bwp@ 45 - Dezember 2023

Veränderungen der Arbeitswelt: Anforderungen, Gestaltungsfelder und Zukunftsfragen für die berufliche Bildung

Hrsg.: Nicole Naeve-Stoß, Lars Windelband, Matthias Kohl & Anja Walter

Editorial bwp@45

Beitrag von Nicole Naeve-Stoß, Lars Windelband, Matthias Kohl & Anja Walter

EDITORIAL zur Ausgabe 45:
Veränderungen der Arbeitswelt: Anforderungen, Gestaltungsfelder und Zukunftsfragen für die berufliche Bildung

Die Veränderungen der Arbeitswelt sind derzeit ein Top-Thema, das alle Wirtschaftsbereiche betrifft – die Bauwirtschaft, die Elektro- und Metallindustrie, den Handel, den Finanz- und Versicherungsbereich, den Gesundheitsbereich, den IT-Bereich und das Handwerk. Wirklich neu ist die Diskussion um die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen, den Umgang mit Umbrüchen und Wandlungsprozessen in den Unternehmen und in der Arbeitswelt nicht. Ebenso wird der Diskurs darüber, was diese Transformationsprozesse für die Berufsbildung und das Bildungspersonal bedeuten, schon vielfach geführt. Diese Personen waren und sind zentrale Akteure bei der Gestaltung und Ausrichtung der beruflichen Bildung und der Mitgestaltung betrieblicher Innovationsprozesse. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich Berufe und damit Anforderungs- und Kompetenzprofile fortlaufend verändert. Bestimmte Berufe sind verschwunden, andere erfahren einen neuen Zuschnitt und neue Ausbildungsberufe sind entstanden. Oftmals war in der Vergangenheit der technologische Fortschritt in den einzelnen Branchen Treiber von Veränderungen. Aktuell entsteht der Eindruck, dass die Veränderungen nicht nur in einem hohen Tempo erfolgen, sondern auch grundlegenderer und umfassenderer Art sind. Sie betreffen nicht nur die Gestaltung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, sondern stellen auch die Entwicklung und Modernisierung von Berufen vor neue Herausforderungen.

Diese Entwicklungen waren für uns Anlass für den Call zur Ausgabe 45 von bwp@, denn es ist unumstritten, dass die berufliche Bildung im Bildungssystem besonders intensiv von den Veränderungen der Arbeitswelt betroffen ist. Die tiefgreifenden Veränderungen in der beruflichen Bildung sind nicht nur allein mit Fragen nach neuen Inhalten, veränderten Methoden und digitalen Medien verbunden, sondern vor allem mit Zukunftsfragen zu veränderten Zielen der beruflichen Bildung. Mit der Ausgabe 45 von bwp@ zeigen sich unterschiedliche Perspektiven auf Veränderungsprozesse sowie Facetten der Herausforderungen, aber auch Potenziale und vielfältige Gestaltungsfelder für die berufliche Bildung. Im Zusammenspiel der Beiträge wird deutlich, dass viele Entwicklungen und die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen erst schemenhaft erkennbar sind und es insofern auch darum geht, einerseits die offenen Fragen noch offensiver und umfassender zu adressieren, die für eine zukunftsorientierte Gestaltung der beruflichen Bildung bearbeitet und beantwortet werden sollten und andererseits, die eigene Verantwortung bei der Mitgestaltung anzunehmen und kreativ darauf zuzugehen.

Die Beiträge können folgenden Schwerpunkten zugeordnet werden:

Teil 1: Zur Rolle der Berufsbildung im Zuge der Veränderung von Arbeits- und Berufswelt

Die Beiträge in diesem Teil thematisieren die Rolle der Berufsbildung, wobei dieser Frage vor allem aus einer normativen Perspektive nachgegangen wird. Insgesamt zeigen die Beiträge die besondere Verantwortung der Berufsbildung für die Befähigung der Lernenden zur verantwortungsvollen Mitgestaltung der Veränderungen der Arbeitswelt und ihrer individuellen Berufsbiografien.

