bwp@ Spezial PH-AT2 - April 2023

Diversität in der Berufsbildung in Österreich, Deutschland und der Schweiz - Perspektiven aus Forschung, Entwicklung und Bildungspraxis

Hrsg.: Sabine Albert, Karin Heinrichs, Ingrid Hotarek & Sabine Zenz

Der QIK-CHECK – eine Arbeitshilfe zur Evaluation inklusiver Qualität in Klassen

Beitrag von Rainer Grubich & Irmgard Bernhard
Schlüsselwörter: Heterogenität, Diversität, Berufsbildung, (Selbst)Evaluation

Inklusion in der beruflichen Bildung zu thematisieren erscheint unausweichlich, zumal die Heterogenität der Auszubildenden und der Ausbildner*innen durch z. B. Migration, Sprachenvielfalt und die Möglichkeit der Integrativen Berufsausbildung zunimmt, aber auch das Bewusstsein für die Berücksichtigung von Individualität in einem gewandelten Verständnis betrieblicher Ausbildung stärker in den Vordergrund gestellt wird. Im Jahre 2011 wurde von einer Arbeitsgruppe des damaligen Stadtschulrates für Wien der QIK-CHECK, ein leicht handhabbares Instrument für Lehrer*innen, entwickelt, die diversitätssensibel mit heterogenen Lerngruppen arbeiten wollen (vgl. Artner et al. 2011). Er dient gleichzeitig als Orientierungsleitfaden und auch als Instrument zur (Selbst-)Evaluation für inklusive Schulentwicklung. Um diese Möglichkeiten auch für die berufliche Bildung zu erschließen, wurde mittels einer qualitativen Erhebung untersucht, inwiefern diversitätssensible Aspekte in den Leitbildern und Angeboten von berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. Berufsschulen Wiens abgebildet sind.

The QIK-CHECK – a tool for evaluating inclusive quality in classes

English Abstract

Addressing inclusion in vocational training seems inevitable, especially since the heterogeneity of trainees and trainers is increasing due to e. g., migration, language diversity, and the possibility of integrative vocational training, but also the awareness of the consideration of individuality in a changed understanding of company training is being given greater priority. In 2011, the QIK-CHECK, an easy-to-use instrument for teachers who want to work with heterogeneous learning groups in a diversity-sensitive manner, was developed by a working group of the then City School Board for Vienna (cf. Artner et al. 2011). It serves as an orientation guide and an instrument for (self-) evaluation for inclusive school development. To open up these opportunities for vocational training as well, a qualitative survey was used to examine the extent to which diversity-sensitive aspects are reflected in the models and offers of vocational schools and colleges in Vienna.

1 Einleitung

Im Diskurs um Inklusion, d. h. gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten, stößt man sehr rasch auf die Begriffe Diversität, Vielfalt, Heterogenität bzw. Pluralität, die sich auf gesellschaftliche Realitäten beziehen, von denen Schule und Bildung ebenfalls betroffen sind. Der Paradigmenwechsel, der im Kontext von Behinderung zu einer Infragestellung des medizinischen Modells führte, eröffnete den bildungspolitischen, aber auch den fachwissenschaftlichen Diskurs um Behinderung und Benachteiligung als soziale Kategorien und rückte individuelle Bedarfe aller Schüler*innen verstärkt in den Vordergrund. „Nicht mehr das jeweilige Merkmal (z. B. die Behinderung, die Beeinträchtigung oder die Migrationsbiografie) wird zum Ausgangspunkt, sondern das Individuum selbst“ (Bylinski 2015, 56). Im Vordergrund steht weniger eine Diagnostik, die feststellt, wie leistungs- und funktionsfähig Schüler*innen sind, um als integrierbar zu gelten, sondern Bildungsangebote und -strukturen sollen so gestaltet sein, dass möglichst alle Schüler*innen daran partizipieren können. Lernende mit unterschiedlichen Aspekten von Heterogenität wie sprachliche und soziokulturelle Vielfalt, Leistungs- und Altersvielfalt, Geschlechterfragen oder biografische Erfahrungen wie Flucht und Migration sind angewiesen auf die „Inklusionskraft“ (Aargauer Bewertungsraster 2012, 1) der jeweiligen Schule, darauf, wie Bildungseinrichtungen Instrumente zur Schulevaluation und Schulentwicklung im Umgang mit Heterogenität umsetzen und Gelingensbedingungen schaffen, die auf Bildungsgerechtigkeit abzielen.

Konzepte wie Universal Design for Learning (Rose/Meyer 2002) oder Education for all (Deutsche UNESCO Kommission e. V. 2009) stellen dabei Zugänge dar, die spezielle Unterstützungsangebote nur in Ausnahmefällen vorsehen und ihre Bemühungen auf die Gestaltung einer Lernumgebung richten, die vielfältige Lerngelegenheiten zulassen. Ohne die in den letzten Jahrzehnten entwickelten Expertisen für die Unterstützung von Menschen mit besonderen Bedarfen außer Acht zu lassen, werden verstärkt Schulentwicklungstools entwickelt, die für alle Schüler*innen Unterstützung bieten wollen, indem sie Exklusionsrisiken und Inklusionsstrategien thematisieren. (Zwei dieser Tools werden noch in Folge erläutert.)

In diesem Sinne präsentiert dieser Beitrag eine Analyse und Reflexion des Umgangs mit Diversität in österreichischen Bildungsstrukturen im berufsbildenden Sektor. Mittels einer quantitativen und qualitativen Datenanalyse wird untersucht, inwiefern diversitätssensible Aspekte in den Leitbildern und Schulkonzepten von berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. Berufsschulen Wiens auf deren Homepages abgebildet sind.

Anhand der gewonnenen Daten werden Impulse generiert, die eine Modifikation und Weiterentwicklung des Evaluationstools QIK-CHECK – eines Instrumentes, das zur Selbstevaluation der Qualität inklusiver Pädagogik eingesetzt werden kann – anregen sollen bzw. ihn noch stärker auf die Bedarfe berufsbildender Schulen im Hinblick auf eine diversitätssensible Gestaltung fokussieren.

Ausgangssituation

Die Berufsbildung auf der Sekundarstufe umfasst die 9. bis 13. Schulstufe, also Jugendliche im Alter von ca. 14 bis 19 Jahren und ist im österreichischen Bildungssystem in drei vertikale „Tracks“ geteilt: die „duale“ Lehrlingsausbildung mit Berufsschulpflicht, berufsbildende mittlere Schulen (BMS) und berufsbildende höhere Schulen (BHS).

„Diversität besteht in dieser Struktur traditionell in der Form der Zuordnung der Schüler_innen […] zu den einzelnen nach bestimmten Kriterien homogenen Einheiten, die Zuordnungskriterien sind einerseits die angenommene/erwartete Leistungsfähigkeit und andererseits inhaltliche Ausrichtungen (Berufe, Interessensbereiche, Disziplinen) […].“ (Lassnigg 2020, 9f.)

Für den Begriff Diversität existiert eine Vielzahl von Definitionsansätzen mit jeweils unterschiedlichem Fokus. Die in den USA am häufigsten genannten Dimensionen der „Big 8“ race, gender, ethnicity/nationality, organizational role/function, age, sexual orientation, mental/physical ability, religion (vgl. Plummer 2003, 25ff.) verweisen als soziale Kategorien sowie deren intersektionale Überscheidungen meist auf sichtbare persönliche Attribute. Die Ungleichheit zwischen Individuen betrifft aber auch Unterschiede z. B. in Bezug auf Werte, Fähigkeiten, Verhaltensmuster oder Überzeugungen.

