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bwp@ Spezial 21 - September 2024
Trilaterales Doktorand:innen-Seminar der Wirtschaftspädagogik Köln, Paderborn und des BIBB - Einblicke in Forschungsarbeiten
Hrsg.:
&Governance im Berufsbildungssystem – Zur Gestaltung der Governance zwischen Kommunen und Akteuren beruflicher Bildung in kommunalen Bildungslandschaften
Wie und unter welchen Bedingungen wird die Governance im Berufsbildungssystem auf der Ebene unterhalb von Bund und Ländern innerhalb einer kommunalen Bildungslandschaft zwischen einer Kommune als koordinierendem Akteur und den Akteuren der beruflichen Bildung gestaltet? Zu dieser Frage – die im Diskurs der Berufs- und Wirtschaftspädagogik noch immer vernachlässigt wird – liefert der vorliegende Beitrag Hinweise am Beispiel einer Fallstudie in einem nordrhein-westfälischen Landkreis. Die Ergebnisse zeigen institutionalisierte Formen der Handlungskoordination jenseits von formalen Zuständigkeiten und vorhandenen legalen Ressourcen zur Weiterentwicklung der beruflichen Bildung auf, die auf etablierten Kooperationsbeziehungen der Akteure beruhen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse werden Folgen für die Governance beruflicher Bildung diskutiert: Kommunen kommt auf der Ebene unterhalb von Bund und Ländern die Rolle eines koordinierenden Akteurs bei der Entwicklung kommunaler Berufsbildungslandschaften zu. Aus der Perspektive der Kommunen ist die berufliche Bildung ein Schlüsselfaktor für die Kommunalentwicklung; insbesondere im Zusammenhang der Fachkräftesicherung der lokalen Wirtschaft überschneiden sich die Interessen der Kommunen und Akteure beruflicher Bildung. Damit erweitert sich die Rolle der Kommune über die reine Sachaufwandsträgerschaft für berufsbildende Schulen hinaus zu einer aktiven, strategischen Mitgestaltung beruflicher Bildung. Die Umsetzung hängt allerdings stark von den vorhandenen materiellen Ressourcen ab. Für den Auf- bzw. Ausbau von kommunalen Governance-Strukturen in der beruflichen Bildung sind zudem persönliche Beziehungen, Vertrauen und Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten wesentliche Bedingungen.
Governance in the Vocational Education System - On shaping governance between municipalities and VET stakeholders at a regional level
How and under what conditions is governance in the german VET system shaped at a level below the federal and state governments, especially between municipalities and VET stakeholders? This article provides information on this question - which is still neglected in the discourse of VET research - using the example of a case study in a rural district in North Rhine-Westphalia. The results show institutionalised forms of coordination beyond formal responsibilities and existing legal resources for the further development of the VET system at a regional level, which are based on established cooperative relationships between the stakeholders. The consequences for the governance of the german VET system are discussed on the basis of these findings: Municipalities adopt the role of a coordinating actor in the development of the VET system at the level below the federal and state governments. From the perspective of the municipalities, VET is a key factor for regional development; the interests of the municipalities and VET stakeholders overlap, particularly in the context of securing skilled labour for the local economy. This expands the role of local authorities beyond simply being responsible for the material costs of vocational schools to actively and strategically helping to shape vocational education. However, its implementation depends heavily on the material resources available. Personal relationships, trust and opportunities for exchange and networking are also essential conditions for the establishment and expansion of governance structures in the VET system.
1 Einführung: Regionalisierung im (Berufs-)Bildungssystem
‚Regionalisierung‘ ist einer der zentralen Entwicklungstrends in der Governance des Bildungswesens der Bundesrepublik Deutschland der vergangenen Dekaden (vgl. Niedlich 2020; Niedlich 2016; Kalisch 2011). Den Kern dieses Trends – der durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Initiativen, Programmen und Modellvorhaben von Bund und Ländern unterstützt wird – bilden zwei Aspekte: (1) Eine dezentrale Koordinierung im Bildungssystem unterhalb der Ebene von Bund und Ländern und (2) die Betonung der Bedeutung von Akteursnetzwerken auf dieser Ebene (vgl. ebd.).
Unterhalb von Bund und Ländern können dabei jedoch zum Teil sehr unterschiedliche Räume angesprochen werden: Das Einzugsgebiet eines Landkreises bzw. einer kreisfreien Stadt oder lediglich eine kreisangehörige Gemeinde resp. ein bestimmter Stadtteil einer Großstadt. Mit dem Begriff der ‚Region‘ kann zudem auch ein Gebiet bezeichnet werden, welches das Einzugsgebiet mehrerer Kommunen umfasst (bspw. die Region Ostwestfalen-Lippe), das damit zwischen der Ebene einzelner Kommunen und der Ebene des Landes verortet werden kann. Kurzum: Wenn von ‚Regionalisierung‘ die Rede ist, sollte geklärt werden, welcher Raum gemeint ist, in dem eine solche ‚Regionalisierung‘ im Bildungswesen festgestellt wird. Dies gilt auch für den vorliegenden Beitrag; jedoch scheinen für eine solche Festlegung noch einige erläuternde Hinweise notwendig:
Im Zusammenhang mit dem Regionalisierungstrend hat sich der Begriff der kommunalen Bildungslandschaften (auch: regionale oder lokale Bildungslandschaften) etabliert, womit ein vernetztes und abgestimmtes Gesamtsystem von Bildungs-, Erziehungs-, und Betreuungsangeboten bezeichnet wird (vgl. Bleckmann/Durdel 2009; BMFSJF 2005). Mit der Gestaltung solcher Bildungslandschaften gehen steigende Anforderungen an die Koordinierung der Bildungsangebote einher. Darauf ist mit der Entwicklung von Strukturen und Prozessen des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM) reagiert worden (vgl. Euler et al. 2018; Euler et al. 2016; Euler/Sloane 2016; 2015). Durch ein DKBM sollen ausgehend von bildungspolitischen Zielsetzungen Bildungsangebote aufeinander abgestimmt und koordiniert werden; wobei unter Koordination die Umsetzung und Konkretisierung bildungspolitischer Zielsetzungen in Form von Maßnahmen verstanden wird, die von einem koordinierenden Akteur proaktiv initiiert und unterstützt werden muss, was faktisch im Wesentlichen durch einen Aufbau bzw. Ausbau der Zusammenarbeit der im Bildungswesen beteiligten Akteure erreicht wird.
Vom Bund und einzelnen Ländern ist der Auf- und Ausbau eines DKBM in den Kommunalverwaltungen von kreisfreien Städten und Landkreisen (nachfolgend leserfreundlich im Begriff Kommunen zusammengefasst) durch eine Reihe von Förderprogrammen seit Anfang der 2000er-Jahre kontinuierlich und umfangreich unterstützt worden (vom BMBF durch ‚Lernende Regionen‘ (2001–2008), ‚Lernen vor Ort‘ (2009–2014), ‚Transferagenturen Kommunales Bildungsmanagement‘ (2014–2024), ‚Bildung integriert‘ (2015–2021), ‚Bildungskommunen‘ (seit 2022), ‚Fachnetzwerk Kommunales Bildungsmanagement‘ (seit Feb. 2024); auf Länderebene durch bspw. ‚Regionale Bildungsnetzwerke‘ in Nordrhein-Westfalen (seit 2008), ‚Bildungsregionen‘ in Niedersachsen (seit 2015) oder die Initiative ‚Bildungsregionen in Bayern‘ (seit 2012)). Infolge dieser Entwicklungen haben sich Kommunen als ein dritter Akteur in der Governance des Bildungswesens neben Bund und Ländern etabliert (vgl. Brüggemann/Hermstein/Nikolai 2023; Euler/Sloane 2015).
In der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (BWP) sind diese Entwicklungen mit der Ausnahme einzelner Forschungsarbeiten (bspw. Euler et al. 2016; Euler/Sloane 2016, 2015) weitgehend ausgeblendet bzw. unter anderen Schwerpunkten wie ‚Lernortkooperation‘ oder ‚regionalen Berufsbildungsnetzwerken‘ im Umfeld von berufsbildenden Schulen behandelt worden. Dabei wird die Rolle von Kommunen in der Regel wenig beachtet bzw. allenfalls auf die Rolle des Sachaufwandsträgers der berufsbildenden Schulen reduziert (zuständig für Gebäude, IT und nicht-pädagogisches Personal) (vgl. Hagemeier/Sloane 2024; Euler/Sloane 2016). Eine mögliche Erklärung hierfür scheint, dass die BWP sich insbesondere an der institutionalisierten Berufsbildungspraxis orientiert und ihren Gegenstandsbereich vornehmlich aus deren neo-korporativer Struktur heraus systematisiert. Damit findet jedoch eine einseitige Fokussierung statt, die dazu führt, dass die Governance des Berufsbildungssystem auf die Akteure der Berufsbildung beschränkt betrachtet wird.
Auf Ebene eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt sind die Lernorte beruflicher Bildung nämlich – als ‚ein Angebot unter vielen‘ – in die Gesamtheit der institutionell ganz unterschiedlich regulierten Bildungsangebote eingebunden – von Kindertagesstätten über Primar- und Sekundarschulen bis hin zu Hochschulen und freien Bildungsträgern –, sodass sich die oben beschriebenen institutionell-organisatorischen Veränderungen in der Governance auf kommunaler Ebene auch auf die berufliche Bildung auswirken dürften (vgl. Euler/Sloane 2016). Das Angebot beruflicher Bildung ist aus diesem Blickwinkel Teil der kommunalen Bildungslandschaft, d. h. der Gesamtheit von Bildungs-, Erziehungs-, und Betreuungsangeboten, und muss daher mit diesen abgestimmt und koordiniert werden. Mit Blick auf die berufliche Bildung ließe sich hier vielleicht von einer kommunalen Berufsbildungslandschaft sprechen, die einen Ausschnitt aus der Gesamtheit der Bildungsangebote in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt darstellt und in diese eingebettet ist. Damit ergibt sich die offene Frage, wie die Abstimmung und Koordination zwischen einer Kommune – als koordinierendem Akteur innerhalb der kommunalen Bildungslandschaft – und den Akteuren der institutionalisierten Berufsbildungspraxis gestaltet wird.
Daher werden als räumlicher Bezugspunkt unterhalb der Ebene von Bund und Ländern für den vorliegenden Beitrag die Einzugsgebiete von Landkreisen resp. kreisfreien Städte gewählt, die ein DKBM zur Koordination der Bildungsangebote innerhalb ihres Einzugsgebiets etabliert haben und die innerhalb dieses Raums als koordinierender Akteur im Bildungswesen auftreten.
Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage werden im vorliegenden Beitrag die nachfolgenden Fragestellungen untersucht:
- Welche Akteure sind an der Gestaltung der Governance der beruflichen Bildung auf kommunaler Ebene beteiligt? Welche (ggf. unterschiedlichen) Ziele verfolgen diese Beteiligten? Wie gestalten sie ihre Zusammenarbeit?
- Unter welchen Rahmenbedingungen findet die Zusammenarbeit der Akteure statt?
