bwp@ 45 - Dezember 2023

Veränderungen der Arbeitswelt: Anforderungen, Gestaltungsfelder und Zukunftsfragen für die berufliche Bildung

Hrsg.: Nicole Naeve-Stoß, Lars Windelband, Matthias Kohl & Anja Walter

Wie Kompetenzentwicklungen für nachhaltige Entwicklung mit der digitalen Transformation zusammengebracht werden können

Beitrag von Anne Röhrig & Christine Schmidt
Schlüsselwörter: Kompetenzmodell, Nachhaltigkeit, Digitalisierung

Im Beitrag wird diskutiert, wie unter den Bedingungen einer gekoppelten Transformation - von Digitalisierung mit der notwendigen nachhaltigen Entwicklung - Veränderungen in der beruflichen Aus- und Weiterbildung angezeigt sind. Im Ergebnis werden ein Struktur- und Kompetenzmodell der beruflich-betrieblichen Bildung zur Kompetenzentwicklung für nachhaltige Entwicklung unter den Bedingungen der digitalen Transformation aus dem Verbundprojekt KI4CoLearnET vorgestellt.

How competence developments for sustainable development can be brought together with the digital transformation

English Abstract

The article discusses how changes in vocational education and training are indicated under the conditions of the coupled transformation - digitalisation and the necessary sustainable development. As a result, a structure and competence model of vocational and in-company training for competence development for sustainable development under the conditions of the digital transformation from the joint project KI4CoLearnET will be presented.

1 Einleitung

Die berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) und Kompetenzanforderungen für die digitale Transformation stehen bislang weitgehend unabhängig nebeneinander. In diesem Beitrag wird aufgezeigt, wie sich die Ziele der nachhaltigen Entwicklung sowie die Kompetenzanforderungen der digitalen Transformation verbinden lassen. Mittels der Erarbeitung eines Strukturmodells für die nachhaltige Entwicklung unter den Bedingungen der digitalen Transformation sowie eines darauf basierenden Kompetenzmodells haben wir im Verbundprojekt „KI für kompetenzbasiertes Lernen im Cluster Energietechnik - KI4CoLearnET“ (gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bundesinstitut für Berufsbildung /Förderprogramm INVITE) einen Ansatz entwickelt, der konkretisiert, wie die berufliche Bildung die Herausforderungen der doppelten Transformation adressieren kann und zukunftsfähige Aus- und Weiterbildung gestaltbar ist.

1.1 Das Strukturmodell

Das Strukturmodell zeigt die planetaren Grenzen als äußeren Rahmen, innerhalb dessen Kompetenzen für die berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung und digitale Transformation aufgebaut und entwickelt werden müssen. Es wird außerdem dargelegt, wie daraus ein Kompetenzmodell abgeleitet wird und im Rahmen von Lehr-Lern-Konzepten umgesetzt werden kann. Für den Erhalt und die Erweiterung beruflicher Handlungsfähigkeit ist Kompetenzentwicklung der Schlüssel, um den Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft flexibel und systematisch zu begegnen. Im ersten Teil des Beitrages werden wir zunächst auf die Anforderungen der digitalen Transformation im Hinblick auf die berufliche Bildung eingehen, um anschließend Anforderungen bezüglich einer nachhaltigen Entwicklung aufzuzeigen. Abschließend wird erläutert, warum eine Verschränkung der beiden Themenbereiche – im Sinne einer doppelten Transformation – für die berufliche Aus- und Weiterbildung angezeigt ist und wie wir dies in einem Kompetenzmodell strukturiert und verbunden haben.

Die Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitswelt 4.0, die durch die Digitalisierung hervorgerufen werden, führen zu einer Vielzahl von neuen Anforderungen in den Arbeitsabläufen sowie der Kommunikation und Kollaboration, die zusätzliche Kompetenzerwerbe und Qualifizierungsinhalte für Beschäftigte wie auch für das Bildungspersonal erfordern. Neben der sich weiter in hohem Tempo vollziehenden digitalen Transformation rücken auch immer deutlicher notwendige Umsteuerungen hin zu einer nachhaltigen Entwicklung in den Fokus. 

1.2 Planetare Grenzen

Die Herausforderungen und Veränderungen im Zuge der digitalen Transformation müssen stärker als bislang mit der Notwendigkeit einer weltweit nachhaltigen Entwicklung zur Sicherung der planetaren Grenzen zusammengedacht werden. Dies erfordert die Auseinandersetzung mit nachhaltigkeitsbezogenen Fragestellungen im beruflichen Handlungskontext und auch die Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen können. Berücksichtigung finden muss aber auch die Auseinandersetzung mit kritischen Auswirkungen der digitalen Transformation in Bezug auf nachhaltige Entwicklung.

Die digital vernetzte Arbeitswelt berührt alle Bereiche der Wertschöpfung und hat Auswirkungen auf alle Beschäftigtengruppen. Genauso wirken aber auch Faktoren, die eine nachhaltige Entwicklung beeinflussen, in den Dienstleistungs- und Produktionsprozessen. Bereits heute benötigen die Infrastrukturen unserer digitalen Gesellschaft gewaltige Mengen an Energie und anderen Ressourcen. Ein Sinken dieser Verbräuche ist ohne eine sozial-ökologische Transformation aktuell nicht absehbar. Die erforderlichen Ressourcen, vom Abbau von Rohstoffen für die Herstellung von Komponenten und digitalen Produkten, über die Nutzungsphase sowie für die Wiederverwendung von Komponenten und das spätere Recycling haben relevante Größenordnung erreicht. Nachhaltigkeitsprobleme können dabei entlang der gesamten Wertschöpfungskette aufgezeigt werden.

Es gilt mithin, die Kompetenz- und Qualifizierungsanforderungen in den Bereichen „Digitalisierung“ und „Nachhaltigkeit“ aufeinander zu beziehen, oder anders formuliert: Erforderlich ist eine Kompetenzentwicklung für eine nachhaltige Entwicklung unter den Bedingungen der digitalen Transformation im Rahmen der Berufsausbildung und darüber hinaus.

2 Digitale Transformation und die Anforderungen an eine zeit- und zukunftsgemäße berufliche Bildung

Digitalisierung – sie ist seit Jahren im Alltag präsent, bei der Arbeit wie auch insgesamt im gesellschaftlichen Leben. Die digitale Transformation wird Wirtschaft und Gesellschaft auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiterhin prägen. Insofern ist es auch in der beruflichen Bildung zentral, sich mit den Veränderungsprozessen und ihren Wirkungen auseinanderzusetzen. Neue Technologien und veränderte Geschäftsmodelle werden sich weiter in schnellem Tempo entwickeln und Strukturveränderungen für Wertschöpfungsketten, Arbeitsprozesse und Unternehmensstrukturen werden zunehmen. Ein wesentlicher Aspekt ist die – datenbasierte – Vernetzungsmöglichkeit innerhalb eines Unternehmens und über Unternehmensgrenzen. „Der Erfolg von Wertschöpfungsketten ist wesentlich durch die Synchronisation des Material- und Informationsflusses geprägt, und die physische Welt wird zukünftig noch stärker mit der virtuellen Welt zusammenwachsen.“ (bayme 2016, 49) Datenmengen und die Datenverfügbarkeit in Echtzeit – in Kombination mit Algorithmen, autonomen Systemen und Künstlicher Intelligenz (KI) - kommen heute schon in immer mehr Bereichen zum Einsatz; dies wird sich in Zukunft fortsetzen.