Eine darüberhinausgehende Lesart bietet der genealogisch verwendete Begriff von Sliwka, die diesen in der Abfolge von Homogenität – Heterogenität – Diversität deskriptiv als Ressource und Gewinn für Lernprozesse sieht (vgl. Sliwka, 2014, 171). Inklusion korreliert dabei in besonderer Weise mit dem Diversitätsbegriff, indem sie sich als gesellschaftspolitisches Programm „der Heterogenität von Gruppierungen und der Vielfalt von Personen positiv zu[wendet]“ (Hinz 2004, 46).

Dieser Paradigmenwechsel erfordert die Auseinandersetzung mit Gelingensbedingungen diversitätssensibler Bildungsangebote und der Gestaltung von Lernumgebungen, die helfen, dass Schüler*innen ihre Potentiale entwickeln können.

In der Folge sollen nun zwei Tools skizziert werden, die den Prozess inklusiver Schulentwicklung initiieren und maßgeblich prägen könnten und damit auch als Ausgangspunkt für die in diesem Beitrag thematisierte Adaptation des QIK-Checks auf die Berufsbildung in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. Berufsschulen stehen.

2 Instrumente für inklusive Schulentwicklung

2.1 Der Index für Inklusion

Ende des 20. Jahrhunderts wurde in Großbritannien von Wissenschaftler*innen, Schulleiter*innen, Lehrer*innen und Eltern der „Index for Inclusion“ entwickelt, eine Sammlung von Materialien, die Schulen im Prozess der inklusiven Schulentwicklung unterstützen soll (vgl. Booth/Ainscow 2002; Boban/Hinz 2003a). Der Index ist ein Instrument zur Selbstevaluation, wobei der Fokus genau auf jene Bereiche gelegt wird, die das Miteinander in den unterschiedlichen Dimensionen von Heterogenität betonen. Er liegt mittlerweile oftmals überarbeitet in vielen Sprachen, u. a. auch in Deutsch, vor (vgl. Achermann et al. 2017). Es handelt sich um ein flexibel einsetzbares Tool, das den jeweils bestehenden lokalen Bedingungen und Fragestellungen angepasst werden kann, auch wenn ein Gesamtprozess inklusiver Schulentwicklung im Fokus bleiben soll. Die Schlüsselkonzepte des Index umfassen die Bereiche Inklusion, Barrieren für Spiel, Lernen und Partizipation, Ressourcen für Spiel, Lernen und Partizipation sowie Unterstützung von Vielfalt. Der Index für Inklusion gliedert sich in drei Dimensionen: Inklusive Kulturen schaffen, Inklusive Strukturen etablieren und Inklusive Praktiken entwickeln. Jeder Dimension sind jeweils zwei Bereiche zugeordnet, die unterschiedliche Indikatoren in Bezug auf inklusive Schule enthalten. Mit Hilfe von konkreten Fragestellungen lassen sich schließlich die Indikatoren hinsichtlich ihrer Gültigkeit überprüfen. Das Potential des Index für Inklusion liegt neben der flexiblen Handhabung auch darin, dass es in einem weiten Verständnis für Inklusion alle Dimensionen der Diversität umfasst. Ein weiteres herausragendes Moment besteht in der Einbindung aller Personengruppen an der Schule in den Entwicklungsprozess, einschließlich der Schüler*innen (vgl. Booth/Ainscow 2019).

2.2 Der QIK-CHECK (Qualität in inklusiven Klassen/Lerngruppen)

Ausgehend vom Index für Inklusion hat eine Arbeitsgruppe des damaligen Stadtschulrates für Wien (heute Bildungsdirektion für Wien) ein leicht handhabbares Instrument für Lehrer*innen entwickelt, die mit heterogenen Lerngruppen arbeiten und daran interessiert sind, sich selbst, ihren Unterricht und die Schule weiterzuentwickeln. Die Arbeitsgruppe stellte sich bei ihrer Konstituierung die Aufgabe, die „inklusive“ Praxis im Wiener Bildungswesen zu erfassen und auszubauen. Dazu bedurfte es der Beschreibung von Kriterien, die pädagogisches Handeln als „inklusives“ kennzeichnen. So soll es für Pädagog*innen möglich sein, ihre pädagogische Tätigkeit als „inklusive“ zu erkennen und eigenständig und in Kooperation miteinander an der Qualitätsentwicklung zu arbeiten (vgl. Artner et al. 2011, 4).

„Die Leitidee des QIK-CHECKS ist es, die Heterogenität der Schüler*innen als Chance zu sehen und einen Unterricht anzuregen, der sich durch innere Differenzierung und Individualisierung, durch die Wahrnehmung der sozialen Dimension als Gruppe und durch die „Kooperation am Gemeinsamen Gegenstand auszeichnet.“ (Artner et al. 2011, 4)

„Die Wertebasis pädagogischen Handelns in der inklusiven Schule ist begründet auf der Humanisierung und Demokratisierung der Schule, auf Freiheit, Solidarität, Gleichheit und Gerechtigkeit und auf der Unteilbarkeit dieser Prinzipien. Die inklusive Einstellung und Haltung bauen auf einem ganzheitlichen Welt- und Menschenbild auf. Prinzipien der Reformpädagogik dienen als Grundlage inklusiven, reflexiven und pädagogischen Denkens und Handelns“ (ebd.; vgl. Röhrs 1998, 358ff.):

.) Die*Der Lernende wird als aktives, sich selbst bildendes Subjekt anerkannt, Lernen erfolgt nach dem inneren Entwicklungsplan der*des Lernenden.

.) Lebensbegleitendes Lernen wird zum Prinzip für Lernende und Lehrende.

.) Lernen wird als ganzheitliches, handlungsorientiertes kooperatives Tun verstanden, das sich an den Lernenden orientiert.

.) Die Lehrer*innen arbeiten im Team, sind Begleiter*in, Berater*in, Interpret*in und Vermittler*in zwischen den Lernenden und der Welt.

.) Die professionelle Lernbegleitung erfolgt durch Beobachtung, Beratung, integrierte entwicklungsbegleitende Maßnahmen und Gestaltung von Lernwelten.

.) Lernwelten sind vorbereitete Umgebungen und pädagogische Situationen, in denen jede*r Lernende ihre*seine Lernchancen wahrnehmen kann.

.) Die Lernkultur zeichnet sich durch eine rhythmisierte, gruppenübergreifende und individualisierte Gestaltung des Lerngeschehens aus.

.) Die Bildungsgrundformen Arbeit, Gespräch, Spiel und Feier bieten der multikulturellen, alters- und leistungsheterogenen Lerngemeinschaft Möglichkeiten zur Kooperation.

.) Ausgegangen wird von einem individuellen Leistungsbegriff und dem Ausschöpfen des individuellen Leistungspotentials. Daher ist die Beschreibung und/oder Dokumentation des individuellen Lernfortschrittes von großer Bedeutung (vgl. Artner et al. 2011, 4).

Das vorliegende Material „QIK-CHECK“ soll dabei unterstützen, den Ist-Stand zu erheben und im Anschluss daran eigene Schritte zur inklusiven Unterrichts- und Schulentwicklung in die Wege zu leiten. Dabei kann der QIK-CHECK auf verschiedene Weise eingesetzt werden:

.) individuell zur Reflexion des eigenen Unterrichts

.) zur Reflexion im Klassenteam

.) zur Entwicklung eines inklusiven Unterrichtskonzeptes im Jahrgangsteam

.) zum Einholen von Feedback seitens der Schulpartner*innen

.) zur Weiterentwicklung des Standortes nach inklusiven Qualitätskriterien (vgl. Artner et al. 2011, 4f.)

