bwp@ Spezial 19 - August 2023

Retrieving and recontextualising VET theory

Hrsg.: Bill Esmond, Thilo J. Ketschau, Johannes K. Schmees, Christian Steib & Volker Wedekind

Berufsbildungstheoretische Fußspuren in Zeiten des Klimawandels – Aspekte einer kritisch-ökologischen Position

Beitrag von Stephan Stomporowski
Schlüsselwörter: Berufsausbildung, Nachhaltigkeit, Berufsbildungstheorie, Ökologie, Ethik

Von einem berufsbildungstheoretischen Diskurs kann schon seit langem keine Rede mehr sein. Dies erstaunt, befindet sich doch unsere Gesellschaft in Zeiten des Klimawandels vor tiefgreifenden Veränderungen, welche die berufliche Arbeitswelt und damit verbunden auch die Berufsausbildung nachhaltig betreffen. Während solcher gesellschaftlicher Umwälzungen war es schon immer Aufgabe von Bildungstheorien, das pädagogische Handeln mit neuen Wertvorstellungen auszustaffieren, in deren Zentrum allerdings ungebrochen der Gedanke der Humanität steht.

In diesem Beitrag wird für eine Wiederbelebung der Berufsbildungstheorie geworben, deren Anlass der Klimawandel ist. Der Blick fällt zunächst auf die gebrochene Geschichte der Theorie beruflicher Bildung, die bereits Ende der 1970er Jahre zu ihrem Abschluss kam. Dass damit aber zugleich auch die Bedeutung der Berufsbildungstheorie insgesamt in Abrede steht, wird sodann kritisch hinterfragt. Als ernsthaftes Problem erhebt sich allerdings das fehlende berufsbildungstheoretische Portfolio, weshalb der suchende Blick darauf angewiesen ist, Anschlüsse in der eigenen Historie oder in der Allgemeinbildung zu finden, bevor ein Neuaufschlag eines aktuellen beruflichen Bildungsbegriffes gelingen kann. Die hier aufgezeigten ersten und noch vorläufigen Linien einer kritisch-ökologischen Position verwebt nun die moraltheoretische Figur des Mitleids mit Aspekten der Anerkennungstheorie, um auf dieser Grundlage für eine neue Aufklärung zu plädieren, deren Reichweite die bislang vorherrschende Projektionsflächen der Berufsausbildung überschreitet.

1 In Zeiten des Klimawandels

Mit dem Klimawandel endet die Phase des Menschen als Gestalter seiner eigenen Zukunft. Ein Szenario, das nicht völlig abwegig ist, folgt man den Aussagen der Klimaforschung. Allein beim Anblick der Gletscherschmelze, dessen Rückgang der Mensch bereits mittels Folienbedeckungen zu stoppen versucht, wird das ganze Ausmaß an Hilflosigkeit deutlich. Von dieser Entwicklung bleibt die berufliche Arbeitswelt nicht unberührt. Auch sie ist gefordert, sich der gesellschaftlichen Transformation zu stellen und neue Perspektiven in Anschlag zu nehmen (vgl. UN 2021, 3; BMWK 2022, 8). Es wird wohl auch keine andere Wahl bleiben, sprechen doch die Ergebnisse des Weltklimarates eine deutliche Sprache.[1]

Insgesamt sprechen die Aussagen der Klimaforschung seit Jahrzehnten eine deutliche Sprache und erschreckend zugleich, wird doch darauf verwiesen, dass bereits heute schon die Zielmarke der Erderwärmung von 1,5°C bis 2030 nicht mehr realisierbar ist. Wenn nicht grundlegende Änderungen erfolgen, ist bis zum Jahr 2100 mit einer globalen Erwärmung von ca. 3,2°C zu rechnen (vgl. IPCC 2022, 4). Die zu erwartenden Folgen betreffen z.B. Ernteausfälle aufgrund zunehmender Dürreperioden (vgl. Thober et. al 2018; BLE 2017), zunehmende Überschwemmungen mit kriegerischen Konflikten um Rohstoffe sowie eine wachsende Fluchtbewegung (vgl. Nicholls et. al 2020). Die zunehmenden Hitzewellen haben in Deutschland zudem noch einen negativen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen in nicht-klimatisierten Bürogebäuden – Auswirkungen, die bislang in Gesundheitsbilanzen kaum erfasst werden (vgl. UBA 2019, 30f.). Auch das World Economic Forum (WEF) zieht in ihrem 18. Report zu den globalen Risiken eine nüchterne Bilanz. Danach lasse sich der Klimawandel nur noch über gemeinsame globale Anstrengungen abfedern, wobei aber von einem Vorbereitet-Sein keine Rede sein könne (vgl. WEF 2023. 8). Ein Ausrufezeichen war hingegen die 2021 eingereichte Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, nach welcher die Verschiebung hoher Emissionslasten auf Zeiträume nach 2030 als verfassungswidrig eingestuft wurde.[2] Allerdings ist die juristische Situation insgesamt schwierig, stehen doch Länder in der alleinigen Verantwortung (vgl. Epiney 2007), und sind Klagen auf Grundlage des Menschenrechts kaum wirksam.[3]

Davon abgesehen schafft es das Thema des Klimawandels allmählich auf die politische Agenda. So ist vonseiten der Berufsbildungspolitik der Aspekt Umweltschutz und Nachhaltigkeit als eine von vier neuen Standardberufsbildpositionen verabschiedet worden, deren Integration in die Ausbildungsordnungen aller anerkannter Ausbildungsberufe als Mindestanforderung zum 1. August 2021 verbindlich ist (vgl. BIBB 2022). Ob dies aber zu zeitnahen Veränderungen führt, ist fraglich, sind doch die bestehenden Ausbildungsordnungen davon nicht betroffen. Und so verbleibt es im Dafürhalten der Lehrkräfte, dem Bildungsauftrag der Berufsschule nachzukommen, der schon seit langem zur „Mitgestaltung der Arbeitswelt und Gesellschaft in sozialer, ökonomischer und ökologischer Verantwortung“ auffordert (KMK 2021, 14).

Fortschritte sind allerdings nicht gänzlich von der Hand zu weisen, werden doch seit Anfang der 2000er Jahre Modellversuche zur ‚Beruflichen Bildung für eine nachhaltige Entwicklung‘ gefördert (vgl. BIBB 2023). Hier finden sich zahlreiche curriculare Vorschläge, praktische Lernmaterialien, Aspekte zur Neugestaltung der Lernfelder u.a.m. Dennoch ist es bislang nicht gelungen, eine sichtbare Veränderung der beruflichen Bildungspraxis hervorzubringen (vgl. Kuhlmeier/Weber 2021, 434). Es fehlt die Einbindung in die Strukturen der Bildungspraxis sowie eine Grundsatzdiskurs über die Auswirkungen einer sich verändernden Arbeitswelt.

2 Ausgangsbedingungen für eine Theorie Beruflicher Bildung

Angesichts des Klimawandels entstehen gewaltige Transformationsleistungen, die eigentlich von einer nachhaltenden Selbstaufklärung und Vergewisserung gegenüber den noch gültigen Grundsätzen geprägt sein sollten (vgl. Klafki 2007, 16). Denn die zu erwartenden Veränderungen gehen in vielen Arbeitsbereichen mit tiefgreifenden Strukturveränderungen einher, was z.B. den Ausstieg aus der Kohlewirtschaft, der Einstieg in die Elektromobilität, den Einsatz nachhaltiger Rohstoffe in der Bauwirtschaft usw. betrifft. Ein derart tiefgreifender Wandel stellt die Berufsausbildung vor enorme Herausforderungen, weil es sich nicht bloß um eine Feinjustierung traditioneller Arbeits- und Geschäftsprozesse handelt, sondern um eine Neuausrichtung der grundlegenden Berufsverständigungen. Es geht daher nicht nur um die Frage der Kompetenzentwicklung, sondern um den dahinterliegenden Gedanken von Legitimation und grundlegender Sinnstiftung. Und eben dies wäre nun Aufgabe der Berufsbildungstheorie bzw. eines berufsbildungstheoretischen Grundsatzdiskurses, zu dem dieser Beitrag einen Anteil leisten möchte. Vorab wird aber zu klären sein, worin eigentlich die Schwierigkeiten eines solchen Anliegens liegen. Dies betrifft v.a. das Fehlen eines aktuellen Grundsatzdiskurses, dessen Ursachen darin gefunden werden, dass die Bedeutung der Berufsbildungstheorie vielerorts mit einer Art der historischen Abgeschlossenheit abgetan wird (Kapitel 2.1). Dem wird mit dem Argument der zeitgeschichtlichen Übergänge entgegnet (Kapitel 2.2), welche das Interesse an (berufs-)bildungstheoretischen Fragen erheblich beeinflusst. Und doch wird eingestanden, dass Anschlüsse an einen neu auszuformulierenden beruflichen Bildungsbegriff sich insbesondere an den allgemeinbildenden Diskurs werden orientieren müssen (Kapitel 2.3), finden sich doch hier zahlreiche Bildungsfiguren, welcher der Berufs- und Wirtschaftspädagogik weitgehend abhandengekommen sind.

2.1 Abgeschlossenheit

Die Suche nach berufsbildungstheoretischen Anschlüssen führt unweigerlich in die Historie. Hier findet sich der vermisste Fundus an Veröffentlichungen, deren zeitgeschichtliche Rahmen zunächst auf die sogenannten ‚Klassiker’ fällt, wie z.B. Georg Kerschensteiner, Eduard Spranger, Aloys Fischer oder Theodor Litt. Deren Leistungen werden in der Fachliteratur zwar umfassend gewürdigt, allerdings stets unter Bezugnahme auf ein zeitgeschichtlich abgeschlossenes Kapitel. So lässt sich durchaus von einem Narrativ sprechen, dass die historische Aufgabe der Klassiker darin bestanden habe, den Beruf auf das Podium der Menschenbildung zu heben, um so die Berufserziehung mit den Bildungsgedanken eines Wilhelm von Humboldts zu versöhnen (vgl. Arnold/Gonon/Müller 2016, 166ff.). Des Weiteren wird gewürdigt, dass die berufsbildungstheoretischen Schriften den geistigen Grundstein einer Wegbereitung legten, der „um 1930 zur Etablierung einer neuen Disziplin im Hochschulbereich“ geführt habe (Zabeck 2013, 515). Aber damit schließt dann auch das Kapitel „des Gegensatzes zwischen Allgemein- und Berufsbildung“ (Herkner 2015, 191). Alles Weitere liegt außerhalb der berufsbildungstheoretischen Reichweite, da ihre Protagonisten gegenüber den nun aufbrechenden zeitgeschichtlichen Modernisierungen „offenbar wenig […] zu sagen“ hatten (Arnold/Gonon/Müller 2016, 168). Dieser Zuschnitt verwischt jedoch die Ebenen zwischen der historischen und erkenntnistheoretischen Perspektive. Denn zweifelsohne lassen sich die Leistungen der Klassiker aus einem historischen Blickfeld als Wegbereiter der Berufsschule und auch der Berufs- und Wirtschaftspädagogik markieren, damit aber zugleich auch den Buchdeckel ihrer Schriften zu schließen, ist unverständlich. Schließlich handelt es sich nicht um punktuelle zeitgebundene Fragestellungen, sondern um grundsätzliche Einsichten zur beruflichen Bildung.

Betroffen macht auch der Verlust berufs- und wirtschaftspädagogischer Persönlichkeiten, oder wer kennt noch Anna Siemsen, Olga Essig, Karl-Heinz Geißler oder die Protagonisten vom ‚Bund Entschiedener Schulreformer‘, wie Paul Oestreich – ein kaum wieder gut zu machender Fehler eines sukzessiven Abbaus berufsbildungshistorischer Forschung (vgl. Stomporowski/Kipp 2003; Friese 2019).[4] Auffällig auch der argumentative Reduktionismus, insbesondere gegenüber komplexen berufsbildungstheoretischen Figuren, welche dann auf wenige, aber kräftige Schlagworte eingeengt werden. Selbst größere Publikationen, wie die von Jürgen Zabeck zur ‚Geschichte der Berufserziehung‘, verfangen in argumentativen Ausdünnungen, wenn beispielsweise die historische Leistung von Theodor Litt darin gesehen wird, „ausgewiesen zu haben, daß romantisierende berufsbildungstheoretische Reminiszenzen nicht dazu taugen, die Aufgaben einer pädagogisch verantwortlichen Berufserziehung im 20. Jahrhundert zu bestimmen“ (Zabeck 2013, 512). Immer mehr sind es nur fragmentarische Stichworte, mittels derer die umfassenden Werke der berufsbildungstheoretischen Historie ausgewiesen werden – knappe Zuschnitte, die „auf Kosten ihres Wahrheitsgehaltes und ihrer lebendigen Beziehung zu lebendigen Subjekten“ gehen (Adorno 1959, 176). Unterstrichen wird ein solcher Gedanke, wenn selbst von prominenter Seite die berufsbildungstheoretische Argumentation im Rahmen einer historischen Erinnerungskultur behandelt wird (vgl. z.B. Kaiser/Götzl 2020). Ebenso verwirrend ist der immer mal wieder vorgetragene Anschluss an Wolfgang Lempert und das Eintreten für eine kritisch-emanzipative Berufsbildungstheorie, dessen gedankliche Linienführung aber einer merkwürdig anachronistischen Rückbesinnung folgt (vgl. Büchter 2019, 15f.). Es bleibt der irritierende Eindruck einer historischen Abgeschlossenheit, welche der Berufsbildungstheorie insgesamt aufgetragen wird.

