bwp@ Profil 6 - September 2020

Berufliches Lehren und Lernen: Grundlagen, Schwerpunkte und Impulse wirtschaftspädagogischer Forschung

Profil 6: Digitale Festschrift für EVELINE WUTTKE.

Hrsg.: Karin Heinrichs, Kristina Kögler & Christin Siegfried

Unterrichtskommunikation und Whole-Class-Scaffolding

Beitrag von Rico Hermkes, Gerhard Minnameier & Hanna Mach
Schlüsselwörter: Unterrichtsqualität, Scaffolding, WCS, Wissenskonstruktion

Kognitive Aktivierung und konstruktive Unterstützung repräsentieren neben Kontextfaktoren wie Klas­senführung die zentralen Elemente von Unterrichtsqualität (Kunter/Trautwein 2013). Ein wichtiger Teil davon vollzieht sich in der Unterrichtskommunikation, insbesondere wenn es um die Klärung von Fra­gen, die Diagnose von und den Umgang mit Fehlern und Fehlvorstellungen geht. Hier spricht man von Scaffolding bzw. (genauer) Micro-Scaffolding, und denkt dabei insbesondere an sog. „kontingentes“ Scaffolding, womit adaptive Lernunterstützung gemeint ist, die eine (maximale) individuelle Konstruk­tion unterstützen soll, statt sie zu ersetzen. Solche Scaffolding-Prozesse lassen sich inzwischen (etwa in der Videoanalyse von Unterricht) systematisch und detailliert erfassen, allerdings bislang nur in der Interaktion mit einzelnen Schüler*innen oder mit Kleingruppen, aber noch nicht im Sinne eines „Whole-Class-Scaffolding“ (WCS). Das liegt vor allem an der Schwierigkeit, Adaptivität in Bezug auf eine ganze Klasse zu bestimmen, die ja aus Individuen mit je verschiedenen Lernständen bzw. Verständnis­sen zusammengesetzt ist. Hier können Ansätze zur Unterrichtskommunikation genutzt werden, nach denen Gesprächs- und Kommunikationsformen systematisch unterschieden werden. Für WCS erscheint die Einteilung von Mercer (2000) in cumulative talk, disputational talk und exploratory talk brauchbar. Wuttke (2012) hat festgestellt, dass insbesondere exploratory talk lernwirksam ist. Hierbei werden divergierende Sichtweisen oder Aspekte zusammenzuführen versucht, was auch dem entspricht, was man im Sinne von WCS anstrebt, nämlich einen Diskurs mit der Klasse als kollektive Entität zu etab­lieren. In diesem Kontext ist auch das von Reusser/Pauli (2013) aufgegriffene Konzept des accountable talk (Resnick et al. 2010) verortet, das auf eine „aktive und verantwortliche Partizipation und damit ein Mitdenken der Schüler*innen an einer diskursiven und generativ verstandenen Wissenskonstruktion“ (Reusser/Pauli 2013, 322) abzielt und damit eben auf „Thinking Together“ (Mercer et al. 2019, 187) und „joint construction of knowledge in classrooms“ (ebd., 188) abhebt. Auf Basis dieser Unterrichts­kommunikationsformen erarbeiten wir ein Konzept für WCS und stellen dar, wie man dieses Konzept operationalisieren könnte.

Zitieren des Beitrags

Hermkes, R./Minnameier, G./Mach, H. (2020): Unterrichtskommunikation und Whole-Class-Scaffolding. In: bwp@ Profil 6: Berufliches Lehren und Lernen: Grundlagen, Schwerpunkte und Impulse wirt­schaftspädagogischer Forschung. Digitale Festschrift für Eveline Wuttke zum 60. Geburtstag, hrsg. v. Heinrichs, K./Kögler, K./Siegfried, C., 1-27. Online: https://www.bwpat.de/profil6_wuttke/hermkes_etal_profil6.pdf (08.09.2020).