Mit diesen Veränderungen gehen neue Kompetenzanforderungen einher: Das, was Beschäftigte und angehende Fachkräfte im und für das Berufsleben benötigen, ist einem komplexen und sich immer rascher vollziehendem Wandel unterworfen. So wurde in der bayme-Studie (bayme 2016) auch expliziert, welche Kompetenzen in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt auf der Produktionsebene relevanter werden (bayme 2016, 84). Neben allgemeinen Kompetenzen (wie Optimierung von Abläufen, Umgang mit Daten, Kooperation und Kommunikation, Entscheidungen treffen und verantworten) werden informationstechnische Kompetenzen, spezifische, arbeitsbezogene Kompetenzen sowie elektro-metalltechnische Kompetenzen aufgeführt (vgl. bayme 2016, 86 f). Die Kompetenzanforderungen sind in unterschiedlicher Breite und Tiefe auf Unternehmensebene erforderlich – und in Teilen charakterisieren sie Anforderungen, die über die Sphäre der Produktion hinaus für die Arbeitswelt bestimmender werden.

Anforderungsprofile und Berufsbilder befinden sich stets in Veränderungsprozessen, und im Rahmen der Ordnungsarbeit erfolgten immer wieder Anpassungen bestehender Berufe bzw. die Entwicklung neuer Berufe (vgl. Herkmer 2013, 40 ff). Durch die fortschreitende Digitalisierung verändert sich die Arbeitswelt allerdings dynamischer und umfassender als in vorangegangenen Zyklen technologischer Entwicklungen. In zahlreichen Studien wurde diskutiert, wie genau sich die Anforderungen in der Arbeitswelt vor dem Hintergrund der digitalen Transformation verändern werden. Schwerpunkte eines großen Teils der Studien beziehen sich v.a. auf die Entwicklungen im gewerblich-technischen Bereich in Anknüpfung an das „Leitbild“ der Industrie 4.0 (so beispielsweise acatech 2016; Botthof/Hartmann 2015; ifo Institut 2015; VDMA 2016).

Die Auseinandersetzung mit der fortschreitenden Digitalisierung und daraus resultierender Anforderungen wurde seit 2015 auch im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) verankert, als mit dem Grünbuch „Arbeiten 4.0“ ein Dialog begonnen wurde, wie die Arbeit der Zukunft gestaltet werden sollte und welche Gestaltungschancen es für Unternehmen, Beschäftigte, Sozialpartner und Politik gibt. Mit der vom BMAS beauftragten Forsight-Studie „Digitale Arbeitswelt“ wurde die Zukunft der digitalen Arbeit branchenübergreifend (Medien, Dienstleistungen und Produktion) skizziert. In der Foresight-Studie wird konstatiert: „Die hier skizzierte Zukunft der digitalen Arbeit beruht auf der Plausibilisierung einzelner Befunde und Einschätzungen aus der Literatur, durchgeführten Experteninterviews und kollaborativ erstellten Roadmaps, die in ihrer Gesamtheit von einer bemerkenswerten Konsistenz geprägt sind.“ (Apt et al. 2016, 5) Auch wenn sich die betrachteten Branchen sowohl nach aktuellem Digitalisierungsstand als auch der künftigen Perspektiven hinsichtlich der Digitalisierung unterscheiden, kann generell festhalten werden, dass die Anforderungen an den individuellen Wissenserwerb, die Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen steigen. „Zur Lösung neuer Aufgaben muss neues Wissen möglichst effizient erlernt und mit vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten kombiniert werden. Inhalte, Methoden und Anforderungen ändern sich schnell und erfordern vom Lernenden ein hohes Maß an Flexibilität und Motivation.“ (Apt et al. 2016a, 28)

Im Weißbuch des BMAS (2017) wurden die Ergebnisse des Dialogprozesses „Arbeit 4.0“ zusammengefasst. Dabei kommt auch Veränderungen der soziotechnischen Systeme eine Bedeutung zu, die für die Kompetenzentwicklung eine Rolle spielen werden. „An der Schnittstelle von Mensch und Technologie werden sich neue Aufgabenverteilungen auf Basis der jeweiligen situativen und spezifischen Stärken ergeben. An der Schnittstelle von Organisation und Technologie werden hierarchisch getrennte, bislang nacheinander ablaufende Teilprozesse durch integrierte und gleichzeitig ablaufende sowie dezentrale Verfahren ersetzt. Und an der Schnittstelle von Mensch und Organisation stellt sich die Frage nach dem Zuschnitt von Aufgaben und der Verteilung von Rollen neu.“ (BMAS 2017, 69)

2.1 „Digitale Kompetenzen“

Deutlich ist: Die Digitalisierung als Treiber beschleunigt technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in einer Weise, die auch Lernprozesse und notwendige Kompetenzentwicklungen beeinflusst. Entsprechend liegt der Fokus zunehmend auf der Frage, wie Aus- und Weiterbildung und auch das betriebliche Personal- und Kompetenzmanagement die Dynamik und Komplexität der Veränderungen adressieren können. Denn die Digitalisierung erfordert zunehmend und in allen Berufen so genannte „digitale Kompetenzen“. Im Kern geht es dabei um personale Kompetenzerwerbe hin zum selbstorganisierten, kreativen Handeln und zur selbstorganisierten Bewältigung von Herausforderungen, die im Hinblick auf die komplexen und dynamischen Veränderungen gegenüber Wissen und Fertigkeiten an Bedeutung gewinnen.

Oft werden die Begriffe Wissen, Fertigkeiten, Qualifikation und Kompetenz gleichbedeutend verwendet. Zwar sind Wissen und Fertigkeiten oder Qualifikationen notwendige Voraussetzungen für Kompetenzen, aber sie sind keine Kompetenzen. Kompetenzen zeichnen sich dadurch aus, dass sie befähigen, Herausforderungen in der Praxis selbstorganisiert zu bewältigen und effektiv zu handeln. “Kompetenzen sind Fähigkeiten in offenen, unüberschaubaren, komplexen, dynamischen und zuweilen chaotischen Situationen kreativ und selbstorganisiert zu handeln (Selbstorganisationsdispositionen). Kompetenzen schlagen sich immer in Handlungen nieder. Sie sind keine Persönlichkeitseigenschaften.“ (Erpenbeck/Sauter 2015, 14) In diesem Verständnis ermöglichen es Kompetenzen zu handeln, auch wenn das Wissen bezogen auf aktuelle Herausforderungen noch unvollständig ist, d. h. sie ermöglichen ein Handeln ohne bekannte Lösungswege „abzuarbeiten“. In hochdynamischen Zeiten, in denen sich Gesellschaft, Arbeit, Leben und Lernen kontinuierlich wandeln und weiterentwickeln, gewinnen kompetenzorientierte Lernangebote somit an Bedeutung. Lernangebote sollten zunehmend berücksichtigen, dass sie die Voraussetzungen schaffen, um eine individuelle, formelle wie informelle Kompetenzentwicklung zu ermöglichen. Lernen wird selbstorganisierter, das Netz wird als sozialer Raum für Kompetenzentwicklung genutzt, und die Aneignung von Wissen im Lernprozess erfolgt an zu lösenden Aufgabenstellungen (vgl. Erpenbeck/Sauter 2013, Erpenbeck/Sauter 2015).