2.2 Übergänge

Dem Eindruck der Abgeschlossenheit soll nun entgegengehalten werden, dass sich im Grunde Fragen der Bildung aus dem pädagogischen Diskurs gar nicht ausklammern lassen. Zwar lässt sich durchaus von einem gewissen fachdisziplinären Desinteresse an der Thematisierung oder gar Entwicklung theoriebezogener Bildungskonzepte sprechen, doch sind auch in qualifikationsbezogenen Handlungsentwürfen Antworten auf die Frage der individuellen Ausgestaltung beruflicher Normbezüge zu finden. Denn immer enthalten Erziehungsprozesse Vorstellungen von der „Idee von Menschsein“, auch wenn diese in der Vorstellung berufsqualifizierender Teilhabemöglichkeiten verweilen (vgl. Frischmann 2012, 160). Es geht daher weniger um eine Legitimationsfrage als vielmehr um ein zur Sprache bringen – ein Prozess, der v.a. in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche traditionell an Gewicht gewinnt. So lassen sich schon immer historische Wellenbewegungen bildungstheoretischer Konzeptentwicklung erkennen, deren Ausmaß an die besondere historische Situation gebunden war. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich geht es doch um Verstehens- und Gestaltungsprozesse angesichts gesellschaftlicher Transformationsvorgänge. Aus diesem Grund lassen sich Bildungsbegriffe auch „nicht ohne weiteres in einen anderen geschichtlichen Horizont übertragen“ (Peukert 2015, 44), weshalb der Begriff der (beruflichen) Bildung als immer wiederkehrende Aufgabe zur Angelegenheit einer jeden Generation wird, sich ihrer besonderen zeitgeschichtlichen Lage zu vergewissern – eine Aufgabe, die sich die Herausgeber dieser bwp@-Sonderausgabe ja selbstbewusst stellen. Um nun mit Nachdruck auf die Bedeutung einer Wiederbelebung des berufsbildungstheoretischen Diskurses aufmerksam zu machen, soll in kurzen historischen Streifzügen dargelegt werden, dass die (berufliche) Bildungsdebatte v.a. in Zeiten gesellschaftliche Umbruchsituationen an Bedeutung gewann und sich deren Figuration entsprechend unterschiedlich auflud.

Wilhelm von Humboldt im Übergang zum Liberalismus

Der Standort, von dem aus Wilhelm von Humboldt seine bildungstheoretischen Fragmente verfasst hat, fällt in die Zeit des aufblühenden Liberalismus. Als ‚Reisender‘ und in der Verantwortung verschiedener politischer Ämter inhaliert er quasi die verschiedenen politischen Freiheitsbestrebungen sowie die aufbrechende kulturelle Vielfalt, welche er in seine bildungstheoretischen Schriften verarbeitet. Ins Zentrum rückt Humboldt die individuelle Persönlichkeit jedes Menschen und eine daran orientierte Kräfteentfaltung. Es ist die Geburtsstunde des Bürgertums, einer völlig neuen gesellschaftlichen Schicht, deren Folie von Goethe, Schiller u.a. Schriftstellern beschrieben wird. In dieser Gesellschaft befindet sich auch Humboldt, der den Übergang in den Liberalismus aus bildungstheoretischer Perspektive beschreibt. Entsprechend findet er deutliche Worte, wenn er die Einmischung des Staates kritisiert, die „das freie Spiel der Kräfte hemmt“ (Humboldt 1792a, 85f.). Diese Kräfte sind die des einzelnen Menschen, die Humboldt bildungstheoretisch wendet und die er von jeglicher Einmischung zu befreien versucht. Darunter fällt dann auch die Prinzipienlehre von Immanuel Kant, da hier, so Humboldt, die Frage der Sittlichkeit in keinerlei Zusammenhang zur Entwicklungsfähigkeit des Menschen steht. Angeregt durch die vielseitigen kulturellen Veränderungen schlussfolgert Humboldt, dass es, wie er immer wieder betont, diese Mannigfaltigkeit ist, die den Menschen „reicher, lebendiger, kraftvoller, fruchtbarer“ macht (eine zugleich auch deutliche Kritik an den bestehenden politischen Verhältnissen; Humboldt 1795, 85; vgl. auch: Gall 2011). So ist alles, was den Menschen in fremdbestimmter Abhängigkeit hält, eben nicht bildend, wie z.B. die banalen „Bedürfnisse des Lebens“ oder die Berufserziehung der zweckgebundenen Arbeitswelt (Humboldt 1809, 134). Es verbleibt ein Bildungsideal, das weder das Besondere dem Allgemeinen opfert, noch die Individualität dem Zweckrationalismus der Alltagswirklichkeit preisgibt, sondern „umgekehrt das Allgemeine im Besonderen zur Vervollkommnung“ bringt (Casale 2022, 132). Vereinfacht ausgedrückt geht es um die Aneignung des liberalistischen Aufzuges der Freiheit, über welche die lebendige Kraft im Menschen entzündbar wird und in welcher der Obrigkeitsstaat zugleich an Einfluss verliert. Denn unter freien Menschen gewinnen „alle Gewerbe bessern Fortgang [und blühen] alle Künste schöner auf“ (Humboldt 1792b, 103; auch: Humboldt 1792a, 78). Mit Humboldt erfährt der Bildungsbegriff seine ersten festen Konturen, deren Leitplanke im Begriff der Freiheit eingeschlagen wird. Denn „Freiheit ist die notwendige Bedingung, ohne welche selbst das seelenvollste Geschäft keine heilsamen Wirkungen dieser Art hervor zu bringen vermag. Was nicht vom Menschen selbst gewählt, worin er auch nur eingeschränkt und geleitet wird, das geht nicht in sein Wesen über […] das verrichtet er nicht eigentlich mit menschlicher Kraft, sondern mit mechanischer Fertigkeit“ (Humboldt 1852, 22). Es ist diese Bewegung zur Freiheit hin, die sich politisch im Übergang zum Liberalismus um 1800 abzeichnet und die den Bildungsbegriff von Humboldt nachhaltig prägt. Ins Zentrum rückt der freie Mensch, der nun zur Formung der eigenen Persönlichkeit aufgefordert ist. Diese Bewegung der Selbstbestimmtheit widerspricht aber dem Zweckrationalismus der bloßen Arbeitswelt, weshalb jede Form der Berufserziehung der Zugang zum Tempel der Bildung versperrt bleibt.[5]

Georg Kerschensteiner im Übergang zum Nationalismus

Georg Kerschensteiner zählt zu den Gründungsvätern der Berufsbildungstheorie.[6] Sein Wirken und Schaffen vollzog sich im Zeitalter des Übergangs vom Liberalismus zum aufbrechenden Nationalismus. Hinzu kamen Auflösungstendenzen liberaler Grundüberzeugungen im neuen Nationalstaat sowie eine „Epoche tief einschneidender und deshalb für viele millionenfach empfundener schmerzhafter Veränderungen, [was] optimale Bedingungen für das Vordringen von Ideologien schuf“ (Winkel 2008, 1066). Von Eduard Spranger als letzter großer Liberal-Demokrat „süddeutscher Färbung“ bezeichnet (Spranger 1972, 409), verwebt Kerschensteiner sein Ziel der sittlich freien Persönlichkeit mit Aspekten der praktischen Berufsarbeit – eine deutliche Kritik an Wilhelm von Humboldt. Zwar übernimmt er Humboldts Aspekte der Individualität und Totalität, doch erweitert er sie nicht in Richtung von Universalität, sondern markiert die Sozialität (vgl. Kerschensteiner 1928, 40f; 89) und Aktivität (vgl. Kerschensteiner 1933, 41f.). Dieser entscheidende Bruch mit Humboldt stellt nun die handelnde Praxis und v.a. den Beruf in eine völlig veränderte Sichtweise. Denn alles Wertvolle, all „die große Zahl der Ideen, die lediglich von außen zufliegen, haben, wenn sie nicht eine tiefere, aus praktischer Erfahrung zurückgelassene Empfindung vorfinden, mit der sie sich verschmelzen können, […] nicht die geringste bildende Kraft für unser Wesen“ (Kerschensteiner 1904, 96). Und so steht dann auch die Berufsbildung an der Pforte zur Menschenbildung, weshalb die „wahre Bildung […] auf dem Boden der Arbeit“ fruchtet (Kerschensteiner 1904, 103). Sehr anschaulich formuliert es Kerschensteiner, wenn er mit Blick auf den Lernerfolg schreibt: „Die mit Wissensstoffen schön patinierten dreizehnjährigen Kinderköpfe erschienen bei der Revision am Ende des sechszehnten Lebensjahres wie blank polierte hohle Kupferkessel. Die Patina war eine unechte, und drei Jahre Wind und Wetter des praktischen Lebens genügten, sie zu zerstören“ (Kerschensteiner 1954, 42f.). Kerschensteiners Blick auf den Wert der bildenden Praxis führt nun hinüber zur staatsbürgerlichen Erziehung, weil so die zur sittlichen Persönlichkeit werdende Bildungsarbeit „ihre Wellenkreise in die Gemeinschaft hinaussendet“ (Kerschensteiner 1928, 27). Gemeint ist ein sittliches Bewusstsein, das gerade wegen der Praxisnähe sich zur „Versittlichung der Gemeinschaft“ aufgefordert sieht und „nicht bloß die Bildung des Einzelnen“ meint (Kerschensteiner 2028, 215). Kerschensteiner formuliert seinen Gedanken zur staatsbürgerlichen Erziehung in gewisser Weise als deutliche Kritik an Humboldts Idee der Menschenbildung, da diese die Bedürfnisse des Lebens als nicht bildsam absondert und allein den Selbstformungsprozess betont (vgl. Humboldt 1809, 134). Im Gegensatz dazu hebt Kerschensteiner in gewiss provokanter Entgegnung zu Humboldt den „brauchbaren Staatsbürger“ hervor, wenn er schreibt: „Dagegen kann selbst die Arbeit eines Straßenkehrers sittlichen Wert annehmen, wenn sie vollzogen wird im Bewußtsein der Notwendigkeit dieser Arbeit für die Gesamtheit“ (Kerschensteiner 1955, 13).

Im Übergang zum Nationalismus wendet sich Kerschensteiner deutlich gegen eine „nationalistische Gesinnung“ und hält dem die „Idee der Gerechtigkeit“ im Staatswesen entgegen (Kerschensteiner 1910/1966, 45). Ihm ist es letztlich zu verdanken, dass sich eine deutliche Wendung hinüber zu einem grundlegenden Verständnis beruflicher Bildung vollzieht. Damit entrückt er vom Erbe Humboldts, dessen Ideale Kerschensteiner aber nicht vollständig aufgibt. Vielmehr ist es ein Anheben der Berufsarbeit aufs Podium des allgemeinen Bildungsideals, das zudem noch offenen Bezüge eines Demokratisierungsverständnisses enthält. Ausgeblendet bleiben aber auch bei ihm die Gruppe der An- und Ungelernten.[7]

Theodor Litt, Wolfgang Blankertz, Wolfgang Lempert und die Übergänge zur Demokratie

Auf der berufspädagogischen Tagung in Halle formuliert Theodor Litt 1946 sehr anschaulich, vor welcher Aufgabe im Nachklang von Auschwitz die Pädagogik insgesamt steht:

„Wir haben nicht eine Bildung, die wir auf junge hungernde Menschen übertragen können, sondern sind auf den Nullpunkt zurückgeworfen, von dem aus Bildung gesucht werden muß, auch von uns alten Menschen. […] Wir müssen feststellen: Als eine lebensschützende Macht hat sich die deutsche Bildung in den letzten Krisenjahren nicht erwiesen“ (Litt 1947, 12).

Es wird nun zur Aufgabe der „zweiten“ Generation[8], neue Wege zu gehen und die Berufsbildungstheorie stärker politisch auszurichten. Beispiele dafür sind die Arbeiten von Wolfgang Lempert, Herwig Blankertz, Karl Heinz Geißler, Anna Siemsen, Gisela Stütz, aber auch Theodor Litt u.a., deren gemeinsamer Nenner die „Verwirklichung demokratischer Freiheits- und Gleichheitsrechte“ ist (Lempert 1974, 8). Der erziehungswissenschaftliche Diskurs kam nicht umhin, politische Markierungslinien ins Pädagogische einzutragen, um der von Adorno vorgehaltenen Forderung an die Pädagogik, „daß Ausschwitz nicht noch einmal sei“, nachkommen zu können (Adorno 1966, 88). Die Kritik an den Klassikern fällt nicht selten vernichtend aus, wogegen die nun sichtbar werdende Hinwendung zur Frage der Demokratie vergleichsweise harmonisch verläuft (z.B. Lempert 1974; Litt 1958a; Spranger 1958).[9] In der Kritik stand nun selbst Georg Kerschensteiner, dessen Idee von der Arbeitsschule Theodor Litt als unzulänglich in der pädagogischen Grundauffassung moniert, zumal dieser die Probleme der industrialisierten Gesellschaft eben doch zugunsten eines davon losgelösten Kulturbegriffes faktisch ausklammert (vgl. Litt 1959a, 71f.). Aus einer ideologiekritischen Perspektive bewertet hingegen Gisela Stütz die Idee der staatsbürgerlichen Erziehung als eine Überlistung ihrer Zöglinge, da nicht etwa Aufklärung und Selbstbestimmung des Menschen im Zentrum steht, sondern der angepasste Mensch (vgl. Stütz 1970, 41). Insgesamt fiel die Kritik nach 1945 nicht nur an Kerschensteiner, sondern überhaupt an den Altvorderen recht deutlich aus.

Ins Zentrum rücken nun die Begriffe Ideologiekritik und Emanzipation, wohingegen der Humanitätsgedanke weiterhin das bildungstheoretische Bindeglied bleibt.[10] Das politische Interesse der Demokratieentwicklung verbleibt im Zentrum und wird v.a. von Herwig Blankertz (1969b, 153) und Wolfgang Lempert (1974, 24), aber auch als selbstkritische Diskursbewegung im Zusammenhang kommunikativer Kompetenzen von Karlheiz Geißler (1974, 86) in den berufs- und wirtschaftspädagogischen Diskurs eingebracht. Die bildungsbezogenen Apostrophierungen zeigen sich indes recht unterschiedlich, was sich besonders bei Theodor Litt nachzeichnen lässt. Denn anders als seine Zeitgenossen geht es ihm in traditionell anthropologischer Perspektive um Formen der Selbstbesinnung, deren kritische Reflexionsfigur „nicht den Angriffsabsichten eines von außen heranrückenden Gegners“ gilt, sondern der eigenen Fehlbarkeit geschuldet ist (vgl. Litt 1958b, 146). Bei Theodor Litt verschlingen sich philosophische, pädagogische und auch politische Gedanken, in deren Zusammenschau er keinen nach außen gerichteten Kritikbegriff ausbuchstabiert, sondern auf die eigene Selbstgefährdung und eine damit verbundene Aufforderung nach einer nach innen gerichteten Wachsamkeit aufmerksam macht (vgl. Litt 1959a,  146).[11] Wolfgang Lempert ist hingegen interdisziplinärer orientiert, wenn er in verschiedenen Forschungsprojekten nach den Sozialisationsbedingungen junger Auszubildender fragt. Ihm geht es um berufliche Demokratisierungsprozesse, um den „Betrieb als ‚moralische Anstalt‘“, zu dessen Realisierung Wolfgang Lempert z.B. auf die Moraltheorie von Lawrence Kohlberg zurückgreift (Lempert 1980, 90).

