bwp@ Spezial AT-3 - September 2021

Wirtschaftspädagogik in Österreich 2021

Beiträge zum 14. Österreichischen Wirtschaftspädagogikkongress

Hrsg.: Peter Slepcevic-Zach & Susanne Kamsker

Die Revision kaufmännischer Lehrinhalte in der digitalen Transformation und das Wissenstrilemma der Lehrkräfte und Ausbilder/innen

Beitrag von Bernd Gössling & Annette Ostendorf
Schlüsselwörter: : Curriculare Arbeit, Digitalisierung, kaufmännische Lehrinhalte, Lehrkräfte, Ausbilder/innen

Die digitale Transformation der Wirtschaft macht eine Revision kaufmännischer Lehrinhalte in der beruflichen Bildung notwendig. Die entsprechenden inhaltlichen Arbeiten finden weniger auf Ebene von Curriculumkommissionen statt, sondern vielmehr bei der Implementation von Rahmenlehrplänen durch Lehrkräfte und Ausbilder/innen, die umfangreiche fachdidaktische ‚Übersetzungsleistungen‘ erbringen. Im vorliegenden Beitrag wird dieser Prozess am Beispiel des Themenfeldes Online-Handel analysiert. Dabei zeigt sich, dass die lernortnahe Curriculumarbeit der Lehrenden in der Berufsbildung einer der wenigen vielversprechenden Ansätze ist, die Revisionsbedürftigkeit kaufmännischer Lehrinhalte pädagogisch begründbar und fachdidaktisch sinnvoll zu gestalten. Konkret werden im Beitrag bereits modernisierte Ordnungsgrundlagen der betrieblichen und schulischen Berufsbildung herangezogen – der neue Lehrberuf E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau und die Handelsakademie Digital Business –, um anhand dessen Herausforderungen bei der Implementation durch die Lehrenden zu erfassen. Zu den gemeinsamen Herausforderungen der Lehrenden gehört insbesondere das für die Revision erforderliche Wissen aufzubauen, trotz Schwierigkeiten beim Zugang zu Wissen über die Digitalisierungspraxis in den kaufmännischen Tätigkeitsfeldern, zu wissenschaftlichem Wissen und zu fachdidaktischem Wissen. Für kaufmännische Lehrkräfte und Ausbilder/innen ergibt sich ein Wissenstrilemma beim Zugang zu fachbezogenen Wissensquellen. Aus einer konnektivitätstheoretischen Perspektive schlagen wir konkrete Unterstützungsmöglichkeiten für die fachliche Weiterbildung der Lehrenden vor.

The revision of commercial teaching contents in the digital transformation and the knowledge trilemma of teachers and trainers

English Abstract

The digital transformation of the economy implies a revision of commercial teaching content in vocational education and training. The corresponding content work does not predominantly take place at the level of the curriculum committees, but rather in the process of implementing framework curricula by teachers and trainers who perform an extensive subject didactical translation of new content. This article examines this process using the example of online retail. It can be shown that the independent curriculum implementation at the level of vocational schools and training companies is one of the few promising approaches for a justifiable and a didactically useful design of the needed revision of commercial teaching content. Specifically, this article refers to already modernized framework curricula in order to address the challenges faced by teachers and trainers, this is the new dual apprenticeship in e-commerce and the Handelsakademie Digital Business. One of the common challenges is the development of the subject knowledge required for the revision of the teaching content. Teachers and trainers alike face difficulties in accessing knowledge about the practice of digitization in commercial fields, scientific knowledge and subject didactic knowledge. It turns out that accessing subject-related knowledge leads to a knowledge trilemma. Based on a connectivity-theoretical perspective, we propose concrete support options for the professional development of teachers and trainers.

1 Zur Revision kaufmännischer Lehrinhalte

Die Inhalte kaufmännischer Bildung stehen in einem engen Zusammenhang mit der kaufmännischen Praxis. Es besteht zwar keine unmittelbare Maßgeblichkeit der Veränderung kaufmännischer Praxis für Bildungsziele und -inhalte. Dies entspräche einem Sein-Sollens-Fehlschluss und würde eine zwischengeschaltete pädagogische Legitimation unterlaufen. Aber dennoch muss sich berufliche Bildung zu Entwicklungen in den beruflichen Tätigkeitsfeldern, auf die sie vorbereitet, inhaltlich positionieren. Eine Veränderung kaufmännischer Tätigkeiten impliziert somit eine Revision kaufmännischer Inhalte. Unserer Einschätzung nach stand bislang die kaufmännische Bildung bei der zeitnahen Revision von Lehrinhalten kaum im Fokus wissenschaftlicher Betrachtung, weil die Änderungsgeschwindigkeit bei der Wissensbasis kaufmännischer Berufe deutlich geringer ist als beispielsweise in technischen Berufen. Kaufmännische Kernthemen, wie die Grundlagen der Buchführung, der Preisgestaltung oder Lieferantenauswahl, sind – auf der Ebene des schulischen Grundlagenwissens – über Jahrzehnte hinweg vergleichsweise stabil geblieben. Das ändert sich jedoch im Zuge der digitalen Transformation der Wirtschaft für wichtige kaufmännische Tätigkeitsfelder sehr deutlich. Zentrale betriebswirtschaftliche Funktionen werden durch die Digitalisierung nicht nur inkrementellen Änderungen ausgesetzt, sondern erleben starke Brüche. Dies gilt z. B. für das Marketing, aber auch für den Bereich der Finanzierungsformen, Produktion und Logistik. Inhaltliche Revisionen können sich auch zwischen den mehrjährigen Modernisierungszyklen der beruflichen Rahmenlehrpläne ergeben. Das rückt die aktive Ausnutzung curricularer Gestaltungsspielräume durch beruflich Lehrende in den Fokus. Bisher eingespielte Modi der Unterrichtsplanung, beispielsweise im Bereich der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS), in der durch das sehr gut ausgebaute Spektrum der Schulbücher quasi ein ‚heimlicher Lehrplan‘ für die inhaltliche Gestaltung galt, werden von der Entwicklung überrollt, weil für innovative kaufmännische Themenfelder, wie den Online-Handel, etablierte Schulbücher fehlen.

Was in berufsbildenden Schulen die Schulbücher zur Standardisierung des kaufmännischen Wissens bei den Lernenden bewirken, leisten im betrieblichen Teil der Lehrausbildung immer schon Ausbilder/innen über ihre beruflichen Routinen und etablierten Konzepte zur Umsetzung von Ausbildungsordnungen. Auch hier ist die Digitalisierung eine große Herausforderung für die kaufmännische Ausbildung, vor allem auch deshalb, weil sie in den einzelnen Betrieben sehr unterschiedlich stark und breit umgesetzt wird.