Die Zielsetzung, Auszubildende zur aktiven Mitgestaltung der Arbeitswelt zu befähigen, ist seit Jahrzehnten eine zentrale normative Leitidee der beruflichen Bildung. Und so hat die gestaltungsorientierte Berufsbildung auch heutzutage immer noch eine besondere Relevanz. Angesichts des Wandels der Arbeitswelt und der damit verbundenen Dynamik gewinnt sie sogar an Bedeutung, so die These von Martin Fischer (Karlsruher Institut für Technologie) in seinem Forschungsbeitrag. Der Autor begründet diese Position ausgehend von einer historiografisch-rekonstruktiven Aufarbeitung der Genese einer gestaltungsorientierten Berufsbildung und einer daran anschließenden Diskussion von Anforderungen an die berufliche Bildung aufgrund des technologischen Wandels. Er kommt zu dem Schluss, dass die gestaltungsorientierte Berufsbildung einer Erweiterung bedürfe, da heutzutage die Gestaltung der eigenen Berufsbiografie eine viel größere Rolle spiele.

Matthias Becker (Universität Hannover), Georg Spöttl (Universität Bremen) und Lars Windelband (Karlsruher Institut für Technologie) thematisieren in ihrem Forschungsbeitrag die Beziehung von Beruf und Beruflichkeit und fragen, ob es sich bei dem Konstrukt der Beruflichkeit nicht eher um einen Mythos handelt, der als Rettungsanker für den Beruf herhalten soll. Die Autoren konkretisieren ihre Überlegungen anhand einer umfassenden Analyse der Veränderung der Arbeitswelt im produzierenden Gewerbe der Metall- und Elektroindustrie und arbeiten auf der Basis die Bedeutung von Beruflichkeit und Beruf heraus.

Strukturelle Veränderungen der Berufs- und Arbeitswelt führen für Individuen zu besonderen Herausforderungen, die sie im Zuge ihrer (Berufs-)Biografien zu bewältigen haben, sie bergen aber auch Chancen, die die Individuen mit Blick auf ihre eigenen Interessen, Ziele und Perspektiven erkennen müssen und ausgestalten können. Vor diesem Hintergrund betonen Dana Bergmann, Ulrike Frosch und Michael Dick (Universität Magdeburg) die Notwendigkeit einer biografischen Arbeit in der beruflichen Bildung. Die Autor:innen stellen in ihrem Forschungsbeitrag Ergebnisse zweier Interviewstudien vor, mit denen sie zeigen, dass eine berufsbiografische Rekonstruktion individuelle Bildungsprozesse unterstützen kann. Auf dieser Basis diskutieren sie Anforderungen an die betriebliche Bildung unter der Zielsetzung, dass diese Möglichkeiten schaffen sollte, reflexive Lern- und Bildungsprozesse über die berufliche Entwicklung hinweg zu unterstützen.

Teil 2: Ausgewählte Berufsfelder und zukünftige Kompetenzprofile

Am Beispiel ausgewählter Berufsfelder werden in diesem Teil Beiträge versammelt, die Veränderungen in der Arbeitswelt mit Blick auf Anforderungsprofile konkretisieren und auf dieser Basis zukünftig notwendige Kompetenzen skizzieren. Die Konsequenzen für die berufliche Bildung bis hin zur Modernisierung von Berufen werden eruiert.

Davon ausgehend, dass Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel an Bedeutung gewinnen und deren Umsetzung wiederum Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben wird, thematisieren Florian Bernardt (Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung Osnabrück) und Friederike Rausch-Berhie (BIBB) in ihrem Forschungsbeitrag den daraus resultierenden Fachkräftebedarf und entsprechende Veränderungen an das Kompetenzprofil. Die Autor:innen identifizieren mittels Szenarioanalysen 20 Berufsgruppen, denen eine besondere Relevanz bei zukünftigen Klimaanpassungsmaßnahmen zukommt. Für diese Berufe wird ein erhöhter Bedarf an Fachkräften und auch eine Veränderung des Kompetenzprofils begründet .