Zur Struktur des QIK-CHECKS

Der QIK-CHECK gliedert sich in fünf Ebenen, die wiederum in Bereiche unterteilt werden. So lässt sich folgende Struktur abbilden:

A – Ebene INKLUSION

Bereich 1: Menschenbild

Bereich 2: Werte

Bereich 3: Ziele

B – Ebene ICH

Bereich 1: Meine Haltung/Einstellung

Bereich 2: Meine Kompetenzen (persönliche, Sach-, Team- …)

C – Ebene WIR

Bereich 1: Lehrer*innen-Team

Bereich 2: Schulleitung

Bereich 3: Expert*innen aus dem inner- und außerschulischen Bereich

Bereich 4: Schüler*innen

Bereich 5: Erziehungsberechtigte

D – Ebene STRUKTUR

Bereich 1: Die Lerngruppe/Klasse

Bereich 2: Standort

Bereich 3: Öffentlichkeit

E – Ebene PRAXIS

Bereich 1: Unterrichtsplanung

Bereich 2: Unterrichtsdurchführung

Bereich 3: Unterrichtsreflexion

Bereich 4: Beurteilung

Bereich 5: Schwerpunkt Soziales Lernen

Bereich 6: Schwerpunkt Interkulturelles Lernen/Mehrsprachigkeit

Bereich 7: Schwerpunkt Geschlechtersensibles Lernen

Jeder Bereich weist wiederum den gleichen inneren Aufbau aus:

1. Ist-Stand-Analyse

Zu Beginn findet sich ein Feedbackstern (siehe Abb. 1), in dem der Ist-Stand verortet wird. Dazu werden jeweils 12 Aussagen (siehe Tabelle 1) bezüglich ihrer Gültigkeit auf einer 5-stufigen Skala bewertet (a = trifft auf jeden Fall zu bis e = trifft auf keinen Fall zu).

Nach der Einschätzung des Ist-Standes werden jene Aussagen ausgewählt, die zur Weiterentwicklung am dringlichsten erscheinen.

2. Vision

Für die ausgewählten Aussagen wird ein Ziel formuliert und festgehalten.

3. Aktionsplan

Es wird notiert, wie und bis wann das Ziel erreicht und woran das zu erkennen sein wird.

4. Durchführung

Während der Umsetzung wird reflektiert, ob die Richtung noch stimmt.

5. Evaluation

Wenn das Ziel erreicht scheint, wird es mittels des Feedbacksterns von anderen Personen (Erziehungsberechtigte, Kolleg*innen, Schulleitung, Schüler*innen …) überprüft.

Abbildung 1: QIK-CHECK-FeedbacksternAbbildung 1: QIK-CHECK-Feedbackstern

Als Beispiel sind in Tabelle 1 die Aussagen zum Bereich E.1 (Unterrichtsplanung) angeführt:

Tabelle 1: Items zum Bereich E.1 – Unterrichtsplanung (Artner et al. 2011, 53)

   1.   Wir erstellen vor Beginn des Schuljahres eine Jahresplanung mit lehrplanrelevanten, fächerübergreifenden Schwerpunktthemen, die für alle Schüler*innen Bedeutung haben.

   2.   Wir orientieren uns bei der Planung an den Interessen der Schüler*innen.

   3.   Wir achten darauf, dass es bei allen Vorhaben Anknüpfungspunkte an die Vorkenntnisse aller Schüler*innen gibt.

   4.   Wir planen den Unterricht so, dass alle Schüler*innen auf ihrem individuellen Niveau am gemeinsamen Vorhaben teilhaben können.

   5.   Wir achten beim Planen darauf, dass es vielfältige Gelegenheiten zum Erwerben und Trainieren von Schlüsselkompetenzen gibt.

   6.   Wir planen bereits im Vorfeld unterschiedliche Arbeits- und Kooperationsformen ein.

   7.   Wir achten darauf, den Unterricht so vorzubereiten und zu strukturieren, dass es für alle Schüler*innen Möglichkeiten zum selbstständigen Arbeiten und Lernen gibt.

   8.   Wir achten darauf, dass die Lernangebote und -materialien für alle Schüler*innen zugänglich und überschaubar sind.

   9.   Wir organisieren den Unterricht so, dass wir Freiräume zum Instruieren und Unterstützen einzelner Schüler*innen bzw. Schüler*innengruppen haben.

10.   Wir planen und nutzen Gelegenheit für „Lernen durch Lehren“, Kooperationen und Teamarbeit.

11.   Wir erstellen Arbeitspläne, die es allen Schüler*innen und uns ermöglichen, den Überblick zu behalten.

12.   Wir erstellen bereits im Zuge der Planung Instrumente/Vorlagen für die Lernfortschrittsdokumentationen für alle Schüler*innen.

Im Schuljahr 2011/12 wurde der QIK-CHECK an insgesamt 31 Pflichtschulstandorten in Wien (14 Volksschulen und 17 Mittelstufenschulen) als Evaluations- und Entwicklungsinstrument eingesetzt und eine Erhebung mittels Fragebogen und Interviews durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Aussagen/Indikatoren der verschiedenen Bereiche den Beteiligten verständlich und brauchbar erschienen. Das Ausfüllen des Evaluationssterns, das Herauslesen eines Entwicklungsschwerpunktes sowie die Erstellung eines Handlungsplans wurde von den meisten beteiligten Personen als sehr gelungen bzw. gelungen eingeschätzt (vgl. Grubich et al. 2014).

2.3 Der Aargauer Bewertungsraster

Das in zweiter Fassung im Jahr 2012 vom Departement Bildung, Kultur und Sport Aargau herausgegebene Instrument zur Schulevaluation und Schulentwicklung für Integrationsprozesse besteht aus den drei Elementen ‚Leitende Qualitätsansprüche (Leitsätze)‘, einer ‚vierstufigen Bewertungsskala‘ mit Indikatoren für gute Praxis und bevorstehende Entwicklungsschritte und ‚Leitfragen zur Selbsteinschätzung‘ für die jeweilige Standortbestimmung der Schule. Anhand dieser Instrumente sollen ausgewählte Themenbereiche untersucht und bearbeitet werden, die die Vielfalt der Ansprüche an Schulen verdeutlichen (vgl. 2f.). Folgende Schwerpunkte werden dabei fokussiert: Umgang mit Heterogenität – Grundhaltungen und Werte, Gestaltung des Zusammenlebens, Lehr- und Lernarrangements im Unterricht, Lernprozessbezogene Begleitung der Schüler*innen, Förderplanung und Fördermaßnahmen für Kinder und Jugendliche mit besonderen schulischen Bedürfnissen, Lernerfassung und Beurteilung, Lernprozess- und unterrichtsbezogene Zusammenarbeit sowie Infrastruktur und Support. Einige dieser Parameter bzw. der darin beschriebenen Kriterien, nämlich Umgang mit Heterogenität (6f.), Zusammenleben und Gemeinschaftsbildung (8f.), entwicklungsbegleitende Angebote (14f.), demokratieförderliche Möglichkeiten (9), geschlechtersensible Aspekte (7) und Peer-Mediation (13) bilden die Kategorien für die nachfolgende Untersuchung der Homepages (siehe in diesem Beitrag, Kapitel 3.2).

3 Analyse der Leitbilder und Schulkonzepte der Wiener berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. Berufsschulen

Im Folgenden soll eine Darstellung des im Frühjahr 2022 durchgeführten Forschungsvorhabens sowie eine Erläuterung der Ergebnisse erfolgen.