Wir wollen in diesem Beitrag die Arbeiten der Lehrenden bei der Revision kaufmännischer Inhalte anhand von zwei Beispielen aufzeigen: den neu eingeführten dualen Lehrberuf E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau sowie die Ausbildung an der Handelsakademie Digital Business (HAK DigB). Die Fälle sind so gewählt, dass Bereiche im Feld kaufmännischer Bildung hervorgehoben werden, die hinsichtlich der digitalen Transformation eine Vorreiterrolle übernehmen (Kapitel 2). Unsere Auseinandersetzung mit den Revisionsaufgaben der Lehrenden erfolgt im Kontext lernortnaher Curriculumarbeit (Kapitel 3). Damit widmen wir uns „der anderen Seite“ der Curriculumentwicklung. Neben der Curriculumkonstruktion in Lehrplankommissionen stellen wir die Curriculumrezeption und (Mit)-Entwicklung durch Lehrende und Ausbildende ins Zentrum unserer Überlegungen. Vor diesem Hintergrund betrachten wir dann spezifisch die Wissensentwicklung des Berufsbildungspersonals an den Lernorten Schule und Betrieb. Hinsichtlich ausbildungsrelevanter Bestandteile kaufmännischen Wissens zeigen sich sehr unterschiedliche Bedingungen für Wissensaufbau und -erweiterung. Es ergibt sich ein Wissenstrilemma kaufmännischer Lehrender, welches für die pädagogischen Arbeitskontexte ‚betriebliche Ausbildung‘, ‚Berufsschule‘ und ‚Handelsakademie‘ konkretisiert wird (Kapitel 4). Im Anschluss daran werden auf Basis konnektivitätstheoretischer Überlegungen Unterstützungsmöglichkeiten für die fachliche Weiterbildung der Lehrenden vorgeschlagen (Kapitel 5), bevor der Beitrag mit einem Fazit abschließt (Kapitel 6).

2 Die digitale Transformation der Wirtschaft am Beispiel des Online-Handels

Die digitale Transformation der Wirtschaft ist mehr als die Umwandlung analoger Werte und Daten in digitale Formate (vgl. u. a. Gössling/Sloane 2020, 137; Kamsker/Slepcevic-Zach 2019, 303). Digitalisierung umfasst auch Prozesse, in denen digitale Technologien neue Möglichkeiten eröffnen. Es kommt zu Funktionserweiterungen. Mobile Endgeräte und neue Bezahlsysteme können beispielsweise im Online-Handel genutzt werden, um Produktverkäufe und Serviceleistungen unabhängig vom Ort und teilweise unabhängig von Geschäftszeiten abzuschließen. Jenseits der Funktionserweiterung etablierter Geschäftsmodelle gehören auch gänzlich neuartige Wirtschafts- und Geschäftspraktiken zur digitalen Transformation. Die hohe Verbreitung mobiler Endgeräte erlaubt es beispielsweise Anbietern kostenloser Apps umfangreiche Nutzerdaten zu sammeln, die ein prescriptive marketing ermöglichen. Insbesondere Anwendungen, die auf künstlicher Intelligenz basieren (KI), scheinen ein breites Spektrum der Veränderung im Marketing möglich zu machen (vgl. Davenport et al. 2020, 25). Grundlage dafür ist, dass im Datennetz Informationen über die Nutzer/innen gesammelt werden, die über das hinaus gehen können, was den Personen selbst bewusst ist. Auf Basis solcher Nutzer/innendaten kann durch einen Algorithmus bestimmt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, dass eine Person sich als nächstes für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung interessiert, das bzw. die sie bisher noch nicht kannte. Wenn die Person dann mit einem Werbebanner auf dem Display genau darauf gestoßen wird (nudging) kann ein Interesse entstehen, das bisher höchstens latent vorhanden war. Konsument/inn/en und Produzent/inn/en beginnen auf neue Weise zu interagieren bzw. reagieren. Digitale Transformation dieser Art hat bereits begonnen, aber es geht um einen laufenden Prozess mit bisher begrenzter Reichweite. Für kaufmännische Tätigkeiten ergeben sich daraus zunächst vereinzelt, jedoch mit zunehmender Dynamik, neue Aufgaben, die eine Aktualisierung der Wissensbasis erfordern. Dafür wird in einem gewissen Umfang auch eine Revision kaufmännischer Lehrinhalte (in der Ausbildung) nötig.

3 Lernortnahe Curriculumarbeit in der beruflichen Bildung

Um zu analysieren, wie durch curriculare Entwicklungsarbeiten Lehrinhalte revidiert werden können, muss eine curriculumtheoretische Basis gelegt werden. Zusammenfassend lassen sich zwei verschiedene Zugänge zur Arbeit mit Curricula unterscheiden (vgl. Gössling/Luft 2019, 59f.; Sloane 2003, 2ff.). Curricula im engeren Sinne sind Kodifikationen für beabsichtigte Lernprozesse (vgl. Hameyer/Frey/Haft 1983, 21). Es geht also um curriculare Dokumente, wie Lehrpläne, Unterrichtsmaterialien und bildungsbezogene Rechtsvorschriften. Denkbar ist es auch, Schulbücher als ‚heimliche Lehrpläne‘ zu den Curricula in diesem Sinne zu zählen.[1] Hier steht die Perspektive des Lehrplans als Endprodukt curricularer Arbeit im Vordergrund.

Als Curriculum im weiteren Sinne werden die Prozesse verstanden, die die Entstehung und Implementation von Innovationen beinhalten (vgl. Hameyer/Frey/Haft 1983, 21). Dieser erweiterte Begriff umfasst also auch die Planungsschritte auf dem Weg zur Konstituierung intendierten Lernens durch diejenigen, die das Curriculum bei ihrer Unterrichts- und Ausbildungsarbeit verwenden. Hier steht die Perspektive der Curriculumverwender/innen als Rezipient/inn/en im Vordergrund. Rezeption bedeutet, dass schulische Lehrkräfte und betriebliche Ausbildende einen produktiven Prozess durchlaufen, bei dem curriculare Vorgaben im Kontext der eigenen pädagogischen Arbeit interpretiert und konkretisiert werden (vgl. Sloane 2003, 3). Dabei spielt die Berücksichtigung des Qualifikationswandels in der Arbeitswelt eine Rolle, aber auch der wissenschaftliche Fortschritt in den relevanten Fächern. Das aus Sicht der Lernenden im Alltag „gelebte Curriculum“ kann dabei von dem intendierten Curriculum abweichen. In dieser Gesamtsicht ist auch die Evaluation des Curriculums vorgesehen (vgl. Gössling/Luft 2019, 59).