Die mit Initiativen und Programmen unterlegte Beschäftigung mit Lernen und Kompetenzentwicklung im Kontext der Digitalisierung ist vielfältig: Initiativen und Programme finden sich auf europäischer Ebene mit dem: Referenzrahmen für digitale Kompetenzen (Carretero/Vuorikari/Punie 2017), dem Referenzrahmen für das Bildungspersonal (Punie/Redecker 2017) oder auch dem Aktionsplan für digitale Bildung (Europäische Kommission 2018). In Deutschland begründete das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Jahr 2016 die „Dachinitiative Berufsbildung 4.0“ (im Rahmen der Bildungsinitiative für die digitale Wissensgesellschaft). Unter anderem sollten die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Qualifikationsanforderungen in ausgewählten Berufsbildern untersucht werden, aber auch der Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung gefördert werden.

Digitale Technologien spielen inzwischen eine immer größere Rolle in allen Berufen und sind nicht mehr auf die „Industrie 4.0“ begrenzt, sondern auch Handwerk und Dienstleistungen bedienen sich digitaler Anwendungen in vielfältiger Weise. Und ähnlich wie im Falle der Anforderungsanalysen zu Industrie 4.0 kann berufs- und branchenübergreifend konstatiert werden, dass digitale Technologien, deren Einsatz und Beherrschung, der Umgang mit Daten und ein Verständnis über – sich wandelnde Prozesse – für Beschäftigte in Industrie, Handwerk und Dienstleistung gleichermaßen wichtig sind. Wissen und darauf aufbauende Fertigkeiten in diesen Bereichen sind wichtig, stellen aber nur die erforderliche Basis dar: Im Zentrum steht der Wandel von klassischer Wissensaneignung hin zu flexibler Kompetenzentwicklung; dieser Wandel wird Lernprozesse zukünftig prägen.

„Auf den ersten Blick liegt es dabei nahe, vor allem digitale Inhalte zu stärken. Vergessen wird in diesem Zusammenhang aber häufig, dass sich mit der Digitalisierung auch die Art und Weise verändert, wie gearbeitet wird (zum Beispiel Arbeit in virtuellen Teams). Deshalb steigen nicht nur die Anforderungen an das Wissen über Computer und den Umgang mit ihnen, sondern es wird zukünftig auch wichtiger, über soziale Kompetenzen wie Kooperationsbereitschaft, Kommunikationsstärke, Selbstmanagement oder Empathie zu verfügen. Außerdem sollten bei der Aus- und Weiterbildung auch fachübergreifende Kompetenzen vermittelt werden.“ (Dengler/Matthes 2018, 11)

2.2 Bausteine für die digitale Transformation

In dem Berliner Modellprojekt Berufsübergreifende „Zusatzqualifikation für digitale Kompetenzen“, (vgl. https://kompetenzen-digitaler-wandel.de/) wurde ab 2016 der Fokus darauf gerichtet, welche Kompetenzanforderungen im Kontext der Digitalisierung als berufs- und branchenübergreifende Schnittmengen identifiziert werden können. Auf Basis von Literaturanalysen und Experteninterviews hat sich gezeigt, dass unabhängig von konkreten Berufen bestimmte Anforderungen immer wieder genannt wurden „und einen Querschnitt von Wissen, Fertigkeiten und Kompetenzen darstellen“ (Röhrig/Michailowa 2018, 102).

Auf dieser Grundlage wurde ein aus fünf Bausteinen bestehendes Modell erarbeitet, das die Anforderungen systematisiert und strukturiert und als Grundlage für die Entwicklung und Umsetzung einer berufsübergreifenden „Zusatzqualifikation für digitale Kompetenzen“ diente. Mit den vier Bausteinen „Grundlagen der Digitalisierung, „IKT-Kompetenz“, „Umgang mit Daten“ sowie „Systeme und Prozesse“ wurden in diesem Modell berufsübergreifende Anforderungen bezogen auf die fortschreitende Digitalisierung formuliert. Mit dem 5. Baustein „Lernen und Arbeiten in der digitalen Welt“ wurde adressiert, welche neuen Fertigkeiten und Kompetenzen im Kontext der digitalen Transformation im Rahmen von Lernprozessen erforderlich sind. Alle fünf Bausteine beziehen sich auf inhaltliche Bereiche, die in allen Berufen bzw. Berufsfeldern relevant sind und deren Relevanz voraussichtlich steigen wird - je nach Beruf in der Gewichtung unterschiedlich ausgeprägt, aber sie bilden gewissermaßen das Grundgerüst für eine arbeitsweltorientierte digital literacy.

Das BIBB hat in einem Berufe-Screening festgestellt, dass Digitalisierung in allen untersuchten Berufen wirksam wird: „In jedem der Berufe finden sich dabei Spezifika. Bereits im Zuge der durchgeführten Literatur- und Dokumentenanalysen wurde deutlich, dass alle Berufe betroffen sind, die konkrete Art und Weise und die Durchdringungstiefe sind berufsspezifisch. Die Digitalisierung wirkt ungleichzeitig, ein Nebeneinander konventioneller und digitalisierter Arbeitsumgebungen wird längerfristig fortbestehen“ (Zinke 2019, 11f).

Mit der Erarbeitung eines Kompetenzmodells, das die Verbindung von digitaler Transformation und einer nachhaltigen Entwicklung anstrebt (vgl. Abb. 3), wurden fachliche Anforderungen im Hinblick auf die Digitalisierung (auch in Anlehnung an das beschriebene 5-Bausteine-Modell, vgl. Röhrig/Michailowa 2018) in drei Bereichen formuliert: „Digitale Technologien“, „Daten“ und „Prozesse“.

Da vernetzte digitale Technologien die Arbeitswelt zunehmend durchdringen, sind Grundkenntnisse bezogen auf den Umgang mit digitalen Technologien notwendig: Erforderlich ist ein grundlegendes Verständnis der Funktion des digitalen Netzes, Kenntnisse über relevante technische Treiber und ein Überblick darüber, wie sich die Arbeits- und Lebenswelt im Zuge der digitalen Transformation verändert. Programmieren zu können ist nach wie vor keine Anforderung, die an alle Beschäftigten zu richten ist. Aber alle sollten wissen, wie digitale, vernetzte Technologien funktionieren, wie verschiedene Anwendungen (oder Komponenten) verknüpft sind, welche Möglichkeiten diese Technologien bieten, aber auch welche Fehler und Funktionsstörungen aus welchen Gründen auftreten können. Eng verknüpft damit sind Aspekte des Umgangs mit Daten: hierzu zählen Grundlagen des Datenschutzes und der Datensicherheit genauso wie die Fähigkeit, Daten zu verstehen und diese in ihrer Qualität einschätzen zu können, Daten in vielfältiger Weise zu nutzen aber auch ggf. zu minimieren. Und schließlich ist es erforderlich zu verstehen, wie beispielsweise unterschiedliche digitale Technologien und damit unterschiedliche Akteure innerhalb und außerhalb eines Unternehmens miteinander vernetzt sind, in welcher Weise digitale Technologien Arbeitsabläufe verändern und damit auch die Anforderungen bezogen auf das eigene Arbeitshandeln beeinflussen.

