Über bwp@
bwp@ ... ist das Online-Fachjournal für alle an der Berufs- und Wirtschaftspädagogik Interessierten, die schnell, problemlos und kostenlos auf reviewte Inhalte und Diskussionen der Scientific Community zugreifen wollen.
Downloads
Newsletter
Call for Papers
Ausgabe 46 (Juni 2024) von bwp@:
Demografische Entwicklung im Blickwinkel der beruflichen Bildung
Die demografische Entwicklung in Deutschland ist durch eine tiefgreifende, langfristige Veränderung der Bevölkerungsstruktur gekennzeichnet, die insbesondere durch sinkende Geburtenzahlen, eine steigende Lebenserwartung sowie einen positiven Saldo von Zu- und Fortzügen charakterisiert ist. Markant für die Berufsbildung ist vor allem die Abnahme der Bevölkerung im Erwerbsalter sowie die sinkende Zahl der Abgängerinnen und Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen in den letzten Jahren (2021 verließen rund 97.100 Personen weniger die allgemeinbildenden Schulen als im Jahr 2010 – Berufsbildungsbericht 2023, 25).
Gleichzeitig ist ein weiterhin anhaltender Trend zu höheren Schulabschlüssen zu sehen. Konsequenzen u. a. daraus sind die weiterhin stagnierenden Zahlen bei den Ausbildungsverträgen (Gegenüber 2019, dem Jahr vor der Pandemie, blieb die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge auf einem deutlich niedrigeren Niveau (-49.900 bzw. -9,5 %) (ebd., 10).
Zu berücksichtigen ist auch, dass die demografischen Chancen und Risiken regional sehr unterschiedlich verteilt sind und damit einen erheblichen Einfluss auf die Verfügbarkeit von Fachkräften haben. Hinzu kommen erhebliche sektorale Unterschiede. Als Konsequenz davon ist eine regional fehlende Auslastung von Bildungsanbietern zu beobachten, aber auch ein verstärktes Auftreten von sogenannten Mismatch-Phänomenen (Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt, die aus unbesetzten Ausbildungsstellen und unversorgten Ausbildungsplatzbewerber/-innen resultieren) in einigen Regionen (Ende September 2022 waren 68.900 Ausbildungsstellen unbesetzt (+9,0 % zu 2021; +29,6 % zu 2019) und 22.700 Bewerberinnen und Bewerber gänzlich unversorgt (-‑7,8 % zu 2021; -7,5 % zu 2019 – ebd., 6).
Um dennoch den derzeitigen und zukünftigen Fachkräftebedarf zu sichern, werden verschiedene Bevölkerungsgruppen zunehmend in den Blick genommen:
- Personen mit Care-Verpflichtungen: Die Erhöhung des Erwerbsanteils bzw. -volumens dieser Personengruppe mit Care-Verpflichtung, also Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen, kann gesellschaftlich, aber auch für einzelne Betriebe eine Option im Umgang mit dem demographischen Wandel sein.
- (Angehende) Rentnerinnen und Rentner: In ausgewählten Sektoren mag das Verhindern eines früh- bzw. vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsleben eine Antwort auf den demografischen Wandel sein. Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt in den letzten Jahren etwa dort, wo es in den 1960er Jahren gelegen hat – bei einer deutlichen Erhöhung der Lebenserwartung.
- NEETs: Auch die Verminderung der Anzahl NEETs (Not in Employment, Education or Training), also nicht erwerbstätige Jugendliche, die weder an Bildung noch an Weiterbildung teilnehmen, wird diskutiert. Laut BIBB-Datenreport 2023 wird für Deutschland eine NEET-Quote (15-24 Jahre) für das Jahr 2021 von 7,5% angegeben.
- Junge Erwachsene ohne Bildungsabschluss: Der Anstieg der Zahl der jungen Erwachsenen ohne formalen Berufsabschluss (17,8 % im Jahr 2021 bei den 20- bis 34-Jährigen gegenüber 15,5% im Jahre 2020 - Berufsbildungsbericht 2023) und der weitere leichte Rückgang bei der Nachfrage nach einer dualen Ausbildung nach BBiG/HwO, sind besonders vor diesem Hintergrund kritisch zu bewerten.