Mit den 1960er Jahren erweitert sich der fachdisziplinäre Standort erheblich. Die dominierende Stellung der oft philosophisch-kulturtheoretischen Betrachtung führt nun hinüber in soziologische, psychologische, kommunikations- und sozialisationstheoretische Perspektiven. Ins Zentrum der beruflichen Bildung rückt die „freigesetzte Subjektivität“, wobei Mündigkeit und Emanzipation (sowie heute kaum noch beachtet Mobilität) zu neuen starken Begriffsfiguren emporsteigen (vgl. Blankertz 1969a, 41).

* * *

Die Streifzüge in die Historie sollen hier nun enden, zumal sich mit der wachsenden interdisziplinären Perspektivverschränkung bereits Anfang der 1970er Jahre das (vorläufige) Ende der umfassenden beruflichen Bildungsdebatte ankündigt. Im Zentrum der Kritik steht nun die zunehmende Entrückung vom eigentlich qualifikationsbezogenen Aufgabenfeld, weshalb im Fokus eines zunächst systemtheoretischen Aufschlages die Funktionalität des Berufssystems ins berufs- und wirtschaftspädagogische Aufgabenfeld zurückgeholt wird.[12] An Stelle gesellschaftskritischer Bildungs-Momente rückt die Berufs-Qualifikation, da der nach Ansicht von Jürgen Zabeck der eigentliche Sinn der Berufs- und Wirtschaftspädagogik in der Integration des Menschen in die arbeitsteilig organisierte Gesellschaft liege. Schlussendlich stehe die berufliche Qualifikation im Vordergrund, weshalb ein Mensch so auszubilden sei, „daß seine Funktionsfähigkeit während seiner prospektiven Berufstätigkeit gewahrt bleibt!“ (Zabeck 1975, 231, 233). Es ist der Blick ins Innere der qualifikationsbezogenen Aufgabenstellung, bei der ein Aufzeigen umfassender berufsbildungstheoretischer Argumentationshintergründe als nicht notwendig erachtet wird (vgl. Zabeck 2013, 698f; Arnold et. al 2016, 178f.).[13] Und so verwundert es nicht, wenn nun curricular und didaktisch ausbuchstabierte Perspektiven die berufs- und wirtschaftspädagogische Debatte dominieren.[14] Den Schlussstrich beruflicher Bildungsdiskurse begründet etwas ungewöhnlich Jürgen Zabeck wie folgt: „Schon in den 1970er Jahren zeichnet sich deutlich ab, daß die den Beruf einzubeziehenden bildungstheoretischen Gedankenspiele Blankertz angesichts des relativ stabilen sozialen und ökonomischen Bedingungsgefüges, in das das reale Versorgungshandeln eingebettet war, keine praktische berufserzieherische Bedeutung würde erlangen können“ (Zabeck 2013, 722).[15] In den 1980er Jahren verschwindet der berufsbildungstheoretische Diskurs beinahe vollständig. Größere Publikationen, wie z.B. von Christian Mayer über die Berufsbildungstheorie in den Linien von Wilhelms, Pestalozzi und Weinstock sind zumeist historisch-rekonstruktiv geprägt und bleiben die Ausnahme (vgl. Mayer 2000). Diese Schwäche wird zwar kritisiert, nicht aber korrigiert (z.B. Ott 1997, 33; Kutscha 2009; Unger 2014, Ketschau 2018, 86; Pukas 2020). So verwundert es nicht, wenn Franz Kaiser und Thilo J. Ketschau zum Ergebnis kommen, dass „die Suche nach dem Sinn und Beitrag, welche das berufliche Handeln zum gesellschaftlichen Wohlstand in sich birgt, nicht mehr Teil der beruflichen Bildung zu sein scheint“ (Kaiser/Ketschau 2019, 15)[16]. Verantwortlich ist die in den 1980er Jahren einsetzende arbeitsorientierte Wende, in deren Folge sich die berufswissenschaftliche Aufmerksamkeit zunehmend in Richtung der „Entschlüsselung des in der praktischen Berufsarbeit inkorporierten Wissens und Könnens“ verschiebt (Rauner 2004, 279). Dieser Entwicklung kann zwar viel Gutes abgewonnen werden, führt sie immerhin ins Zentrum der Berufsarbeit, doch folgen nach der ersten umfangreicheren Lernfelddebatte kaum noch tiefergehende Grundsatzdiskurse (vgl. Becker/Spöttl 2021, 7; Kaiser/Ketschau 2019, 13).[17] Was bleibt, das ist der unbeschriebene Weg in eine neue Zeitepoche, in der zunächst die Globalisierung und dann die spürbaren Veränderungen des weltweiten Klimas eine historische Zäsur ankündigen.   

2.3 Anschlüsse

Bei der Suche nach berufsbildungstheoretischen Anschlüssen wird man nicht umhinkommen, auf Veröffentlichung im Bereich der Allgemeinbildung zurückzugreifen. Denn im Unterschied zur Berufs- und Wirtschaftspädagogik existiert hier ein breit ausgetragener, fast unübersichtlicher Diskurs. Doch trotz oder gerade wegen der guten Quellenlage besteht in Sachen Bildung vor allem Uneinigkeit. Zwar lässt sich als innerer Kern der Humanitätsgedanke ausweisen, doch folgen dem unterschiedliche Vorstellungen der Auslegung (vgl. Wulf 1984, 65).[18] Dies gilt ebenso für die Kernbegriffe der Mündigkeit (s. z.B. Rieger-Ladich 2002; Dammer/Wortmann 2014), der Kritik (s. z.B. Jaeggi/Wesche 2021) und der Emanzipation (s. z.B. Dietrich/Müller 2000). So ist zwar das Füllhorn des bildungstheoretischen Diskurses reich gefüllt, doch handelt es sich insgesamt um eine vielstimmige Gemengelage, was Heinz-Elmar Tenroth zu dem Ergebnis kommen lässt, dass „die Rede von Bildung sich als eine eher ungeordnete als klar strukturierte Vielfalt von Themen und Argumenten präsentiert“ (Tenorth 2020, 507). Wie auch immer man dieses Feld bewerten mag, das Betreten dieser vielstimmigen Gemengelage birgt in jedem Fall die Gefahr, die zahlreichen erkenntnistheoretischen Fäden aus dem Blick zu verlieren. Insofern ist es ein gewisses Wagnis, weil die Spurensuche im Labyrinth bildungstheoretischer Figurationen nicht nur unübersichtlich ist, sondern zugleich auch ein Politikum. Denn immer geht es auch „um die Deutungshoheit eines disziplinübergreifenden Diskurses“ (Rieger-Ladich 2019, 19). Und so münden Fehltritte gern auch mal in einem abqualifizierenden „Lächeln der Zunft“ (Ricken 2006, 20).

Grundsätzlich besteht also die Schwierigkeit eines berufsbildungstheoretischen Neuaufschlages darin, einerseits an ein scheinbar abgeschlossenes Kapitel der Berufsbildungstheorie anschließen zu müssen, um dann andererseits aus dem Stimmengewirr der Allgemeinbildung gut begründete bildungstheoretische Entwicklungslinien ins Feld der beruflichen Bildung hinüberzuführen. Hinzu tritt das Problem der Interpretationsfreude gegenüber den Klassikern der Bildungstheorie. So existiert bereits eine Vielzahl an Darlegungen zum Höhlengleichnis, was dessen berufsbildungstheoretischen Rückgriff erheblich verunsichert (s. z.B. Reichenbach 2007, 47; Döpinghaus et. al 201; Rieger-Ladich 2019). Oder man hält es mit den Bildungsskeptikern, deren Argumentationslinien groteskerweise oft selbst in bildungstheoretische Wendungen einmünden. Was sonst präsentiert Norbert Ricken in seiner „Ordnung der Bildung“, dessen Bildung als Matrix der Subjektivierung keine Entfremdung vom Bildungsbegriff markiert, sondern nur eine weitere bildungstheoretische Figuration zum Vorschein bringt (vgl. Ricken 2006). Vor diesem Hintergrund steht der berufsbildungstheoretische Diskurs vor vielerlei Aufgaben. Zum einen sind Anschlüsse aus dem weitumfassenden Gebiet der Allgemeinbildung durchaus spannend wie notwendig, auch wenn die Diskursvielfalt durchaus Entmutigungstendenzen besitzt.[19] Zum anderen führt kein Weg an den berufsbildungstheoretischen ‚Klassikern‘ vorbei. Denn es ist nicht nur ihr Verdienst, den Beruf aufs Podium der Menschenbildung gehoben zu haben, es sind auch Grundsatzfragen geklärt, deren Ausstaffierungen bereits wertvolle Aspekte zu Fragen der Anthropologie, Kulturtheorie u.ä. enthalten. Dies gilt ebenso für den berufsbildungstheoretischen Diskurs der Nachkriegszeit, der hinüberführt zu neuen Kernbegriffen, wie Mündigkeit, Emanzipation, Kritik – Aufschläge, die nun in die aktuelle Klimadiskussion einzubringen sind.

3 Berufsbildungstheoretische Fußspuren

In knappen Zügen sollen hier nun erste Fußspuren einer derzeit in Arbeit befindlichen Publikation kritisch-ökologischen Berufsbildungstheorie hinterlegt werden. Die besondere Perspektive gilt den klimabezogenen Veränderungen, welche die berufliche Arbeitswelt nachhaltig beeinflusst und so auch die Lehrerbildung vor neue Herausforderungen stellt. Und diese betreffen das didaktische Zentrum, in welchem sich die beruflichen Handlungskompetenzen mit ihren typischen Arbeits- und Geschäftsprozesse befinden. Von dort aus begründen und entfalten sich die weiteren Lehr-Lernprozesse, welche dann, getragen von der betrieblichen Praxis, die berufliche Identifikation hinterlegen (vgl. Herkner/Pahl 2020, 200f; Euler 2020, 206). Bildungsvorhaben, die eine solche praxisbezogene Sicht ablehnen, werden von John Erpenbeck und Werner Sauter als „seminaristische, fremdgesteuerte Lehrkonzepte“ zurückgewiesen (Erpenbeck/Sauter 2020, 187). Dem entgegnet Dieter Euler, ob denn allein über den engen Praxisbezug die so zu erwerbenden Kompetenzen überhaupt erstrebenswert seien. Daher bedürfe es ein „mit der Kompetenzorientierung verbundenes Bildungsverständnis“, zumal Kompetenzen zwar wertoffen seien, „zugleich aber normativ begründungs- und bestimmungsbedürftig“ (Euler 2020, 210). Eine solche Begründung wäre nun im Bereich der Berufsbildungstheorie zu finden, deren historische Aufschläge aber ungeeignet scheinen. So wendet sich Dieter Euler gewissermaßen hilflos der Allgemeinbildung zu, indem er auf den Bildungsgedanken bei Wolfgang Klafki verweist.[20] Doch solange die Projektionsflächen beruflicher Bildung lediglich den Radius der betrieblichen Arbeitsprozesse umfassen, werden Fragen nach der Bedeutsamkeit der zu erwerbenden Kompetenzen auch nur innerhalb dieser Grenzen beantwortet werden können. Ökologisches Verhalten meint in diesem Zusammenhang daher lediglich das Einhalten von betrieblichen Umweltschutzmaßnahmen, wie z.B. der sachgerechte Umgang mit Reinigungsmitteln, Laborchemikalien u.ä. Völlig unklar bleibt der Umgang mit den umweltbezogenen Handlungsfolgen, deren ökologische Einträge weit außerhalb des betrieblichen Handlungsbereiches liegen. Das Überschreiten der betrieblich orientierten Arbeits- und Geschäftsprozesse kann also nicht ausbleiben, geht es doch um ein erweitertes Verständnis von beruflicher Arbeit, das sich selbstbewusst den fortschreitenden Auswirkungen des Klimawandels entgegenstellt. Und das wird nur in einer (selbst-)kritisch-ökologischen Perspektive gelingen. Um diese nun in einen beruflichen Bildungsbegriff einzutragen, werden folgende vier Handlungsebenen einer verantwortungsethischen Position angesprochen:

  • Die moraltheoretische Begründung: Das Mitleid
  • Die anerkennungstheoretische Forderung: Der Andere
  • Die wissenstheoretische Dimension: Die Aufklärung
  • Der reflexionstheoretische Appel: Die immanente Kritik