In den genannten drei Bereichen (Digitale Technologien, Daten und Prozesse) ist also zunächst eine Wissenserweiterung notwendig. Auf Grundlage einer solchen Wissensbasis sind in der digitalen Transformation branchenübergreifend vor allem Kompetenzentwicklungsprozesse erforderlich, um bei sich wandelnden Anforderungen und hoher Dynamik die eigene berufliche Handlungsfähigkeit selbstorganisiert ständig erneuern zu können und auch kritisch-reflektierend mit Veränderungen umzugehen. Zu dem Schluss, dass insbesondere die Stärkung personaler Kompetenzen wichtig ist, um Teilhabe und Mitgestaltung der Arbeitswelt 4.0 zu ermöglichen, kommen verschiedene Analysen (vgl. Apt et al. 2016; Pfeiffer/Suphan 2015; VDMA 2016).). Eigenverantwortung und Selbstorganisation werden die Anforderungen in der Arbeitswelt und das Lernen der Zukunft maßgeblich prägen. Dem muss in der beruflichen Bildung, aber auch in der Qualifizierung des Bildungspersonals Rechnung getragen werden.

Das Fachforum Innovative Arbeitswelten formulierte Qualifizierungsanforderungen jenseits der erforderlichen IT-Kenntnisse folgendermaßen: „Mit zunehmender Automatisierung und Digitalisierung werden die Systeme komplexer, die Verantwortlichkeiten dezentraler – und die Störungen in automatisierten Systemen müssen von den Beschäftigten situativ bewältigt werden. Die Fähigkeit stärker auszuprägen, für Prozesse Verantwortung zu übernehmen und in vernetzten und bereichsübergreifenden Prozessen zu denken und zu handeln, ist neben der Herstellung einer verbesserten IT-Kompetenz das wichtigste Handlungsfeld. Deshalb müssen personale Kompetenzen gestärkt werden“ (Fachforum 2017, 3).

Die Dynamik der Technologieentwicklungen erfordert in formal geregelten fachlichen Ausbildungen zunehmend Anpassungsleistungen, ebenso wie die Dynamiken anderer Bereiche und auch gegenwärtiger Krisen wie das Artensterben und die Klimakrise. Letztlich sind es die personalen Kompetenzen, die es Einzelnen in Zeiten der doppelten Transformation und zunehmender Ungewissheiten ermöglichen, Entscheidungen zu treffen, zu handeln und damit zu Lösungen beitragen zu können.

3 Bildungsanforderungen einer nachhaltigen Entwicklung

Die Gegenwart ist gekennzeichnet von der Gleichzeitigkeit verschiedener Entwicklungen in unterschiedlichen Ausprägungen und Zuständen. Mit diesen Realitäten, insbesondere den damit verbundenen Widersprüchen und auch Zielkonflikten müssen Beschäftigte umgehen können. Diese Anforderungen sind zentrale Elemente einer zukunftsfähigen beruflichen Handlungskompetenz.

3.1 Erfolge von Entwicklungen, Erzählungen und Bildung

Die früheren Wachstumserzählungen des Industriezeitalters waren vom Versprechen geprägt, menschliche Bedürfnisse zu erfüllen, Einige der existenzbedrohenden Probleme, die zu Beginn der Industrialisierung noch nahezu die gesamte Menschheit betrafen, konnten weltweit exponentiell verringert werden. Dazu zählen Hunger, Mangelernährung, Kinder- und Müttersterblichkeit. Auch der Zugang zu Bildung, elektrischer Energie und sauberem Trinkwasser ist in vielen Ländern der Welt inzwischen Realität. Die Vereinten Nationen rekapitulierten für die Milleniumsziele ein Bild, das u.a. Zusammenhänge zwischen der Verwirklichung der allgemeinen Grundschulbildung mit anderen Zielbereichen, wie Armut, Gesundheit, Kinder- und Müttersterblichkeit sowie Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit, zeigt (UN 2015, 1).

Mit der Zunahme an Entwicklungserfolgen und technischen Innovationen entstanden mehr und neue Wissensbereiche und auch neue Berufe mit ihren Fachdidaktiken. In der Folge lösten sich die Spezialisierungsrichtungen zunehmend voneinander, Fähigkeiten und Kenntnisse bspw. zu natürlichen Grundlagen und existierenden Kreisläufe gingen dabei für die Allgemeinheit verloren. Beruflichen Fachsprachen reduzierten die Ausschnitte der Realität, um genauer auf das Verständnis und die Wahrnehmung der jeweiligen Gegenstände fokussieren zu können. Zugleich wurde vor diesem Hintergrund zunehmend erkannt, wie wichtig Kooperations- und Verständigungskompetenzen sind (Janich 2012, 10 ff).

Was der Bildung und ihren Didaktiken lange fehlte, waren Hinweise auf die mit dem Wachstum verbunden Risiken und unerwünschten Effekte. Von den seit dem ersten Bericht des Club of Rome formulierten Grenzen des Wachstums werden inzwischen neun mit weltweit erfassten überprüfbaren Messdaten operationalisiert. Sieben, der nach dem Konzept der planetaren Grenzen beschriebenen Grenzen, sind inzwischen erreicht oder überschritten (vgl. Abb. 1), trotz gleichzeitig ebenfalls exponentiell zunehmenden Wissens.  Crutzen nannte die Zeit, in der Menschen Ökosysteme entscheidend beeinflussen das Anthropozän (Crutzen 2002, 23) und Rockström gab den diesbezüglichen Ausblick „What we do next 50 years will determine next 10.000 years“ (Rockström 2019, 11:30).

Abbildung 1: Die verletzte Integrität der planetaren Grenzen (eigene Abbildung, basiert auf Persson et al. 2022)Abbildung 1: Die verletzte Integrität der planetaren Grenzen (eigene Abbildung, basiert auf Persson et al. 2022)

3.2 Bildung für eine nachhaltige Entwicklung

Die mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe verbundenen Auswirkungen wurden bereits frühzeitig problematisiert. Für den steigenden CO2-Gehalt der Atmosphäre gibt es daher seit langem nicht nur wissenschaftliche Aufmerksamkeit und Forschungen, sondern auch Bildungsaktivitäten. Das Wissen über die Klimakrise ist daher bereits weit verbreitet und im Bewusstsein vieler Menschen ist verankert, welche die Dringlichkeit des notwendigen Handelns besteht. Dies gilt nicht gleichermaßen für die anderen, der oben dargestellten planetaren Grenzen und deren Zusammenhänge mit dem bisherigen Wirtschaftswachstum und der Wirtschaftsweise.