- Welche Ergebnisse werden dabei zur (Weiter-)Entwicklung des Berufsbildungsangebots erzielt? Welche förderlichen oder hemmenden Bedingungen werden dabei von den Beteiligten beschrieben?
Diese Fragestellungen werden am Beispiel einer Fallstudie in einem nordrhein-westfälischen Landkreis untersucht. Ziel des Vorgehens ist die fallbezogene Herausarbeitung der Akteurskonstellation, der Form der Zusammenarbeit und deren Ergebnisse zur (Weiter‑)Entwicklung des Berufsbildungsangebots, um auf dieser Grundlage Hinweise für eine mögliche Erweiterung des bisherigen Verständnisses der Governance beruflicher Bildung mit Blick auf die Ebene unterhalb von Bund und Ländern zu diskutieren.
Zur Formulierung einer Heuristik für die Fallanalyse wird der etablierte Forschungszugang der Educational Governance genutzt. Dieser Zugang erscheint mit Blick auf die skizzierte Ausgangslage und die leitenden Forschungsfragestellungen besonders vielversprechend, da er sich ausdrücklich auf die Gestaltung von sozialer Handlungskoordination zwischen Akteuren im Bildungswesen konzentriert. Der Schwerpunkt dieses Forschungszugangs liegt also genau auf jener Form der sozialen Interaktion und ihren Bedingungen und Ergebnisse, die für die Ziele und Fragestellungen des vorliegenden Beitrags von Interesse sind.
Der Aufbau des Beitrags ist entsprechend der folgende: Im 2. Abschnitt wird zunächst ein heuristischer Bezugsrahmen für die Fallanalyse theoriegeleitet entwickelt (2.4) und dabei auf die besondere Perspektive der Governance- (2.1) bzw. Educational Governance-Forschung (2.2) und deren Kategorien (2.3) sowie in einem Exkurs auf die Besonderheiten der Governance des deutschen Berufsbildungssystems eingegangen. Der anschließende 3. Abschnitt stellt die Ergebnisse der Fallstudienanalyse umfassend vor. Zunächst wird der untersuchte Fall kurz beschrieben (3.1), woraufhin das methodische Vorgehen bei der Fallstudie erläutert wird (3.2). Anschließend erfolgt die Darstellung der Ergebnisse der Fallanalyse anhand der Kategorien des Bezugsrahmens (3.3). Im abschließenden 4. Abschnitt werden mögliche Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen der Fallanalyse für das Verständnis der Governance im Berufsbildungssystem unterhalb der Ebene von Bund und Ländern diskutiert.
2 Educational Governance: Handlungskoordination im Bildungswesen
Der Begriff Governance ist ‚schillernd‘: Er wird in verschiedenen sozial- und politikwissenschaftlichen Disziplinen vielfach verwendet, ist dabei aber mit zum Teil sehr unterschiedlichen Vorstellungen verbunden (vgl. zur Begriffsgeschichte ausführlich Benz 2004).
2.1 Governance – Annäherung an einen ‚schillernden‘ Begriff
In einem engeren, aus den Politikwissenschaften stammenden, Verständnis beschreibt Governance „institutionalisierte Modi der sozialen Handlungskoordination, durch die kollektiv verbindliche Regelungen (policies) verabschiedet und implementiert werden“ (Börzel 2006, 2; Herv. i. O.). Governance zeichnet sich demnach durch eine Strukturkomponente und eine Prozesskomponente aus (vgl. ebd.): Einerseits werden mit dem Begriff (implizite oder explizite) Regelungsstrukturen (governance structures) beschrieben, d. h. Regeln (Institutionen) und Rahmenbedingungen für die Zusammensetzung der Akteurskonstellation und die Interaktion der Akteure. Andererseits sind die Koordinations- und Interaktionsprozesse selbst angesprochen, die auf wechselseitige Verhaltensänderungen der Beteiligten bzw. Kompromisse zwischen ihren unterschiedlichen Interessen abzielen, die dadurch erreicht werden, dass die Akteure ihre Handlungen aneinander ausrichten (Handlungskoordination).
Die zentrale Annahme der Governance-Perspektive ist, dass politische Planung und Steuerung vor allem durch die soziale Interaktion von Akteuren erfolgt, die durch Regelungen und Rahmenbedingungen beeinflusst und beschränkt (institutionalisiert) wird. Gegenstand und Ziel der Governance-Forschung ist es, diese Interaktion und die sie regulierenden Institutionen – je nach der jeweiligen methodologischen Ausrichtung – zu beschreiben, zu rekonstruieren und/oder zu verstehen. Führt man diesen Zugang in einer spezifischen berufs- und wirtschaftspädagogischen Interpretation weiter – die diesem Beitrag zugrunde liegt –, wäre zu fragen, ob und inwieweit sich die Institutionen und Bedingungen auf eine Weise gestalten lassen, die es ermöglicht, die Interaktionsmöglichkeiten der Akteure in – normativ gewünschter Weise – positiv zu beeinflussen.
Die Gesamtheit der Institutionen markiert die Grenzen der Arenen, innerhalb derer die soziale Interaktion stattfindet (vgl. Börzel 2006, 2). Über die Regelungsstrukturen wird der Zugang zu den Arenen für die Akteure reguliert, es werden ihnen Kompetenzen und Ressourcen für die Interaktion zugeteilt und damit schließlich ihre Handlungsmöglichkeiten und ‑orientierungen beeinflusst. Zwischen der strukturellen und prozessualen Komponente von Governance besteht also eine „logische Verbindung“ (ebd.). Es wird dabei angenommen, dass die Regelungsstrukturen nicht deterministisch wirken, gleichwohl aber bestimmte Formen der Handlungskoordination unterstützen. Anders ausgedrückt: Das Handeln der Akteure, ihre Interaktion miteinander, die Koordination ihrer Handlungen und damit schließlich die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Zusammenarbeit sind durch Institutionen beeinflusst und begrenzt.
Als Beispiel: In hierarchischen Strukturen – ein Akteur hat Weisungsmacht über einen oder mehrere andere, bspw. die Schulaufsicht ggü. einzelnen Schulen – kann grundsätzlich auch eine nicht-hierarchische Form der Handlungskoordination umgesetzt werden – bspw. eine Verhandlungslösung; es werden Vereinbarungen ausgehandelt statt Anweisungen erteilt. Andersherum ist es in Strukturen, in denen die Akteure nicht-hierarchisch, auf ‚Augenhöhe‘ miteinander kooperieren – bspw. in einem regionalen Netzwerk –, sehr unwahrscheinlich, dass ein Akteur seine Interessen durch eine ‚Anweisung‘ gegenüber den anderen Akteuren durchsetzt. Bestimmte Verbindungen von Institutionen begünstigen also bestimmte Koordinationsmechanismen und diese wiederum bestimmte Modi der Handlungskoordination (vgl. Börzel 2006, 2). Als ‚Idealtypen‘ solcher Koordinationsmechanismen werden in der Governance-Forschung Hierarchien (teilweise auch als Bürokratien bezeichnet), Märkte, Gemeinschaften und Netzwerke unterschieden, die Formen sozialer Handlungskoordination wie Beobachtung, Beeinflussung und Verhandlung ermöglichen bzw. begünstigen (vgl. Altrichter/Heinrich 2007, 72).
In der einschlägigen Forschung wird allerdings in gleichem Atemzug darauf hingewiesen, dass solche ‚Idealtypen‘ eher analytischer Natur sind und die Interaktion von Akteuren in der Praxis sich eher als Kombination unterschiedlicher Koordinationsmechanismen zeigt; in der Regel seien Verhandlungssysteme zu beobachten, die in übergeordnete Hierarchien eingebettet sind (es wird dann von Verhandlungen ‚im Schatten‘ einer Hierarchie gesprochen) (vgl. Börzel 2006, 8). Daraus folgt, dass die beteiligten Akteure bei der Erstellung öffentlicher Leistungen bzw. Implementation politischer Programme die jeweils geltenden – oftmals impliziten – Regelungsstrukturen zunächst interpretieren müssen. Auf der Grundlage dieser Interpretationen versuchen sie ihre Interessen in der Zusammenarbeit durch ihre Handlungen durchzusetzen und richten sich dabei an den Handlungen der anderen beteiligten Akteure aus – die freilich ebenfalls versuchen, ihre Interessen zu realisieren. Anders formuliert: Die Akteure müssen eine gemeinsame Interpretation der für die Zusammenarbeit geltenden Regeln miteinander aushandeln.
Dieser Zusammenhang unterstreicht das spezifische Handlungsverständnis der Governance-Forschung: Institutionen regulieren zwar das individuelle und kollektive Handeln der Akteure, ihr Handeln innerhalb der jeweiligen Akteurskonstellation schafft aber letztlich selbst erst diese Institutionen; es besteht ein Wechselzusammenhang. Daraus folgt, dass das Handeln der Akteure weder im Vorfeld vollständig determiniert ist – und nur als ein mechanistischer Ablauf begriffen werden könnte –, noch kann es insofern völlig frei gestaltet werden, als es von der sozialen Interaktion der Akteure abhängig ist, die wiederum auf deren jeweiliger Interpretation der Institutionen beruht. In Anlehnung an didaktische Konzepte (vgl. Euler/Hahn 2014, 135) ließe sich somit von einer Situiertheit des Handelns der Akteure in einer jeweiligen Akteurskonstellation sprechen, die reflexiv zugänglich ist. – Zu fragen wäre, ob durch eine gezielte Gestaltung der Arenen bestimmte Institutionalisierungs- und damit Interaktionsprozesse befördert werden könnten.
2.2 Educational Governance – Anwendung im Bildungssystem
Der so skizzierte Governance-Begriff steht einer eher hierarchischen und zentralstaatlichen und damit letztlich ‚naiven‘ Vorstellung von Planung und Steuerung im Sinne eines ‚top down‘-Regierens entgegen und markiert den Versuch, die Implementationsbedingungen – unter denen politische Vorgaben und Programme umgesetzt werden – stärker in die Betrachtung durch die Forschung miteinzubeziehen.
Für das Bildungssystem kann das Governance-Konzept weiter präzisiert werden. Hiermit befasst sich der Forschungsansatz der Educational Governance. Er untersucht das Zustandekommen, die Aufrechterhaltung und die Transformation von sozialer Ordnung und von Leistungen im Bildungswesen (vgl. Maag Merki/Langer/Altrichter 2014, 11; Altrichter/Maag Merki 2010, 22). – Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Handlungskoordination zwischen den verschiedenen Akteuren im komplexen Mehrebenensystem des Bildungssystems.
Die Erstellung von (öffentlichen) Leistungen im Bildungswesen wird dabei als Ergebnis der Interaktion unterschiedlicher Akteure aus Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft und deren Zusammen- bzw. Gegeneinanderwirken beschrieben, womit der Gegenstandsbereich der Educational Governance-Forschung umrissen ist (vgl. Kussau/Brüsemeister 2007, 16). Es werden also die zentralen Aspekte des Governance-Ansatzes aufgenommen und auf das Bildungssystem angewendet. So ergeben sich bspw. durch die föderale Struktur der Bundesrepublik – Europäische Union, Bund, Länder, Kommunen – und die festgelegten formalen Zuständigkeiten im Bildungswesen zusätzliche Interdependenzen auf und zwischen den Ebenen, was mit dem Konzept des sog. Mehrebenensystems aufgenommen wird (vgl. Altrichter/Heinrich 2007, 31ff.).