3.1 Mitleid und Mitgefühl

Als Klima wird der mittlere Zustand der Atmosphäre bezeichnet, dessen Veränderungen über ein komplexes Ineinanderwirken verschiedener ökologischer Vorkommnisse über einen längeren Zeitraum erfolgt, dann aber Situationen von hoher Beständigkeit hervorruft, deren Auswirkungen in sehr umfänglicher Form als lokale Wetterphänomene spürbar werden (vgl. UBA 2021). Und diese können erhebliche Schäden und Verwüstungen hervorrufen und zu einem enormen Maß an menschlichen Tragödien führen. Die Wucht dieser Naturkatastrophen trifft mittlerweile jede Region der Erde und kostet jährlich vielen Menschen das Leben. Hinzu kommen Sachschäden, die die Münchener Rückversicherung für das Jahr 2022 auf weltweit 280 Milliarden Dollar beziffert (vgl. MR 2023). Nun ist es allerdings nicht so, dass der Klimawandel ein unbekanntes Phänomen ist, vor dessen Auswirkung wir staunend erstarren. Es ist auch nicht ein Mangel an Expertise, dessen fehlende Informationen uns unmündig halten. Vielmehr ist es das Phänomen selbst, das als globales Naturereignis zu lokalen Katastrophen führt, deren Bewältigung den Menschen vor einer immer größer werdenden Herausforderung stellt. Und doch erstaunt die Hilfsbereitschaft der Menschen, wie das Beispiel der Überflutung des Ahrtals im Juli 2022 zeigt. Was hier zum Ausdruck kommt, das lässt sich vielleicht noch am ehesten mit emotionaler Betroffenheit beschreiben – ein Erregungszustand, der Bildungstheorien ein eher unbekanntes Thema ist. Eine Ausnahme ist Aloys Fischer, der in ‚Erziehung als Beruf‘ (vgl. Fischer 1922) vor einer wachsenden Rationalisierung der Gesellschaft warnt, welcher die innere Wärme fehle.[21] Ihm geht es um ein Gegengewicht zur rein intellektuellen Bildungsarbeit, die den Gemütszustand und auch das Werteerlebnis nicht wirkliche berühre (vgl. Röhrs 1953, 93). Davon abgesehen erstaunt das Ausklammern von Emotionen, wird doch die Idee der Bildung mit „allen Grunddimensionen menschlicher Interessen und Fähigkeiten“ verbunden (Klafki 2007, 54) und steht doch der Erregungszustand der „Kräfteweckung“ (Humboldt 1793/2017, 6) im Zentrum.[22] Dieser Zustand ist das Ergebnis fehlender Interdisziplinarität, denn die Thematik der Emotionalität ist v.a. ein Gegenstand der Psychologie und Neurobiologie. So bemerkt der Neurowissenschaftler Antonio Damasio zur Bedeutung von Emotionalität an, dass diese beim Aufbau des bewussten Geistes eine bemerkenswerte Rolle spielt, weil Emotionen die zentrale Voraussetzung bilden, um Erlebnisse mit einem besonderen Wert auszustaffieren (vgl. Damasio 2011, 220). Dies nun soll hinüberführen zu Arthur Schopenhauer, der in seinen ‚Grundlagen der Moral‘ nach Kriterien Ausschau hält, welche nicht bloß von egoistischer Natur sind.[23]

Arthur Schopenhauer zählt Mitleid zu den drei Grund-Triebfedern menschlichen Handelns, das aber anders als der Egoismus und die Bosheit auf „das fremde Wohl“ gerichtet ist und die im Menschen angelegten Kardinaltugenden von Gerechtigkeit und Menschenliebe hervorbringt (Schopenhauer 1860/2007, 108). Aufschlussreich sind seine Beobachtungen des Erregungszustandes, da sich dieser frei von aller Beimischung zeigt und daher auch nicht getrübt ist von Religion, Dogma, Mythos, Erziehung oder Bildung. Es ist eine befreite Gefühlsregung, die sich uneigennützig „als eine Schutzwehr vor den Anderen stellt“, weshalb Arthur Schopenhauer Mitleid als die „wahre moralische Grundtriebfeder“ bezeichnet (Schopenhauer 1860/2007, 111f., 135).[24] Weiterhin ist Mitleid die einzige Moralität, „der sich eine reale, ja ausgedehnte Wirksamkeit nachrühmen läßt“. Denn sie berührt den Menschen nicht bloß, sondern setzt Handlungsbereitschaft frei. Hinzu kommt das Unmittelbare des Mitleids – eine spontane Gefühlsregung, die keinen Unterschied zwischen arm und reich macht und den Urzustand von Gerechtigkeit und Gleichheit freisetzt (vgl. Schopenhauer 1860/2007, 132).

Für die Aufladung des beruflichen Bildungsbegriffes zeigen sich sehr spannende Züge:

  • Mitleid als emotionale Berührung überführt die Abstraktheit des Klimawandels in eine solidarische Haltung, indem die Anteilnahme zur gemeinsamen Darstellungsfläche wird.
  • Mitleid als emotionale Erregung fließt in Handlungsbereitschaft über und wendet den Blick auf komplexere Sachzusammenhänge.
  • Mitleid als emotionale Zuwendung signalisiert Kommunikationsbereitschaft, die sich in ihrem ersten Aufschlag noch vorurteilsfrei zeigt.
  • Mitleid als emotionales Entsetzen stellt die Frage nach dem, was grundsätzlich als gerecht zu bezeichnen ist.

Mitleid setzt also Moralität frei, die nicht als kategorisches Prinzip oder als politischer Anlass hervortritt, sondern als emotionaler Augenblick eines Gerechtigkeitsempfindens. Es ist allein der Augenblick, der berührt, der als ungerecht empfunden wird und der nun ein weiteres wichtiges Moment für den beruflichen Bildungsgedanken öffnet:

  • Mitleid als emotionale Irritation, als Anlass, Fragen zu stellen.

Es ist dieser weitere Gedanke, der für die Aufladung des beruflichen Bildungsbegriffes insbesondere im Blickfeld des Klimawandels so entscheidend ist – eine aus der freigesetzten inneren Unruhe resultierenden Empfindung, Fragen stellen zu müssen, um der spontan erwachsenen Ungerechtigkeit auf die Spur kommen zu können. Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass Unterricht überhaupt erst bedeutsam wird, wenn die Schülerinnen und Schüler aus eigenem Impuls Fragen stellen und damit die gestellte Thematik an ihre eigene Person zurückbinden. Was dem aber folgt, das beschreibt nun ausgerechnet Friedrich Nietzsche, der in vielen seiner Schriften Mitleid immer wieder kritisiert. So sei Mitleid leer und fruchtlos, da es bloß auf Schmerzempfinden abstelle. Und so kippe Mitleid in Narzissmus, werde instrumentalisiert und zur „Religion des Mitleidens“ erhoben, deren hohler Zweck es sei, sich der Trauer anderer aus Selbstsucht anzueignen. Doch Nietzsche stellt hier im Unterschied zu Schopenhauer v.a. auf die seinerzeit übliche pastorale Vereinnahmung einer christlichen Grundtugend ab, bei der Mitleid als Instrument der Bekehrung galt. Deshalb vermerkt Nietzsche, dass ein wahres Interesse am Zustand und an der Überwindung des Leides als ein durchaus erhellendes und wertvolles Motiv auszuweisen ist – ein Gedanke, den Nietzsche in seiner üblichen Rhetorik zur „Mit-Freude“ wendet (Nietzsche 1954, 201; auch Nietzsche 2011, 130, 144f.).[25]

Das Hervorrufen, Zulassen, Eingehen und Besprechen von Mitleid sollte im Blickfeld des Klimawandels eine besondere Bedeutung beigemessen werden oder wie es Jürgen Deuschle und Marco Sonnberger es treffend formulieren, „mehr Reflexion, mehr Gefühl, weniger (instrumenteller) Verstand“ (vgl. Deuschle/Sonnberger 2009, 25). Denn das Leid, das Umweltkatastrophen hervorruft, darf und muss auch berühren, um Anteilnahme hervorzubringen. Es ist die Grundlage für eine emotionale Färbung von Ereignissen, die uns prägen und die uns im Inneren beschäftigen. Solche Augenblicke des Mitleids sind in gewisser Weise das Gegenstück zur rationalistischen Suche kausaler Wirkungsketten, weshalb Reflexionsbemühungen in eben jenen Irritationen ihre Wurzeln haben. Und weiter, Mitleid führt an Humanität heran, da es uns das Menschliche näherbringt.  

3.2 Der Andere und der Fremde

Der Klimawandel ist ungerecht. Diese nüchterne Aussage lässt sich problemlos als Schlussstrich unter den Ergebnissen des Weltklimarates ziehen. Die industriestarken Länder, die die Hauptverursacher des Klimawandels sind, stellen staatliche Hilfeleistungen zur Verfügung, um Dämme zu bauen, Brände zu löschen u.a.m. Entwicklungsländer können dies nicht, leiden aber unter den Klimaveränderungen erheblich mehr (vgl. IPCC 2019a; IPCC 2019b).[26] Allen Katastrophen ist jedoch eins gemein: eine hohe mediale Aufmerksamkeit. Und diese ist im besonderen Maße auf die Darstellung der betroffenen Menschen gerichtet, um das Leid in den Gesichtern im Augenblick des Elends abzulichten. Beim Zuschauer entsteht so ein Raum für Identifikation, wodurch die Möglichkeit der eigenen Verletzlichkeit in Erinnerung gerufen wird. Das Sichtbarmachen fremden Leides holt den Betrachter aus seinem Ort selbstversunkener Moralität heraus, weil mich der Andere in mir selbst berührt (vgl. Butler 2018, 179f.). Doch es ist nicht nur Mitleid, das emporsteigt, sondern auch die Frage der Mitschuld. Schließlich ist der globale Klimawandel vom Menschen verursacht, weshalb die darin enthaltene verantwortungsethische Perspektive auf eine Moralität abstellt, die auf ein Tun zurückgebunden ist, „in der die Folgen des Handelns von Bedeutung sind“ (Butler 2018, 144). Es ist die Abkehr vom moralischen Narzissmus eines prinzipientreuen Kantianismus[27] und die Hinwendung zur Verantwortungsethik, wie sie von Max Weber, Hans Jonas u.a. ausbuchstabiert wurden. Und diese präsentiert sich v.a. bei Hans Jonas als ein erster ökologischer Aufschlag, in welchem der Mensch mit den Gefahren seiner gestiegenen Verfügungsmöglichkeiten über die Natur konfrontiert wird: „Macht und Gefahr machen Pflicht offenbar, die durch die wahlentzogene Solidarität mit dem Übrigen sich auch ohne besondere Zustimmung vom eigenen Sein auf das allgemeine erstreckt“ (Jonas 2003, 248). Doch gerade in der Frage der Mitschuld bzw. Mitverantwortung am Klimawandel scheint das ‚Prinzip der Verantwortung‘ zu scheitern. Denn eine solche Verantwortlichkeit spricht den Einzelnen in erster Linie auf der Ebene der Folgeverantwortung an, die trotz anhaftender Schuldigkeit überhaupt nicht realisiert werden kann. So argumentiert Julian Nida-Rümelin, dass man zwar grundsätzlich für Handlungsfolgen in der Verantwortung steht, nicht aber dafür, „welche Zufälle, die ich nicht kontrollieren kann, dazu führen, dass die eine und nicht die andere Handlungsfolge realisiert wird“ (Nida-Rümelin 2011, 111). Was hier im Blickfeld eines Mathematikers auf den Begriff der Wahrscheinlichkeitsverteilung gebracht wird, wird aber nicht demjenigen gerecht, der unter den realen Folgen wird leben und leiden müssen.[28] Vor diesem Hintergrund rückt der verantwortungsethische Gedanke hinüber zu den „fremden Opfern“ des Klimawandels, wie z.B. den Menschen im Indus-Delta von Pakistan, die auf Anerkennung ihres Leides als Folge veränderter Umweltbedingungen Anspruch erheben (IPCC 2019a, 8).

Es geht daher vorrangig um eine anerkennungstheoretische Perspektive, die das Angesprochen-Werden vom Anderen und das Sichtbarwerden von Verletzlichkeit heraushebt.[29] Diese Perspektive soll nun einholen, was allein im Sichtfeld der Handlungsfolgen nicht gelingt – das Eröffnen von Intersubjektivität, die sich allein schon im Antlitz des Anderen repräsentiert. Und dieser Andere ist eben auch der um Wertschätzung ringende Mensch in Pakistan, der als Person berührt, sofern sein Dasein an Aufmerksamkeit erfährt.[30] Und diese Berührungen sind es, die den konstruktiven Gedanken der Anerkennungstheorie betonen, weil die Situationen, in denen Anerkennung vollzogen wird, zugleich auch das Einrichten in der Welt (Adorno) bedeuten – also eine das Leben zu ändernde Haltung (Foucault) zum Vorschein bringt. Schwierig wird es, wenn der Appell an die „wechselseitige Anerkennung und Achtung des gleichen Wertes als Person“ ins Unbekannte hallt (Jaeggi/Celikates 2017, 68). Denn was ist, wenn die Präsenz des Anderen unerkannt bleibt – es sich also um einen Fremden handelt, dessen Konturen im Komplex des Klimawandels verschwommen oder unerkannt bleiben? Judith Butler greift diesen Gedanken indirekt auf, indem sie am Beispiel von Emmanuel Lévinas zeigt, dass die theoretische Figuration „kulturell und geographisch begrenzt“ ist (vgl. Schriever 2018, 99). Das reziproke Verhältnis setze daher immer ein Erkannt-Werden voraus – eine Empfänglichkeit, „die uns verletzlich macht“ (Butler 2018, 123). Doch die globale Vernetzung wirtschaftlicher Kreisläufe entrückt diesen Anderen, macht ihn zum „unsichtbaren Dritten“, einen Fremden im Dunklen. Hier hilft noch nicht einmal die Figur der idealisierten Gemeinschaft, von der aus eine normative Erwartungshaltung dem Handeln des Subjektes entgegentritt (vgl. Honneth 2019, 126). Wie also ist nun Anerkennung zu denken, wenn keine Beziehung besteht (vgl. Butler 2021, 347)? Wie kann von beruflicher Folgeverantwortung die Rede sein, wenn nicht nur die Handlungsfolgen als solche verschwommen bleiben, sondern auch die geforderte Betroffenheit (->Mitleid) ins Unbekannte fällt?