Wenn bei voranschreitender digitaler Transformation der Wirtschaft sich die Aufgaben kaufmännischer Beschäftigter ändern, stellt sich die Frage, wo die Revision der Inhalte im Rahmen der curricularen Arbeit vorgenommen werden kann und in welcher Tiefe und Abstraktion dies für die Sekundarstufe sinnvoll erscheint. Eine erste Möglichkeit zur Revision kaufmännischer Lehrinhalte ergibt sich durch die curricularen Arbeiten in Lehrplankommissionen. In der österreichischen Berufsbildung gilt beispielsweise ein gesetzlicher Auftrag, die Berufsbilder der dualen Ausbildung mindestens alle 5 Jahre zu aktualisieren.[2] Für den Bereich der BMHS wird eine Überarbeitung der Lehrpläne in der Regel alle 10 Jahre angestrebt. Im Hinblick auf die Veränderungsgeschwindigkeit beispielsweise im Online-Handel können 10 Jahre eine lange Zeitspanne sein. Daher stehen kodifizierte Lehrpläne stets in der Gefahr der Entwicklung in den beruflichen Tätigkeitsfeldern „hinterherzuhinken“, um so mehr, wenn die Veränderungsdynamik zunimmt. Ein Ansatz zur Lösung dieses Problems ist die Einführung von Rahmenlehrplänen, wie es sie auch für die berufliche Bildung gibt. Hier werden nur grobe Vorgaben zu Zielen und Inhalten gemacht. Dementsprechend soll dann eine Präzisierung der Curricula vor Ort geleistet werden. Damit wird die eigentliche inhaltliche Arbeit auf Schulen und Betriebe verlagert. Entsprechend dieser zweiten Möglichkeit der Revision von Inhalten beauftragt das Schulunterrichtsgesetz die Lehrkräfte damit die „äußeren Gegebenheiten“ und auch den jeweils aktuellen „Stand der Wissenschaft“ beim Unterrichten zu berücksichtigen (vgl. § 17 Abs. 1 SchUG).

Damit kommt es im Rahmen eines erweiterten Curriculumverständnisses zu einem Blick-wechsel von der Curriculumkonstruktion – in Lehrplankommissionen – hin zur Curriculumrezeption durch schulische Lehrkräfte und betriebliche Ausbildende vor Ort (vgl. Ostendorf 2020b, 32). Curriculumrezeption ist hier mehr als eine einfache „Umsetzung“ des vorgegebenen Lehrplans. Lehrende werden im Rahmen der Curriculumpräzisierung zu ihren eigenen Lehrplanentwickelern, weil sie konkrete Pläne erstellen müssen, mit denen sie unterrichten bzw. ausbilden können und mit denen sie die Lernenden unter ihren jeweiligen Bedingungen unterstützen (vgl. Sloane 2003, 3 und 10). Analoges gilt für Ausbilder/innen im Betrieb, die ausgehend von Ausbildungsordnungen konkrete Ausbildungspläne entwickeln. Soll der Vorgang der Curriculumrezeption in Schule und Betrieb dem umfassenden Anspruch beruflicher Bildung entsprechen, dann muss eine reduzierte Übernahme von Qualifikationsanforderungen aus der Wirtschaft überwunden werden (vgl. Sloane 2003, 3). Dazu gilt es im Rahmen der lernortnahen Curriculumarbeit nicht nur zu klären, welche neuen Inhalte zur Vorbereitung auf künftige kaufmännische Tätigkeiten relevant sind, sondern auch festzustellen, welchen Beitrag ein bestimmter Lehrinhalt für die Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden und damit für die Erfüllung des Bildungsauftrags leisten kann.

Die Fokussierung der Rezeptionsperspektive macht zusammenfassend deutlich, dass die Revision der Inhalte im Rahmen lernortnaher Curriculumarbeit Wissen voraussetzt, mit dem die Revisionsbedürftigkeit von Inhalten eingeschätzt werden kann. Es bedarf eines ‚Wissens über das Wissen‘ und einer darauf bezogenen pädagogischen Urteilskraft. Da die Inhalte einem Wandel unterworfen sind, stellt sich weiterhin die Frage, wie sich schulische Lehrkräfte und betriebliche Ausbildende einen Wissenszugang verschaffen können.

4 Das Wissenstrilemma der Lehrenden bei der Revision kaufmännischer Lehrinhalte

Die Veränderungen der betrieblichen Wertschöpfungsprozesse durch die Digitalisierung führen auch zur Neupositionierung von kaufmännischen Lehrinhalten, sowohl in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung als auch in ihrer jeweiligen Bedeutung. Dabei kann nicht davon ausgegangen werden, dass alles in den Lehrplänen, Schulbüchern oder Handreichungen zur Verfügung steht. Vielmehr erfordert dies, dass die Lehrenden die entsprechenden curricularen Vorgaben einer kritischen wirtschaftsdidaktischen Überprüfung und Überarbeitung unterziehen und sich dabei sehr stark auf die eigene oder kollektive (im Team der Lehrer/innen oder Ausbildenden) gestützte Wissensentwicklung verlassen müssen. Das Problem besteht darin, dass hier eine Wissensentwicklung in einem wenig durchschaubaren und facettenreichen Umfeld erfolgen muss. Wird die Trias des fachbezogenen Wissens kaufmännischer Lehrkräfte betrachtet (vgl. Ostendorf 2020a, 10), so lässt sich erkennen, dass hier große Schwierigkeiten zu erwarten sind, die wir als Wissenstrilemma bezeichnen wollen (Abbildung 1).

Abbildung 1: Kaufmännische Lehrende und die Trias fachbezogenen WissensAbbildung 1: Kaufmännische Lehrende und die Trias fachbezogenen Wissens

Die Trias des fachbezogenen Wissens kaufmännischer Lehrender umfasst:

  • Ein disziplinäres Fachwissen, erworben in tertiären Bildungseinrichtungen, ggf. weiterentwickelt durch informelles Selbststudium und Lehrerfortbildung oder Weiterbildung der Ausbilder/innen.
  • Ein Wissen der kaufmännischen Praxis, erworben durch eigene betriebliche Tätigkeiten im Fall von Ausbilder/innen, durch betriebliche Praxisphasen, im Fall von schulischen Lehrkräften, ggf. weiterentwickelt durch punktuelle Teilhabe an und Vernetzung mit der Praxis in beiden Fällen.
  • Ein fachdidaktisches Wissen, Unterrichtsstoff, curriculares Wissen, entwickelt in der Lehreraus- und -weiterbildung und informell in der eigenen Schulpraxis.

Ein Wissenstrilemma zeigt sich hier darin, dass die Lehrenden alle drei Elemente des fachbezogenen Wissens für die fachlich-inhaltliche Revisionsarbeit benötigen, jedoch jeweils spezifische Schwierigkeiten beim Zugang zu diesen Wissensquellen zu überwinden haben.

Kaufmännische Lehrende haben häufig nur beschränkte Möglichkeiten die Entwicklung des disziplinären Fachwissens, beispielsweise über tertiäre Studien- und wissenschaftliche Weiterbildungsprogramme, zu verfolgen. Es gibt einerseits nachvollziehbar wenig Anstrengung von Hochschullehrer/inne/n, das entsprechende Wissen fachdidaktisch für Bedarfe des Unterrichts in der Sekundarstufe aufzubereiten. Berufsbildungspraxis und Wissenschaftsbetrieb sind voneinander abgekoppelt. Betriebswirtschaftliche Hochschullehrer/innen orientieren sich am unmittelbaren Fortschritt der Forschung in ihren Spezialgebieten, die oftmals auch Erhebungen in der betrieblichen Praxis miteinschließen. Sie versuchen dies dann in ihrer forschungsorientierten Lehre umzusetzen. Die Publikationszyklen sind jedoch lang und sowohl die internationalen, referierten Journalbeiträge als auch die universitäre Lehrpraxis adressieren an vielen Stellen nicht primär und nicht unmittelbar die Fragen und pädagogischen Aufgaben beruflicher Lehrkräfte und Ausbilder/innen.