Empirische Untersuchungen im Bildungssystem nach dem Educational Governance-Ansatz rücken daher die Kooperation von Akteuren in den Mittelpunkt der Betrachtung und versuchen institutionalisierte Formen der Zusammenarbeit und die dazugehörigen Regelungssysteme zu beschreiben, zu rekonstruieren oder zu verstehen. Akteurskonstellation, Handlungskoordination und das komplexe Mehrebenensystem des Bildungswesens sind daher als die drei zentralen ‚analytischen‘ Kategorien des Ansatzes zu begreifen, die als Heuristik die Erschließung des Forschungsfeldes leiten (vgl. Altrichter/Heinrich 2007, 10). Die genannten Kategorien können auf der Grundlage bisheriger empirischer Untersuchungen hinsichtlich als förderlich oder hemmend wahrgenommener Bedingungen bereits weiter ausdifferenziert werden (s. nachfolgend).
2.3 Analytische Kategorien des Educational Governance-Zugangs – Akteurskonstellation, Handlungskoordination, Mehrebenensystem
2.3.1 Akteurskonstellation
In der Kategorie Akteurskonstellation wird zunächst erfasst, welche (staatlichen und/oder nicht-staatlichen) Akteure im Untersuchungszusammenhang beteiligt sind und welche Interessen diese jeweils in der Zusammenarbeit verfolgen (vgl. Kussau/Brüsemeister 2007, 26). Zudem sind bei der Erfassung der Konstellation etwaige Ungleichgewichte von Macht, Ressourcen und Kompetenzen der Beteiligten und die Vorerfahrungen der Akteure aus früheren Kooperationsprozessen zu berücksichtigen. – Aus letzteren leitet sich das Eingangsvertrauen zu Beginn der Zusammenarbeit ab. Zudem ergeben sich aus der Verteilung der Ressourcen, Kompetenzen und dem Eingangsvertrauen wichtige Anreize bzw. Hemmnisse für den Grad der Mitwirkung der einzelnen Akteure (vgl. Ansell/Gash 2008, 551ff.).
Die Betrachtungsweise wird vom Handeln einzelner Personen hin zu deren Zusammenwirken erweitert, da dieses den „einzelnen Akteuren Möglichkeiten eröffnet und Grenzen setzt, ihre Handlungskapazitäten auszuspielen“ (Kussau/Brüsemeister 2007, 26); anders ausgedrückt: die „Konstellation, nicht der Akteur“ (ebd.) handelt. Zwar bringen die jeweiligen Akteure ihre Einzelinteressen in die Zusammenarbeit ein, müssen diese aber in einem gemeinsamen (Aus‑)Handlungsprozess mit den Interessen der anderen Akteure abstimmen. Auf diese Weise werden in der jeweiligen Konstellation Kompromisse erzielt, es kommt zu sog. transintentionalen Ergebnissen (auch: outcomes). Damit werden einfache, hierarchische Steuerungsvorstellungen überwunden, die davon ausgehen, dass im Bildungswesen Vorgaben höherer Ebenen (bspw. der Kultusministerien) jeweils auf den Folgeebenen (bspw. in den einzelnen Schulen) exakt umgesetzt werden könnten. In einer spezifischen Konstellation werden also Akteure aus Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft trotz – oder gerade wegen – unterschiedlicher Absichten zusammenarbeiten.
Die jeweiligen Fähigkeiten der Akteure zum kooperativen Handeln im Interaktionsprozess stützen sich auf sog. Verfügungsrechte und Verfügungsfähigkeiten. Verfügungsrechte beschreiben Regeln oder Normen (Gesetze, Verordnungen, Verträge, Handlungsanweisungen, informelle Rechte, Gewohnheitsrechte, Umgangsregeln, Gepflogenheiten etc.), auf die sich Akteure zur Legitimation ihrer Handlungen berufen können (bspw. Lehrpläne, Ausbildungsordnungen). Bei Verfügungsfähigkeiten als zweite Handlungsvoraussetzung handelt es sich um (im‑)materielle Ressourcen (wie Geld, Zeit, Kompetenz, Sinn etc.). Diese Unterscheidung ist insofern relevant, als es Akteuren wenig nützt, über Rechte zu verfügen, wenn sie diese in einem spezifischen Kontext aufgrund mangelnder Kompetenzen nicht ausüben können (ein Beispiel wäre hier die Umsetzung von Reformen durch das Kultusministerium, das zwar formal weisungsberechtigt ist, aber kaum über die Ressourcen verfügt, die tatsächliche Umsetzung von Reformen in allen Schulen zu überwachen). Regeln und Normen bestehen also nicht im „luftleeren Raum, sondern müssen erst durch Gebrauch, durch Handlung aktualisiert werden“ (Altrichter/Heinrich 2007, 64).
Ein weiteres Merkmal der Akteurskonstellation ist die institutionelle Ausgestaltung der Zusammenarbeit. Damit sind die grundlegenden expliziten oder impliziten Regeln, nach denen gemeinsam Entscheidungen getroffen werden, gemeint, die möglichst eindeutig, d. h. für alle Beteiligten nachvollziehbar festgelegt werden sollten. Die Möglichkeiten zur Mitwirkung an Entscheidungen (Inklusivität) und die Transparenz der Entscheidungsfindung für die Beteiligten beeinflussen wesentlich die Akzeptanz der Zusammenarbeit, das Vertrauen und die Bereitschaft der Akteure zur Beteiligung im Prozess (vgl. Ansell/Gash 2008, 555ff.). Des Weiteren wird der Führung bzw. Moderation (faciliative leadership) der Zusammenarbeit ein wesentlicher Einfluss dafür zugeschrieben, die Beteiligten zu einer Mitwirkung zu bewegen und in kritischen Phasen deren Beteiligung aufrechtzuerhalten (vgl. ebd., 554f.). Diese Koordinationsfunktion kann formell oder informell bestimmt und von einem Akteur ausgeübt oder auf mehrere Beteiligte verteilt werden.
2.3.2 Handlungskoordination
Die Art und Weise bzw. der Modus des Zusammenwirkens der Akteure wird in der Kategorie Handlungskoordination untersucht. Das Handeln von Akteuren wird der Governance-Perspektive folgend nicht als erratisch und isoliert verstanden, sondern als koordiniert und einer jeweils bestimmten Handlungslogik folgend aufgefasst (vgl. im Folgenden Altrichter/Heinrich 2007, 63ff.). Handeln geschieht in einem institutionalisierten, strukturierten Raum (der Arena) und strukturiert diesen Raum wiederum weiter. ‚Strukturen‘ werden also durch frühere Handlungen hergestellt und bieten ihrerseits weitere Handlungsmöglichkeiten an. – Dabei werden sie reproduziert oder angepasst. Eine Handlungsstruktur ist damit sowohl Voraussetzung als auch Ergebnis der Handlungskoordination. Anders ausgedrückt: Akteure richten ihre Handlungen an den Handlungen anderer Akteure aus. Handlungskoordinierung beschreibt also eine relationale Beziehung, d. h. „wie Akteure an verschiedenen Stellen eines komplexen Systems intentional und transintentional an der Regulierung und Leistungserbringung dieses Systems mitwirken“ (Altrichter/Heinrich 2007, 72).
Der Prozess der Interaktion der Akteure zur sozialen Handlungskoordination selbst verläuft demzufolge eher iterativ bzw. kann in Form eines Zyklus dargestellt werden (vgl. Ansell/Gash 2008, 557f.). Es handelt sich jedoch nicht um eine ‚feste Schrittfolge‘, sondern es lassen sich eher einzelne Aspekte beschreiben, die sich gegenseitig beeinflussen. Notwendige – nicht hinreichende – Voraussetzungen für die Zusammenarbeit bilden face-to-face bzw. persönliche Interaktionen zwischen den Beteiligten als wesentliches Medium. Diese dienen dazu, Vertrauen zu bilden, den Nutzen der Zusammenarbeit zu bestimmen, ein gemeinsames Verständnis der verfolgten Ziele festzulegen und Verbindlichkeit herzustellen. Gerade bei Aufnahme des Interaktionsprozesses muss ggf. noch fehlendes Vertrauen zwischen den Beteiligten zunächst aufgebaut und im weiteren Prozess aufrechterhalten werden; die einschlägige Literatur legt nahe, dass der Verlauf der Zusammenarbeit kein bloßer Aushandlungs- sondern zugleich ein fortdauernder Prozess des Vertrauensaufbaus ist, für den gewisse Zeit benötigt wird (vgl. Ansell/Gash 2008, 558f.).
Ein aktives Engagement der Beteiligten in der Zusammenarbeit ist abhängig davon, dass die Akteure anerkennen, dass die Zusammenarbeit einen Nutzen stiftet, der über das hinausreicht, was ein einzelner Akteur erreichen kann, und der nur über eine aktive Beteiligung am Prozess gelingt. – Sie müssen sich also zu einem gewissen Grad in gegenseitiger Abhängigkeit zur Zielerreichung begreifen. Darüber hinaus sollte es für die beteiligten Akteure möglich sein, sich als verantwortlich für den Prozess der Zusammenarbeit und gemeinsam getroffene Entscheidungen zu begreifen (sog. ownership); selbst bei vorgeschriebener bzw. erzwungener Zusammenarbeit. Dies ist gleichwohl mit Dilemmata verbunden (vgl. ebd., 559f.): Obwohl eine aktive Beteiligung der Akteure Voraussetzung für die Erzielung von Ergebnissen ist, können diese in Konflikt zu den Interessen einzelner Akteure stehen. – Eine Aufrechterhaltung der Mitwirkung erfordert dann das Vertrauen, dass die verletzten Interessen zu einem ggf. späteren Zeitpunkt ausgeglichen bzw. berücksichtigt werden. Gleichzeitig sind die beteiligten Akteure für solche Ergebnisse mitverantwortlich, die bspw. konträr zu den Interessen ihrer Organisation stehen können. Sie müssen eine Aufrechterhaltung der Zusammenarbeit also ggf. dadurch rechtfertigen, dass der ursprünglich beabsichtigte, gemeinsame Nutzen sich schließlich zu einem späteren Zeitpunkt einstellen wird. Dafür bedarf es einer gewissen Offenheit.
Im Verlauf der Zusammenarbeit entwickeln die Beteiligten so ein gemeinsames Verständnis davon, welche Ziele gemeinsam umgesetzt werden können. Dazu gehört ein geteiltes Verständnis der Aufgaben bzw. des Auftrags, der zugrundeliegenden Probleme und der Erfolgsmaßstäbe (vgl. Ansell/Gash 2008, 560). – Es handelt sich also in gewisser Weise um einen gemeinsamen Lernprozess der Beteiligten.