3.1 Forschungsfragen

Dem Vorhaben liegt folgendes Interesse zugrunde: Inwieweit finden sich die im Aargauer Bewertungsraster (vgl. Departement Bildung, Kultur und Sport Aargau 2012) genannten inklusiven Elemente in den Leitbildern und Schulkonzepten der Wiener berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. Berufsschulen? Welche Bereiche inklusionssensibler Schulgestaltung könnten noch stärker in den Fokus von Schulentwicklung rücken?

3.2 Forschungsdesign

Es wurde eine qualitative Inhaltsanalyse (vgl. Mayring 2010) mit dem Instrumentarium MAXQDA durchgeführt. Dabei wurden die Homepages von insgesamt 65 von 68 Schulen (3 haben keinen Webauftritt) auf Leitbilder und Schulkonzepte hin untersucht. In Bezug auf spezielle Gütekriterien nach Mayring wurde auf folgende Aspekte eingegangen (vgl. Mayring 2002, 144ff.): So wurde bezüglich der Verfahrensdokumentation für andere nachvollziehbar dargelegt, welche Schritte der Forschungsarbeit vollzogen wurden. Auch das theoretische Vorverständnis sowie die einzelnen Schritte der Datenerhebung und -auswertung sind erläutert. Die argumentative Interpretationsabsicherung ist am Material vollzogen worden. Die vorliegende Forschungsvorgangsweise war durch Regelgeleitetheit festgelegt. Die Regeln wurden im Forschungsprozess auch hinterfragt und angepasst. Die Nähe zum Forschungsgegenstand war durch die Bindung an die Aussagen auf den Homepages der Schulen gegeben. Bezüglich einer kommunikativen Validierung konnte ein Austausch mit den Beforschten aus ökonomischen Gründen nicht stattfinden. Dennoch hat ein Austausch zwischen den forschenden Personen hinsichtlich des Forschungsprozesses und der Ergebnisse stattgefunden.

Den Referenzrahmen für die in dieser Evaluation gewählten Parameter diversitätssensibler Schul- und Unterrichtsgestaltung bildet das Aargauer Bewertungsraster schulischer Integrationsprozesse (vgl. Departement Bildung, Kultur und Sport Aargau 2012, 5ff.), in welchem zentrale Gelingensbedingungen beschrieben werden, die für die Umsetzung erfolgreicher schulischer Integrationsprozesse ausschlaggebend sind. In Anlehnung an die darin beschriebenen Qualitätsansprüche wurden deduktiv Kategorien gebildet, welche zu den Aussagen auf den Homepages in Relation gesetzt werden können. Die Kategorien werden hier kurz skizziert:

3.2.1 Den Umgang mit Heterogenität klären (Diversitätsmanagement)

Die Diskussion um inklusive Bildung scheint in Österreich weitgehend im Bereich der Pflichtschule angesiedelt zu sein, jedoch wird in der beruflichen Bildung zunehmend die Notwendigkeit erkannt, Lernangebote und Lernumgebungen für heterogene Lerngruppen zu entwickeln. Darüber hinaus zeigt sich ein Perspektivenwechsel dahingehend, dass nicht nur Ungleichheit und Unterschiede wahrgenommen werden und damit der Normalitätsanspruch in Frage gestellt wird, sondern dass im Sinne einer inklusiven Grundhaltung ein ressourcenorientierter Ansatz zunehmend einen defizitorientierten ablöst. In den Vordergrund rückt die Erkenntnis, dass Heterogenität auch Potentiale in sich birgt und es gilt, Vielfalt und Diversität als Gewinn wertzuschätzen und als Ressource für individuelles sowie wechselseitiges Lernen und Entwicklung zu begreifen (vgl. Sonntag/Veber 2014, 288).

Exemplarische Leitbildaussage aus einer Homepage:

„Miteinander in Vielfalt

Jeder Mensch ist ein Individuum und wir akzeptieren und tolerieren die Unterschiedlichkeit und Vielfalt. Wir akzeptieren, dass Vielfalt im Sinne unterschiedlicher Lebensweisen, religiöser Bindungen und politischer Orientierungen unseren Lebensalltag bereichert.“

3.2.2 Das Zusammenleben und die Gemeinschaftsbildung thematisieren (Gemeinschaft)

Inklusion, verstanden als das gemeinsame Lernen, Leben und Arbeiten aller Schüler*innen (vgl. Feuser 1995), erfordert, dass Erfahrungen, Muster und Routinen für eine wirkungsvolle Zusammenarbeit als Gruppe angeregt werden. Für einen konstruktiven Umgang miteinander braucht es Rahmenbedingungen, die Kommunikation fördern, sowohl die*den Einzelne*n als auch die Gemeinschaft stärken aber auch Konflikte thematisieren und neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen. So kann ein anregendes, fröhliches und humorvolles Lernklima und eine von allen Beteiligten ansprechend gestaltete Lernumgebung dazu beitragen, Gruppenbildungsprozesse zu unterstützen und den Austausch untereinander zu fördern.

Exemplarische Leitbildaussage aus einer Homepage:

„Teamgeist, Kommunikationsfähigkeit und positive Konfliktbearbeitung, sowie humanitäre Gesinnung und mitmenschliches Verhalten sind für uns Werte, die wir an unsere Schüler und Schülerinnen weitergeben.“

3.2.3 Entwicklungsbegleitende Angebote bereithalten (Förderung)

Neben der Entwicklung einer diversitätssensiblen Haltung als Maxime für pädagogisches Handeln, das die individuellen Bedürfnisse der Lernenden als Ausgangspunkt dieses Handelns nimmt, gilt es auch, die individuellen Lernbedarfe der Lernenden zu berücksichtigen. Das Angebot spezifischer Interventionen im Sinne von „Reasonable Accommodation“ (Plaute 2016, 267) dient der Sicherstellung von Chancengerechtigkeit und wird dort als ergänzende Maßnahme eingesetzt, wo individuelle Exklusionsrisiken drohen und die Bewältigung von Aufgaben gefährdet ist. Individuelle Bildungsbegleitung nimmt die (sozialen) Ressourcen und (individuellen) Potentiale der Lernenden auf und versucht „gemeinsam mit der/dem Lernenden Entwicklungsmöglichkeiten aufzubauen und Verantwortung vom Lehrenden an den Lernenden zu übergeben.“ (Bylinski 2016, 226) Dabei geht es um die „Anwendung von Verfahren, die dazu geeignet sind, eine Balance zwischen gesellschaftlichen Anforderungen und persönlichen Voraussetzungen auszuloten“ (ebd.) und die Berücksichtigung unterschiedlicher Lernvoraussetzungen im Unterricht.

Exemplarische Leitbildaussage aus einer Homepage:

„Wir fordern und fördern unsere SchülerInnen entsprechend ihrer Begabung und bieten auch individuelle Hilfestellungen.“

3.2.4 Demokratieförderliche Möglichkeiten umsetzen (Demokratie)

Schule als Mikrokosmos der Gesellschaft kann Erfahrungsräume für demokratisches Handeln und für Gestaltungsmöglichkeiten durch den Erwerb von Kenntnissen über Demokratie, den Erwerb von Kompetenzen für Demokratie und um Prozesse des Lernens durch Demokratie im Kontext gemeinsamer Erfahrung demokratischer Verhältnisse (vgl. Bîrzéa/Kerr/Mikkelsen 2004) bieten. In einer demokratischen Schulkultur geht es um wertebasierte Mitbestimmung und Kooperation sozial verantwortlicher Individuen und um das Erleben von demokratischen Strukturen. Die Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik nennt folgende Kriterien einer demokratischen Schulentwicklung:

„die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen innerhalb der Schule, die Förderung demokratiebezogener Kompetenzen und kritischer Mündigkeit, die Entwicklung und Gestaltung kooperativer Lernformen, die Gestaltung eines interkulturellen Diskurses im Sinne der Kinder- und Menschenrechte, die Entwicklung eines konstruktiven Umgangs mit vielfältigen Lebenswelten, die Öffnung der Schule für außerschulische Erfahrungen, Herausforderungen und Angebote, die Förderung der Partizipation von Schüler_innen an sozialen, gesellschaftlichen und politischen Entscheidungen außerhalb der Schule, die demokratische, transparente und inklusive Gestaltung des Schulentwicklungsprozesses durch Verantwortungsträger unter Einbeziehung der Schülerschaft“ (Kahn 2015, 41).