Karin Gugitscher, Martin Mayerl und Norbert Lachmayr (öibf) fokussieren in ihrem Bericht auf den Bau- und Gebäudesektor, der durch den Green Deal auf europäischer Ebene nicht nur in Österreich besondere Aufmerksamkeit erfährt – auch, weil dieser Sektor für 36% der durch Energieverbrauch bedingten Treibhausgasemissionen der EU verantwortlich ist. In dem Beitrag werden Rahmenbedingungen und erste Ergebnisse des österreichischen Projekts ReBUSk (Reboot BUILD UP Skills) dargestellt, in dem eine nationale Strategie für die Aus- und Weiterbildung zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor erarbeitet wird. Die Autor:innen untersuchen erforderliche Kompetenzen und Kompetenzdefizite anhand einer Analyse von Ausbildungsordnungen, Lehrplänen, Curricula und Kursbeschreibungen verschiedener Bildungsgänge und skizzieren, welche Bildungsgänge bereits auf die notwendigen Veränderungen vorbereiten.

Anne Röhrig (k.o.s GmbH Berlin) und Christine Schmidt (IBBF Berlin) widmen sich in ihrem Bericht der Frage, wie Kompetenzentwicklungen für nachhaltige Entwicklung mit der digitalen Transformation zusammengebracht werden können und welche Konsequenzen sich daraus für die berufliche Aus- und Weiterbildung ergeben. Unter Bezugnahme auf das Verbundprojekt „KI für kompetenzbasiertes Lernen im Cluster Energietechnik - KI4CoLearnET“ stellen die beiden Autorinnen ein Struktur- und Kompetenzmodell vor, mit dem Anforderungsdimensionen nachhaltiger Entwicklung und digitaler Transformation gleichermaßen beschrieben und miteinander in Beziehung gesetzt werden.

Lena Thies (Volkswagen AG) wirft in ihrem Forschungsbeitrag die Frage auf, ob Digitalisierung zu erhöhten Qualifizierungsanforderungen führt, die nur in einem Studium erworben werden können. Sie erörtert diese Frage im Kontext der Veränderungen von Arbeitstätigkeiten und Arbeitsprozessen der Berufsgruppe Industrial Engineering in der Automobilindustrie. In ihrem Beitrag stellt die Autorin Ergebnisse einer Studie vor, in der unterschiedliche Personengruppen (u. a. industrielle Fachkräfte, betriebliche Initiator:innen der Veränderungsprozesses) interviewt wurden, um unterschiedliche Perspektiven auf die (digitale) Transformation zu erfassen. Mit den Ergebnissen kann ein Einblick in betriebliche Anforderungen an die Rolle des Industrial Engineers gegeben werden sowie in die subjektive Perspektive der betroffenen Beschäftigten.

Der Forschungsbeitrag von Heidi Kuckeland, Marie Emmerich, Katharina Prinz und Tanja Stumpf-Parketny (FH Münster) beschreibt die Ergebnisse einer Berufsfeldanalyse zum Wandel des heilerziehungspflegerischen Handelns. Anhand von Expert:inneninterviews mit Heilerziehungspflegenden aus verschiedenen Settings wurden 23 Kernaufgaben und 26 herausfordernde Situationen erfasst und näher erläutert. Die Forschungsergebnisse zeigen die Konsequenzen für berufliche Bildungsprozesse im Heilerziehungspflegekontext auf.

In dem Forschungsbeitrag von Karin Reiber, Bernd Reuschenbach, Markus Wochnik, Daniel Großmann, Daria Olden, Elena Tsarouha, Antje Krause-Zenß, Kristina Greißl und Viktoria Schatt (Hochschule Esslingen, Katholische Stiftungshochschule München, f-bb) steht die Reform der Pflegeausbildung im Mittelpunkt. Die Autor:innen stellen berufsimmanente Entwicklungen dar und beschreiben die daraus resultierenden Implikationen für die Pflegeberufeausbildungsreform. Es werden ausgewählte Ergebnisse einer Begleitstudie vorgestellt, in der der Umsetzungsprozess der Reform aus Sicht verschiedener beteiligter Akteursgruppen untersucht wurde.