Durch den Prozess der Zusammenarbeit werden Zwischenergebnissen produziert. Einschlägige Studien legen nahe, dass die Möglichkeit zur Erzielung rascher, kleinerer Zwischenergebnisse (sog. small wins) die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens einer konstruktiven Zusammenarbeit erhöht (vgl. ebd., 561). Zwischenergebnisse werden zudem als förderlich angesehen, da sie in den Kooperationsprozess zurückwirken und sie das Vertrauen der Beteiligten und deren Engagement erhöhen können. Dabei kann auch das geteilte Verständnis über das weitere gemeinsame Vorgehen oder eine Einigung über bzw. die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses der Ausgangslage und der Ziele als ein solches Zwischenergebnis gelten.
Die unterschiedlichen ‚Idealtypen‘ der Abstimmung von Handlungen (Beobachtung, Beeinflussung und Verhandlung) sowie die klassischen Governance-Mechanismen (Hierarchie, Markt, Gemeinschaft und Netzwerk) sind bereits genannt worden (vgl. Altrichter/Heinrich 2007, 72). Die Educational-Governance-Forschung interessiert sich jenseits von diesen Idealtypen jedoch insbesondere für die konkreten Formen der Handlungskoordination in spezifischen gesellschaftlichen Teilsystemen, die durch „spezifische Relationierungen (Handlungen) von differenzierten Akteuren, Strukturen, Intentionen und Wirkungen aufgebaut, aufrechterhalten und transformiert“ (ebd., 73) werden. Dies legt ein tendenziell eher induktives Vorgehen nahe, d. h. eine Untersuchung der jeweiligen Handlungskoordination in einem konkreten Untersuchungszusammenhang, bei der die genannten Idealtypen eine orientierende Funktion übernehmen können.
2.3.3 Mehrebenensystem
Das Zusammenspiel der Akteure bzw. die Koordination ihrer Handlungen werden im Ansatz der Educational Governance im komplexen Mehrebenensystem des Bildungssystems untersucht. Streng genommen handelt es sich dabei um eine weitere Ausdifferenzierung der Akteurskonstellation, insofern einzelne Akteure auf unterschiedlichen Ebenen des Bildungssystems handeln können. Mit Blick auf das Berufsbildungssystem lassen sich in Anlehnung an Kell (2006) bzw. Bronfenbrenner (1990) Makro-, Meso- und Mikroebene unterscheiden, denen sich wiederum Akteure zuordnen lassen (vgl. Sloane 2010, 214; s. Abb. 1).
Makroebene |
Politische Ebene |
Politische Mitwirkung |
|
… auf Landesebene |
… auf Bundesebene |
||
Administrative Ebene |
Schulaufsicht |
Zuständige Stelle |
|
Mesoebene |
Organisationale Ebene |
Schule |
Betrieb |
Mikroebene |
Didaktische Ebene |
Klassenraum |
Arbeitsplatz |
Abbildung 1: Handlungsebenen beruflicher Bildung (Aus: Sloane 2010, 214).
Eine Handlungskoordination kann dabei horizontal, d. h. zwischen Akteuren auf der jeweiligen Ebene (bspw. wenn sich eine berufsbildende Schule mit örtlichen Betrieben zur Umsetzung von Praktikumsangeboten in schulischen Bildungsgängen koordiniert, wofür es keine bundeseinheitlichen Regelungen gibt), oder vertikal, d. h. zwischen Akteuren über Ebenen hinweg erfolgen (bspw. zwischen Landesbehörden und Schulaufsicht bzw. den berufsbildenden Schulen bei der Implementation neuer Curricula).
Damit lässt sich die in einem kommunalen Zusammenhang anzutreffende Akteurskonstellation weiter ausdifferenzieren, indem Akteure bzw. deren Handeln den Ebenen zugeordnet und Interdependenzen zwischen bzw. Überschreitungen von Ebenen analysiert werden können. Dabei sind die Besonderheiten der Governance der beruflichen Bildung zu berücksichtigen.
EXKURS: Educational Governance im Berufsbildungssystem
Die Governance der beruflichen Bildung in der Bundesrepublik Deutschland ist vor allem durch eine Komplexität gekennzeichnet, die sich einerseits aus ihrer ausdifferenzierten und fragmentierten Struktur und andererseits durch die Beeinflussung durch unterschiedliche Politikfelder ergibt (etwa Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik) (vgl. Niedlich 2020, 189; Büchter 2013, 3). Das Berufsbildungssystem kann als „Prototyp eines Bildungssektors ‚zwischen den Systemen‘“ (Clement 2015, 26) beschrieben werden.
Es gibt keine zentralstaatliche Stelle zur Steuerung der beruflichen Bildung (vgl. Büchter 2013, 3). Es sind vielmehr sehr unterschiedliche Akteure auf den verschiedenen Ebenen beteiligt: Das BIBB und verschiedene Bundesministerien (BMAS, BMWi, BMBF) auf Bundesebene, die Kulturministerkonferenz bzw. die Kultusministerien auf Länderebene sowie Kammern, Agenturen für Arbeit und schließlich die Kommunen auf regionaler bzw. kommunaler Ebene. Zugleich wird die berufliche Bildung durch unterschiedliche gesetzliche Grundlagen reguliert (BBiG, HWO, SGB II, III, IX, Schulgesetze der Länder) (vgl. Niedlich 2020, 189; Büchter 2013, 3). Die Steuerung in diesem System erfolgt im Sinne eines sog. „kooperativen Föderalismus“ (Büchter 2013, 3) durch Steuerungsgremien, in denen Vertreter:innen von Bund und Ländern sowie der Sozialpartner vertreten sind (KMK, Hauptausschuss des BIBB, Berufsbildungsausschüsse der zuständigen Stelle).
Entscheidungen werden dabei im Sinne einer ‚korporatistischen Steuerung‘ in aller Regel von den Sozialpartnern getroffen, während staatliche Akteure eher moderierend bzw. teilweise korrigierend agieren (vgl. Büchter 2013, 3). Diese Form des Korporatismus zeigt sich auch in den unterschiedlichen Netzwerken, Bündnissen, Arbeitskreisen und Gremien, die sich mit spezifischen Frage- und Problemstellungen beruflicher Bildung auf den unterschiedlichen Ebenen – insb. auf der Ebene unterhalb von Bund und Ländern – befassen (vgl. ebd.). Offen ist dabei bislang, ob und inwiefern Kommunen als Koordinationsakteur die Governance beruflicher Bildung in diesen Zusammenhängen mitgestalten.
Angesichts dieser Ausgangslage und mit Blick auf die leitenden Fragestellungen (s. 1) erscheint es besonders lohnenswert, sich für die Analyse dem Educational Governance-Zugang zu bedienen, um das Zustandekommen und den Fortbestand von Kooperationen zwischen den unterschiedlichen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren sowie die soziale Koordination ihrer Handlungen in der Governance beruflicher Bildung auf kommunaler Ebene angemessen zu erfassen. Der Zugang erlaubt es zudem, die Bedingungen der Handlungen – legale und materielle Ressourcen, der komplexe Aufbau des Bildungssystems mit seinen unterschiedlichen Ebenen – hinreichend zu berücksichtigen (vgl. zu diesem Vorgehen auch Hagemeier 2023 oder Gebauer 2021).
2.4 Zwischenfazit: Analytischer Bezugsrahmen für die Fallbearbeitung
Die bisherigen konzeptionellen Überlegungen (s. Abschn. 2.1–2.3) – insb. zu den Kategorien Akteurskonstellation und Handlungskoordination und deren Subkategorien – lassen sich in einem analytischen Bezugsrahmen (s. Abbildung 2) zusammenführen, der für die Fallanalyse leitend ist. Ergänzt werden in diesem noch die sozioökonomischen Rahmenbedingungen, um ggf. begünstigende oder hemmende Faktoren in die Analyse aufnehmen zu können, die sich nicht aus der Interaktion der Akteure, sondern den Bedingungen der kommunalen Ausgangslage ergeben. Damit sind gewissermaßen ‚Leitplanken‘ für die empirische Erkundung des Felds vorgestellt und damit die Prämissen festgelegt, innerhalb derer das Feld erschlossen wird. Diese werden im Zuge des Forschungsprozesses präzisiert, angepasst und ggf. ergänzt.
3 Fallstudie: Educational Governance in einer kommunalen (Berufs‑)Bildungslandschaft
3.1 Fallbeispiel: Kommunale (Berufs-)Bildungslandschaft eines Landkreises
Die leitenden Forschungsfragestellungen werden am Beispiel eines nordrhein-westfälischen Landkreises untersucht. Dabei handelt es sich – der Typologie nach Saks/Giar (2021, 10) folgend – um einen westdeutschen ländlichen Landkreis, der im bundes- und landesweiten Vergleich als eher strukturstark mit jüngerer Bevölkerung beschrieben werden kann.
Demografisch (350T EW, Stand 31.12.2021; die folgenden Daten sind dem Bildungsbericht des Landkreises aus dem Jahr 2022 entnommen) zeichnet er sich durch einen vergleichsweise hohen Anteil der Bevölkerung von unter 18-Jährigen (18,51 %), einen niedrigen Anteil ausländischer Bevölkerung (9,1 %) sowie eine höhere Bildungsabwanderung der 18- bis 25-Jährigen in die angrenzenden urbanen Zentren aus. Die Bevölkerungsprognose geht von sinkenden Einwohnerzahlen bis 2030 aus (−1,7 %) und Abnahme der Erwerbsbevölkerung bedingt durch die Diskrepanz zwischen Berufseinsteiger:innen und ‑aussteiger:innen.
Mit Blick auf die soziale Lage liegen Arbeitslosenquote (5,7 %) und SGBII-Quote (8,7 %) unter dem Landesdurchschnitt, das verfügbare Einkommen je Einwohner (24.013 EUR/EW) darüber.
Die Wirtschaftsstruktur ist durch die beschäftigungsintensiven Wirtschaftsbereiche ‚Fertigungstechnik und Maschinenbau‘, ‚Kunststoffindustrie‘ und ‚Holzbe-/verarbeitung‘ sowie der ‚Herstellung von Metallerzeugnissen‘ gekennzeichnet. Die Betriebsstruktur dieser Branchen zeichnet sich im Landkreis durch viele kleine und mittelständische und wenige Großunternehmen aus. Das Qualifikationsprofil der Beschäftigten ist im Landesvergleich mit einem höheren Anteil von Beschäftigten mit abgeschlossener anerkannter Berufsausbildung (rd. 65 %) und einem geringen Anteil von Beschäftigten ohne Berufsabschluss (rd. 14 %) geprägt. Entsprechend kommt der dualen Berufsausbildung mit Blick auf die Fachkräftesicherung im Landkreis eine besondere Bedeutung zu.
