2015, 40; Kremer/Kückmann/Sloane/Zoyke 2015, 8). Dies bedeutet auch, dass Institutionen bzw. Organisationen inklusiv auszurichten sind, und nicht lediglich eine Anpassung von Individuen erfolgt (vgl. Rützel 2013, 4; Enggruber/Rützel 2014; Kremer 2016, 7). Der vorliegende Beitrag zeigt durchaus das Spannungsfeld, dass inklusive Bildung in Institutionen wie der Ausbildungsvorbereitung stattfindet, die selbst im Widerspruch zu beanspruchten Inklusionsverständnissen stehen können. Demgemäß verkürzen wir hier auf den Aspekt, inwiefern eine Ausbildungsvorbereitung Inklusion unterstützen kann.

Zitieren des Beitrags

Frehe, P./Kremer, H.-H. (2016): Ausbildungsvorbereitung als Domäne – Inklusion in der Exklusion?  In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 30, 1-21. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe30/frehe_kremer_bwpat30.pdf (06-11-2016).