- Personen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen: Nicht zuletzt wird im Kontext des Inklusionsdiskurses immer wieder auf das Ziel einer verbesserten Teilhabe an Arbeit verwiesen. Daneben werden aktuell mit dem Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes auch politisch die Bemühungen dahingehend mit konkretem Bezug zur Sicherung des zukünftigen Fachkräftebedarfs verstärkt.
- Frauen in MINT-Berufen: Erhöhung der Beschäftigungsquote von Frauen in MINT-Berufen in der beruflichen Bildung, hier gab es in den letzten Jahren viele Initiativen und Projekte auf Landes- und Bundesebene, um hier neue Zielgruppen für die berufliche Bildung zu gewinnen.
- Migrantinnen und Migranten insbesondere aus Drittstaaten: Fragen gesteuerter Migration, vor allem aus sog. Drittstaaten, etwa im Zuge des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG), spielen in der Diskussion in der Berufsbildungsforschung bislang noch eine vergleichsweise geringe Rolle.
Ziel ist es, das vorhandene Fachkräftepotential bestmöglich auszuschöpfen und über Unterstützungsinstrumente sowie mittels Strategien zur Attraktivitätssteigerung den Erwerbsanteil der oben genannten Zielgruppen zu erhöhen bzw. sie für die berufliche Bildung zu gewinnen. Die Beiträge sollten gezielt die oben genannten Gruppen adressieren.
Dabei wird bereits an der obigen Aufzählung relevanter Zielgruppen deutlich, dass hier verschiedene gesellschaftliche Diskurse (bspw. Migrations-, Inklusionsdiskurs, etc.) berührt werden und sich so ausgehend von der Betrachtung der demografischen Entwicklung auch Fragen eines viel grundlegenderen sozialen Wandels adressieren lassen bzw. beides letztlich eng miteinander verflochten ist. Beiträge, die diesen Zusammenhang in seiner Bedeutung für die berufliche Bildung aufgreifen und explizit den Wertewandel thematisieren, sind für diese Ausgabe erwünscht.
Mit dieser Ausgabe von bwp@ möchten wir Beiträge versammeln, die sich auf der Grundlage theoretischer Reflexionen und empirischer Analysen bis hin zu konkreten Praxiserfahrungen mit folgenden Schwerpunkten mit unterschiedlichen Fragen befassen:
- Demografische Entwicklung: Projektionen im Blickwinkel der beruflichen Bildung
- Was sind Zukunftsabschätzungen zur demografischen Entwicklung und zum Fachkräftebedarf unter dem Blickpunkt der beruflichen Bildung?
- Welche Handlungsfelder und Strategien zeigen sich aufgrund dieser Projektionen für die beruflichen Bildung für einzelne Berufsfelder bzw. Sektoren bis hin zu speziellen Regionen in Deutschland bzw. im deutschsprachigen Raum?
- Welche Qualität haben Konsequenzen aus den Projektionen der demografischen Entwicklung für die berufliche Bildung und wie können Lösungsansätze aussehen?
- Demografische Entwicklung: Antworten auf der Ebene einzelner Betriebe und Schulen im Blickwinkel beruflicher Bildung
- Welche allgemeinen bzw. zielgruppenübergreifenden Strategien verfolgen Betriebe, um ihren Fachkräftebedarf zu sichern?
- Welche Beiträge können einzelne Betriebe oder auch Schulen durch die und in der Berufsbildung leisten, um den genannten Zielgruppen eine verbesserte Erwerbstätigkeit zu ermöglichen? Wie lassen sich junge Menschen ohne formalen Bildungsabschluss und/oder mit Beeinträchtigungen durch Berufsbildung in Betrieben, Schulen und Weiterbildungsinstitutionen besser ansprechen und entwickeln?
- Welche Beiträge kann die Berufsbildung leisten einen flexiblen und angemessenen Übergang in den Ruhestand zu finden bzw. die Tätigkeit von Personen im Ruhestand zu unterstützen?