Für Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen spielt darüber hinaus das Wissen der kaufmännischen Praxis eine besondere Rolle, da sie sich mit ihrem Unterricht nicht nur auf ein Fach, sondern auch auf einen beruflichen Handlungszusammenhang beziehen. Dieses Praxiswissen ist ein besonderes Merkmal, das in der Lehrer/innen/bildungsforschung, die stark vom Unterricht allgemeinbildender Fächer dominiert ist (siehe z. B. COACTIV-Studie; vgl. Ostendorf 2020a), meist ausgeklammert wird. Für die Ausbilder/innen im Betrieb ist dieses Praxiswissen Voraussetzung für die Ausbildung von beispielsweise Lehrlingen und Praktikant/inn/en. Die Ausbildungsaufgabe besteht darin, den Lernenden eine Teilnahme und zunehmende Verantwortung in ihrem Arbeitsfeld zu ermöglichen, und so die Aneignung des Praxiswissens zu ermöglichen.

Der Zugang zu fachdidaktischem Wissen im etablierten Modus der Orientierung an Schulbuchwissen entfällt dort, wo die Veränderungsdynamik im Feld die Schulbuchentwicklung überholt. Schulische Umsetzungspläne, Handreichungen und Leitfäden für die betriebliche Ausbildung müssen also von den Lehrenden selbst entwickelt bzw. weiterentwickelt werden. Dafür benötigen sie Zugang zu allen drei Wissensquellen.

Der Zugang von Lehrkräften zu kaufmännischem Praxiswissen und der Zugang von Ausbilder/inne/n zu dem Unterrichtsstoff der Schulen hängt jedoch vielfach von der Qualität der Lernortkooperation ab. Die Kooperation zwischen Schule und Betrieb erfolgt häufig nur punktuell und defizitbezogen (vgl. Euler 2004, 15). Sie ist bislang nur selten geeignet, systematisch und proaktiv die Aktualisierung des Wissens zu unterstützen. Befragungen von Lehrkräften und Ausbilder/inne/n haben gezeigt, dass die komplexe Aufgabe, sich Wissensquellen anderer Lernorte zu erschließen, am ehesten dort gelingt, wo Lehrkräfte bzw. Ausbilder/innen teamförmige Arbeitsstrukturen gebildet haben (vgl. Gössling et al. 2019, 562; Gössling/Emmler 2019, 158).

Wir werden diese Problemkomplexe kaufmännisch Lehrender bei der Wissenserschließung im weiteren Verlauf exemplarisch an dem Lehrberuf E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau und an der Handelsakademie Digital Business aufzeigen. Dadurch können wir drei Typen beruflich Lehrender berücksichtigen: betriebliche Ausbilder/innen, Berufsschullehrkräfte und BMHS Lehrkräfte.

4.1 Beispiel: Das Wissenstrilemma betrieblicher Ausbilder/innen für den Lehrberuf E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau

Die digitale Transformation der Wirtschaft führt zu neuartigen kaufmännischen Tätigkeitsfeldern, die in Österreich von den Sozialpartnern bisher unter anderem in der Form aufgegriffen wurden, dass ein neuer Lehrberuf vereinbart worden ist. Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) hat in dieser Folge für den neuen Lehrberuf E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau eine eigene Ausbildungsordnung erlassen (AO E-Commerce 2018). Diese Ausbildungsordnung definiert Mindeststandards, schafft jedoch gleichzeitig einen weitreichenden Spielraum für die Umsetzung betriebsspezifischer Besonderheiten in der Ausbildung. Wie andere Lehrberufe auch umfasst der/die E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau insgesamt 5 Berufsbildpositionen. Berufsbildposition 1 bis 4 stimmen praktisch vollständig mit den gleichlautenden Berufsbildpositionen der meisten anderen kaufmännischen Lehrberufe überein. Das betrifft die Themen- und Aufgabenkomplexe „Der Lehrbetrieb“, „Verwaltung, Organisation, Kommunikation und EDV“, „Beschaffung und Angebot“ sowie „Betriebliches Rechnungswesen“. Lehrberufsspezifische Neuerungen finden sich in Berufsbildposition 5 „Erweiterte Kompetenzen“. Auffällig ist, dass die allgemeinen Berufsbildpositionen auch Bereiche betreffen, bei denen es beispielsweise große Unterschiede zwischen der betrieblichen Umsetzung im E-Commerce im Vergleich etwa zum stationären Einzelhandel gibt. Dazu gehören Positionen wie die Abwicklung des Zahlungsverkehrs „mit Behörden, Post, Geld- und Kreditinstituten“ (vgl. AO E-Commerce 2018, 4). Für die Implementation des Rahmenlehrplans ist es wichtig diese allgemeinen Vorgaben betriebsspezifisch zu konkretisieren und in diesem Zuge beispielsweise Wissen über mobile payment oder FinTech aufzunehmen, wo dies relevant ist. Zu den unter Position 5 von der Curriculumkommission vorgegebenen neuen Themenkomplexen gehören einige, die für E-Commerce besonders wichtig sind, beispielsweise (vgl. AO E-Commerce 2018, 5ff.):

  • Shopmanagementsysteme,
  • Datensicherheit,
  • Display Marketing,
  • Social-Media-Marketing und
  • Suchmaschinenoptimierung.

Da es sich bei den Themenkomplexen, die neu im Beruf E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau aufgenommen worden sind, um kaufmännische Aufgaben handelt, die sich noch herausbilden und für Lehrende überwiegend noch neu sind, zeigt sich das Wissenstrilemma in seinen drei Facetten besonders deutlich:

  1. Bezogen auf disziplinäres Fachwissen für kaufmännische Entscheidungen im E-Commerce sind die Möglichkeiten der Wissensentwicklung für viele Ausbilder/innen nur punktuell gegeben. Ein guter Zugang besteht beispielsweise im Fall von Start-ups oder Spin-offs, die von Absolvent/inn/en universitärer Studien gegründet wurden. Hier ist das kürzlich im Laufe des Studiums erworbene Fachwissen häufig Ausgangspunkt für den Aufbau von Alleinstellungsmerkmalen und damit entscheidend für das (digitale) Geschäftsmodell. Auf disziplinäres Fachwissen können darüber hinaus prinzipiell auch Ausbilder/innen zugreifen, die in Betrieben beschäftigt sind, die neu ins E-Commerce einsteigen und deren Aktivitäten in diesem Bereich möglicherweise noch im Aufbau sind. Dafür sind dann zusätzliche wissenschaftliche Weiterbildungen erforderlich, von denen man jedoch weiß, dass gerade für beruflich Qualifizierte vielschichtige Hindernisse für eine Teilnahme bestehen (vgl. z. B. Martens/Haarnack 2015). Dementsprechend finden wissenschaftliche Weiterbildungen dieser Ausbilder/innen nur selten statt. Neuerungen des disziplinären kaufmännischen Wissens finden vielfach nur vermittelt über andere Wege ihren Eingang in die Betriebspraxis, beispielsweise über Unternehmensberatungen, betriebsinterne Weiterbildungen oder autodidaktische Lernaktivitäten.
  2. Ein weitgehender, wenn auch nicht unproblematischer, Zugang besteht für betriebliche Ausbilder/innen zu kaufmännischem Praxiswissen. Über dieses Wissen zu verfügen ist im Rahmen der öffentlichen Regulierung von Lehrbetrieben zugleich rechtliche Voraussetzung für das Angebot einer Lehrstelle im E-Commerce. Das Bundesausbildungsgesetz (§ 3 BAG) sieht vor, dass nur ausbilden darf, wer die „Fachkenntnisse für die Ausbildung“ besitzt (§ 3 BAG). Das wird von den Lehrlingsstellen der jeweils zuständigen Wirtschaftskammern überwacht. Auf Basis ihres kaufmännischen Praxiswissens kann es den Ausbilder/inne/n weiterhin gelingen, unter Berücksichtigung der allgemeinen Vorgaben der Ausbildungsordnung betriebsspezifisch auszubilden. Die Problematik dieser Wissensdimension besteht darin, dass die Zahl der geeigneten Ausbilder/innen entscheidend auf diejenigen begrenzt wird, die bereits im E-Commerce tätig sind. Betriebe, die an einem Aufbau eines E-Commerce-Geschäfts interessiert sind, müssen dieses beruflich-betriebliche Wissen zunächst entwickeln.
  3. Hinsichtlich des Zugangs zu fachdidaktischem Wissen über den E-Commerce-Beruf bestehen erhebliche Barrieren für die betrieblichen Ausbilder/innen. Das bezieht sich einerseits auf den in Lehrbüchern aufbereiteten Unterrichtsstoff, über den die Ausbilder/innen nicht, wie sonst üblich, auf Basis ihrer eigenen Ausbildung verfügen, weil die Besonderheiten des Online-Handels noch kein Gegenstand bereits länger bestehender Ausbildungen waren. Das bedeutet weiterhin, dass die Ausbilder/innen bei ihren betrieblichen Ausbildungsbemühungen nicht unbedingt auf bereits gut eingespielte Routinen an den Berufsschulen setzen können. Anders als bei traditionellen kaufmännischen Lehrinhalten ist für sie nicht klar, ob und in welchem Umfang ihre Lehrlinge schulisches Vorwissen zu E-Commerce aufbauen konnten (siehe Abschnitt 4.2). Andererseits umfasst fachdidaktisches Wissen auch Vorstellungen darüber, wie das eigene kaufmännische Wissen so aufbereitet werden kann, dass es dazu geeignet ist, die Bildungsprozesse der Lehrlinge zu fördern. Für die selbsteingeschätzte medienerzieherische Kompetenz beispielsweise konnte anhand einer Befragung unter Ausbilder/inne/n im E-Commerce gezeigt werden, dass diese als gering ausgeprägt bewertet wird (vgl. Sailer/Annen 2021, 14). Im Feld fand sich ein großes Spektrum medienerzieherischen Umgangs mit den Lehrinhalten, das von einer Begrenzung auf eine „reine Vermittlung datenschutzrechtlicher Bestimmungen“ bis zu einer umfassenden Auseinandersetzung mit dem Medienverhalten inklusive „Eingriffen bei exzessivem Medienkonsum“ (vgl. Sailer/Annen 2021, 16) reicht. Dies deutet darauf hin, dass für die Ausbilder/innen die Arbeit mit ihrem eigenen Fachwissen, und ausgeprägten eigenen Kompetenzen für die Nutzung von Medien, in fachdidaktischer Absicht eine Herausforderung darstellt.

Eine Revision kaufmännischer Lehrinhalte ist für Ausbilder/innen daher nur dann zu leisten, wenn sie über alle drei Wissensquellen in ausreichendem Maße verfügen. Das gilt auch für die Lehrkräfte, die den/die E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau am Lernort Schule ausbilden.

4.2 Beispiel: Das Wissenstrilemma von Berufsschullehrkräften bei der Ausbildung des Lehrberufs E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau

Für die berufsschulische Ausbildung des Lehrberufs E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau wurde ein neuer Rahmenlehrplan verabschiedet (vgl. RLP E-Commerce 2018). Dieser Lehrplan umfasst insbesondere allgemeine Pflichtgegenstände (Religion, politische Bildung, Deutsch und Kommunikation, berufsbezogene Fremdsprache), betriebswirtschaftlichen Unterricht und den Fachunterricht. Die Lehrinhalte des betriebswirtschaftlichen Unterrichts im Rahmenlehrplan für E-Commerce stimmen fast vollständig mit dem für Bürokaufleute überein.[3] Im Fachunterricht hingegen finden sich eine Vielzahl von Bildungs- und Lehraufgaben, die gegenüber bisherigen kaufmännischen Lehrberufen völlig neu sind. Die von den Lehrkräften vorzunehmenden Entwicklungsarbeiten für die Implementation des Lehrplans und die Aufarbeitung neuer Lehrinhalte sind sehr umfangreich. Das hängt nicht nur mit der Neuartigkeit der Themen zusammen, sondern auch damit, dass im RLP E-Commerce (2018) gezielt Technologie-unspezifische und offene Formulierungen gewählt wurden, die es ermöglichen, Innovationen bei Technik und Geschäftspraktiken im Zuge der Curriculumrezeption zu berücksichtigen. Exemplarisch dafür können Bildungs- und Lehraufgaben im Zusammenhang mit diesen Themenkomplexen stehen (vgl. RLP E-Commerce 2018, 15):

  • Werbeformen im Display-Marketing
  • Online-Kundenbewertungssysteme
  • Warendaten in Online-Shops
  • Kontaktstrecke von der Werbung außerhalb des Online-Shops bis zum Online-Verkauf

