Berufliches Lehren und Lernen: Grundlagen, Schwerpunkte und Impulse wirtschaftspädagogischer Forschung

Finanzkompetenz erfordert Finanzwissen und die situationsbezogene Anwendung dieses Wissens, um verantwortungsvolle finanzielle Entscheidungen zu treffen. Um den Erwerb dieser Finanzkompetenz in formalen oder informellen Settings zu unterstützen, ist es wichtig, personale und situative Einfluss­faktoren zu kennen. Der Fokus dieses Beitrags liegt auf personalen Einflussfaktoren. Bisherige Be­funde deuten hier insbesondere auf das Vorwissen und das Geschlecht hin, während weitere Faktoren bislang kaum empirisch erforscht sind.

In einer explorativen Studie wurde daher untersucht, inwieweit ein informelles Lernsetting Personen darin unterstützt, Finanzkompetenz über Baufinanzierungen zu erwerben und welche Zusammenhänge mit verschiedenen personalen Faktoren bestehen. Zu diesem Zweck wurden 45 Probanden zufällig einer Experimental- oder einer Kontrollgruppe zugewiesen. Im Unterschied zu den Probanden der Kontroll­gruppe explorierten die Probanden der Experimentalgruppe selbständig die Webseite einer Bank zur Annuitätenrechnung. Alle Probanden bearbeiteten Fragebögen zu Finanzwissen und Finanz­erfahrungen, Risikoaversion, den Big-Five Persönlichkeitsdimensionen, Grundmotiven sowie einen Test zu numeri­schen Fähigkeiten (Prozent-, Zins- und Annuitätenrechnung). Weiterhin hatten alle Pro­banden (die der Experimentalgruppe nach der Exploration) in einer Fallsituation für oder gegen eine Darlehens­aufnahme zu entscheiden und diese Entscheidung zu begründen. Abschließend bearbeiteten alle einen Wissenstest zur Annuitätenrechnung.

Die Ergebnisse zeigen keinen Vorteil informellen Lernens. Beide Gruppen unterscheiden sich nicht hinsichtlich des Wissenstests, der Entscheidung und der Qualität der Begründungen. Wesentlichen Einfluss auf die Wissenstestwerte haben die bisherigen Erfahrungen mit Geldanlagen und Finanzie­run­gen. Daneben sind die Persönlichkeitsdimensionen Verträglichkeit und Extraversion relevant. In Kor­rela­tionsanalysen zeigen sich bedeutsame Zusammenhänge zwischen numerischen Fähigkeiten und Finanzerfahrungen sowie zwischen numerischen Fähigkeiten und dem Sicherheitsbedürfnis in Finanz­fragen. Wesentliche Geschlechterunterschiede sind lediglich in Bezug auf das größere Sicher­heits­be­dürf­nis von Frauen bei Geldanlagen festzustellen.