Eine demokratieförderliche Lernkultur umfasst darüber hinaus Aushandlungs-, Feedback- und Konfliktlösungsprozesse mit dem Ziel, demokratische Handlungsfähigkeit zu fördern.

Exemplarische Leitbildaussage aus einer Homepage:

„Wir leben Demokratie durch transparente Prozesse wie die jährliche Schulsprecher*innenwahl mit einem öffentlichen Hearing oder die gemeinsam entwickelten Verhaltensvereinbarungen auf allen Ebenen.“

3.2.5 Eingehen auf geschlechtersensible Aspekte (Gender)

Gerade im Bereich der Berufsbildung zeigt sich nach wie vor, dass Berufsentscheidungen nicht immer im Hinblick auf individuelle Fähigkeiten und Interessen, sondern unter dem Aspekt vorhandener Geschlechtsstereotype getroffen werden (vgl. Luttenberger et al. 2014), wie auch zahlreiche Studien, z. B. die DAB-Panelstudie, belegen. (vgl. Becker/Glauser 2015). Dies macht u. a. deutlich, dass über den Abbau dieser Festschreibungen hinaus Maßnahmen zur Stärkung der individuellen Fähigkeiten als Frau, Mann oder geschlechterdiversen Menschen angeboten werden müssen. Bildungseinrichtungen mit dem Ziel der Gleichbehandlung und Gleichstellung aller Geschlechter zielt auf einen diskriminierungsfreien und geschlechtersensiblen Umgang miteinander, bei dem persönliche Rechte gewahrt werden, wobei Geschlecht nicht nur als eine biologische Kategorie gilt, sondern auch in seiner sozialen Dimension gedacht werden muss. Über das binäre Geschlechtersystem von Frau/Mann hinausgehend bedarf es auch der Berücksichtigung geschlechtlicher Diversität, d. h. Wahrnehmung und Anerkennung von geschlechtlicher Vielfalt bezüglich Geschlechterrollen, Geschlechtsidentitäten oder Geschlechtsausdrucksformen.

Exemplarische Leitbildaussage aus einer Homepage:

„Die Gleichstellung der Geschlechter bzw. Geschlechteridentitäten als Ausdruck sozialer Gerechtigkeit wird im Hinblick auf das berufliche und persönliche Entfaltungspotential an der Schule vorgelebt und gelebt.“

3.2.6 Angebot von Peer-Mediation

Peer-Mediation ist ein gewaltpräventiver Ansatz zur Lösung aktueller Konfliktfälle unter Schüler*innen, der wesentlich zu einem guten Schulklima beiträgt. Darüber hinaus ermöglichen Peer-Mediationsprogramme den Erwerb einer mediativen Haltung, die den Umgang miteinander verbessert und das Erleben von Selbstwirksamkeit unterstützt.

„Peer-Mediation wirkt als Konfliktlösungsansatz besonders effektiv, weil es an den spezifischen Bedürfnissen, Fragen und Problemen der Schülerinnen und Schüler anknüpft. Die Arbeit mit tatsächlich erlebten Konflikten, die persönliche Betroffenheit und emotionale Beteiligung der Schülerinnen und Schüler, wie sie in der Peer-Mediation beabsichtigt ist, kann Basis einer nachhaltigen Veränderung der Schulkultur wie auch der Einzelpersönlichkeit sein“ (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur 2006, S. 3).

Exemplarische Leitbildaussage aus einer Homepage:

„Soziale Kompetenz ist uns ein zentrales Anliegen, wir bieten z. B. eine Mediationsausbildung für Schülerinnen und Schüler an.“

Mittels MAXQDA wurden in den Leitbildern und Schulkonzepten jene Passagen oder Aussagen codiert, die den oben genannten Kategorien zuzuordnen sind. Im nächsten Abschnitt sind die Ergebnisse der Analyse zu finden.

3.3 Forschungsergebnisse

3.3.1 Angaben zur Stichprobe

Insgesamt wurden im Ballungsraum Wien alle 68 berufsbildende Schulen einer Analyse unterzogen, wobei ca. 2/3 davon (48) den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) zuzurechnen sind; 20 Berufsschulen (BS) fanden auch Eingang in die Untersuchung. Auf den Homepages von 15 Schulen (8 BMHS und 7 BS) war kein Leitbild bzw. Schulkonzept zu finden; drei Schulen verfügen über keine Homepage.

18 Schulen (14 BMHS und 4 BS) thematisieren den Umgang mit Heterogenität und bei 26 Schulen fanden sich Aussagen zum Zusammenleben und zur Gemeinschaftsbildung (17 BMHS und 9 BS). Auf den Homepages von 27 Schulen (18 BMHS und 9 BS) fanden sich Aussagen zu entwicklungsunterstützenden Angeboten. Die Analyse bezüglich der Umsetzung demokratieförderlicher Maßnahmen ergab 26 Schulen, wobei 17 auf BMHS und 9 auf BS fielen (siehe Abb. 2).

Abbildung 2: Verteilung diversitätssensibler Aspekte in den Leitbildern und Schulkonzepten von BMHS bzw. BS WiensAbbildung 2: Verteilung diversitätssensibler Aspekte in den Leitbildern und Schulkonzepten von BMHS bzw. BS Wiens

In keinem Leitbild/Schulkonzept der untersuchten Homepages waren alle sechs Kategorien diversitätssensiblen Handelns zu finden. Vier Schulen trafen Aussagen zu jeweils vier unterschiedlichen Kategorien (3 BMHS und 1 BS), bei 16 Schulen fanden sich Aussagen zu drei Kategorien (11 BMHS und 5 BS), zwei Kategorien nahmen 9 Schulen in ihr Leitbild/Schulkonzept auf (7 BMHS und 2 BS) und sechs Schulen nannten zumindest eine der vier beschriebenen Kategorien (5 BMHS und 1 BS). Auf fünf Homepages waren keine Aussagen zu den beschriebenen Kategorien zu finden.

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Webseitenanalyse bezüglich inklusiver Elemente nach den oben erläuterten Kategorien dargestellt.

3.3.2 Zur Kategorie „Den Umgang mit Heterogenität klären“ (Diversitätsmanagement)

Bei der Analyse der Schulhomepages wurden insgesamt 47 Aussagen dem Diversitätsmanagement zugeordnet und entsprechend codiert. Bei einer detaillierteren Betrachtung kristallisierten sich folgende Unterkategorien heraus (siehe auch Abb. 3):

Wertschätzung der Vielfalt (21 Codierungen)

Hier finden sich Aussagen zur generellen Wertschätzung, die Vielfalt wird als Ressource verstanden (siehe Kapitel 4.2.1). So finden sich Aussagen wie „lebensbejahende Wertschätzung der Vielfalt von Unterschiedlichkeiten in allen Lebensbereichen“, „Akzeptanz von Vielfalt statt kritikloser Übernahme von Vorurteilen“ oder „Wir sind weltoffen und legen besonderen Wert auf gegenseitige Akzeptanz und Respekt, ungeachtet der Herkunft, Kultur und Religion“.