Der Landkreis verfügt über vier Berufskollegs in Trägerschaft des Kreises, je zwei mit kaufmännischer und zwei mit gewerblich-technischer/sozialer fachlicher Ausrichtung. Ergänzend verfügen die Berufskollegs über einen gemeinsamen Lernort zum Thema ‚Industrie 4.0‘. Im Kreisgebiet finden sich zudem drei weitere Berufskollegs und Pflegeschulen in privater Trägerschaft, die Bildungsgänge für den Sozial-, Gesundheits- und Pflegebereich anbieten. Im Schuljahr 2021/2022 besuchten rd. 48 % der Schüler:innen an den Berufskollegs die Fachklassen des dualen Systems, rd. 17 % entfielen auf den Erwerb eines Hochschulzugangs und je rd. 12 % waren dem Übergangssystem, dem Schulberufssystem und der beruflichen Fortbildung zuzuordnen. Dabei sei mit Blick auf die Schüler:innenzahlen gegenüber dem Schuljahr 2018/2019 insgesamt ein Rückgang von 7,2 % zu verzeichnen, in der dualen Berufsausbildung und dem Schulberufssystem lediglich von rd. 5 % bzw. 4 %. Befragungen von Schulabgänger:innen der Sekundarstufe I legen nahe, dass schulformübergreifend für rund ein Fünftel der Übergang in eine duale Berufsausbildung erfolgt.
Die Institutionalisierung der Educational Governance auf der Ebene des Landkreises ist durch die Teilnahme als Modellkommune am BMBF-Förderprogramm ‚Lernen vor Ort‘ (2009–2014) beeinflusst worden. Im Rahmen der Programmteilnahme sind Strukturen (insb. Gremien) und Prozesse eines Bildungsmanagements und Bildungsmonitorings in der Kommunalverwaltung aufgebaut worden (näheres unter 3.3). Zudem sind zur Bearbeitung des Handlungsfelds ‚Fachkräftesicherung‘ Aktivitäten im Bereich MINT aufgenommen worden, um Kinder und Jugendliche über naturwissenschaftliche und technische Themen an eine einschlägige Berufsausbildung in der lokalen Industrie heranzuführen.
3.2 Methodisches Design der Fallstudie
Der Educational Governance auf kommunaler Ebene liegen soziale Interaktionsprozesse der beteiligten Akteure zur Koordination ihrer Handlungen und Erzielung transintentionaler Ergebnisse zugrunde (s. 2). Deren Beschreibung, Rekonstruktion und Analyse kann kaum hinreichend über öffentlich zugängliche Informationen (bspw. aus Projektbeschreibungen, Videoclips, Presseartikeln) erreicht werden. Daher wurden die am Interaktionsprozess beteiligten Personen zur Erhebung weiterer Daten und Informationen in Interviews befragt. Zusätzlich werden jene Dokumente (Präsentationen, Protokolle etc.) ausgewertet, die die Befragten während oder im Nachgang der Gespräche zur Verfügung gestellt haben.
Insgesamt sind im Zeitraum von Januar bis Juli 2022 18 Personen (s. Tab. 1) in 18 Interviews (16 Einzelinterviews, zwei Interviews mit je zwei Personen; zwei Personen sind je zweimal befragt worden) zur Konstellation der Akteure, der Interaktion und Handlungskoordination und den Ergebnissen der Zusammenarbeit in Bezug auf die kommunale Berufsbildungslandschaft befragt worden.
Die Gespräche wurden auf Grundlage eines halb-standardisierten Leitfadens geführt, dessen offene Fragestellungen sich auf die Kategorien des Bezugsrahmens (s. Abb. 2) beziehen. Die Gespräche wurden protokolliert, aufgezeichnet und transkribiert. Die Protokolle der Gespräche wurden mit den Gesprächspartnern inhaltlich abgestimmt.
Die Auswahl der Gesprächspartner:innen lässt sich auf der Grundlage eines theoretical sampling (Strauss/Corbin 1967) beschreiben. Die Datenerhebung hat mit der Befragung der ersten beiden Gesprächspartner:innen begonnen. Daran anschließend erfolgte eine erste Auswertung und ausgehend von dieser die Auswahl und Anfrage der weiteren Befragten und eine parallele Auswertung der Gespräche bis mit Blick auf die leitenden Forschungsfragestellungen eine theoretische Sättigung eintrat; d. h. bis weitere Interviews nicht zu neuen Antworten geführt haben bzw. solche erwarten ließen.
Tabelle 1: Zusammensetzung des Interview-Samples
Befragte:r |
Organisation |
Funktion |
B1 |
Landkreis – Fachbereichsleitung |
Leitung |
B2 |
Landkreis – Kommunaler Eigenbetrieb |
Leitung |
B3 |
Berufskolleg |
Schulleitung |
B4 |
Stiftung |
Geschäftsführung |
B5 |
Landkreis – Bildungsgenossenschaft |
Projektmitarbeiter:in |
B6 |
Landkreis - Bildungsausschuss Kreistag |
Ausschussvorsitz |
B7 |
Landkreis |
Landrat (a. D.) |
B8 |
Landkreis – Bildungsgenossenschaft |
Projektkoordination |
B9 |
Landkreis – Bildungsgenossenschaft |
Freie Projektmitarbeiter:in |
B10 |
Landkreis – Bildungsgenossenschaft |
Projektleitung |
B11 |
Landkreis - Kommunaler Eigenbetrieb |
Leitung (a. D.) |
B12 |
Landkreis – Bildungsgenossenschaft |
Projektleitung |
B13 |
Landkreis – Jugendamt |
Amtsleitung |
B14 |
Landkreis – Bildungsgenossenschaft |
Projektmitarbeiter:in |
B15 |
Landkreis – Bildungsgenossenschaft |
Projektleitung |
B16 |
Landkreis – Bildungsgenossenschaft |
Projektmitarbeiter:in |
B17 |
Landkreis - Kommunaler Eigenbetrieb |
Administration |
B18 |
Ausbildungsbetrieb |
Ausbildungsleitung |
Die Auswertung der Gesprächstranskripte und -protokolle sowie des ergänzenden Materials (Protokolle von Arbeitssitzungen, Projektanträge, Bildungsberichte, Präsentationen, Arbeitsprogramme, Leitbilder, Kooperationsvereinbarungen) erfolgt in Anlehnung an den Ablauf einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018).
Nach einer initiierenden Textarbeit – im Wesentlichen dem Markieren besonders relevanter Textpassagen und Verfassen von Memos – werden thematische Hauptkategorien gebildet. Diese werden unmittelbar aus dem analytischen Bezugsrahmen abgeleitet. D. h. die Rahmenbedingungen, Akteurskonstellation, Handlungskoordination und Ergebnisse bilden die thematischen Hauptkategorien. Die einzelnen Aspekte der Hauptkategorien wie Akteure oder Zwischenergebnisse bilden zur weiteren Systematisierung dienende Subkategorien. Der dritte Schritt ist das Strukturieren bzw. ‚Codieren‘ des Materials anhand der Kategorien. Im Anschluss können die auf diese Weise codierten Textstellen zusammengestellt und ggf. weitere Subkategorien induktiv – d. h. am Material – gebildet werden. Abschließend wird das inzwischen ausdifferenzierte Material analysiert, indem die einzelnen Kategorien mit Blick auf die leitenden Forschungsfragen ausgewertet werden.
Die Ergebnisse der Fallstudie unterliegen mit Blick auf ihren Antwortgehalt für die leitenden Forschungsfragen einigen Limitationen; die drei relevantesten und der Umgang mit ihnen bei der Fallanalyse seien daher kurz erläutert:
- Zum einen führt die Zusammensetzung des Interviewsamples zu möglichen Verzerrungen, da der überwiegende Großteil der Befragten (n=15) beim Landkreis oder verwaltungsnahen Organisationen beschäftigt ist. Ein Grund hierfür liegt in der gewählten Erhebungsstrategie des theoretical samplings begründet (s. o.), die ausgehend von der initialen Befragung kommunalnaher Gesprächspartner:innen möglicherweise den Zugang zu weiteren Befragten aus der Verwaltung begünstigt. Dies kann einerseits dadurch ausgeglichen werden, dass Personen aus unterschiedlichen Fachbereichen, Ämtern und kommunalen Organisationen befragt werden; zum anderen können bei der Gewichtung der Antworten die Befragten aus nicht-kommunalen Organisationen zur Einschätzung der Interaktion stärker berücksichtigt werden.
- Zum anderen handelt es sich mit Blick auf die zeitliche Dimension der Interaktionsprozesse um eine retrospektive Befragung, da gemeinsame Projekte der Beteiligten zum Befragungszeitpunkt bereits in der Vergangenheit liegen. Möglicherweise werden relevante Aspekte der Interaktion in der Rückschau ausgeblendet oder über- bzw. unterschätzt. Darin kann jedoch wiederum auch ein Vorteil bestehen, da irrelevante oder von kurzzeitigen Befindlichkeiten geprägte Aussagen und Bewertungen nicht erfolgen und sich die Befragten auf die relevanten Aspekte beschränken.
- Eine grundlegende Einschränkung ergibt sich bereits aus den Forschungsfragestellungen heraus. Die Beschreibung der Educational Governance auf kommunaler Ebene ermöglicht es, die Akteurskonstellation, Interaktionsprozesse zur Handlungskoordination sowie Implementationsbedingungen fallbezogen aufzuarbeiten. Eine Generalisierung der Ergebnisse über den Fall hinaus oder ggf. auf höhere Ebenen des Berufsbildungssystems ist jedoch nicht ohne weiteres möglich. Gleichzeitig lenkt das Vorgehen den Blick auf möglicherweise relevante Bedingungen in der Governance beruflicher Bildung auf kommunaler Ebene, die bislang in der Forschung wenig Beachtung finden. Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse abschließend zu diskutieren.
3.3 Zentrale Ergebnisse der Fallstudie
Im Folgenden werden die zentralen Ergebnisse der Analyse des Fallbeispiels dargestellt. Ziel der Ergebnisdarstellung ist es allerdings nicht, eine vollständige Wiedergabe aller Untersuchungsergebnisse mit Blick auf die Kategorien des analytischen Bezugsrahmens (s. 2.4) vorzunehmen, sondern die relevanten Befunde mit Blick auf die leitenden Forschungsfragestellungen (s. 1), d. h. zur Governance in der kommunalen Berufsbildungslandschaft zwischen Kommune und Akteuren der beruflichen Bildung, hervorzuheben und sie theoriegeleitet zu reflektieren.
Die Ergebnisdarstellung wird folgendermaßen gegliedert: Zunächst werden die nach Aussage der Befragten als besonders relevant eingeschätzten kommunalen Rahmenbedingungen dargestellt (3.3.1), da sie die Ausgangslage und möglicherweise begünstigende Faktoren der Handlungskoordination bilden. Anschließend werden die wesentlichen Akteure bzw. die Akteurskonstellation in der kommunalen Berufsbildungslandschaft des Landkreises vorgestellt und deren besondere Merkmale analysiert (3.3.2). Schließlich wird auf die Modi der sozialen Handlungskoordination zwischen den Akteuren eingegangen, einschließlich der institutionellen Gestaltung ihrer Interaktion und jenen Prozessmerkmalen, die von den Befragten dabei als bedeutsam hervorgehoben worden sind (3.3.3). Wo es der Veranschaulichung von Aussagen dienlich erscheint, werden Zitate aus den Interviewtranskripten als Ankerbeispiele eingefügt; sofern dies aufgrund der mit den Gesprächspartner:innen vereinbarten Anonymisierungsbedingungen möglich ist.