Deshalb hatten die Vereinten Nationen 2005 die Dekade der Bildung für Nachhaltige Entwicklung ausgerufen und von da an jedes Jahr mit je einem inhaltlichen Schwerpunkt unterlegt. Diese wurden in vielen der Rahmenpläne der Allgemeinbildung in Deutschland fast flächendeckend aufgegriffen. Nicht so in der akademischen und beruflichen Bildung, dort fehlten diese Inhalte noch fast überall. Einzelne Berufs- und Hochschulen hatten sich als Leuchttürme der Bildung frühzeitig auf den Weg gemacht. Auch wurden seit den 1990er Jahren verschiedene Forschungen und Modellversuche durchgeführt, mit deren Ergebnissen seither gearbeitet werden kann (vgl. de Haan/Holst/Singer-Brodowski 2021, 10 f).

Zu entscheidenden Beiträgen der BNE-Akteure gehören seither die theoretischen Grundlagen bspw. die Beschreibungen von Handlungskompetenzen, wie auch die Formulierung geeigneter Bildungsindikatoren, Bildungsmodelle und ein Monitoring der BNE, der Aufbau von Netzwerken und einer nationalen Plattform zur Thematik (vgl. Schmidt 2022, 2).

3.3 Die Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung

In Deutschland wurde unter Federführung des Bundesinstitutes für Berufsbildung nach Projekten in den 1990er Jahren die ersten zehn Modellversuche von 2001 - 2010 durchgeführt. Sechs weitere folgten von 2010 - 2013 und schließlich wurden von 2015 bis 2021 insgesamt 18 Modellversuche zur beruflichen Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) umgesetzt. In ihrem Fazit zu den didaktischen Konzepten resümierte die wissenschaftliche Begleitung: „In der Gesamtschau des Modellversuchsprogramms wurde deutlich, dass alle didaktischen Konzepte in unterschiedlichen Ausprägungen darauf abzielten, Räume zu schaffen – für die Exploration und Aushandlung von Widersprüchen, für das Denken in Alternativen, für Gestaltung und Transformation“ (vgl. Fischer et al. 2020, 75).

Die unterschiedlichen Alternativen, die ausgearbeitet und verhandelt wurden, bereicherten die fachlichen Diskussionen der Beteiligten sowohl im Hinblick auf die BNE-Didaktik als auch auf deren Umsetzungsmöglichkeiten unter den Branchenbedingungen. Zusätzlich beeinflussten Digitalisierungsaspekte die Debatten: „Auf BBNE kommt damit ein neues Lern- und Handlungsfeld zu: Sie muss in die Lage versetzen, die digitale Gegenwart wie Zukunft zu analysieren, zu antizipieren und mitzugestalten, denn [...] die entsprechenden Fähigkeiten sind nur durch eine Verschränkung von Medien- und Nachhaltigkeitskompetenzen zu erwerben“ (vgl. de Haan/Holst/Singer-Brodowski 2021, 13).

4 Warum BBNE unter den Bedingungen der digitalen Transformation?

Berufliche Bildung hat demnach nicht nur die Aufgabe, den jeweiligen Stand der beruflichen Praxis mit den dabei verwendeten Techniken abzubilden und für die Lernenden didaktisch aufbereitet weiterzugeben. Vielmehr muss die Innovationsdynamik der beruflichen Bildung der von Forschung und Entwicklung folgen. Das gilt nicht nur für berufsspezifische Kenntnisse und Fähigkeiten, sondern ebenso für sogenannte Querschnittsthemen.

4.1 Rechtsverbindlichkeit durch strukturelle Verankerung

Das 1992 in der Rio-Konferenz der Vereinten Nationen weltweit vereinbarte Leitbild der nachhaltigen Entwicklung wurde seither in die internationalen, europäischen und nationalen Rechtssysteme überführt. Nachhaltige Entwicklung wurde dabei zur Operationalisierung an Indikatoren gebunden, messbar und auch überprüfbar gestaltet. In Deutschland hat das Statistische Bundesamt die führende Rolle für Veröffentlichungen der globalen, europäischen und nationalen Ziele und Indikatoren sowie für die unabhängige Fortschrittsprüfung der Ergebnisse übernommen. Der zuletzt 2021 vorgelegte Indikatorenbericht der Bundesregierung, der insgesamt 72 Zielbereiche umfasst, weist für die 12 Ziele, die 2020 hätten erreicht werden sollen, nur vier aus, die auch erreicht wurden (vgl. Destatis 2021, 138ff).

Diese Ergebnisse verweisen auf große Umsetzungsdefizite. Für BNE, wie auch BBNE lautete die Schlussfolgerung daher „Vom Projekt zur Struktur“, um mit Hilfe der (beruflichen) Bildung zu effektiveren Entwicklungen in Deutschland zu gelangen. Die neu ausgearbeitete Standardberufsbildposition SBBP „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ und die darin enthaltenen Zielformulierungen sollten diese Rolle erfüllen und formulieren Erwartungen an die betriebliche Ausbildung: „Ihre Vermittlung ist von allen ausbildenden Betrieben sicherzustellen und im betrieblichen Ausbildungsplan aufzugreifen“ (BIBB 2021, FAQs).

BBNE muss die Anforderungen an teils neue Tätigkeiten mit Kompetenzbeschreibungen versehen mit Lernzielen neu definieren und in die berufliche Bildung integrieren. Diese Zusammenarbeit von Vielen auf der Basis offener Standards ist im digitalen Raum denkbar, möglich und sie findet auch statt. Zugleich müssen die Anforderungen an die Aufwendungen und Effekte der Produktion der nötigen Hard- und Software nachhaltig werden (vgl. Lange/Santarius/ Zahrnt 2018, 112f.).

4.2 Mehraufwand durch digitale Transformation

Die zunehmend digitale Arbeitswelt benötigt Voraussetzungen, die mitbetrachtet werden müssen, auch wenn diese anderenorts entstehen und in anderen Berufen als bisher. Digitale Transformation führt – anders als angenommen – nicht zu weniger Arbeit und personellem Aufwand. Im Gegenteil werden für längere und diverse Wertschöpfungsketten mehr Leistungen benötigt. Dazu gehören u.a. digitalisierte Entwicklungsaufwände für Design, Anlagenplanung und -steuerung der maschinellen Fertigung. Der zusätzliche Energiebedarf wird inzwischen betrieblich, wie auch auf Produkte und Dienstleistungen bezogen bilanziert, zertifiziert und deshalb auch „gesehen“. Übersehen wird bislang häufig der zusätzliche Rohstoffeinsatz der digitalisierten Tätigkeiten. Im Saldo kommen außerdem die Aufwendungen für die neu benötigten Infrastrukturen der Digitalisierung hinzu. Zu den Effekten der Energiebedarfe und des Rohstoffabbaus für digitale Hardware und deren Nutzung kommen solche für das Ende der Nutzungszeit hinzu. Denn bislang sind Hardwarekomponenten lediglich als Einmalprodukte konzipiert (vgl. Bundesregierung 2018, 7 f.).

Zwischenfazit: Nachhaltige Entwicklung und die dazugehörende Bildung finden unter den Bedingungen der digitalen Transformation statt, welche die Effekte nachhaltiger Entwicklung verstärken kann. Dazu muss sie - die digitale Transformation – jedoch nachhaltig werden.

5 Warum verbundene Transformation - statt paralleler Adressierung?

Mit dem gegebenen Ausblick auf ein berufliches Handeln, welches um neue, weitere Verantwortungen bereichert wird, stellen sich die Fragen, welche Anforderungen damit verknüpft sind, wie genau dieses verantwortliche Handeln aussehen kann und wie es zu erreichen ist.