Es wird Aufgabe der Berufsschule sein, diesen Fremden überhaupt erst einmal sichtbar zu machen, als Teil der beruflichen Wirklichkeit einzuholen, um Möglichkeiten zur Perspektivveränderung zu geben (vgl. Stojanov 2007, 45). Es ist unerlässlich, die Fremdheit des Anderen zu überwinden, was Folge der bislang sehr eng gefassten berufspraktischen Projektionsflächen ist. Tatsächlich ist der Raum zu erweitern, der die hinterlegten Grenzen von Beruflichkeit markiert. In diesem bleibt der Fremde ein Fremder, auch wenn die realen Handlungsfolgen praktischer Arbeit im Kern die Fremdheit bereits überwunden hat. So sind zunächst die Alltagskonstruktionen zu dekonstruieren, um auf diese Weise die berufliche Alltags-Wirklichkeit neu zu fassen.[31] Solche Erweiterungen sind dann auch keine künstlichen Aufladungen, sondern Abgleiche einer sich global entwickelten beruflichen Arbeitswelt. Das ist zugegebenermaßen in der Hülse einer theoretischen Figur leicht dahingesagt, weil die Orte der Folgen beruflichen Handels nicht nur schwierig aufzuspüren sind, sondern auch in ihrer Anzahl unübersichtlich. Wer ist also der Andere, der sich im Berufsbild von Tischlern, Hotelfachkräften oder Malern verbirgt? Auch wenn diese Frage den Gedanken der Überforderung strapaziert, so gründet sie doch auf den realen Verhältnissen globalisierter Wirtschaftskreisläufe. Ein Zurückzucken und Abstandnehmen würde bedeuten, den Klimawandel im Schutze der wohlbehüteten Innerlichkeit betrieblicher Handlungsgrenzen ad acta zu legen.[32] Dieser „Rückzug in den Burgfrieden der Innerlichkeit“[33] entspricht dann auch nicht mehr dem Kompetenzgedanken, wie ihn ursprünglich Heinrich Roth angelegt hat. Denn hier steht die moralische Handlungsfähigkeit im Zentrum der Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz, welche explizit eine „kritische gesellschaftspolitische Aufklärung“ beinhalte (Roth 1976, 382, 517; auch Ketschau 2018).[34]

Zugespitzt ließe sich auch mit dem Vorwurf der Entwürdigung argumentieren, wie dies Rainer Forst formuliert. Denn der Zustand, in welchem Menschen quasi gezwungen sind, in einer Situation zu leben, die sie selbst nicht verursacht haben und auch nicht verändern können, lässt sich durchaus als eine unmittelbare Form der Entwürdigung skizzieren. Im Überschlag zur ökologischen Gesamtsituation bedeutet es, auch wenn der Eintrag einzelner beruflicher Handlungen am Gesamtbeitrag einen nur minimalen Anteil an der ökologischen Situation trägt, so wird doch in der Summe aller die Möglichkeit zur Wahrnehmung der eigenen Ansprüche Dritter genommen, was Rainer Forst als „das Phänomen der legitimatorischen ‚Unsichtbarkeit‘, des Beherrschtwerdens ohne zureichende Begründung“ nennt (Forst 2022, 153).

3.3 Aufklärung und Wissen

Wenn hier von Wissen im Zusammenhang mit der beruflichen Bildung die Rede ist, dann im Sinne eines Aufklärungsgedankens. Ausgangpunkt der Überlegung ist der Ansatz der Arbeits- und Geschäftsprozessorientierung, von dem aus die Berufsausbildung ihre inhaltlichen Gegenstände bestimmt. Festgezurrt in den Rahmenlehrplänen der KMK besitzen sie eine hohe inhaltliche Kontinuität, da Novellierungen i.d.R. in zeitlich großen Abständen erfolgen.[35] Dies gilt ebenso für die beruflichen Fachbücher, die im Berufsschulunterricht eingesetzt werden und sich thematisch an den Lehrplänen orientieren. Auf diese Weise wird garantiert, dass der berufsausbildende Fokus auch tatsächlich auf den betrieblichen Arbeitsanforderungen liegt und sich die Konturierung der beruflichen Handlungskompetenz als theoretische Durchdringung der praktischen Ansprüche zeigt. Was aber, wenn sich infolge der gesellschaftlichen Entwicklung neue Handlungsanforderungen ergeben? Abwarten, bis sich die veränderte Ausgangslage allmählich zu einem typischen Arbeitsprozess entwickelt? Dieser Eindruck ist nicht ganz abwegig, wie das Beispiel Biodiversität zeigt. So besitzt das Thema der ökologischen Vielfalt im Bereich der Nachhaltigkeitsforschung einen enorm hohen Stellenwert, der sich mittlerweile auch auf der politischen Agenda der Bundesregierung wiederfindet. Demgegenüber weisen die Rahmenlehrpläne der Gastronomie das Thema nicht aus – ein Bild, das sich dann auch in den aktuellen Lehrwerken widerspiegelt (vgl. Laux 2018 sowie z.B. Brandes et. al 2022).[36] Also tatsächlich abwarten, bis sich die Arbeitswelt in Richtung Ökologie verändert? Aber auch für Betriebe, die ihre Unternehmensphilosophie in Richtung nachhaltiges Handeln umgestellt haben, stellt die ‚Trägheit‘ des beruflichen Umfeldes ein Problem dar, da sich ihr praktisches Handeln nicht in allen Punkten mit den Ordnungsmitteln der Berufsbildung decken – ein Problem, das v.a. die Kammerprüfungen betrifft (vgl. Stomporowski/Laux 2019, S. 145f.).

So bleibt die Einsicht, dass mit dem Klimawandel anderes Wissen bedeutsam wird, das sich kaum mit den bestehenden Ausbildungsrahmenbedingungen in Übereinstimmung bringen lässt. Die Überschrift kann also nur lauten: Aufklärung. Und auch wenn die Einwände einer „sich entfremdeten Vernunft“ nachhallen (Adorno 1997/1944, 111), ohne eine weitergefasste berufliche Aufklärung wird der gesellschaftliche Transformationsprozess nicht gelingen. Dem tritt nun aber noch ein weiteres Problem entgegen: Zeit. Denn die Dringlichkeit der Aufgabe lässt kein Warten auf langjährige Novellierungsprozesse und Anpassungsvorgänge zu.[37] Der Klimawandel ist bereits Realität, weshalb Veränderungen hier und heute notwendig sind.[38] Doch solange die Idee der Arbeits- und Geschäftsprozessorientierung im didaktischen Zentrum der Berufsausbildung liegt, stehen sie wie „Fußschellen einer immerwährenden Unmündigkeit“ (Kant 1784/2022, 18f.) einer notwendigen Weiterentwicklung entgegen, zumal sich ihre treibende Kraft an der normativen Kraft des Faktischen orientiert (vgl. Jellinek 1914, 338). Möchte aber die berufliche Bildung ihren Anspruch auf Bildung nicht vollkommen preisgeben, dann müssten weitere Sinnbezüge eingeholt werden, um so die Möglichkeit selbstbestimmten Urteilens auf breitere Füße stellen zu können. Wissen wird hier als grundlegende Voraussetzung bewertet, um überhaupt die verschiedenen einflussnehmenden Sinnzusammenhänge in ihrem Anspruch und in ihrer gedanklichen Tiefe auch zu verstehen.[39] Was also nottut, das wird hier mit dem wohlbekannten Stichwort der Aufklärung apostrophiert! Es geht um die weitergefassten Projektionsflächen beruflicher Arbeit, was v.a. eine Informiertheit über die berufsbezogenen Handlungsfolgen meint. Ziel ist eine verantwortungsethische Berufshaltung, die als Notwendigkeit herauszuheben ist, um die Voraussetzung für den viel zitierten gesellschaftlichen Transformationsprozess herbeiführen zu können. Dies nun wiederum als einen Loyalitätskonflikt mit dem eigenen Ausbildungsbetrieb darzustellen, wie Klaus Beck meint, ist durchweg abwegig. Es ist schon ein merkwürdig-antiquiertes Bild eines gehorsamkeitspostulierten Verhältnisses zwischen Auszubildenden und Arbeitgeber, das hier bemüht wird (vgl. Beck 2019, 5). Der Aufbau erweiterter Wissensbezüge bedeutet zunächst einmal nur so viel, als dass die Voraussetzungen für ein anderes Handeln angelegt werden, weshalb betrieblich-wirksames Handlungswissen keinerlei Sinnentleerung zu fürchten braucht – mehr noch, es gehört gleichfalls zu den notwendigen Bedingungen im Kontext der Abwägung ökologisch manifesten Handelns (vgl. Knoblauch 2013, 352ff.).[40] Abschließend ist an dieser Stelle Georg Kerschensteiner Recht zu geben, wenn er treffend die Verbindung von Wissen und Berufsbildung wie folgt beschreibt: „Nur, wo Wissen und Können in steigendem Maße aus der sich organisierenden Wertgestalt heraus gesucht und auf diese Weise ganz in das Sinngefüge eingeflochten werden, wo es Ausblick und Einblick in Wertbeziehungen der Güter und in sinnvolle Sachzusammenhänge gibt, wo es in die tieferen Sinnschichten zusammengesetzter Güter eindringt und die letzten verborgenen Motive unseres Handelns in ihren werthaften Wurzeln erfassen lässt, da bedeutet Wissen und Können Erhebliches im Bildungsbegriff“ (Kerschensteiner 1928, 22).[41]   

3.4 Kritik

Bildungstheorien sind kritisch. Eine solche Feststellung ist an sich banal, geht es doch um ein ‚Seien-Sollendes‘, das sich vom gegebenen Zustand loslöst und auf eine bessere Zukunft abstellt. Der ‚kritische Geist‘ von Bildungstheorien ist daher Ausdruck einer solchen Denkbewegung, obgleich zwar Kritik Ergebnis von Reflexion ist, aber Reflexion nicht gleichbedeutend mit Kritik (vgl. Figal 2021, 348). Die Folgen fehlender Kritik lassen sich mit Theodor Litt so ausdrücken: „Wer falsch sieht, handelt auch falsch“ (Litt 1959a, 128). Das Fehlen von Kritik im Zusammenhang mit Grundsatzdebatten macht hingegen nachdenklich, bedeutet es doch, dass die gegebenen Zustände keinen Anlass zur Kritik geben und sich auch keine gravierenden Deutungsspielräume zeigen. Dies ist an sich schon ungewöhnlich, verwundert aber insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels. Dem wäre noch hinzuzufügen, dass es insgesamt, wie Klaus Beck mit Bedauern feststellt, an einer paradigmatischen Grundlagendiskussion innerhalb der Berufs- und Wirtschaftspädagogik fehlt (vgl. Beck 2019, 1).[42] Das Thema des Klimawandels bietet sich hierfür sicherlich an, stünde aber auch in der Gefahr, womöglich mit einem Rütteln an den Grundsätzen der beruflichen Bildung daherzukommen. Deshalb wird zurzeit eher danach Ausschau gehalten, welche passgenauen Nachhaltigkeitskompetenzen zu entwerfen seien, um das anstehende Bewältigungsproblem des Klimawandels zur Aufgabe von Qualifikationsanforderungen zu machen (vgl. Rebmann/Schlömer 2020).[43] Es ist sicherlich ein Ausweichen vor der Frage, welche kritischen Momente sich die Berufs- und Wirtschaftspädagogik insgesamt zu stellen habe, soll der Transformationswandel wirklich gelingen. Dies ist in gewisser Weise verständlich, verunsichern doch die Folgen des Klimawandels sicher geglaubte Fundamente humanistischer Wertvorstellungen, wie Mündigkeit und Freiheit.

Mündigkeit in der Kritik

Mündigkeit hat in der Geschichte der Bildungstheorien ihren festen Platz. Gleiches gilt für den Begriff der Emanzipation, der intentional auf Mündigkeit führt und in seiner politischen Wendung auf einen gesellschaftlichen Demokratisierungsprozess hinausläuft (vgl. z.B. Lempert 1974, 26ff.). Dieser Diskursstrang findet aktuell kaum noch Widerhall, auch wenn hin und wieder die Rede von einer kritisch-emanzipatorischen Berufsbildungstheorie ist (z.B. Büchter 2019; Kaiser/Ketschau 2019). So verbleibt zwar in der Sprache vieler Berufs- und Wirtschaftspädagogen Mündigkeit als unantastbare Zielformel pädagogischen Handelns, deren Benennung allerdings oft nicht über eine begriffliche Setzung hinausgeht (z.B. Schütte 2020, 393; Reetz/Seyd 1999, 424).[44]

Ein völlig anderes Bild zeigt sich in der Allgemeinbildung. Hier verlaufen starke Diskurslinien, in deren Zentrum immer wieder die Frage steht, wie genau Mündigkeit zu fassen ist, wenn deren Ausbuchstabierung auf eine bereits vorbestimmte gesellschaftliche Strukturebene trifft. In der Beantwortung dieser Frage ist dann z.B. von Ideologiekritik die Rede, welche als eine unendliche Aufgabe zu verstehen sei, in der Mündigkeit zur elementaren (pädagogischen) Kraft eines fortschreitenden Demokratisierungsprozesses werde (vgl. Bünger 2013, 214). Markus Rieger-Ladich bewertet hingegen Mündigkeit als eine zu überwindende Pathosformel, die in einen relationalen Begriff zu überführen wäre, „der das Zugleich von Abhängigkeit und Widerstand von Disziplinierung und Aufbegehren, von Unterwerfung und Kritik betont und das Streben nach Überschreitung der existierenden Grenzen bezeichnet“ (Rieger-Ladich 2002, 441). Solche Ausführungen implizieren allerdings immer ein mit der Mündigkeit verbundenes ‚Zurechtkommen in der Welt‘ und ein damit verbundenes ‚Voranschreiten‘. Es bleibt also das Moment des Fortschritts. Demgegenüber betont Theodor W. Adorno im Dialog mit Hellmut Becker, „das[s] gerade im Eifer des Änderungswillens allzu leicht verdrängt wird, daß Versuche, in irgendeinem partikularen Bereich unserer Welt wirklich eingreifend zu ändern, sofort der überwältigenden Kraft des Bestehenden ausgesetzt sind und zur Ohnmacht verurteilt erscheinen“ (Adorno 1969a, 147).[45] Dem kann hier insoweit gefolgt werden, als dass der Klimawandel vermehrt den Menschen entmündigt, ihn immer weiter die Möglichkeit nimmt, sich der Übermacht der Natur bereichernd entgegenstellen zu können. Das Abschmelzen der Gletscher steht dafür sinnbildlich. Die Abhängigkeit, von der Markus Rieger-Ladich spricht, verblasst so zur bloßen Ohnmacht.