3.3.1 Kommunale Rahmenbedingungen
Von den Befragten werden unterschiedliche kommunale Rahmenbedingungen des Landkreises als förderlich für die Interaktionsprozesse bei der Governance der Berufsbildungslandschaft hervorgehoben:
Es wird eine gute wirtschaftliche Entwicklung im Landkreis betont, vor allem in der Fertigungstechnik und dem Maschinenbau sowie der Kunststoffindustrie. Diese sei ein begünstigender Faktor insbesondere für die berufliche Bildung, da die im Landkreis ansässigen Unternehmen Fachkräfte und Spezialisten nachfragten und dabei durchaus bereit seien, diese selbst auszubilden und in den vom Kreis getragenen Berufskollegs beschulen zu lassen.
Gleichzeitig verbinde sich damit eine Herausforderung, da die demographische Entwicklung erwarten lasse, dass in Zukunft weniger junge Menschen auf dem Ausbildungsmarkt bereitstünden. Dies führe bereits derzeit zu einer beobachtbar zunehmenden Konkurrenz auf Seiten der Unternehmen, in der insbesondere kleine und mittlere Unternehmen Nachteile gegenüber Großbetrieben bei der Akquise von Auszubildenden beklagten („Und da sind eben die größeren Unternehmen, ja, die haben volle amtliche Ausbilder, die betreiben doch das ganze Thema Ausbildung auf einem ganz anderen Niveau noch als jetzt so ein kleines Unternehmen“). Berufliche Bildung wird dabei als Standortfaktor beschrieben, um die künftig geringer werdende Zahl der jungen Menschen in der Region zu halten und die Bildungsabwanderung in die nahegelegenen urbanen Zentren abzumildern („Man hat auch sehr früh erkannt, dass man sich positionieren muss gegen die sogenannten Oberzentren <KOMMUNE> und <KOMMUNE>, die natürlich Standort-Vorteile haben durch die Universitäten. Und man hat auch sehr früh erkannt, dass man dem demografischen Wandel hier entgegenwirken muss. Das hat eben dazu geführt, dass man Bildung und speziell berufliche Bildung sehr, sehr ernst genommen hat“). Gleichzeitig könne das Berufsbildungssystem dabei unterstützen, die – demographisch notwendige – Zuwanderung zu bewältigen, indem Zugewanderte durch die Aus- und Weiterbildungs- bzw. Qualifizierungsangebote und Förderklassen in den Berufskollegs in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und dabei mittelbar in die Gesellschaft integriert werden und in diesem Zuge zudem eine entsprechende Sprachförderung erhalten.
Mit Blick auf die vergleichsweise geringe Zahl an Beschäftigten ohne abgeschlossene Ausbildung, wird das Fachkräftepotenzial in dieser Gruppe als eher gering eingeschätzt. Dabei wird jedoch von einigen Vertreter:innen der beruflichen Bildung (B3, B15, B18) mit Blick auf diese Gruppe ausdrücklich eine entwicklungsorientierte Perspektive eingenommen; durch gezielte Nachqualifizierungen solle die Beschäftigungsfähigkeit dieser Gruppe aufrechterhalten und durch präventive Maßnahmen (frühzeitige Berufsorientierung, Übergangsmanagement) verhindert werden, dass junge Menschen im Landkreis auf dem Ausbildungsmarkt unversorgt bleiben („‚Komm wie Du bist‘ heißt, wir gucken jetzt, wie kommt jemand an? Und versuchen den dann in den Stärken zu fördern, und die Schwächen zu minimieren“).
Als weitere günstige Rahmenbedingung wird der – in vielen Kommunen zu dieser Zeit vorgenommene – Verkauf des kommunalen Energieversorgers an einen privaten Energiekonzern im Zuge der Liberalisierung des Energiemarktes Anfang der 2000er Jahre beschrieben, dessen Erlöse zu einem großen Teil (rd. 20 Mio. EUR) als Gründungskapital einer Stiftung verwandt worden sind, deren Stiftungszweck die Förderung von Bildung und Wissenschaft im Landkreis ist. Durch die Stiftung hätten viele Projekte im Bildungsbereich bspw. Orientierungsangebote im Übergang Schule-Beruf kofinanziert werden können, die laut der Befragten sonst möglicherweise nicht hätten stattfinden können.
Von einem Großteil der Befragten werden bei der Frage nach den kommunalen Rahmenbedingungen für die Governance in der Berufsbildungslandschaft die bestehenden Netzwerke innerhalb des Landkreises als wesentliche Gelingensbedingungen hervorgehoben. – Diese sind besonders geprägt durch Bildungscampi in den zwei größten Kreisstädten, auf denen die Berufskollegs und Berufsförderzentren der Kammern sowie eine Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) angesiedelt sind. Zudem verweisen die Befragten auf einzelne Netzwerke, die über die Kreisgrenzen hinaus mit den umliegenden Kommunen in der Region bestehen. Die genannten Netzwerke basierten einerseits auf der räumlichen Nähe innerhalb des Landkreises („Hier kennt jeder jeden, wir müssen miteinander zusammenarbeiten, weil wir uns gefühlt jede Woche dreimal sehen“) und andererseits auf den im Landkreis ansässigen Behörden und Verbänden („Wir haben eine eigene Arbeitsagentur, wir haben eine eigene IHK“) sowie auf den persönlichen Kontakten der Verantwortlichen innerhalb von Organisationen (s. 3.3.2).
Zudem sei die Einrichtung einer überbetrieblichen Bildungsstätte insbesondere für die Kunststoffindustrie ein Standortvorteil, die von Ausbildungsbetrieben, den Berufskollegs und der HAW für Berufsorientierung, Berufsaus- und ‑fortbildungen sowie für Praxismodule der technischen Studiengängen genutzt werde.
Tabelle 2: Überblick Ergebnisse zu kommunalen Rahmenbedingungen. Eigene Darstellung.
Kategorie/Systematisierung |
Ergebnisse Fallanalyse |
Kommunale Rahmenbedingungen – Förderliche Faktoren |
Gute ökonomische Entwicklung – Herausforderung Demographie Berufliche Bildung als Standortfaktor Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit – Versorgung der Jugendlichen auf dem Ausbildungsmarkt Stiftung zur Bildungsförderung Netzwerke Überbetriebliche Bildungsstätten |
3.3.2 Akteurskonstellation in der kommunalen Berufsbildungslandschaft
Die Akteurskonstellation in der Governance der Berufsbildungslandschaft im Landkreis lässt sich in Anlehnung an Euler et al. (2016, 13) über fünf Akteursgruppen systematisieren: Akteure der Kommunalverwaltung, Akteure der Schulen bzw. des Landes, Akteure der Wirtschaft, Akteure der Zivilgesellschaft und Bildungsträger/Hochschulen.
Die wesentlichen Akteure der Kommunalverwaltung sind die beiden Fachbereiche ‚Bildung‘ und ‚Jugend‘ der Kreisverwaltung, der ‚kommunale Eigenbetrieb‘ als Schulträger der Berufskollegs sowie die kommunalnahe ‚Bildungsgenossenschaft‘. In der Gruppe der Akteure der Schulen bzw. des Landes sind insbesondere die vier ‚Berufskollegs‘ in Kreisträgerschaft sowie das für die ‚Schulaufsicht‘ der Berufskollegs zuständige Referat der Bezirksregierung genannt worden. Die Akteure der Wirtschaft sind einerseits über die ‚Kammern‘ (IHK und HWK) und ihre ‚Verbände‘ (Kreishandwerkerschaft, Arbeitgeberverband des Landkreises) vertreten sowie in besonderem Maße über zwei große im Landkreis ansässige ‚Ausbildungsbetriebe‘ aus der Metall- und Kunststoffindustrie. Unter den Akteuren der Zivilgesellschaft ist die ‚Stiftung zur Förderung der Bildung und Wissenschaft‘ im Landkreis hervorzuheben. In der Gruppe der Bildungsträger/Hochschulen nehmen insbesondere zwei ‚Hochschulen für Angewandte Wissenschaften‘ Schlüsselrollen in der beruflichen Bildung ein, insbesondere im Rahmen des Angebots von dualen Studiengängen mit integrierter Berufsausbildung.
Die drei Verwaltungseinheiten – Eigenbetrieb, Fachbereiche Bildung und Jugend – bilden gemeinsam mit der kreisnahen Bildungsgenossenschaft die Organisationseinheiten des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM) im Landkreis. Die Befragten beschreiben diese Struktur als ein ‚hybrides Modell‘, das einerseits auf eine verwaltungsinterne Kooperation der für Bildung zuständigen Ämter innerhalb der Fachbereiche und dem kommunalen Eigenbetrieb als Schulträger abziele und andererseits durch die Bildungsgenossenschaft als ‚Plattform‘ die Kooperation mit verwaltungsexternen Akteuren (Kammern, Unternehmen, Schulaufsicht) sicherstellt. In der Bildungsgenossenschaft wird der Vorstand von den Leitungen der drei Verwaltungsbereiche gestellt, während der Vorsitz des Aufsichtsrats der Genossenschaft qua Amt dem Landrat obliegt.
D. h. die Personen auf der strategischen Leitungsebene der Kommunalverwaltung (Fachbereichsleitung, Leitung des Eigenbetriebs) agieren in Personalunion bei Kooperationen innerhalb der Kreisverwaltung (bspw. mit dem Bauamt oder der IT) und als Vorstand der Genossenschaft nach außen mit externen Akteuren (Schulen, Kreishandwerkerschaft, Kammern, Betriebe, Schulaufsicht). Dies sei laut den Befragten insofern vorteilhaft als es einerseits zu regelmäßigen Begegnungen in verwaltungsinternen und ‑externen Gremien und Arbeitskreisen komme und andererseits Bildungsthemen durch dieselben Personen nach innen und außen repräsentiert würden. – Die Themen bekämen damit ein „Gesicht“, seien also mit den Personen verknüpft.
Durch den kontinuierlichen Austausch mit verwaltungsexternen Akteuren über die ‚Plattform‘ Bildungsgenossenschaft könnten zudem relevante Entwicklungen in der Berufsbildungslandschaft in der Kreisverwaltung und vom Schulträger frühzeitig erkannt und gemeinsam mit den Netzwerkpartnern bearbeitet werden. Diese übernehme also gewissermaßen eine Seismographenfunktion. – Ziel sei es, eine flexible und agile Arbeitsorganisation über die Bildungsgenossenschaft zu schaffen – die im Gegensatz zur Kommunalverwaltung aufgrund ihrer Rechtsform als Bildungsträger und Zuwendungsempfänger von Fördergeldern auftreten könne –, die gleichzeitig in die verlässlichen, hierarchischen Strukturen und routinierten Abläufe der Kreisverwaltung eingebettet sei. Diese Selbstbeschreibung der Verwaltungsakteure wird von den verwaltungsexternen Befragten bestätigt.