- Was sind gelungene Strategien und Initiativen zur Gewinnung neuer Fachkräfte für die berufliche Bildung (Frauen in MINT-Berufen, Gewinnung von Studienabbrecher:innen) für den demografischen Wandel? Was sind die Erfolgsfaktoren?
- Welche Bedeutung hat Drittstaatenmigration für einzelne Betriebe oder Schulen, insbesondere auch in der Berufsausbildung? Wie können in Schule und Betrieben Maßnahmen zur Integration gestaltet werden?
- Demografische Entwicklung: Systemische Antworten – Konsequenzen für das Berufsbildungssystem
- Wie ist das Berufsbildungssystem umzugestalten, um Personen aus den genannten Zielgruppen eine verbesserte Erwerbstätigkeit zu ermöglichen? Wie lassen sich junge Menschen ohne formalen Bildungsabschluss und/oder mit Beeinträchtigungen durch das Berufsbildungsbildungssystem besser ansprechen und entwickeln?
- Welche Bedeutung hat Drittstaatenmigration für das Berufsbildungssystem, insbesondere auch für die Berufsausbildung?
- Wie muss sich das Berufsbildungssystem weiterentwickeln, um den zukünftigen Fachkräftebedarf in den Sektoren der beruflichen Bildung zu decken?
Forschungsbeiträge, Diskussionsbeiträge sowie Berichte und Reflexionen sind für die Ausgabe erwünscht. Zudem möchten wir Praktikerinnen und Praktiker aus Betrieben einladen, unter der Kategorie „Aus der Praxis“ Eindrücke aus und Meinungen zu ihrem Handlungsfeld zu geben. Sie werden gebeten praktische und anwendungsbezogene (Best-Practice)-Beispiele darzustellen, Sichtweisen oder Perspektiven zum Themengebiet zu spiegeln oder auch kritisch-kontroverse Kommentare einzubringen.
Interessierte bitten wir, uns spätestens bis zum
3. Dezember 2023
ein ca. einseitiges Exposé (Vorlage: https://www.bwpat.de/vorschau/expose_vorlage_bwpat46.docx) ausschließlich an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! zu senden.
Die Exposés werden anhand folgender Kriterien bewertet:
- Unmittelbare Relevanz des Themas / deutlicher Bezug zum Call for Papers
- Fragestellung / Erkenntnisinteresse resp. Intention des Beitrags
- Methodisches Vorgehen (Exploration, Datenauswertung, Literaturstudie, Theorieanalyse, Erfahrungsbericht etc.)
- Aufbau und geplante Gliederung des Textes
- Zuordnung zu einem der vier möglichen bwp@ Beitrags-Formate (Forschungsbeiträge, Diskussionsbeiträge, Berichte & Reflexionen oder Aus der Praxis siehe dazu: http://www.bwpat.de/bwp-formate).
Bitte verwenden Sie dafür die auf der bwp@-Homepage unter Vorschau zu findende Formatvorlage (www.bwpat.de/bwpat-vorschau/cfp), der wir nicht nur den Titel und die inhaltliche Ausrichtung des geplanten Beitrags entnehmen können, sondern auch Informationen zur Autorin/zum Autor bzw. zu den Autor:innen und die Zuordnung zu einem der möglichen bwp@ Beitrags-Formate.
Wir informieren Sie bis spätestens 12. Dezember 2023, ob wir Ihren Beitrag aufnehmen können und wie das weitere Procedere ablaufen wird. Die Beiträge selbst erbitten wir bis spätestens 18. März 2024 (ausschließlich unter Verwendung der dafür vorgesehenen Formatvorlage).
Online gehen wird Ausgabe 46 im Juni 2024.
Karl Wilbers, Lars Windelband, Marie-Ann Kückmann & Stefanie Velten
(Inhaltlich verantwortliche Herausgeber:innen von bwp@ Nr. 46)
Literatur:
Bundesministerium für Bildung und Forschung (2023): Berufsbildungsbericht 2023. Online: https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/de/2023/berufsbildungsbericht-2023-kabinettfassung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (06.09.2023).