Teil 3: Anforderungen an die Gestaltung der beruflichen Bildung und deren Implikationen für die Professionalisierung des Berufsbildungspersonals und den Qualifizierungsprozessen

Die Beiträge in diesem Teil zeigen die Komplexität der Anforderungen an die Gestaltung der beruflichen Bildung sowohl beim Übergang in die Berufsbildung als auch in der beruflichen Aus- und Weiterbildung auf. Anhand der Beiträge wird deutlich, dass alle Akteursgruppen an den unterschiedlichen Lernorten für die Gestaltung einer zukunftsfähigen beruflichen Bildung mitwirken müssen.

Der Diskussionsbeitrag von H.-Hugo Kremer und Franziska Otto (Universität Paderborn) beschreibt die Anforderungen an ein Chancenverbesserungssystem ausgehend von den sich wandelnden Bedingungen auf dem Ausbildungsmarkt. Der Beitrag geht der Frage nach, welche grundlegenden Ansprüche an die Etablierung eines Chancenverbesserungssystem gestellt werden müssen. Hierzu werden u.a. qualitative Fallstudien mit Jugendlichen sowie dem Bildungspersonal ausgewertet. Die Autor:innen führen die Ergebnisse in eine anforderungs- und subjektorientierte Perspektive zusammen und diskutieren u. a. anhand von Perspektiven auf das System, die curriculare Ebene, die Haltung der Bildungsakteur:innen und was mit einer Gestaltung des Übergangssystems als Chancenverbesserungssystem konkret verbunden wäre.

Einen Einblick aus der Praxis bietet der Beitrag von Julia Pollnow, Frank Fillinger (Roche Diagnostics GmbH), Nicole Flindt und Christian Rietz (PH Heidelberg), in dem die Autor:innen die personalisierte Ausbildung am Lernort Betrieb in den Mittelpunkt stellen. Ausgehend von einer Beschreibung der Heterogenität von Auszubildenden und den Anforderungen einer Arbeitswelt 4.0 wird die personalisierte Ausbildung als zukunfts- und diversitätsorientierter Ansatz beschrieben. Mit diesem verbindet sich die Zielsetzung, standardisierte Ausbildungselemente mit subjektorientierten Elementen zu verzahnen und damit den Auszubildenden einen Raum zu bieten, individuelle Lernbedarfe sowie individuelle Interessen zu verfolgen.

Welche Erfahrungen machen Auszubildende, die nicht nur in einem Betrieb, sondern in mehreren Betrieben ausgebildet werden? Mit dieser Frage beschäftigen sich Anke Settelmeyer & Anke Bahl (BIBB) in ihrem Forschungsbeitrag. Im Beitrag werden vier unterschiedliche Modelle von betrieblichen Ausbildungspartnerschaften vorgestellt, in die theoretische Diskussion der letzten Jahre eingeordnet und die Erfahrungen von Auszubildenden mit den Wechseln in einem Phasenmodell nachgezeichnet. Basis bilden qualitativ erhobener Interviewdaten, die in vier Fällen zusammengeführt werden.

Zwar hat der Lernort Betrieb im Kontext berufsförmig organisierter Arbeit einen ungebrochenen Stellenwert, doch mit zunehmender Veränderung von Arbeit und Beruf ergeben sich neue Orientierungs- und Gestaltungsanforderungen. Die Autor:innen Stefanie Hiestand, Wolfram Gießler, Franziska Wegemann und Sophie Kaiser (Pädagogische Hochschule Freiburg) stellen sich in ihrem Bericht die Frage, wie der Lernort Betrieb für den Pflegebereich ausgestaltet werden sollte, damit sowohl Organisationen als auch ihre Mitglieder mit den aktuellen Transformationsprozessen lösungsorientiert und adaptiv umgehen können. Im Beitrag werden neue Anforderungen an den Lernort Pflegepraxis diskutiert, wobei herausgearbeitet wird, inwiefern die theoretischen Ansätze und praktischen Konzepte der beruflichen Bildung bei der Bewältigung dieser Anforderungen unterstützen können.