Anhand einer Fallstudie, die wir an einer Tiroler Berufsschule durchgeführt haben, zeigte sich, dass für die Implementation dieses neuen Lehrberufs zwar grundsätzlich ausreichend kaufmännische Lehrpersonen verfügbar waren, aber diejenigen, die nach Ausbildungsbeginn den Fachunterricht übernahmen, sich das berufsspezifische Wissen selbstständig aneignen mussten. Der Forschungsstand zur inhaltlichen Arbeit schulischer Lehrkräfte zeigt, dass typischerweise auf Schulbücher und selbst erstellte Manuskripte zurückgegriffen wird. Eine Infragestellung oder Adaption von Schulbuchwissen auf Basis von Veränderungen im Praxisfeld oder in der Forschung des Faches findet äußerst selten statt (vgl. z. B. Pfannkuche 2013; Seifried 2009). An dieser Stelle soll betont werden, dass die Lehrkräfte an der Tiroler Berufsschule zu den Lehrpersonen gehören, die sich sehr umfassend mit den Herausforderungen beschäftigen, die sich aus den voranschreitenden Veränderungen in den beruflichen Handlungsfeldern der Schüler/innen sowie der Weiterentwicklung im Fach ergeben. Im Bereich E-Commerce war dies zwingend erforderlich. Jedoch ergibt sich auch im Fall der Berufsschule ein umfassendes Wissenstrilemma:

  1. Für den Unterricht sind Berufsschullehrkräfte auch auf disziplinäres Fachwissen angewiesen, das sie für den Unterricht im Bereich E-Commerce auch handlungslogisch rekonstruieren müssen. Es besteht jedoch das Problem, dass die fachliche Ausbildung der Berufsschullehrkräfte in Österreich überwiegend außerhalb tertiärer Bildungseinrichtungen stattfindet. Ein fachwissenschaftlicher Abschluss ist zumindest keine Einstellungsvoraussetzung. Daher ist ein Zugang zu wissenschaftlichem Wissen eher über informelle Lernwege zu erwarten, wie „Gespräche [auf Tagungen und Kongressen], selbstorganisierte Recherche, Lesen von Fachzeitschriften oder Surfen im Internet“ (Ostendorf 2020a, 11). Dieser Zugang ist wichtig, weil es eine tiefe inhaltliche Durchdringung dessen braucht, was die digitale Transformation in den relevanten beruflichen Tätigkeitsfeldern bewirkt. Erst dann ist es möglich, eine Vorstellung darüber zu gewinnen, welche Implikationen dies für den bisher praktizierten betriebswirtschaftlichen Unterricht hat. Die Revision der Lehrinhalte müssen die Lehrkräfte angesichts fehlender Schulbücher weitgehend selbstständig vornehmen. Das heißt, sie bauen ihr auf den E-Commerce-Beruf bezogenes fachdidaktisches Wissen selbst auf (siehe Punkt c.)
  2. Im Fall der Implementation des/der E-Commerce-Kaufmann/Kauffrau kann für die Entwicklung schulinterner Konzepte und Unterrichtsreihen auch im Hinblick auf kaufmännisches Praxiswissen nicht auf Rekonstruktionen in etablierten Schulbüchern oder seit Längerem bewährte, selbsterstellte Lehr-Manuskripte zurückgegriffen werden. Die Herausforderung, sich das Praxiswissen neu zu erschließen, können Berufsschullehrkräfte jedoch meistern, wie sich anhand eines Projekts zeigen ließ, das Naeve-Stoß et al. (2019) im Kontext der schulischen Implementation des vergleichbaren Ausbildungsberufs Kaufmann/Kauffrau für E-Commerce in Deutschland durchgeführt haben. So konnten in diesem Fall Teams von Lehrkräften durch Kooperation mit Ausbilder/inne/n im Betrieb „Wissen über Prozesse, berufsspezifische Situationen und Probleme“ aufbauen (vgl. Naeve-Stoß et al. 2019, 282). Auf dieser Basis war es weiterhin möglich, die curriculare Arbeit an der Schule in der Form kompetenzorientiert voranzutreiben, dass Lehrinhalte nicht ausschließlich fachsystematisch aufgebaut wurden, sondern handlungssystematisch bezogen auf situative Aufgaben und berufliche Probleme der Schüler/innen.
  3. Den Unterrichtsstoff müssen die Berufsschullehrkräfte auf Basis ihres disziplinären Fachwissens und ihrer Teilhabe an kaufmännischem Praxiswissen selbstständig entwickeln, zumindest für den Anteil, der sich lehrberufsspezifisch auf E-Commerce bezieht. Die didaktische Herausforderung besteht insbesondere darin zu klären, welche Bildungsziele auf welche Weise durch die Auseinandersetzung mit den Lehrinhalten des E-Commerce angestrebt werden. Erst dann kann auch die Ausbildung im E-Commerce einen Beitrag zu dem Bildungsauftrag der Schule leisten.

Jedoch stehen nicht nur Berufsschullehrkräfte vor der Herausforderung sich neues, umfangreiches Wissen anzueignen, um die schulische Curriculumarbeit voranzutreiben, wie das folgende Beispiel zeigt.

4.3 Beispiel: Das Wissenstrilemma von BMHS Lehrkräften der Handelsakademie Digital Business

Der wohl für die kaufmännischen Schulen in Österreich am weitreichendsten die Digitalisierung aufnehmende Lehrplan ist der für die fünfjährige Handelsakademie in der Spezialform ‚Digital Business‘ (HAK DigB 2018), der derzeit an 18 von 118 schulischen Standorten umgesetzt wird. Es handelt sich um ein schulisches Angebot, das auf Allgemeinbildung, kaufmännische und IT-spezifische Bildung abzielt. Zu einem für alle Handelsakademien typischen inhaltlichen Stammbereich von 115 Wochenstunden kommt ein Erweiterungsbereich ‚Digital Business‘ im Umfang von 43 Wochenstunden hinzu. Im Erweiterungsbereich liegt der Schwerpunkt auf Themen der Wirtschaftsinformatik (wie Betriebssysteme, Netzwerksmanagement, Programmierung…). Nur ein Bereich fokussiert direkt E-Business. Gleichzeitig gibt es im Stammbereich ein Cluster Entrepreneurship – Wirtschaft und Management.

Konkret für den Bereich E-Marketing werden beispielsweise als Lehrziele angeführt: „Die Schülerinnen und Schüler können im Bereich E-Marketing:

  • „Grundlagen des E-Marketing verstehen
  • Übersicht über die E-Marketing-Werkzeuge erstellen (zB E-Mail, Newsletter, Social Media, Videomarketing, Mobile Marketing, Cross-Media-Marketing, Suchmaschinenoptimierung, affiliate Marketing, weitere neue Entwicklungen)
  • den Erfolg von E-Marketing kaufmännisch beurteilen (Web-Analytics, weitere Beurteilungsmaßnahmen)
  • Gesellschaftliche und psychologische Auswirkungen von E-Marketing (E-Mail, Newsletter, Social Media etc.)“ (HAK DigB 2018, 87)

Obwohl nur einige Lehrkräfte des kaufmännischen Schulwesens an einer spezialisierten HAK Digital Business unterrichten, kann man dies dennoch als Beispiel für die Veränderung der Inhalte heranziehen. Es ist zu erwarten, dass ähnliche Inhalte auch im neuen (allgemeinen) HAK Lehrplan, der gerade in Entwicklung ist, abgebildet werden. Das Wissenstrilemma zeigt sich im Hinblick auf die Lehrkräfte in folgenden Facetten:

  1. Es besteht die Notwendigkeit, das disziplinäre Fachwissen zweier Domänen zu nutzen, nämlich das der Betriebswirtschaftslehre und der Wirtschaftsinformatik. Zu beiden universitären Feldern besteht jedoch für HAK Lehrkräfte nach Abschluss ihres Studiums nur bedingt weiterhin Zugang. Zum einen ist nachvollziehbar, dass Hochschullehrer/innen kaum an einer fachdidaktischen Aufbereitung für die Sekundarstufe interessiert und die Publikationszyklen lang sind, zum anderen gibt es für Lehrkräfte wenig Gelegenheiten zum Austausch, um sich Wissen dort abzugreifen. Einen Vorteil bietet das eigene früher absolvierte Universitätsstudium, das einen Anschluss an wissenschaftlichen Fortschritt, z. B. über wissenschaftliche Weiterbildung ermöglicht.
  2. Eine Erschließung der Entwicklungen im Praxisfeld der digitalisierten Geschäftstätigkeit ist meist nur punktuell über Projekte und Initiativen oder über eigene frühere oder partielle außerschulische Arbeitskontexte möglich. Hinzu kommt, dass das Praxisfeld dynamisch und unterschiedlich im Hinblick auf die Digitalisierung entwickelt ist.
  3. Schon an der Struktur des Lehrplans HAK DigB selbst ist abzulesen, dass genau die Verbindung zwischen IT-Kompetenzen und betriebswirtschaftlichen Kontexten den Lehrkräften selbst überlassen wird. Sie werden getrennt beschrieben und es ist wenig Verzahnung erkennbar. Im Bereich ‚E-Business und E-Business-Center (Übungsfirma), Case Studies‘ wird jedoch konkret gefordert, dass es zu einer Verbindung kommen muss und fächerübergreifende Kompetenzen zu fördern sind. Ferner soll ein Bezug zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen hergestellt werden. „Der kompetenzorientierte Unterricht soll in allen Modulen die notwendigen Veränderungen der gesamten Unternehmensorganisation (Struktur und Abläufe) für Digital-Business-Lösungen aufzeigen und Lösungsvorschläge für Organisationsprobleme bringen.“ (HAK DigB 2018, 85). HAK Lehrkräfte sind somit aufgefordert, selbstständig fachdidaktische ‚Übersetzungsleistungen‘ zu vollbringen. Dabei können sie insbesondere im Bereich ‚Digital Business‘ nicht auf bereits etablierte Schulbücher zurückgreifen und müssen schulinterne Unterrichtspläne im Kollegen/inn/enkollektiv erarbeiten.

4.4 Zwischenfazit

Wie exemplarisch aufgezeigt, stellt sich das Wissenstrilemma kaufmännischer Lehrkräfte und Ausbilder/innen in ihren spezifischen pädagogischen Arbeitsfeldern unterschiedlich dar, ist jedoch in allen drei betrachteten Gruppen deutlich ausgeprägt. Die Revision der Lehrinhalte ist eine umfassende curriculare Herausforderung, die zusätzlich zu den Aufgaben in Unterricht und Ausbildung tritt. Rothland (vgl. 2013, 24) spricht von einer „prinzipiellen Offenheit bzw. Grenzenlosigkeit der Aufgabenstellung“ von Lehrenden als einem wesentlichen Charakteristikum ihres Arbeitsfeldes. Damit ist gemeint, dass man als Lehrende/r – in Schule und Betrieb – immer ‚noch mehr‘ machen könnte. Dies zeigt sich auch in dem Anspruch, die Umbrüche der Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft fachdidaktisch zu verarbeiten. Besonders gefragt ist hier die Innovationsfähigkeit der Lehrenden. Dies stellt eine große Aufgabe dar, bei der die verantwortlichen Lehrenden entsprechend unterstützt werden sollten.

In allen Facetten des Wissenstrilemmas zeigte sich, dass ein Mangel an Konnektivität zwischen ‚schulischem Arbeitsumfeld‘, ‚digitalisierter Unternehmenspraxis‘ und ‚fachwissenschaftlicher Wissensentwicklung‘ Treiber dieses Trilemmas sein kann. Erst in einer stärkeren Verzahnung und Zugänglichkeit wird eine fachdidaktische Rekontextualisierung des jeweiligen Wissens und transformatives Lernen ermöglicht. Konnektivität und Transformation sind eng miteinander verknüpft (vgl. Tynjälä 2009, 19).

Ein arbeitsbezogenes Lernen von beruflichen Lehrkräften und Ausbilder/inne/n kann unter verschiedenen Perspektiven beschrieben werden: auf der Ebene des Individuums, aber auch im Hinblick auf kollaboratives Lernen, organisationales Lernen und Netzwerkentwicklung (vgl. Tynjälä 2008). Deshalb setzen unsere Überlegungen zu den Unterstützungsmöglichkeiten vor allem auch auf struktureller Ebene an.

5 Unterstützungsmöglichkeiten für die fachliche Weiterbildung der Lehrenden

Die Bewältigung des Wissenstrilemmas erfordert ein formelles und informelles Lernen von schulischen Lehrkräften und Ausbilder/inne/n. Man kann davon ausgehen, dass formalisierte Angebote der Lehrerfortbildung und der Ausbilderfortbildung aufgrund der Dynamik der Veränderung von Lehrinhalten nicht ausreichen werden. Es kommt darüber hinaus auf selbstgesteuerte, eher informelle Lernaktivitäten an. Wir sprechen dezidiert von Lernaktivitäten, damit deutlich wird, dass hier nicht zufällige Momente, sondern reflektierte Lernanstrengungen gemeint sind, die auch eine gewisse Planung und organisationale Rahmung erfordern. Diese richten sich nicht nur auf pädagogische Lernbedarfe, sondern auch auf Lernbedarfe im Bereich der Fachinhalte und des fachdidaktischen Wissens. Dieses fachlich-informelle Innovieren ist nicht nur angesichts der digitalen Transformation der Wirtschaft erforderlich, sondern eine generelle Haltung und Aktivität von Lehrenden, die ihre Verantwortung für fachliche und andere Neuerungen wahrnehmen.

Das nachstehende Tableau (Tabelle 1) umfasst einige Möglichkeiten für die Unterstützung beruflich Lehrender, deren Innovations- und Weiterlernfähigkeiten durch die digitale Transformation besonders herausgefordert werden. Sie sollen als Fundus für Impulse gesehen werden, die innerhalb und außerhalb ausbildender Institutionen gesetzt werden können.