5.1 Digital zirkuläre Nachhaltigkeit

Digitalisierung in der heutigen Ausprägung beschleunigt damit einhergehende Effekte - die gewünschten, wie die ungewollten. Inzwischen ist auch überdeutlich, dass viele benötigte Rohstoffe für digitale Produkte endlich und einige in naher Zukunft nicht mehr verfügbar sind. Die Gefahr besteht, aufgrund beschleunigter Produktion von digitalen Produkten in der Sackgasse des Rohstoffmangels zu enden, der nicht mehr zu beheben ist. Denn die Dekonstruktion der vielfältigen Hardware ist bislang weder vorgesehen noch geplant oder möglich. Die zirkuläre Wirtschaft, engl. Circular Economy, ist vor diesem Hintergrund kein Wunschbild, sondern die Beschreibung wie Wirtschaften weiter möglich bleibt: Eine Wirtschaftsweise, die sich mit den auf unserem Planeten existierenden Kreisläufen bewusst (nicht zufällig) verbindet. Diese Verbindungen bestehen zwar ohnehin immer, unabhängig von menschlichen Werten, Wünschen und Zielen. Zugleich ist die Circular Economy eine Wirtschaftsweise, die sich ebenso wie die digitale Transformation ausnahmslos auf alle Bereiche der Wirtschaft auswirken wird. Sie schließt alle Wertschöpfungsprozesse ein: vom Design über Rohstoffgewinnung, Produktion, Nutzung, Reparaturen, Nachnutzung, Dekonstruktion und neuerliche Nutzungszykle (vgl. DIN/DKE/VDI 2023, 52ff.).

Das Zielbild wird inzwischen als Digital Circular Economy beschrieben und begründet „Die Circular Economy braucht Digitalisierung und digitale Technologien, um den hohen Koordinationsaufwand und Informationsbedarf zirkulärer Ökosysteme zu bewerkstelligen und Prozesse ökonomisch und ökologisch effizienter zu organisieren (vgl. Piétron/Hoffmann/Jäger-Erben 2023, 6-7.). Die (berufliche) Bildung für nachhaltige Entwicklung muss die allen Bereichen und Berufen gemeinsame Basis für die Entwicklung von Fähigkeiten für das nachhaltig zirkuläre, digital unterstützte Wirtschaften schaffen. 

5.2 Basis (neu) beschreiben

Gleich den (B)BNE-Pionieren des 20. Jahrhundert und der Nullerjahre finden auch die gegenwärtigen Akteur:innen einander in Konferenzen. Die „Bits und Bäume“ und Cradle-to-Cradle-Konferenzen setzten hierbei neue Maßstäbe. Wer sich bis dahin als Einzelkämpfer:in in diesem Feld wähnte, konnte hier hunderte, in diesem Sinne agierende Organisationen und ihre Beiträge kennenlernen. Für die Verbindung von BBNE mit dem Kompetenzaufbau zur digitalen Transformation wurden hier gemeinsame Ausdrucksmöglichkeiten und Kanäle beschrieben und in vielfältiger Weise auch praktiziert (vgl. Hasecke 2022, 14:30f.).

Das im September 2021 gestartete Verbundprojekt KI4CoLearnET will einen Beitrag leisten, den notwendigen Kompetenzaufbau zur Verbindung von nachhaltiger Entwicklung unter den Bedingungen der digitalen Transformation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu vertiefen.

5.3 Am Anfang entsteht ein Strukturmodell

Die Projektpartner des Forschungs- und Entwicklungsprojektes KI4CoLearnET wollen – wie vorherige BBNE-Modell- und Transferprojekte auch - die nachhaltige Entwicklung in der beruflichen und insbesondere in der betrieblichen Bildung etablieren. Als Basis soll ein Strukturmodell dienen, welches den Kompetenzaufbau zur nachhaltigen Entwicklung unter den Bedingungen der digitalen Transformation abbildet. Dazu wurden zunächst Grundannahmen für den Kompetenzaufbau und die dabei zu berücksichtigenden Inhalte - sowohl der nachhaltigen Entwicklung als auch der digitalen Transformation – getroffen:

  • bei allen Entscheidungen die Integrität der planetaren Grenzen wahren (zu wollen)
  • mit beruflichem Handeln zu Entwicklungszielen der Vereinten Nationen beitragen
  • sich an Referenzmodellen für die Beschreibung von Kompetenzen orientieren (wie z.B. EU-DigiComp, -GreenComp, Europass).

Auf dieser Grundlage wurden vorliegende Kompetenzmodelle und -beschreibungen analysiert. Die vorhandenen Modelle arbeiten entweder nicht mit allen Grundannahmen, sind nur auf eine Branche beschränkt oder setzen den Fokus auf einzelne Aspekte, so dass Anpassungen durch bspw. Verallgemeinerungen schwer möglich sind (vgl. Strotmann/Kähler/Ansmann 2023, 236ff.). Um gleichzeitig die Beziehungen und Verknüpfungen von nachhaltiger Entwicklung mit digitaler Transformation und den erforderlichen Kompetenzaufbau zu strukturieren, ihn definieren und inhaltlich beschreiben zu können, wurde zunächst ein Strukturmodell erarbeitet.

Abbildung 2: Strukturmodell für nachhaltige Entwicklung unter den Bedingungen der digitalen Transformation (entwickelt von ibbf und k.o.s GmbH), eigene AbbildungAbbildung 2: Strukturmodell für nachhaltige Entwicklung unter den Bedingungen der digitalen Transformation (entwickelt von ibbf und k.o.s GmbH), eigene Abbildung

Das Modell strukturiert die Inhalte, wie auch den Prozess des Kompetenzaufbaus in betrieblichen Bildungsprozessen. Dieser geht vom Arbeitsplatz aus, bezogen auf die qualitativen, räumlichen und zeitlichen Effekte, die mit den Entscheidungen und Tätigkeiten verbunden sind. Eingebettet in diese Effekträume sind außerdem die gewichteten UN-Nachhaltigkeitsziele. Je weiter entfernt vom Nullpunkt (Arbeitsplatz) die Effekte und Nachhaltigkeitsziele sind, umso umfassendere Kompetenzen werden benötigt. Nach diesem Verständnis ist der Kompetenzaufbau zur (Integrität der) Bio- und Geosphäre am wichtigsten. Er ist kontinuierlich in einer inhaltlich-zunehmenden Spirale zu gestalten - über Betrieb, Branche und Welt(-wirtschaft) das Heute und denkbare Morgen hinaus. Das Strukturmodell bietet eine grundlegende Orientierung für die Zielsetzung und Richtung von Kompetenzentwicklungen in der beruflichen Bildung. Es zeigt strukturell den wechselseitigen Bezug von nachhaltiger Entwicklung und digitaler Transformation auf und schafft somit eine wichtige Grundlage für eine zukunftssichere und nachhaltige Entwicklung.