Die Bau- und Ausbaubranche sieht sich in raschem Wandel, u. a. angetrieben durch die digitale Transformation und das wachsende Bewusstsein für den Klimawandel. Der Beitrag von Andreas Zopff und Mario Reich (Universität Magdeburg) skizziert diesen Transformationsprozess im Baubereich am Beispiel der Gebäudesanierung. Es wurden Qualifizierungsmodule entwickelt und erprobt mit dem Ziel, die Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung mit den gewerkeübergreifenden Arbeitsprozessen einer denkmalgerechten Sanierung im analogen (sowie digitalen) Raum zu verknüpfen. Diese Ergebnisse werden im Beitrag umfassend dargestellt und analysiert.

Der Beitrag von Sascha Armutat, Nina Mauritz, Malte Wattenberg und Franz Bormann (Hochschule Bielefeld, Denkfabrik Digitalisierte Arbeitswelt & Weidmüller Interface GmbH & Co. KG) beschreibt die Relevanz und die Veränderungen des digitalisierten Lernens für die betriebliche Weiterbildung. Die Ergebnisse einer unternehmensbezogenen Evaluierung zum Einsatz und zum Nutzen eines Learning-Management-Systems (LMS) zeigen, dass insbesondere die nutzerorientierte Inhaltsauswahl und die benutzerfreundliche Gestaltung des Systems ausschlaggebend für die Nutzungshäufigkeit und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit dem LMS sowie den Lerninhalten sind.

Transformationsprozesse in der öffentlichen Verwaltung bilden den Bezugspunkt im Forschungsbeitrag von Nathanael Opitz, Thomas Freiling und Ralph Conrads (Hochschule der Bundesagentur für Arbeit - HdBA). Dabei gehen die Autoren vor allem der Frage nach, mit welchen Herausforderungen und Veränderungen die öffentliche Verwaltung zukünftig konfrontiert ist, welche Kompetenzanforderungen sich daraus ergeben und welche Implikationen mit Blick auf die Weiterbildungsangebote zu erwarten sind, um den notwendigen Lern- und Weiterbildungsbedarf zu decken. Auf der Basis stellen sie die individuelle Lernbegleitung vor, bei der es sich um ein arbeitsplatznahes Weiterbildungsangebot handelt. Abschließend werden ausgewählte Ergebnisse einer Studie dargestellt, mit der das informelle Weiterbildungsangebot evaluiert wird.

Der Beitrag von Christiane Klatt, Sandra Härtel und Jana Markert (Technische Universität Dresden) beschreibt den Einsatz eines Property-Management-Systems zur Förderung digitaler und mediendidaktischer Kompetenzen angehender Lehrkräfte für berufsbildende Schulen im Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft. Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden die Machbarkeit des Ansatzes und die Herausforderungen des Einsatzes digitaler Werkzeuge im Unterrichtssetting an berufsbildenden Schulen aus Sicht der Studierenden untersucht und analysiert.

Die Auswirkungen der Flexibilisierung der Arbeitswelt auf die Führungsebene werden im Forschungsbeitrag von Shana Rühling (Universität Hannover) analysiert. Der Beitrag beschreibt ein qualitatives Forschungsvorhaben, in welchem geteilte Führung im Kontext von Geschlecht aus berufspädagogischer Perspektive untersucht wird. Insbesondere mit Blick auf die beruflichen Lern- und Entwicklungsbedarfe von Führungskräften zeigen die Ergebnisse zum untersuchten Modell positive Effekte, wenn lern- und kompetenzförderliche Bedingungen implizit in der Arbeitsorganisation angelegt sind.