Und doch geht es in der Berufsarbeit immer um Gestaltung. Das bedeutet, berufliche Mündigkeit apostrophiert das Erkennen und Eingestehen von Grenzlinien, dies aber im Streben nach Überschreitung (vgl. Rieger-Ladich 2002, 450).  Doch damit ist noch nicht gesagt, in welche Richtung Überschreitungen zu denken sind – als eine Bewegung wohin? Das Besondere der ökologischen Mündigkeit schließt genau hier an. Denn mit ihr stellt sich die Frage der Bewegung neu, weil Handeln im Sinne ökologischer Anforderungen durchaus mit einem Abstandnehmen involvierter Möglichkeiten einhergeht! Das ist nicht zu verwechseln mit dem Eingeständnis vorhandener Grenzlinien, sondern der selbstbewusste Verzicht auf Handlungsoptionen. Was Rieger-Ladich mit seinem Vermerk auf die „unhintergehbare Angewiesenheit auf andere“ nur andeutet, entpuppt sich im Blickfeld des Klimawandels als Innehalten und schlussendlich auch als ein Zurückweichen. Ähnlich formuliert es Karl-Heinz Dammer, wenn er den Menschen in seiner Bedrängnis aufspürt und „wohlverstandene Mündigkeit […] als Ausgang […] aus den selbstverschuldeten Folgen einer mit Herrschaft verbundenen Mündigkeit“ versteht (Dammer 2014, 90).

In gewisser Weise ließe sich hier Platons Höhlengleichnis anführen, in welchem er den beschwerlichen Weg zur Erkenntnis als ein Heraustreten aus den bekannten Projektionsflächen der Alltagswirklichkeit beschreibt. Diese werden nun im Anblick neuer Erkenntnisse erschüttert, weshalb ein Handeln nach alten Gewohnheiten nicht mehr möglich scheint. Ohne nun die erkenntnistheoretische Ebene Platons zu stark zu strapazieren, lässt sich festhalten, dass wiederum ökologische Mündigkeit aus dem bestehenden Blickfeld der betrieblichen Arbeitsprozesse hinübertritt in die Bezirke der berufsbezogenen Handlungsfolgen. Und diese können durchaus das bislang habitualisierte Verständnis von Verantwortungsbezügen erschüttern. Es stellt sich nun die Frage, wovon es sich eigentlich genau zu befreien gilt, was also Emanzipation noch meint. In jedem Fall muss berufliche Bildung auf diese Grenzlinien, Spannungen und Brüche hinarbeiten, „anstatt [sie] zuzuschmieren und irgendwelche Ganzheitsideale oder ähnlichen Zinnober zu vertreten“ (Adorno 1969b, 119).[46]

Freiheit in der Kritik

Bildungstheorien apostrophieren und adressieren im besonderen Maße den Gedanken der Freiheit. Ohne Freiheit keine Selbstbestimmung und keine Mündigkeit, denn „zu dieser Bildung ist Freiheit die erste, und unerlässliche Bedingung“ (Humboldt 1792b, 76). Dies liest sich ohne Abzug über die gesamte bildungstheoretische Ideengeschichte, geht es doch um die Sonderstellung des Menschen in der Natur. Entsprechend korreliert Menschenwürde mit Freiheit, weil die auf „Selbstachtung basierende Menschenwürde“ ein autonomes Handeln und Urteilen voraussetzt (Nida-Rümelin 2005, 154ff.). Doch all der Nutzen steht unter einer ständigen Anspannung und Ungewissheit, weil aus selbiger Freiheit jederzeit der Umschlag in „totalitäre Doktrin“ erfolgen kann (Berlin 2020, 110). Aus diesem Grund, so schlussfolgert Immanuel Kant, ist Erziehung notwendig, die sich aber im Augenblick ihrer Manifestation bereits im Widerspruch ihrer eigenen Zielsetzung verfängt, denn „wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange?“ (Kant 1803, 27). Doch weil der Mensch nun mal einen „von Natur aus so großen Hang zur Freyheit [hat], daß, wenn er erst eine Zeitlang an sie gewöhnt ist, er ihr Alles aufopfert“, sollte möglichst früh eine Form der Disziplinierung angelegt sein, um die Regeln der Vernunft und nicht etwa die Laune und die Wildheit des Menschen emporsteigen zu lassen (Kant 1803, 9).

Solche „Bändigung“ des Menschen wird zu einem der Hauptanliegen philosophischer Denkbewegungen, aus deren unterschiedliche Betrachtungen dann auch der Begriff der Bildung seine sehr verschiedenen Aufladungen und Konturen erhält. Dies führt mitunter zu hohen Erwartungshaltungen, wenn mit einer angemessenen Erziehung z.B. die Hoffnung auf eine „vollkommen[e] harmonische Gesellschaft“ verbunden wird (Berlin 2020, 99). Alles in allem geht aber die Einengung der Freiheit in der philosophischen Betrachtung über interpersonelle Beziehungen einher (vgl. z.B. Schink 2017; Nida-Rümelin 2005; Recki 2009). Das Mensch-Natur-Verständnis bleibt hingegen ausgeklammert bzw. steht im Fokus der Sachbeherrschung.[47] Oder anders, das Bedrohungspotenzial subjektiver Freiheit wird nicht in der Hinwendung zur Natur gesehen. Vielmehr verhält es sich so, dass die Ausbeutung der Naturressourcen die Möglichkeiten der eigenen Handlungsfreiheiten vergrößern, weshalb es sich für den Menschen in seiner evolutionären Entwicklung stets gelohnt hat, Naturressourcen auszubeuten (vgl. Schmidt 2009, 154). Warum also sich einschränken? Warum einen Begriff von Verantwortung dem der Handlungsfreiheit entgegenstellen, wenn der Zugewinn an menschlicher Freiheit sich stets über ein Loslösen von den naturgegebenen Abhängigkeiten als Vorteil erwiesen hat?

Erst spät, und in Anbetracht klimabezogener Zeitbezüge viel zu spät, werden dann in der Philosophie und Erziehungswissenschaft unter den Stichworten einer ökologischen Verantwortungsethik und Nachhaltigkeit die Folgeschäden umweltzerstörenden Verhaltens zur pädagogischen Aufgabe erklärt – lange nach den ersten Klimakonferenzen der Vereinten Nationen![48] Der Zusammenhang zwischen den sich frei an der Natur entfaltenden Gestaltungsmöglichkeiten des Menschen und den sich hierüber ergebenen ökologischen Rückwirkungen ist daher nicht nur eine menschheitsgeschichtlich sehr junge Erfahrung, sondern auch ein innerhalb (berufs-)bildungstheoretischer Markierungslinien kaum beachteter Zusammenhang.[49] Denn eigentlich war (und ist?) der Mensch ein Fortschrittsoptimist, der seine Freiheit in eine gewisse Überlegenheit gegenüber der Natur stellt – der Mensch als Herrschaftssubjekt, dessen Perspektive auf die ihm umgebende Umwelt in einer streng anthropozentrischen Sichtweise steht. Ein solcher Fokus wird im aktuellen Nachhaltigkeitsdiskurs als schwache Nachhaltigkeitsposition ausgewiesen, der zufolge das technische Innovationspotenzial des Menschen eine Beherrschung klimabezogener Veränderungen in Aussicht stellt (vgl. Hauff 2021, 60ff.). Oder anders, der Mensch verbleibt in der Position des Herrschaftssubjektes und ist nicht gewillt, aus dieser Stellung herauszutreten.

Die Schwierigkeit besteht nun darin, mit der in der Ethik hervorgehobenen Position einer betont anthropozentrischen Sichtweise zu brechen, um die menschliche (Handlungs-)Freiheit mit ihren ökologischen Handlungsfolgen überhaupt in ein diskursives Verhältnis setzen zu können (vgl. Pieper 2007, 100f.). Diese Akzentuierung ist innerhalb des beruflichen Bildungsdiskurses quasi fremd. Denn die innere Kräftebildung (Humboldt) oder das politisch-demokratische Anliegen (Lempert), genau wie der Blick auf menschliche Antinomien (Litt) und die Entwicklung einer kritischen Kompetenz (Geißler), sie alle besitzen eine anthropozentrische Sichtweise, aus der sich Freiheitsmomente erschließen. Doch dieser Blick ist angesichts der Klimaveränderung kaum noch tragbar – eine Aussage, die insbesondere vom Ansatz der starken Nachhaltigkeit vertreten wird, deren ökozentrische Perspektive in einer unbedingten Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen liegt (vgl. auch Leist 2007).[50] Der Begriff der Kritik wendet sich hier also an einen Freiheitsbegriff, der ein Handeln an der Natur im Sinne einer vom Anspruch adressierten freigestellten Ressourcennutzung meint. Daraus folgt ein erweiterter Verantwortungsbegriff, welcher nun in anderer Weise den traditionellen beruflichen Bildungsbegriff beschreibt, wie er schon bei Georg Kerschensteiner oder Eduard Spranger zum Ausdruck kam. So ist eine „Erziehung zur Verantwortung“ zwar richtigerweise damit begründet, dass das Handeln „in eine sittliche Welt hineinwirke“ (Spranger 1958, 134) und sich hierüber moralische Verpflichtungen ergeben. Was nun aber zum Vorschein tritt, das sind die Einwirkungen des Handelns auf das von Sittlichkeit entrückte Ökosystem, das aus sich heraus zu keinerlei Widerspruch fähig ist und daher im Antlitz freier Verfügbarkeit steht. Hier anzusetzen bedeutet, ein grundlegend anderes Verständnis von beruflicher Arbeit zu postulieren, in welcher ein Begriff von Folgeverantwortung dem der beruflichen Handlungskompetenz zur Seite gestellt wird. Was nun noch als berufliche Freiheit niedergelegt wird, wird zur Angelegenheit einer notwendigen Selbstbegrenzung, dessen Überschlag nur dann gelingen kann, wenn sich im Moment des Zurückweichens neue Handlungsfelder auf anderen Ebenen zeigen (vgl. Döring 2009, 36).[51] Wenn also nun von Freiheit die Rede sein soll, dann in einer erweiterten ökozentrischen Perspektive, die der bestehenden anthropozentrischen Sichtweise nicht übergeordnet, wohl aber als ihr dialektisches Gegenüber nebengeordnet wird.[52] Der Begriff der beruflichen Bildung erfährt so eine Anreicherung, in welcher die vorhandenen Wertbezüge in einem veränderten Licht erscheinen – ein Licht, das die bislang unangetastete anthropozentrische Gewissheit irritiert, verunsichert, aber eben auch nicht auflöst, sondern aufbewahrt.

Der hier verwendete Kritikbegriff ist in Übereinstimmung zu Rahel Jaeggi als immanente Kritik darzulegen, geht es doch um Transformation (vgl. Jaeggi 2021). Denn als solche wendet sich immanente Kritik den inneren Widersprüchlichkeiten der Realität zu, nicht aber um den Preis der Wiederherstellung einer bestehenden Ordnung oder bereits vorangedachter Norm- und Wertbezügen, sondern im Sinne von Übergängen. Der Klimawandel ist unumkehrbar und die veränderten Zustände lassen sich ja nicht zurückholen. Wenn selbst Mündigkeit und Freiheit in ein anderes Sichtfeld zu stellen sind, dann führt eine kritisch-ökologische Bildung auf die zugrunde liegenden konstitutiven Werte, deren Wirksamkeit angesichts verändernder Klimabedingungen in sich widersprüchlich geworden sind (vgl. Jaeggi 2021, 287).

4 Abschluss: Kritisch-ökologische Berufsbildung am Anfang

Wenn mit dieser Sonderausgabe der bwp@ nach der Bedeutung der aktuellen Berufsbildungstheorie gefragt wird, so kann die Antwort nur lauten: Ohne ein verändertes Verständnis von dem, worin sich in Zeiten des Klimawandels das disziplinäre Selbstverständnis der beruflichen Bildung ausdrückt, wird der geforderte Transformationsprozess zu einem mühevollen, wenn nicht sogar widerständigen Vorhaben. Zu diesem Zweck bedarf es eines kritisch-ökologischen Bildungsverständnisses, das den Gedanken der Humanität in Anschluss an Theodor Litt neu ordnen muss. Denn das, was Humanität im Kern zum Ausdruckt bringt, so Theodor Litt, das „enthüllt sich in der Frage, wie der auf seine humane Vollendung bedachte Mensch sein Verhältnis zur ‚Welt‘ zu ordnen hat“ (Litt 1959, 54). Diese Beziehung ist in Zeiten des Klimawandels ein andere geworden. So lag der Frage der inneren Veredelung, der beruflichen Kultivierung oder der wachsamen Selbstvergewisserung stets das Prinzip einer hervorgerufenen Entfremdung von den äußeren Naturabhängigkeiten als Teil der eigenen Selbstermächtigung zugrunde. In der so verursachten Entrücktheit lag im Angesicht eines vermeintlichen Fortschrittsglaubens und einer davon getragenen Wohlstandsgesellschaft der Irrglaube einer von den Umweltbedingungen losgelösten Freiheitsbewegung, in welcher die Absolutheit jeder pädagogischen Bildungsbemühung ihren Aufschlag erhielt: Unabhängigkeit, Selbstbestimmtheit und Selbstständigkeit. Die Trübheit lag und liegt wohl noch immer in der Verleugnung eines ökologischen Systembegriffs und der Inanspruchnahme einer partiellen Umweltverantwortung, deren Reichweite die betrieblichen Projektionsflächen kaum überschreitet. Dieses Blickfeld gilt es zu verändern, weshalb hier von beruflicher Bildung gesprochen wird, die das arbeitsbezogene Handeln an einen Begriff von Ökologie zurückbindet, in welchem die Folgen dieses Tuns, wie schon Hans Jonas 1979 formuliert, „verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden“ (Jonas 2003, 36). Es ist das Eingeständnis, „dass Mündigkeit als humane Selbstbestimmung nach innen wie nach außen eine natürliche Grundlage braucht“ (Dammer 2014, 90), welche das Ausmaß der global-vernetzten Freiheiten unterschiedlich verteilt. So fallen bislang die beruflichen Handlungsfolgen ins Dunkel ihrer klimabezogenen Komplexität, führen aber dennoch auf eine Verantwortlichkeit, die nur dann zu fassen ist, wenn dem potenziell „Fremden“ in seiner Unbekanntheit von Anbeginn Anerkennung gegenüber seinen eigenen Lebensentwürfen zugebilligt wird. Und dies setzt voraus, dass die anthropozentrische Sichtweise hinüberwechselt in einen ökozentrischen Fokus, über den die Ermöglichung von Freiheit an die dafür notwendigen Umweltbedingungen zurückzubinden wäre. In der Konsequenz steht die freiwillige Pflicht, berufliches „Handeln so durchsichtig wie möglich zu machen, um Irrtümern und Schuld möglichst wenig Raum zu geben“ (Pieper 2007, 46). Neben einer solchen Transparenz unterstreicht die kritisch-ökologische Berufsbildung die Einsicht in notwendige Selbstbeschränkungen, um einen Beitrag am Erhalt der Biodiversität, der kritischen Rohstoffe und weiterer Naturkapitalien zu leisten. Dies wird nicht ohne eine Veränderung der beruflichen Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten funktionieren, weshalb auch die bestehenden Lernfelder neu zu bewerten sind. Dazu notwendig ist Aufklärung, ganz i.S. von Immanuel Kant, als ein Heraustreten aus einer selbstverschuldeten Unmündigkeit, die sich am fehlenden Interesse neu zu erschließender Märkte, Produkte u.ä. nachzeichnen lässt. Mit dem Zuwachs an Wissen im Kontext ökologischer Perspektiven wird ein fundamental ökonomischer (und auch sozialer) Fokus betont, der das Verständnis einer kritisch-ökologischen Berufsbildung i.S. eines kreativ-konstruktiven Gedankens wendet.[53] Dies führt nun hinüber zur immanenten Kritik, die den kritisch-ökologischen Bildungsbegriff in die Konsequenz des Klimawandels stellt. Den dieser tangiert konstitutive Werte, wie Freiheit, Mündigkeit, aber auch Gleichheit in ihrer widersprüchlich gewordenen Wirksamkeit, weshalb sich Beruflichkeit in ihrer Selbstbeschreibung nur transformativ und eben nicht restaurativ ausgestalten kann. Damit befindet sich das hier skizzierte Vorhaben einer kritisch-ökologischen Berufsbildungstheorie aber erst am Anfang.