Interkulturalität/interkulturelle Kompetenzen (11 Codierungen)

Zu diesem Bereich finden sich Aussagen, in denen explizit kulturelle Vielfalt als Bereicherung des Schullebens verstanden wird. Auch die Vermittlung interkultureller Kompetenzen wird erwähnt. Exemplarisch seien hier einige Aussagen angeführt: „Die vielen unterschiedlichen Kulturen und Persönlichkeiten machen unseren Schulalltag lebendig“, „Wir sind international und verstehen kulturelle Vielfalt als Bereicherung“ oder „Wir sind eine e-Education Expert und voXmi Schule und fördern gezielt Vielsprachigkeit und kulturelle Vielfalt“.

Diversität (15 Codierungen)

In den Aussagen dieser Unterkategorie wird auf den proaktiven Umgang mit Diversität im schulischen Leben hingewiesen. Verschiedene Aktivitäten und unterrichtliche Bezüge werden genannt. Folgende Aussagen sollen dies verdeutlichen: „die Diversity Week [ist] ein Teil unseres vielfältigen Angebots“, „Anerkennung und Integration individueller und kultureller Unterschiede als Bildungsziele jedes Unterrichtsfaches“ oder „Kommunikation & Diversität [als Freigegenstand]“.

Abbildung 3: Verteilung der Nennungen zur Kategorie DiversitätsmanagementAbbildung 3: Verteilung der Nennungen zur Kategorie Diversitätsmanagement 

3.3.3 Zur Kategorie „Das Zusammenleben und die Gemeinschaftsbildung thematisieren“ (Gemeinschaft)

Bei der Analyse konnten zu dieser Kategorie 119 Codierungen vorgenommen werden. Auch hier haben sich bei näherer Betrachtung Unterkategorien ergeben, die im Folgenden näher erläutert werden (siehe auch Abb. 4):

Wertschätzung, Toleranz, Respekt (30 Codierungen)

In den Aussagen dieser Unterkategorie werden die gegenseitige Wertschätzung, die Achtung gegenüber dem*der anderen sowie die gegenseitige Toleranz betont. Das Herstellen von Gemeinschaft bzw. eines positiven Lehr- und Lernklimas wird angeführt (siehe Kapitel 4.2.2). So finden sich Textstellen wie „begegnen alle Menschen einander mit Wertschätzung, Respekt, gegenseitiger Achtung und Toleranz“, „Menschlichkeit, Toleranz und teilnehmendes Interesse an der Welt des anderen sind unsere Grundwerte“ oder „Wir sind bestrebt, kooperativ und menschlich miteinander umzugehen und den uns anvertrauten Jugendlichen gegenseitige Wertschätzung und Toleranz vorzuleben“.

Team/Kooperation (Lehrpersonen, Schüler*innen) (32 Codierungen)

Hier finden sich Aussagen, die sich auf die Zusammenarbeit einerseits in den Lehrer*innenteams, aber auch zwischen den Schüler*innen in kooperativen Unterrichtsformen beziehen. Ebenso wird die Zusammenarbeit der Schüler*innen und Lehrer*innen thematisiert. Im Folgenden einige Beispiele: „Unsere Ziele erarbeiten wir im Team — nur so können wir sie auch gemeinsam erreichen“, „Wir bieten ein positives, teamorientiertes, anregendes Lehr- und Lernumfeld“ oder „verfügen über engagierte, teamfähige, einsatzfreudige und begeisterte LehrerInnen- und Schüler*innenteams, die in die Weiterentwicklung der Schule aktiv eingebunden sind“.

Schulpartnerschaft (18 Codierungen)

In diesem Bereich wird in den Leitbildern und Schulkonzepten auf die Zusammenarbeit des Lehrkörpers mit den Erziehungsberechtigten und den Schüler*innen u. a. eingegangen. Folgende Aussagen seien hier wieder exemplarisch angeführt: „Für die Begleitung unserer SchülerInnen in die Berufswelt ist für uns eine gute Zusammenarbeit von LehrerInnen, SchülerInnen, Lehrbetrieben, Eltern, Direktion und Sozialpartnern selbstverständlich“, „Die Mitwirkung aller Schulpartner bei der Gestaltung des Schullebens wird besonders gefördert. Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen bilden eine Gemeinschaft, die durch aktive Zusammenarbeit und Offenheit geprägt ist“ oder „Dabei legen wir Wert auf einen demokratisch-partnerschaftlichen Stil. Transparenz und Toleranz sollen alle Akteure ermutigen, sich in die Schul- und Erziehungsarbeit einzubringen“.

Soziale Kompetenz (21 Codierungen)

Soziale Kompetenz wird einerseits als Anliegen der Schule verstanden, andererseits gibt es auch proaktiv unterschiedliche unterrichtliche Angebote zur Vermittlung sozialer Kompetenzen. Folgende Aussagen sollen dies auszugsweise belegen: „Soziale Kompetenz ist uns ein zentrales Anliegen“, „Besonders am Herzen liegt uns dabei die soziale Kompetenz und Persönlichkeitsbildung“ oder „in eigenen Unterrichtsfächern, wie z. B. Persönlichkeitsbildung & Soziale Kompetenz“.

Kommunikation (11 Codierungen)

In den Aussagen wird die Bedeutung der Kommunikation als konstitutives Element für die Gemeinschaftsbildung dargelegt. Auch der konstruktive Umgang mit Konflikten wird thematisiert. Das zeigt sich an Aussagen wie „Wir sehen uns als Gemeinschaft, über unsere Stärken und Schwächen wollen wir offen reden“, „Sie lernen, wie stark alle kommunikativen Prozesse von der Beziehungsebene geprägt sind und wie man mit Störungen in einem Arbeitsprozess umgehen kann“ oder „Die Wertschätzung in der Kommunikation und den Umgangsformen ist unser Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung unserer Schülerinnen und Schüler. Unser Team zeichnet eine wertschätzende, offene und klare Kommunikation mit den Lehrlingen, Lehrbetrieben, Interessensvertretungen und untereinander aus. Die Eckpfeiler unserer gelebten Kommunikation sind aktives Zuhören, Offenheit und Kommunizieren auf Augenhöhe“.

Verantwortung für die Schulgemeinschaft (7 Codierungen)

Die Aussagen dieser Unterkategorie verweisen auf die Bedeutung der Übernahme von Verantwortung durch jeden Einzelnen für die Schulgemeinschaft. Auch hier finden sich wieder exemplarische Aussagen: „erfüllt vom Bestreben nach aktiver Übernahme von Verantwortung für die Gemeinschaft“, „Verantwortung für die Gemeinschaft und den Einzelnen wahrzunehmen“ oder „Wir gehen respektvoll miteinander um und übernehmen Verantwortung für die Schulgemeinschaft“.