Teil 4: Forschungsansätze zur Gestaltung von Veränderungsprozessen

Mit den beiden Beiträgen in diesem Teil werden anhand konkreter Gestaltungsfelder Fragen von Forschungsansätzen thematisiert, um Innovationen im Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis zu entwickeln, umzusetzen, zu evaluieren und weiterzuentwickeln.

Der Forschungsbeitrag von Franziska Müller (Universität Nürnberg) beschreibt die Entwicklung und Umsetzung eines berufswissenschaftlichen Qualifikationsforschungsansatzes für die DQR-Stufe 5 zur Etablierung des Weiterbildungsberufes „Geprüfte Berufsspezialistin bzw. Geprüfter Berufsspezialist für Industrielle Transformation“. Dieser neu entwickelte Forschungsansatz für das InnoVET-Projekt BIRD soll theoriebildend für die Entwicklungen didaktischer und profilbildender Produktergebnisse wirken, um die Möglichkeiten der noch unterrepräsentierten und unerforschten ersten Fortbildungsstufe nach Berufsbildungsgesetz zu präsentieren. Ergebnisse des berufswissenschaftlichen Ansatzes bis zum entwickelten Kompetenzbaukasten werden im Beitrag beschrieben.

Welche Herausforderungen und Potenziale bieten Blended-Learning-Konzepte an beruflichen Schulen? Dieser Forschungsfrage widmet sich der Beitrag von Anna van Meegen, Anja Augsdörfer und Marc Casper (HU Berlin) im Rahmen des Schulversuches „Blending4Futures“. Ziel war es, in der konkreten Entwicklung und Erprobung von Blended-Learning-Formaten an Berliner Berufsschulen im Modus der designorientierten Bildungsforschung Gestaltungsprinzipien abzuleiten und den notwendigen Veränderungsbedarf in den rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen zu identifizieren.

Insgesamt zeigen die Beiträge die Komplexität und Vielfältigkeit, die sich angesichts der Veränderung der Arbeitswelt für die berufliche Bildung ergeben. Dabei wird es zentral sein, dass die Akteure diese Veränderungen nicht als alternativlos interpretieren, sondern dass sie ihre Mitgestaltungsmöglichkeiten erkennen und in Verantwortung für und mit den Lernenden wahrnehmen.

Für die vielseitigen Perspektiven und das breite thematische Spektrum der Beiträge bedanken wir uns bei allen Autor:innen – die Zusammenarbeit war uns eine große Freude.  

Ein ganz besonderer Dank gilt dem Team in der Redaktion von bwp@. Wie so oft hat der motivierende Mix aus Empathie, Humor und den notwendigen Anstößen in meist nächtlichen Mails aus der Redaktion dafür gesorgt, dass die Arbeit an dieser Ausgabe freudig voranschritt. Sehr hilfreich war es auch, dass unsere Redaktion gleich um zwei junge Kolleg:innen gewachsen ist. Mit dieser für sie ersten Ausgabe konnten sie angesichts der Fülle der Beiträge und der damit einhergehenden Aufgaben sogleich einen intensiven Einblick “on the job“ in das neue Aufgabenfeld gewinnen. Und wie immer gilt ein besonderer Dank unserer Webmasterin Sigrid Gramlinger, die zu jeder (Tages- und Nacht-) Zeit alles im Onlineformat aufsetzt.

Zum Schluss bleibt uns nun, allen Leser:innen eine spannende und erkenntnisreiche Lektüre zu wünschen.

Nicole Naeve-Stoß, Lars Windelband, Matthias Kohl & Anja Walter
(im Dezember 2023)

Zitieren des Beitrags

Naeve-Stoß, N./Windelband, L./Kohl, M./Walter, A. (2023): Editorial zu Ausgabe 45: Veränderungen der Arbeitswelt: Anforderungen, Gestaltungsfelder und Zukunftsfragen für die berufliche Bildung. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 45, 1-7. Online: https://www.bwpat.de/ausgabe45/editorial_bwpat45.pdf (18.12.2023).