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[1]    Der aktuelle Klimabericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zeigt auf, dass „ungefähr 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen […] unter Bedingungen [leben], die sehr verwundbar gegenüber dem Klimawandel sind“ (IPCC 2022, 1f.).

[2]    Bundesverfassungsgericht: Pressemitteilung Nr. 31/2021 vom 29. April 2021.

[3]    Menschenrechtsverletzungen können erst nach Eingriff in ein Recht und nicht präventiv verhandelt werden (vgl. UBA 2010, 33; Menke/Pollmann 2007, 109).

[4]    An dieser Stelle ist Deißinger zuzustimmen, der die historisch-vergleichende Berufs- und Wirtschaftspädagogik als „einen Forschungszweig [bezeichnet], für den es nur wenige Traditionslinien gibt“ (Deißinger 2022, 97). Hinzuzufügen ist, dass kaum noch Monographien zu den historischen Persönlichkeiten verfasst werden, wie z.B. die von Erich E. Geissler über das Leben und Wirken von Theodor Litt (Geissler 2011).

[5]    Hier muss allerdings hinzugefügt werden, dass Humboldt vom Stand der Arbeitsverhältnisse Ende des 18. Jahrhunderts schreibt. Denn im Grunde, so Humboldt, vermag „jede Beschäftigung den Menschen zu adeln, ihm eine bestimmte, seiner würdigen Gestalt zu geben. Nur auf die Art, wie sie betrieben wird, kommt es an“ (Humboldt 1852, 22). Es ist sicherlich ein stark verzerrter Blick, wenn Humboldt von der Kultivierung der intellektuellen Kräfte von Bauern und Handwerkern spricht, welche so auch über ihre Tätigkeit zur Veredelung ihre Persönlichkeit kämen. Allerdings ist diese Figur, wie oft behauptet, keine grundsätzliche, also pauschale Aberkennung der Bildungsmöglichkeiten beruflicher Tätigkeit.

[6]    Dass hier ausschließlich auf Kerschensteiner Bezug genommen wird, liegt an dessen Bedeutung für die Ausformulierung erster berufsbildungstheoretischer Ansätze. In einem größeren Umfang wären hier sicherlich noch Eduard Spranger, Aloys Fischer u.a. zu nennen.

[7]    Für Kerschensteiner ist „ungelernte Arbeit kein Beruf, für welche ein Mensch innerlich berufen werden“ könne (Kerschensteiner 1929, 39; vgl. dazu auch Stomporowski 2009).

[8]    Die Trennung in eine erste und zweite Generation ist unscharf, insbesondere gegenüber Personen wie Theodor Litt und Eduard Spranger, deren Schaffensperiode nach 1945 noch beachtliche Publikationen hervorbrachte. Unterschiede ergeben sich v.a. in der wissenschaftstheoretischen Perspektive, da die „Altvorderen“ zumeist auf Grundlage philosophisch-anthropologischer oder kulturtheoretischer Vorannahmen argumentieren.

[9]    Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei genauerer Lektüre Unterschiede im Verständnis von Demokratie vorliegen, auch wenn der demokratische Kerngedanke davon unberührt bleibt.

[10]   Der Begriff der Humanität wäre gesonderte zu klären, weil dieser in zahlreichen (berufs-) bildungstheoretischen Schriften oft unausgesprochen bleibt.

[11]   Der Begriff der Wachsamkeit wäre an anderer Stelle deutlicher auszuführen, steht dieser doch in einer von Litt selbst durchlaufenden philosophischen Antagonie. So kulminiert sein Verständnis von innerer Wachsamkeit in einer weitreichenden biographischen Auseinandersetzung mit Hegel und seinem Begriff der Reflexion. Erst spät, mit seinem 1953 veröffentlichten Buch Hegel – Versuch einer kritischen Erneuerung, belässt Litt den Menschen in einer Schwebeposition und zeigt auf, dass es ein stetes Ringen bleibt, „mit immer von neuem aufbrechenden Gegensätzen“, in der das Selbst steht und mit deren Erfahrung es möglich wird, auch „Welt zu gestalten“ (vgl. Litt 1959a, 130; Litt 1953, 302f.).

[12]   Hier ist v.a. Jürgen Zabeck zu nennen, aber auch Herrmann Lange, der Wolfgang Lempert „begriffliche Inkonsequenzen“ seiner kritisch-emanzipatorischen Bildungstheorie vorwirft (Lange 1975, 323).

[13]   In den Grundlagenwerken zur Berufspädagogik der 1970er Jahre lässt sich die Abkehr von Fragen der beruflichen Bildung gut nachvollziehen. So widmet noch Friedrich Schlieper in seiner ‚Allgemeinen Berufspädagogik‘ ein Unterkapitel dem Bildungsbegriff, welchen er auf 23 Seiten in Anlehnung an Humboldt, aber auch Spranger zwischen beruflichen und bildnerischen Attribuierungen als „Vervollkommnung des ganzen Menschen zum Ziel“ beschreibt (Schlieper 1963, 62-84). Dagegen klammern zwölf Jahre später Antonius Lipsmeier, Helmut Nölker und Eberhard Schonenfeldt in ihrer „Berufspädagogik“ Fragen der beruflichen Bildung vollständig aus (Lipsmeier/Nölker/Schonenfeldt 1975; vgl. auch Arnold/Gonon/Müller 2016, 178).

[14]   Auch die Grundsatzkritik an der Berufsbildungstheorie wächst, wenn z.B. Wolfgang Schönharting in seiner Kritik der Berufsbildungstheorie ein unzulässiges „Festhalten zwischen Arbeitswelt und Individuum“ moniert (Schönharting 1979, 151). Andererseits werden berufsbildungstheoretische Aufschläge durchaus in den beruflichen Fachdidaktiken weitergetragen, wie z.B. in der arbeitsorientierten Exemplarik (vgl. Lisop/Husinga 2004). Auffällig ist aber auch, dass in vielerlei Hinsicht die Tiefe der Argumentationsfiguren allmählich verschwindet, was sich z.B. am Verständnis beruflicher Handlungskompetenzen nachzeichnen lässt. Während Heinrich Roth seinen Anspruch moralischer Handlungsfähigkeit noch über anthropologische Gedankengänge ausdifferenziert, werden seine bis heute verwendeten Begriffe der Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz v.a. über äußerliche Merkmalsbeschreibungen skizziert (vgl. Roth 1976, 388ff.).

[15]   Dem ließe sich sicherlich einiges hinzufügen, verkürzt Jürgen Zabeck das gedankliche Werk von Herwig Blankertz doch auf real-ökonomische Zustände. Ob diese Sichtweise aber auch die dahinterliegenden Machtstrukturen mit einschließt, die Blankertz zum Thema erhebt, bleibt fraglich (vgl. z.B. Blankertz 1969b, 153).

[16]   Dieser Vorwurf mag durchaus berechtigt sein, klammert aber vorhandene fachdidaktische Bezüge aus. Auch wenn Ulrike Greb in ihrer Untersuchung zum Selbstverständnis der Disziplin Berufs-  und Wirtschaftspädagogik zu dem Ergebnis kommt, dass „als identitätsbildende Kategorie der Berufs- und Wirtschaftspädagogik Bildung in diesen Schriften letztlich amorph bleibt“, so lassen sich durchaus Arbeiten in der Fachdidaktik mit bildungstheoretischem Einschlag finden (Greb 2009, 20).

[17]   Während noch in den 1970er Jahren eine enge Verzahnung von Empirie und Theorie zur systematischen Erkenntnisgenerierung üblich war, hat sich die derzeitige Aufmerksamkeit v.a. auf die Entwicklung diagnostischer Testverfahren verschoben (vgl. Gonon 1997, 166; Seeber/Nickolaus 2010, 256).

[18]   Dass Humanität noch der bildungstheoretische Leitfaden ist, muss angesichts neuerer Publikationen zum Posthumanismus anderenorts überprüft werden. So schreibt Stefan Herbrecher: „Was jedoch zerbrochen zu sein scheint, ist der soziale und kulturelle Konsens: humanistische Ideale und Werte waren zwar stets universalistisch ausgelegt, tatsächlich jedoch hatte die universelle Norm ein recht spezifisches Gesicht (nämlich Europäisch-kosmopolitisch, weiß, männlich, aufklärerisch usw.) (Herbrecher 2014, 270).

[19]   Und doch gleicht es einer fast unüberwindbaren Anstrengung, wenn machttheoretische Aspekte (s. z.B. Ricken 2006, 153f.), Fragen der Entfremdung (s. z.B. Jaeggi 2016) und Aspekte der Diskursethik (s. z.B. Wellmer 1999) sowie viele andere Diskursimplikationen in Erfahrung zu bringen sind. 

[20]   Dem Bezug auf Klafki werden allerdings keine weiteren Ausführungen hinzugefügt. Zwar kann man dem Hinweis von Euler folgen, dass sich „ohne entsprechende Wertbezüge“ die Kompetenzorientierung den Vorwurf aussetze, „sich instrumentell in den Dienst beliebiger Interessen zu stellen“, doch wird auf diese Weise lediglich das Dilemma fehlender Theoriebezüge apostrophiert (Euler 2020, 210).

[21]   Spannend dazu die Ausführungen von Bremer/Gruschka, die darauf aufmerksam machen, dass emotionale Äußerungen, wie Wut oder Empörung, oft mit einer unreifen Persönlichkeit gleichgesetzt werden, die den tugendhaften Pfad der Vernunft verlassen habe (vgl. Bremer/Gruschka 1987, 28).

[22]   Sicherlich spielt das Gebiet der Emotionen in den frühen reformpädagogischen Arbeiten eine Rolle, allerdings mehr als methodisches denn als bildungstheoretisches Moment. Ebenso lassen sich nach 1945, z.B. im Zusammenhang mit der Veröffentlichung „Die Unfähigkeit zu trauern“ (Mitscherlich/Mitscherlich 1967) deutliche Spuren emotionaler Bildungsaufschläge finden, die aber das Gebiet der Berufsbildung kaum berührt haben. Ähnliches zeigt sich aber auch in der Allgemeinbildung (vgl. Klika 2018).

[23]   Der Begriff Mitleid wird in der zeitgenössischen Debatte wesentlich umfassender und ausdifferenzierter diskutiert, als bei Schopenhauer nachzulesen ist. So wird je nach Fachgebiet zwischen moraltheoretischen, phänomenologischen, neurowissenschaftlichen und psychologischen Begründungen unterschieden (vgl. Saxer 2021). Entsprechende Differenzen liegen dann zwischen den Begriffen des Mitgefühls und des Mitleids, aber auch in abgrenzender Form der Empathie. Der von Schopenhauer adressierte Begriff des Mitleids besitzt eine moraltheoretische Grundlegung, wobei diese aber nicht zwischen Mitleid und Mitgefühl unterscheidet. Legt man aber die von Olga Klimecki ausgeführten Kriterien zugrunde, dann wäre Schopenhauers Begriff des Mitleids eher das des Mitgefühls. Denn das handlungsleitende Moment des Helfens entspringt nach Klimecki eher dem Mitgefühl als einem gestressten Gefühl des Mitleids (vgl. Klimecki 2014, 82). Im Übrigen werden an dieser Stelle Schopenhauers abfällige Bemerkungen über Frauen nicht weiter kommentiert, nur zutiefst kritisiert und mit Erschrecken zur Kenntnis genommen.

[24]   Hier wäre nun die Entgegnung von Friedrich Nietzsche, auf die sich auch Theodor W. Adorno bezieht, auszudiskutieren. Im Kern bestehen deren Vorwürfe darin, dass Mitleid nichts an der tragischen Situation selbst verändere, eher noch festige (vgl. Adorno 2019/1963, 258).

[25]   Es ließe sich sicherlich noch trefflich über diese doch ungewöhnliche Figur des Mitleids streiten, was anzuschließen und in die Tiefe zu erklären wäre. Dies beträfe v.a. Nietzsche, der oft als Gegner des Mitleids missinterpretiert wird, da er seine Kritik auf eine bestimmte gesellschaftliche Ebene zuschneidet und deren narzisstische Aneignung moniert.