Tabelle 1:     Unterstützungsangebote für beruflich Lehrende zur Bewältigung des Wissenstrilemmas

Ausbilder/innen

Lehrkräfte an Berufsschulen

BMHS Lehrkräfte

  • innerbetriebliche Vernetzung der Ausbilder/innen bzw. Ausbildungsverantwortlichen mit der unternehmerischen Strategieentwicklung und Teilhabe an dem technologischen Wandel
  • Nutzung des betrieblichen und außerbetrieblichen Expertenpools für Zusatzmodule im Rahmen der Ausbildung
  • systematisch Freiräume für curriculare Arbeit schaffen und nutzen
  • stärkere Anbindung der Berufsschullehrkräftebildung an akademische Diskurse, inklusive Weiterbildung zu curricularer Teamarbeit
  • Potenziale der Lernortkooperation nutzen
  • Betriebspraktika für Lehrkräfte ermöglichen
  • Finanzierung von Gastvorträgen und Kongressbesuchen
  • systematisch Freiräume für curriculare Arbeit schaffen und nutzen
  • organisationales Vertrauen bzgl. der curricularen Kompetenz der Lehrkräfte inhaltliche Entscheidungen zu treffen, stärken
  • Austauschmöglichkeiten mit betriebswirtschaftlichen Lehreinheiten an Universitäten und Fachhochschulen fördern
  • Betriebspraktika für Lehrkräfte ermöglichen
  • Finanzierung von Gastvorträgen und Kongressbesuchen

Darüber hinaus sind auch die vorgelagerten Bildungsangebote für angehende Lehrkräfte und Ausbilder/innen herausgefordert, das sind die Universitäten und Pädagogischen Hochschulen sowie die Aus- und Weiterbildungsstellen betrieblich Lehrender. Ansatzpunkte einer Förderung der Fähigkeiten zum vor allem selbstgesteuerten Weiterlernen von (zukünftig) Lehrenden im Kontext der Veränderungsdynamik der Digitalisierung wären hier insbesondere:

  • die Entwicklung und Einübung einer „forschenden“ Haltung in der Wahrnehmung von Veränderungen in den beruflichen Handlungsfeldern, für die sie ausbilden
  • die Stärkung der Kritikfähigkeit im Umgang mit (etabliertem) Wissen
  • die Entwicklung von didaktischer Urteilskraft bzgl. der Auswahl von Lehrinhalten orientiert am eigenen pädagogischen Ethos und vorgegebenen curricularen Normen sowie
  • die Förderung curriculumtheoretischen Wissens und das Einüben lernortnaher Curriculumentwicklung.

Die hier aufgeführten Unterstützungsmöglichkeiten sind sicherlich nicht vollständig. Sie zeigen jedoch auf, dass das Element der Konnektivität eine besondere Rolle spielt. Es bedarf der Ausarbeitung von Verbindungen zwischen unterschiedlichen Orten des Lernens und der digitalisierten Arbeit.

6 Fazit

Am Beispiel des Online-Handels konnten wir zeigen, dass es in der kaufmännischen Bildung neue Wissensbestände gibt, die Teile der etablierten Lehrinhalte revisionsbedürftig machen. Für die dazu erforderlichen Revisionsarbeiten sind schulische Lehrkräfte und betriebliche Ausbilder/innen auf eine fachliche Weiterbildung angewiesen, mit der sie ihr fachbezogenes Wissen erweitern und aktualisieren können. Diese Wissensaneignung ist eine Voraussetzung für die umfassenden und anspruchsvollen fachdidaktischen Arbeiten bei der Revision und Aufarbeitung neuer Lehrinhalte für ihre Unterrichts- und Ausbildungstätigkeiten. Wir konnten ebenfalls zeigen, dass gerade bei einer erhöhten Veränderungsdynamik die Grenzen einer Curriculumrevision auf Ebene von Lehrplankommissionen deutlich hervortreten. Auch eine Auslagerung fachdidaktischer Arbeiten auf Schulbuchautor/inn/en wird durch die Notwendigkeit, selbst Unterrichtspläne und -reihen zu entwickeln, zumindest kurzfristig versperrt. Es ist also durchaus treffend (mal wieder) zu sagen: „Auf die Lehrer[/innen] kommt es an!“[4] Allerdings haben wir auch gezeigt, dass eine Überlastung der Lehrkräfte und Ausbilder/innen die Kapazitäten für Innovationen in der beruflichen Bildung einschränken kann. Deswegen muss es unserer Einschätzung nach ebenfalls heißen: „Ausbilder/innen und Lehrkräfte bekommen die Unterstützung, die sie brauchen.“ Dafür haben wir konkrete Vorschläge gemacht, die letztlich auch uns selbst betreffen, die wir uns für die Aus- und Weiterbildung von Berufsbildungspersonal engagieren. Die ersten Schritte bei der Stärkung der fachlichen Weiterbildung beruflich Lehrender sind vielleicht kleine Schritte. Aber auch diese kleinen Schritte können wichtig sein dafür, dass die selbstständige Revision von Lehrinhalten durch Lehrkräfte und Ausbilder/innen Normalität wird. Die im Text herangezogenen Einzelfälle zeigen zumindest, dass dies gelingen kann.

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[1]    Demnach werden auch Schulbücher als Kodifizierungen für intendierte Lernprozesse angesehen. Allerdings stellen auch etablierte Schulbücher nicht das offizielle Curriculum dar und sind daher nicht rechtlich verbindlich. Eine curriculare Steuerungswirkung kann sich jedoch aus der Art und Weise des Unterrichtseinsatzes ergeben. Es kommt dann auf die Rezeption an, bei der Lehrkräfte ihre Schulbücher möglicherweise so verwenden als wären sie das offizielle Curriculum.

[2]    „Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort ist zur Durchführung von systematischen Lehrberufsanalysen im Zeitabstand von längstens fünf Jahren verpflichtet, um inländische, europäische und internationale Entwicklungen sowie veränderte wirtschaftliche, gesellschaftliche und technische Erfordernisse in der Berufsausbildung zu berücksichtigen und neue Berufsbilder zu entwickeln.“ (§ 5 Abs. (1) BAG)

[3]    Unterschiede zeigen sich nur bei sehr wenigen Bildungs- und Lehraufgaben, die teilweise Besonderheiten des E-Commerce aufnehmen, beispielsweise mit Themen wie „computerunterstützt Einnahmen und Ausgaben aufzeichnen und einen Haushaltsplan erstellen“ oder „die Arbeitnehmerveranlagung online durchführen“ (vgl. RLP E-Commerce 2018, 14).

[4]    Um zu zitieren, wie die Studienergebnisse von John Hattie im deutschen Sprachraum häufig zusammengefasst werden, etwa von Michael Felten in der Süddeutschen Zeitung (https://www.sueddeutsche.de/karriere/was-guten-schulunterricht-auszeichnet-auf-die-lehrer-kommt-es-an-1.1240241-0#seite-2).

Zitieren des Beitrags

Gössling, B./Ostendorf, A. (2021): Die Revision kaufmännischer Lehrinhalte in der digitalen Transformation und das Wissenstrilemma der Lehrkräfte und Ausbilder/innen. In: bwp@ Spezial AT-3: Beiträge zum 14. Österreichischen Wirtschaftspädagogik-Kongress, 1-19. Online: http://www.bwpat.de/wipaed-at3/goessling_ostendorf_wipaed-at_2021.pdf (13.09.2021).