Abbildung 4: Verteilung der Nennungen zur Kategorie Zusammenleben und GemeinschaftAbbildung 4: Verteilung der Nennungen zur Kategorie Zusammenleben und Gemeinschaft

3.3.4 Zur Kategorie „Entwicklungsbegleitende Angebote bereithalten“ (Förderung)

Die Analyse der Kategorie Förderung ergab insgesamt 52 Codierungen. Diese lassen sich in drei Unterkategorien einordnen (siehe auch Abb. 5):

Angebot spezifischer Interventionen bei Lernschwierigkeiten (21 Codierungen)

Die Angebote zusätzlicher Förderung erstrecken sich von der Lernunterstützung von Schüler*innen mit Beeinträchtigungen bzw. speziellen Lernschwierigkeiten oder emotional-sozialen Problemen bis hin zu der Möglichkeit einer integrativen Berufsausbildung. Exemplarisch dazu einige Aussagen: „Förderung bei Lernschwächen – zeitlich begrenzte Förderkurse – Unterstützung durch ältere SchülerInnen (Buddy-Coaching)“, „Weiters tragen Diagnosetests mit anschließenden darauf abgestimmten Fördermaßnahmen zur Qualitätssicherung bei“ oder „Die Schule verfügt über zwei Beratungslehrerinnen. Sie sind Ansprechpartnerinnen für schulische und persönliche Probleme der Lehrlinge und arbeiten eng mit einer Mitarbeiterin der Schulpsychologie zusammen“ bzw. „Ebenso engagiert sind wir, unsere Lehrlinge der integrativen Berufsausbildung auf ihrem Weg in die Berufs- und Alltagswelt zu unterstützen“.

Individuelle Förderung (12 Codierungen)

Individualisierung als eine Organisationsform des Unterrichts mit heterogenen Gruppen ermöglicht es, Lernangebote für Schüler*innen auf der aktuellen Stufe ihrer Entwicklung anzubieten. Aussagen wie „Darüber hinaus ermöglicht das ausgesprochen sozial orientierte LehrerInnen/SchülerInnen-Verhältnis auch eine individuelle Förderung einzelner SchülerInnen“, verdeutlichen die Berücksichtigung individueller Begabungen.

Potentialorientierung (Begabungsförderung) (19 Codierungen)

Noch deutlicher kommt die Orientierung an individuellen Begabungen an 19 Stellen zum Ausdruck, wobei die Stärken der Schüler*innen als Ressource gesehen werden: „Begabungsförderung findet an unserer Schule nach dem personenorientierten Ansatz statt“ bzw. „Begabten- und Begabungsförderung steht im Zentrum unserer Schulentwicklung“.

Abbildung 5: Verteilung der Nennungen zur Kategorie FörderungAbbildung 5: Verteilung der Nennungen zur Kategorie Förderung

3.3.5 Zur Kategorie „demokratieförderliche Möglichkeiten umsetzen“ (Demokratie)

Insgesamt 56 Codierungen ergab die Analyse dieser Kategorie, welche in fünf Unterkategorien eingeordnet werden können (siehe auch Abb. 6):

Demokratiebewusstsein (9 Codierungen)

Demokratische Bewusstseinsbildung kam in Aussagen wie „Wir vermitteln Werte wie Grundrechte, Demokratie, Solidarität, Toleranz, soziale Verantwortung, Gleichberechtigung und Gedankenfreiheit“ zum Ausdruck; aber auch Wertschätzung und Toleranz sowie Diskriminierung und Ausgrenzung wurden thematisiert: „Wir sind bestrebt, kooperativ und menschlich miteinander umzugehen und den uns anvertrauten Jugendlichen gegenseitige Wertschätzung und Toleranz vorzuleben“ bzw. „Wir fördern die Gleichberechtigung und Integration der verschiedenen Gruppen von Schüler/innen und bekämpfen jegliche Form von Diskriminierung und Ausgrenzung“.

Erleben demokratischer Strukturen (9 Codierungen)

Das Erleben demokratischer Strukturen konkretisierte sich durch einen partnerschaftlichen Umgang miteinander bzw. die Möglichkeit der Mitbestimmung. Exemplarische Aussagen dazu wären: „Dabei legen wir Wert auf einen demokratisch-partnerschaftlichen Stil. Transparenz und Toleranz sollen alle Akteure ermutigen, sich in die Schul- und Erziehungsarbeit einzubringen“ oder „Wir ermutigen unsere SchülerInnen und MitarbeiterInnen, aktiv den Lebensraum Schule mitzugestalten und soziale Verantwortung zu übernehmen“.

Konfliktbewältigung (5 Codierungen)

Der Umgang mit Konflikten wurde auf fünf Homepages festgehalten: „Wir sprechen Probleme sowohl offen als auch direkt an und lösen Konflikte auf konstruktive Art und Weise.“

Kritikfähigkeit/Mündigkeit (19 Codierungen)

Die Förderung von Kritikfähigkeit bzw. Erziehung zur Mündigkeit wurde relativ häufig genannt und kam z. B. in folgenden Aussagen zum Ausdruck: „Die Schule spannt den Bogen ihres Angebotes von fundierter handwerklicher Ausbildung über die Einführung neuester Technologien bis zur Erziehung zu mündigen Staatsbürgern“ bzw. „Kritikfähigkeit und Zivilcourage – Die SchülerInnen und Studierenden artikulieren selbstbewusst Kritik an verbesserungswürdigen Zuständen in Schule und Gesellschaft und arbeiten aktiv an der Weiterentwicklung des Schullebens mit“.

Verantwortungsbewusstsein/Verantwortung für die Gesellschaft (14 Codierungen)

Die Übernahme von Verantwortung für die Gesellschaft bzw. Verantwortungsbewusstsein wurde 14mal genannt. Exemplarische Aussagen dazu waren: „VERANTWORTUNG wird bei jedem von uns großgeschrieben, die für sich selbst, innerhalb unserer Schule und in der ganzen Gesellschaft“ bzw. „Diese ganzheitliche Erziehung, in einer Atmosphäre der Offenheit und des Vertrauens, soll zu gesellschaftlicher Verantwortung und Mündigkeit führen und helfen, ethische Wertvorstellungen aufzubauen“.

Abbildung 6: Verteilung der Nennungen zur Kategorie DemokratieAbbildung 6: Verteilung der Nennungen zur Kategorie Demokratie

3.3.6 Zur Kategorie „Eingehen auf geschlechtersensible Aspekte“ (Gender)

Insgesamt drei Aussagen betreffen geschlechtersensible Aspekte: Zum einen ist die Förderung und Unterstützung eines positiven und selbstbewussten weiblichen Rollenverhältnisses ein Anliegen, zum anderen wird auf soziales, demokratisches und geschlechtergerechtes Verantwortungsbewusstsein abgezielt. Darüber hinaus wird in einem weiteren Leitbild die Gleichstellung der Geschlechter bzw. Geschlechteridentitäten als Ausdruck sozialer Gerechtigkeit angestrebt.

3.3.7 Zur Kategorie Peer-Mediation

Bei der Datenanalyse konnten an sieben Schulstandorten Angebote zur Peer-Mediation (z. B. „Mediationsausbildung für Schülerinnen und Schüler“, „Persönlichkeitsbildung im Rahmen der Peer-Mediation“ oder „Konfliktlösung durch Peer-Mediation“) gefunden werden.

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die Kategorien Diversitätsmanagement, Gemeinschaft, Demokratie und Förderung auf den Homepages der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. Berufsschulen Wiens in einem hohen Maß abgebildet sind. In Bezug auf die Genderthematik und die Angebote einer Peer-Mediation lässt sich Entwicklungsbedarf verorten. Eine Möglichkeit zur Überprüfung und/oder Weiterentwicklung der Leitbilder und Schulkonzepte stellt die Anwendung des QIK-CHECKS dar.

4 Diskussion

4.1 Perspektive: Durchsicht des QIK-CHECKS hinsichtlich der Analyse-Kategorien

Um als Standort mit Hilfe des QIK-CHECKS eine Evaluation oder eine Selbstevaluation hinsichtlich der oben genannten inklusiven Elemente durchführen zu können, soll geprüft werden, ob sich die in der Analyse der Leitbilder und Schulkonzepte angewandten Kategorien im QIK-CHECK abbilden. Dies wird wieder entlang der Kategorien dargelegt.