[26]   Nach Angaben des IPCC sind „Investitionen in der Größenordnung von zehn bis mehreren hundert Milliarden US-Dollar pro Jahr“ für den globalen Küstenschutz notwendig – eine Größenordnung die nicht für kleinere Inselstaaten aufzubringen sind (IPCC 2019b, 26). Hinzu kommt, dass die vulnerablen Bevölkerungsgruppen in gefährdeten Regionen, wie z.B. den Subtropen oder dem Gebiet am Indus von Pakistan, mit sehr hohen Schäden zu rechnen haben (vgl. IPCC 2019a, 16).

[27]   Butler verweist hier auf die Vorlesungen von Adorno zur Moraltheorie, in der er die Prinzipienethik von Kant verurteilt als einen Rückfall in die „gesellschaftliche Organisation des Individualismus“. Denn in dieser verkümmert Moral zur individuellen Aneignung, bei der sich der Mensch nur bei sich selbst befindet und die Folgen der eigenen Denk- und Handlungsweise ausklammert (Butler 2018, 144f.).

[28]   Ein Überblick über die verschiedenen Ausgestaltungsformen zur ‚Verantwortung‘ liefert das ‚Handbuch Verantwortung‘ (vgl. Heidbrink/Langbehn/Loh 2017).

[29]   Dieser Ausschnitt soll langen, ist doch das Feld der anerkennungstheoretischen Publikationen weit und reicht von Immanuel Kant, Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Johann Gottlieb Fichte bis zur Moderne, wie z.B. Emmanuel Lévinas, Jacques Lacon, Jacques Derrida, Axel Honneth und Judith Buttler (vgl. Siep/Ikäheimo/Quante 2021). Für die Entwicklung im pädagogischen Bereich v.a. Judith Balzer (Balzer 2021), wogegen Axel Honneth einen Überblick zur kulturell-historischen Ideengeschichte bietet (Honneth 2019). Die Breite des Ansatzes lässt sich im ‚Handbuch Anerkennung‘ nachzeichnen (vgl. Siep/Ikäheimo/Quante 2021), wobei Rachel Jaggi und Robin Celikates einen Einblick in Formen der Systematik liefern (vgl. Jaggi/Celikates 2017, 68f.).

[30]   Der Begriff der Berührung findet sich so nicht bei Lévinas, eher der der Empfänglichkeit. Doch Berührung hat eine andere intersubjektive Beziehung, da Empfänglichkeit einen nur passiven Charakter besitzt, betont die Berührung mehr die Interaktion.

[31]   Vgl. die Ausführungen bei Berger/Luckmann zur Konstruktion der Alltagswirklichkeit und der sozialen Konstruktion von Sprache und Wissen im Kontext von Alltagswelt (vgl. Berger/Luckmann 1997, 21f; 36f.).

[32]   Das Beispiel Pakistan ist exemplarisch. So betrugen nach Angaben des Auswärtigen Amtes 2019 die Importe 1,1 Milliarden Euro, wobei „nach Deutschland vor allem Textilien, Lederwaren, Sportartikel, Schuhe und medizinische Instrumente“ eingeführt wurden (Auswärtiges Amt 2022). Zugleich leidet das Land wie kaum ein anderes Land unter den Folgen des Klimawandels. Überflutungen und daraus folgende Seuchen, u.a. Krankheiten sowie Flutopfer und ‚Klimaflüchtlinge‘ sind ein jährlich sich wiederholendes Drama (vgl. BpB 2002). Es wäre also durchaus möglich, am Exempel der Lederwarenherstellung (Pakistan) den Anderen dieses Gewerkes im Rahmen des Berufsschulunterrichtes (Textil- und Modenäher) einzuholen. Doch dies ist nicht Teil des KMK Rahmenlehrplans, weshalb hier entsprechende Brücken nicht geschlagen werden können.

[33]   Dieser Ausdruck stammt von Theodor Litt, der nicht auf den Klimawandel Bezug nimmt, sondern die Folgewirkungen eines von Wilhelm von Humboldt dargelegten Bildungsbegriffes markiert. Denn dieser war gegen die äußere Welt gerichtet, gegen „banale Nützlichkeit und äußere Zweckhaftigkeit“, weshalb sich die gebildete Persönlichkeit zurückzog, ins „heilige Land“ des Inneren (Litt 1959a, 118).

[34]   Selbst kritische Äußerungen verfallen in bloße Abstraktionshülsen, wenn von der „ganzheitliche[n] Ausrichtung des beruflichen Lernens an Sach-, Sozial- und Selbstkompetenzen [als] anspruchsvolle, aber angesichts der zunehmenden Anforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft weithin als unverzichtbar beurteilte Postulate“ gesprochen wird (Euler 2020, 216). Denn völlig unklar bleibt, inwiefern nun die Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft lediglich im Kontext einer betrieblichen Bewältigungsaufgabe verstanden werden oder als Übernahme von global anwachsender Verantwortung.

[35]   Der Grund für Novellierungen liegt zumeist in den Veränderungen der Arbeitswelt, deren Umfang letztlich über den Anlass entscheidet. Zuletzt im Gastgewerbe (2021), dessen alter Rahmenlehrplan von 1996 nun grundlegend erneuert wurde, was zudem noch die Gelegenheit zur Integration der Standardberufsbildposition bot. 

[36]   Immerhin lassen sich kleine Veränderungen erkennen. So sind in der aktualisierten Fassung des Lehrwerkes ‚Der junge Koch – Die junge Köchin‘ (ein Standardwerk für den Unterricht im Gastgewerbe) kurze Abschnitte zum Thema der Nachhaltigkeit bzw. Ökologie aufgenommen worden (z.B. Brandes et. al 2022, S. 665).

[37]   Diesbezüglich ist auch die an sich erfreuliche Entwicklung auf dem Gebiet der Modellversuche zur BBNE getrübt, wenn das Resümee lautet: „Die größte Herausforderung besteht daher nicht in der Entwicklung neuer Konzepte, sondern in der Etablierung neuer Praktiken“ (Kuhlmeier/Weber 2021, 434).

[38]   Die Ergebnisse der aktuellen Risikobewertung des IPCC sind da sehr klar. Ausbleibendes Handeln wird zu uneinholbaren Schäden führen. Zudem werden mit zunehmender globaler Erwärmung auch Anpassungsleistungen nicht mehr zum gewünschten Erfolg führen (vgl. IPCC 2022, 26). Wenn also vonseiten der Bundesregierung im 2021 novellierte Klimaschutzgesetz festgelegt wird, „dass die Emissionen der Landwirtschaft […] bis 2030 [von 61,1 Mio.] auf 56 Mio. t CO2-Äquivalente reduziert werden müssen“, dann wurde eine zeitliche Dimension von neun Jahren angesetzt. Um hier erfolgreich zu sein, wird es nicht langen, den Prozess allein als Angelegenheit der ‚Geschäftsführungen‘ zu betrachten. Notwendig ist auch ein umfassendes betriebliches Handlungswissen, das bereits in der Ausbildung anzusetzen wäre, um den Prozess der Emissionsreduzierung nicht als eine von außen herangetragene Übergriffigkeit zu verstehen. Dafür wäre es hilfreich, wenn z.B. alternative Produktionsformen, Flächennutzungskonzepte, Kultivierungsprogramme usw. zum obligatorischen Gegenstand der Ausbildung werden (vgl. UBA 2022; UBA 2020, 107).

[39]   In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die Erweiterung der Wissensbezüge auch eine Anreicherung der beruflichen Identität bedeutet – eine Weiterentwicklung zu einer tiefergehenden Berufskultur (vgl. Knoblauch 2013, 353). 

[40]   Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die von Florian Kaiser und Urs Fuhrer entworfene Koordinationsmatrix, die manifestes ökologisches Handeln von einer Vielzahl ineinander verwebten Wissensformen abhängig macht. Zudem wird herausgehoben, dass nicht Wissen allein zu einer konkreten Handlungsentscheidung führt, wohl aber potenzielle Voraussetzungen dafür hinterlegt werden, was als „Elastizität“ beschrieben wird (Kaiser/Fuhrer 2000, 63).

[41]   Kerschensteiner wendet sich hier zum einen gegen die seinerzeit vorherrschende Auffassung der ‚Buchschule‘, in welcher das Auswendiglernen (Unterrichtetheit) über den Stand von Bildung entschied (vgl. Wilhelm 1957, 46).

[42]   Ein solcher Grundsatzdiskurs wurde 2019 zwischen Klaus Beck und Günter Kutscha in der bwp@-online (35) ausgetragen. Doch der Kern der Auseinandersetzung wurde schnell deutlich, ging es doch um eine Reproduktion wohlbekannter Streitmuster zwischen Kritischem Rationalismus und Kritischer Theorie. Eine andere Qualität hätte diese Auseinandersetzung sicherlich gehabt, hätte Günter Kutscha seinen am Ende anvisierten „kritischen Pragmatismus“ deutlicher konturiert (Kutscha 2020, 6). Denn auch Jürgen Zabeck spricht von einer „rational rekonstruierende[n] Berufsbildungstheorie“, der er aber ebenfalls nur knappe Ausführungen hinzufügt (Zabeck 2013, 15).

[43]   Der Weg in Richtung Nachhaltigkeitskompetenzen besitzt in gewisser Weise einen affirmativen Charakter, wird doch der gesellschaftliche Status quo keiner kritischen Prüfung unterzogen (vgl. dazu auch Schwandt 2010, 31).  In dieser Form erinnert es an die ‚schwache Nachhaltigkeitsposition‘, welche das Bewältigungshandeln als eine strategische und weniger reflexive Aufgabe bewertet (vgl. Hauff 2021, 60ff.).

[44]   Es ist schon bezeichnend, dass im ‚Lexikon Berufsbildung‘ von Jörg-Peter Pahl der Begriff Mündigkeit nicht eingetragen ist (vgl. Pahl 2015).

[45]   Adorno zeichnet im Grunde ein recht düsteres Bild der Mündigkeit, da diese fortlaufend von der Übergriffigkeit der Gesellschaft entleert werde. Einzig das Eingeständnis in diese Ohnmacht bewahre das Moment der Mündigkeit, von dem nun Gestaltung möglich sei (vgl. Adorno 1969a, 147).

[46]   Adorno bezieht diese Aussage auf das Spannungsverhältnis zwischen der Entwicklung des Menschen zur Individualität und seiner dennoch notwendigen Qualifikation im Zusammenhang „seiner Funktion in der Gesellschaft“ (Adorno 1969b, 118). Die Situation ist aktuell eine Ähnliche, muss es doch dem Menschen gelingen, in einer grundständigen Berufsausbildung zugleich deren ökologische Folgen zu erkennen.

[47]   So schreibt z.B. Isaiah Berlin: „Die Natur kann ich, zumindest prinzipiell, mit Hilfe technischer Mittel nach meinem Willen formen und gestalten. Aber wie soll ich mit widerstrebenden Menschen umgehen?“ Dieses kurze Zitat macht deutlich, dass das eigentliche Problem der Freiheit nur als Folge zwischenmenschlicher Interaktionen in Erscheinung tritt (Berlin 2017, 103).

[48]   Zwar besitzt die berufliche Umweltbildung eine gewisse Historie innerhalb der Berufs- und Wirtschaftspädagogik, doch sind es die Arbeiten und Projekte zur ‚Berufliche Bildung für eine nachhaltige Entwicklung‘, die seit Anfang der 2000’er Jahre zu einer größeren Aufmerksamkeit geführt haben (vgl. BMBF 2002; Rebmann/Schlömer 2020).

[49]   Fragen der Ökologie sind eigentlich nicht neu, lassen sich diese doch unter dem Stichwort des nachhaltigen Umgangs mit der Natur mindestens bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen, dessen oft genannter Protagonist Hans Carl von Carlowitz mit seiner Abhandlung Sylvicultura oeconomica ist (vgl. Hauff 2021, 2f.). Der Übertrag in die Pädagogik fand hingegen sehr spät statt und ist v.a. Ergebnis umweltbezogener Aktivitäten in den 1980er Jahre (vgl. Birnbacher 1980a). Allerdings ging es seinerzeit lediglich um „die Einbeziehung der Natur in den Horizont des Planbaren“, nicht aber um die etwaige Beschränkung (Birnbacher 1980b, 133).

[50]   Die sogenannte ‚starke Nachhaltigkeitsposition‘ wurde erstmals 1999 von Herman Daly, später dann in theoretisch ausgereifter Fassung von Konrad Ott und Ralf Döring 2004 vorgelegt und vertreten (vgl. Ott/Döring 2008; Ergan-Krieger et. al 2009). Der Grundgedanke geht „von einer weitgehenden Unersetzlichkeit und Komplementarität von Naturkapitalien zu anderen Naturkapitalien aus“ (Döring 2009, 32).

[51]   Was nutzt es, wenn entlang einer fehlenden Beschneidung der Freiheitsrechte Fischbestände aussterben und sich so über den Verlust der Artenvielfalt auch die Gestaltungsmöglichkeiten z.B. der gastronomischen Berufsbilder reduzieren (vgl. Ott/Döring 2008, 278f.).

[52]   Das Eingeständnis einer ausgewogenen Nachhaltigkeitsposition, wie sie z.B. Michael von Hauff vertritt, wird auszudiskutieren sein. Denn als pragmatische Mitte, als öko-anthropozentrische Haltung ist sie vielleicht nicht mehr als der ausgehandelte Kompromiss (vgl. Hauff 2021, 65). 

[53]   Der Aspekt der Kreativität ist hier an Heinrich Roth angelehnt, der seinen Begriff der Handlungsfähigkeit auch eine „kreative Funktion“ anheimstellt. Denn nur in dieser Form lasse sich aus der kritischen Reflexion auch Entwicklungspotenziale generieren (Roth 1976, 383f.)

Zitieren des Beitrags

Stomporowski, S. (2023): Berufsbildungstheoretische Fußspuren in Zeiten des Klimawandels – Aspekte einer kritisch-ökologischen Position. In: bwp@ Spezial 19: Retrieving and recontextu­alising VET theory. Hrsg. v. Esmond, B./Ketschau, T. J./Schmees, J. K./Steib, C./Wede­kind, V., 1-37. Online: https://www.bwpat.de/spezial19/stomporowski_de_spezial19.pdf (30.08.2023).