BBNE hat hierbei die wichtige Aufgabe ein zunehmend genaueres Systemverständnis für die Ökosystemleistungen als Wirtschaftsbasis zu vermitteln. Auch wenn die rechtlichen Gründe bspw. mit der konsequenteren Ausgestaltung und Anwendung der Verursacher- und Ursprungsprinzipien erst allmählich weiter ausgestaltet werden bestehen bereits heute mit dem Blick auf unternehmerische Perspektiven gute Gründe dies zu tun. Aus den konkreten betrieblichen Chancen und Notwendigkeiten lassen sich im Zusammenhang mit vorhandenen Fähigkeiten und Tätigkeiten individuelle Kompetenzbedarfe ableiten.

6 Kompetenzentwicklung für nachhaltige Entwicklung unter den Bedingungen der digitalen Transformation

Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung und die beruflichen Anforderungen der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft werden als überberuflich relevant gesehen. Dies zeigt sich in der beruflichen Bildung auch an der Verabschiedung neuer Standardberufsbildpositionen (SBBP), die im August 2021 in Kraft getreten sind. Erstmals wurde die „Digitalisierte Arbeitswelt“ als Bestandteil von allen Ausbildungsordnungen festgelegt, und erstmals wurde auch die Nachhaltigkeit adressiert mit der SBBP „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“. „Umweltschutz“ ist zwar bereits seit 1997 als Standardberufsbildposition verankert – bezog sich aber im Wesentlichen auf Fragen der Umweltbelastung, Umweltschutz sowie Abfallvermeidung in den jeweiligen betrieblichen Kontexten. Man könnte auch sagen: hier ging es darum Regelwerke zu kennen und zu befolgen. Die neue SBBP „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ erweitert den Wissens- und Handlungsrahmen nunmehr entscheidend und adressiert die berufsbezogene Auseinandersetzung mit den Dimensionen der Nachhaltigkeit (ökologisch, ökonomisch, sozial) und fordert die kritische Reflexion der betrieblichen Produktions- bzw. Dienstleistungsprozesse bezogen auf diese Dimensionen ein. Auszubildende sollen auch in die Lage versetzt werden, Vorschläge für nachhaltigeres betriebliches / wirtschaftliches Handeln zu entwickeln und einzubringen. In der Standardberufsbildposition „Digitalisierte Arbeitswelt“ geht es neben der Entwicklung von Medienkompetenz um den Umgang mit Daten, es werden aber auch Anforderungen an interdisziplinäre Kommunikation und Kooperation formuliert wie auch die Notwendigkeit einer selbstorganisierten Kompetenzentwicklung (im Sinne des lebensbegleitenden Lernens) betont.

Eine Verbindung, ein zu einander in Bezug und Beziehung setzen von digitalisierter Arbeitswelt und nachhaltiger Entwicklung zwischen diesen SBBP wird allerdings nicht aufgezeigt.

Im Projekt KI4CoLearnET stellen wir diese Verbindung in einem Kompetenzmodell her, dass Anforderungsdimensionen der nachhaltigen Entwicklung und der digitalen Transformation gleichermaßen umfasst. Die verbindende Klammer für beide Bereiche stellen notwendige personale Kompetenzentwicklungen dar: Mit insgesamt 15 „Zukunftskompetenzen“ wird ein Bündel personaler Kompetenzen erfasst, die für die Bewältigung der Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung unter den Bedingungen der digitalen Transformation notwendig sind. Diese „Zukunftskompetenzen“ sind: Abstraktionskompetenz, Ambiguitätstoleranz, Beurteilungsfähigkeit, Experimentierfreude, fachübergreifende praktische Handlungskompetenz, Flexibilität, Interaktionsfähigkeit, Kollaborationsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Kreativität, Kritisches Denken, Offenheit für Veränderungen, Problemlösefähigkeit, Reflexionskompetenz und Verantwortungsbewusstsein.

Die personalen Kompetenzanforderungen sind eine Synthese verschiedener Arbeiten und Modelle (s.u.), die Antworten auf die Frage formulieren, was in Zukunft wichtige Bestandteile von Bildung sein sollten – dies mit Bezug auf die Digitalisierung, aber auch im Hinblick auf BNE bzw. BBNE. Im Bereich der Digitalisierung diente das Berliner Grundlagenmodell „5-Bausteine-Modell für digitale Kompetenzen“ (vgl. Röhrig/Michailowa 2018) als Basis. Weiterhin wurde der OECD Lernkompass 2030 (OECD 2019) als globale Referenz und DigComp 2.1 (Carretero, S.; Vuorikari, R.; Punie, Y. 2017) sowie der Europass (europäische Kommission 2007) als europäische Referenzen verwendet. Welche Kompetenzen in der Ausbildung entwickelt werden sollen, wurde ergänzend abgeleitet aus den Standardberufsbildpositionen “Digitalisierte Arbeitswelt” sowie “Umweltschutz und Nachhaltigkeit” (vgl. BIBB 2021) und aus der integrativen Berufsbildposition Nr. 5, die seit 2018 Bestandteil der Ausbildungsordnungen der industriellen Metall- und Elektroberufe ist.

Für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) wurden als Referenzmodell die von de Haan (2008, 2021) formulierten Gestaltungskompetenzen für BNE einbezogen, sowie der GreenComp der EU (Bianchi et al. 2022). Weitere zentrale Bezugsrahmen für den Bereich Nachhaltigkeit stellen die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung sowie das Modell der planetaren Grenzen dar.

Bei allen genannten Referenzen wird hervorgehoben, dass insbesondere Kollaborations- und Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität, Kreativität, Experimentierfreude und kritisches Denken, Offenheit für Veränderungen, Abstraktionsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein sowie Problemlösefähigkeit und Reflexionskompetenz für das Handeln unter den Bedingungen eines komplexen, kontinuierlichen und sich schnell vollziehenden digitalen Wandels notwendige Voraussetzungen für die berufliche Handlungsfähigkeit darstellen. Fachübergreifende praktische Handlungskompetenz trägt der zunehmenden Interaktion und Vernetzung unterschiedlicher Akteure und fachlicher Anforderungen Rechnung und Ambiguitätstoleranz ermöglicht den Umgang mit Widersprüchen und Zielkonflikten, die bei der Verknüpfung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu berücksichtigen und auszuhalten sind.

Bei der Hinterlegung der personalen Kompetenzen – im Sinne der Beschreibung ihres inhaltlichen Gehalts und der damit verbundenen individuellen Kompetenzanforderungen – beziehen wir uns insbesondere auf das von Heyse/Erpenbeck entwickelte Kode®-System, das auf die Erfassung und Stärkung von Handlungs- und Selbstorganisationfähigkeiten zielt (vgl. Heyse et al. 2010; Heyse/Erpenbeck 2007).

Um dies beispielhaft zu erläutern, sei hier die Beschreibung des inhaltlichen Gehalts von „Experimentierfreude“ angeführt. Diese zeichnet sich aus durch die Fähigkeit, mit Widerständen und Konflikten lösungsorientiert umzugehen, Gestaltungsmöglichkeiten, Vorgehensweisen, Methoden und Technologien zur Lösung von neuartigen Herausforderungen zu erproben, Kommunikation und Kollaboration im eigenen (Arbeits-)Umfeld sowie im Netz zu nutzen, um neue Herausforderungen zu bewältigen, neue Kommunikations- und Kollaborationsformen zur Problembearbeitung und –lösung auszuprobieren und Eigenverantwortung und selbstorganisiertes Lernen (bei sich selbst und bei anderen) zu stärken.