Wie oben erläutert ist der QIK-CHECK in fünf Ebenen zu insgesamt 20 Bereichen gegliedert. Jeder Bereich besteht aus 12 Items. Somit ergibt sich eine Gesamtanzahl von 240 Items. Im Folgenden wird geprüft, inwieweit die Items des QIK-CHECKS die jeweiligen Kategorien der Inhaltsanalyse abbilden können.

QIK-CHECK und Diversitätsmanagement

Für die Kategorie Diversitätsmanagement lassen sich insgesamt 45 Items finden, die sich auf diesen Bereich beziehen. Die meisten davon sind auf der Ebene „Inklusion“ (11 Items) und der Ebene „Praxis“ (21 Items) verortet. Hierbei handelt es sich vorwiegend um Aussagen, die sich den Thematiken Wertschätzung aller, Antidiskriminierung und Vielfalt als Ressource widmen. So lautet z. B. das Item A.1.1 „Alle werden in ihrem Dasein und ihrer Lebensweise angenommen und wertgeschätzt“.

QIK-CHECK und Gemeinschaft

Hinsichtlich Gemeinschaft sind sogar 86 Items dieser Kategorie zuzuordnen. Hier sind die meisten auf der Ebene „Wir“ (32 Items) und der Ebene „Praxis“ (34 Items) zu verorten. Die Aussagen thematisieren hauptsächlich kooperative Unterrichtsformen, gemeinschaftsfördernde Initiativen, den respektvollen Umgang miteinander, gelebte Schulpartnerschaft und die Teamarbeit der Lehrpersonen. Als Beispiel sei hier das Item E.1.10 angeführt: „Wir planen und nutzen Gelegenheit für ‚Lernen durch Lehren‘, Kooperationen und Teamarbeit.“

QIK-CHECK und Förderung

Die Kategorie Förderung wird im QIK-CHECK durch insgesamt 43 Items thematisiert, wobei 19 Items auf spezifische Fördermaßnahmen abzielen, 18 auf Individualisierung und sechs das Wahrnehmen von Potentialen zum Inhalt haben. Die meisten Items können der Ebene „Struktur“ sowie der Ebene „Praxis“ zugeordnet werden. Als Beispiel für die Kategorie Förderung sei hier das Item E.6.7 genannt: „SchülerInnen ohne Kenntnisse der deutschen Sprache werden in der Einstiegsphase von TutorInnen begleitet und unterstützt.“

QIK-CHECK und Demokratie

Insgesamt 30 Items des QIK-CHECKS betreffen demokratieförderliche Maßnahmen, wobei Mitbestimmung, partnerschaftliche Zusammenarbeit bzw. gleichberechtigte Teilhabe am häufigsten thematisiert werden (13 Items), ein egalitärer Zugang im Sinne von Gleichberechtigung kommt in neun Items zum Ausdruck und der Umgang mit Konflikten bzw. das Erleben demokratischer Strukturen wird in vier Items genannt. Die meisten Nennungen zur Kategorie Demokratie finden sich auf der Ebene „Inklusion“ (7 Items) und der Ebene „Wir“ (15 Items). Items zur Kategorie Kritikfähigkeit/Mündigkeit sind im QIK-CHECK nicht zu finden. Als Beispiel für diese Kategorie sei das Item D.1.8 angeführt: „Die SchülerInnen haben aktives Mitspracherecht in der Schulgemeinschaft (Klassenrat, Schülerparlament)“.

QIK-CHECK und Gender

Die Kategorie Gender scheint im QIK-CHECK als eigener Bereich (Bereich 7) auf und umfasst 12 Items zum geschlechtersensiblen Lernen.

QIK-CHECK und Peer-Mediation

Zu diesem Bereich ist nur ein Item auf der Ebene „Wir“ im Bereich 4 (Schüler*innen) zu finden – C.4.6: „Die SchülerInnen entwickeln gemeinsam Möglichkeiten zum Streitschlichten in der Lerngruppe.“

4.2 Zusammenfassung der Ergebnisse und Limitationen

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die Kategorien Diversitätsmanagement, Gemeinschaft, Demokratie und Förderung auf den Homepages der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. Berufsschulen Wiens in einem hohen Maß abgebildet sind. In Bezug auf die Genderthematik und die Angebote einer Peer-Mediation lässt sich Entwicklungsbedarf verorten.

Bezüglich der Durchführung des Forschungsvorhabens soll noch auf einige Limitationen hingewiesen werden:

Obwohl in Wien als Ballungsraum Heterogenität in hohem Maße vorhanden ist, wäre weiter zu untersuchen, ob die Ergebnisse auch auf andere Großstädte zutreffen. Dies durchzuführen hätte aber den Rahmen dieses Forschungsvorhabens gesprengt.

Es muss auch kritisch festgehalten werden, inwieweit die Homepages der berufsbildenden Schulen als Plattform für (gelebte) Schulleitbilder herangezogen werden können. Hier wäre ein größer angelegtes Forschungsprojekt, das die Schulrealität in den Blick nimmt, wünschenswert.

5 Fazit

In Bezug auf die in der Homepage-Analyse angewendeten Kategorien hat der QIK-CHECK großes Potential für eine Evaluation oder Selbstevaluation hinsichtlich der Kategorien Diversitätsmanagement, Gemeinschaft, Förderung und Gender auch in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. Berufsschulen. Die Auswertung der Daten bezüglich der Kategorie Demokratie zeigt auf, dass eine Erweiterung durch Items zum Aspekt Kritikfähigkeit/Mündigkeit erfolgen könnte. Die Peer-Mediation ist mit einem Item geringfügig abgebildet. Hier wäre es wünschenswert, z. B. auf der Ebene „Wir“ entweder im Bereich 1 (Lehrer*innen-Team) oder im Bereich 3 (Expert*innen aus dem inner- und außerschulischen Bereich) weitere Items zu entwickeln. Des Weiteren wäre eine Überarbeitung bezüglich gendergerechter Schreibweise zu empfehlen, da in der vorliegenden Version des QIK-CHECKS noch eine bipolare Geschlechter-Darstellung vorliegt, die dem heutigen Menschenbild nicht mehr entspricht.

Der QIK-CHECK lässt sich grundsätzlich unabhängig von der Schulart verwenden. Dennoch wäre vielleicht ein spezifischer Zuschnitt für die Berufsbildung überlegenswert, der Bereiche, die bei der Analyse der gewonnen Daten im unteren Feld rangieren, stärker positioniert.

Es obliegt zukünftiger Projekte, eine entsprechende Adaption des QIK-CHECKS zu entwickeln und zu validieren.

6 Danksagung

Die Autorin und der Autor dieses Beitrags möchten zum Schluss noch eine Danksagung an die beiden Mitarbeiter des Büros für Inklusive Bildung (BIB) an der Pädagogischen Hochschule Wien Harald Köhler und Kiril Iliev aussprechen. Sie haben in unermüdlicher Ausdauer und präziser Arbeit alle Homepages der Wiener berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bzw. Berufsschulen durchforstet und deren Leitbilder und Schulkonzepte recherchiert. Vielen Dank!

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Zitieren des Beitrags

Grubich, R./Bernhard, I. (2023): Der QIK-CHECK – eine Arbeitshilfe zur Evaluation inklusiver Qualität in Klassen. In: bwp@ Spezial PH-AT2: Diversität in der Berufsbildung in Österreich, Deutschland und der Schweiz – Perspektiven aus Forschung, Entwicklung und Bildungspraxis, hrsg. v. Albert, S./Heinrichs, K./Hotarek, I./Zenz, S., 1-24. Online: https://www.bwpat.de/spezial-ph-at2/grubich_bernhard_bwpat-ph-at2.pdf (19.04.2023).