Die Bildungsgenossenschaft als eine Austausch- und Vernetzungsplattform werde genutzt, damit Vertreter:innen aus Unternehmen, Kammern und Verbänden, der Kommunalpolitik und der Fachhochschule auf strategischer Ebene im Aufsichtsrat miteinander kooperieren („Die Vernetzungseinheit <BILDUNGSGENOSSENSCHAFT> ist natürlich auch ganz, ganz besonders wichtig, […] das sind ja größtenteils Leute, mit denen wir im Rahmen des Aufsichtsrates sowieso schon zusammenarbeiten, und dadurch, dass wir hier so viele Projekte auf dem Campus machen […] kennen wir jeden.“). Zudem bestünden durch die von der Genossenschaft getragenen vielfältigen Projekte, Aktivitäten, Arbeitskreise und Gremien in den Bereichen MINT-Bildung, Übergang Schule-Beruf sowie Aus- und Weiterbildung vielfältige Kontakte auf operativer Ebene der beteiligten Organisationen.
Mit Blick auf die berufliche Bildung verstehen sich die Verwaltungsakteure in der aktiven Rolle der Mitgestalter:innen, die durchaus eine Einflussnahme auf die Gestaltung der inneren Schulangelegenheiten einschließe wie das Angebot an Bildungsgängen und deren didaktische Ausgestaltung (bspw. hinsichtlich Digitalisierung, selbstorganisiertes Lernen). Begründet wird dies vor dem Hintergrund eines Bildungsverständnisses, in dem berufliche Bildung eine besondere Rolle für die Kreis- und Regionalentwicklung und die Fachkräftesicherung der lokalen Industrie und Wirtschaft einnimmt („Wir machen hier nicht Bildung um der Bildung Willen, sondern wir machen Bildung als harten Wirtschaftsfaktor“). Zur Umsetzung dieser Interessen sind die Akteure der Verwaltung allerdings aufgrund ihres fehlenden unmittelbaren Einflusses zwingend auf die Kooperation mit den für die berufliche Bildung verantwortlichen Akteuren der Wirtschaft resp. Akteuren der Schulen bzw. des Landes angewiesen („Wir als Schulträger haben keine Möglichkeit, auf Lehrkräfte einzugreifen oder zuzugreifen. […] Ich habe da keine Möglichkeiten, in irgendeiner Form koordinierend oder steuernd einzuwirken“).
Während die Weiterentwicklung der kommunalen Berufsbildungslandschaft im Rahmen der Kreis- und Regionalentwicklung als vornehmliches Interesse ausdrücklich von den Verwaltungsakteuren formuliert wird, seien die Interessen der Akteure der Wirtschaft (bspw. Kammern und Wirtschaftsverbände) nach Eindruck der Verwaltungsakteure hingegen stärker auf ihre Mitgliedsunternehmen hin ausgerichtet, um deren jeweilige Fachkräftebedarfe zu decken. Sie hätten weniger deutlich die Entwicklung der Region als Ganze im Blick; mit Blick auf die Fachkräftesicherung ergebe sich jedoch eine Überschneidung der Interessen.
Die Akteure der Schulen bzw. des Landes wiederum beabsichtigten vor allem die Sicherung ihrer Standorte und Bildungsgänge. Dies gehe einerseits durchaus mit den Interessen der Akteure aus Verwaltung und Wirtschaft mit Blick auf die ‚Fachkräftesicherung‘ einher; andererseits formuliert der Sprecher der Berufskollegs einen Bildungsanspruch, der über die berufliche Qualifizierung hinausweist und eine Persönlichkeitsentwicklung nach dem Vorbild des ‚mündigen Staatsbürgers‘ verfolgt. Junge Menschen im Landkreis sollten gemäß ihren Interessen und Fähigkeiten wohnortnahe Ausbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten erhalten.
Die Leitung des kommunalen Eigenbetriebs (Schulträger) engagiere sich zudem in einem regionalen Innovationsnetzwerk zur beruflichen Bildung, in dem Berufskollegs und Schulträger aus den umliegenden Kommunen sich zur Abstimmung und Weiterentwicklung des Berufsbildungsangebots zusammengeschlossen hätten. Dieses sei ursprünglich durch das Referat für berufliche Bildung der Schulaufsicht bei der zuständigen Bezirksregierung initiiert worden. Die bestehende Vernetzung mit der Bezirksregierung wird von den Befragten insbesondere bei der Umsetzung von Projekten als relevant eingestuft, da diese Mittel zur Regionalentwicklung des Landes verwalte. – Hier treffen die Interessen der Akteure mit entsprechenden Ressourcen zusammen.
Tabelle 3: Überblick über Ergebnisse zur Akteurskonstellation. Eigene Darstellung.
Kategorie/Systematisierung |
Ergebnisse Fallanalyse |
Akteurskonstellation – Akteure der Kommunalverwaltung |
Hybrides DKBM-Modell zur internen und externen Kooperation und Koordination Personalunion auf Leitungsebene Bildungsgenossenschaft als Austausch- und Vernetzungsplattform mit Seismographenfunktion Rolle der Kommune als aktive Mitgestalterin beruflicher Bildung – Kooperationsbedarfe mit Akteuren beruflicher Bildung Gemeinsame Interessen der Akteure im Handlungsfeld ‚Fachkräftesicherung‘ Regionales Innovationsnetzwerk berufliche Bildung – Vernetzung mit Regionalförderung |
3.3.3 Handlungskoordination zur Weiterentwicklung der kommunalen Berufsbildungslandschaft
Mit Blick auf die soziale Interaktion der genannten Akteure zur Koordination ihrer Handlungen in der Governance der kommunalen Berufsbildungslandschaft heben die Befragten insbesondere die Informalität der Interaktionsprozesse hervor, die sich aus vielfachen Begegnungen bedingt durch die räumliche Nähe und die persönlichen Beziehungen der Verantwortlichen ergebe („Hier kennt jeder jeden, wir müssen miteinander zusammenarbeiten, weil wir uns gefühlt jede Woche dreimal sehen“). Diese Beziehungen resultierten zudem aus zum Teil langjährigen Kooperationsbeziehungen in bereits erfolgreich umgesetzten Projekten, die zum Aufbau gegenseitigen Vertrauens geführt hätten („Letztendlich baut das alles so in der Historie aufeinander auf, weil man sieht: Okay, die sind innovativ, die haben gute Ideen, die schreiben nicht nur bunte Papiere, sondern da ist auch was dahinter und die setzen das um. Und weil es in Netzwerken funktioniert, ist auch die Nachhaltigkeit gewährleistet“). D. h. die Interaktion der Akteure erfolgt in regelmäßigen Arbeits- und Gremiensitzungen sowie während informeller Treffen im Zusammenhang von Veranstaltungen im Landkreis (beispielhaft genannt werden Konzerte, Verleihungen von goldenen Meisterbriefen, Sportveranstaltungen, Empfänge der Verbände und Parteien, Podiumsdiskussionen, Fachtagungen, Exkursionen, Reisen zu Partnerstädten).
Aufgrund der vorhergehenden Kooperationsbeziehungen zwischen den Akteuren bestehe inzwischen ein grundsätzliches Eingangsvertrauen in der Zusammenarbeit. Dies wird von den Befragten auch bei der Interessenaushandlung im Rahmen von Projekt- und Förderanträgen beschrieben („Das stellt sich immer wieder heraus, dass man die eigenen Befindlichkeiten mal zurückstellt und […] weiß, okay, an der und der Stelle sind da Schmerzenspunkte. Die muss ich beachten, sonst funktioniert das nicht“). D. h. Einzelinteressen werden von den Akteuren zugunsten gemeinsamer Erfolge in der Konstellation im Vertrauen auf eine spätere Einlösung von Mehrwerten für die eigene Organisation zurückgestellt. – Auf der Grundlage von Erfahrungen aus früheren Kooperationsprojekten.
Gleichzeitig seien im Zuge von Förderprogrammen und Projektanträgen eine Vielzahl von Kooperationsvereinbarungen geschlossen worden, die für entsprechende Anträge formal vorausgesetzt werden. Diese werden von den Befragten unterschiedlich beurteilt: Einerseits dienten diese der Klärung von Zielen und Aufgaben in konkreten Projektzusammenhängen; andererseits belegten diese lediglich eine Zusammenarbeit, die ohnehin bestehe und auch jenseits von formalen Festlegungen aufrechterhalten werde. Für letzteres spreche, dass Kooperationsvereinbarungen lediglich anlassbezogen bei Förderanträgen aktualisiert werden, ansonsten jedoch kein Bezug zu ihnen genommen werde, sondern Kooperationen durch informelle Absprachen konkretisiert würden.
In diesem Zusammenhang beschreiben die Befragten mit Blick auf bereits umgesetzte gemeinsame Projekte auch die Anerkennung einer gegenseitigen Abhängigkeit in der Zusammenarbeit („Man war voneinander abhängig“). D. h. die einzelnen Akteure verfügen jeweils nicht über die notwendigen Verfügungsfähigkeiten, um ihre Interessen umsetzen bzw. Ziele erreichen zu können. Erst innerhalb der beschriebenen Akteurskonstellation können sie Kompetenzen bündeln und sich einer Realisierung von Partikularinteressen zumindest annähern. Voraussetzung dafür sind allerdings die entsprechenden legalen und insbesondere materiellen Ressourcen (Verfügungsrechte). Letztere stammen zu einem geringeren Anteil aus dem Haushalt des Landkreises und werden zu einem erheblich größeren Teil aus Förderprogrammen von Bund, Ländern und privaten Stiftungen akquiriert.
Die Interaktionen erfolgen in der beschriebenen Akteurskonstellation einerseits horizontal, d. h. auf der organisationalen Ebene zwischen den Vertreter:innen der Berufskollegs und der Bildungsgenossenschaft und den Akteuren der Wirtschaft, zum anderen aber auch vertikal, indem mit dem kommunalen Eigenbetrieb der Schulträger und zudem das Referat der Bezirksregierung als Schulaufsicht eingebunden werden. Insbesondere durch die ebenenübergreifende Zusammenarbeit können notwendige Verfügungsfähigkeiten und ‑rechte hergestellt werden, die für eine Umsetzung von Projekten notwendig sind.
Eine wesentliche Rolle wird von den Befragten der Führung bzw. Moderation der Interaktionsprozesse zugewiesen. Dabei wird der Leitung des Fachbereichs ‚Bildung‘ die – informell zuerkannte – Rolle der Moderation der Interaktionsprozesse zugeschrieben. Die Fachbereichsleitung verfüge über die notwendigen sozial-kommunikativen Kompetenzen („Empathie“), um einen Interessensausgleich zwischen den beteiligten Akteuren zu erreichen und alle Beteiligten gleichermaßen einzubeziehen. Für den kommunalpolitischen Rückhalt der Kooperationsprozesse hätten zudem die beiden aufeinander folgenden Landräte gesorgt; so sei bspw. die Gründung der Bildungsgenossenschaft auf die Initiative des ehemaligen Landrats und der ehemaligen Leitung des kommunalen Eigenbetriebs für die Schulträgerschaft erfolgt („Das heißt also, er [der Landrat, D. H.] hatte natürlich auch die formale Macht, das zusammenzuführen. Und als zweite Person muss ich wirklich jetzt auch <LEITUNG FACHBEREICH BILDUNG> nennen. Also das muss man einfach so deutlich sagen, dass er, also in dieser Kombination war das einfach eine sehr glückliche Fügung“).