„Flexibilität“ zeigt sich, wenn man sich bei veränderten Herausforderungen aktiv in die Organisation, in das Team oder den eigenen Arbeitsbereich einbringen kann, wenn gemeinsam mit anderen neue Lösungen entwickelt werden und wenn zukünftige Herausforderungen in zunehmend digitalisierten Arbeitsprozessen selbstorganisiert und eigenverantwortlich mit anderen gemeinsam kreativ gelöst werden können.

Bei diesen Beispielen wird deutlich, dass die Abgrenzung von 15 personalen Kompetenzen im Kompetenzmodell zunächst eine analytische Trennung darstellt, da es zwischen den identifizierten Kompetenzen wechselseitige Bezüge und Verknüpfungen gibt. Gleichwohl ermöglicht die analytische Trennung in Kombination mit den jeweils erarbeiteten Kompetenzanforderungen, Lernziele und ihre methodisch-didaktische Operationalisierung zu formulieren und so zu gestalten, dass Kompetenzentwicklungsprozesse angeregt und ermöglicht werden.

Die digitale Transformation wie auch die Energie-, Ressourcen- und Umweltprobleme sind dynamischen Veränderungen unterworfen und müssen in einen Zusammenhang gestellt werden. Um diese Zusammenhänge herstellen zu können ist eine Wissensbasis erforderlich. Aber um selbst aktiv an Veränderungsprozessen mitwirken zu können rückt die Kompetenzentwicklung in den Fokus. Die identifizierten personalen Kompetenzen sind gleichermaßen für die Digitalisierung und nachhaltige Entwicklung als zentral anzusehen. Zusammengefasst mit dem Begriff „Zukunftskompetenzen“ sind sie als entscheidende Voraussetzung für die berufliche Handlungsfähigkeit anzusehen, die unter den Bedingungen einer digitalen Transformation und nachhaltigen Entwicklung ausgeprägt werden sollten. Diese Kompetenzentwicklungen sind für die Aus- wie auch die Weiterbildung im betrieblich/beruflichen Kontext wichtig.

Abbildung 3: Kompetenzen für nachhaltige Entwicklung und digitale Transformation (entwickelt von ibbf e.V. und k.o.s GmbH), eigene AbbildungAbbildung 3: Kompetenzen für nachhaltige Entwicklung und digitale Transformation (entwickelt von ibbf e.V. und k.o.s GmbH), eigene Abbildung

Neben dem äußeren Ring der personalen Kompetenzen besteht das Modell aus 15 inhaltlichen Bereichen (Kompetenzfelder). „Digitale Technologien“, „Daten“ und „Prozesse“ beziehen sich unmittelbar auf die digitale Transformation und basieren auf (berufsübergreifenden) Befunden aus vielfältigen Arbeiten, die sich mit der Digitalisierung und dem Wandel bzw. der Ausweitung beruflicher Anforderungen auseinandergesetzt haben. Die weiteren Kompetenzfelder beziehen sich auf die beruflich relevanten Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung in den Standardprozessen von Organisationen. Darüber hinaus wurde das Systemverständnis bezüglich der Ökosystemleistungen für wirtschaftliche Tätigkeiten als wesentliche Grundlage identifiziert und in das Kompetenzmodell aufgenommen.

Für die 15 Kompetenzfelder wurden Kompetenzanforderungen ausgearbeitet und mit Lernzielen operationalisiert. Die Lernzielbeschreibungen umfassen die ersten drei Taxonomiestufen der Bloom‘schen Taxononmie (nach Anderson/Krathwohl 2001): Wissen, Verstehen, Anwenden. Entsprechend der Leitidee, dass die nachhaltige Entwicklung als Ziel und Richtung von Digitalisierungsprozessen berücksichtigt werden soll, wurden die Lernziele in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit durch wechselseitige Bezüge verbunden.

Praktisch bedeutet dies, dass es beispielsweise bei der Beschäftigung mit digitalen Technologien neben grundlegendem Verständnis zu Funktionsweisen und dem berufsbezogenen Einsatz dieser Technologien gleichzeitig auch um die Auseinandersetzung geht, welche Ressourcenverbräuche mit der Entwicklung, Produktion, Recycling und Entsorgung dieser Technologien einhergehen und welche Auswirkungen dies auf eine nachhaltige Entwicklung hat. Gleichermaßen gehört dazu, wie durch das eigene beruflich-fachliche Handeln Ressourcenverbräuche beeinflusst werden, wie Technologien unter Nachhaltigkeitsaspekten beurteilt und ausgewählt werden können, und wie digitale Technologien genutzt werden könnten, um beispielsweise Ressourcenverbräuche zu erkennen, zu steuern und zu optimieren. Bei der Konkretisierung von Lernzielen auf Basis des Kompetenzmodells werden somit Aspekte aus dem Anforderungskatalog „Digitale Technologien“ verbunden mit Aspekten des zirkulären Wirtschaftens, der Nutzung von Standards und Siegeln aber auch des Ökomanagements.Die erarbeiteten Kompetenzfelder, -anforderungen und Lernziele bilden in ihrer Gesamtheit das Kompetenzmodell, das als Grundlage für im Projekt zu entwickelnden Lehr-Lernangebote (für Fachkräfte und für das Ausbildungspersonal) und KI-basierte Lernaufgaben dient. Mittels der Entwicklung einer KI-basierten Lernanwendung wird angestrebt, Lernaufgaben zu generieren, die Lernende individuell unterstützen und bestehende oder neue Lehr-Lern-Arrangements in der beruflichen Aus- und Weiterbildung anreichern können. Um dies zu ermöglichen sind die Kompetenzfelder, –anforderungen und Lernziele in einer maschinenlesbaren Datenbank hinterlegt worden.  

Insbesondere vor dem Hintergrund der sich verändernden beruflichen Anforderungen, die sich auch in den modernisierten Standardberufsbildpositionen für alle Ausbildungsberufe zeigen, wächst die Bedeutung der verschränkten Betrachtung der Bereiche „Digitalisierte Arbeitswelt“ und „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“. Sowohl das Struktur- als auch das Kompetenzmodell wurden von Expertinnen aus Wissenschaft und Praxis im Rahmen eines Validierungsworkshop sowie in Sitzungen des wissenschaftlichen Beirates des Projektes (https://web.colearnet.de/p/Beirat2) als innovativ und zielführend für die weitere Gestaltung beruflicher Bildungsprozesse beurteilt. Mit der nun vorliegenden Modellentwicklung hat das Projekt einen Beitrag für eine zukunftsfähige Gestaltung der beruflichen Bildung – für Berufe der Energietechnik und darüber hinaus – geleistet.

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Zitieren des Beitrags

Röhrig, A./Schmidt, C. (2023): Wie Kompetenzentwicklungen für nachhaltige Entwicklung mit der digitalen Transformation zusammengebracht werden können. In: bwp@ Be­rufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 45, 1-22. Online: https://www.bwpat.de/ausgabe45/roehrig_schmidt_bwpat45.pdf  (18.12.2023).