Als die bedeutsamsten Ergebnisse der Kooperation werden von den Befragten eine Vielzahl gemeinsamer Projekte von in der Regel mehreren beteiligten Akteuren beschrieben, die sich in die Bereiche der ‚vorberuflichen Bildung‘ (u. a. Koordinierungsstelle Übergang Schule-Beruf, Ausbildungsmessen, Ausbildungsmarketing und ‑recruiting für KMU), der ‚dualen Berufsausbildung‘ (Prüfungsvorbereitung, Zusatzqualifikationen, überbetriebliche Ausbildungsangebote) und ‚beruflichen Fortbildung‘ (Module in der Meisterausbildung, berufsspezifische Weiterbildungen) sowie ‚ausbildungsintegrierende Studienangebote‘ (gemeinsame Modulangebote für Auszubildende, Studierende und Lernende in der Weiterbildung) unterteilen lassen. Zudem sind im Verlauf der langjährigen Kooperationen zwischen Akteuren der Kommunalverwaltung, der Wirtschaft und den Schulen zwei überbetriebliche Lernorte (cyber-physische Lernfabrik für Industrie 4.0; Inkubator für Innovationsprojekte, bspw. Innovationslabore für Digitalisierung im Handwerk) mit erheblicher Landes- und Bundesförderung entstanden und die vom Kreis getragenen Berufskollegs sind umfangreich mit digitaler Infrastruktur ausgerüstet worden.
Tabelle 4: Überblick über Ergebnisse zur Handlungskoordination. Eigene Darstellung.
Kategorie/Systematisierung |
Ergebnisse Fallanalyse |
Handlungskoordination – Relevante Aspekte |
Informalität der Interaktionsprozesse Eingangsvertrauen durch langjährige Kooperationsbeziehungen Kooperationsvereinbarungen Anerkennung gegenseitiger Abgängigkeit Ebenenübergreifende Zusammenarbeit Führung und Moderation durch politische Spitze und Fachbereichsleitung Bedeutsame Ergebnisse der Kooperationen |
4 Diskussion
Zu Beginn dieses Beitrags ist mit Bezug auf den Entwicklungstrend der Regionalisierung auf die aus Forschungssicht offene Frage verwiesen worden, wie die Governance auf der Ebene unterhalb von Bund und Ländern zwischen einer Kommune als koordinierendem Akteur innerhalb einer kommunalen Bildungslandschaft und den innerhalb dieses Raums tätigen Akteure der beruflichen Bildung gestaltet wird. Dazu ist die Governance der beruflichen Bildung in einem Landkreis im Zuge einer Fallstudie mithilfe des Zugangs der Educational Governance-Forschung untersucht worden. Da die Ergebnisse also lediglich fallbezogenes Wissen behandeln – das zudem verschiedenen Limitationen unterliegt (mit Blick auf das Sampling, die retrospektive Betrachtung der Interaktionsprozesse und dem Fokus auf kommunale Ebene; s. 3.2) – ist eine Verallgemeinerung nur in sehr eingeschränktem Maße möglich. Dennoch bieten die Ergebnisse Hinweise und Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung des bisherigen Governance-Modells beruflicher Bildung für die kommunale Ebene.
So konnte gezeigt werden, dass im vorliegenden Fallbeispiel die Akteure der Kommunalverwaltung im Zuge des Bildungsmanagements – d. h. der Koordinierung der Bildungsangebote – der beruflichen Bildung eine Schlüsselrolle für die Kreis- und Regionalentwicklung zuschreiben, da diese insbesondere die Funktion der Fachkräftesicherung für die Wirtschaft im Landkreis und der Region erfüllt. Damit wird Berufsbildung als wesentlicher Standortfaktor begriffen, der durch die Kommunalverwaltung und damit das Bildungsmanagement aktiv mitgestaltet werden soll.
Zur Realisierung dieses Koordinationsbedarfs sind die kommunalen Akteure jedoch auf die Zusammenarbeit mit den Akteuren der Wirtschaft (Kammern, Verbände, Betriebe) bzw. den berufsbildenden Schulen und der Schulaufsicht des Landes zwingend angewiesen, da diese formal für die Durchführung des Berufsbildungsangebot (bspw. Einrichtung von Bildungsgängen durch die Bezirksregierung, Anerkennung von Zusatzqualifikationen durch den Berufsbildungsausschuss der Kammern, Durchführung der Zwischen- und Abschlussprüfungen durch die Prüfungsausschüsse der Kammern) zuständig sind. Die Kommunalverwaltung verfügt hier zwar über ein legitimes Interesse, es fehlen ihr jedoch die formalen Verfügungsrechte, um dieses zu realisieren. Über die Kooperation werden Handlungspotenziale realisiert, deren Umsetzung einzelnen Akteuren nicht möglich wäre. Die Sichtweisen der unterschiedlichen Organisationen (berufsbildende Schulen, Kammern, Hochschulen) auf diese Zusammenhänge stellen ein interessantes Desiderat für künftige Forschungsarbeiten dar.
Gleichzeitig schafft die Kommune im vorliegenden Fall eine Austausch- und Netzwerkplattform – in Form einer Bildungsgenossenschaft – in der die relevanten Akteure zusammengeführt, koordiniert und Entwicklungen in allen Bereichen der beruflichen Bildung initiiert werden. Dadurch erweitert sich die Rolle der Kommunalverwaltung in der beruflichen Bildung über die Sachaufwandsträgerschaft für die äußeren Schulangelegenheiten hinaus und sie nimmt mittelbar Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung beruflicher Bildung. Es kommt gleichsam zu einer (informellen) Neuformulierung der ‚Zuständigkeit‘ der Kommune in der beruflichen Bildung, indem sie die strategische Zielsetzung der Entwicklung der kommunalen Berufsbildungslandschaft, die Koordination des Berufsbildungsangebots, die Innovationsentwicklung im Berufsbildungssystem und Gestaltung von Kooperationen und Netzwerken in der Berufsbildung aktiv mitgestaltet.
In einer solchen Konstellation übernimmt die Kommune als Koordinationsakteur eine wesentliche Rolle in der Governance beruflicher Bildung auf der kommunalen Ebene und wäre insofern in das hergebrachte Governance-Modell beruflicher Bildung zu ergänzen. Es handelt sich hierbei jedoch um vornehmlich noch eher implizite Strukturen, die erst in der Fallanalyse expliziert werden konnten.
Dabei sind die Akteure jedoch – dieser Aspekt ist im Beitrag weniger stark behandelt worden – auf entsprechende Ressourcen, d. h. letztlich Fördergelder des Bundes, der Länder oder privaten Akteuren angewiesen. Die Bedeutung von bildungspolitischen Förderprogrammen deutet sich in den Ergebnissen zwar lediglich an, sollte aber in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden. So wäre bspw. die Einrichtung außerschulischer und überbetrieblicher Bildungsstätten wie im vorliegenden Fall aus einer Eigenfinanzierung der Kommune und der übrigen beteiligten Organisationen (berufsbildende Schulen, Kammern) heraus nicht vorstellbar. Die Entwicklung der kommunalen Berufsbildungslandschaft hängt also von den zur Verfügung stehenden oder akquirierbaren Ressourcen ab, was auf Fragen der Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen resp. einen Wettbewerb der Kommunen verweist.
Des Weiteren erlaubt die Fallstudie Hinweise auf die Implementationsbedingungen der Governance auf der Ebene unterhalb von Bund und Ländern. Mit Blick auf die Ergebnisse der Fallanalyse kommt ‚persönlichen Beziehungen‘ und einem damit verbundenem ‚Vertrauen‘ zwischen den beteiligten Akteuren und den durch sie gebildeten ‚Netzwerken‘ ebenso eine herausgehobene Bedeutung zu wie der ‚Moderation‘ dieser sozialen Interaktions- und Kooperationsgeflechte. Strukturlösungen wie die Bildungsgenossenschaft als Austausch- und Vernetzungsplattform oder die Organisation des Schulträgers als kommunaler Eigenbetrieb weisen ebenfalls Transferpotenzial auf. Einzelne Aspekte wie Aufbau und Bedeutung von Vertrauen oder Bedingungen kooperationsfördernder Moderation und Implementationsprozesse sollten ihrerseits in weiterführenden Arbeiten genauer betrachtet werden.
Daran schließt sich die Frage an, wie auf interpersonale Beziehungen beruhenden Prozesse nachhaltig gestaltet werden können. Sofern sie von einzelnen Personen und deren Kompetenzen abhängen, geraten mit dem Ausscheiden dieser Personen aus der Akteurskonstellation die erzielten Ergebnisse in Gefahr.
Weitergehend zu diskutieren wäre zudem das Berufsbildungsverständnis der handelnden Akteure. Wird Berufsbildung als Standortfaktor im Wesentlichen auf ihre Funktion zur Fachkräftesicherung beschrieben, besteht aus berufsbildungstheoretischer Sicht die Gefahr, sie auf eine Qualifizierungsfunktion hin zu verkürzen und die Dimensionen der sozialen Integration und Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden – die das besondere deutsche Berufsbildungsverständnis prägen – zu vernachlässigen. Dabei wäre auch zu fragen, welche Zuständigkeiten sich die Akteure wechselseitig zuschreiben. Die Ergebnisse der Fallstudie bieten also auch Anknüpfungspunkte für die normativ-bildungstheoretische Diskussion in der BWP, insbesondere in Zeiten eines öffentlich propagierten ‚Fachkräftemangels‘.
Für die Regionalisierung als Entwicklungstrend bedeutet dies schließlich, dass über weitergehende Studien zu prüfen wäre, inwieweit sich vergleichbare Verschiebungen in der Governance des Berufsbildungssystems in ähnlichen Kommunen ergeben, um über einen komparativen Fallvergleich weitere Erkenntnisse zu Entwicklung des Berufsbildungssystems zu erhalten. Etwaige Besonderheiten beim Aufbau von Governance-Strukturen im Bereich beruflicher Bildung – zwischen Bildungs- und Wirtschaftssystem bspw. – könnten über Vergleiche mit den übrigen Bildungsbereichen ebenfalls herausgearbeitet werden.
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Zitieren des Beitrags
Hagemeier, D. (2024). Governance im Berufsbildungssystem – Zur Gestaltung der Governance zwischen Kommunen und Akteuren beruflicher Bildung in kommunalen Bildungslandschaften. In H.-H. Kremer & N. Naeve-Stoß (Hrsg.), bwp@ Spezial 21: Trilaterales Doktorandenseminar der Wirtschaftspädagogik Köln, Paderborn und des BIBB – Einblicke in Forschungsarbeiten (S. 1–28). https://www.bwpat.de/spezial21/hagemeier_spezial21.pdf